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Cottbuser Stadtverordneten-Versammlung gegen Sachleistungsprinzip für AsylbewerberInnen


Pressemit­teilung Cot­tbus, den 27.6.2002

 

Am 26.06.02 forderte die Cot­tbuser Stadtverord­neten­ver­samm­lung mit absoluter Mehrheit (zwei Gegen­stim­men) die Aufhe­bung des diskri­m­inieren­den Sach­leis­tung­sprinzips für Asylbewerber/innen.

In dem durch die Aktion “Bargeld statt Gutscheine” und den Sozialauss­chuß der Stadt ini­ti­ierten Antrag fordern die Stadtverord­neten die Lan­desregierung auf, den lan­desweit “gel­tenden Run­der­laß zur Durch­führung des Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­set­zes dahin gehend zu ändern, dass die geset­zlichen Möglichkeit­en aus­geschöpft wer­den, um die Gewährung von Geldleis­tun­gen zu ermöglichen”. 

Darüber hin­aus wurde in diesem Beschluß “eine Ini­tia­tive zur bun­desweit­en Abschaf­fung des Sach­leis­tung­sprinzips” von Seit­en der Lan­desregierung eingefordert. 

 

Aus der Antragsbegründung: 

 

“Die Prax­is der Aus­gabe von Gutscheinen an die in der Gemein­schaft­sun­terkun­ft leben­den Flüchtlinge führt zu ein­er Stig­ma­tisierung und Diskri­m­inierung im alltäglichen Leben. Sie bedeutet eine Ein­schränkung der Selb­st­bes­tim­mung, kom­pliziert den Einkauf und begün­stigt dadurch aus­län­der­feindliche Ressen­ti­ments. Die Wertgutscheine wer­den nicht in allen Kaufhäusern und nur in bes­timmten Stadt­teilen angenom­men, und die Bezahlung erfordert zusät­zliche Proze­duren oder Extrakassen. Es darf max­i­mal ein Rück­geld von 10% aus­gezahlt wer­den, was aber in der Regel nicht erfol­gt und zu ein­er Min­derung der dem Flüchtling zuste­hen­den Leis­tung führt. (…) 

 

Um am öffentlichen Leben teil­nehmen zu kön­nen, müssen die Asyl­be­wer­ber in der Lage sein, Tele­fon­rech­nun­gen, Fahrtkosten, Ein­tritts­gelder, Brief­marken u.ä. zu bezahlen. Die Teil­nahme am öffentlichen Leben oder an Ver­anstal­tun­gen, die ins­beson­dere für Kinder und Jugendliche wichtig ist, ist damit nur begren­zt oder gar nicht möglich. Auch für die im Rah­men des Asylver­fahrens notwendi­ge Beratung und Begleitung durch Anwälte reicht das bish­er bar aus­gezahlte Taschen­geld von 40 Euro pro Monat nicht aus. 

 

Zusät­zlich zu diesen Nachteilen für die Flüchtlinge ste­ht auf Seit­en der Stadt ein im Ver­gle­ich zur Bargel­dauszahlung erhöhter Ver­wal­tungs- und Sachkoste­naufwand durch die Gutscheine.(…) Die in Cot­tbus bere­its bei allen dezen­tral unterge­bracht­en Flüchtlin­gen (ca. 70% der Asyl­be­wer­ber) ange­wandte Prax­is der Auszahlung von Bargeld anstelle der Wertgutscheine hat sich prob­lem­los bewährt.” 

 

Mit diesem Antrag, der mit ähn­lichem Wort­laut bere­its von der Stadt Pots­dam und den Land­kreisen Pots­dam-Mit­tel­mark und Uck­er­mark ver­ab­schiedet wurde, bekun­det die Stadt, dass die Gutschein­regelung ein­er schnell­st­möglichen Aufhe­bung bedarf. 

Als Cot­tbuser Aktion “Bargeld statt Gutscheine” begrüßen wir den Beschluss, wollen aber gle­ichzeit­ig darauf hin­weisen, dass aus diesem noch keine konkrete Verbesserung für die hier leben­den Flüchtlinge resul­tiert. Wir haben es uns daher zur Auf­gabe gemacht, diesem sym­bol­is­chen Akt eine prak­tis­che Hil­fe fol­gen zu lassen. So lange noch Gutscheine (pauschal) aus­gegeben wer­den, ver­suchen wir, so viele wie möglich von diesen aufzukaufen und damit selb­st einkaufen zu gehen. Wir bieten jedem Cot­tbuser Bürg­er die Möglichkeit, dies zu tun und damit prak­tisch gegen diese Diskri­m­inierung von Flüchtlin­gen Stel­lung zu beziehen. 

 

Unser Büro in der Parzel­len­straße 79 ist jeden Dien­stag von 17 — 20 Uhr geöffnet. Kon­takt über Tel.: 0355/797587 (zur Bürozeit) oder per E‑Mail: gutschein@gmx.net

 

mehr zur Aktion “Bargeld statt Gutscheine” unter
www.asncottbus.org

 

Ältere pressemit­teilun­gen: www.zelle79.info/meldungen/

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So kann s nicht weitergehen”

Vor drei Jahren, als in Bernau ein Gam­bier und ein Viet­namese am hel­l­licht­en Tage über­fall­en wur­den, haben Jugendliche die “Aktion Notein­gang” gegrün­det. Diese Aktion war als Nothil­fe gegen aktuelle Angriffe gedacht. Heute sind in Bran­den­burg und in Sach­sen-Anhalt zahlre­iche Jugend­grup­pen und Bürg­er­bünd­nisse in der “Aktion Notein­gang” zusam­mengeschlossen. Es geht ihnen nicht nur um den Schutz von Frem­den, es geht ihnen auch um Jugendliche, die zur unangepassten Min­der­heit gehören und eben­falls Angrif­f­en aus­ge­set­zt sind. Sie beteili­gen sich an Diskus­sio­nen und sie organ­isieren eigene Ver­anstal­tun­gen, in denen sie zum Wider­stand gegen das ras­sis­tis­che Kli­ma ermutigen. 

Also es gab damals keinen, der gesagt hat: Nazis sind Scheiße , oder: Das sind Nazis . Das gab s nicht. Es war auch nicht möglich, es war ein viel zu hohes Eskala­tion­sniveau, das war lebens­ge­fährlich. Also klar, ich hab es mir erlaubt, irgend­wie einen kleinen Farbton in meine Haare zu tun. Aber das kon­nte ich mir auch nur erlauben, weil ich nur am Woch­enende da war und weil ich wusste, zu welch­er Uhrzeit ich wie lang gehen muss. Du musstest dir über­legen, welchen Zug du nimmst, wann du wo lang fahren kannst, welch­es Stadt­ge­bi­et du nicht betreten darf­st, du musstest diese Stan­dards schon einhalten.”

Suse ist 25 Jahre alt. 1991 ist sie aus Schwedt wegge­gan­gen. Schwedt, die Vorzeiges­tadt der DDR, das in den 60er Jahren explodierende Wirtschaftswun­der Schwedt, das nach der Wende fast zusam­men gebrochen wäre und der Stadt die Vorherrschaft rechter und recht­sradikaler Jugend­kul­tur einge­bracht hat. Schwedt an der Oder. Eine Reißbrettstadt nach preußis­chem und DDR-Muster zugle­ich. Mit dem Charme eines Schachbretts aus Beton. Der Stolz der real­sozial­is­tis­chen Petro­chemie glänzte hier und zog die Men­schen während der 60er Jahre in die neue Stadt. Arbeit und Woh­nung wur­den hier geboten und zwar sofort. Zehngeschos­sige Wohn­häuser säu­men über­bre­ite Straßen, schnurg­er­ade am “Platz der Befreiung” vor­bei, der noch heute so heißt.
Der fußballfeld­große Platz an der heuti­gen Lin­de­nallee wird begren­zt von zwei flachen, kanti­gen Kaufhaus-Quadern. Lange Zeit war das asphaltierte Rechteck in der Hand von Glatzen, von beken­nen­den Neon­azis. Heute kur­ven auch jugendliche Skater dort umher. Doch die Zeit­en direkt nach der Wende sind nicht vergessen und vor­bei. Damals stürzte die deutsche Ein­heit die Stadt in heftige Tur­bu­len­zen. Zehn­tausenden Chemiear­beit­ern brachte sie das Aus, die Arbeit­slosigkeit stieg auf über 20 Prozent und in dieser Höhe blieb sie auch ste­hen. Die Stadt ver­lor in den let­zten Jahren 10.000 ihrer ehe­mals 50.000 Ein­wohn­er, ein ganzes Stadtvier­tel wurde deshalb abgerissen.

Tia ist 19 und hat ger­ade Abitur gemacht. Sie arbeit­et bei Pukk mit, weil sie let­ztes Jahr mit ihrer englis­chen Fre­undin durch die Stadt spazierte, bei­de sprachen englisch miteinan­der, und sie wurde angepö­belt. Sie fasst sich an den Kopf: angepö­belt, bloß weil sie englisch sprach. Deshalb also Pukk. Pukk heißt in ganz­er Länge: Poli­tik und kri­tis­che Kul­tur, alter­na­tive Jugend Schwedt/Oder. Die Gruppe, die aus etwa 20 Jugendlichen beste­ht, gibt es seit 1998. Vier Jahre Fried­hof­s­ruhe lagen da hin­ter den Jugendlichen dieser Stadt, die sich nicht dem recht­en Zeit­geist unter­w­er­fen woll­ten. Denn 1994 hat­te sich die let­zte Jugend­gruppe aufgelöst, die nicht zum recht­en Lager gezählt wer­den kon­nte. Die meis­ten waren aus der Stadt regel­recht geflüchtet.

