Frankfurt (ddp-lbg). Mehrere Ausländer ohne Papiere sind von der Polizei am Sonntag bei Waltersdorf im Landkreis Dahme-Spreewald aufgegriffen worden. Dabei handelte es sich um sieben Erwachsene und drei Kinder aus dem Irak und Armenien, wie ein Polizeisprecher am Montag mitteilte. Einen Tag zuvor waren vier Iraker kontrolliert worden. Bereits am Freitagnachmittag trafen die Beamten nach Hinweisen aus der Bevölkerung auf sechs Pakistani und zwei Inder. Alle Personen stehen den Angaben zufolge im Verdacht die Bundesgrenze illegal überschritten zu haben.
Monat: September 2002
Berlin (ddp-bln). Ein Rechtsradikaler hat am Freitag den Grünen-Politiker Christian Ströbele in Berlin-Friedrichshain angegriffen und verletzt. Der 35-jährige Täter aus Wandlitz im Landkreis Barnim, der der Polizei als Angehöriger der rechten Szene bekannt ist, wurde festgenommen, teilte ein Polizeisprecher mit. Er sollte noch am selben Tag einem Richter zum Erlass eines Haftbefehls vorgeführt werden. Die Spitzen der Bundes- und Landespartei der Grünen äußerten sich über den Gewaltakt entsetzt.
Der Bundestagsabgeordnete, der sich im Wahlkreis Friedrichshain/Kreuzberg um ein Direktmandat bewirbt, wurde gegen 7.30 Uhr bei einem Wahlkampfeinsatz attackiert. Als er an einem Stand Informationsmaterial verteilte, erhielt er plötzlich von hinten einen Schlag auf den Kopf. Ströbele musste in einem Krankenhaus ambulant behandelt werden.
Der flüchtende Täter wurde kurz darauf von mehreren Parteifreunden und Passanten gestellt und der Polizei übergeben. Bei ihm wurde eine Stahlrute sichergestellt. Ob es sich dabei um die Tatwaffe handelt, ist nach Polizeiangaben aber noch unklar.
Die Grünen-Chefs Claudia Roth und Fritz Kuhn sowie die Fraktionschefs Kerstin Müller und Rezzo Schlauch äußerten sich «bestürzt und entsetzt» über den Angriff. Gewalt dürfe kein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein, betonten sie in einer gemeinsamen Erklärung. Auch Landeschefin Regina Michalik verurteilte die Tat auf das Schärfste. (Quellen: Roth, Kuhn, Müller, Schlauch, Michalik, Polizeisprecher in Pressemitteilung) ddp/chs/mwa
Berlin (ND-Claus). Die Bundesregierung hat für den Monat August 353 rechtsextremistische Straftaten registriert. Das geht aus einer Antwort auf die Anfrage der PDS-Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke hervor. Erstmals in diesem Jahr verzeichnet die offizielle Statistik wieder ein Todesopfer. Im saarländischen Sulzbach ist ein 19-jähriger Mann türkischer Herkunft von Skinheads erstochen worden. Die Skinhead-Gruppe wurde nach Presseberichten vom Verfassungsschutz beobachtet, ohne dass dadurch die Mordtat verhindert wurde. Weitere 30 Personen sind durch rechte Schläger verletzt worden. In einem Fall geht die Polizei von versuchter Tötung aus. 330 Tatverdächtige wurden ermittelt, 73 davon festgenommen. Nur in 17 Fällen erging ein Haftbefehl. Mit den Augustzahlen steigt die vorläufige Gesamtzahl für 2002 auf über 2600 Straftaten. Damit finden in Deutschland pro Tag durchschnittlich elf rechtsextristische Straftaten statt. »Rechte Gewalt ist in diesem Land weiterhin verbreitet und immer noch eine tödliche Gefahr. Die Behauptungen von Innenminister Schily und anderen über einen angeblichen Rückgang rechter Gewalt seien grob fahrlässig und unbegründet. betonte Jelpke. Die Abgeordnete hat bislang mit über 500 derartigen Anträgen dafür gesorgt, dass Fakten über das Ausmaß rechtsextremer, ausländerfeindlicher und antisemitischer Straftaten bekannt wurden. Das bestätigen auch Erkenntnisse von Landesämtern für Verfassungsschutz und Landeskriminalämter. Im am Dienstag ausgestrahlten ZDF-Magazin »Frontal 21« bestätigten Experten, dass die vor einem Jahr verbotene Naziorganisation »Blood an Honour« aktiver denn je ist. Das Verbot habe nur bewirkt, dass zerstrittene Gruppen wieder zusammenfanden. Das Bundesinnenministerium dagegen behauptet weiter, die Strukturen der gewalttätigen Nazi-Gruppierung seien »entweder zerschlagen oder handlungsunfähig«. (ND 19.09.02)
