(BM) Neuruppin — Im Potzlow-Prozess in Neuruppin um die brutale Tötung des
16-jährigen Schülers Marinus Schöberl werden wahrscheinlich nicht die
möglichen Höchststrafen verhängt. Psychiatrische Gutachten bescheinigten
allen drei Angeklagten gestern Anhaltspunkte für eine verminderte
Schuldfähigkeit wegen Persönlichkeitsstörungen, Alkoholsucht und
Intelligenzminderung.
Vermindert intelligent
Prozess um Potzlow-Mord: Psychiater hält einen der drei Täter für nicht voll
schuldfähig
(Berliner Zeitung) NEURUPPIN. Der 17. Verhandlungstag im Prozess gegen die mutmaßlichen Mörder
des 16-jährigen Marinus Schöberl begann mit einem ungewöhnlichen Antrag.
Thomas Weichelt, der Anwalt der Eltern von Marinus, forderte am Donnerstag
im Saal 2 des Landgerichtes Neuruppin eine Schweigeminute für deren Sohn.
Denn genau an diesem Tag hätte das Opfer seinen 18. Geburtstag feiern
können, wenn die drei Angeklagten ihn nicht im Juli vorigen Jahres in einem
ehemaligen Stall im Uckermark-Dorf Potzlow brutal getötet hätten. Richterin
Ria Becher lehnte den Antrag ab. “Ein Gerichtssaal ist nicht der geeignete
Ort, um eine Schweigeminute einzulegen”, sagte sie.
Gleich danach mussten die Prozessbeobachter und Journalisten den
Gerichtssaal verlassen — der Prozess wurde unter Ausschluss der
Öffentlichkeit fortgesetzt. Denn der psychiatrische Gutachter Alexander
Böhle äußerte sich zur Schuldfähigkeit der drei Angeklagten. Da der
Hauptangeklagte Marcel Sch. und sein Mittäter Sebastian F. zur Tatzeit erst
17 Jahre alt waren, sollten Details aus ihrem Leben vor der Öffentlichkeit
geschützt werden. Dies könnte ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung
schaden, hieß es. Auch beim Gutachten über Marcels damals 23-jährigen Bruder
Marco blieb das Gericht unter sich.
Mit 14 Jahren alkoholkrank
Laut Gutachten ist der ältere Bruder nur vermindert schuldfähig. Sein Anwalt
Matthias Schöneburg sagte: “Der Gutachter ist zu dem Schluss gekommen, dass
Marco alkoholkrank ist.” Die Abhängigkeit habe bereits im 14. Lebensjahr
begonnen. Außerdem liege der Intelligenzquotient des Angeklagten bei 55,
also weit niedriger als die Grenze für unterdurchschnittliche Intelligenz,
die bei 75 bis 90 angesiedelt wird. Als Drittes habe der Psychiater bei
Marco eine “krankhafte Persönlichkeitsstörung” festgestellt.
Weil Marco zudem bei der Tat schwer angetrunken war, schließe der Gutachter
nicht aus, dass Marco zur Tatzeit sein Handeln nicht vollständig steuern
konnte und deshalb vermindert schuldfähig ist. “Meiner Meinung nach muss
dies strafmildernd gewertet werden”, sagte Schöneburg. Damit könnte aus
einer möglichen lebenslangen Haft eine 15-jährige Haftstrafe werden.
Trotz erheblicher Erinnerungslücken soll Marco dem Arzt glaubhaft berichtet
haben, dass einer der beiden anderen Angeklagten das Opfer zwang, in einen
Steintrog zu beißen. Dann soll Marcel plötzlich auf den Kopf von Marinus
gesprungen sein. Alle Tatbeteiligten seien darüber entsetzt gewesen, sagte
der Verteidiger. Später habe der jüngere Bruder das Opfer mit einem Stein
erschlagen.
“Auch bei dem jüngeren Bruder besteht die Möglichkeit, dass er vermindert
schuldfähig ist”, sagte dessen Anwalt Volkmar Schöneburg. Allerdings sei der
Befund nicht so eindeutig wie bei Marco. Marcel soll in seiner Entwicklung
zurückgeblieben sein. Er sei unterdurchschnittlich intelligent, und war
während der Tat schwer betrunken. Sein Anwalt erwartet, dass Marcel nicht
die Höchststrafe von zehn Jahren nach dem Jugendstrafrecht erhält.
