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Demo und Blockade am Einsatzführungs-Kommando der Bundeswehr


Mehr Fotos: Umbruch Bil­darchiv

(Indy­media) Am heuti­gen Nach­mit­tag (Sam­stag) macht­en sich 250 bis 300 Men­schen auf, um vor dem Tor des Ein­satzführungskom­man­dos gegen die verdeck­te Bun­des­deutsche Beteili­gung am Krieg gegen den Irak zu protestieren. 

Es wurde gefordert:

— der sofor­ti­gen Rück­zug aller Bun­deswehrsol­dat­en und ‑waf­fen aus der Kriegsregion

— die Rück­nahme der Über­flug- und Tran­sitrechte für die kriegs­beteiligten Armeen

— ein Ver­bot der Nutzung von Mil­itär­basen für den völk­er­rechtswidri­gen Krieg

— keine Bewachung US-amerikanis­ch­er Militäreinrichtungen 

Wie angekündigt wurde während der Kundge­bung das Kaser­nen­tor mit ein­er Sitzblock­ade gesperrt.
Die Mehrzahl der Teil­nehmer entsch­ied sich, auch nach Abzug der Demon­stra­tion vor dem Tor sitzen zu bleiben. Die Block­ade wurde erst eine Stunde später nach der drit­ten Auf­forderung durch die let­zten Verblieben frei­willig beendet. 

Rede­beitrag zur Demo und Sitzblock­ade am 29.03.03 nach und in Geltow

(Kam­pagne gegen Wehrpflicht) Der Krieg gegen den Irak und danach voraus­sichtlich gegen noch weit­ere Staat­en hat
die Karten neu gemischt.
Das gilt für die post­sozial­is­tis­chen und kap­i­tal­is­tis­chen Staat­en- und
Mil­itär­bünd­nisse eben­so wie für die deutsche
Friedensbewegung. 

Die Friedens­be­we­gung ist lei­der keine poli­tis­che Organ­i­sa­tion, die gemeinsame
Beschlüsse fassen und Strategien
umset­zen kön­nte. Sie ist eher ein lock­eres Bünd­nis ver­schieden­ster Grup­pen und
Per­so­n­en mit völ­lig unterschiedlichen
und sich zum Teil antag­o­nis­tisch gegenüber­ste­hen­den Inter­essen. Das NEIN der Jusos
zum Irakkrieg ist dem NEIN
von Antikap­i­tal­istin­nen oder Anti­mil­i­taris­ten so ent­ge­genge­set­zt wie die diesem NEIN
zugrundeliegenden
gesellschaftlichen Vorstel­lun­gen und Ansprüche. 

Ein Ziel unser­er heuti­gen Demon­stra­tion und Sitzblock­ade ist es, die Unterschiede
zwis­chen diesen NEIN
deut­lich zu machen und der Vere­in­nah­mung antikap­i­tal­is­tis­ch­er Posi­tio­nen gegen den
Krieg für die Politik
der Bun­desregierung oder das Schüren anti­semi­tis­ch­er Ten­den­zen entgegenzutreten. 

Auf den Friedens­demon­stra­tio­nen dieser Tage sind mitunter eigen­tüm­liche bis bizarre
Erschei­n­un­gen zu beobachten:
Da demon­stri­eren Grüne und Sozialdemokrat­en mit­samt Parteifah­nen gegen den
völk­er­rechtswidri­gen Angriffskrieg.
Mit Schildern wie “Durch­hal­ten Josch­ka” oder “Weit­er so, Ger­hard” oder sogar
“CheGerhard” ziehen sie durch die Straßen.
Als Red­ner treten grüne Bun­destagsab­ge­ord­nete und SPD-Min­is­ter­präsi­den­ten auf und
weisen mit mah­nen­der Stimme darauf hin,
daß es kein UN-Man­dat für den Irakkrieg gibt. Wie ver­logen diese Reden sind, zeigt
sich schon daran, daß erst vor
weni­gen Jahren Jugoslaw­ien unter maßge­blich­er Beteili­gung der rot-grünen
Bun­desregierung ohne UN-Man­dat von der NATO
ange­grif­f­en wurde. Dieser Angriff­skrieg war ein völk­er­rechtlich­er Damm­bruch, der
nicht nur den Irakkrieg begün­stigt hat,
son­dern den Über­gang zum zwis­chen­staatlichen Faus­trecht ein­geleit­et hat. Auf
Ver­anstal­tun­gen, die sich nicht nur
gegen den Krieg gegen den Irak, son­dern gegen den Krieg und seine gesellschaftlichen
Ursachen generell richtet,
haben schon deshalb (und schon ungeachtet der Tat­sache, daß die Bun­desregierung den
Irakkrieg in vielfältiger Weise
prak­tisch unter­stützt) wed­er SPD-Min­is­ter­präsi­den­ten noch grüne Parteifäh­nchen etwas
zu suchen. 

Eine viele Demon­stra­tio­nen beherrschende Parole war in den let­zten Wochen das gut
skandierbare
USA — Inter­na­tionale Völk­er­mordzen­trale”. In Pots­dam tauchte auf ein­er Kundgebung
der Friedenskoordination
ein Trans­par­ent auf, das George Walk­er Bush als “US-Adolf” bezeichnete.
Offen­bar beste­ht in deutschen Friedens­demon­stra­tio­nen erhe­blich­er Aufklärungsbedarf
darüber, was Völk­er­mord ist
und daß der deutsche Faschis­mus ger­ade in seinem ras­sis­tisch motivierten und bis in
die Gaskam­mern von Auschwitz
prak­tizierten Ver­nich­tungswillen gegenüber Juden, Sin­ti und Roma bislang
geschichtlich ein­ma­lig geblieben ist und
daß daher entsprechende Ver­gle­iche eine Ver­harm­lo­sung des Faschis­mus sind. Da
wun­dert es denn auch nicht mehr,
daß hier und da auch Recht­sradikale in Friedens­demon­stra­tio­nen geduldet werden. 