Suse berichtet von einem Beina­he-Totschlag 1992, der den Gipfel des recht­sradikalem Hor­rors gegen andere Jugendliche darstellte. Lange Monate lag ein Opfer von Nazi-Schlägern im Kranken­haus, lange Monate in der Reha, allmäh­lich ging es bess­er. Aber damals war klar, sagt Suse: 

Antifaschis­tis­che Arbeit unter Hochdruck

“So kann s nicht weit­erge­hen. So kann s auf gar keinen Fall weit­erge­hen. Wir kön­nen nicht so weit­er­ma­chen. Geht nicht. Dann gab s eine große Kam­pagne, einen ARD-Bericht, einen Spiegel-Bericht — und dadurch ist der öffentliche Druck ent­standen, ist ein neuer Richter einge­set­zt wor­den, sind ein paar Ver­fahren anders gelaufen, sind ein paar Nazis verurteilt wor­den. Also da gab s einen Umschwenk in der Lin­ie, durch den öffentlichen Druck. Und die Antifas wur­den gebeten, die Stadt zu ver­lassen, weil ihr Schutz nicht mehr gewährleis­tet wer­den kann. Vom Bürg­er­meis­ter. Wir hat­ten uns dann auch aufgelöst. Und der Bürg­er­meis­ter war wahrschein­lich ein­fach nur froh, dass die Leute endlich weg sind.”

Diese Ereignisse sind in Schwedt nicht vergessen. Engage­ment gegen rechts, das wis­sen alle, ist gefährlich. Tias Eltern woll­ten deshalb nicht, dass sie mit­macht bei Pukk. Für sie war 1992, 1994 noch gestern. Tia ist trotz­dem zu Pukk gegan­gen, hat die Gruppe mit aufge­baut, hat auch die “Aktion Notein­gang” mit gemacht, organ­isiert Konz­erte, poli­tis­che Diskus­sio­nen. Pukk hil­ft Flüchtlin­gen, ein antifaschis­tis­ches Straßen­fest haben sie let­ztes Jahr auf die Beine gestellt, sog­ar unter Schirmherrschaft des Bürg­er­meis­ters, des­sel­ben übri­gens, der Jahre zuvor die Sicher­heit von Suse und anderen nicht mehr garantieren mochte. Pukk wird unter­stützt von den Uck­er­märkischen Büh­nen in Schwedt, im Schaus­piel­haus fan­den bere­its The­at­er­auf­führun­gen und Diskus­sionsver­anstal­tun­gen statt. Trotz­dem wurde im März 1999 der libane­sis­che Asyl­be­wer­ber Yass­er auf offen­er Straße von einem 19-jähri­gen Recht­sex­tremen niedergestochen.
Die Pukk-Leute arbeit­en nicht ger­ade unter anziehen­den Umstän­den. Die Stadt hat den Jugendlichen einen kleinen Raum in ein­er ehe­ma­li­gen Schule zugewiesen, dort tre­f­fen sie sich wöchentlich in ein­er schmalen, hohen Kam­mer, ziem­lich unwirtlich, wenn auch immer­hin beheizbar. Doch die Stim­mung steckt an, die Zunei­gung, die untere­inan­der herrscht, die Gle­ich­berech­ti­gung, die fehlende Hier­ar­chie, der Witz, die Spontaneität.
Pukk ist noch kein Jugend­club. Ganz anders das “Horte”: Ein ganzes Haus haben sich die Jugendlichen in Straus­berg, ein­er Gar­nison­sstadt in der Nähe von Berlin, erstrit­ten und erkämpft, selb­stver­wal­tet natür­lich, mit Kneipe bzw. Café, Büro, Ver­anstal­tungs- und Grup­pen­räu­men, eigen­em Hof und in der ersten Etage Platz für mehr als ein Dutzend Leute, die hier wohnen.

Jeden Mon­tag sitzen die Aktiv­en im “Horte” zusam­men, pla­nen nicht nur den Thek­en­di­enst, son­dern auch die näch­sten Ver­anstal­tun­gen, reden und entschei­den über poli­tis­che Aktio­nen und stre­it­en sich darüber, ob das let­zte Konz­ert gut organ­isiert war oder nicht.

Auch hier dieses Gefühl, gegen die Bedro­hung der Nazis zusam­men­hal­ten zu müssen und nur als Gruppe dage­gen­hal­ten zu kön­nen. Genau­so z.B. in Sprem­berg, im Süden von Bran­den­burg, Kom­bi­nat Schwarze Pumpe, aus­ge­laufen nach der Wende. Dort sind in den ver­gan­genen Jahren mehrere Punker oder irgend­wie “links” ausse­hende Jugendliche fast tot­geschla­gen wor­den. Dort gibt es den “Pirat­en e.V.”, antifaschis­tis­che, anti­ras­sis­tis­che Arbeit unter Hochdruckbe­din­gun­gen. über­all Hochdruck: Das “Horte” wurde noch vor zwei Jahren von 15 bewaffneten Nazis bedro­ht, die nur deshalb den Rück­zug antrat­en, weil die Jugendlichen des “Horte” deut­lich in der Mehrheit und entschlossen waren, sich zu wehren. ähn­lich­es haben die im “Mit­ten­drin” in Neu­rup­pin erlebt. Neo-Nazi-Auf­marsch vor der Tür, 60–80 Glatzen, zwei Jahre ist das her. Das “Mit­ten­drin” ist auch ein dick­er Laden, der ger­ade aus­ge­baut wird, im oberen Geschoss ein eigenes Wohn­pro­jek­te für sechs bis zehn Jugendliche. 

Anti­ras­sis­tis­che Jugendarbeit …

Das “Mit­ten­drin”, das “Horte” und die “Pirat­en” sind selb­stver­wal­tet und unter­schei­den sich an einem wichti­gen Punkt von den “offiziellen” Jugend­pro­jek­ten. Diese alter­na­tiv­en Pro­jek­te lehnen jede Form so genan­nter akzep­tieren­der Sozialar­beit ab. Nazis komme
n bei ihnen nicht rein, eine Diskus­sion mit beken­nen­den Ras­sis­ten und Faschis­ten find­et nicht statt. Denn die Analyse der Grup­pen, die über das Demokratis­che Jugend­fo­rum Bran­den­burg ver­bun­den sind, zeigt, dass die Stärke der Recht­sradikalen auch aus Man­gel an Alter­na­tiv­en her­rührt. Den antifaschis­tisch ori­en­tierten Pro­jek­ten geht es deshalb darum, eine anti­ras­sis­tis­che Jugend­kul­tur aufzubauen, den Jugendlichen zu zeigen und vorzuleben, dass es zu den Recht­sradikalen eine Alter­na­tive gibt, dass man sich mit ihnen wed­er gemein machen noch die Trennlin­ien ver­wis­chen muss. Andere Musik, andere Klei­dung, andere Umgangs­for­men wer­den gelebt.

Das “Mit­ten­drin” hat sich deshalb auch schon heftig mit Jugen­dein­rich­tun­gen gestrit­ten, die das mit den Recht­sradikalen nicht so genau nehmen … René, Ende Zwanzig, seit Anfang an im “Mit­ten­drin” dabei, mit­tler­weile sog­ar als bezahlte Kraft: “Wir hat­ten näm­lich einen Fall, dass Jugen­dein­rich­tun­gen teil­weise Leute halt rein­ge­lassen haben, die wir defin­i­tiv zum recht­en oder teil­weise auch zum recht­sex­tremen Spek­trum gezählt haben, die sich aber auch an der Aktion Notein­gang beteili­gen woll­ten, bzw. auch beteiligt haben. Da hing aber draußen z.B. der Aktion-Notein­gang-Aufk­le­ber, Du bist dann da halt irgend­wann hinge­gan­gen und hast dann halt oben irgend­wie den stel­lvertre­tenden Vor­sitzen­den der NPD vom Land­kreis sitzen sehen mit einem white-pow­er-T-Shirt. Das war dann für uns der Punkt, wo wir gesagt haben: Hey Leute, hal­lo, merkt ihr noch irgend­was? Irgend­wie läuft hier was schief. Und das war dann schon irgend­wie eine sehr, sehr span­nende Diskus­sion, Sätze wie: Na ja, ihr habt halt eure Gegen-Nazis-Aufnäher und die haben halt ihrs, und solange kein­er was macht und sich alle lieb haben, ist es ja okay. Und da haben wir an dem Punkt halt gesagt, nö, läuft nicht, geht nicht, kön­nt ihr die Aktion nicht mit­tra­gen, dann fliegt ihr halt da raus. Da müsst ihr euch ne Birne machen. Und ich denke schon, dass es mit ein Punkt war, warum sich ver­schiedene Jugen­dein­rich­tun­gen halt wirk­lich ne Birne halt gemacht haben und sich seit­dem entsprechend verhalten.”

In Neu­rup­pin trug die Arbeit vom “Mit­ten­drin” dazu bei, dass schließlich ein beken­nen­der Nazi-Jugendtr­e­ff, der soge­nan­nte “Bunker”, von der Stadtver­wal­tung geschlossen wurde. Daraufhin marschierten die Recht­sradikalen vor den anderen Jugend­pro­jek­ten auf, block­ierten sie, war­fen Scheiben ein. René ist froh, dass die Stadt nicht eingeknickt ist. Es blieb bei der Schließung. Den Nazis wurde ein wichtiger Tre­ff­punkt genom­men, an sein­er Stelle wurde eine neue, stadt­teil­be­zo­gene Jugen­dein­rich­tung für Jugendliche von 13 bis 17 Jahren geschaffen.

