Potsdam-Mittelmark — Die Polizei stellte am Samstag gegen 7 Uhr in Neu Fahrland an einer Bushaltestelle einen Verstoß gegen Paragraf 86a (Verwenden von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen) fest. Neben verschiedenen rechten Parolen sowie der Aufschrift “NPD” und “DSU” waren Hakenkreuze und SS-Runen in verschiedenen Größen gemalt worden.
Monat: September 2002
Randale in Lenzener Gaststätte
Prignitz/Lenzen — Am Samstag gegen 02.45 Uhr kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen sieben Jugendlichen, die der rechten Szene zuzuordnen sind, und acht Gästen einer Gaststätte in der Hamburger Str. 40. Während des Aufenthaltes in der Gaststätte kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen der jugendlichen Gruppierung und den Gästen. Die Auseinandersetzung steigerte sich so weit, dass drei Jugendliche anwesende Gäste tätlich angriffen und mit Stühlen und Tischen warfen. Durch die anwesenden Gäste wurden die Jugendlichen gewaltsam aus der Gaststätte entfernt. Dabei wurden drei der Gäste leicht verletzt. Die Jugendlichen verließen mit zwei Pkw den Ort, kehrten kurze Zeit später zurück und warfen Steine gegen die Fensterscheiben der Gaststätte. Dabei wurde ein Fenster beschädigt. Ein 15-jähriger Randalierer aus dem Landkreis Ludwigslust konnte festgehalten und der Polizei übergeben werden. Durch die Polizei konnten auch die restlichen Jugendlichen bekannt gemacht werden. Sie müssen jetzt mit einem Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung, Sachbeschädigung und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen rechnen.
Wegen der erteilten Auflagen bei der Demonstration am vergangenen Samstag will die rechtsextreme NPD juristisch gegen das Polizeipräsidium Potsdam und die Staatsanwaltschaft vorgehen.
Die Auflagen hätten das Versammlungsrecht außer Kraft gesetzt, hieß es gestern in einer Mitteilung. Auf Geheiß der Polizei durften die Anhänger der NPD kurzfristig nicht in der City zusammenkommen, sondern ihnen wurde ein Ort am Stadtrand zugewiesen.
Dieser Meinung ist Frau Elke D. (stellvertretende Leiterin der Abteilung Kinder und Jugend) in Eisenhüttenstadt. „Resist, Rebel, Revolt!“ sind die drei kleinen Wörtchen auf den Flyern, die das kommende Hoffest im Cafe Ole am 27. & 28.09. ankündigen und für Aufruhr im Amt sorgen. Schließlich kann es ja nicht sein, dass auf Flugblättern eines Jugendclubs zur Revolte aufgerufen wird, und sowieso ist eine politische Position in städtischen Einrichtungen untersagt. Dieser Verstoß gegen alle Regeln ist auch keine Eintagsfliege, immerhin gab es erst vor wenigen Wochen eine Reparaturmaßnahme am Dach des Kohlenschuppens dieses Jugendclubs, die, da die Stadt mit 38 Millionen Euro in der Kreide steht, von der PDS finanziert wurde. Als Dankeschön dafür gab es einen kleinen Artikel in der lokalen MOZ. Dies galt innerhalb der Stadtverwaltung als Skandal. Wie konnten es sich diese Jugendlichen nur erlauben selbständig für den Winter vorzusorgen. Sprich: ohne Baugenehmigung ein Schuppendach zu reparieren und das dann auch noch von der PDS bezahlen zu lassen. Das löste dann scheinbar eine Kettenreaktion aus, in der das Bauamt plötzlich anfing die Dachterrasse auf dem Garagendach gleich daneben zu kritisieren. Schließlich habe die Treppe dort rauf gar keinen TÜV und das Garagendach ist auch nicht auf seine Statik geprüft worden. Um zu vermeiden, dass sich diese Kettenreaktion weiter fortsetzt, möchten wir die jüngste Kritik an den Flyern zum Anlass nehmen um uns für unsere bisherigen Verfehlungen zu entschuldigen. Wir haben gemerkt, dass die Verwaltung doch nur um unsere Sicherheit und unser Wohlergehen besorgt ist. Wir werden eine zweite, geänderte Auflage der Flyer herausbringen, und bitten alle uns die erste zurückzusenden, von welcher wir uns hiermit öffentlich distanzieren. Außerdem möchten wir um Verzeihung bitten, für das nichtgenehmigte Schuppendach. Das nächste Mal sind wir bereit zu warten, bis das Haushaltssicherungskonzept es zulässt, dass wir einen entsprechenden Antrag stellen. Für alle weiteren Verfehlungen unsererseits entschuldigen wir uns schon im Vorfeld.