Entsprechende Kri­tik an Erschei­n­un­gen auf Friedenkundge­bun­gen teilen wir. Die
Denun­zi­a­tion jed­er Antikriegsposition
sei es als anti­semi­tisch, anti­amerikanisch oder was auch immer weisen wir zurück.
Ger­ade weil die Friedensbewegung
keine feste poli­tis­che Organ­i­sa­tion ist, ist die pauschale Kri­tik an allen
Kriegs­geg­ner­in­nen kein Argu­ment, sondern
eine Kom­mu­nika­tion­sstrate­gie, in der die Friedens­be­we­gung zu ein­er einheitlichen
Organ­i­sa­tion umgel­o­gen wird, um
einzelne Äußerun­gen allen anlas­ten zu kön­nen. Die Friedens­be­we­gung dient nicht nur
als Sam­mel­be­griff, son­dern als
Zurech­nungskon­strukt. Das ist wed­er linke Kri­tik noch ser­iöse Analyse, sondern
erin­nert eher an bürg­er­liche Hetze
und Demagogie. 

Es gibt ver­schiedene Gründe, den Angriff der USA, Großbri­tan­niens und ihrer
Ver­bün­de­ten auf den Irak zu unterstützen.
Ob es eigene wirtschaftliche Inter­essen sind oder der naive Glaube ist, der
irakischen Bevölkerung Demokratie und
Men­schen­rechte zu bescheren — bei­de JA nehmen die Aufwe­ichung des Völk­er­recht­es in
Kauf und set­zen auf Repression,
statt Emanzi­pa­tion. Oft wird darauf ver­wiesen, daß auch das NS-Regime militärisch
von außen befre­it wer­den mußte.

In den PNN von heute sprach ein britis­ch­er Mil­itär von der Notwendigkeit, die
Anhänger Hus­seins auszuradieren.
Auch diese Argu­mente und Vok­a­beln sind his­torisch frag­würdig. Und sie kön­nen nicht
darüber hin­wegtäuschen, daß
der Men­schen­recht­sim­pe­ri­al­is­mus, auch wenn er sich his­torisch mit Auschwitz zu
legit­imieren ver­sucht, eine
gesellschaftliche Umwälzung von unten nicht erset­zen kann. Gesellschaftlicher
Fortschritt muß erkämpft werden.
Es gibt keine Alter­na­tive zur Emanzi­pa­tion der Unter­drück­ten, nicht ein­mal unterhalb
der Schwelle von Revolutionen. 

Eine Posi­tion für kap­i­tal­is­tis­che Angriff­skriege unter­gräbt aber gerade
emanzi­pa­torische Bewegungen.
Deshalb kann die Befür­wor­tung des Irakkrieges eben­so wenig eine linke Posi­tion sein
wie die bloße Ablehnung des
Krieges im Irak. Eine antikap­i­tal­is­tis­che Linke muß sich vielmehr entschlossen gegen
jeden Angriff­skrieg einsetzen,
der let­ztlich immer der Sicherung des Zugangs der ersten Welt zu Rohstof­fen und
Märk­ten in aller Welt dient.

Genau deshalb sind wir heute hier. 

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«Farben der Erinnerung»

Oranien­burg (ddp-lbg). Eine Ausstel­lung des finnis­chen Kün­stlers Rax
Rin­nekan­gas ist seit Son­ntag in der KZ-Gedenkstätte Sachen­hausen zu sehen.
Unter dem Titel «Die Far­ben der Erin­nerung — Auschwitz 1940–2000» werden
groß­for­matige fotografis­chen Gemälde gezeigt. Es sind Momen­tauf­nah­men vom
ehe­ma­li­gen Konzen­tra­tionslager Auschwitz, die durch Dop­pel­be­lich­tung und
Far­ben ver­fremdet wur­den, wie ein Sprech­er der Stiftung Brandenburgische
Gedenkstät­ten in Oranien­burg sagte. 

Der 1954 geborene Rax Rin­nekan­gas ist Träger des finnis­chen Staatspreises
für Fotografie (1989) und für Lit­er­atur (1992). Einze­lausstel­lun­gen seiner
Arbeit­en waren in Finn­land, Island, Schwe­den, Rus­s­land, Deutschland,
Frankre­ich und Spanien zu sehen. Die Schau in Sach­sen­hausen ist bis 15.
Sep­tem­ber geöffnet.

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Schönbohm spricht sich für Härtefallregelung aus

POTSDAM. Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) hat sich erneut für eine
Härte­fall­regelung für Aus­län­der aus­ge­sprochen. Diese sei im Interesse
der
Betrof­fe­nen drin­gend erforder­lich. Dazu müssten jedoch inner­halb des
Bun­desrechts verbindliche Kri­te­rien für alle Län­der fest­gelegt werden.
Sie
soll­ten bei beson­ders gelagerten Einzelfällen eine rechtlich sichere
Grund­lage für den weit­eren Aufen­thalt eines Aus­län­ders beinhalten.
Dadurch
kön­nten Abschiebun­gen in schwieri­gen Fällen ver­mieden wer­den. Die
Ein­rich­tung ein­er Härte­fal­lkom­mis­sion in Bran­den­burg für Aus­län­der, die
von
Abschiebung bedro­ht sind, lehnt er aber weit­er­hin ab.

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Überlebensstrategien Linker in Brandenburg

Die arranca!-Redaktion bat uns, eine kleine Reflex­ion zum The­ma Über­lebensstrate­gien in Bran­den­burg zu ver­fassen und wir gin­gen davon aus, unkom­pliziert einen span­nen­den kleinen Text fer­tig stellen zu kön­nen. Als wir aber ver­sucht­en, eine Diskus­sion inner­halb unseres Net­zw­erkes zu diesem Text zu organ­isieren, sind wir bald an Gren­zen gestoßen. Kaum war eine Diskus­sion träger und müder geführt wor­den als diese — Über­lebensstrate­gien… Ja, über­leben wir denn über­haupt? Ist es über­haupt angemessen, von Über­leben zu sprechen? Das The­ma der Diskus­sion war zwar wun­der­bar offen, dadurch aber gle­ichzeit­ig unstruk­turi­ert, unfokussiert und wenig Ergeb­nis brin­gend. Neben den vie­len span­nen­den Diskus­sio­nen, die dabei am Rande geführt wur­den, ließ sich auf dieser Basis jedoch kein Text pro­duzieren. Schließlich und let­z­tendlich sind wir jedoch zu einem kleinen Inter­view­ergeb­nis gekom­men. Per Mail­ingliste organ­isiert und in klein­er Redak­tion­s­gruppe editiert. 