Dass die ver­schiede­nen alter­na­tiv­en Jugend­clubs voneinan­der wis­sen, mehr noch: miteinan­der zu tun haben, liegt am Demokratis­chen Jugend­fo­rum Bran­den­burg (DJB). Und an der “Aktion Analyse”, die unter dem Dach des DJB von ihnen allen aus­gekocht wurde. Sinn und Zweck der Aktion, die haupt­säch­lich zwis­chen 1998 und 2000 lief, schildert Suse so:
“Der erste Anlauf von Aktion Notein­gang hat­te ja das Ziel, eine Hil­f­sin­stanz zu schaf­fen. Wir haben dage­gen gesagt: Nee, wir wollen keine Hil­f­sin­stanz schaf­fen, weil klar ist, dass wir die so nicht schaf­fen kön­nen. Kein­er, der ver­fol­gt ist, ren­nt in irgend einen Laden, weil da ein Aufk­le­ber dran ist, wird dahin ren­nen und sich eine Tele­fon­num­mer abschreiben und anrufen. Das funk­tion­iert doch nicht, ist doch Mist, wis­sen wir doch sel­ber, dass das nicht geht. Wir hat­ten einen anderen Schw­er­punkt der Aktion Notein­gang , es geht uns um die öffentliche Diskus­sion. Wir wollen in die Mitte der Gesellschaft, wir wollen die kon­fron­tieren, wir wollen die ansprechen. Jet­zt geht s nicht um Antifa, jet­zt geht s nicht um Nazis, jet­zt geht s um die öffentliche Diskus­sion. Wir hat­ten damals ein paar Ziele for­muliert, und eins war gewe­sen: Wir wollen, dass nicht mehr über Jugendge­walt gesprochen wird, wir wollen, dass nicht mehr über irgendwelche lap­i­dare Frem­den­feindlichkeit gesprochen wird, son­dern wir wollen, dass über Ras­sis­mus gere­det wird und über Recht­sex­trem­is­mus. Oder Neo­faschis­mus. Weil, das sind die Prob­leme. Und wenn wir das schaf­fen, die öffentliche Diskus­sion und Debat­te darüber zu führen, dann haben wir was erre­icht. Das war damals unser Ziel. Und das ließ sich ja auch erre­ichen. Wir haben offene Türen eingerannt.”

Im Som­mer 1998 wur­den in Bernau ein Gam­bier und ein Viet­namese in aller öffentlichkeit auf Straße über­fall­en und zusam­mengeschla­gen. Die Tat­en waren, auch nach Ansicht der Staat­san­waltschaft, ras­sis­tisch motiviert. Und es waren keine Einzeltat­en. Das Demokratis­che Jugend­fo­rum Bran­den­burg, ein Net­zw­erk ver­schieden­er Jugend­grup­pen in Bran­den­burg­er Städten und Gemein­den, schuf die “Aktion Notein­gang” als Antwort. Man ent­warf einen Aufk­le­ber und einen Frage­bo­gen. Damit gin­gen Jugendliche in Gast­stät­ten, zu Ladenbe­sitzern, zu Kul­tur- und Sozialein­rich­tun­gen, in die Rathäuser und fragten die Ver­ant­wortlichen: Wie ste­hen Sie zu ras­sis­tis­ch­er Gewalt? Gewähren Sie Betrof­fe­nen Schutz? Brin­gen Sie den Aufk­le­ber “Aktion Notein­gang” deut­lich erkennbar in Ihrem Geschäft oder Ihrer Ein­rich­tung an? Der Aufk­le­ber, in schwarz und gelb gehal­ten, zeigt das Pik­togramm eines flüch­t­en­den Men­schen, der in eine offene Tür läuft. “Wir bieten Schutz und Infor­ma­tio­nen bei ras­sis­tis­chen und faschis­tis­chen über­grif­f­en” ste­ht in der Tür.
An der “Aktion Notein­gang” beteiligten sich bis ins Jahr 2000 hinein Jugend­grup­pen aus 13 bran­den­bur­gis­chen Gemein­den. Im Som­mer 2000 legten sie eine Broschüre mit ihren Erfahrun­gen vor. Elf Jugend­grup­pen berichteten, auch ein lan­desweites Resümee wurde gezo­gen. Die Hälfte der fast 1.000 ange­sproch­enen Ladenbe­sitzer, Bürg­er­meis­ter, Schuldirek­toren, Kneipen­wirte hat­ten die Frage­bö­gen zurück­gegeben, 22 Prozent aller Ange­sproch­enen hin­gen den Aufk­le­ber aus. In manchen Städten, in Fürsten­walde z.B., brachte sog­ar über die Hälfte der Ange­sproch­enen den Aufk­le­ber an, in Pots­dam aber waren es nur 8 Prozent. In Bernau ver­don­nerte der Bürg­er­meis­ter die Stadtver­wal­tung, sich nicht an der Aktion zu beteili­gen, in Schwedt klebte der Bürg­er­meis­ter den Aufk­le­ber qua­si eigen­händig an die Rathaustür.

Die “Aktion Notein­gang” wurde im Jahre 2000 mit dem Aach­en­er Frieden­spreis aus­geze­ich­net. Die Bran­den­burg­er Lan­desregierung dage­gen tat sich schon mit der bloßen Anerken­nung schw­er: Bere­its bewil­ligte Gelder wur­den nicht aus­bezahlt, das Jugend­bünd­nis wurde aus dem lan­desweit­en, von der Regierung gestützten “Aktions­bünd­nis gegen Recht­sex­trem­is­mus, Frem­den­feindlichkeit und Gewalt” her­aus­ge­hal­ten. Dieses Aktions­bünd­nis war eins der Pro­jek­te, die die offizielle Poli­tik auflegte, weil das Aus­maß recht­sradikaler Gewalt Inve­storen abschreck­te und auf die Geschäfte mit dem Touris­mus neg­a­tiv durch­schlug. Ein Auf­nah­meantrag von “Aktion Notein­gang” in das Bünd­nis wurde zwar ver­han­delt, aber vom Vor­stand zurück­gewiesen, weil die “Aktion Notein­gang” nur ein Net­zw­erk sei und keine klaren Struk­turen habe. 

DJB: Net­zw­erk von unten

Die Lan­desregierung, so ver­muten Suse und die anderen, hat­te Sorge, dass mit Hil­fe des Frage­bo­gens die ras­sis­tis­che Stim­mung im Lande aktenkundig wer­den kön­nte. Und die Tat­sache, dass “Aktion Notein­gang” ger­ade auch und immer wieder die poli­tisch Ver­ant­wortlichen kri­tisiert, sei beson­ders dem christ­demokratis­chen Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm ein Dorn im Auge gewesen.

Jet­zt sind das DJB und die ver­schiede­nen alter­na­tiv­en Jugend­pro­jek­te dabei, die Fort­set­zung der “Aktion Notein­gang” zu starten, die “Aktion Analyse”. Da soll der Frage nachge­gan­gen wer­den, was in ihrer Stadt ras­sis­tisch ist. Z.B. die Anlage ein­er Flüchtling­sun­terkun­ft; das soll doku­men­tiert wer­den, Aktio­nen sollen — durch diese Recherche vor­bere­it­et — folgen.

An Aktio­nen sind die
Grup­pen ohne­hin nicht arm. Eine wird den “Pirat­en” in Sprem­berg wohl immer in Erin­nerung bleiben, eine Aktion gegen die beken­nen­den Nazis der Stadt und gegen diejeni­gen, die die Frem­den­feindlichkeit in den Insti­tu­tio­nen verkör­pern. Gegen Bürg­er­meis­ter Egon Wochartz zum Beispiel. Sachse erzählt:
“Geplant war, in der Fascho-Kneipe, im Tüm­mels, ne fette Beach-Par­ty zu feiern, also da wirk­lich kilo­weise Sand auszuschüt­ten; Wirt, um 17 Uhr macht der auf, also den total zu über­rumpeln, wenn noch keine Gäste drin sind, dem klar machen: Wenn du ruhig bleib­st, passiert nichts, wir wollen alle was trinken, du kannst das Geschäft deines Lebens machen. Und da richtig mit Reagge-Mucke ne geile Par­ty feiern. Und die Idee war gewe­sen, Faschoräume wieder in öffentliche Räume zu ver­wan­deln. Weil der Wirt immer sagt: Er mag sie auch nicht, er kann aber nichts machen, sie sind seine einzi­gen Kun­den. Ja, und deswe­gen ihm sagen: Ey, du kannst auch andere Kun­den haben!
Par­al­lel dazu sollte ein Son­dertrupp beim Bürg­er­meis­ter das Haus in Angriff nehmen, da soll­ten dann Sprühak­tio­nen, Fly­er­ak­tio­nen, mit Tran­spis und so ablaufen. Und als Drittes den Bauwa­gen in Wet­zkow draußen, wo die Kid­di-Nazis sich tre­f­fen, den irgend­wo in sta­bile Seit­en­lage zu brin­gen, oder warmer Abriss oder irgend so was. Das Ding ein­fach zu beseit­i­gen, unbrauch­bar zu machen. Das ganze ist daran gescheit­ert, dass die Leute den Weg nicht gefun­den haben. Da waren 20 Autos auf dem Weg nach Sprem­berg, die Hälfte ist vor­bei gefahren, hat dann genau auf dem Polizei-Vorhof gewen­det. Die haben die Bullen mit gehört, da war so ein Funkruf: Was soll das, hier wen­den 20 Autos, genau vor der Polizei­wache, wo wollen die hin!? Helft uns! Die Leute vom Bürg­er­meis­ter waren aber schon zu zeit­ig da und haben schon das ganze Haus irgend­wie besprüht: ‚Aus­gangssperre für den Ras­sis­ten Egon Wochartz und solche Sachen. Da war natür­lich dort die ganze Polizei, hat dann ver­sucht, auch wirk­lich böse ED-Behand­lung durchzuziehen. Haben sie dann aber nicht geschafft. 

