Im Frühjahr 2002 verbreitete als erster der brandenburgische Verfassungsschutz auf dieser Homepage eine gute Nachricht: Die Zahl der Websites, die mit rechtsextremistischen oder rechtsextremistisch beeinflussten Inhalten von Deutschland aus um Aufmerksamkeit buhlen, war zurückgegangen. Eine unerwartete Trendwende!
Wie ist am Jahresende der aktuelle Stand? Kurz gesagt: Er hat sich seither kaum verändert. Weiterhin werden etwas mehr als 900 einschlägige Websites gezählt. Weder hat sich der Abwärtstrend fortgesetzt, noch gibt es im Medium Internet einen neuen Rechtsaußen-Drall.
Interessant sind aber qualitative Veränderungen. Sie zeigen, dass Rechtsextremisten sich von “Sperraktionen” und staatlichem Druck nur wenig beeindrucken lassen und in immer wieder neue Nischen des Internets auszuweichen wissen.
Südseeparadiese
Nachdem Provider in Deutschland, aber auch in den USA viele rechtsextremistische Homepages abgeschaltet hatten, suchten sich deren Betreiber neue Titel, teils auch ein neues Layout für ihre Angebote und meldeten sie bei anderen Providern an. Um sicher zu gehen, wechseln sie auch ohne besonderen Anlass häufig die Adresse und richten zusätzlich Umwegadressen ein.
Nicht nur auf Servern in den USA und in Skandinavien, wie bisher, suchen deutsche Rechtsextremisten ihre Homepages unterzubringen, sondern auch im Inselreich des Südpazifik: dort bekommen sie es billig!
Geschäfte und Meinungsmache
Der einschlägige Versandhandel über das Internet floriert. Firmen, die mit neonazistisch eingebräunten Skinhead-Musikartikeln Kasse machen, bieten häufig auch Dark-Wave- und Black-Metal-Nummern an, die ähnlich angetönt sind. Auf zahlreichen Homepages der Szene findet man Besprechungen neuer CDs, Konzertberichte oder Hinweise zum Download.
Auf manchen dieser Websites stehen Listen solcher Artikel, die von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert worden sind. Das sei beileibe keine Werbung, wird aus Selbstschutzgründen versichert. Das virtuelle Augenzwinkern bemerkt sogar der trübsichtigste Glatzkopf …
Diskussionsforen für Rechtsextremisten im Internet werden immer häufiger genutzt. Um sich als Teilnehmer registrieren zu lassen, braucht man oft nicht mehr als einen Spitznamen anzugeben. Dann darf man mit Gesinnungskameraden die krudesten Meinungen austauschen, kann aber auch Aktionstermine erfahren oder Tipps für den professionellen Gebrauch des Internets bekommen. Die Masse der Diskussionsbeiträge steigt unaufhörlich. Dafür sorgen neben gelegentlichen Besuchern eines Forums auch bekannte Vielschreiber, für die es ein Freizeitsport oder sogar ihr wesentlicher Lebensinhalt ist, möglichst oft ihre braunen Duftmarken zu setzen.
Kaum Aktuelles aus Brandenburg
Abweichend vom Bundesdurchschnitt, ist die Zahl einschlägiger Homepages in Brandenburg gestiegen: jetzt sind es knapp 30. Die krassesten Angebote können sich trotzdem nicht lange im Netz halten; so wurden zwei besonders üble Websites nach wenigen Wochen vom Provider abgeschaltet, nachdem er einen Hinweis vom Verfassungsschutz erhalten hatte.
Den selbst deklarierten Anspruch, aktuelle Meldungen zu bieten, lösen die rechtsextremistischen Internet-Angebote aus Brandenburg kaum je ein. Viele werden nur sporadisch gepflegt und sehen buchstäblich recht alt aus. Sogar Termine für Veranstaltungen und Aktionen in Brandenburg, die für die Szene interessant sein könnten, werden nicht regelmäßig angekündigt.
Wer sich darüber aktuell informieren will, wird eher auf linksextremistischen oder linksextremistisch beeinflussten Homepages fündig. Dort wird immer rechtzeitig zu Gegenaktionen aufgerufen. Deren Anlass erfährt so auch der Neonazi auf dem flachen Lande, der seinen persönlichen Aktionskalender ergänzen möchte, aber von den szeneeigenen Medien nicht bedient wird.