Kategorien
Uncategorized

Getrenntes Zusammenleben in einer Stadt

(CLAUDIA BIHLER; MAZ) PRITZWALK Das ver­lassene Haus an der Döm­nitz liegt in leichtem Nebel an diesem Tag. Was heute so unbelebt wirkt, war im frühen Mit­te­lal­ter das Finanzzen­trum der Stadt Pritzwalk — der Juden­hof. Ob die jüdis­che Bevölkerung mit der Ost­ex­pan­sion und Mis­sion­ierung der slaw­is­chen Gebi­ete bere­its über die Elbe in die Prig­nitz kam, kann heute nicht mehr mit Sicher­heit bes­timmt wer­den. Sich­er ist dage­gen, dass es jüdis­che Geldge­ber waren, die den frühen Städten in der Region die umfan­gre­ichen Investi­tio­nen ermöglicht­en, die zu ein­er wirtschaftlichen Blütezeit in der Prig­nitz geführt hatten. 

Mar­tin Albrecht, Archäologe aus Berlin, hat­te bere­its mehrfach im Pritzwalk­er und auch im Per­leberg­er Stadt­ge­bi­et Grabun­gen durchge­führt. Anhand der Grabungsergeb­nisse präsen­tierte er kür­zlich im Sud­haus auf Ein­ladung des Stadt- und Brauereimu­se­ums umfan­gre­iche Forschungsergeb­nisse im Rah­men eines Vortrags. 

Fest­gelegt auf eine Funk­tion als Geld­wech­sler und Wucher­er waren die Juden im Heili­gen römis­chen Reich deutsch­er Nation seit dem drit­ten Lat­er­ankonzil 1179: Damals wurde den Juden nicht nur das Zusam­men­leben mit den Chris­ten ver­boten und einge­führt, dass sie ihre Klei­dung mit einem gel­ben Ele­ment zu kennze­ich­nen hätten. 

Damals wurde auch fest­gelegt, dass Chris­ten keine Zins­geschäfte mehr täti­gen durften — diese Auf­gabe fiel den Juden zu. Demge­genüber war ihnen die Mit­glied­schaft in Gilden und Zün­ften nicht erlaubt. Der Sta­tus der jüdis­chen Bevölkerung in den Städten war der von so genan­nten “Schutzju­den”, was soviel bedeutete: Sie waren geduldet, aber sie kon­nten am nor­malen städtis­chen Leben nur begren­zt teilnehmen. 

Spezielle Bau­form der Judenhöfe 

Das “getren­nte Zusam­men­leben” und die kap­i­tal­gebende Funk­tion der Juden man­i­festiert sich für den Archäolo­gen in ein­er ganz speziellen Bau­form der “Juden­höfe”, wie sie in Per­leberg und in Pritzwalk gefun­den wurde. Meis­tens lagen ihre Wohn­häuser recht nah an den Wirtschaftss­chw­er­punk­ten und Machtzen­tren ein­er Stadt: Auch in Pritzwalk ist der Mark­t­platz nur wenige hun­dert Meter vom ehe­ma­li­gen Juden­hof am Meyen­burg­er Tor ent­fer­nt, die Niko­laikirche liegt eben­falls nicht weit. 

Gle­ichzeit­ig waren die Höfe meist so ange­ord­net, dass ein langer, kurviger Zuweg nicht nur die Innen­seite des Hofes vor Blick­en von außen abschirmte, son­dern auch den Blick nach außen verwehrte. 

“Hier kon­nten zwei unter­schiedliche Gemein­schaften in ein­er Stadt leben, ohne, dass sie mehr als nötig miteinan­der in Kon­takt kamen”, sagt Albrecht. Gemein­sam ist den bei­den Hofan­la­gen in Pritzwalk und Per­leberg auch, dass sie einen direk­ten Zugang zum Wass­er hat­ten. Die jüdis­che Reli­gion ver­langte etwa zu ver­schiede­nen Anlässen rit­uelle Tauch­bäder. Aber auch Brun­nen find­en sich für die Trinkwasserver­sorgung auf bei­den Geländen. 

Vom Schutzju­den bis zur Ausweisung 

Das Bürg­er­recht kon­nten Juden in den Städten nicht erwer­ben, begren­zte Priv­i­legien wur­den ihnen vom Lan­desh­er­ren ver­liehen — gegen die Zahlung von Schutzgeld an die mark­gräfliche Kam­mer. Die Bevölkerung brauchte die Juden, so kön­nte man ihre Funk­tion eben­so charak­ter­isieren, aber man mochte seine Gläu­biger nicht. Das vierte Lat­er­ankonzil des Pap­stes schließlich bot dann den formellen Hin­ter­grund für Het­zkam­pag­nen gegen die jüdis­che Bevölkerung. 