Gegen Nazis und den Ras­sis­mus in den Institutionen

Die Bullen haben dann irgend­wann ger­afft, es geht ums Tüm­mels, eigentlich, haben dann davor Spalier ges­tanden und du kamst nicht mehr rein. Da standen dann 300 Leute vor dem Tüm­mels auf dem Platz, bei Mukke und haben dann gesagt, na gut, wir machen kurzfristig eine Demo durch Sprem­berg. Und auf dieser Demo gab es dann Beiträge, wo der Bauwa­gen the­ma­tisiert wurde. Aber als die Leute am Bauwa­gen waren, fuhr schon das erste Zivil­bul­lenau­to vor­bei — und dann haben sie es dann sein gelassen, es wurde zu gefährlich. So lief das Ding eigentlich schief.”

Trotz­dem war es für die Beteiligten großar­tig, mal nicht allein oder zu zwei Dutzend Leuten in der öffentlichkeit aufzutreten, son­dern unter­stützt zu wer­den von den Teil­nehmern eines antifaschis­tis­chen Camps an der pol­nis­chen Gren­ze. Das hätte dur­chaus Ein­druck in der Stadt gemacht, am meis­ten bei denen, die schon lange gehofft hat­ten, irgend­wann müssten doch bes­timmte Leute endlich mal einen Denkzettel kriegen …

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Die Rechten beherrschen das Stadtbild”

Spätestens seit Mitte der 90er- Jahre gilt Witt­stock an der Dosse als eines der übel­sten Zen­tren braunen Ter­rors und Organ­isierung in Bran­den­burg. Die Liste der recht­en Über­griffe, Demos, Pro­pa­gan­dade­lik­te, der ver­harm­losenden State­ments und der halb­herzi­gen Beteuerun­gen seit­ens der Stadt ist lang. Seit dem Mord an dem 24-jähri­gen Kajrat B. macht Witt­stock erneut Schlagzeilen. Wir sprachen über die Sit­u­a­tion in Witt­stock und den Mord an dem Rus­s­land­deutschen mit Dominique John von der Opfer­per­spek­tive Brandenburg. 

ak: Am 4. Mai wurde Kajrat B. und sein Fre­und Max Opfer eines ras­sis­tis­chen Angriffs. Bei­de sind rus­s­land­deutsche Aussiedler. Wie ist die Sit­u­a­tion der Rus­s­land­deutschen in Witt­stock und Umgebung? 

Dominique John: Die rus­s­land­deutsche Com­mu­ni­ty ste­ht in Witt­stock mas­siv unter Druck. Viele wollen weg. Es gibt keinen einzi­gen öffentlichen Ort, an dem sich Aussiedler angst­frei tre­f­fen kön­nen. Der einzige Ort, wo Rus­s­land­deutsche zusam­men­tr­e­f­fen, ist der oblig­a­torische Sprachkurs. Jede Fam­i­lie, zu der wir bish­er Kon­takt aufgenom­men haben, berichtete über ras­sis­tis­che Beschimp­fun­gen oder gar Angriffe auf der Straße, in den Wohn­blocks und auch in den Schulen. Aus Angst weigern sich Kinder zum Teil in die Schule zu gehen. Ein ganz großes Prob­lem ist auch die Sit­u­a­tion im Öffentlichen Nahverkehr, wo immer wieder Rus­s­land­deutsche angemacht wer­den. Die Lage ist so zuge­spitzt, dass es sog­ar Über­legun­gen bei der Polizei gibt, die Busse zu begleiten.
Die Fam­i­lie von Kajrat ist in einem Dorf bei Witt­stock unterge­bracht, in dem bere­its im let­zten Jahr eine rus­s­land­deutsche Aussiedler­fam­i­lie ange­grif­f­en wurde. Jugendliche hat­ten damals die fünf Brüder der Fam­i­lie auf dem Mark­t­platz des Dor­fes schw­er zusam­mengeschla­gen. Als wir Anfang des Jahres erfahren haben, dass in dem Dorf erneut zwei Aussiedler­fam­i­lien unterge­bracht wur­den, haben wir den Kon­takt zu diesen Fam­i­lien gesucht. Einige Wochen später hat sich dann der Brud­er von Kajrat bei uns gemeldet. Er war von Nazis angepö­belt wor­den. Die per Mobil­tele­fon hinzugerufene Polizei hat sich anschließend geweigert eine Anzeige aufzunehmen. Erst mit unser­er Unter­stützung hat die Polizei am 3. Mai dann doch eine Anzeige wegen Nöti­gung und Belei­di­gung angenom­men. Am näch­sten Abend passierte dann der Angriff auf Kajrat und seinen Fre­und in einem Club in Wittstock. 

Was ist dort passiert?

Es han­delt sich um einen Ver­anstal­tung­sort, wo pri­vat Feten ver­anstal­tet wer­den kön­nen. Als die bei­den dort auf­taucht­en, haben sie rel­a­tiv schnell gemerkt, dass sie am “falschen Ort” waren. Sie über­legten, wie sie aus der Sit­u­a­tion am besten her­auskom­men, und entsch­ieden sich dafür im Hin­ter­grund zu bleiben und abzuwarten, bis das Gros der Leute gegan­gen ist. Als die Fete am abklin­gen war, sahen sie den recht­en Zeit­punkt gekom­men. Auf dem Weg nach draußen wur­den sie jedoch plöt­zlich von hin­ten ange­grif­f­en. Es ist bekan­nt, dass min­destens drei Leuten auf sie einge­treten haben. Ein­er der Angreifer hat dann einen 25 Kilo­gramm schw­eren Feld­stein genom­men, ihn hochgestemmt und Kajrat auf die Brust gewor­fen. Nach fast drei­wöchigem Aufen­thalt auf der Inten­sivs­ta­tion ist Kajrat an seinen inneren Ver­let­zun­gen gestorben. 

Mit­tler­weile hat die Staat­san­waltschaft drei Per­so­n­en festgenom­men. Wer sind die Täter?

Die Staat­san­waltschaft hat drei Haft­be­fehle wegen des Ver­dachts des gemein­schaftlichen Totschlags erlassen. Sie richt­en sich, wie wir aus Pressemit­teilun­gen wis­sen, gegen einen Bun­deswehrsol­dat­en (20), einen Arbeit­slosen (21) und einen Mau­r­er-Lehrling (20). Der Sol­dat war bere­its kurz nach dem Angriff festgenom­men wor­den. Die bei­den anderen wur­den nach Zeu­ge­naus­sagen gefasst. Die Staat­san­waltschaft spricht davon, dass die drei bis­lang nicht bei Aufmärschen der Nazis oder ähn­lichem aufge­fall­en seien, auch gebe es keine Hin­weise, dass sie der organ­isierten Nazi-Szene ange­hören. Allerd­ings scheint auch die Staat­san­waltschaft Hin­weise auf einen ras­sis­tis­chen Hin­ter­grund der Tat zu haben, zumin­d­est ermit­telt sie auch in Rich­tung ein­er “frem­den­feindlichen Moti­va­tion” der Täter. Davon müssen auch wir im Moment aus­ge­hen und übri­gens ist dies auch die Überzeu­gung der Rus­s­land­deutschen in Wittstock.
Es gibt hier nicht nur eine straff organ­isierte Naziszene, der dreißig bis vierzig Leute zuge­ord­net wer­den und die in den let­zten Jahren zahlre­iche Demon­stra­tio­nen organ­isiert hat. Für das, was man als rechte kul­turelle Hege­monie beze­ich­net, ist Witt­stock ein anschaulich­es und extremes Beispiel. Eine linke, alter­na­tive oder wenig­stens aus­drück­lich nicht-rechte Jugend­kul­tur gibt es in der Stadt nicht. Die Recht­en beherrschen — selb­st für Bran­den­burg­er Ver­hält­nisse — in einem erschreck­enden Aus­maß das Stadtbild. 

Gab es irgendwelche Reak­tio­nen in Witt­stock auf den Mord?

Es gab am Anfang eine große Betrof­fen­heit. Dies gilt vor allem für die Per­so­n­en, die sich in einem Bünd­nis engagieren, das sich “Bünd­nis für ein Witt­stock ohne Gewalt” nen­nt. Dieser Zusam­men­hang existiert seit Novem­ber let­zten Jahres und es haben sich hier Leute zusam­men gefun­den, die sich mit der Prob­lematik von Recht­sex­trem­is­mus und der recht­en kul­turellen Hege­monie in Witt­stock auseinan­der set­zen wollen. Nach dem Mord an Kajrat begin­nt nun langsam auch das “Bünd­nis”, in dem Vertreter der Stadt, der Kirchen und Einzelper­so­n­en zusam­me­nar­beit­en, über die Sit­u­a­tion der Rus­s­land­deutschen nachzu­denken. Zuvor hat­te man hier die Rus­s­land­deutschen nicht als von ras­sis­tis­chen Angrif­f­en Betrof­fene wahrgenom­men. Dass hängt wohl auch damit zusam­men, dass Rus­s­land­deutsche als eine gesellschaftliche Gruppe ange­se­hen wer­den, um die sich — nach unserem Dafürhal­ten — fast so etwas wie ein Mythos rankt: Es scheint all­ge­mein angenom­men zu wer­den, dass Rus­s­land­deutsche gut organ­isiert, schlagfer­tig und vor allem in der Lage sind zurück­zuschla­gen. Es sei mal dahingestellt, wie diese Zuschrei­bun­gen zu Stande kom­men. Klar ist nur, dass die Hand­lun­gen der Akteure in der Stadt durch diese Bilder stark bee­in­flusst sind. Das gilt übri­gens auch für die Presse, in der immer wieder von Auseinan­der­set­zun­gen zwis­chen gewalt­bere­it­en Jugend­grup­pen gesprochen wird. Unsere Erfahrun­gen mit den Opfern dieser Ver­hält­nisse zeigen jedoch, dass eine solche Vorstel­lung die Real­ität vol­lkom­men verken­nt. Die Gewalt geht ein­deutig von Rechts aus. Und dies ver­suchen wir jet­zt den Akteuren in der Stadt zu vermitteln. 

