Potsdam: Mitarbeiter des Landeslabors haben in 13 Lebensmitteln Spuren einer genetischen Veränderung gefunden. Untersucht wurden insgesamt 211 Proben. Bei dem Material handele es sich um Produkte mit Soja und Mais, sagte gestern ein Sprecher des Verbraucherschutzministeriums. Die Werte lagen jedoch in einem Bereich, der noch nicht kennzeichnungspflichtig ist.
Jahr: 2005
Frankfurt (Oder) — Die Staatsanwaltschaft plädiert auf hohe Haftstrafen für
den Brandanschlag auf einen Obdachlosen in Beeskow. Für den 23-jährigen
Stefan K. forderte die Anklage vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) neun
Jahre Haft, für den 19-jährigen Steven G. sechs Jahre Jugendhaft. Beide
hätten sich des versuchten Mordes schuldig gemacht. Die Beweisaufnahme habe
zweifelsfrei ergeben, dass die Angeklagten am 16. Juni 2004 versuchten,
einen 35-jährigen Obdachlosen heimtückisch, grausam und aus niederen
Beweggründen zu töten. Sie hätten den auf einer Parkbank schlafenden Mann
zunächst nach Geld und Zigaretten durchsucht und dann seine Jacke
angezündet. Beim Wegrennen hätten sie die hochschlagenden Flammen gesehen,
ohne zu helfen. Nur dem Eingreifen einer Zeugin und dem ärztlichen Können
sei es zu verdanken, dass der Mann trotz schwerster Brandverletzungen
überlebte. Er werde lebenslang entstellt sein.
Der Verteidiger von Steven G. plädierte auf maximal vier Jahre Jugendhaft.
Sein Mandant habe die Tat gestanden. Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft
sehe er keine Tötungsabsicht. Stefan K. bestritt eine Beteiligung. Das
Urteil soll am 29. März verkündet werden.
POTSDAM In der Frage von DNA-Tests zur Verbrechensbekämpfung haben sich
Brandenburgs Koalitionspartner einander angenähert. Die SPD-Fraktion sprach
sich gestern für eine moderate Ausweitung der Tests aus. Zugleich will sie
aber an dem Richtervorbehalt festhalten und den Missbrauch von DNA-Tests
unter Strafe stellen. Die CDU-Fraktion plädiert für einen ähnlich
umfassenden Einsatz des genetischen Fingerabdrucks wie bei den herkömmlichen
Fingerabdrücken.
An diesem Freitag steht das Thema auf der Tagesordnung des Bundesrats. Das
Kabinett entschied am Dienstag, sich dann an der Position Niedersachsens zu
orientieren, sagte Regierungssprecher Thomas Braune. Kurz nach der
Kabinettssitzung wurde allerdings bekannt, dass Niedersachsen seinen
Änderungsantrag nicht stellen wird.
Kern eines Gesetzentwurfs der Länder Hessen, Bayern, Hamburg, Saarland und
Thüringen ist die Gleichstellung des genetischen Fingerabdrucks mit dem
herkömmlichen. Der Richtervorbehalt soll wegfallen.
Nach Auffassung der SPD-Fraktion sollte der Katalog zu einer
DNA-Identitätsfeststellung um bestimmte Straftaten erweitert werden, “die
eine nicht unerhebliche Gewaltbereitschaft des Täters belegen, sowie für
Wiederholungstäter”. Derzeit darf genetisches Material einem Beschuldigten
erst mit richterlicher Genehmigung und nur bei erheblichen Straftaten, wie
in Fällen der gefährlichen Körperverletzung, des besonders schweren
Diebstahls, der Erpressung oder bei Sexualdelikten entnommen werden.
CDU-Generalsekretär Sven Petke forderte die SPD auf, ihre Vorbehalte
aufzugeben. Der genetische Fingerabdruck sei das beste und sicherste
Beweismittel, das derzeit zur Verfügung stehe.
Täter und Opfer
“Opfer rechter Gewalt in Deutschland seit 1990” zeigt eine Ausstellung im
Landtag in Potsdam, Am Havelblick 8. Auf Bildtafeln werden die Schicksale
von 134 Todesopfern dargestellt. Ihre Peiniger handelten aus politischen
Motiven oder einfach, weil sie Menschen — meist Obdachlose und Behinderte -
für “nicht lebenswert” hielten. Auf jeder Tafel bunte Heile-Welt-Postkarten
aus deutschen Städten. Dazwischen ein Spiegel. Unter dem Gesicht des
Betrachters steht: “Täter?”