Wie sehen die gegebe­nen Umstände in Bran­den­burg aus? Wie ist die poli­tis­che Situation?

Suse: Bran­den­burg beste­ht zum größten Teil aus ländlichen Gegen­den, es gibt kaum größere Städte und selb­st die sind sehr prov­inziell. Darüber hin­aus gibt es — und das ist sich­er allen bekan­nt — ein großes Prob­lem mit ein­er von allen Bevölkerungss­chicht­en getra­ge­nen ras­sis­tis­chen Ein­stel­lung, die ganz selb­stver­ständlich von der Ungle­ich­heit im Sinne ein­er unter­schiedlichen Wer­tigkeit von Men­schen aus­ge­ht. Dazu kom­men noch ein unkri­tis­ches Ver­hält­nis zum Mil­i­taris­mus und ein Autoritäts­denken, das Werte wie Gehor­sam, Diszi­plin und Ord­nung in den Vorder­grund stellt. Neben diesen plumpen Bevölkerungs­beschrei­bun­gen lässt sich sicher­lich einiges zur poli­tis­chen Sit­u­a­tion sagen: Bei Betra­ch­tung der Parteien­land­schaft stellt sich Bran­den­burg als tra­di­tionell rot dar. Das heißt, es gibt eine SPD-Mehrheit und eine starke PDS. Die CDU hat es durch Schön­bohm endlich geschafft, in Bran­den­burg eine Rolle zu spie­len und treibt sich sei­ther auf Wahlplatz zwei umher. Das bedeutet erst mal nicht viel. Alle set­zen in ihrer poli­tis­chen Außen­wirkung auf das Lan­des­va­ter­im­age — kon­ser­v­a­tiv, boden­ständig und autoritär. Die PDS ist wenig pro­gres­siv, aber hat den­noch das Prob­lem, an vie­len Punk­ten ihre Basis (inhaltlich) zu ver­lieren, weil die lei­der noch weniger pro­gres­siv ist.

Auf dem außer­par­la­men­tarischem Gebi­et gibt es nicht allzu viel sicht­bare Bewe­gung. Den­noch lassen sich zumeist an allen Orten kleinere oder größere Grüp­pchen von AktivistIn­nen find­en, die sich engagieren, die Welt zu verän­dern. Jeden­falls so lange, bis sie dann wegge­hen aus Bran­den­burg. Aber nicht nur sie gehen weg — generell drängt sich an vie­len Orten dieses Lan­des der Ein­druck so genan­nter “brain drain”-Phänomene auf. Was übrig bleibt, sind haupt­säch­lich die, die bald wegge­hen wer­den oder die es nicht schaf­fen, wegzuge­hen. So sieht es ger­ade in vie­len Dör­fern und Kle­in­städten aus.

Dann ließe sich noch einiges zum Organ­i­sa­tions- und Ver­bre­itungs­grad von Neo­faschis­ten sagen, aber dazu gibt es genü­gend Pub­lika­tio­nen. Es gibt Nazis und das ist auch eigentlich allen bekan­nt. Viel wesentlich­er finde ich in Bran­den­burg jedoch den prob­lema­tis­chen Kon­text: die starke Unter­stützung von Nazis aus Teilen der Poli­tik (z.B. Innen­min­is­ter) und der Bevölkerung, die struk­turschwachen Gegen­den, denen weit­ere Struk­turab­bau­maß­nah­men bevorste­hen, die fehlende kri­tis­che Gegen­wehr. Im Ver­hält­nis zu diesem ganzen Wahnsinn sind wir lei­der nur eine Hand­voll hil­flos­er AktivistIn­nen, die zwar eine ganze Menge bee­in­flussen, aber diese Ver­hält­nisse erst mal nicht abschaf­fen können. 

Ist Bran­den­burg ein brauner Sumpf, aus dem alle Men­schen, die klar denken kön­nen, möglichst schnell abhauen soll­ten? Oder anders gefragt: Ist Pot­zlow wirk­lich überall?

Paul: Es ist schwierig, den Begriff Sumpf zu definieren. Grund­sät­zlich würde ich sagen, dass es auf jeden Fall einen recht­en Main­stream sowie einen recht­en Kon­sens in der Gesellschaft gibt. Das übliche halt, wovon wir schon Jahre lang reden. Ich denke, dass die öffentliche Debat­te über Recht­sradikalis­mus im Jahr 2000 schon ein Stück weit dafür gesorgt hat, dass uns heute ein Ohr geschenkt wird. Somit wird es ein­fach­er, einen linken Anspruch zu for­mulieren und ein Stück weit für das The­ma zu sen­si­bil­isieren. Diesen Zus­tand zu nutzen bedarf allerd­ings Kräfte vor Ort, die diese Debat­ten führen wollen und kön­nen. Wo diese Kräfte nicht vorhan­den sind, gibt es auch schnell ein Potzlow. 

S: Genau! Kurz gesagt: Pot­zlow ist noch nicht über­all und wird auch nie über­all sein. Jeden­falls nicht, so lange es uns noch gibt. Über­af­fir­ma­tion mag ja ein sin­nvolles poli­tis­ches Mit­tel sein, aber es macht sich­er keinen Sinn, Links­sein als ständi­ges Bekla­gen und Jam­mern zu begreifen. Mit Parolen, die behaupten, Pot­zlow wäre über­all, vergeben wir uns nicht nur unsere Stärke, poli­tis­che Kon­flik­te genau zu beschreiben und darin polar­isierend zu wirken, son­dern wir machen uns auch noch unglaub­würdig, weil wir seit zehn Jahren das gle­iche sagen — das ken­nt erstens inzwis­chen jede und jed­er und zweit­ens ist es auch sehr unwahrschein­lich, dass sich zehn Jahre lang nichts ändert. Drit­tens ist es dann bei abse­hbar­er Ver­schlechterung der Sit­u­a­tion auch ein­fach dumm, das Leid zu beschreien, weil mehr als ein Gewöh­nungsef­fekt dadurch nicht passieren wird. 