Im römis­chen Lat­er­an­palast trafen sich 1215 unter Papst Innozenz III. zwei Patri­archen der Ostkirche, Abge­ord­nete weltlich­er Fürsten und über 1200 Bis­chöfe und Äbte. Unter den 70 Dekreten, die das Konzil erließ, wurde auch das Glaubens­beken­nt­nis for­mulierte, das zum ersten Mal eine Def­i­n­i­tion der soge­nan­nten “Transsub­stan­ti­a­tion” enthielt. Danach wer­den die Ele­mente des christlichen Abendmahls, das Brot und der Wein, durch das Han­deln des Priesters in den realen Leib und Blut Christi ver­wan­delt, wobei sie allerd­ings äußer­lich Brot und Wein bleiben. 

For­t­an hat­ten sich die Juden mit den Vor­wür­fen der Hostien­schän­dung, aber unter anderem auch des rit­uellen Kindsmordes auseinan­der zu set­zen. “Selt­sam” waren die Juden den Prig­nitzern schon zuvor erschienen. Während die Land­bevölkerung in weit­en Teilen recht unge­bildet war, kon­nten bei der jüdis­chen Bevölkerung selb­st junge Män­ner bere­its lesen und schreiben. Zudem unter­hiel­ten die Juden weitläu­fige Finanz- und Fam­i­lien­beziehun­gen auch in ferne Regionen. 

Auch in der Prig­nitz kam es in der Folge von Hass und Mis­strauen zu Pogromen, nicht nur ein­mal sorgten die Land­stände dafür, dass alle Juden aus­gewiesen wur­den, um sich der unlieb­samen Gläu­biger zu entledi­gen. Als es im Jahre 1510 in Berlin zur Hin­rich­tung von 51 Juden wegen eines ange­blichen Hostien­frev­els kam, ist auch der Pritzwalk­er Jude Moses dabei. 

Jüdis­ches Hab und Gut wurde beschlagnahmt, so wird etwa der ehe­ma­lige Pritzwalk­er Juden­hof zum Hirten­hof — zumin­d­est ste­ht er so in der ältesten Pritzwalk­er Stadtkarte von 1727 verzeichnet. 

Diese Stadtkarte kon­nten sich die Pritzwalk­er bei dem Vor­trag eben­falls anschauen. Sie ist die älteste erhal­tene kar­tographis­che Darstel­lung der Stadt und hat­te, obwohl im Rathaus unterge­bracht, auch den ver­heeren­den Stadt­brand über­lebt. Üblicher­weise ist diese Karte unter Ver­schluss, eine Umze­ich­nung kann im Muse­um betra­chtet werden. 

Mit der Neuein­rich­tung des Muse­ums im Kul­turkom­plex der Brauerei kon­nte das Muse­um diese Karte restau­ri­eren lassen, die übri­gens auch die Ursache für die Diskus­sio­nen darüber ist, ob es in Pritzwalk ein­mal eine Burg gegeben hat, oder nicht. Dort, wo heute der Grüngür­tel am Kietz liegt, ist näm­lich auf der alten Karte eine so genan­nte “Rud­era ein­er alten Burg”, also die Ruine ein­er alten Burg eingezeichnet. 

Blickt man in die Grün­dungsphase der Stadt zurück, waren es Pritzwalk­er Bürg­er, die um die Anerken­nung als Stadt bat­en — von ein­er adli­gen Grün­der­fam­i­lie von Pritzwalk ist nichts zu find­en. Und doch schließen ver­schiedene Prig­nitzer, die sich mit Heimat­geschichte befassen, nicht aus, dass Pritzwalk ursprünglich eine Grün­dung der Gans Edlen Her­rn zu Put­litz war. 

Der Pritzwalk­er Muse­um­schef Rolf Rehberg meint zum The­ma “Burg”: “Man kann tre­f­flich darüber spekulieren, ob es hier eine Adels­burg gegeben hat oder nicht. Die Burg kön­nte auch ein befes­tigter Platz gewe­sen sein, auf dem die Pritzwalk­er bei ein­er Bedro­hung Schutz gesucht hat­ten.” Let­ztlich werde man das Rät­sel nur mit ein­er umfan­gre­ichen Grabung lösen kön­nen. Die sei ein­er­seits zu teuer. Und ander­er­seits “muss ja auch noch das eine oder andere span­nende Rät­sel erhal­ten bleiben”.

