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Antisemitismus ist die Grundlage der heutigen NS-Ideologie”

Gabriel Land­graf, 29, war ein Anführer, ein soge­nan­nter Kad­er, der Neo-Nazi-Szene in Berlin und Bran­den­burg. Im haGalil-Inter­view nach der öffentlichen Bekan­nt­gabe seines Ausstieges berichtet er, wie ein junger Men­sch in die Nazi-Szene kommt und warum er schließlich aus­gestiegen ist. Nicht über­raschen sollte uns, dass der Anti­semitismus auch heute das wichtig­ste Fun­da­ment der Nazi-Ide­olo­gie ist und dass Nazi-Szene und radikale Islamis­ten kooperieren.

Sie gehörten zu den führen­den Kadern der neo-nazis­tis­chen “Kam­er­ad­schaften” in Berlin. Zwis­chen­zeitlich haben Sie ihren Ausstieg aus der Nazi-Szene öffentlich bekan­nt gemacht. Wann und warum sind Sie ausgestiegen?

Der endgültige Bruch war für mich im Som­mer 2005 vol­l­zo­gen. Doch ein Ausstieg ist ein langer Weg. Die ersten Schritte meines Ausstiegs waren die Kon­tak­tab­brüche zum recht­en Lager. Das ist gar nicht so ein­fach, denn ich hat­te 13 Jahre lang immer wieder Berührungspunk­te zur recht­en Szene, davon sechs Jahre in organ­isierten recht­en Grup­pen. Wie schwierig es ist, diese Kon­tak­te abzubrechen, ver­ste­ht man nur, wenn man begreift, dass die Nazis stets darauf aus sind Men­schen voll­ständig einzunehmen, poli­tisch und sozial.

Ich habe inner­halb von ein paar Wochen sämtliche Aktiv­itäten eingestellt, das “Berlin­er Info­por­tal” abgestellt, bin aus dem MHS (Märkisch­er Heimatschutz) aus­ge­treten und habe einen Berlin-Bran­den­burg weit­en SMS Verteil­er abgemeldet. Zugle­ich habe ich auch dafür gesorgt, dass diese Pro­jek­te auch von anderen nicht weit­erge­führt wer­den können.

Ein Ausstieg ist aber mehr als nur die Loslö­sung von recht­en Struk­turen oder die öffentliche Posi­tion­ierung gegen die früheren “Kam­er­ad­schaften”. Dies sind nur Resul­tate; die eigentlichen Beweg­gründe haben sich bei mir schon lange angesammelt.

Was war Ihre Motivation?

Es gibt nicht den Haupt­grund oder das entsch­iedene Erleb­nis in meinem Leben für den Ausstieg. Da muss ich lei­der enttäuschen.
Es waren zahlre­iche Wider­sprüche, mit denen ich lange zu kämpfen hat­te, die ich irgend­wann nicht mehr ver­drän­gen konnte.

Ich propagierte die Rück­führung der Aus­län­der, in der Pro­pa­gan­da sprachen wir immer von “krim­inellen Aus­län­dern”, doch was heißt das in der Kon­se­quenz? Men­schen, die in Deutsch­land geboren sind, in Län­der zu schick­en, in denen sie kein Wort verstehen?
Gle­ichzeit­ig kämpfte ich bei den Kam­er­ad­schaften gegen staatliche Unter­drück­ung, soziale Prob­leme und für Frei­heit. Doch welche Antworten haben sich mir geboten?
Auch die Kam­er­ad­schaftsszene ist hier­ar­chisch durch­struk­turi­ert und meine per­sön­liche Frei­heit hat sehr darunter gelitten.

Natür­lich habe ich mir auch Gedanken über meine Gewalt­tat­en und das Warum gemacht, ich kon­nte es nicht mehr ver­drän­gen und es hat mich unglaublich belastet. Ich kann mir heute immer noch nicht die Frage beant­worten, wie ich anderen Men­schen so etwas antun konnte.

Auss­chlaggebend für meinen endgülti­gen Bruch waren aber sicher­lich Per­so­n­en, die sich kri­tisch mit mir auseinan­derge­set­zt haben, mir meine Denk­fehler und moralis­che Ver­ant­wor­tung aufgezeigt haben.

Ihre ehe­ma­li­gen “Kam­er­aden” bezichti­gen Sie nun des poli­tis­chen Ver­rats und beze­ich­nen Sie als “offen­bar nicht resozial­isier­baren Krim­inellen”. Haben Sie Angst vor Rachefeldzü­gen auf­grund Ihres Ausstiegs?

Auf der Ebene der geisti­gen Auseinan­der­set­zung habe ich keine Angst vor den Leuten. Die Kam­pagne gegen mich, wie sie vor allem im Inter­net gefahren wird, ist was das Intellek­tuelle und das Ide­ol­o­gis­che bet­rifft ziem­lich lächer­lich. Angst habe ich vor Gewalt.

In dieser Szene wird schnell vom “Ver­rat” gesprochen. Klar dass ich von den Neon­azis keine Gruß- und Dankes­botschaften bekomme. Die Meth­o­d­en sind stets gle­ich: Man wird zum Alko­ho­lik­er, zum Ver­sager und als unbe­deu­ten­der Men­sch abgestem­pelt. Wie son­st soll­ten Neon­azis mit Aussteigern umgehen?

Beruhi­gend ist es für mich, dass ich weiß, welche Per­so­n­en hin­ter diesen Inter­netkam­pag­nen stehen.