Was kann die Opfer­per­spek­tive gegen diese falsche Zuschrei­bung tun?

Unser Ansatz ist ein poli­tis­ch­er Ansatz. Die Opfer­per­spek­tive betreut Men­schen, die Opfer recht­sex­tremer oder ras­sis­tis­ch­er Gewalt wur­den. Dabei ist unser Name Pro­gramm: Wir wollen in der öffentlichen Diskus­sion die Per­spek­tive der Opfer stärk­er in den Vorder­grund rück­en. Wir machen den Betrof­fe­nen prak­tis­che Ange­bote, die von Hil­fe in rechtlichen Fragestel­lun­gen und der Unter­stützung bei Behör­dengän­gen über die Ver­mit­tlung von psy­chother­a­peutis­ch­er Hil­fe bis hin zur Begleitung bei Gerichtsver­fahren reicht. Gle­ichzeit­ig bemühen wir uns aber auch, lokale Ini­tia­tiv­en gegen Rechts zu unter­stützen und zu vernetzen.

In Witt­stock haben wir ver­sucht, diesen Ansatz präven­tiv umzuset­zen, denn es war abse­hbar, dass es zu erneuten Angrif­f­en kom­men würde. Wir woll­ten nicht erst aktiv wer­den, wenn etwas passiert ist, son­dern schon vorher Kon­takt zu den Men­schen aufzubauen. Deshalb haben wir schon im Vor­feld Vertretern der Stadt und von gesellschaftlichen Grup­pen auf die Sit­u­a­tion der Rus­s­land­deutschen aufmerk­sam gemacht. Das Konzept ist lei­der nur ein Stück weit aufgegangen. 

aus: ak — analyse & kri­tik Zeitung für linke Debat­te und Praxis 

Die Zeitung ak erscheint monatlich und kostet
pro Exem­plar 4,20 EUR, Jahresabo 53,- E
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Offene Linke Liste siegt an der Uni Potsdam

Bei den Wahlen zum Pots­damer Studieren­den­par­la­ment hat die offene
linke liste [oll] einen beein­druck­enden Wahlsieg errun­gen. Der alte AStA
aus Gru­en-Alter­na­tiv­er Liste (GAL), Juso Hochschul­gruppe, Liberaler
Cam­pus (LiCa) und Link­er Cam­pus (LinX) hat nach zwei Semes­tern der
Untaetigkeit die Quit­tung bekommen. 

Die [oll] hat nun (vor­laeu­figes amtlich­es Endergeb­nis) 10 der 27 Sitze des
Studieren­den­par­la­ments inne. Darauf fol­gen die Jusos mit 8. Den dritten
Platz (3 Sitze) belegt die neue Gru­en-Ueber­parteiliche Liste (GUeL; der
PDS-Nae­he nachge­sagt wird). Von den lib­er­al und rechtskonservativen
Lis­ten erre­ichte der RCDS zwei Sitze, LiCa und Buend­nis fuer Potsdam
jew­eils einen. Spek­trum — Eso­terik Leben! und Die Neue Liste erhielten
eben­falls je einen Sitz. 

Die offene linke liste hat waehrend der let­zten Semes­ter die Untaetigkeit
des AStAs in Bezug auf hochschulpoli­tis­che Entwick­lung heftig kritisiert.
Neben der Tat­sache, dass ab naech­stem Jahr die Uni-Bib­lio­thek mit nur
noch 1/3 der Gelder auskom­men muss, ste­ht auch noch eine
Haushaltssperre an. Im Wahlkampf hat die [oll] sich bemue­ht, auch auf
die zunehmende Pri­vatisierung der Hochschulen einzugehen. 

Waehrend ein­er Aktion wurde der Zugang zur Men­sa mit Seilen und
Ket­ten erhe­blich verengt. An den Seilen hin­gen Schilder mit der Aufschrift
GATS”, “Numerus Clausus”, “Stu­di­enge­buehren”, “Pri­vatisierung”,
“Zulas­sung­stests”, “Cred­it Point Sys­tem”. Damit sollte symbolisiert
wer­den, dass der Zugang zu Hochschulen immer staerk­er begren­zt wird. 

Die dazu verteil­ten Fly­er sind auf der Home­page: www.offenelinkeliste.de
zu finden. 

Es bleibt zu hof­fen, dass der asta den neuen Schwung nutzen kann, damit
auch aus Pots­dam bald wieder Protest- und Erfol­gsmeldun­gen kommen.

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Schill-Partei gründet Ortsverband

Pots­dam — Die Partei Rechtsstaatlich­er Offen­sive (Schill-Partei) hat in Bernau (Barn­im) ihren ersten Ortsver­band in Bran­den­burg gegrün­det. Wie der Lan­desko­or­di­na­tor der Partei mit­teilte, gehören dem Ortsver­band 33 Mit­glieder aus den Kreisen Barn­im und Ober­hav­el an. Mit der Grün­dung hat die Schill-Partei den Grund­stein für ihre erste Lan­desmit­gliederver­samm­lung am 13. Juli gelegt.

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Kein bisschen zu Hause

Wenige Spä­taussiedler hal­ten es im Land Brandenburg
länger als drei Jahre aus. Kon­tak­te zu Einheimischen
aufzubauen ist schwierig, und Arbeit gibt es kaum. Ein
Besuch in Neuruppin

(Christoph Schulze) Es ist Nach­mit­tag und die Sonne scheint durch
die Gar­di­nen in den zweit­en Stock im
Fam­i­lien­zen­trum im nordbrandenburgischen
Neu­rup­pin. Die Ein­rich­tung des Zim­mers ist so
typ­isch deutsch, dass es sich fremd anfühlt. Es
ist das erste Mal, dass hier ein Nach­mit­tag für
die Aussiedler Neu­rup­pins stat­tfind­en soll, und
Organ­isatorin Gali­na Güthenke, 33, hat sich alle
Mühe gegeben: Spiel­sachen für die Kinder
liegen auf dem dick­en Tep­pich bere­it, ein
Video in rus­sis­ch­er Sprache läuft im Fernsehen,
um die Kaf­fee-und-Kuchen-Tafel stehen
biedere Sofas. 

Nur: Die Rus­s­land­deutschen fehlen. Lediglich
drei oder vier sind gekommen.
Schätzungsweise leben 900 im Landkreis
Ost­prig­nitz-Rup­pin, genaue Zahlen kennt
nie­mand, da Aussiedler in den Sta­tis­tiken nicht
geson­dert aufge­führt sind. “So ein Tre­ff muss
sich erst herum­sprechen”, sagt Güthenke
opti­mistisch, während sie Kaf­fee eingießt und
rus­sis­che Süßigkeit­en anbi­etet. Sie selb­st ist
Ukrainer­in, seit neun Jahren in Deutsch­land und
als SAM-Kraft im Fam­i­lien­zen­trum angestellt.
Aus eigen­er Erfahrung ken­nt sie die
Schwierigkeit­en ihrer Klien­tel, sich in einem
Deutsch­land zurechtzufind­en, das wenig mit
ihrem urspünglichen Deutsch­land­bild zu tun
hat. Da gab es diesen jun­gen Kerl, der ankam
und stolz alle möglichen Volk­slieder rauf und
runter sin­gen kon­nte, und Goethe kon­nte er
auch zitieren. Trotz­dem gelingt es ihm bislang
nicht, Fuß zu fassen: kein ausreichendes
Deutsch für einen Job, Sozial­hil­fe, zu Hause
sitzen, mis­strauis­che Blicke von den Leuten in
der Nachbarschaft. 

Plöt­zlich kommt ein Mann in das
Fam­i­lien­zen­trum geschneit, und augenblicklich
wird Gali­na Güthenke zur Kaffee-Eingießerin
degradiert. Michael Möbius ist — auch auf
SAM-Basis angestellt — als Net­zw­erk­man­ag­er im
Kreis­sozialamt für Aussiedler­fra­gen zuständig.
Den Ter­min wollte er nicht ver­passen und freut
sich sichtlich über die Pressepräsenz. “Viele
Spä­taussiedler gehen ganz schnell nach ihrer
Ankun­ft hier weg in die westlichen
Bun­deslän­der, wo sie Ver­wandte haben und
wo es Arbeit­splätze gibt”, referiert er aus dem
Stand. “Nur 30 Prozent der uns zugewiesenen
sind nach drei Jahren noch hier.” Wirkliche
Inte­gra­tion sei so schw­er mach­bar. Auch werde
seine Arbeit von manchen Behör­den torpediert,
sagt Möbius. Doch es gebe dur­chaus auch
pos­i­tive Beispiele: “Ein Russlanddeutscher,
studiert­er Biolo­gielehrer, hat sich
gewis­ser­maßen hochgear­beit­et. Der ist jetzt
Chauf­feur vom Landrat.” 

