cottbus. was passiert, wenn 7 locations einer recht gemütlich eingerichteten
stadt gemeinsam versuchen, für einen tag sowas wie “subkultur anzubieten”.
keine ahnung?
wir wissen es auch nicht — deswegen probieren wirs aus.
am 18.10.03 nämlich, geben zelle79, chekov, galerie fango, fragezeichen,
bühne 8, muggefug und piccolo sich und euch die ehre an diesem versuch
teilzuhaben, mitzumachen und selbst zu gestalten. mit den jeweils am thema
“untergrund” ausgerichteten einzelveranstaltungen, hoffen wir insgesamt die
idee erzeugen zu können, daß es nichts mit zauberei zu tun hat, “etwas zu
machen”.
wenn die unzufriedenheit über das kulturelle/soziale/politische angebot
dieser stadt sich ledglich im darüber-rummeckern zeigt, wirds davon nicht
ein stück weit besser. selber machen hilft da mehr: die oben genannten orte
gründen ihre aktivitäten nicht auf rein kommerziellen gedanken — ausnahmslos
auf freiwilliger basis und ohne jemals auch nur einen cent dafür zu
bekommen, arbeiten nicht wenige leute daran, “etwas zu machen.” daß macht
vor allem auch dann spaß, wenn es nicht immer die gleichen leute sind, die
versuchen, events auf die beine zu stellen.
wie gesagt: spürbar wird, daß eine vielzahl von leuten mit den gegebenheiten
unzufrieden sind und veränderungen gewollt werden. und genau an euch richtet
sich dieses festival. wir wollen für einen tag lang mit voller wucht zeigen,
was sonst nur so dahinplätschert: subkultur (was immer das ist) läuft und
fetzt — vor allem kannst du selber dazu beitragen! mitzubekommen, daß ihr
von uns gewollt seid, um mit uns für euch für uns fürwenauch immer selbst
aktiv zu werden, liegt uns sehr am herzen. [U6] kann euch dabei helfen.
Programm
USECHS-festival
18.10.03
COTTBUS [ zelle79, chekov, galerie fango, fragezeichen, bühne 8, muggefug,
piccolo]
infos: www.usechs.org
preis: 5 Euro
Vorverkauf ab 10.10.03 in der zelle79 und galerie fango.
16.00uhr — Ausstellung “Underground im Ich”
fragezeichen e.v. | bertolt — brecht str. 2
Diese Ausstellung hat das Ziel den “Underground des Ich” näher zu betrachten
und zurück in einen öffentlichen Raum des “Wir” zu holen. Underground wird
hier mit unterbewußt gleichgesetzt. Im Unterbewußtsein, das wissen wir,
liegt vieles begraben was nicht begraben gehört. Doch im Zuge der Erziehung
die wir alle durchleben durften, werden Menschen mit einer Moral
konfrontiert die viele der menschlichen Triebe nicht akzeptiert. Eine Folge
ist Triebverdrängung. Nun macht uns dass zwar in einer Gesellschaft und in
einem Kulturkreis der sich auf die Institution der verdrängenden Moral
stützt kultur- und gesellschaftsfähig, doch denaturiert uns die dazu
notwendige Verdrängung Diese schafft oft komplizierte Konflikte die uns dann
mit N€sen oder Schlimmeren plagen.
Aus diesen Überlegung heraus wurde ein Erlebnisraum geschaffen, der mit
Hilfe von Rauminstallationen eine gemeinsame Auseinandersetzung mit dem
“Underground im Ich” ermöglichen möchte.
Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben.
17.00uhr — film nr.1
zelle79 | parzellenstr. 79
“Sein oder nicht Sein” von Ernst Lubitsch
“Das Leben ist schön” warf die Frage auf, ob man über den Holocaust eine
Komödie drehen darf. Schon lange vorher hatte eine komische
Auseinandersetzung mit der NS-Zeit im allgemeineren Sinne stattgefunden,
wobei auch dem Film von Lubitsch die ihm gebührende Anerkennung als eine
hervorragende Satire erst zuteil wurde, als seine Entstehung und der
Kriegseintritt der U.S.A. schon Jahre zurücklagen und nicht mehr von “bad
taste” geredet werden konnte.