Rund 1000 Bürger erteilten am Samstag in Potsdam Intoleranz und Menschenverachtung eine Abfuhr. Dem Aufruf der Stadtverordnetenversammlung, gegen den geplanten NPD-Aufmarsch Farbe zu bekennen, hatten sich Kirchen, Gewerkschaften, Potsdamer Betriebe und Parteien angeschlossen. Zusätzlich protestierten mehr als 400 Mitglieder linker Gruppen an verschiedenen Orten, und 500 Menschen bewegten sich per Fahrrad auf der »Tour de Tolèrance« von Altlandsberg über Berlin nach Potsdam. Die Demonstranten in der Landeshauptstadt forderten auf Transparenten und selbst gefertigten Schildern die Toleranz ein, für die ihre Heimatstadt seit dem Edikt von Potsdam im Jahre 1685 international bekannt ist. Ihr Zug bewegte sich durch die Innenstadt, vorbei an unzähligen Plakaten mit der Aufschrift »Nazis raus aus den Köpfen« bis zum Alten Markt, auf dem Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) versicherte, dass Potsdam »Raum für jeden bietet, der hier leben will«. Auch die Rechte der Mitglieder der jüdischen Gemeinden in Brandenburg würden geschützt, »als wenn es unsere eigenen wären«. Um so unverständlicher empfanden es alle Redner, dass das Oberverwaltungsgericht das Verbot des Neonaziaufmarsches, der unter der Losung »Schluss mit der Masseneinwanderung russischer Juden, Deutschland uns Deutschen« stehen sollte, aufgehoben hatte. Die Ausländerbeauftragte des Landes Brandenburg, Almuth Berger, beispielsweise fand es »unerträglich«, dass »man mit volksverhetzenden Parolen demonstrieren darf, weil Demonstrations- und Meinungsfreiheit höher eingeschätzt werden als Menschenwürde«. Auch ein Richter müsse erkennen, dass es nicht um Worte geht, sondern um die so vermittelte Botschaft. Trotz der oberverwaltungsrichterlichen Entscheidung fand der NDP-Aufmarsch dann nicht statt. Lediglich etwa 70 jugendliche Neonazis trafen sich nach Polizeiangaben nahe des Bahnhofs Pirschheide außerhalbs der Brandenburger Landeshauptstadt. Offensichtlich hatten die Auflagen des Potsdamer Polizeipräsidenten, dass die Ansammlung von 8 bis 10 Uhr und nur außerhalb der Innenstadt stattfinden dürfe, demotivierend gewirkt. (ND 17.09.02)
das asn-archiv wurde um “das übliche” für die monate august und september erweitert. unter “das übliche” sind rassistische und rechtsextreme übergriffe, angriffe auf menschen, die nicht in groß-deutschtümelige muster passen und passen wollen. so wurde beispielsweise ein 30jähriger mann in guben von einem nazi mit einer schreckschußpistole aus nächster distanz an den kopf geschossen. ein 13jähriger wird in lübben nach schulschluß über einen zaun geworfen und muß sich daraufhin 10 tage in stationäre behandlung geben. anfang august wird in cottbus ein kubaner von 15 rechtsextremen an einer tankstelle geschlagen und getreten. mit rippenbrüchen, einer gehirnerschütterung und weiteren verletzungen muß er sich für mehrere tage in stationäre behandlung begeben. der neue sicherheitsberater der stadt entblödet sich aber nicht, die sicherheit in der stadt mit der kräftebündelung gegen graffiti und verkehrsrowdys halten zu wollen.
es werden aber auch vorfälle, die im juristischen als “verwenden von kennzeichen verfassungsfeindlicher organisationen” bezeichnet werden aufgeführt. darunter fallen zum beispiel pullover mit hakenkreuzen, gesprühten ss-runen, der “hitler-gruß”. so wurden im august anlässlich des todestages von rudolf hess massiv aufkleber und plakate verklebt, transparente aufgehängt und strassen nach heß umbenannt. für die polizei handelt es sich dabei aber lediglich um eine ordnungswidrigkeit.