In der Zeit, in der Net­zw­erk­man­ag­er Möbius
gere­det hat, ist ein junges Paar in das Zimmer
gekom­men und schaut sich ein
englis­chsprachiges Foto­buch über die
Schön­heit­en Kiews an. Seit knapp einem
hal­ben Jahr wohnen Dim­itrij und Vik­to­ria Gert in
Neu­rup­pin, vor einem Jahr kamen sie in die
Bun­desre­pub­lik. Den 900-stündigen
Sprachkurs haben sie absolviert, trotz­dem ist
die Hil­fe von Gali­na Güthenko nötig, um sich
mit den bei­den zu unter­hal­ten. Erstes Thema:
die Fußball-WM. “Als Rus­s­land spielte, war ich
für Rus­s­land, wenn Deutsch­land spielt, bin ich
für Deutsch­land”, sagt Dim­itrij, Jahrgang 1976,
und fügt hinzu: “In mein­er Brust schlägt ein
Dop­pel­herz.” Er wirkt schüchtern, erzählt wenig
und leise, schaut lieber auf den Teller vor sich
als seinen Gesprächspart­nern ins Gesicht.
Seine Frau Vik­to­ria redet, so gut es geht,
deutsch. Aus Sim­fer­opol in der Krim stammen
bei­de, er hat deutsche Wurzeln, sie nicht. “1993
haben wir uns ken­nen gel­ernt, eine Fre­undin hat
uns verkup­pelt”, lacht die 23-Jährige. 1995
fol­gte die Heirat, vor drei Jahren kam Sohn
Daniel zur Welt. 

Und vor einem Jahr fäll­ten die bei­den die
Entschei­dung, nach Deutsch­land zu gehen.
“Viele Ver­wandte waren schon hier, das Leben
ist wirtschaftlich gese­hen viel leichter als in der
Ukraine”: Wie die meis­ten Spä­taussiedler der
let­zten Jahre kamen Dim­itrij und Vik­to­ria Gert
weniger auf der Suche nach einer
ursprünglichen Heimat, son­dern aus
ökonomis­chen Grün­den nach Deutsch­land. Es
fiel nicht leicht, alles aufzugeben. Doch in den
Briefen der Ver­wandten stand vieles Gute über
die Bun­desre­pub­lik. Die Prob­leme wur­den nicht
erwäh­nt. “Wir hät­ten nie gedacht, dass es so
schw­er ist mit der Sprache”, sagt Vik­to­ria, “und
wir wür­den gerne arbeit­en und nicht immer nur
zu Hause sitzen.” Sie hat in der Ukraine eine
EDV-Aus­bil­dung gemacht, er verkaufte
Heizun­gen. Jet­zt lebt das Ehep­aar von
Sozial­hil­fe, Vik­to­ria möchte sich zur
Kos­metik­erin umschulen lassen, Dimitrij
ver­sucht, für ein paar Jahre bei der
Bun­deswehr unterzukom­men. Fre­unde haben
sie noch keine gefun­den, seit sie in Neuruppin
sind. Und dann sind da diese Blicke manchmal,
auf der Straße, wenn rus­sisch gere­det wird:
“Beim Einkaufen unter­hal­ten wir uns nicht
miteinan­der. Damit wir nicht zu sehr auffallen.” 

Doch nicht auf­fall­en, Ärg­er ver­mei­den, das ist
schwierig. Als die nur 30 Kilo­me­ter ent­fer­nt von
Neu­rup­pin liegende Stadt Witt­stock zur
Sprache kommt, wird die Stimmung
bedrück­end. Dort wurde Kajrat B., ein aus
Kasach­stan stam­mender Russlanddeutscher,
vor ein paar Wochen von deutschen Rassisten
ermordet. Vik­to­ria und Dim­itrij kan­nten ihn gut.
“Als wir in Freyen­stein bei Witt­stock wohnten,
da haben wir oft mit Kajrats Fam­i­lie gefeiert. Es
ist unbe­grei­flich.” Das Ehep­aar hat sich bisher
noch nicht getraut, bei der Mut­ter von Kajrat
anzu­rufen. Es bleibt der schwache Trost in
Neu­rup­pin zu wohnen und nicht auch nach
Witt­stock gekom­men zu sein, wo es schlimmer
mit den Nazis ist. Rechte Deutsche terrorisieren
Deutschstäm­mige aus der ehema
ligen UdSSR.
Dabei ist es für manchen Aussiedler eine
Belei­dung, als Russe und nicht als Deutscher
beze­ich­net zu werden. 

Zukun­ft? Vik­to­ria ist opti­mistisch: “In fünf
Jahren, da möchte ich gut Deutsch sprechen
kön­nen, eine schöne Arbeit haben, in einer
größeren Stadt wohnen. Noch ein Kind wäre
auch sehr schön.” Dim­itrij nickt. 


Sprachkurse reduziert


Das neue Zuwan­derungs­ge­setz erschw­ert die Inte­gra­tion von Russlanddeutschen

“Die Sprache, dass ist das offensichtliche
Prob­lem bei der Arbeit mit Aussiedlern”, sagt
Wolf­gang Bautz. Der Chef der Brandenburger
Ini­tia­tive Ekis (“Entwick­lung kommunaler
Inte­gra­tionsstruk­turen”) hat beobachtet, dass
“bei den Ankömm­lin­gen der let­zten Jahre die
Bindung zur deutschen Kul­tur und damit auch
der Sprache immer los­er gewor­den ist”. 

Mit Deutschkursen wird ver­sucht, den
zuse­hends ver­siegen­den Strom von
Spä­taussiedlern eine Grund­lage für das Leben
in der Bun­desre­pub­lik anzu­bi­eten. 900
Unter­richtsstun­den umfasste das Programm
bish­er — zu wenig, um sich solide
Deutschken­nt­nisse anzueignen, fan­den viele
Kri­tik­er. Doch durch das neue
Zuwan­derungs­ge­setz wird der Umfang der
Kurse noch weit­er ver­ringert, auf ger­ade mal
600 Stun­den. Ekis, eine Ini­tia­tive der
Arbeit­er­wohlfahrt, berät Kom­munen in
inte­gra­tionspoli­tis­chen Fra­gen. Die Kürzung der
Sprachkurse schätzt Bautz als “sicher­lich nicht
erle­ichternd für die Eingliederung in die
deutsche Gesellschaft” ein. Ohne­hin ste­he es
schlecht um die Inte­gra­tion von Aussiedlern,
die Bran­den­burg zugeteilt wer­den: Kaum einer
lässt sich nieder, die meis­ten ziehen wegen der
besseren Lage auf dem Arbeits­markt so bald
wie möglich in die alten Bundesländer.
Ras­sis­tisch motivierte Über­griffe auf Aussiedler
tun ihr Übriges, um Rus­s­land­deutsche aus
Bran­den­burg fernzuhal­ten. Seit 1991 wurden
rund 46.000 Deutschstäm­mige in Brandenburg
aufgenom­men, im Schnitt bleibt nur ein Drittel. 

“Es gibt zwar eine Vielzahl integrativer
Pro­jek­te”, berichtet Wolf­gang Bautz, “doch die
Qual­ität lässt oft zu wün­schen übrig.
Inte­gra­tion braucht Zeit, doch die einzelnen
Maß­nah­men sind fast immer nur für ein oder
zwei Jahre finanziert.” Meist würde zudem
ver­sucht, etwas für Aussiedler zu machen statt
mit Aussiedlern. Ein Beispiel für
rus­s­land­deutsches Leben in Bran­den­burg ist
Flug­platz. 600 Men­schen leben dort, die
meis­ten in “sozial schwachen Verhältnissen”,
die Hälfte sind Aussiedler. Der eigentümliche
Name des Örtchens bei Jüter­bog geht auf
seine Geschichte als NS-Flugschule und
Luft­stützpunkt der Roten Armee in der DDR
zurück. Ein Gemein­schaftswerk, beste­hend aus
Vertretern von Kirchen und Kom­mune, ist
Träger der Sozialar­beit. “Es sieht trost­los hier
aus”, meint James Schel­len­berg, der
kanadis­che Pfar­rer. Die ehrgeizig angefangene
Kon­ver­sion der Mil­itärge­bäude dro­ht zu
scheit­ern. Der Großin­vestor aus Han­nover hat
vor drei Jahren Insol­venz angemeldet, und
seit­dem bewegt sich nichts mehr. 

Pfar­rer Schel­len­berg ist Mit­glied der
paz­i­fistis­chen Freikirche der Men­non­iten, wie
etwa 5 bis 10 Prozent der Aussiedler auch. Er
find­et, es sei in Deutsch­land schwieriger,
Ein­wan­der­er zu sein, als in sein­er kanadischen
Heimat. “Es ist, beson­ders natür­lich in unserem
abgele­ge­nen Dorf, ver­lock­end, sich an die
Land­sleute zu hal­ten. Aber so lernt man
natür­lich nicht Deutsch. Da braucht es
Eigeninitiative.”

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Hass, zwangsläufig

Kairat B. ist erschla­gen wor­den. Er ist Rus­s­land­deutsch­er, und am Tatort gibt es eine rechte Szene, aber die Täter gehörten nicht dazu. In Witt­stock ist ein Kli­ma der Gewalt ent­standen. Weil die Polizei nichts tut, üben die Aussiedler jet­zt Selbstjustiz.