Der kleine Österreicher mit dem Schnäuzer schlendert durch Warschau und
betrachtet eine Metzgereiauslage. Aber er ist doch Vegetarier und wie kommt
er überhaupt dahin? In einem Rückblick wird die polnische Hauptstadt vor und
während der NS-Okkupation zur Kulisse für die Bemühungen einer
Theatertruppe, den Widerstand zu unterstützen. Josef Tura, dargestellt von
Jack Benny, dem damals wohl populärsten Komiker der U.S.A. und seine ihm
untreue Frau Maria (Carole Lombard, ebenfalls vor allem im komischen Fach
populär geworden), leiten gemeinsam das Ensemble. Als der angebliche
polnische Spion Professor Siletzky sich als Gestapo-Helfer entpuppt, werden
sie aufgefordert, den Verrat von Widerstandkämpfern zu verhindern — was zu
einem rasanten Verwirrspiel mit Kostümwechseln, Auf- und Abtritten führt, in
dem alle Register der Schauspielkunst gezogen werden müssen.
Eine sehr intelligente Auseinandersetzung über die Probleme von Identität
und Abbild, voll von gelungenen Gags, exzellentem komischen Timing und
ebensolcher Gestik und Mimik. In Anbetracht der Tatsache, dass Lubitsch
emigrierter Jude war und der Film nach Kriegsausbruch gedreht wurde, ist es
nicht verwunderlich, dass im heroischen Patriotismus der Polen und dem
tendenziell inkompetenten Verhalten der unkultivierten Deutschen ein
propagandistisches Element mitschwingt. Aber die Qualität des Drehbuchs und
die filmische Umsetzung verhindern ein Abrutschen in Plattitüden und machen
den Film auch heute noch vor allem zu einem großen Vergnügen.
jeweils davor: überraschungskurzfilme
18.00uhr — theatervorstellung
bühne 8 | jamlitzer str. 9
Heimkehr ins Labyrinth
Drei Monologe und ein christliches Satyrspiel
Regie: Thomas Pawlak als Gast | Es spielen: Janett Bielau und Mathias Neuber
Stolz winkt sie ihrem Geliebten nach. Er zog in den Kampf gegen eine Bestie.
Voller Vorfreude träumt sie vom späteren Leben an der Seite des Siegers.
Doch sie entdeckt, daß sie etwas vergessen hat …
Endlich zu Hause, denkt der Mann. Der Krieg war lang aber siegreich. Aber
keiner ist da mit ihm zu feiern. Nur einer erwartet ihn schon.
Eine Mutter irrt durch ein Labyrinth. Sie sucht ihren Sohn, einen Rebellen.
Langsam begreift sie, sie wird einen anderen finden.
Der Herr verlangt ein Opfer: Töte deinen Sohn. Der Vater sucht einen Weg
zwischen Gehorsam und Verweigerung.
Die Namen der Helden sind alt — Odysseus, Pasiphao, Abraham — was ihnen
widerfährt, ist alltäglich — bis heute: Gewalt, Terror, Krieg
19.00uhr — angedachtes
chekov | stromstr. 14
geplant ist ein konzert mit “the coalfield”.
dummerweise haben sich lärmbelästigt fühlende anwohnerInnen erfolgreich beim
ordnungsamt beschwert: zukünftig werden sie wohl ihre ruhe haben. das chekov
darf seit anfang september keine konzerte mehr geben… .
alle geplanten konzerte werden daher an andere orte verlegt — neue konzerte
zu organiseren wird schwierig.