Es grüßt freundlich, das Cafe Ole Animationsteam!
Randalierer geschnappt
PRENZLAU Ein 36-jähriger Mann, der unter erheblicher
Alkoholeinwirkung stand, wurde am Donnerstagabend in Prenzlau festgenommen. Der Beschuldigte schlug kurz vor 19 Uhr in der Brüssower Straße mit einer Flasche eine
Pkw-Scheibe ein, wobei ihn Zeugen beobachteten, die die Polizei riefen.
Zwischendurch beschädigte er in der Stettiner Straße die Tür der Krankenkasse AOK und rief verfassungsfeindliche Parolen. Die Beamten brachten den Mann auf die Wache
und testeten seinen Alkoholspiegel — 3,37 Promille!
Nazidemo am 17.11. in Halbe
Hallo liebe AntifaschistInnen, FreundInnen und GenossInnen,
nach 10 Jahren verbotsbedingter Pause wollen am 17.November Nazis in Halbe bei Berlin mit der Parole “Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsoldaten” einen bundesweiten Aufmarsch durchführen. Sie wollen sich um 12 Uhr am dortigen Bahnhof versammeln.
Wir befürchten, daß sich Halbe ebenso wie Wunsiedel nach jahrelangem Verbot wieder als Wallfahrtsort für Alt- und Neonazis etablieren könnte und rechnen mit ca. 2000
Nazis, die bundes- und €paweit anreisen werden.
Da die antifaschistischen Proteste sowie auch die Beteiligung an Aktionen gegen den Nazi-Aufmarsch in Wunsiedel äußerst unbefriedigend waren, sollte Halbe nun doch mit mehr Aufmerksamkeit bedacht werden.
Darum müssen am 17. November vielfältige antifaschistische Gegenaktionen mit massenhafter Beteiligung in und um Halbe stattfinden, um den Nazi-Aufmarsch zu einem Desaster werden zu lassen.
Folgende Veranstaltung wurde bereits angemeldet:
Mahn-und Gedenkkundgebung für die sowjetischen ZwangsarbeiterInnen unter dem Motto
“Nie wieder Faschismus — Nie wieder Krieg”
am 17. November 2002 von 11.00 Uhr — 18.00
auf dem Parkplatz direkt am Haupteingang des Zentralwaldfriedhof Halbe
Veranstalterin: Bedingungslose Kapitulation 8.Mai e.V.
und Bündnis unabhängiger Antifagruppen
Weiterhin ist eine Demonstration durch Halbe geplant sowie eine weitere Protestkundgebung am Bahnhof in Halbe.
mit antifaschistischen Grüßen
Bündnis unabhängiger Antifagruppen
Weitere Info gibt es demnächst unter www.halbe.de
Am Samstag den 21.09., einen Tag vor der Bundestagswahl, findet um 13 Uhr im
brandenburgischen Hennigsdorf eine antifaschistische Demonstration statt.
Die Demonstration thematisiert auf der einen Seite die rassistischen Gesetze
wie das Gutscheinsystem und die Residenzpflicht, denen die Asylbewerber
schutzlos ausgesetzt sind, auf der anderen Seite wird gegen die fest
verankerten neo-faschistischen Strukturen in dieser Region protestiert, dies
beinhaltet auch eine Zwischenkundgebung vor dem Hennigsdorfer Nazi-Laden “On
the Streets” in dem man nicht nur kleidungsmäßig alles erwerben kann was das
Fascho-Herz begehrt, sondern in dem auch der musikalische Propagandabedarf
eines jeden Nazis gedeckt werden kann. Hennigsdorf liegt nordwestlich von
Berlin und ist für Berliner über die S‑25 direkt zu erreichen. Der Treffpunkt
für die Demo ist das Kz-Denkmal in Hennigsdorf welches sich direkt neben dem
S‑Bahnhof befindet.