Kategorien
Uncategorized

180 Rekruten traten zum Gelöbnis an

(AXEL KNOPF; MOZ) SCHMACHTENHAGEN Als einen Garan­ten für ein wirk­lich­es Spiegel­bild der Gesellschaft in der Bun­deswehr beze­ich­nete der Lehnitzer Kom­man­deur Frank War­da die Rekruten. Ins­ge­samt 180 Wehrpflichtige aus Lehnitz und Bran­den­burg (Hav­el) legten gestern Nach­mit­tag auf dem Ober­hav­el Bauern­markt ihr Gelöb­nis ab. 

Schmacht­en­hagen ist die Patenge­meinde der vierten Bat­terie des Lehnitzer Panz­er­ar­tilleriebatail­lons 425. Mehrere hun­dert Zuschauer, meist Ver­wandte und Fre­unde der Sol­dat­en, sahen bei der mil­itärischen Zer­e­monie auf dem neuen Fest­platz zu. 

Oranien­burgs Bürg­er­meis­ter Hans-Joachim Laesicke (SPD), der die Gelöb­nisrede hielt, erin­nerte an die beschlossene Schließung des Bun­deswehr­stan­dortes bis zum Jahr 2010. “Das bedeutet nicht nur das Ende der mil­itärischen Nutzung dieser Liegen­schaft, son­dern auch die dro­hende Arbeit­slosigkeit für viele zivile Beschäftigte und oft schmerzvolle Neuori­en­tierung für die Bun­deswehrange­höri­gen und ihre Fam­i­lien.” Für Laesicke ist die Bun­deswehr ein “unverzicht­bar­er Teil” des städtis­chen Lebens in Oranienburg. 

Wann der Stan­dort aufgelöst wird, ste­ht noch nicht fest. Kom­man­deur War­da rech­net früh­estens für April mit ein­er Entschei­dung. Die Rekrute­naus­bil­dung geht unter­dessen in Ober­hav­el weit­er. Im Juli kom­men die näch­sten Wehrpflichti­gen zur Grun­daus­bil­dung in die Märkische Kaserne. 

Erst vor weni­gen Wochen ist eine Ein­heit mit 150 Sol­dat­en aus Lehnitz zum Aus­land­sein­satz nach Afghanistan geflo­gen. Sechs Monate wer­den die Sol­dat­en in Kab­ul Dienst tun.

Kategorien
Uncategorized

Vom Himmel gestürzt

(HEIKO HOHENHAUS; MAZ) MALZ Nach 61 Jahren wird Erna Ger­sten­büh­ler aus Malz den US-Amerikan­er Charles Wayne Beigel wieder­se­hen. Der ehe­ma­lige Bomber-Co-Pilot, heute 82 Jahre alt, kommt auf Ein­ladung der “AG Fliegerschick­sale” Oranien­burg in weni­gen Wochen nach Deutschland. 

Die erste Begeg­nung mit dem Amerikan­er kann Erna Ger­sten­büh­ler, heute 79, nicht vergessen. Am 22. März 1944 hörte sie ein lautes Brum­men über dem Gehöft Schweiz­er Hütte bei Malz. “Da kommt ein Flugzeug runter!”, schrie ihre Mut­ter. Die Bewohn­er ran­nten nach draußen. “Da sahen wir den Bomber auch schon. Er hat­te nur noch links einen Flügel und stürzte steil nach unten”, erin­nert sich die Rent­ner­in. Plöt­zlich rück­te ein Mann am Fallschirm ins Blick­feld, der damals 22-jährige Leut­nant der US Air Force, Charles Wayne Beigel. “Er ver­suchte ganz merk­würdig in der Luft zu laufen”, erzählt die Malz­erin. Später hörte sie, dass der Pilot auf der Flucht durch die Hav­el geschwom­men und in einem Wald­stück festgenom­men wor­den sei. 

Bei ihrer Befra­gung von Zeitzeu­gen in Oranien­burg und Umge­bung habe die AG Fliegerschick­sale bere­its 1999 einen ersten Hin­weis über den Bomber­ab­sturz bei Schweiz­er Hütte erhal­ten, berichtet Mario Schulze von der AG. In den Mil­itärar­chiv­en fan­den sich später Infor­ma­tio­nen über das Geschehen, bei dem acht Besatzungsmit­glieder des B‑24-Bombers “Lib­er­a­tor” ihr Leben ver­loren. Nur Bor­d­schütze Houchard und Co-Pilot Beigel über­lebten. Mario Schulze gelang es schließlich, Kon­takt zu Beigel in den USA herzustellen und weit­ere Auskün­fte zu erhalten. 