wie es weitergeht und ob “the coalfield” spielen werden, entnehmt bitte
der usechs-seite…
20.00uhr — film nr2
zelle79 | parzellenstr. 79
“Deckname Dennis” von Thomas Frickel
Das Berufsbild des Geheimagenten hat sich gewandelt. Vorbei die Zeiten, in
denen man sich zur Beschaffung wichtiger Informationen am Hochhaus abseilen,
durch die Kanalisation kriechen und russische Agenten umpusten mußte. Das
Zeitalter der Massenmedien kennt keine Geheimnisse mehr. Alle Informationen
sind öffentlich. Es kommt darauf an, sie zu sammeln und einzuordnen. Der
Agent von heute ist Journalist. Er muß die Augen offen halten und zuhören
können. Forscher und Fanatiker, Vertriebene und Verrückte, Bastler und
Behörden, Rechts- und Linksradikale — wenn die Kamera läuft, sagen sie
alles. Man muß nur dumm genug fragen. Und keiner fragt so dumm wie Dennis.
Er ist der beste Mann für diesen heiklen Auf
trag.
Als Fernsehjournalist des amerikanischen Senders DDC getarnt, schickt ihn
der Boss auf eine absurde Reise in ein merkwürdiges Land. In ein Land, in
dem der letzte Krieg gerade mal 50 Jahre zurückliegt. Nach Deutschland. Ein
Auftrag, der ihn an den Rand der Verzweiflung bringt. Ein Film über
Goldfische, Verkehrsstaus, abgeschnittene männliche Gliedmaßen, den dritten
Weltkrieg und das vierte Reich. Eine Realsatire über das deformierte
deutsche Selbstbewußtsein — so grotesk und bissig, wie man es erwarten darf,
wenn der Kabarettist Matthias Beltz für das Drehbuch mitverantwortlich
zeichnet.
jeweils davor: überraschungskurzfilme
21.00uhr — lesung, vernissage, performance
lesung
“shut up — be happy”
falko niebling von der bühne 8 liest aus “shut up — be happy”.
musik danach macht helge sauer musik.
ausstellung 1
sven pfennig: “unsichtbar und eins”.
Eins, das Individuum, hinter verschlossenen Türen lebend — unsichtbar. Wahr
ist, was wahrgenommen wird, Untergrund ist das was nicht. Was nicht
wahrgenommen wird ist unwahr. Somit ist Eins, das unsichtbar ist, nicht
existent, wie alles andere für eins. Eins ist Untergrund und alles andere
auch oder nichts davon, weil der Betrachter fehlt. Bis zum 04.10.03
zumindestens.
ausstellung 2
untergrund.
Betrachtunsweisende Sichtweisen von dem, das nicht gesehen werden will. Das
Resultat einer Ausschreibung zur Darstellung eines plakativen Begriffs in
Form von Plakaten, die plakatiert in ganz Cottbus in naher Zukunft dem
Cottbuser Untergrundfestival am 18.10. dienen sollen
performance
TanztAnztaNztanZ
analis canton, elena aquati vom staatstheater
22.00uhr — konzert
muggefug | papitzerstr. 4
Rolando Random & The Young Soul Rebels
Das sechsköpfige Orchester Rolando Random & The Young Soul Rebels aus Berlin
hat sich ganz dem Spiel mit dem Off-Beat verschrieben. Neben temporeichen
Ska-Stücken, die sofort das Tanzbein schwingen lassen, befinden sich unter
den Eigenkompositionen auch geschmeidige Rocksteady-Tracks und karibische
Rhythmen — präsentiert mit Charme und Esprit! Der original Walking-Bass, die
entfesselten Posaunenklänge und der mehrstimmige Gesang geben den
Arrangements das gewisse Etwas. Freundliche Harmonien schmiegen sich um die
variantenreiche Gitarrenläufe. So spielfreudig, bunt und chaotisch klingen
nur wenige Bands.