Seit dem Jahr 2000 bemüht­en Sie sich um die Ver­net­zung unter­schiedlich­er Neon­azi-Grup­pen im Raum Berlin-Bran­den­burg, Sie betrieben das neo­faschis­tis­che Inter­net­por­tal “Berlin­er Info­por­tal” und waren im Jahr 2003 Mit­be­grün­der der Neon­azi-Kam­er­ad­schaft “Berlin­er Alter­na­tive Südost” (BASO). Im Jahr 2004 grün­de­ten Sie zudem eine Berlin­er Unter­abteilung des “Märkischen Heimatschutzes” (MHS). Worin bestanden die Haup­tak­tiv­itäten dieser Gruppen?

Die Grün­dung der BASO war ein Prozess, der ein dreivier­tel Jahr dauerte. Zu dem Zeit­punkt war die Berlin­er Kam­er­ad­schaft­szene fast tot, eigentlich existierte als poli­tis­che Gruppe nur die Kam­er­ad­schaft Thor. Es set­zten sich einige Per­so­n­en zusam­men um ein Wider­erstarken der Freien Kam­er­ad­schaftsszene zu planen.

Da viele Mit­grün­der der BASO sich im Südosten Berlins bewegten und es ein großes recht­es Klien­tel in Trep­tow-Köpenick gab, beschlossen wir den Aktion­skreis auf diesen Stadt­teil zu beschränken.
Es war wichtig einen Namen zu wählen, der nicht sofort von den Medi­en und in der Öffentlichkeit als rechts zu erken­nen war.

So wurde bewusst ver­sucht nach außen sich das nette Image zu geben. Wir haben uns schnell auf die Jugen­dar­beit konzen­tri­ert, was dann mein­er Ein­schätzung nach erschreck­end gut funk­tion­iert hat. Ich kam mir manch­mal vor wie ein Sozialar­beit­er, der von Kinobe­suchen bis hin zu Fußball­spie­len sich mit Jugendlichen beschäftigt hat. Das Leit­mot­to der BASO war: “Ihr redet, wir handeln.”
Ander­er­seits haben wir auch damals Bürg­er­sprech­stun­den und Ver­anstal­tun­gen besucht.

Die BASO hat­te sich zum Ziel geset­zt, eine nationale Jugend­kul­tur zu schaf­fen, welche von sym­bol­is­chen Haus­be­set­zun­gen und der Erkämp­fung eines nationalen Jugendzen­trums bis hin zu tra­di­tionellen NS Ver­her­rlichun­gen wie bei den Horst-Wes­sel- und Rudolf-Hess­wochen reichte.

Das Auf­blühen der Kam­er­ad­schaftsszene hat­te begonnen. Die Zusam­me­nar­beit mit der Kam­er­ad­schaft Thor sowie aber auch mit Bran­den­burg­er Kam­er­ad­schaften wurde gepflegt. Ger­ade die Kon­tak­te zu Gor­don Rein­holz waren intensiv.

Um nicht nur eine sym­bol­is­che Zusam­me­nar­beit zwis­chen der Kam­er­ad­schaftsszene Berlin-Bran­den­burgs zu haben, kam ich auf die Idee die Sek­tion Berlin zu grün­den. Die Arbeit des MHS war offen poli­tis­ch­er und die Verbindun­gen des MHS reicht­en weit über die Gren­zen Berlin-Bran­den­burgs hin­aus. Auch steck­te ein­fach viel mehr Geld dahin­ter. Die offene hier­ar­chis­che Struk­turierung des MHS unter­schied sich schon sehr von der BASO.

Während der “MHS” noch immer existiert wurde die “BASO” im März 2005 von Berlins Innense­n­a­tor Erhart Kört­ing (SPD) ver­boten. Hat das Ver­bot über­haupt etwas bewirkt? Wer ver­birgt sich hin­ter den so genan­nten “Freien Kräften Berlin”?

Am Anfang bewirk­te das Ver­bot sicher­lich eine Verun­sicherung bei den Mit­gliedern. Ich kann mich an den ersten Tag nach der Haus­durch­suchung erin­nern, wo wir uns ganz heim­lich auf Auto­bah­n­rast­stät­ten mit dem NPD-Kad­er Thomas “Stein­er” Wulff getrof­fen haben und den Beschluss gefasst haben, gegen das Ver­bot zu kla­gen. Zum Zeit­punkt des Ver­bots war ich schon im MHS und Sek­tion­sleit­er von Berlin. Viele Mit­glieder der BASO schlossen sich der NPD-Jugen­dor­gan­i­sa­tion Jun­gen Nation­aldemokrat­en (JN) an oder wur­den in den MHS Berlin inte­gri­ert. Gle­ich­falls wurde darauf geachtet, nicht wegen ein­er Weit­er­führung der Organ­i­sa­tio­nen vorbe­straft zu werden.
Let­ztlich hat das Ver­bot keine Schwächung der Szene in Berlin bewirkt, son­dern eine Umstrukturierung.

Bei der Kam­er­ad­schaft Thor bestätigte sich teil­weise die Ver­botsver­fü­gung und man gab sich kämpferisch­er. Dies mag sicher­lich an dem sehr unter­schiedlichen Poli­tik- und Organ­i­sa­tionsver­ständ­nis der KS Thor liegen. Doch dazu werde ich in Kürze einen Artikel veröffentlichen.

Nach den Ver­boten g
ab es ein Tre­f­fen in der NPD-Parteizen­trale, da große Unsicher­heit in der Kam­er­ad­schaftsszene herrschte. Es gab die Option unter dem dach der NPD poli­tisch zu arbeit­en, was aber zum Teil auf Ablehnung stieß.
Man einigte sich darauf, neue Namen und Begriffe zu benutzen, die es dem Staatss­chutz und der Antifa schw­er­er machen sollten.
Durchge­set­zt hat sich dann die Beze­ich­nung “Freie Kräfte Berlin”, hin­ter der im Wesentlichen die Kam­er­ad­schaft Tor steckt.