das übliche: august und september
Schill-Partei will Ortrand
OSL-Kreis. Die politische Nähe, die seit rund zwei Jahren nicht mehr existenten Landes- und Kreisstrukturen bei der Deutschen Sozialen Union (DSU) und Gespräche vor Ort im OSL-Kreis gaben dem am Wochenende frisch gewählten Brandenburger Landesvorsitzenden der Schill-Partei, Dr. Dirk Weßlau aus Bernau, die Hoffnung, dass DSU-Mitglieder reihenweise “überlaufen ” würden. Die Rede war von den etwa 30 Mitgliedern des Ortsverbandes Ortrand/Kmehlen. Dessen Vorsitzender Alf Korn, ehrenamtlicher DSU-Bürgermeister in Ortrand, sagte auf RUNDSCHAU-Nachfrage: “Zurzeit gibt es keine Ambitionen, zur Schill-Partei überzutreten. ” Den Schritt getan haben inzwischen die beiden Senftenberger Stadtverordneten Fred Frahnow und Kurt Kosmehl, die seit Montag im Parlament als Schill-Fraktion auftreten. In der an Mitgliedern armen DSU haben sie keine Zukunft für ihre politische Arbeit gesehen, so Frahnow. Vom Wechsel erhoffen sie sich mehr Dynamik und Zulauf, damit ein Ortsverband gegründet werden kann, der in der zurückgelassenen Partei längst nicht mehr existierte. Unterdessen hält Landesvorsitzender Weßlau zum DSU-Ortsverband Ortrand/Kmehlen weiterhin Kontakt. Er würde die dort funktionierende Struktur “gern übernehmen ” . Im Gespräch mit Bürgermeister Korn seien “inhaltlich völlig gleiche Ziele ” festgestellt worden. Damit seien aus seiner Sicht die Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit gegeben.
PERLEBERG Ein Algerier ist am Mittwoch Abend auf dem Bahnhof in Perleberg (Prignitz) von bisher unbekannten Tätern grob misshandelt worden. Die beiden jungen Männer hatten den 25-Jährigen aus dem Zug gestoßen. Als er auf dem Boden lag, schlugen und traten sie auf ihn ein. Der Mann musste sich anschließend ambulant im Krankenhaus verarzten lassen. Die Täter, die laut Polizei dem Aussehen nach der rechtsextremen Szene angehören, flohen.
Schon auf der Fahrt zwischen Wittenberge und Perleberg gab es eine verbale Auseinandersetzung. Dabei beleidigten die beiden Skinheads die Freundin des Algeriers. Als der ihr zur Seite stehen wollte, griffen ihn die Männer an.
Die Perleberger Kriminalpolizei bittet in diesem Fall um dringende Mithilfe. Es werden Zeugen gesucht, die den Vorfall beobachtet haben oder Hinweise zur Person der Täter geben können. Einer von ihnen ist etwa 20 Jahre alt, 165 bis 170 Meter groß, schlank und trug zur Tatzeit ein blaues T‑Shirt mit langem Arm.
Sein Begleiter wird auf 20 bis 21 Jahre geschätzt, ist 170 bis 175 Meter groß und schlank. Beide Männer haben eine Glatze.
Vier Inder in Prierow gestellt
Prierow/Waltersdorf. Bei einer routinemäßigen Streifenfahrt auf der B 115 stellte die Polizei gestern Vormittag kurz vor Prierow vier Männer, die keine Identitätspapiere bei sich trugen. Bei der Überprüfung gaben diese an, aus Indien zu kommen. Auch im Gewerbegebiet von Waltersdorf wurden gestern drei Männer ohne Papiere aufgegriffen. Es handelte sich um Staatsbürger des Iraks und Indiens. Die Soko “Schleuser ” hat die Ermittlungen aufgenommen.
Verfahren wegen „Verleumdung der Polizei“ gegen Sprecher der Brandenburger Flüchtlingsinitiative
Am Dienstag, den 24. September 2002, findet um 10 Uhr vor dem Amtsgericht Rathenow, Bahnhofstr. 19, Saal 1, ein Prozess gegen Christopher Nsoh, einen Sprecher der „Brandenburger Flüchtlingsintitiative“, statt.
Vorgeworfen wird Nsoh ein Vorfall im August 2000. Damals begleitete Nsoh den britisch-chinesischen Fotoreporter Justin Jin, der für eine Fotoreportage über Rassismus in Brandenburg nach Rathenow gekommen war. Der Abend des 25. August endete mit einem Angriff auf Justin Jin. Ein 21-jähriger Rechtsradikaler schrie die Gruppe um Justin Jin an, sie sollten verschwinden, der Bürgersteig sei nur für Deutsche. Als Jin den mit einem Stein in der Hand drohenden Angreifer fotografierte, versetzte ihm der 1,90 m große Hüne einen Schlag ins Gesicht.