Die Recherchen ergaben, dass die Ein­heit der vier­mo­tori­gen B‑24 “Lib­er­a­tor” am 22. März 1944 einen Angriff auf die Bramo-Flug­mo­toren­werke in Bas­dorf geflo­gen war. Beim Zielan­flug geri­et die For­ma­tion in starkes deutsches Flak­feuer. Die “Lib­er­a­tor” stieß mit einem getrof­fe­nen Bomber zusam­men, dabei wurde ihre rechte Tragfläche abge­tren­nt. “Beigel geri­et in Kriegs­ge­fan­gen­schaft, die für ihn erst nach 13 Monat­en am 29. April 1945 endete”, sagt Mario Schulze. 

Der US-Vet­er­an hat­te großes Inter­esse an den Forschun­gen der “AG Fliegerschick­sale”. Schließlich hat sich der 82-jährige, der neun Kinder und 29 Enkel hat, zu einem Besuch in Oranien­burg entschlossen. Der Flug ist schon gebucht. Am 3. Mai wird Beigel in Berlin-Tegel lan­den. Erna Ger­sten­büh­ler hat schon einen Karte von dem Amerikan­er erhal­ten, mit der er ihr unter anderen für näch­sten Dien­stag eine schöne Feier zu ihrem 80. wün­scht. Die Malz­erin ist ges­pan­nt auf das Tre­f­fen mit dem Mann, den sie einst vom Him­mel stürzen sah.

Kategorien
Uncategorized

Opferperspektive” vor dem Aus

(STEPHAN BREIDING; MAZ) POTSDAM Der alltägliche Kampf gegen den Recht­sex­trem­is­mus ist auf den ersten Blick unspek­takulär: Zeitzeu­gen bericht­en über ihre Erleb­nisse während der NS-Zeit, Ver­bände organ­isieren Fahrten zu KZ-Gedenkstät­ten, Vere­ine küm­mern sich um Opfer recht­sex­tremer Gewalt. Erst gestern haben das Aktions­bünd­nis gegen Gewalt, Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit und der Vere­in “Opfer­per­spek­tive” die Broschüre “Angriff­sziel Imbiss” her­aus­ge­bracht, die poten­zielle Opfer war­nen soll. In den ver­gan­genen fünf Jahren wur­den mehr als 60 Imbiss­bu­den in Bran­den­burg Opfer recht­sradikaler Attacken. 

Derzeit ist jedoch offen, wie es mit eini­gen dieser Pro­jek­te gegen Recht­sex­trem­is­mus weit­erge­hen soll. In zahlre­ichen Ver­bän­den herrscht Unruhe, weil die Lan­desregierung ihre Förder­prax­is ändern will. Am stärk­sten betrof­fen ist der Vere­in “Opfer­per­spek­tive”, der sich um Opfer recht­sex­tremer Gewalt küm­mert. Er soll, anders als 2004, in diesem Jahr keine Lan­deshil­fen mehr erhal­ten. Ein Antrag über 45 000 Euro wurde vom Jus­tizmin­is­teri­um abgelehnt — mit fatal­en Fol­gen: Bleiben die Lan­desmit­tel aus, gibt es auch vom Bund keine Förderung. Dieser hat­te den mehrfach für seine Arbeit aus­geze­ich­neten Vere­in im ver­gan­genen Jahr mit 200 000 Euro unterstützt. 

Die Poli­tik der Lan­desregierung sei “ver­ant­wor­tungs­los gegenüber den Opfern men­schen­ver­ach­t­en­der Gewalt”, prangerte Judith Porath, Geschäfts­führerin der “Opfer­per­spek­tive”, die Kürzun­gen an. Das sei vor allem vor dem Hin­ter­grund der erneut gestiege­nen Zahlen recht­sex­tremer Gewalt­tat­en völ­lig unver­ständlich. Im Jahr 2004 waren 174 Men­schen Opfer recht­sex­tremer Gewalt gewor­den, 20 mehr als im Vorjahr. 

Verärgerung gibt es auch bei der Aus­län­der­beauf­tragten und dem Aktions­bünd­nis gegen Gewalt, Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit. Bei­den sollen 2005 knapp 200 000 Euro für Pro­jek­t­förderung gestrichen wer­den. Dafür werde als Aus­gle­ich in gle­ich­er Höhe ein Fonds aus Lot­tomit­teln aufgelegt, erk­lärt Thomas Hainz, Sprech­er des Bil­dungsmin­is­teri­ums. Die Aus­län­der­beauf­tragte Almuth Berg­er zeigte sich den­noch besorgt über die Entwick­lung, da der Fonds nicht mehr wie bish­er von ihr und dem Aktions­bünd­nis, son­dern vom Min­is­teri­um ver­wal­tet werde. “Damit kön­nen wir viele Prozesse nicht mehr begleiten.” 