Was ist konkret zu tun, um der Pro­pa­gan­da der mil­i­tan­ten “Kam­er­ad­schaften” etwas ent­ge­gen zu set­zen und ihr Wirken effek­tiv zu behindern?

Auch hier kann ich keinen Königsp­fad bieten. Zunächst Recht­sex­trem­is­mus als ern­sthaftes Prob­lem wahrnehmen und benen­nen und von Anfang klarstellen, welch­es Geistes Kind dahin­ter steckt. Es muss eine Aufk­lärung geleis­tet wer­den, die sich nicht klis­chee­hafter Bilder bedi­ent und nur effek­thascherisch berichtet.

Recht­sex­treme Über­fälle wie in Pots­dam sind keine Einzeltat­en, son­dern passieren tagtäglich. Das Opfer des recht­en Angriffs aus Pots­dam ist vielle­icht schon in zwei Tagen nicht mehr The­ma in der Presse, doch seine kör­per­lichen und seel­is­chen Wun­den wer­den nicht vergessen sein.

Wichtig ist es hier, dass bun­desweit Ini­tia­tiv­en und Vere­ine finanziert wer­den, die Opfer berat­en und sich langfristig gegen Recht­sex­trem­is­mus engagieren.

Aber es ist eben­so wichtig, dass es Aussteiger­hil­fen gibt, die sich ide­ol­o­gisch mit Aussteigern beschäfti­gen, ohne staatlichen Behör­den aus­ge­set­zt zu sein. Es wer­den pro­fes­sionelle und ser­iöse Berater benötigt, die sich mit Ausstiegswilli­gen poli­tisch und sozial beschäfti­gen, denn nicht jed­er kann das Glück haben, auf bes­timmte Per­so­n­en zu treffen.

Lassen Sie uns zum “Anfang” zurück kommen.
Wie wird ein junger Men­sch zu einem Neo-Nazi?

Ich kann hier nur für mich sprechen.

Wie jed­er Jugendlich­er war ich in einem ständi­gen Find­ung­sprozess, der zwis­chen Ander­s­sein, Pro­voka­tion und Rebel­lion schwank­te und vor allen Din­gen habe ich immer etwas Anderes, Neues gesucht. In meinem früheren Umfeld waren viele ver­schiedene Sub­kul­turen, darunter Hip-Hop­per, Sprayer, Punks und auch Alter­na­tive. Ich wollte etwas radikal Anderes darstellen. Ein­er­seits wollte ich kein Außen­seit­er sein, ander­er­seits suchte ich die Konfrontation.
Ich ver­spürte eine Fasz­i­na­tion an Gewalt, Hass auf alles Andere. So wurde für mich zunächst die Fußball­szene attrak­tiv und wichtig. Außer­dem spielte auch dort schon Kam­er­ad­schaft und dieses Wir-Gefühl eine große Rolle. Anti­semitismus und Ras­sis­mus waren in diesem Umfeld eine gängige Umgangsform.

Auch wenn es etwas klis­chee­haft klingt, aber bei mir war es auch eine Pro­voka­tion gegen meine Mut­ter und ihr soziales Umfeld. Ich wollte sie her­aus­fordern, doch diese Sachen wur­den ignori­ert und fan­den so kein Con­tra. Später habe ich mich aber bewusst immer tiefer in die rechte Szene begeben, mir Dinge angeeignet. Ich lehnte den Staat ab, hat­te Hass auf Polizei und Sicher­heit­skräfte und habe meine Antwort auf Frust und Per­spek­tivlosigkeit im Nation­al­sozial­is­mus gefunden.

Als Kind habe ich keine Ablehnung gegenüber dem Nation­al­sozial­is­mus emp­fun­den, habe nie einen kri­tis­chen Umgang gel­ernt. In mein­er Kind­heit bin ich zum grossen Teil bei meinen Großel­tern aufgewach­sen. Mein Opa war Hitler­junge und später Wehrma­chtssol­dat, war stolz darauf und lebte auch noch nach dem Ende des Drit­ten Reichs in dieser Zeit. Für mich war mein Opa eine Ori­en­tierungs­fig­ur. Ich emp­fand als Kind schon eine Fasz­i­na­tion an den Erzäh­lun­gen und ver­spürte falsche Gerechtigkeit. So sah ich beispiel­sweise den rus­sis­chen Sol­dat­en als “Bestie”, der meinem Opa zu sechs Jahre Gefan­gen­schaft zwang, ohne den wirk­lichen Grund erkan­nt zu haben.

In der Schule wollte ich dann wieder nur provozieren, habe für mich Gegen­darstel­lun­gen zum Unter­richt ver­fasst. Durch diese Entwick­lung ohne eine wirk­liche Auseinan­der­set­zung mit der ide­ol­o­gis­chen Aus­rich­tung fes­tigte sich über die Jahre hin­weg diese Ein­stel­lung. Für diese Ide­olo­gie war ich dann später bere­it zu kämpfen.

Welche Rolle spielt der Anti­semitismus, der Juden­hass, heute noch in der Ide­olo­gie der Neo-Nazis?

Der Anti­semitismus, der Hass auf alles Jüdis­che, ist natür­lich noch immer der Grundpfeil­er — auch der heuti­gen NS-Ideologie.

Auch wenn heute Diskus­sio­nen über den Holo­caust oder Gaskam­mern nicht mehr die höch­ste Pri­or­ität bei den jugendlichen Neon­azis haben, so sehen ältere Her­ren die Leug­nung des Holo­caust als “Befreiungskampf des deutschen Volkes” und nehmen sich dies als Leben­sauf­gabe an.
Eine viel wichtigere Rolle spie­len schon wieder die Ver­schwörungs­the­o­rien. So soll “der Jude” die Strip­pen in der Hand haben, was soviel bedeutet, dass “er” speziell in den USA, aber auch weltweit die Macht­po­si­tio­nen in Poli­tik und Wirtschaft beset­zt hat. 