Franziska: Es lassen sich immer noch Regio­nen find­en, an denen Zustände wie in Pot­zlow glück­licher­weise noch nicht anzutr­e­f­fen sind und das hängt mit den seit Jahren beste­hen­den linken selb­st bes­timmten Jugend­pro­jek­ten zusam­men, die auf die lokale Kul­tur und das Kli­ma in ein­er Stadt Ein­fluss ausüben. 

S: Auch durch den zunehmenden Ein­bruch in der Förder­poli­tik und einem Rück­zug des Staates aus sämtlichen zu fördern­den Bere­ichen wie Jugend- und Sozialar­beit wird es Gegen­den wie Pot­zlow immer häu­figer geben. Nicht dass die Jugen­dar­beit daran schuld wäre, aber sie ist ja nun mal dafür geschaf­fen, zu befrieden und zu inte­gri­eren. Und in absur­der Weise befind­en wir uns in Bran­den­burg als Linke in der Sit­u­a­tion, die Abschaf­fung solch­er Befriedungs­maß­nah­men zu bekla­gen. Denn das Poten­zial, das damit freige­set­zt wird, ist alles andere als im Sinne ein­er emanzip­ierten und linken revoltieren­den Jugend: es ist das tief ras­sis­tis­che, anti­semi­tis­che dorffest­mor­dende Poten­zial, das sämtliche erkämpften emanzi­pa­torischen Freiräume ein­fach nur hoff­nungs­los angreift und zer­stört. Was sollen wir tun? Sozialar­beit machen, um Freiräume zu erhal­ten? Staatliche Jugen­dar­beit ein­fordern und Gelder dafür? Oder dann doch lieber in Großstädte ziehen? 

F: Ich denke, es geht nicht um ein Ein­fordern staatlich­er Jugen­dar­beit, weil die her­zlich wenig gegen den dorffest­mor­den­den Mob getan hat. Befriedung bringt uns nicht weit­er! Befriedung, wenn sie fehlschlägt, bringt doch noch größeren Schaden und wird außer­dem immer wieder als Feigen­blatt benutzt, anstatt den faschis­tis­chen und ras­sis­tis­chen Kon­sens tat­säch­lich zu the­ma­tisieren und dage­gen vorzuge­hen. Bess­er doch die Zustände zus­pitzen, oder? 

Und was wir machen soll­ten? Jaaaa — warum uns so klein machen. In eini­gen Regio­nen haben und hat­ten wir Erfolg! Da sind Zustände wie in Pot­zlow weit weg und immer noch undenkbar. Ich finde, anstatt staatliche Befriedungspoli­tik / Jugendpolitik/ ‑arbeit einzu­fordern, soll­ten wir für unsere Arbeit immer wieder einstehen. 

Gibt es Prax­en oder Ansätze, die spez­i­fisch in Bran­den­burg entwick­elt wur­den, um unter den gegebe­nen Umstän­den linke Poli­tik zu machen?

P: Hast Du Ak
tion Notein­gang und Aktion Analyse schon vergessen? Weit­er­hin gibt es da, glaube ich, nicht viel, was bran­den­burgspez­i­fisch wäre. Nötig ist allerd­ings zu sagen, dass in Bran­den­burg häu­fig auch mit z.B. kom­mu­naler Ver­wal­tung ver­han­delt wer­den muss. Hier kann sich kein­er auf ein Hun­derte von Leuten starkes Mobil­isierungspoten­zial ver­lassen, das sol­i­darisch auf die Straße demon­stri­eren geht, wenn die Kacke am Dampfen (Pro­jek­te in Gefahr o.Ä.) ist. Von daher läuft Kon­fronta­tion mit den Oberen hier immer etwas anders ab — glaube ich. 

F: Es gibt sich­er Prax­en, die an Bran­den­burg und die gegebe­nen Sit­u­a­tio­nen angepasst waren und sind. Die Ansätze oder Ideen, wie im Fall Notein­gang, haben einen anderen Ursprung, aber wir haben das Konzept weit­er­en­twick­elt. Die Aktion hat unsere Prax­is verän­dert, wir sind in die Offen­sive gegan­gen und haben uns nicht mehr nur noch an den Nazis abgear­beit­et. Und es ist eine Ver­net­zung der Pro­jek­te über die Kam­pagne ent­standen. Da wir in Bran­den­burg poli­tisch agieren, obwohl nicht mehr alle dort wohnen, haben wir unsere Prax­is und Ansätze natür­lich aus der Analyse her­aus an die Sit­u­a­tion angepasst. 

S: Ich glaube, wir haben uns zu ein­er sehr offe­nen Linken entwick­elt. Ich finde uns sehr undogmatisch. 

F: Ja, stimmt. Ist das dann das spez­i­fis­che? Eine undog­ma­tis­che Linke, die ger­ade für neue Leute die Möglichkeit bietet, mit­machen zu kön­nen bzw. ander­sherum, die immer wieder diese Möglichkeit­en schafft, z.B. durch Aktion Notein­gang und Aktion Analyse. 

Gibt es in Bran­den­burg eine rel­a­tiv gute Ver­net­zung link­er Pro­jek­te, weil die Leute auf Grund dessen, dass alle so wenige sind, zusam­men­ste­hen müssen gegen Bürg­er, Mob und Nazi?

F: Ich glaube, die Ver­net­zung ergibt sich zu einem großen Teil aus per­sön­lichen Kon­tak­ten, aus denen her­aus dann gemein­same poli­tis­che Pro­jek­te entstehen. 

S: Ich glaube, die Sit­u­a­tion ist ander­sherum: Es ist eher erstaunlich, dass wir trotz des Umstandes, dass wir in ein­er ver­meintlichen Defen­sive sind, so sehr zusam­men­hal­ten und zusam­me­nar­beit­en, gemein­same Strate­gien entwick­eln und uns aufeinan­der beziehen. Wir lassen uns halt nicht ein­schüchtern und auf das “wir müssen hier erst mal jed­er für sich was auf­bauen” zurückwerfen. 

F: Also nicht ander­sherum, son­dern genau deswe­gen? Weil wir wenige sind und gegen den braunen Mob zusam­men­hal­ten müssen? Eine Möglichkeit wäre ja auch, dass wir aus der Defen­sive her­aus immer mal wieder in die Offen­sive gehen, d.h. nicht immer nur reagieren. 