Zur Situation in Hennigsdorf und Umgebung ist zu sagen, daß diese Region
stark von einer rassistischen Grundstimmung geprägt ist, die keineswegs nur
am rechten Rand zum guten Ton gehört sondern weit innerhalb der Bevölkerung
Bestätigung findet. Es gehört schon fast zur Normalität, daß
AsylbewerberInnen in Supermärkten von Angestellten und Kunden angepöbelt und
beschimpft werden. Speziell bei diversen Stadtfesten laufen alternative
Jugendliche und AsylberwerberInnen Gefahr angegriffen und erniedrigt zu
werden.
Aktuell: Nach der Bekanntgabe der Demonstration ist in Hennigsdorf und
Umgebung gesteigerte Aktivität und Aggressivität der Nazis zu beobachten.
Erst letzten Samstag (14.9.) wurde ein alternativer Jugendlicher am Bahnhof
von 2 Nazis zusammengeschlagen, wobei die Täter jedoch unerkannt flüchteten.
Desweiteren drohten Nazis aus Hennigsdorf und Oranienburg eine
Gegenkundgebung für diesen Tag anzumelden. Inwiefern es jedoch zu
Nazi-Aktivitäten kommen wird ist jedoch momentan noch unklar, daß es aber zu
Aktivitäten der Nazis an diesem Tag kommen wird gilt als sicher.
KOMMT ALLE ZUR ANTIFA-DEMO NACH HENNIGSDORF!
FIGHT FASCISM! FIGHT RACISM!
IN HENNIGSDORF UND ANDERSWO!
Nazidemo in Potsdam verhindert
Die Nazidemo am Sonnabend in Potsdam wurde erfolgreich verhindert. Dem NPD-Aufruf zum Marschieren unter dem Motto “Schluss mit der Masseneinwanderung russischer Juden. Deutschland uns Deutschen” folgten lediglich rund 80 Faschisten — Nicht zuletzt aufgrund der immensen Präsenz von Antifas und bürgerlichen NazigegnerInnen im gesamten
Innenstadtbereich wurden die Nazis von der Polizei an den Stadtrand geschickt, ursprünglich wollten die NPDler am Hauptbahnhof starten.
Dort, am Bahnhof Pirschheide, wurden sie in eine Gitterabsperrung verbracht, wo sie — abseits jeglicher Öffentlichkeit — lediglich Liedchen singen, jedoch nicht demonstrieren konnten.
An der bürgerlichen Demonstration “für Toleranz” nahmen rund 2000 Menschen teil. Zu den Aufrufern zählte unter anderem die jüdische Gemeinde Potsdams. Als Redner bei der Abschlußkudngebung am alten Markt trat unter anderem Brandenburgs Neu-Ministerpräsident und Potsdams ex-Bürgermeister Matthias Platzeck auf, der die gerichtliche
Genehmigung der Nazidemo kritisierte. Diese, vom Cumlosener NPD-Kader Mario Schulz angemeldet, war ursprünglich von der Polizei verboten worden. Das Verwaltungs- und letzlich auch das Brandenburger Oberverwaltungsgericht hoben das Verbot wieder auf. Das sei, so Platzeck, ein faltales Signal angesichts des selbst für NPD-Verhältnisse überraschend deutlich formulierten anisemitischen Mottos.
Die Staatsanwaltschaft Neuruppin ermittelt inzwischen übrigens inzwischen wegen Volksverhetzung eben wegen des Mottos.