Die versierten Musiker spielten bereits in zahlreichen deutschen Ska- und
Punkbands, wie etwa Yummy, The Pillocks und Blechreiz. Bei Rolando Random &
The Young Soul Rebels handelt es sich dennoch nicht um irgendein Nachfolge-
oder Nebenprojekt, sondern um eine völlig neue Band mit eigenständigem
Stil — der erneut die Vielseitigkeit und Zeitlosigkeit der Ska-Musik unter
Beweis stellt. Wie weit die Bandbreite reicht zeigt auch, dass zum Programm
Cover-Versionen sowohl von Bob Marley and the Wailers als auch von The Clash
gehören… die Zusammensetzung der Bandmitglieder sorgt für ein geglücktes
und spannendes Zusammentreffen von Einflüssen aus den schönsten
Stilrichtungen und Epochen der Musikgeschichte.
Die Band freut sich darauf, ihr neues Werk live präsentieren zu dürfen — ein
doppeltes Vergnügen, denn es ist nicht nur ihre Musik, die fasziniert,
sondern auch die sympathische und fesselnde Bühnenpräsenz!
danach werden noch einige dj/ane/s auflegen.
24.00uhr — film nr.3
zelle79 | parzellenstr. 79
“Der große Diktator” von Charles Chaplin
Charlie Chaplin sagte einst, hätte er von den Verbrechen, die in den
Konzentrationslagern geschehen sind, gewusst, er hätte diesen Film niemals
gedreht. Doch von alledem konnte Chaplin Ende der 30er Jahre, als er sich
seinen Film Der große Diktator erdachte, nichts wissen. Und so kam der
fertige Film 1940 in die amerikanischen Kinos.
Der schreckliche Diktator Adenoid Hynkel (Charles Chaplin) herrscht über
Tomanien; ein Land, in dem die Juden verfolgt werden und in dem es KZs gibt.
Nach der Besetzung des Nachbarlandes Austerlich mehrt sich der Widerstand.
Organisiert wird dieser von Offizier Schultz (Reginald Gardiner), viel
wichtiger wird aber ein dem Ghettos entflohener jüdische Friseur (ebenfalls
Charles Chaplin).
Dieser hat nämlich eine Gemeinsamkeit mit Hynkel: Er sieht ihm zum
Verwechseln ähnlich. Zunächst nimmt dieser das kaum wahr, nachdem es ihm
aber bewusst wird, klaut er eine Uniform und spielt den Part als “großer
Diktator”. Dabei hat er doch nur ein kleines Ziel: Er will mit seiner
Freundin Hannah (Paulette Goddard) wieder in Frieden leben…
Die Parallelen sind unverkennbar und absolut beabsichtigt, entstand doch
Chaplins “Der große Diktator” bereits kurz nach dem Einmarsch der Deutschen
in Österreich. Chaplin sieht Hitler aufgrund des charakteristischen
Bärtchens schon sehr ähnlich. Und so überzeugt der Film mit beißender Satire
vor dem Hintergrund eines grausamen Krieges. Da bleibt einem manchmal das
Lachen im Halse stecken und doch — gerade wegen seiner Aktualität zur
Entstehungszeit ein absolutes Meisterwerk.
jeweils davor: überraschungskurzfilme
24.00uhr — chillout
piccolo | klosterstr. 20
hörbar
Das piccolo Theater präsentiert im Rahmen des ersten Cottbuser U6 Festivals
am 18.10. 2003 ab 24.00 Uhr die “Hörbar”:
In kuschelig-plüschigem Ambiente auf weichen Sofas und Kissen kann eine
Nacht lang verschiedenen Hörspielen gelauscht werden. Inhaltlich abgestimmt
gibt es dazu Cocktails von Profihand — frisch an der Bar.
Wir laden ein zum Träumen, Lauschen und gemütlich leckeren
Cocktails-Schlürfen.
Zusätzlich
“TEXTUREN” — an allen locations wird ein film gezeigt, welcher von leuten aus dem ‑leider
abgebrannten- onzone club in peitz, gedreht wurde.
für innenstadtunkundige gibt es druckbare stadtpläne auf der homepage.
ein gesamtprogramm gibt es dort auch.
informationen zum usechs-festival, sowie weitere wichtige sachen
(beispielsweise der eintrittsperformance) sind dort ebenso abrufbar.