Sebastian F. ist auch vermindert intelligent aber wahrscheinlich voll
schuldfähig. Es hängt vom Gericht ab, wie es die starke Alkoholisierung des
Jugendlichen während der Tat bewertet.
Potzlow-Mord: Wahrscheinlich keine Höchststrafen
(MOZ) Neuruppin (dpa) Im Prozess um die brutale Tötung des 16- jährigen Schülers
Marinus Schöberl aus Potzlow (Uckermark) werden wahrscheinlich nicht die
möglichen Höchststrafen verhängt. Die psychiatrischen Gutachten
bescheinigten allen drei Angeklagten am Donnerstag am Landgericht Neuruppin
Anhaltspunkte für eine verminderte Schuldfähigkeit. Da der Gutachter sich
nicht endgültig festgelegt habe, müsse im Zweifel für die Angeklagten
entschieden werden, forderten die Verteidiger.
Angeklagt sind zwei 24 und 18 Jahre alte Brüder und ein weiterer 18-Jähriger
wegen gemeinschaftlichen Mordes. Sie sollen Marinus im Juli 2003 bestialisch
gefoltert, mit einem Stein erschlagen und dann versteckt haben. Die Leiche
wurde erst Monate später in einer Jauchegrube entdeckt. Der Fall hatte wegen
seiner Brutalität bundesweit Schlagzeilen gemacht. Als “Vorbild” für die Tat
soll eine Filmszene aus dem US-Streifen “American Historie X” gedient haben,
in der ein Mann dem liegenden Opfer auf den Kopf springt.
Als Haupttäter hatte sich in der Neuruppiner Verhandlung der jüngere der
beiden Brüder selbst bezichtigt. Nach den Worten seines Verteidigers Volkmar
Schöneburg sprechen für seine verminderte Schuldfähigkeit eine
Reifeverzögerung, eine beginnende Drogen- und Alkoholabhängigkeit sowie die
Abhängigkeit von seinem älteren Bruder. Gegen ihn spreche, dass er das
Tatgeschehen in einer schriftlichen Erklärung relativ detailgetreu
wiedergegeben habe.
Der Gutachter schloss für ihn aber auch ein rechtsradikales Motiv weitgehend
aus. “Dass er immer zwischen Hip-Hop-Szene und rechter Szene wechselte, war
pubertär bedingt”, erklärte der Verteidiger. Das Opfer hatte zur Tatzeit
eine Hip-Hop-Hose getragen und die Angeklagten wurden bisher der rechten
Szene zugehörig betrachtet. Um wie viel das Gericht nach seiner Ansicht
unter der Höchststrafe von zehn Jahren für den zur Tatzeit minderjährigen
Angeklagten bleiben soll, wollte der Anwalt nicht sagen.
Bei dem 24-Jährigen liege die Sache klarer, meinte dessen Verteidiger
Matthias Schöneburg. Wegen Intelligenzminderung, Persönlichkeitsstörung und
einer “gefestigten Alkoholkrankheit” sei er vermindert schuldfähig. Das
könne statt der für Mord drohenden Höchststrafe — lebenslanger Haft — zu
etwa 15 Jahren Freiheitsentzug führen.
Die Kammer muss nach Angaben eines Gerichtssprechers der Empfehlung des
Gutachters folgen. Die Erörterung der Gutachten erfolgte unter Ausschluss
der Öffentlichkeit. Die Jugendkammer begründete diese Maßnahme damit, dass
bei der Verlesung der Expertisen intime Details aus dem Leben der
Angeklagten zur Sprache kämen. Das könne später berufliche oder soziale
Probleme für sie bringen.
Mit dem Ende des Prozesse wird frühestens für Oktober gerechnet.
Potzlow-Prozess: Gutachter bescheinigt Angeklagten verminderte
Schuldfähigkeit
Psychiater stützte sich auf Aussagen der Beschuldigten über ihren
Alkoholkonsum. Er hält eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit für möglich.