Der “Kap­i­tal­is­mus” wird in der heuti­gen NS Bewe­gung mit “dem Juden” gle­ich­set­zt. Dies macht es den Neon­azis leichter, gegen Kap­i­tal­is­mus zu het­zten, da man Begriffe wie Antikap­i­tal­is­mus und Glob­al­isierung aufnehmen kann und let­ztlich doch klar ist, dass es gegen das “inter­na­tionale Juden­tum” geht.

Gibt es auf­grund der anti­semi­tis­chen Aus­rich­tung Berührungspunk­te oder Schnittmen­gen, mit radikalen Islamisten?

Im aktuellen Fall aus dem Iran, wo offen der Holo­caust geleugnet wird, entste­hen klare Übere­in­stim­mungen mit radikalen Islamis­ten. Offen wird dort Anti­semitismus betrieben, wonach sich beispiel­sweise deutsche Neon­azis sehnen und diese Aus­sagen wer­den pro­pa­gan­dis­tisch verwendet.
Eben­so wer­den Par­al­le­len zum “Angriff­skrieg” der USA auf mus­lim­is­che Län­der gezo­gen und der Wider­stand gegen die US-Inter­ven­tion wird fol­gerichtig als “Befreiungskampf” auch des “unter­drück­ten deutschen Volkes” verstanden.

Kön­nen Sie von prak­tis­chen Beispie­len berichten?

Es wur­den in den let­zten Jahren immer wieder Demon­stra­tio­nen mit Antikriegs­the­men ver­anstal­tet, die sich beispielshal­ber mit dem “Irak Krieg” beschäftigten. Eben­so kam es bun­desweit zu Plakatak­tio­nen, wo man sich sol­i­darisch mit Sad­dam Hus­sein zeigte.

Auch direk­te Kon­tak­te zu radikalen Islamis­ten wur­den geknüpft, so gab es Tre­f­fen mit Kon­tak­t­per­so­n­en, die über den “Wider­stand” im Irak berichteten. Auch in Berlin kam es zu Teil­nah­men an islamistis­chen Demon­stra­tio­nen, bei denen offen gegen jüdis­che Men­schen und den Staat Israel gehet­zt wurde. Nach­dem die Ver­anstal­ter durch die Polizei über die Teil­nahme von bekan­nten Neon­azis an den Demos unter­richtet wor­den waren, begrüßten einige Teil­nehmer die anwe­senden Neonazis.

Inter­view: Jörg Fischer

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Hungerstreik in Abschiebehaftanstalt Eisenhüttenstadt

Am Sam­stag den 29. April 2006 habe ich, Col­li­van Sow, geboren in
Kamerun und seit drei Jahren in der Bun­desre­pub­lik Deutschland,
einen Hunger­streik in der Abschiebe­haf­tanstalt Eisenhüttenstadt
begonnen. 

Am Vortag, Fre­itag den 28. April 2006 wurde ich in Eisenhüttenstadt
festgenom­men, verurteilt und gle­ich darauf zur Abschiebehaftanstalt
Eisen­hüt­ten­stadt gebracht. Ich war in Begleitung meiner
Recht­san­wältin zu der dor­ti­gen Vertre­tung der Bun­de­sanstalt für
Migra­tion und Flüchtlinge. Offiziell hat­te mich die Bundesanstalt
nach Oranien­burg zu einem Gespräch bestellt, um meinen zweiten
Antraf auf Asyl zu besprechen. Aber unmit­tel­bar nach diesem
Gespräch wurde ich festgenom­men, zu einem Gerichtssaal gebracht
und daraufhin zu 3 Monate Abschiebe­haft verurteilt
Offen­sichtlich waren die Aus­län­der­be­hör­den über meine
Anwe­sen­heit in Ein­sen­hüt­ten­stadt informiert, und sie hat­ten die
Polizei verständigt.

Der Schritt, mit einem Hunger­streik zu begin­nen, habe ich nach
reich­lich­er Über­legung in Folge mein­er Fes­t­nahme in Oranienburg
aus fol­gen­den Grün­den beschlossen: 

Die von den Aus­län­der­be­hör­den in Oranien­burg gegen mich
angelegte Verschwörung:

Obwohl die Aus­län­der­be­hör­den in Oranien­burg mir –
schriftlich — die Ver­sicherung gegeben hat­ten, dass sie es nicht
tun wer­den, haben sie ver­trauliche Doku­mente über mich an die
Botschaft von Kamerun in Bonn weit­ergeleit­et. Es han­delt sich
um ver­trauliche Doku­mente über meine Mit­glied­schaft in der
SCYL, ein­er von der kamerunis­chen Regierung verfolgten
Partei. Die SCYL set­zt sich für die Unab­hängigkeit von
Süd­west­kameruns und das Ende der bluti­gen Unterdrückung
und Verfolgung. 

Die Ver­weigerung der Aus­län­der­be­hör­den, mir meinen
Ausweis zurück­zugeben, obwohl sie nach meinem zweiten
Antrag dazu verpflichtet waren. Sie haben absichtlich versucht,
meinem Aufen­thalt jed­wede geset­zliche Grund­la­gen zu
entbehren. 