Hintergründe: Im Mai wurde in Wittstock (nahe des Heimatortes von Nazi-Anmelder Schulz gelegen) ein Ausiedler von deutschen Rassisten ermordet. Erst letzte Woche wurde auf die NS-Gedenkstätte im ebenfalls nahe gelegenen Belower Wald ein Brandanschlag verübt und Hakenkreuze gesprüht.
Selbstredend entschlossener als die BürgerInnen gingen die
schätzungsweise 500 unabhängigen Antifas vor, die sich zum Ziel gesetzt hatten nicht nur gegen den Naziaufmarsch zu protestieren sondern ihn auch aktiv zu verhindern. Angesichts der kurzen Mobilisierungsdauer ist die Anzahl der präsenten Antifas durchaus zufriedenstellend und auch
der Infofluss — vor allem über das Infotelefon — war gewährleistet.
Auch die Potsdamer Alternative-Hausprojekte äußersten sich auf Transparenten an der Fassaden (“Den deutschen Zuständen ein Ende setzen”) zur Demo. Der zwar zahlenmässig starken aber vollends überforderten Polizei blieb nichts anderes übrig als die gerichtlich genehmigte Nazidemo schon frühzeitig an den Stadtrand zu dirigieren.
Dort verzichteten die NPDler dann freiwillig auf ihre Demo.
Die Nazis wurden sodann angewiesen, unverrichteter Dinge nach Hause zu fahren, einige fuhren Richtung Hauptbahnhof. Im Innenstadtbereich gelang es Antifas dann auch vereinzelt, die Nazis direkt zu attackieren. Vor dem Mercure-Hotel etwa blieb einem versprengten siebenköpfigen Nazigrüppchen nichts weiter übrig als sich panikartig in
einen Polizeibulli zu flüchten. Die herbeigerufene Verstärkung der Polizei ging daraufhin mit Schlagstöcken brutal gegen die umstehenden NazigegnerInnen vor. Insgesamt wurden im Laufe des Tages elf Antifas wegen “Widerstands gegen die Staatsgewalt” sowie “Beamtenbeleidigung”
verhaftet.
Wie dem auch sei: Für die Faschisten ist der Tag ein
komplettes Desaster gewesen!
Insgesamt waren über den Tag sieben Demos angemeldet, von
beispielsweise der Roten
Hilfe, der antirassistischen Fußballfan-Initiative Stehplatz Ermässigt und dem Asta der Uni Potsdam.
Die Polizei überschlug sich förmlich mit Verlegungen der Demorouten was praktisch oft in der Einschränkung von Grundrechten der Protestierenden endete. Immer wieder wurde Menschen der Weg durch die Stadt zu regulär angemeldeten Veranstaltungen von desorientierten BeamtInnen verwehrt.
Im folgenen dokumentieren wir einen (wegen Ärger mit der Polizei nicht gehaltenen) Redebeitrag von progress — antifascist youth Potsdam.
Redebeitrag von progress
Wenn die NPD hier heute unter dem Motto “Schluss mit der
Masseneinwanderung russischer Juden. Deutschland uns Deutschen” aufmarschiert, dann ist dies nur die Spitze des Eisberges. Ein Eisberg, dessen Rumpf die völkisch-deutsche Version der bürgerlichen Gesellschaft ist, einer Gesellschaft, welche ebenso antisemitisch ist wie ihre kahlgeschorenen Volksgenossen, welche lediglich ihre extremste Ausformung darstellen.
Ums Vaterland bedacht, bzw., im Neudeutsch, um den Standort
Deutschland, ist der durchschnittliche Deutsche nicht so dumm seine antisemitischen Ressentiments dermaßen offen kundzutun, und in jede ausländische Fernsehkamera, dreist grinsend und gestreckten Armes zu Protokoll zu geben “Ick steh dazu, ick kann die Juden nicht leiden”.