Verärg­ert zeigt sich auch der Vor­sitzende des Aktions­bünd­niss­es, Heinz-Joachim Lohmann. Er beze­ich­nete die Kürzun­gen bei der “Opfer­per­spek­tive” als “Skan­dal”. Der Vere­in sei “ein­er der wichtig­sten Bestandteile zivilge­sellschaftlichen Engage­ments gegen Recht­sex­trem­is­mus”, so Lohmann. “Wer­den die Mit­tel gestrichen, ist die Opfer­per­spek­tive am Ende.” Scharfe Kri­tik äußerte er auch an der geplanten Kürzung des 610-Stellen-Pro­gramms. Das sei mit der Pri­or­itätenset­zung der Lan­desregierung im Kampf gegen Recht­sex­trem­is­mus “nicht vere­in­bar”. Auch den Ver­lust sein­er eige­nen Pro­jek­t­mit­tel betra­chtet Lohmann mit Sorge. “Es ist noch völ­lig unklar, was alles mit dem neuen Fonds gefördert wer­den soll.” 

Von den Kürzun­gen nahezu unberührt bleiben lediglich die Mobilen Beratung­steams und die Regionalen Arbeitsstellen für Aus­län­der­fra­gen, Jugen­dar­beit und Schule (RAA). Sie erhal­ten 2005 rund 880 000 Euro aus dem Etat des Bil­dungsmin­is­teri­ums. Allerd­ings muss auch RAA-Geschäfts­führer Alfred Roos Ein­bußen hin­nehmen. Er sei beun­ruhigt, dass noch nicht abse­hbar sei, was mit einzel­nen Pro­jek­ten wie dem inter­na­tionalen Zeitzeu­gen­pro­gramm oder den Gedenkstät­ten­fahrten nach There­sien­stadt passiere. Dafür hat­te es im ver­gan­genen Jahr ins­ge­samt 25 000 Euro aus der Lan­deskasse gegeben.

Kategorien
Uncategorized

Freie Heide” ruft zum Ostermarsch auf

Zur 94. Protest­wan­derung gegen das “Bom­bo­drom” bei Witt­stock (Ost­prig­nitz-Rup­pin) hat die Bürg­erini­tia­tive “Freie Hei­de” für Oster­son­ntag aufgerufen. 

Wie jedes Jahr werde in Fret­z­dorf ges­tartet, kündigte ein Sprech­er am Fre­itag an. In den ver­gan­genen Jahren habe es sich jew­eils um den größten Oster­marsch in Deutsch­land gehan­delt. Auch in diesem Jahr hoffe die Ini­tia­tive auf eine gute Beteiligung. 

Die “Freie Hei­de” set­zt sich seit Jahren für eine zivile Nutzung des früheren rus­sis­chen Bomben­ab­wurf­platzes in der Kyritz-Rup­pin­er-Hei­de ein. Die Bun­deswehr will das Gelände als Luft-Boden-Schieß­platz nutzen. 

Unter­dessen entsch­ied das Amts­gericht Straus­berg zugun­sten eines Demon­stran­ten, der das Gelände bei ein­er Protest­wan­derung im Juli ver­gan­genen Jahres betreten hat­te. Gegen den Mann hat­te die Bun­deswehr ein Ord­nungsver­fahren angestrengt. Der Betrof­fene habe jedoch darauf ver­wiesen, dass der Platz nach einem Urteil des Oberver­wal­tungs­gerichts Frank­furt (Oder) derzeit kein mil­itärisch genutztes Gebi­et sei, sagte der Sprech­er der Initiative. 