Bis Ende März, Mo.-Fr., 7.30–16 Uhr.
Nationalhymne im Unterricht
Potsdam — Die Junge Union in Brandenburg will die Nationalhymne als
verbindliches Unterrichtsthema im Musik-Lehrplan der Klassen 7 bis 10
verankern. Verkrampfter Umgang damit führe zu einer “rechtsextremistischen
Verklärung”.
Bereits am 4. Februar war die Aktion “aufmucken gegen rechts”, ein
gemeinschaftliches Kulturprojekt von [ìsolid] — die sozialistische Jugend
und den Gewerkschaftsjugenden, zu Gast in der Potsdamer
Voltaire-Gesamtschule.
Damals wurden gut 300 CDìs, die im Rahmen des Projektes von den
Jugendlichen produziert worden sind und auf denen neben so bekannten
Künstlern wie “Seeed” oder “Die Sterne” auch die Potsdamer Band “Lex
Barker Experience” zu finden ist, innerhalb weniger Minuten an die
Voltaire-Schüler verteilt.
Neben der Musik enthält die CD mit dem Untertitel “Beweg Dich! — damit
sich was bewegt” auch einen PC-Datenteil mit Texten, die über braune
Ideologie und Propaganda aufklären und eine Link-Sammlung zu verschiedenen
antirassistischen und antifaschistischen Initiativen und Verbänden.
Im Rahmen der internationalen Woche gegen Rassismus vom 15.- 21. 03.
werden die Initiatoren des Projektes auch in Potsdam wieder aktiv gegen
braune Monokultur.
Dazu erklärt Robert Wollenberg (20), Sprecher von “aufmucken gegen rechts”
und Landesvorsitzender von [ìsolid] Brandenburg:
“Nach der Verteilaktion im Stadtzentrum geht es jetzt quasi in “die
Peripherie”. Die Internationale Woche gegen Rassismus bietet dabei genau
den richtigen Rahmen für unser Projekt.
Wir werden auch in dieser Woche weiterhin das Konzept verfolgen, Kultur
und Politik möglichst eng miteinander zu verbinden.
Schwerpunkte sind unsere CD-Verteilungen an der Stoiben-Gesamtschule am
Mittwoch und an der Rosa-Luxemburg-Schule am Donnerstag. Für beide Schulen
stehen uns dabei insgesamt gut 400 CDìs zur Verfügung.
Ein inhaltliches Angebot unterbreiten wir von Montag bis Mittwoch im
sozialkritischen Buchladen “Sputnik” in der Charlottenstraße. Den Anfang
machte dabei am Montag der Film “No Exit”, der den Alltag der “Freien
Kameradschaft Frankfurt/Oder” dokumentiert. Am heutigen Dienstagabend
folgt ein Referat zu Rechtsrock und rechtem Mainstream, am morgigen
Mittwoch gibt es ein Referat über neofaschistische Organisationen in
Brandenburg. Beginn ist um 19.00 Uhr.
Den Abschluss unserer “aufmucken”-Aktionen bildet am Donnerstag ein
Konzert im Waschhaus. Für einen Soli-Beitrag von 3? wird der geneigte
Besucher ab 21.00 Uhr mit Rock- und Reggea-Klängen versorgt. Es spielen
Tools ìnì Toys aus Potsdam und Hans der Kleingärtner aus Berlin. Die
Einnahmen des Konzerts gehen zugunsten des Vereins “Opferperspektive”, der
sich um die Vertretung von Opfern rechter Gewalt kümmert.
Wir bedanken uns ausdrücklich bei allen PartnerInnen und UnterstüzerInnen,
insbesondere der DGB-Jugend Berlin-Brandenburg, dem Sputnik, dem
Waschhaus, Hans der Kleingärtner und Tools ìnì Toys.”
Abschußzahlen sind nicht alles
(Potsdam, 11.3.) Die Fraktion Die Andere begrüßt die Entscheidung der Kulturhauptstadt-Jury für Görlitz und Essen. Potsdam hat noch einmal Glück gehabt und wird von den Folgekosten einer Kulturhauptstadtbewerbung und –durchführung verschont bleiben.
Die Bewerbung war von Anfang an wenig überzeugend. Es gab weder innovative Visionen noch ein Konzept, das den Ausschreibungsbedingungen für die Kulturhauptstadt entsprochen hätte. Die Dimensionen und Konstanten, die Potsdam für eine gesamt€päische Kulturentwicklung ausmachen, lassen sich eben nicht durch nebulöse Metaphern wie „das Paradies auf Erden“ oder „die Insel der Visionen“ herausarbeiten und auch Potsdams Bedeutung als Ort der Kunst, Kultur, Wissenschaft und Stadtentwicklung wurde offensichtlich falsch dargestellt.