Was nach dem Eintreffen von zwei Polizeibeamtinnen geschah, darüber gehen die Versionen auseinander. Christopher Nsoh berichtete wenige Tage nach dem Vorfall auf einer Pressekonferenz, dass die Beamtinnen Jin mit Einsatz körperlicher Gewalt zum Polizeiwagen abgeführt hätten. Jin selbst nahm die Behandlung durch die Polizei als eine Festnahme wahr. Die Polizistinnen bestreiten das. Sie hätten Jin nicht die Arme auf den Rücken gedreht; Jin sei zu seinem eigenen Schutz weggebracht worden.
Der Vorfall hatte schon einmal ein juristisches Nachspiel. Kay Wendel, ein Mitarbeiter des Vereins „Opferperspektive“, war im Februar diesen Jahres wegen „übler Nachrede“ angeklagt. Er hatte in einer Pressemitteilung die Version der Opfer wiedergegeben. Das Verfahren endete mit einer Einstellung. Das Gericht konnte nur von einander abweichende Versionen der Opfer und der Polizistinnen feststellen. Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Fotojournalisten bestanden keine.
Kay Wendel merkt dazu an: „Der anstehende Prozess gegen Christopher Nsoh wird eine Wiederauflage des Prozesses gegen mich sein. Das Ergebnis wird das selbe sein: die Opferzeugen sind absolut glaubwürdig. Aus ihrer Sicht hat die Polizei das Opfer festgenommen. Die Polizei, anstatt sich bei den Opfern zu entschuldigen, beharrt auf einer Verfolgung der Kritiker dieses skandalösen Polizeiverhaltens. Es ist unglaublich, wieviel Geld und Kapazitäten der Justiz mit diesem völlig überflüssigen Verfahren verschwendet werden.“
Hintergrund-Informationen:
taz vom 20.02.2002 zum
Prozess gegen Opferperspektive
Berliner Zeitung vom 20.02.2002 zum
Prozess
EBERSWALDE. Seit Jahren kämpft die Stadt, die wegen des ersten Neonazi-Mords an einem Ausländer nach der Wende in Ostdeutschland berühmt wurde, gegen sein Negativ-Image. In Eberswalde hatten am 25. November 1990 etwa 50 Neonazis so brutal auf den Angolaner Antonio Amadeu eingeschlagen, dass der 28-Jährige elf Tage später starb. “Seitdem haben sich Dutzende Vereine und Initiativen gebildet, um gegen Ausländerfeindlichkeit zu kämpfen”, sagte der Leiter der Eberswalder Koordinierungsstelle für Toleranz und gegen Fremdenfeindlichkeit, Mohamed Hamdali. Um diese Initiativen zu würdigen, hat die von der Stadt finanzierte Koordinierungsstelle jetzt eine 32-seitige Broschüre mit dem Titel “Gesicht(er) zeigen in Eberswalde” herausgegeben. Sie soll anderen Menschen im Land zudem Mut machen, sich ebenso zu engagieren und den Kommunen zeigen, dass es sich lohnt, solche Initiativen zu unterstützen. “Wir stellen beispielhafte Projekte vor, bei denen sich Schüler oder Vereine gegen Neonazis und Fremdenfeindlichkeit engagieren”, sagte Hamdali.
“Sie alle haben dazu beigetragen, dass Eberswalde seinen zum Teil ungerechtfertigten Ruf als Stadt mit rechtsradikalen Einflüssen wesentlich verbessern konnte”, sagte Bürgermeister Reinhard Schulz (CDU). Gleichzeitig dürften die bisherigen Erfolge nicht zur Leichtfertigkeit verleiten und die noch immer vorhandenen Probleme mit Rechtsradikalen ignoriert werden.
Wichtig ist für Hamdali, dass die Vereine nicht nur nach ausländerfeindlichen Übergriffen reagieren, sondern präventiv und aufklärerisch in den Schulen aktiv sind, um sich rechtsextremistischen Gedanken entgegenzustellen. “Es ist relativ einmalig im Land, dass sich bei uns viele Polizisten einbringen”, sagte Hamdali. “Aber nicht in ihrer Funktion als Strafverfolger, sondern als engagierte Bürger in den Vereinen.” Ebenso selten sei, dass sich eine Stadt eine hauptamtliche Koordinierungsstelle für die Arbeit der antirassistische Gruppen leiste.
In der Broschüre kommt unter anderem die ehemalige Eberswalder Polizeipräsidentin und jetzige Extremismusbeauftragte des Landes Uta Leichsenring zu Wort, aber vor allem die Vertreter der Vereine. “Hinter jeder Initiative stehen Menschen, deren Arbeit mit dem Buch ein Gesicht gegeben werden soll”, sagte Hamdali. (bla.)
Bezug über: Koordinierungsstelle für Toleranz, Stadtverwaltung, Dr.-Zinn-Weg 18, 16225 Eberswalde.
Informationen im Internet unter:
www.tolerantes_eberswalde.de