Kategorien
Uncategorized

DVU mit für sie ungewöhnlicher Position

Die DVU-Abge­ord­nete Bir­git Fech­n­er kam jet­zt zu ein­er für Recht­sex­treme sel­te­nen Erken­nt­nis – dank des Ärzte­man­gels im Land Bran­den­burg. Der ist inzwis­chen so groß, dass Kranken­häuser in berlin­fer­nen Regio­nen nicht ohne aus­ländis­che Medi­zin­er auskom­men. Doch lei­der ver­ließen viele das Land nach einiger Zeit wieder, beklagte ein Beamter im Gesund­heit­sauss­chuss des Land­tages. Da meldete sich Bir­git Fech­n­er: “Gibt es denn gar keine Möglichkeit, um aus­ländis­che Ärzte in der Region zu hal­ten?”, fragte sie in die Runde. Daraufhin kam die schlagfer­tige Empfehlung der SPD-Abge­ord­neten Mar­ti­na Münch: Die DVU-Poli­tik­erin möge doch in ihrer Klien­tel gegen Aus­län­der­feindlichkeit wirken, damit nicht so viele Aus­län­der wegzö­gen. Bei den Sozialdemokrat­en wird inzwis­chen disku­tiert, mit DVU-Abge­ord­neten “ohne gefes­tigtes recht­sex­tremes Welt­bild” – wie Fech­n­er – sen­si­bel umzuge­hen. Vielle­icht sei Bir­git Fech­n­er ja nach Michael Claus und Markus Non­ninger die näch­ste Abwe­ich­lerin, die die Allianz der DVU mit der mil­i­tan­ten NPD infrage stelle.

Kategorien
Uncategorized

Rechte Gewalt gegen ausländische Imbissbuden in Brandenburg

Seit dem Jahr 2000 hat die Opfer­per­spek­tive in Bran­den­burg über 60 Angriffe gegen Imbisse von aus­ländis­chen Betreibern reg­istri­ert. In allen Fällen, in denen die Täter ermit­telt wer­den kon­nten, waren Ras­sis­mus und Frem­den­feindlichkeit die Tatmotivationen. 

Die Opfer­per­spek­tive wen­det sich nun mit einem Infor­ma­tion­sheft an Ver­ant­wortliche in den Gemein­den und Kom­munen, an Ini­tia­tiv­en sowie einzelne Bürg­erin­nen und Bürg­er. Im Mit­telpunkt der 32-seit­i­gen, kosten­losen Broschüre ste­hen drei exem­plar­ische Analy­sen von Bran­dan­schlä­gen in ver­schiede­nen Kom­munen. Ihnen fol­gen Tipps für Betrof­fene sowie Empfehlun­gen dafür, wie die Betrof­fe­nen am sin­nvoll­sten unter­stützt wer­den können. 

Aus der Analyse: 

Ein straff organ­isiertes Täter­spek­trum, wie im Fall der zur Zeit vor dem Landgericht Pots­dam angeklagten Gruppe “Fre­icorps”, ist eher die Aus­nahme. Es dominieren vielmehr — wie auch bei anderen rechts motivierten Gewalt­tat­en — Täter­grup­pen, die spon­tan aus ras­sis­tis­ch­er oder frem­den­feindlich­er Moti­va­tion handeln. 

Bei den Opfern han­delt es sich meist um Einzelun­ternehmer, die mit einem hohen Geschäft­srisiko arbeit­en. In vie­len Gemein­den sind sie die einzi­gen wahrnehm­baren Aus­län­der. Beson­ders für Inhab­er freis­te­hen­der Imbiss­bu­den, die in der Regel über keine Ver­sicherung ver­fü­gen, kön­nen Anschläge ver­heerende ökonomis­che und soziale Fol­gen haben. 

Die Erken­nt­nisse basieren auf der Studie “Frem­den­feindliche und recht­sex­treme Über­griffe auf Imbiss­bu­den im Land Bran­den­burg”, die mit Unter­stützung des Aktions­bünd­niss­es gegen Gewalt, Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit und der Aus­län­der­beauf­tragten des Lan­des von der Opfer­per­spek­tive in Auf­trag gegeben wurde. Im Rah­men der Unter­suchung wur­den von Juli bis Okto­ber 2004 ins­ge­samt 60 Inter­views geführt; 29 davon mit aus­ländis­chen Imbiss-Betreibern. 

Die Broschüre kann hier als pdf (725 KB) herun­terge­laden wer­den oder als Print (32 Seit­en) bestellt wer­den bei:

Aktions­bünd­nis gegen Gewalt, Recht­sex­trem­is­mus und Fremdenfeindlichkeit

Geschäftsstelle im Min­is­teri­um für Bil­dung, Jugend und Sport

Ste­in­str. 104–106

14480 Potsdam

aktionsbuendnis@mbjs.brandenburg.de

www.aktionsbuendnis.brandenburg.de

Opfer­per­spek­tive Brandenburg

Schloßstr. 1

14667 Potsdam

Tel: 0171–1935669

info@opferperspektive.de

www.opferperspektive.de

Auf bei­den Web­seit­en kann die Studie “Frem­den­feindliche und recht­sex­treme Über­griffe auf Imbiss­bu­den im Land Bran­den­burg” (96 Seit­en) als PDF-Datei herun­terge­laden werden.