Die Bewerbung ist nicht bei den Menschen in Potsdam angekommen, was die Initiatoren ja auch unumwunden selbst immer wieder feststellten. Auch die vielen anderen Patzer im Verlauf der Bewerbung wie offensichtlich manipulierte Internetumfragen, Schirmherren wider Willen und Mittelkürzungen bei den ansässigen Kulturträgern werden ihr Übriges zum Scheitern beigetragen haben.
Die Kulturhauptstadtbewerbung diente fast ausschließlich zur Legitimierung des Wiederaufbaus von Stadtschloß, Garnisonkirche und anderen historischen Details (wie des Stadtkanals). Diese Strategie ist nun gescheitert. So stellt die mutmaßliche Niederlage letztendlich doch einen Gewinn für die Stadt Potsdam dar, gibt es jetzt doch wieder Hoffnung dafür, daß das Großprojekt „Wiedergewinnung der historischen Potsdamer Innenstadt“ nicht mehr länger eine innovative und den Menschen und der Zeit angemessene Lösung für den städtebaulichen Mangel in Potsdams Zentrum blockiert.
Grüner Kreistagsabgeordneter fragt nach der Rolle des Jugendamtes als Ersatz für Elternhäuser
(MAZ) HAVELLAND Der Potsdamer Polizeipräsident und die Leiterin des
Polizei-Schutzbereiches Havelland werden am Freitag vor den Bürgermeistern
und Amtsdirektoren des Kreises Havelland über die Hintergründe der Nauener
“Freikorps”-Affäre berichten. Das hat Landrat Burkhard Schröder gestern
Abend im Kreistag angekündigt. Anlass dafür war eine Anfrage des
bündnisgrünen Abgeordneten Klaus-Ulrich Mosel. Wie mehrfach berichtet,
hatten die jetzt vom Oberlandesgericht verurteilten elf
“Freikorps”-Mitglieder in den Jahren 2003 und 2004 insgesamt zehn
Brandanschläge auf Imbissbuden von Ausländern verübt.
Mosel hatte vom Landrat wissen wollen, in welcher Form das Jugendamt des
Kreises möglicherweise die Funktion der Elternhäuser der Verurteilten oder
ihres sozialen Umfeldes wahrnehmen könne. Mosel bezog sich dabei auf die
deutschlandweite Berichterstattung über den Nauener Fall. In ihr war
deutlich geworden, dass es ganz offensichtlich zahlreich Mitwisser gegeben
haben muss, die die Anschläge hätten verhindern können. Der Landrat räumte
ein, dass eine “Toleranz bei Eltern, Schulen und im kommunalen Bereich”
tatsächlich erkennbar sei. “So blind kann keiner sein”, sagte Burkhard
Schröder. Nach der Beratung am Freitag und nach einer Thematisierung in den
Fachausschüssen gelte es, “klare Schlussfolgerungen” zu ziehen, ohne einen
“Schnellschuss” zu landen.
“Sie haben uns erobert”
POTSDAM Die Äußerung des Kleinmachnower CDU-Gemeindevertreters Fred Weigert,
wonach der 8. Mai ein Tag der Eroberung sei, hat zu massiven Protesten
geführt. Weigert hatte kürzlich in einem Brief geschrieben: “Stalins rote
Horden haben uns vom Faschismus befreit. Weiß Gott nicht! Niedergeknüppelt,
geschunden und jahrzehntelang ausgebeutet haben sie uns. Sie haben uns nicht
befreit, sondern erobert.”
Hintergrund des Streits ist die geplante Einrichtung einer Gedenkstätte, die
an ein ehemaliges KZ-Außenlager erinnern soll. In diesem Zusammenhang hatte
Weigert einen Brief mit den umstrittenen Passagen an Axel Mueller
geschrieben. Beide Männer sind im Heimatverein Kleinmachnow aktiv. Der
bündnisgrüne Mueller war daraufhin an die Öffentlichkeit gegangen.