Was ist unser Erfol­gsrezept? Warum sind wir nicht klein zu kriegen?

F: Aus ein­er Stärke her­aus, die wir durch eine Ver­net­zung, Teilung der Kom­pe­ten­zen und durch die Möglichkeit, in vie­len ver­schiede­nen Bere­ichen zu agieren, gewinnen. 

P: Wir sind nicht klein zu kriegen, weil wir ganz klas­sisch sozial­isiert, daher wis­sen wir, dass es notwendig ist, etwas zu tun. Es gibt keine linke Szene die so groß wäre, dass jede/r jed­erzeit aussteigen/ sich ums Studi­um kümmern/ Urlaub machen kann. Die Leute hier sind nicht erset­zbar wie in größeren Städten. Alle wer­den gebraucht und auf­grund der lokalen Sit­u­a­tion auch immer wieder in die Pflicht genom­men etwas zu unternehmen. Nicht zulet­zt weil auch die Aktivis­ten immer wieder von den Prob­le­men betrof­fen sind, die sie bekämpfen. Daraus resul­tiert diese Progressivität.

Was brachte in der Ver­gan­gen­heit linke Pro­jek­te in Bran­den­burg zum Scheitern?

P: Cafe Ole scheit­ert grade am Kon­sumver­hal­ten der Gäste, welch­es daraus resul­tiert, dass es den Leuten zu gut geht, aus ihrer Sicht. Ich denke aber dass so was über­all passiert wenn Leute keinen poli­tis­chen Anspruch (mehr) haben. Dann ster­ben auch linke Pro­jek­te, es sind halt keine mehr, wenn sie nur noch als bil­lige Kneipe mit dem Ober­be­griff Jugend­club funktionieren. 

S: Die Schwierigkeit, mit hohen Ansprüchen an uns selb­st und unsere Mit­stre­it­er eine poli­tis­che Hand­lungs- und Entwick­lungs­fähigkeit zu bewahren. Das Bedürf­nis nach Gemein­samkeit und die daraus resul­tierende Unfähigkeit zum Dis­sens. Dadurch dann irgend­wann kommt der Still­stand. Und dann das Scheitern. 

Der Beitrag stammt aus der aktuellen Aus­gabe der linken Zeitschrift Arran­ca: arranca.nadir.org

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Schönbohm fordert Bundesgesetz für Härtefallregelung

Pots­dam (ddp-lbg). Bran­den­burgs Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) spricht
sich für eine bun­desweite Härte­fall­regelung im Aus­län­der­recht aus. Es
soll­ten «verbindliche Kri­te­rien» fest­gelegt wer­den, die «in besonders
gelagerten Einzelfällen eine rechtlich sichere Grund­lage für den weiteren
Aufen­thalt des Aus­län­ders im Bun­des­ge­bi­et bilden», sagte der CDU-Politiker
auf eine par­la­men­tarische Anfrage.

Doch könne der Gle­ich­be­hand­lungs­grund­satz wie er für alle Men­schen gelte
durch eine solche Regelung nicht außer Kraft geset­zt wer­den, betonte der
Min­is­ter. Auch bei der Anwen­dung ein­er Härte­fall­regelung seien Polizei und
Behör­den an Recht und Gesetz gebun­den. Schön­bohm kündigte eine
«län­derüber­greifende Abstim­mung» an.

In Bran­den­burg hat­te erst jüngst das Ein­drin­gen vom Polizis­ten in das
Pfar­rhaus der Gemeinde Schwante (Ober­hav­el) für Schlagzeilen gesorgt. Die
Beamten woll­ten einen Viet­name­sen ver­haften, der dort Kirchenasyl gefunden
hat­te. Nach Protesten der Kirche sicherte Min­is­ter­präsi­dent Matthias
Platzeck (SPD) zu, dass kün­ftig das Kirchenasyl respek­tiert werde. Gemeinsam
mit Lan­des­bischof Wolf­gang Huber und Innen­min­is­ter Schön­bohm kündigte er die
Bil­dung ein­er Härte­fal­lkom­mis­sion an. Schön­bohm äußerte später, er
befür­worte keine Härte­fal­lkom­mis­sion, er sei vielmehr für eine
bun­des­ge­set­zliche Härtefallregelung.

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Manchmal laufen Passanten ein paar Kilometer mit

(Berlin­er Zeitung, Jens Blanken­nagel) FRANKFURT (ODER). Die jüng­ste “Mut­ter” ist ein Mann — ein ganz junger.
Johannes Gan­erke ist 14 Jahre alt und über­ragt die kleine Gruppe, die am
Fre­itag kurz hin­ter Frank­furt (Oder) am Straßen­rand aus dem Nebel auftaucht,
fast um Haupteshöhe. Vorn tra­gen zwei ältere Frauen ein blaues Tuch mit
Picas­sos weißer Taube und dem Spruch “Müt­ter gegen den Krieg”. Trotz der
mor­gendlichen Kälte hat sich der Gym­nasi­ast der Friedensstafette der Frauen
angeschlossen. “Es ist mir egal, dass ich heute der einzige Mann bin,
gestern waren ja auch Väter dabei.” Es gehe ums Prinzip, es gehe um den
Frieden. “Ich will ein­fach zeigen, dass der Krieg mir nicht egal ist”, sagt
er. 

Die Leute brauchen einen Anstoß

Am Vortag waren 50 Leute in Eisen­hüt­ten­stadt los­ge­laufen. Bis zum ersten
Etap­pen­ziel in Frank­furt blieben 20 dabei. “Junge, Alte, Chris­ten, Rote und
Grüne, Män­ner und Frauen”, sagt die Ini­tia­torin Brigitte Grimm. Mit dem 120
Kilo­me­ter lan­gen viertägi­gen Fuß­marsch nach Berlin wollen die
Frieden­sak­tivis­ten ein Zeichen set­zen und Unter­schriften sam­meln, die sie am
Son­ntag bei ein­er Protestkundge­bung vor der US-Botschaft in Berlin übergeben
wer­den. “Mit 114 Unter­schriften sind wir los­ge­zo­gen, in Frank­furt hat­ten wir
bere­its 427″, sagt Brigitte Grimm. Die Lehrerin rief zu dem Marsch auf, weil
ihr die am ersten Kriegstag begonnene Mah­nwache vor dem The­ater ihrer
Heimat­stadt zu wenig war. Tage nach­dem sie die Idee hat­te, fiel ihr ein,
dass sie den Weg schon ein­mal gegan­gen ist, in umgekehrter Rich­tung. 1945,
als Vier­jährige mit ihrer Mut­ter und den Geschwis­tern, nach­dem sie die
Bomben­nächte in Berlin über­lebt hatten. 