Kategorien
Uncategorized

Kultur des Hinsehens”

(MAZ, Hiltrud Müller) MÜLLER FALKENSEE Mit klaren Worten dis­tanzierte sich jet­zt geschlossen die
Stadtverord­neten­ver­samm­lung von Falkensee von der Schän­dung des
Geschichtsparkes ihrer Stadt. Der Vor­fall hat­te sich bekan­ntlich am Vorabend
des 60. Jahrestages der Befreiung des Konzen­tra­tionslagers Auschwitz
ereignet (die MAZ berichtete). In ein­er Erk­lärung, die am Mittwochabend
ver­ab­schiedet wurde, appel­lieren die Frak­tio­nen an die Zivil­courage aller
Bürg­er, um “allen ras­sis­tis­chen, anti­semi­tis­chen und nazis­tis­chen Äußerungen
und Bestre­bun­gen deut­lich und laut­stark zu widersprechen”. 

Nor­bert Kunz (SPD) beze­ich­nete die Attacke auf den Geschichtspark — er
befind­et sich dort, wo einst das Außen­lager des KZ Sach­sen­hausen stand — als
“eine Schande in Falkensee”, warnte jedoch davor, “die Bürg­er unter
Gen­er­alver­dacht” zu stellen. “Wir haben noch keine organ­isierte Nazi-Szene
in der Stadt, das unter­schei­det uns von unser­er Umge­bung”, behauptete Kunz,
wom­it man sich jedoch nicht in Sicher­heit wiegen könne. “Wir dür­fen solche
Ereignisse nicht ver­schweigen oder ver­tuschen. Wer das tut, spielt den alten
und neuen Nazis in die Hände.” 

Für Katal­in Gennburg (PDS) hinge­gen ste­ht fest: “Wir müssen anfangen
anzuerken­nen, dass es auch in Falkensee eine rechte Szene gibt.” Die
Exis­tenz eines so genan­nten Freiko­rps oder die Brände an Dönerständen
liefer­ten ihr dafür den Beweis. Und Gennburg forderte grundsätzliche
Änderun­gen in dem “riesi­gen Dorf” Falkensee, das allzu anonym gewor­den sei.
Die junge Frau forderte mehr Iden­ti­fika­tion­spunk­te und warb für “eine Kultur
des Hin­se­hens”, und zwar nicht nur, “wenn es um den Müll des Nach­barn oder
den Lärm vom Schwimm­bad geht”. Vom Bürg­er­meis­ter forderte sie, er möge einen
Beauf­tragten benen­nen als Ansprech­part­ner bei “recht­sex­trem­istis­che
Aktiv­itäten”. Den aber gibt es längst, er heißt Andreas Mal­lé und nen­nt sich
Koor­di­na­tor gegen Frem­den­feindlichkeit und Gewalt … 

Auf der Zuschauer­plätzen hat­ten junge Leute von der Antifa- und der
Sol­id-Jugend Platz genom­men, PDS-Mit­glieder, auch einige Lehrer und andere
Bürg­er der Stadt sowie der PDS-Stadtvor­sitzende Erhard Sten­zel. Der
Resis­tance-Kämpfer hätte zu diesem The­ma viel zu sagen, doch man billigte
ihm kein Red­erecht zu. Wie sich erweisen sollte, hat­te es die Fraktion
sein­er Partei gar nicht erst beantragt. “Wir woll­ten keine Konfrontation”,
vertei­digte Rose­marie Thür­ling, die Frak­tionsvor­sitzende, gegenüber der MAZ
diese Entschei­dung. “Denn es war abzuse­hen, dass dieser Antrag nicht die
Zus­tim­mung aller Parteien find­en würde.” Und bei diesem The­ma wollte man
jede Kon­fronta­tion ver­mei­den und “das beto­nen, was alle eint”, sagte
Rose­marie Thürling.

Kategorien
Uncategorized

Auf tiefster Stufe stehend”


Prozess zu recht­sex­tremem Gewal­texzess hat in Frank­furt begonnen.
Staat­san­walt: Täter quäl­ten ihr Opfer aus pur­er Lust

