(Bernd Baumann) Knapp zwei Jahre nach Einführung von Hartz IV haben sich die zum Teil hochgesteckten Erwartungen der Regierungsparteien in Brandenburg nicht erfüllt. Die Vermittlung von Betroffenen in einen regulären Job blieb die absolute Ausnahme. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen stieg entgegen dem Bundestrend sogar deutlich an. Vernichtend fällt deshalb auch die Kritik der SPD-Landtagsabgeordneten Esther Schröder aus. »Wir brauchen endlich eine wirksame Vermittlungs- und Qualifizierungsoffensive«, sagt sie. Ansonsten werde sich auch im neuen Jahr an der schwierigen Lage nichts ändern.
Bei der Einführung von Hartz IV im Januar 2005 gab es in Brandenburg 133 194 Menschen, die länger als ein Jahr ohne Job waren und deswegen Arbeitslosengeld (ALG) II bezogen. Mit Stand November 2006 ist diese Zahl auf 138 336 gestiegen. »Damit wurde das Hauptziel der Reform glatt verfehlt.« Während die Zahl der nur kurze Zeit Arbeitslosen durch den konjunkturellen Aufschwung in den letzten Monaten sinke, »fallen immer mehr Menschen in das System der Grundsicherung«, beklagt die SPD-Politikerin.
Als weiteres gravierendes Problem bezeichnet Schröder die stetig wachsende Anzahl der so genannten Aufstocker. »In jedem Monat gibt es mehr davon.« Es handelt sich dabei um Menschen, die für Dumpinglöhne arbeiten und damit ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten können. Deshalb beantragen sie zusätzlich staatliche Leistungen. Im November gab es im Bundesland bereits rund 123 450 Aufstocker. »Es handelt sich dabei um ein politisches Problem«, so Schröder. Über die Einführung von Mindestlöhnen müsse es beseitigt werden. Schon seit langem fordern die Gewerkschaften und die Linkspartei Mindestlöhne. Der gesetzliche Stundenlohn soll mindestens bei 7,50 Euro liegen, die Linke fordert 8 Euro.
Im vorigen Jahr wurden den Arbeitsagenturen im Durchschnitt 8200 freie Stellen pro Monat gemeldet. 2006 waren es sogar 9243. »Dennoch steigt die Langzeitarbeitslosigkeit immer weiter an«, meint Schröder. »Das dokumentiert, dass die Vermittlung in Brandenburg nicht funktioniert.« Allein im November wurden 7317 offene Stellen nicht vermittelt. »Es muss deutlich mehr für die Qualifizierung der Arbeitslosen getan werden.« Statistisch gesehen komme auf jeweils 100 ALG II-Empfänger nur eine Qualifizierungsmaßnahme. Dagegen stehen für 100 Hartz-Betroffene zwölf Ein-Euro-Jobs zur Verfügung, die lediglich eine Beschäftigung für wenige Monate versprechen. »Das Geld für mehr Qualifizierung ist vorhanden«, versichert Schröder. In diesem Jahr standen 340 Millionen Euro Bundesgelder für Eingliederungsmaßnahmen bereit. Aber offenbar versickern die Millionen ungenutzt im System, bemängelt Schröder. Sie spricht von einer klaren Fehlentwicklung. Das Hartz IV-Kontaktbüro Schröders im Landtag, dass Anfang 2005 startete, soll auch 2007 geöffnet bleiben. Es ist nach einer Pause ab 7. Januar unter der Nummer (0331) 966 13 90 zu erreichen.
Überhaupt keine positiven Wirkungen der Hartz-Gesetze sieht der Abgeordnete Christian Görke (Linkspartei). Im Gegenteil: Die negative Folge von Minijobs und staatlich organisierter Leiharbeit sei der Abbau von 68 000 regulären Beschäftigungsverhältnissen, besonders im Handel.