“Wir haben nicht die Illu­sion, dass wegen uns der Krieg been­det wird”, sagt
Brigitte Grimm. Aber sie erzie­len Aufmerk­samkeit. “Jed­er Aut­o­fahrer, der uns
sieht, denkt sich: Die machen was. Warum tue ich so wenig? Bin ich zu
gle­ichgültig oder zu bequem?”, sagt sie. 

Die Res­o­nanz sei durch­weg pos­i­tiv. Nur ein einziger Aut­o­fahrer habe den Kopf
geschüt­telt. Die anderen hupen und winken. Pas­san­ten ste­hen an den Straßen,
klatschen oder schließen sich für ein paar Kilo­me­ter an. “Am Don­ner­stag war
es sehr warm, eine Frau gab uns zehn Euro und sagte: ‚Kauft euch Eis “,
erzählt Friedrun Köhn. Sie ist eine der drei Frauen, die bis Berlin
durch­laufen wollen. Alle Sta­tio­nen: am Fre­itag bis Fürsten­walde, am
Sonnabend bis Erkn­er, am Son­ntag bis Berlin. 

Ständig klin­gelt ein Handy. Die Friedens­marschier­er wer­den gefragt, wo sie
sind, wann ihnen Unter­schriften­lis­ten übergeben wer­den kön­nen, wann man sie
zum Essen ein­laden könne. “Wir wollen am Son­ntag um 12 Uhr an der
Friedens­glocke in Berlin-Friedrichshain sein”, sagt die
PDS-Kreistagsab­ge­ord­nete Hel­ga Böh­nisch. Auch aus anderen Teilen
Bran­den­burgs wollen dann Frauen dazukommen. 

Friedrun Köhn hat ein ein­fach­es Motiv für ihre Teil­nahme. “Krieg löst keine
Prob­leme”, sagt sie. Ihre Eltern gaben ihr ihren Vor­na­men als
Friedenssym­bol. “Ich wurde 1945, drei Wochen vor der Bom­bardierung in
Dres­den geboren”, sagt sie. Ihre Fam­i­lie habe damals alles ver­loren. “Als
sie aus dem Luftschutzkeller kamen, hat­ten sie nur ihr Leben, einen Koffer,
einen Kinder­wa­gen und ein Baby.” Immer, wenn ihr Vater von den Angriffen
erzählte, habe er gezit­tert. “So etwas schafft eine Grund­hal­tung”, sagt sie. 

“Der Friedenswille ist bei den Men­schen da”, sagt Brigitte Grimm. “Aber die
Leute brauchen einen Anstoß. Jemand muss sie fra­gen: Machst du mit?”
Vielle­icht rege ihr Marsch ja zu ein­er Friedensstafette von Rügen bis zum
südlich­sten Zipfel Deutsch­lands an. 

Hupen, Winken und zehn Euro für die “Müt­ter gegen den Krieg”

Am Son­ntag wollen die Teil­nehmerin­nen der Eisenhüttenstädter
Friedensstafette in Berlin sein

(Tagesspiegel) Frank­furt (Oder). Das Radio hat­te für den Fre­itag Sonne ver­sprochen, und nun
ste­hen Brigitte Grimm und ein Dutzend andere Frauen auf dem leeren
Frank­furter Rathaus­platz im kalten Nebel. Gestern auf der ersten Etappe
ihrer “Friedensstafette Eisen­hüt­ten­stadt-Berlin” haben sie noch geschwitzt.
Jet­zt wär­men sie sich an dem Gedanken, heute wieder die Land­straßen entlang
zu laufen statt zu Hause taten­los die Kriegsnachricht­en zu ver­fol­gen. Heute
Abend wollen sie im gut 30 Kilo­me­ter ent­fer­n­ten Fürsten­walde ankom­men. Und
Son­ntag an der US-Botschaft in Berlin. 

“Müt­ter gegen den Krieg” nen­nt sich die Ini­tia­tive, die es auch in anderen
Städten gibt und die bei diesem Krieg damit begann, dass Brigitte Grimm,
Lehrerin im Ruh­e­s­tand, ihre ein­stige Kol­le­gin Friedrun Köhn anrief und zum
Marsch nach Berlin überre­dete. Das war am Mon­tag. Am Don­ner­stag sind sie in
Eisen­hüt­ten­stadt ges­tartet, haben sich abends nach Hause fahren lassen und
heute früh wieder nach Frankfurt. 

Zwei etwa 15-jährige Schüler kom­men über den Rathaus­platz ger­adelt. Sie
wollen ein Stück mitkom­men. Brigitte Grimm, gestählt durch 35 Jahre
Beruf­ser­fahrung, lässt sich die Erlaub­nis der Eltern aushändi­gen und belehrt
die Gruppe über das Ver­hal­ten unter­wegs: möglichst Fuß- und Radwege
benutzen, anson­sten unbe­d­ingt links hin­tere­inan­der laufen. So hat es die
Polizei ange­ord­net, der diese Demon­stra­tion allerd­ings kein Begleitfahrzeug
wert ist. 