Sowohl SPD als auch PDS und Grüne warfen der Union mit Blick auf das
Kriegsende vor 60 Jahren ein verzerrtes Geschichtsbild vor. Die CDU verwies
darauf, dass die Auseinandersetzung über das Thema vor Ort geführt werden
müsse. Es sei “abstoßend”, dass ein privater Briefwechsel in der
Öffentlichkeit diskutiert werde. Laut CDU-Generalsekretär Sven Petke sei
Weigert ein “untadeliger und honoriger Demokrat”. Inhaltlich stellte er sich
zum Teil hinter Weigert: “Das Kriegsende war die Befreiung vom
verbrecherichen NS-Regime — aber gleichzeitig auch der Beginn eines
stalinistischen Unterdrückungsregimes in Ost€pa und Teilen Deutschlands.”
Es sei auffällig, dass immer wieder aus den Reihen der märkischen CDU solche
geschichtsrevisionistischen Forderungen kämen, kritisierte
SPD-Landesgeschäftsführer Klaus Ness. “Auch ein softer Revisionismus ist
Revisionimus.” Damit würden sich einige aus der CDU in der Tradition von
Ernst Nolte bewegen, der Anfang der 80er Jahre den Historikerstreit
ausgelöst hatte, als er die Singularität von Auschwitz angezweifelt hatte.
Ness betonte, dass der 8. Mai ein Tag der Befreiung sei, weil er den Aufbau
der Demokratie in Deutschland ermöglicht habe.
“Mit dem Geschichtsrevisionismus rechter CDUler darf man sich nicht
abfinden”, forderte auch der PDS-Landesvorsitzende Thomas Nord. Es dürfe
nicht zugelassen werden, dass immer wieder der Versuch unternommen wird, mit
der Nachkriegsgeschichte die Verbrechen des Faschismus zu relativieren, so
Nord. Dies sei eine der Quellen für den aktuellen Rechtsextremismus im Land.
Laut Grünen-Chef Joachim Gessinger kennzeichne es den historischen
Revisionismus, den Faschismus dadurch relativieren zu wollen, “dass man
Opfer anderer Unrechtsregime dagegen aufrechnet”. Petke wie Weigert vereine
“die Unfähigkeit, den Unterschied zwischen politischem Konservatismus und
geschichtsvergessenem Verbalrabaukentum zu erkennen”.
Auch in Berlin gibt es erbitterten Streit um den 8. Mai. Die CDU
Steglitz-Zehlendorf hatte einen Gedenktext verabschiedet, wonach der 8. Mai
1945 neben der Befreiung vom Nazi-System auch für das Leid der Bevölkerung
stehe, das die Rote Armee zu verantworten hat. Dies war auf heftige Kritik
von Jüdischer Gemeinde, der SPD, der Grünen und der PDS gestoßen.
Das “Aktionsbündnis gegen Heldengedenken und Naziaufmärsche in Halbe”
sieht einen wachsenden Widerstand in der Region gegen Rechts.
Vertreter aller demokratischen Parteien im Kreis haben sich kürzlich mit
Bürgern und Vertretern verschiedener Gruppierungen getroffen, “um sich im
Kampf gegen rechte Strukturen zusammenzuschließen”, heißt es in einer
gemeinsamen Erklärung der Kreisverbände von CDU, SPD, PDS und des
DKP-Landesverbandes. Ziel sei es, den “demokratiefeindlichen Kräften keinen
Raum für ihre volksverhetzenden und die Opfer des Faschismus verhöhnenden
Machenschaften zu lassen.” Besonders wichtig sei den Mitgliedern des
Bündnisses, die Einwohner von Halbe bei der Gestaltung des Volkstrauertages
einzubeziehen: “Nur gemeinsam ist es möglich, erfolgreich gegen den
Naziaufmarsch ein Zeichen zu setzen.” Das Aktionsbündnis will eine Reihe von
Veranstaltungen durchführen und unterstützen, an diesem Freitag unter
anderem die Gedenkfeier zum 60. Jahrestag der Befreiung des
Konzentrationslagers Lieberose und im April zum 60. Jahrestag der
Kesselschlacht von Halbe. Außerdem wird eine enge Zusammenarbeit mit der
Denkwerkstatt in Halbe angestrebt. Auch Bildungsveranstaltungen mit der
Ebert-Stiftung und der Luxemburg-Stiftung sind geplant. Die Mitglieder
wollen “besonders bei den Jugendlichen die Sinne schärfen, damit sie nicht
in die Fänge der Rechten geraten.” Deshalb seien die Schulen aufgerufen,
sich “aktiv in das Aktionsbündnis mit einzubringen.”
Das nächste Treffen findet am Donnerstag, dem 17. März, in der Alten Schule
in Halbe statt (Kirchstraße, Beginn 18.30 Uhr).