Entscheidung über Strafmilderung liegt beim Gericht
(Tagesspiegel) Neuruppin. Im Prozess um den Mord an dem 16-jährigen Marinus Sch. hat der
Gutachter, der Psychiater Alexander Böhle, den drei Angeklagten am
Donnerstag Anhaltspunkte für verminderte Schuldfähigkeit a
ttestiert. Er
halte es für möglich, dass die Steuerungsfähigkeit der Brüder Marco und
Marcel S. sowie von Sebastian F. zur Tatzeit durch erheblichen Alkoholkonsum
eingeschränkt war, wie ein Sprecher des Potsdamer Landgerichts erläuterte.
Das Urteil des Gutachters könnte sich für die Angeklagten strafmildernd
auswirken. Sollten die Angeklagten tatsächlich so viel getrunken haben wie
angegeben, sprach der Gutachter ihnen zwar nicht die Einsichtsfähigkeit ab,
ihr Handeln zu beurteilen; wohl aber die Steuerungsfähigkeit, sich auch
danach zu verhalten. Bei der Verlesung am Donnerstag war die Öffentlichkeit
ausgeschlossen.
Den drei jungen Männer wird vorgeworfen, sie hätten im Sommer 2002 den
16-jährigen Marinus Sch. im uckermärkischen Potzlow auf bestialische Weise
gefoltert und umgebracht. Ihnen sollen seine Frisur und Kleidung nicht
gepasst haben. Der Hauptangeklagte Marcel S. hat laut Anklage Marinus Kopf
auf der Kante eines Futtertrogs durch einen Fußtritt zertrümmert. Diesen so
genannten Bordsteinkick sollen die jungen Männer aus dem Film “American
History X” gekannt haben. Die Leiche von Marinus war erst vier Monate später
entdeckt worden, nachdem Marcel S. vor Freunden mit der Tat geprahlt hatte.
Nach Einschätzung von Gerichtspräsident Helmut Krah ist es nicht
unwahrscheinlich, dass das Gericht im Falle von Marco S. verminderte
Schuldfähigkeit anerkennt. Im Fall von Marcel und Sebastian hänge die
Entscheidung davon ab, wie die Richter den Alkoholkonsum der Angeklagten
bewerten. Dabei müssten sie ihr gesamtes Verhalten in der Tatnacht
berücksichtigen: “Wenn eine Tat sehr ausführlich geplant ist, lässt das auch
Rückschlüsse auf die Zurechnungsfähigkeit zu.”
Die Anklage für alle drei jungen Männer lautet auf Mord. Nach dem
Jugendstrafrecht droht Marcel und Sebastian F., die zur Tatzeit 17 waren,
die Höchststrafe von zehn Jahren. Wie stark sich diese verringert, wenn das
Gericht eine verminderte Schuldfähigkeit anerkennt, liegt in seinem
Ermessen. Marco S., der nach dem Erwachsenenstrafrecht angeklagt ist, würde
in diesem Fall von einer lebenslänglichen Strafe verschont. Das Höchstmaß
läge bei 15 Jahren.
Angeklagte im Potzlow-Mordprozess vermindert schuldfähig
(LR) Im Prozess um die brutale Tötung des 16-jährigen Schülers Marinus Schöberl
aus Potzlow (Uckermark) werden wahrscheinlich nicht die möglichen
Höchststrafen verhängt.
Die psychiatrischen Gutachten bescheinigten zwei der drei Angeklagten
gestern am Landgericht Neuruppin Anhaltspunkte für eine verminderte
Schuldfähigkeit. Da der Gutachter sich nicht endgültig festlegte, müsse im
Zweifel für den Angeklagten entschieden werden, forderten die Verteidiger
der beiden 24 und 18 Jahre alten Brüder. Sie sind — mit einem weiteren
18-Jährigen — wegen gemeinschaftlichen Mordes angeklagt (die RUNDSCHAU
berichtete). Sie sollen Marinus im Juli 2002 bestialisch ermordet haben.
Als Haupttäter hatte sich der jüngere der beiden Brüder selbst bezichtigt.
Nach den Worten seines Verteidigers Volkmar Schöneburg sprechen für seine
verminderte Schuldfähigkeit eine Reifeverzögerung, eine beginnende Drogen-
und Alkoholabhängigkeit sowie die Abhängigkeit von seinem älteren Bruder.
Gegen ihn spreche, dass er das Tatgeschehen in einer schriftlichen Erklärung
relativ detailgetreu wiedergegeben habe.