Einige der Frauen gehen zu ihren Autos, von denen aus sie Verpflegung,
Unter­schriften­samm­lung und den Trans­port ermüde­ter Teilnehmerinnen
organ­isieren. Die anderen marschieren mit geschul­tert­er Papp-Friedenstaube
los. Die Pas­san­ten schauen über­rascht; manche bleiben ste­hen, einzelne
grüßen. “Jut, wat ihr hier macht!”, ruft ein Mann. Mit jedem Meter Richtung
Stad­trand wird die Straße leer­er. Ein aus dem Fen­ster eines Plattenbaus
lehnen­der Jung­na­tionaler höh­nt Unver­ständlich­es, Aut­o­fahrer reck­en die
Hälse, lächeln, fahren weit­er. Friedrun Köhn sagt: “Mein Vor­name passt gut
zu dieser Aktion”. Die zweite Ex-Lehrerin ist gut trainiert und geht
vorneweg. “Die Reak­tion der Leute gestern war wirk­lich schön. Ganz oft haben
Aut­o­fahrer gehupt und uns gewunken. Und als wir in Frank­furt anka­men, haben
die Stadtverord­neten ihre Sitzung unter­brochen, um uns zu begrüßen.” Eine
Frau berichtet von ein­er alten Dame, die spon­tan zehn Euro zück­te: “Kauft
euch ein Eis!” 

Die Bebau­ung ent­lang der Straße geht von ver­fal­l­enen Alt­baut­en in
Indus­triebrachen über, später kom­men die Auto­händler und Baumärk­te. Dann
hört der Fußweg auf, die Straße heißt jet­zt “Berlin­er Chaussee” — oder “B 5”
für die Aut­o­fahrer. An manchen Bäu­men hän­gen Holzkreuze, die Äck­er links und
rechts der Allee ver­lieren sich im Nebel. Aber den Frauen ist warm geworden
auf den ersten fünf Kilo­me­tern, auch wenn sie ein wenig ent­täuscht sind. Die
meis­ten Aut­o­fahrer brem­sen nur erschrock­en oder sind längst vorbeigerauscht,
bevor sie das Trans­par­ent lesen kon­nten. Die acht verbliebe­nen Frauen halten
sich mit Geschicht­en aus dem Film “Good bye Lenin!” bei Laune, während
Brigitte Grimm den weit­eren Ver­lauf des Marsches erläutert: Ankun­ft in
Fürsten­walde, Mah­nwache, zurück im Auto. Am Sonnabend zu Fuß nach Erkner,
wobei ein früher Start die Chance auf ein Mit­tagessen bei einem karitativen
Vere­in in Hangels­berg böte. Die Ein­ladung haben sie ger­ade bekommen. 

Noch sechs Stun­den bis Fürsten­walde, knapp drei Tage bis Berlin.

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Kyritz erklärt sich zur “Stadt des Friedens”

(M. Lukasche­witsch) Kyritz — In Pots­dam gehen tausende von Schülern gegen den Irak-Krieg auf die
Straße, in Eisen­hüt­ten­stadt haben sich Müt­ter auf den Weg zur US-Botschaft
nach Berlin gemacht, und selb­st im Städtchen Anger­münde protestierten
gestern rund 500 Jugendliche — doch die Wiege der Brandenburger
Friedens­be­we­gung liegt im äußer­sten Nord­west­en des Lan­des, in Kyritz. Einer
9000-Ein­wohn­er-Stadt an der Lan­des­gren­ze zu Meck­len­burg-Vor­pom­mern. Kyritz
nen­nt sich jet­zt “Stadt des Friedens”, die erste in Brandenburg. 

Die Stadtverord­neten haben sich ein­stim­mig hin­ter eine entsprechende
Frieden­sres­o­lu­tion gestellt, die bere­its in 100 amerikanis­chen Städten von
den dor­ti­gen Stadtvätern ver­ab­schiedet wor­den ist. “City for Peace” — Kyritz
ste­ht nun in ein­er Rei­he mit Rom, Lon­don, Brüs­sel und Wien. “Wir wollen in
dem Net­zw­erk der inter­na­tionalen Friedens­be­we­gung dabei sein”, sagte Thomas
Settgast, Vor­sitzen­der der Kyritzer Stadtverord­neten­ver­samm­lung und
SPD-Fraktionsmitglied. 

Der Wun­sch nach Frieden in der Krisen­re­gion am Golf eint die Men­schen der
Stadt, wie wohl seit der Wende im Jahr 1989 nicht mehr. “So viel Menschen
sind seit­dem nicht mehr auf der Straße gewe­sen.” Bis zu 500 ver­sam­meln sich
seit Anfang Dezem­ber jeden Mon­tag auf dem Mark­t­platz. “Sie organ­isieren sich
selb­st”, staunt Jür­gen Frey­er, der für die CDU-Frak­tion im Kyritzer
Stadt­par­la­ment sitzt. “Wir sind da spon­tan hinge­gan­gen”, sagt Rentner
Hans-Joachim Holzapfel. Ans Revers eine weiße Friedenss­chleife geheftet,
macht er sich jeden Mon­tag auf den Weg. Was ihn beson­ders freut: keine
plat­ten Parolen, kein laut­starkes Scharf­machen: “Der Protest ver­läuft ganz
still und andächtig”, hat auch Settgast beobachtet. Er gehe quer durch die
Bevölkerung, Jung ste­ht neben Alt, Müt­ter und Väter mit Kindern. Sie
ver­sam­meln sich im Schat­ten der Kirche St. Marien. Im gesamten Landkreis
läuten dann die Glock­en für eine Vier­tel­stunde. Sie alle lehnen Gewalt als
Mit­tel zur Kon­flik­tlö­sung ab. “So ein­fach ist das und schein­bar doch so
schw­er für manche Staat­slenker”, sagt Rent­ner Holzapfel, der noch den
Bomben­hagel auf Dres­den im Zweit­en Weltkrieg als 11-Jähriger mitbekommen
hat. Und noch etwas Beson­deres: In Kyritz gibt es keine schrille
Antikriegspro­pa­gan­da, gewalt­bere­ite Frieden­sak­tivis­ten. “Eine Friedensdemo
mit Knüp­pel in der Hand ist wohl fehl am Platze”, sagt Settgast.

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Unterschriftensammlung erfolgreich gestartet

Seit Sam­stag, den 22. März 03, führt die Pots­damer Frieden­sko­or­di­na­tion eine Mah­nwache mit Unter­schriften­samm­lung für den “Pots­damer Appell” täglich um
18 Uhr am Platz der Ein­heit (Deser­teur­denkmal) durch. Für die Forderungen

— sofor­tige Beendi­gung des Krieges gegen den Irak

— Beendi­gung der deutschen Unter­stützung des Angriff­skrieges der USA und ihrer Verbündeten

— Abzug aller frem­den Trup­pen aus frem­den Ländern

— Auflö­sung der Krisen­reak­tion­sstre­itkräfte und des
Ein­satzführungskom­man­dos der Bun­deswehr in Geltow 

sprachen sich bis Sam­stag Abend, den 29. März, 915 Bürg­erin­nen und Bürg­er aus und unter­stützten mit ihrer Unter­schrift den Appell. 