Denn nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg, bzw., aktueller, seit dem Sommer 2000, als sich der Volkszorn nicht nur gegen Flüchtlinge, Linke usw. richtete, sondern die eigene Nazibrut ihn zu spüren kriegte, weiß man in Deutschland, das solche oder ähnliche Äußerungen ein schlechtes Licht auf die Bundesrepublik werfen, ein Licht, welches die für den Arbeitsplatz, und somit fürs Brot und vor allem die soziale Stellung so wichtigen ausländischen Investoren und händeringend gesuchte Computerinder verschrecken könnte. Die sind aber für den herbeigesehnten und hoffentlich noch lange auf sich wartenden
Wirtschaftsaufschwung wichtig, denn, das weiß der Deutsche spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg, das mit der nationalen Selbstversorgung wie es der Führer einst predigte ja doch nicht so gut geklappt hat.
Stattdessen tarnt sich der Judenhass heute als eine Kritik an Israel oder an dem dringenden Bedürfnis, endlich einen Schlussstrich unter die deutsche Geschichte ziehen zu können.
Exemplarisch sei hier der Groschenromanautor Martin Walser genannt: als dieser eben jenes auf seiner Rede anlässlich der Verleihung des Friedenspreises forderte, erntete er Standing Ovations von der bundesdeutschen Elite. Einzig der mittlerweile verstorbene Ignatz Bubis, seines Zeichens ehemalige Vorsitzender des Zentralrats der Juden, klatschte nicht, sondern bezichtigte Walser richtigerweise der
geistigen Brandstiftung. Doch nicht der deutsche Brandstifter, sondern der jüdische Nestbeschmutzer wurde Ziel der Aggressionen: durch die Parteien und Schichten bildete sich eine unheimlich Allianz gegen Bubis, welche ihm vorwarf, mit seinem Verhalten den Antisemitismus erst
zu schüren. Das ganze sei nun 60 Jahre her und man müsse doch auch mal vergessen können.
Außerdem baue man ja auch ein großes Mahnmal als Zeichen der Sühne, ein Zeichen das Walser übrigens als “Fußballfeld großer Alptraum” beschreibt.
Diese nationale Mobilmachung, in der die Deutschen quasi
gleichgeschaltet, vorerst freilich nur verbal, gegen den
gemeinsamen Feind vorgehen, der nicht zufällig Jude ist, lässt nur
erahnen welches faschistische Potenzial unter der demokratischen
Oberfläche brodelt.
Auch Walsers neuer Roman, oder besser, Walsers neuer gedruckter
Brandsatz, “Tod eines Kritikers”, träumt vom Judenmord. Die Story ist
ebenso banal wie nebensächlich, das literarische Niveau dümpelt gegen
Null, um was es geht ist der Hass auf den Kritiker, welch
er lustvoll
seitenlang geschildert wird. Ach ja, der Kritiker ist natürlich Jude,
ein Motiv, was sich auch in der antisemitisch codierten Beschreibung
des Vaters des Bösewichtes wiederspiegelt: “eine schauderhafte Gestalt,
klein, dicklich, große Ohren, die Mutter hat er, als er siebzehn war,
geschwängert”. Das er Bankier war ist ja klar. Die Beschreibug des
Sohnes fällt ähnlich aus, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Auch
wenn es sich liest wie aus dem Nazikampfblatt Stürmer, ist es doch aus
dem Machtwerk Martin Walsers, welches in den Buchladen weggeht wie
warme Semmeln, und dessen Chancen, zum meistverkauften Buch 2002 in
Deutschland zu werden, nicht schlecht stehen.
Mindestens ebenso beliebt ist der Antisemitismus, der vorgibt sich
gegen Rassismus und für Menschenrechte, für die der Palästinenser
nämlich, einzusetzen. Unter dem Deckmäntelchen des Antizionismus
erwacht die alte antisemitische Schuldprojektion zu neuem Leben. Von
ganz links bis ganz rechts weiß man das es Israel, und somit
die Juden sind, welche für die instabile Lage im Nahen Osten
verantwortlich sind, eine Lage, die tagtäglich Menschen das Leben
kostet. Das überall auf der Welt jeden Tag tausende Menschen durch die
unterschiedlichsten Gründe, angefangen bei Hunger bis hin zum Krieg,
verrecken, ist dem Antisemiten egal. Ihn interessieren nur die von
israelischen Soldaten getöteten Araber, den nur dort kann er seinem
innersten Wunsch nach Projektion nachgehen. Genauso wenig wie Israel
schuld an der derzeitigen Situation ist, genauso wenig
interessieren sich der Deutsche für das Schicksal der Palästinenser.