2) Der vom Bun­de­samt für Migra­tion und
Flüchtlinge begangene
Vertrauensbruch

Obwohl das Bun­de­samt für Migra­tion und Flüchtlinge
verpflichtet ist, mir Schutz zu gewähren, haben sie den
Aus­län­der­be­hör­den über meine Anwe­sen­heit in
Ein­sen­hüt­ten­stadt informiert.
Aus den oben genan­nten Grün­den fordere ich:

meine sofor­tige Freilas­sung aus der Abschiebehaft

die Aus­län­der­be­hör­den in Oranien­burg auf, meinen
Aufen­thalt zu regeln. 

die Aus­län­der­be­hör­den dazu auf, mich für die Verletzung
mein­er Grun­drechte und für die Tat­sache um Entschuldigung
zu bit­ten, dass sie ver­sucht haben, mich in die Ille­gal­ität zu
vertreiben 

das Bun­de­samt für Migra­tion und Flüchtlinge dazu auf, sich
für die Ver­let­zung ihrer Schutzpflicht mich um
Entschuldigung zu bitten. 

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Tatverdächtiger zur Haftprüfung

Im Fall des Angriffs auf einen Deutsch-Äthiopi­er in Pots­dam wird ein­er der bei­den Tatverdächti­gen am Don­ner­stag erneut dem Ermit­tlungsrichter des Bun­des­gericht­shofs (BGH) in Karl­sruhe vorgeführt.

Der Richter entschei­det darüber, ob der Haft­be­fehl gegen den 29-jähri­gen Björn L. aus der Gemeinde Bergholz-Rehbrücke bei Pots­dam aufrechter­hal­ten bleibt. Gen­er­al­bun­de­san­walt Kay Nehm ermit­telt gegen Björn L. sowie gegen den zweit­en Beschuldigten Thomas M. wegen ver­sucht­en Mordes.

Nehm hat­te die Ermit­tlun­gen an sich gezo­gen, weil er von einem frem­den­feindlichem Hin­ter­grund der Tat aus­ging. Der 30 Jahre alte Thomas M. aus Pots­dam wird am 10. Mai wieder vor dem Haftrichter in Karl­sruhe erscheinen.

Der gebür­tige Äthiopi­er Ermyas M. war am Oster­son­ntag in Pots­dam niedergeschla­gen wor­den und hat­te schwere Schädel-Hirn-Ver­let­zun­gen erlit­ten. Der 37-jährige Fam­i­lien­vater mit deutschem Pass ist inzwis­chen wieder ansprech­bar und wurde am Mittwoch zur Reha­bil­i­ta­tion in ein Berlin­er Unfal­lkranken­haus verlegt.

Die bei­den Tatverdächti­gen waren am 20. April festgenom­men wor­den. Der Ermit­tlungsrichter des BGH hat­te am 21. April Haft­be­fehle gegen sie wegen des Ver­dachts des ver­sucht­en Mordes erlassen. Bis­lang haben bei­de die Tat bestrit­ten. Ermit­tler bekräftigten laut Zeitungs­bericht­en, das Opfer habe den Stre­it selb­st begonnen.

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Rechte Schmierereien an Wand

In Rheins­berg, Am Sta­dion, wur­den auf die Giebel­wand eines Wohn­blocks rechte Schmier­ereien (Hak­enkreuze, Runen) aufge­tra­gen. Die ver­bote­nen Sym­bole wur­den jew­eils mit rot­er Farbe aufge­tra­gen. Die Besei­t­i­gung der Schmier­ereien wur­den ver­an­lasst. Die Rheins­berg­er Krim­i­nalpolizei ermittelt.

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Nazi-Zeitung lobt CDU-Innenminister

Ex-Direk­tor des Amts­gericht­es Eisen­hüt­ten­stadt äußert sich in DVU-Blatt zu Über­fall in Potsdam

(ND, 2. Mai 06, Peter Nowak) Die Auseinan­der­set­zung um den Über­fall auf einen Afrikan­er in Pots­dam wird
auch in recht­en Kreisen aus­führlich disku­tiert. Dabei bekom­men manche
Union­spoli­tik­er wohl nicht ger­ade willkommene Bun­desgenossen. „Schäu­ble und
Schön­bohm hat­ten Recht“, titelte die neon­azis­tis­che Deutsche Nationalzeitung
(DNZ) des DVU-Vor­sitzen­den Ger­hard Frey. Das Blatt vertei­digt die beiden
CDU-Poli­tik­er, weil sie den ras­sis­tis­chen Charak­ter des Potsdamer
Über­falls bis heute vehe­ment bestreiten. 

Die DNZ hat dafür einen weit­eren promi­nen­ten Kro­nzeu­gen aufgetrieben, der
ihr sog­ar ein langes Inter­view gibt: Es han­delt sich um den ehemaligen
Vor­sitzen­den des Bran­den­burg­er Landgerichts Wern­er Rup­pert. Er war von
1991 bis 2003 Direk­tor des Amts­gerichts Eisen­hüt­ten­stadt und dort unter
anderem für die Ver­fahrung gegen die Bewohn­er der Zen­tralen Anlauf­stelle für
Asyl­be­wer­ber zuständig. Rup­perts Prozess­führung wurde immer wieder von
Flüchtlingsini­tia­tiv­en und anti­ras­sis­tis­chen Grup­pen heftig kritisiert. 

Als „Schnell­richter von Eisen­hüt­ten­stadt“ wurde er wegen sein­er vielen
Verurteilun­gen von Asyl­be­wer­bern tit­uliert. 1999 wurde Rup­pert vom
Bran­den­burg­er Flüchtlingsrat sym­bol­isch ein Denkzettel verliehen.
Als Begrün­dung wur­den seine „öffentlichen, klar vorurteilsgeprägten
Äußerun­gen“ genannt.
“Ich halte von Mul­ti-Kul­ti über­haupt nichts, ich bin näm­lich der Mei­n­ung, es
gibt Kul­turen, und in dem Moment, wo man diese Kul­turen ver­mis­cht, ist das
genau­so, als wür­den Sie ver­schiedene edle Wein­sorten ver­mis­chen. Was da
rauskommt, das weiß jed­er,” wurde Rup­pert von Bran­den­burg­er Flüchtlingsrat
zitiert. 