(Tagesspiegel, Frank Jansen) Frank­furt (Oder) — Was der Staat­san­walt vorträgt, klingt so grausig, dass
selb­st zwei altge­di­ente Jus­tizwach­meis­ter entset­zt auf die Angeklagten
blick­en. Mit fes­ter Stimme liest Jörg Tegge der Jugend­kam­mer des
Landgerichts Frnakfurt (Oder) vor, welche Tat den drei Män­nern und zwei
Frauen vorge­wor­fen wird. “Aus ange­maßter Rächer­rolle, aus auf tief­ster Stufe
ste­hen­der, men­schen­ver­ach­t­en­der, dumpfer recht­sex­trem­istis­ch­er Einstellung
und aus pur­er Lust” hät­ten Ron­ny B., David K. und Daniel K. am 5. Juni 2004
den 23-jähri­gen Gun­nar S. zweiein­halb Stun­den gequält und mit mehreren
Gegen­stän­den sex­uell mis­shan­delt. Ange­blich woll­ten die drei Män­ner das
Opfer wegen ein­er “ver­sucht­en Verge­wal­ti­gung” bestrafen — für die es
kein­er­lei Anhalt­spunk­te gibt. Ron­ny B. soll zur Tatzeit wegen der zuvor
kon­sum­ierten Alko­ho­li­ka und ander­er Dro­gen ver­min­dert schuld­fähig gewesen
sein. 

Die bei­den Frauen hät­ten bei dem Gewal­texzess in ein­er Frank­furter Wohnung
die drei Recht­sex­trem­is­ten, so der Staat­san­walt, “durch Beifallskundgebungen
und Gelächter” unter­stützt. Das von Daniel K. als “nicht arisch” bezeichnete
Opfer habe lebens­ge­fährliche Ver­let­zun­gen erlit­ten. Der Staat­san­walt wertet
die Tat­en unter anderem als gefährliche Kör­per­ver­let­zung, Vergewaltigung,
Frei­heits­ber­aubung und Nöti­gung. Den Frauen wird Bei­hil­fe vorgeworfen. 

Das Opfer ist zum Prozes­sauf­takt nicht erschienen. Der Anwalt von Gun­nar S.
sagt, so einen Fall habe er noch nie erlebt. Sein Man­dant müsse weiterhin
ärztlich behan­delt wer­den und sei schw­er trau­ma­tisiert. Die meisten
Angeklagten wirken indes selb­st bei den schreck­lich­sten Details, die Tegge
schildert, unbeteiligt. Der wuchtige, 29 Jahre alte Ron­ny B. legt die Arme
auf den Tisch und fal­tet die Hände. Neben ihm sitzt, mit star­rem Blick, der
21-jährige Daniel K. Dann kommt David K., ein 23 Jahre alter, kräftiger
Glatzkopf, der etwas nervös vor- und zurück­wippt. Die 25-jährige Ramona P.
schüt­telt den Kopf und zieht die Augen­brauen hoch, als rede der Staatsanwalt
Blödsinn. In der zweit­en Rei­he sitzt Stephanie L., 20 Jahre alt. Sie blickt
trotzig vor sich hin. Andere Regun­gen sind in ihrem Gesicht nicht zu
erkennen. 

Ron­ny B. und der auch als NPD-Sym­pa­thisant aufge­fal­l­ene David K. sind
Inten­sivtäter, die seit den Neun­ziger­jahren in Frank­furt wüten. Die Liste
ihrer Delik­te liest sich wie das Inhaltsverze­ich­nis des Strafgesetzbuchs:
Raub, gefährliche Kör­per­ver­let­zung, Dieb­stahl, Freiheitsberaubung,
Sachbeschädi­gung, Nöti­gung, Belei­di­gung, Bedro­hung, vorsätzlicher
Voll­rausch, Trunk­en­heit am Steuer, Fahren ohne Fahrerlaub­nis, räuberische
Erpres­sung und immer wieder Ver­wen­dung ver­fas­sungswidriger Kennze­ichen, zu
Deutsch: Hit­ler­gruß, Sieg-Heil-Gebrüll und Ähn­lich­es. Die Opfer waren
Aus­län­der, Linke, deutsche Durch­schnitts­bürg­er, Polizis­ten. Selbst
mehrjährige Haft kon­nte die bei­den Recht­sex­trem­is­ten nicht stop­pen. Ron­ny B.
hat min­destens sechs Jahre gesessen, David K. unge­fähr drei Jahre. “Die sind
im Gefäng­nis noch härter gewor­den”, sagt ein Ermittler.

Kategorien
Uncategorized

Dreist und unbelehrbar

(MAZ) Schwedt (Uck­er­mark). Gegen einen 15-jähri­gen Schwedter ermit­telt jet­zt die Krim­i­nalpolizei wegen
des Ver­dachts des Ver­wen­dens von Kennze­ichen verfassungswidriger
Organ­i­sa­tio­nen. Am Don­ner­sta­gnach­mit­tag war in der Sut­tner­straße ein
Streifen­wa­gen der Polizei unter­wegs. Der Jugendliche schaute aus einem
Woh­nungs­fen­ster und zeigte, als er den Streifen­wa­gen sah, den Hitlergruß.

Inforiot