Wenn er, im Bunde mit den Moslemfaschisten
der PLO, in Dschenin ein Massaker halluzinieren, welches, wie selbst
Amnesty International eingestehen musste, nie existiert hat, geht es
ihm mitnichten um die Dutzend toten Palästinenser, von denen im übrigen
der Grossteil bewaffnete Milizionäre waren, und schon gar nicht um die
23 toten israelischen Soldaten, einzig um die Aufrechterhaltung eines
Feindbildes, zu welchem er sich kollektivstiftend abgrenzen kann, geht
es ihm. Zusätzlich dient es der Erleichterung der Volksseele: wo immer
wieder von Massakern und Menschenrechtsverletzungen die
Rede ist kann man die Eigenen leichter in eine Reihe vieler anderer
integrieren und ihnen somit ihre Einzigartigkeit
nehmen, um sie in der Endkonsequenz zu vergessen. Auschwitz, Dresden,
Dschenin und Kabul, überall ist Unrecht geschehen.
So verwundert es auch nicht, das man jetzt schon öffentlich über einen
Bundeswehreinsatz in den Golanhöhen nachdenkt, ist man doch nun eine
geläuterte Nation, welche, wie alle anderen auch, ein paar kleine
Fehler gemacht hat, aus welchen man selbstverständlich gelernt hat. 60
Jahre nach Auschwitz sollen es wieder Deutsche sein, die über das
Schicksal der Juden entscheiden.
Während die Nazis keinen Hehl aus ihrem mörderischen Antisemitismus
machen, hat man in der gesellschaftlichen Mitte einen Weg gefunden
etwas zu sagen ohne es zu sagen. Trotz seiner Codierung ist und bleiben
diese Vorgänge antisemitisch. In Deutschland genügen Andeutungen und
man versteht sich. Die Frage, wie lange der Mob sich mit diesen
Andeutungen begnügt, ist heute nicht sicher zu beantworten. Was jedoch
sicher ist, ist die Existenz eines antisemitischen Konsens in
Deutschland, denn was den deutschen Spießer, den zündelnden
Intellektuellen und den militanten Stiefelnazi eint, ist der Hass auf
Juden.
Brandstiftung im Döner-Laden
In der Nacht zum Samstag drangen unbekannte Täter gewaltsam in einen Imbissstand in Vetschau ein und entzündeten Papier und Stofflappen. Anschließend entfernten sie von einer Gasflasche den Verbindungsschlauch und öffneten das Ventil. Nach Angaben des Betreibers war die Gasflasche jedoch leer gewesen. Den Brand konnte die Vetschauer Wehr löschen.
Eine trügerische Ruhe hat Martina Münch ausgemacht. Die Sprecherin des Vereins Cottbuser Aufbruch warnt eindringlich: “Die Ursachen für rechte Gewalt sind nicht beseitigt.” Sozialdezernentin Christina Giesecke räumt ein: “Wir wissen nur ein Bruchteil dessen, was wirklich passiert.”
Ein Trend, sagt Dirk Wilking vom Mobilen Beratungsteam Brandenburg, sei auch in Cottbus zu beobachten: Rechtsextreme ziehen sich immer mehr ins Bürgerliche zurück. “Der Extremismus wird nicht mehr so öffentlich geäußert. Unter Umständen verspricht er Karrierevorteile.”
Zu beobachten sei seit einiger Zeit ein “Eindrehen der Szene ins bürgerliche Milieu”. Die Erkennbarkeit werde geringer, so Wilking. Rechte zögen sich derzeit beispielsweise ins Hip-Hop-Milieu zurück, an anderen Stellen werde “Ausländerfeindlichkeit zum städtischen Konsens”. Viel Akzeptanz komme aus den Elternhäusern.