In seinem Inter­view mit in der DNZ beze­ich­net Rup­pert die öffentlichen
Diskus­sio­nen nach dem Über­fall in Pots­dam als „völ­lig unangemessen. Da
passt nur ein Wort: Hys­terie.“ Er spricht von ein­er Instrumentalisierung
durch die Medi­en, um Kri­tik an der Mul­ti-Kul­ti-Gesellschaft zu verhindern. 

Die Über­fälle auf Flüchtlinge sieht der ehe­ma­lige Richter als „teil­weise von
Medi­en bewusst provoziert. Pres­se­leute heizten die Eisenhüttenstädter
Jugendlichen in der Kneipe an, heuerten Pro­voka­teure an, ließen Alkohol
aus­geben.“ Wenn es doch Angriffe gab, waren die Opfer nach Mei­n­ung von
Rup­pert zumin­d­est in Eisen­hüt­ten­stadt sel­ber Schuld. „Hier hat meines
Eracht­ens die im Ver­hält­nis zur Bevölkerungs­größe hohe Asyl­be­wer­berzahl und
das Ver­hal­ten viel­er Asyl­be­wer­ber eine wesentliche Rolle für
aus­län­der­feindliche Straftat­en gespielt.“
Auf seinen Ruf als Schnell­richter von Eisen­hüt­ten­stadt ist der Richter a.d.
noch heute stolz. „Schon ab 1992 haben wir in Eisen­hüt­ten­stadt übri­gens auf
beschle­u­nigte Ver­fahren geset­zt – mit durch­schla­gen­dem Erfolg. Die Täter
standen meist schon am näch­sten Tag vor dem Richter.

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Erste revolutionäre 1.Mai-Demo in Potsdam”

Es begann auf der etwa 250–300 Men­schen starken traditionellen
Gew­erkschfts­de­mo, wo sich 50–60 Leute hin­ter einem grü­nen Trans­par­ent mit
Wild­cat und dem Schriftzug: “FRANZÖSISCH LERNEN – Nieder mit der
Lohnar­beit – Kap­i­tal­is­mus abschaf­fen.”, ver­sam­m­m­melt hatten.
Der schwarz-rote Block (der mit der schwarzroten Regierung nichts – mit
den schwarzroten Fah­nen der anar­chis­tis­chen Gew­erkschafts­be­we­gung viel zu
tun hat) lief am Ende der Demo, war aber zeitweise bena­he so laut wie der
Spiel­mannszug der vorneweg vor sich hin­trom­melte. Die Mit­glieder der
großen Zen­tral­gew­erkschaften die im hin­teren Teil des Demozuges liefen,
kon­nten sich Parolen wie „Alles für alle und zwar umson­st“, “Stress, kaum
Geld und keine Zeit -. Das ist freie Lohnar­beit“ anhören; was sie teils
irri­tiert, teils fre­undlich auf­nah­men. Ungewöhn­lich müssen sie es auch
gefun­den haben, da sie den ersten linksradikalen Block auf ein­er Potsdamer
1. Mai – Demo gese­hen haben, der jemals existierte.

Nach ein paar hun­dert Metern der sehr kurzen Demor­oute, wedelte plötzlich
eine schwarzrote Fahne aus einem leer­ste­hen­den Haus in der
Char­lot­ten­straße — beim näherkom­men kon­nte man auch Trans­par­ente und
ver­mummte Gestal­ten ent­deck­en… Die lei­der nur sym­bol­is­che Hausbesetzung
löste großen Jubel und lautes skandieren von Haus­be­set­zer­slo­gans aus, die
in der ehe­ma­li­gen Beset­zerIn­nen­hochburg Pots­dam dur­chaus noch geläufig
sind. Vom Rest der offiziellen Demor­oute zum Luisen­platz ist nichts
wichtiges zu sagen, sodaß der Gedanke aufkam, ein­fach weiterzulaufen…
Gesagt getan!: Statt lange Reden gut­bezahlter Funk­tionäre zu hören und
dabei Würstchen zu kauen und Bier zu trinken, ver­sucht­en die schwarz/roten
Demon­stran­tInnen zaghaft mit dem „Franzö­sisch ler­nen“ zu begin­nen und
bogen unangemelde­ter­weise in den „Broad­way“, die zen­trale Potsdamer
Flanier­meile ein. Die damit ent­standene erste rev­o­lu­tionäre erste Mai Demo
in Pots­dam lief unge­hin­dert ein ganzes Stückchen.(die meis­ten Potsdamer
Bullen sind nach Berlin abkom­m­mandiert) Dabei wur­den noch diverse Flugis
von uns und anderen linken Grup­pen aus Pots­dam unter´s staunende Volk
gebracht und fröh­lich weit­er Parolen gerufen…, schließlich löste sich
die Demo in der Nähe der Scheinbe­set­zung auf.

Bilanz:

Fes­t­nah­men: keine

Auf­se­hen: rel­a­tiv groß

Teil­nehmerzahl: dafür das ja noch die scheiß Nazi­aufmärsche ver/behindert
wer­den müssen und es ein erster Ver­such war recht gut
Stim­mung: ein biss­chen mehr Pow­er täte nicht schlecht, aber nun haben wir
ja bis zum näch­sten Jahr noch viel Zeit ” franzö­sisch zu lernen ”

Alles in allem ganz gelungen.

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Völlig vernebelt


Die Meth­ode, mit welch­er der ras­sis­tis­che Angriff auf Ermyas M. zerre­det wird, ist nicht neu, aber wirkungsvoll.