Von Han­na Kolb, Wittstock 

In der Schrankwand ste­hen zwis­chen den Porzel­lan­tassen die bei­den Fotos. Eins ist vom Pass­bild­for­mat ver­größert und deshalb unscharf. Ernst blickt der junge Mann mit den dun­klen, kurzen Haaren in die Kam­era. Auf dem anderen Bild ist zu sehen, wie er mit geschlosse­nen Augen auf glänzen­den Stoff gebet­tet liegt, umgeben von Blu­men. Viele Fotos gibt es nicht von Kairat B., denn wer aus Kasach­stan in ein neues Leben reist, nimmt nur wenig Gepäck mit. Im Novem­ber war der 24-jährige Aussiedler mit sein­er Fam­i­lie nach Deutsch­land gekom­men. Sieben Monate später war er tot. 

Zu Acht sind sie aus Kasach­stan gekom­men, eine nation­al gemis­chte Fam­i­lie. Jet­zt sind sie noch sieben. Ohne Anlass geht kein­er von ihnen mehr aus dem Haus, auch wenn draußen auf der Dorf­s­traße die Sonne scheint. Freyen­thal ist ein hüb­sch­er Ort in Nord­bran­den­burg, und die Leute sind fre­undlich. Doch wenn man fremd ist, kann es hier furcht­bar sein. 

Kairat B. ist nicht in Freyen­thal zu Tode gekom­men, son­dern 20 Kilo­me­ter weit­er, in Witt­stock, Ort­steil Alt Daber. Dor­thin, ins Über­gangswohn­heim für Aussiedler, waren Kairat und sein Fre­und Max­im K. gefahren, um Fre­unde zu besuchen. Noch ermit­teln die Behör­den, was genau in der Nacht vom 3. auf den 4. Mai passierte. Nur so viel gibt die Polizei bekan­nt: Zwei Aussiedler und mehr als hun­dert Ein­heimis­che besucht­en eine Tech­no-Par­ty in ein­er ehe­ma­li­gen Gast­stätte. Die bei­den Aussiedler lan­de­ten im Kranken­haus. Kairat B. erlag nach drei Wochen im Koma seinen Ver­let­zun­gen. Ein 15 Kilo schw­er­er Feld­stein war ihm auf die Brust gewor­fen wor­den. Max­im K. über­lebte. Drei Tatverdächtige hat die Polizei festgenom­men, ein­er davon ist als Schläger bekan­nt und vorbe­straft. Der recht­en Szene gehört kein­er von ihnen an. 

War das Ganze also nur eine Kneipen­prügelei, an der der Alko­hol schuld war? Das ist die Ver­sion, die die Witt­stock­er am lieb­sten erzählen. Von den Aussiedler-Jugendlichen wisse man, dass sie sowieso nicht nach Deutsch­land woll­ten, und gehauen habe man sich schließlich schon immer hier, von Straße zu Straße, von Dorf zu Dorf. 

Die Aussiedler erzählen ihre eigene Geschichte. Es sei eines der ersten Male über­haupt gewe­sen, dass die bei­den jun­gen Män­ner abends aus­ge­gan­gen seien, es bot sich an: Die Par­ty fand nur einige Schritte von dem Über­gangswohn­heim statt. In der Gast­stätte habe eine feind­selige Stim­mung geherrscht. Sie hät­ten dann den Schluss der Ver­anstal­tung abge­wartet, und als sie gegen drei Uhr nachts gegan­gen seien, habe eine Gruppe von 20 bis 30 Ein­heimis­chen sie bei ihren Fahrrädern erwartet und sofort niedergeschla­gen. Der Neu­rup­pin­er Staat­san­walt spricht von Frem­den­feindlichkeit als Motiv. 

Kairat B. ist der erste Rus­s­land­deutsche, der auf diese Weise zu Tode kam – nach mehr als hun­dert Obdachlosen, Far­bigen und Linken, die in den let­zten zehn Jahren von jun­gen Män­nern erschla­gen wur­den. Nicht immer tru­gen diese jun­gen Män­ner Springer­stiefel und Bomber­jack­en. Doch der Hass gegen die anderen, geboren aus Frust und Langeweile, war immer derselbe. 

1200 Men­schen leben noch in dem Dorf Freyen­thal, und jedes Jahr wer­den es weniger. Von 300 Arbeit­splätzen, die die bei­den LPGs einst boten, sind 30 geblieben. Zum Arbeit­en fährt man nach Ham­burg, einein­halb Stun­den auf der nahen Auto­bahn. Wenn man Arbeit hat. In dieses Dorf also hat man drei rus­s­land­deutsche Fam­i­lien gebracht. Sie beka­men Woh­nun­gen gestellt, und sie durften nicht woan­ders hinziehen. So sind die Regelun­gen für Aussiedler: Wer von Sozial­hil­fe abhängt – das sind prak­tisch alle –, muss die ersten drei Jahre dort bleiben, wo ihn das Amt hinschickt. 

Diejeni­gen, die erst noch Fuß fassen müssen, schickt man zu denen, die den Boden unter den Füßen ver­loren haben. Eine gemein­same Sprache haben sie nicht, und kein­er ist da, um zu ver­mit­teln. Kein Ansprech­part­ner in den Ämtern und keine Arbeit, bei der man einan­der ken­nen ler­nen kön­nte. Kein Anreiz für die Neuankömm­linge, sich für länger einzuricht­en, denn wo es keine Arbeit gibt, da will man schnell weg. Seit­dem Kairat tot ist, gehen die Rus­s­land­deutschen von Freyen­thal noch weniger raus als vorher. 

„Rus­sis­che Schweine“

„Viele Kon­tak­te gibt es nicht“, sagt die Frau, die an der Dorf­s­traße Eis und Getränke verkauft. „Sie sprechen ja kaum Deutsch. Als das passiert ist, haben wir hier aus der Nach­barschaft Beileid gewün­scht, natür­lich. Was ich aber schlecht finde, ist, dass sie untere­inan­der Rus­sisch reden. Wenn sie doch Deutsche sein wollen.“ 

Kaum ein­er der Aussiedler, die jet­zt kom­men, hat Deutsch noch in der Fam­i­lie gesprochen. In speziellen Kursen haben sie sich auf die Tests der Bun­desregierung vor­bere­it­et. Der beste Sta­tus in einem fein abgestuften Sys­tem von staatlichen Leis­tun­gen ist der nach Para­graf 4 des Bun­desver­triebe­nenge­set­zes. Deutsche Abstam­mung plus Sprachken­nt­nisse. Para­graf-4-Aussiedler haben Anspruch auf Sozial­hil­fe, auf Rente und Pass. Ein Vier­tel der Neuankömm­linge hat Para­graf 4, in jed­er Aussiedler­fam­i­lie min­destens ein­er, das ist Pflicht. 

Jeden Tag fahren die Para­graf-4-Aussiedler mit ihren Ver­wandten von Freyen­thal nach Witt­stock zur Sprach­schule. Wenn der Kurs um drei Uhr nach­mit­tags endet, has­ten sie in die Geschäfte, um einzukaufen, denn der let­ze Bus geht um vier. Nach sechs Monat­en endet der Sprachkurs, und das Warten begin­nt. Warten, bis die drei Jahre vor­bei sind und sie dor­thin ziehen dür­fen, wo es Arbeit gibt und wo die Fre­unde und Ver­wandten leben: nach Baden-Würt­tem­berg, nach Nieder­sach­sen oder Bayern. 

Die Sprach­schule am Rande von Witt­stock ist ein Tre­ff­punkt der Aussiedler, für die 400 aus der Stadt und für die anderen aus den umliegen­den Dör­fern. Auch die Neon­azis tre­f­fen sich in Witt­stock; die Stadt gilt als Hochburg der Recht­en. Und beim Schweige­marsch für Kairat B. marschierte eine Abor­d­nung der NPD mit – seit der Partei das Ver­bot dro­ht, gibt sie sich staat­stra­gend. „Das ist ein Deutsch­er, und wir verurteilen jeden Mord“, habe ein­er der lokalen Führer zu ihm gesagt, erin­nert sich Witt­stocks Polize­ichef Peter Benedikt. 

Ras­sis­mus oder nicht – die Fam­i­lie des Toten hat ihre Erfahrun­gen gemacht. „Die Älteren sind sehr nett. Von den Jugendlichen sind einzelne nor­mal“, sagt die Tante des Toten, eine junge Frau mit asi­atis­chen Gesicht­szü­gen. Beto­nung auf „einzelne“. Kro­nko­rken und Bier­flaschen wür­den ihr hin­ter­herge­wor­fen, wenn sie mit ihrer sech­sjähri­gen Tochter auf die Straße geht. Und die Kleine liefe jet­zt so schnell sie kann in den Kinder­garten. Auch die ältere Tochter, die aufs Gym­na­si­um geht, kann im ger­ade gel­ern­ten Deutsch viel erzählen. Von der gängi­gen Beschimp­fung „rus­sis­che Schweine“ oder von dem Jun­gen, der ihr mit den Worten „Iss, du Arschloch“ Gum­mibärchen ins Gesicht warf. „75 Prozent der Schüler in mein­er Schule sind Faschis­ten“, sagt die 14-Jährige. 