Das Publikum im Stadthaus kennt einige Cottbuser Beispiele für diesen alltäglichen Extremismus und Formen von Rassismus, die jetzt zwar seltener in spektakulären Aktionen gipfeln, aber immer noch da sind. “Die Szene ist kaum noch in Klubs. Sie formiert sich in so genannten nationalen Wohngemeinschaften, zum Beispiel in Schmellwitz”, berichtet ein Sozialarbeiter. Da sei kein Rankommen an die Jugendlichen, “eine direkte Auseinandersetzung, ein Dialog findet nicht mehr statt”.
Am Rande eines Testspiels des FC Energie wurden zwei Jugendliche (13 und 17 Jahre alt) von der Cottbuser Polizei aufgegriffen, die T‑Shirts mit der englischen Aufschrift “All Cops are Bastards” (Alle Polizisten sind Bastarde) trugen. Auf der Rückseite bedroht in einer Darstellung “ein Kurzgeschorener einen Polizisten mit einem Gewehr”, wie Polizeioberrätin Simone Taubenek berichtet. Die Polizei erstattet Anzeige wegen Beleidigung. Die Staatsanwaltschaft prüft den Vorfall und die Inhalte. Ob das Tragen der T‑Shirts Folgen haben wird, ist zweifelhaft.
Der Vater des einen Jungen wusste der Polizei zu berichten, dass die Aufschrift durch ein Urteil eines Gerichtes aus Nordrhein-Westfalen genehmigt worden sei. Jetzt werden die Shirts gleich mit dem betreffenden Urteil zusammen verkauft. Immerhin hat der FC Energie gegen die beiden Jugendlichen Stadionverbot ausgesprochen.
Ein weiteres Beispiel: In der Straße Am Priorgraben hängt an einer Hofeinfahrt ein Schild: “Hier endet die Bundesrepublik. Sie betreten Deutschland.” Darüber ist ein Puppenkopf aufgespießt, aus den leeren Augenhöhlen fließt stilisiertes Blut. Eine Cottbuserin berichtet im “Café”, sie habe den Besitzer darauf angesprochen und ihm Rechtsextremismus vorgeworfen. Seine Antwort sei gewesen: “Ich habe einen Anwalt.” Ein Sozialarbeiter erinnert sich, dass auf dem Schild ursprünglich “Sie betreten das Dritte Reich” gestanden habe.
“Es muss nicht immer jemand durch die Stadt getrieben werden. Der alltägliche Rassismus trifft die Menschen in die Seele”, sagt Aufbruch-Sprecherin Martina Münch. Oft fehle es auch bei verbalen Angriffen gegen Ausländer an Zivilcourage in Cottbus. Die Bürger müssten “die Sinne schärfen”, fordert Münch. “Wir nehmen den Vorfall mit dem jordanischen Arzt in Sachsendorf schon nicht mehr als Ausländerfeindlichkeit wahr.” Der Arzt hatte sich an einem Einkaufsmarkt mit Jugendlichen ein Wortgefecht geliefert, anschließend gab es eine Rangelei. Die Staatsanwaltschaft prüft den Fall.
Münch fordert “Glaubwürdigkeit von Politik, Schule und Eltern. Wir müssen mit eigenem Beispiel vorangehen und Kindern und Jugendlichen das Gefühl geben, dass wir sie ernst nehmen, aber ihnen auch zeigen, wo Grenzen sind”.
Doch auch staatliches Handeln wird von Betroffenen als verletzend empfunden. Ein Student aus dem Jemen berichtet von Ausweiskontrollen am Bahnhof durch den Bundesgrenzschutz am 11. September.
“Kontrolliert wurden nur Ausländer. Der Studentenausweis reichte nicht. Wer keinen Pass dabei hatte, wurde im Dienstwagen der Beamten zum Wohnheim gefahren, gut sichtbar für die anderen Studenten. Man fühlte sich wie ein Krimineller.” Sind Ausländer in Unfälle verwickelt, würden sie von Polizisten “automatisch geduzt”, erklärt der Stadtverordnete Ralf Fischer (Grüne). Auch das sei in seinen Augen “menschenverachtend und diskriminierend”.