Die Pots­damer Frieden­sko­or­di­na­tion bedankt sich bei allen Bürg­erIn­nen für ihre Zus­tim­mung und wird, solange der Krieg gegen den Irak andauert, die Mah­nwachen mit Unter­schriften­samm­lung weit­er fort­set­zen. Um gegen die
deutschen Aus­land­sein­sätze und die indi­rek­te Unter­stützung des Irak-Krieges zu protestieren, führt der diesjährige Oster­marsch am 13. April 03 wie im let­zten Jahr zum Ein­satzführungskom­man­do nach Gel­tow. Beginn des
Oster­marsches ist wiederum am Bahn­hof Pots­dam Park Sanssouci um 13.00 Uhr.

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Neuruppin: Rechte Schläger müssen ins Gefängnis

Am 28.03.03 wur­den zwei rechte Schläger aus dem Raum Witt­stock vor dem Amtsgericht
Neu­rup­pin wegen gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung zu Gefäng­nis­strafen verurteilt. Das
Gericht sah es als erwiesen an, dass Ron­ni W. (16) und Marko S. (19) am 18.
Sep­tem­ber 2002 einen aus Alge­rien stam­menden Flüchtling auf dem Bahn­hof in Perleberg
ange­grif­f­en hatten. 

Die “Vorstel­lungswelt” der Angreifer, so das Gericht, sei offensichtlich
“von recht­sori­en­tiertem Gedankengut geprägt”. Auch während des Verfahrens
hat­ten die Täter aus ihrer recht­sex­trem­istis­chen Ein­stel­lung keinen Hehl
gemacht. Offen­sichtlich hat­ten sich die bei­den davon provoziert gefühlt,
dass der algerische Flüchtling mit ein­er deutschen Fre­undin unter­wegs war.
In diesem Zusam­men­hang sei von “Rassen­schande” die Rede gewe­sen. Der
Angeklagte Marko S. habe den Betrof­fe­nen zumin­d­est ein­mal mit
Springer­stiefeln an den Kopf getreten und mit Fäusten geschla­gen. Ron­ni W.
trat auf den am Boden Liegen­den mehrere Male ein. Bei­de Angeklagten brachten
in dieses Ver­fahren schon eine beträchtliche Fülle an Vorstrafen mit. Dem
zum Tatzeit­punkt erst 15-jähri­gen Ron­ni W. hat­te ein Gutachter “schwere
Charak­ter­störun­gen” attestiert. Er war immer wieder durch äußerst
aggres­sives Ver­hal­ten aufge­fall­en. Das Gericht sprach in der
Urteils­be­grün­dung gar von ein­er “tick­enden Zeit­bombe”. Es emp­fahl, den Täter
in einem anderen Bun­des­land unterzubrin­gen, um ihm den Kon­takt zur rechten
Gefäng­nis-Szene zu erschw­eren. Grund­sät­zlich sei fraglich, so das Gericht,
ob Ron­ni W. über­haupt noch “erziehungs­fähig” sei. Ron­ni W. muss eine
Gesamt­strafe von zwei Jahren und acht Monat­en ver­büßen, Marko S. drei Jahre
und zwei Monate. Die Strafen wur­den nicht zur Bewährung ausgesetzt.

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Schwedter Hafen: Ausbau von krebserregendem Müll zu begrüßen

Der bran­den­bur­gis­che Lan­desver­band von Bünd­nis 90/Die Grü­nen begrüßt den vom
Land­kreis Uck­er­mark angekündigten Aus­bau von 1200 Ton­nen hoch giftigem
Schred­der­ma­te­r­i­al aus dem Schwedter Hafen. Diesen hat die Kreisver­wal­tung in
einem Antwortschreiben an die bünd­nis­grüne Kreistagsab­ge­ord­nete Dr. Rotraut
Gille angekündigt. Das in den Fun­da­menten des Schwedter Hafen eingebaute
Mate­r­i­al stammt von der Lan­de­bahn des Flughafens Gatow und enthält Krebs
erre­gen­des Benzo(a)pyren in unzuläs­sig hoher Konzentration. 

Die Bünd­nis­grü­nen haben den Aus­bau seit langem gefordert. Wörtlich heißt es
in dem auf den 18. März datierten Antwortschreiben: “Nach Prü­fung der durch
die Kreisver­wal­tung vorgeschla­ge­nen Vari­anten hat sich die Hafengesellschaft
für den Aus­bau der HGT Schicht entsch­ie-den.” “Für diese Entschei­dung war es
höch­ste Zeit. Wir hof­fen, dass das Mate­r­i­al zügig ent­fer­nt wird, zumal eine
darunter liegende Beton­schicht, die das Grund­wass­er schützen soll,
unvoll­ständig ist”, sagte die Vor­standssprecherin des brandenburgischen
Lan­desver­ban­des von Bünd­nis 90/Die Grü­nen, MARIANNE GEHRKE

“Für uns ist die Angele­gen­heit damit aber noch nicht been­det. Die Frage ist,
wie es über­haupt zum Ein­bau des gefährlichen Mate­ri­als unter diesen
Umstän­den kom­men kon­nte”, sagte MARIANNE GEHRKE. “Denn hier wur­den offenbar
wesentliche Genehmi­gungs- und Sicher­heitsvorschriften mis­sachtet. So räumt
selb­st die Kreisver­wal­tung ein, dass gegen beste­hende Vorschriften verstoßen
wor­den ist. Let­ztlich führte dies dazu, dass Son­der­müll nur knapp einen
Meter über dem Grund­wasser­spiegel ver­baut wurde. Bünd­nis 90/Die Grünen
fordern alle beteiligten Behör­den — ins­beson­dere den Besitzer des Mülls, das
Bun­des­bauamt — auf, die Ver­ant­wortlichkeit­en für diesen Umweltskandal
umge­hend aufzuklären.”

Inforiot