Klare Ver­hält­nisse herrschen derzeit nur in Bay­ern. Worum han­delt es sich, wenn drei weiße Deutsche zwei Män­ner mit dun­kler Haut angreifen? Wenn sie rufen: »Ver­piss dich, Scheiß-Neger« und auf dem Kopf des einen eine Bier­flasche zertrüm­mern? Wenn danach in ihren Woh­nun­gen CDs mit Neon­azi-Musik sichergestellt wer­den? Die Münch­n­er Polizei, die am ver­gan­genen Don­ner­stag um 0.30 Uhr am Haupt­bahn­hof mit diesem Fall kon­fron­tiert wurde, hat ihre Vok­a­beln gel­ernt. Ein frem­den­feindlich­er Vor­fall sei es gewe­sen, teilte sie dem Bay­erischen Rund­funk und der Öffentlichkeit mit. Das Wort »ras­sis­tisch« gebraucht man zwar auch dort nicht so gern, aber immerhin.

Weit­er im Nor­den, in Pots­dam, ist man nicht so sim­pel gestrickt. Worum han­delt es sich, wenn zwei Deutsche einen Mann mit dun­kler Haut ins Koma prügeln? Wenn sie rufen: »Scheiß-Nig­ger« und der eine die Frage des anderen (»Soll’n wir dich weg­pusten?«) unmissver­ständlich mit den Worten beant­wortet: »Ich denke schon«? Wenn danach im Auto eines der bei­den CDs mit rechter Musik gefun­den wer­den? Eine Antwort auf diese Frage, das weiß man im aufgek­lärten Nor­den, ist nicht so ein­fach und hängt von vie­len Fak­toren ab. War das Opfer vielle­icht betrunk­en? Wird ein­er der Täter vielle­icht »Führer« oder wenig­stens »Adolf« genan­nt? Let­ztlich wird man auch prüfen müssen, ob Ermyas M. nicht nur simuliert. Denn wer will schon seine Hand dafür ins Feuer leg­en, dass die Faustschläge ihn wirk­lich trafen und die Ver­let­zun­gen nicht nur geschickt vor­getäuscht waren?

Für das Resul­tat des Zerre­dens eines offen­sichtlich ras­sis­tis­chen Angriffs zu einem unlös­baren Rät­sel hat die Frank­furter All­ge­meine Zeitung das tre­f­fend­ste Wort gefun­den. »Gerücht­enebel« hänge über dem Pots­damer Fall, schrieb das Blatt in der ver­gan­genen Woche. Tat­säch­lich trübten stets neue, nicht belegte Behaup­tun­gen die zunächst recht klare öffentliche Wahrnehmung der Fak­ten, bis die Presse titeln kon­nte: »Fall Pots­dam immer dubioser«.

Intellek­tuelle Qual­itäten waren bei der Nebel­w­er­fer­ei nicht gefragt. So ließen anonyme Ermit­tler ver­laut­en, ein­er der Täter gehöre doch nicht der recht­sex­tremen Szene an, als ob das der Beschimp­fung »Scheiß-Nig­ger« ihren ras­sis­tis­chen Charak­ter nähme. Schließlich hieß es, Ermyas M. habe die Täter »provoziert«. Bei allen begrün­de­ten Zweifeln an dieser Behaup­tung – selb­st von Pots­dam mit sein­er mil­i­taris­tis­chen Tra­di­tion war bish­er nicht bekan­nt, dass unter der dor­ti­gen männlichen Bevölkerung jede Pro­voka­tion damit geah­n­det wird, dass auf den, der sie äußert, eingeschla­gen wird.

Die Verblö­dungsstrate­gie, welche die deutsche Jour­naille skru­pel­los mit­macht, ist erprobt. Exem­plar­isch ging sie nach dem Bran­dan­schlag auf die Flüchtling­sun­terkun­ft in der Lübeck­er Hafen­straße auf, bei dem am 18. Jan­u­ar 1996 zehn Men­schen ums Leben kamen. Vier Recht­sex­treme, die in der Brand­nacht mit versen­gten Haaren und Augen­brauen in der Nähe des Haus­es in eine Polizeikon­trolle geri­eten, gal­ten als drin­gend tatverdächtig – bis die Ermit­tlungs­be­hör­den nach weni­gen Tagen den ange­blichen Brand­s­tifter präsen­tierten: Safwan Eid, einen der 38 Haus­be­wohn­er, die bei dem Anschlag ver­let­zt wor­den waren. Bis zu seinem zweit­en Freis­pruch vor Gericht im Novem­ber 1999, länger als dreiein­halb Jahre, stand er unter Ver­dacht, der Täter zu sein. Der »Gerücht­enebel«, der damals die Anklage ermöglichte, set­zte sich von Anfang an aus wider­sin­ni­gen Behaup­tun­gen zusam­men. Er führte jedoch let­ztlich dazu, dass die Mörder von damals bis heute frei herumlaufen.

Dies­mal waren es zwei alt­bekan­nte Hard­lin­er, welche die Vernebelung der klaren Fak­ten ein­leit­eten: der bran­den­bur­gis­che Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm und Bun­desin­nen­min­is­ter Wolf­gang Schäu­ble (Jun­gle World, 17/06). Zu dumm, dass die SPD und die Grü­nen aus­gerech­net die Pots­damer Gewalt­tat umge­hend genutzt hat­ten, um wieder einen kleinen »Auf­s­tand der Anständi­gen« zu proben. Beson­ders ärg­er­lich war aber, dass der Gen­er­al­bun­de­san­walt die Ermit­tlun­gen an sich zog, somit ein ide­ol­o­gis­ches Motiv für den Angriff nahe legte und dessen über­re­gionale Bedeu­tung unter­strich. So drängte sich zwis­chen­zeitlich der Ein­druck auf, es stün­den sich unter­schiedliche Strate­gien im Wege, mit denen wenige Wochen vor der Fußball­welt­meis­ter­schaft der Ruf der Repub­lik gerettet wer­den sollte.