Auf die Fäuste vertrauen

„Witt­stock ist über­stra­paziert“, sagt Sabine Stein­bach, Direk­torin der Gesamtschule Num­mer 5, wo 15 von 400 Schülern Aussiedler sind. Und sie sagt, dass sie in jed­er Klasse von Katha­ri­na der Großen erzählt, die die Deutschen an die Wol­ga holte. Dass sie genug habe von Schuldzuweisun­gen und der Presse und dass die Schüler nach „Auschwitz und so“ fahren, und aus Ameri­ka waren schon Leute zum A
ntige­walt­train­ing da. Inte­gra­tion müsse von bei­den Seit­en laufen, sagt sie, und eine öffentliche Diskus­sion mit den Schülern möchte sie lieber nicht, denn die müsse sie „vor sich selb­st schützen“. Weil sie ihre Vorurteile kund­tun wür­den. „Frau Stein­bach ist eine der Engagiertesten, die wir hier haben“, sagen die Leute in der Stadt. „Die Schule da in dem Neubauge­bi­et? Nir­gend­wo wer­den unsere Kinder schlim­mer gequält“, sagen die Aussiedler. 

Kairats Brud­er hat seine eige­nen Erleb­nisse. Drei Mal sei er auf dem Fahrrad im Nach­bar­dorf von Jugendlichen angepö­belt wor­den, erzählt der hochaufgeschossene 19-Jährige – angepö­belt mit Worten, die er nicht ver­stand, aber Gesten, die ihn nicht zweifeln ließen. „Als ob ich nicht durch ihr Dorf fahren darf, als ob ich dreck­ig bin oder was.“ Als sich ihm beim let­zten Mal 15 Leute in den Weg stell­ten, habe er per Handy eine Bekan­nte gebeten, die Polizei zu rufen. Die sei gekom­men und habe gefragt, was denn los sei. Dann hät­ten die Beamten seine Per­son­alien aufgenom­men – nur seine. Und ihm gesagt: „Sie kön­nen gehen.“ Das war eine Woche vor der Gewalt­tat in Alt Daber. Und seit­dem ver­lässt er sich lieber auf seine Fäuste als auf deutsche Polizis­ten, sagt er. 

Früher in Kasach­stan wur­den die Nation­al­itäten wild durcheinan­dergewirbelt. Stal­in schick­te alle, die ihm nicht passten, in das unwirtliche Land: Deutsche, Polen, Tschetsch­enen. Die Not einte die Entwurzel­ten, die kom­mu­nis­tis­che Ide­olo­gie tat ein Übriges. „Uns hat man von Kind auf beige­bracht: Es gibt keine Nation. Wir haben Deutsche, Juden, Kasachen, Tataren und Ukrain­er in der Fam­i­lie“, sagt Kairats Tante. „Mir ist es egal, wie ein­er aussieht. Aber hier guck­en sie mich an, als ob ich vom Mars gekom­men wäre.“ Und die Groß­mut­ter sagt, „wir dacht­en, Deutsch­land ist ein zivil­isiertes Land“. Sie ist aus Kasach­stan gekom­men, um zum Begräb­nis des Enkels zu gehen. 

Dass der Tote in seinem Dorf wohnte, hat Freyen­thals Bürg­er­meis­ter Dieter Tret­tin aus der Zeitung erfahren. Als ehre­namtlich­er Bürg­er­meis­ter sitzt er nicht im Rathaus, son­dern im Garten. Von dort aus sieht er zu, wie sein Dorf stirbt. Wie die Läden schließen, die Fam­i­lien wegziehen und die Jugendlichen außer Kon­trolle ger­at­en. Bänke wer­den nicht mehr aufgestellt, weil sie kurz und klein geschla­gen wer­den. Papierkörbe wer­den nicht mehr aufgestellt, weil sie angezün­det wer­den. Früher, in den 60er Jahren, da wehrte sich das Dorf gegen jeden Frem­den, erin­nert sich der Bürg­er­meis­ter, der selb­st aus Pom­mern stammt. Da wollte man noch nicht mal einen im Gesangsvere­in, der erst zehn Jahre da war. „So ist es heute nicht mehr.“ Der Bürg­er­meis­ter sagt: „Das ist kein Rassismus.“ 

Er ist kein Ver­harm­los­er, er will dif­feren­zieren. Der Bürg­er­meis­ter glaubt, es sei nur das Gefühl, zu kurz gekom­men zu sein, und die Suche nach einem, der schuld daran sein muss. Die Gle­ichgültigkeit der Erwach­se­nen und die Beobach­tung der Jugendlichen, schnell und genau, dass da jemand ist, der sich nicht vertei­digt und für den auch nie­mand anders in die Bresche springt. Doch was soll das sein, wenn Men­schen auf der Straße als „rus­sis­che Schweine“ beschimpft wer­den? Was ist dann Rassismus? 

Hier eine Prügelei, dort eine Messer­stecherei zwis­chen Aussiedlern und Ein­heimis­chen – ins­ge­samt sei die „Inte­gra­tion unauf­fäl­lig ver­laufen“, sagt Polize­ichef Peter Benedikt, „bis zum 4. Mai in Alt Daber“. Man sei zu sehr mit den Recht­en beschäftigt gewe­sen, sagt er, habe sich zu wenig um die Prob­leme der Aussiedler geküm­mert. Nun hat sich die Stim­mung aufge­heizt, von Hass in der Stadt sprechen auch die Gemäßigten, und den Hass haben sie jet­zt alle. 

In Witt­stock ist offen­bar ein rechts­freier Raum ent­standen. In der Papageien­sied­lung, einem Neubauge­bi­et am Rande der Stadt mit bunt ange­mal­ten Häusern, leben viele Rus­s­land­deutsche. Hier hat die Polizei einen harten Kern aus­gemacht: fünf bis zehn junge Aussiedler, die schon länger in Witt­stock sind, sich aber „nur in ihrem Kul­turkreis aufhal­ten“. Der Polizei trauen sie nicht. Nach dem Trauer­marsch für Kairat übten sie Selb­stjus­tiz: Fünf fuhren im Auto zur Elf-Tankstelle, dem Tre­ff­punkt der Recht­en, und schlu­gen zwei junge Män­ner zusam­men. Als die Polizei später in der Papageien­sied­lung vor­fuhr, „explodierte die Stim­mung“, sagt Benedikt. „Selb­st die Eltern der Jugendlichen haben die Polizei beschimpft und bespuckt.“ Auch Kairats Brud­er sei dabei gewesen. 

Anmerkung von Infori­ot: Anstatt “Freyen­thal” muss es “Freyen­stein” heißen.

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Seminar zu Antisemitismus am Wochenende

Die JunggdemokratInnen/Junge Linke machen am kom­menden Woch­enende von Sam­stag bis Son­ntag (29. und 30.6.) ein Anti­semitismussem­i­nar im Info­cafe Wil­dost (Parzel­len­strasse 79) in Cot­tbus. Schw­er­punk­te sind:

— nationaler Antisemitismus

— anti­semi­tis­che Weltanschauung

— verkürzte Kap­i­tal­is­muskri­tik und link­er Antisemtismus

— Israel und die deutsche Linke 

Das ganze kostet Euch nix. Für Essen ist gesorgt — Spenden sind erwün­scht. Beginn ist am Sam­stag um 12 Uhr. 

Bei Fra­gen meldet Euch unter: 0178/9191744.

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Brandstiftung in KZ-Gedenkstätte

Ver­mut­lich durch Brand­s­tiftung ist es am Dien­stag in einem Toi­let­ten­trakt in der Nähe des Besucher­park­platzes der KZ-Gedenkstätte Sachen­hausen zu einem Feuer gekom­men. Schmier­ereien wur­den nicht fest­gestellt, teilte die Oranien­burg­er Polizei am Mittwoch mit. Es bran­nte ein Toi­let­ten­pa­pier­hal­ter, der von Mitar­beit­ern der Gedenkstätte und Polizeibeamten gelöscht wurde. Es beste­ht der drin­gende Ver­dacht der Brandstiftung.

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Schönbohm weist erneut Rüge von Rau zurück

Berlin — Der Innen­min­is­ter von Bran­den­burg, Jörg Schön­bohm (CDU), hat noch ein­mal erk­lärt, dass er die Rüge von Bun­de­spräsi­dent Rau im Zusam­men­hang mit der Debat­te um das Zuwan­derungs­ge­setz für «nicht akzept­abel» hält. Nach Schön­bohms Ansicht haben die Grü­nen Bun­desin­nen­min­is­ter Otto Schi­ly (SPD) erpresst, weil er ihre Zus­tim­mung Ende für das Anti-Ter­ror-Gesetz brauchte. Schön­bohm: «Das Gesetz trug von diesem Zeit­punkt an die Hand­schrift der erweit­erten Zuwan­derung, der Ver­nach­läs­si­gung unser­er Inter­essen und der “Mul­ti­kul­ti-Ide­olo­gie”.» Nach­dem Grüne ihre Zus­tim­mung zum Ein­satz der Bun­deswehr ver­weigert hat­ten, wurde das «einge­grünte Zuwan­derungs­ge­setz» nach Schön­bohms Mei­n­ung zum zweit­en Mal zum Kle­ber der Regierungskoali­tion: «Bei fehlen­der Kom­pro­miss­bere­itschaft und der Instru­men­tierung des Geset­zes für andere Zwecke kon­nte von der Union ern­stlich nie­mand diesem Gesetz zus­tim­men.» Schön­bohm weit­er: «Ich hielt und halte das Gesetz für falsch und für deut­lich verbesserungs­fähig. Der Koali­tion­spart­ner SPD in Bran­den­burg wollte zus­tim­men, obwohl der Koali­tionsver­trag für einen solchen Fall Stim­men­thal­tung vor­sah. Die einzige Möglichkeit, dies zu brem­sen, bestand in einem unter­schiedlichen Abstimmungsverhalten.»

Inforiot