In der Union regte sich jeden­falls nur schwach­er Protest gegen Schäubles Inschutz­nahme der recht­en Szene (»Es wer­den auch blonde, blau­äugige Men­schen Opfer von Gewalt­tat­en«). Der Innen­min­is­ter erhielt Unter­stützung von promi­nen­ten Christ­demokrat­en und von der CDU-Frak­­tion im Pots­damer Stad­trat. Sie ver­weigerte die Unter­schrift unter einen Brief, in dem die Par­la­ments­frak­tio­nen der Fam­i­lie von Ermyas M. ihr Mit­ge­fühl aussprachen. Die Begrün­dung dafür lautete: In dem Schreiben sei von Ras­sis­mus die Rede, der aber nicht belegt sei.

Die prak­tizierte Vernebelungsstrate­gie ist umso empören­der, als die Gefahr für Men­schen mit dun­kler Haut in Deutsch­land kon­tinuier­lich wächst. Sog­ar nach ein­er Sta­tis­tik des Bun­deskrim­i­nalamts nahm die Anzahl gewalt­bere­it­er rechter Skin­heads sowie ander­er unor­gan­isiert­er gewalt­bere­it­er Recht­sex­tremer im ver­gan­genen Jahr um vier Prozent auf 10 400 zu.

Doch wer will schon wis­sen, ob Ras­sis­mus eine Rolle spielt, wenn ein Schwarz­er zu Schaden kommt? Schließlich ist auch ein gewalt­bere­it­er Rechter manch­mal ein­fach nur schlecht gelaunt und schlägt los, wenn man ihn stört. So wie in Wis­mar in der ver­gan­genen Woche. Dort fragte ein dunkel­häutiger Mann drei Deutsche nach dem Weg zum Bahn­hof. Wom­öglich hat­te er ein­fach nur ihr Ruhebedürf­nis gestört? Wie auch immer – sie prügel­ten ihn kranken­haus­reif. Als Recht­sex­treme seien sie nicht bekan­nt, kon­nte der Innen­min­is­ter Meck­len­burg-Vor­pom­merns, Got­tfried Timm (SPD), schon bald die Medi­en beruhi­gen. Er wusste auch, dass das Opfer hinge­gen bere­its mit der Polizei in Kon­flikt ger­at­en war. Vielle­icht wird sich noch her­ausstellen, dass die Täter Dunkel­häutige lieben und nur in Notwehr han­del­ten. So schnelle Schlüsse wie in München zieht man im Nor­den eben nicht.

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Willkommene Zwischenrufe

Die sich wei­t­ende Kluft zwis­chen Großver­di­enern und sozialen Absteigern haben Arbeit­nehmervertreter bei der tra­di­tionellen Kundge­bung zum Tag der Arbeit angeprangert. “Armut ist die Kehr­seite von unver­schämtem Reich­tum”, sagte Gew­erkschafter Klaus-Dieter Ket­tler, IG-Met­all-Funk­tionär bei ZF, vor den etwa 300 Zuhör­ern, die sich bei strahlen­dem Son­nen­schein mit Kind und Kegel auf dem Marien­berg einge­fun­den hatten.

Gemäß dem bun­desweit­en Mot­to “Deine Würde ist unser Maß” gab Ket­tler zu bedenken, dass Arbeit angemessen ent­lohnt wer­den müsse. Die geplante Ein­führung von Kom­bilöh­nen sei, so der Gew­erkschafts­funk­tionär, dafür kein All­heilmit­tel. Einen solchen Aus­gle­ich gebe es fak­tisch bere­its. So ver­di­en­ten viele Men­schen mit ihrer Arbeit der­art wenig, dass sie unter dem Exis­tenzmin­i­mum lägen und zusät­zlich Leis­tun­gen nach Hartz IV beantra­gen müssten. “Arbeit für gerecht­en Lohn. Ein Euro ist ein glat­ter Hohn”, skandierten laut­stark die Mit­glieder der Bran­den­burg­er Mon­tags­demon­stra­tio­nen, für die ein­mal in der Woche Tag der Arbeit ist. Ket­tler bedankt sich für ihren Beitrag und fordert: “Arbeits­mark­t­poli­tik muss mit den Men­schen gemacht wer­den.” Dem stimmt Jür­gen Rein­hardt vor­be­halt­los zu: “Hartz IV ist total unsozial.” Der ehe­ma­lige Inge­nieur für Maschi­nen­bau und Elek­trotech­nik ist seit neun Jahren arbeit­s­los. Zurzeit ist er als Ein-Euro-Job­ber im Ostal­giemu­se­um beschäftigt. Er gehört nicht zu den 30 bis 50 unver­drosse­nen Mon­tags­demon­stran­ten in der Stadt und hat konkrete Vorstel­lun­gen, wie sich die Dinge zum besseren wen­den ließen: Die Banken soll­ten Geschäfts­grün­der mit län­gerem Atem fördern und ihnen nicht gle­ich den Geld­hahn zudrehen, wenn die Grün­der nach dem ersten Jahr finanziell noch etwas schwächeln.

Für Annette Engel­fried, die für den DGB die diesjährige Maifeier organ­isiert hat, liegt der Schlüs­sel zur Verbesserung der Lage auf dem Arbeits­markt auch in der Ansied­lungspoli­tik der Stadt. Dazu zählt für die Gew­erkschaftssekretärin, dass Arbeit in der Havel­stadt angemessen ent­lohnt wer­den müsse, damit hoch qual­i­fizierte junge Men­schen nicht den besseren Löh­nen im West­en der Repub­lik hin­ter­her zögen.

“Gemein­sam Flagge zu zeigen am ersten Mai”, ist für Götz Det­ka wichtig. Der erste Mai sei unverzicht­bar und dürfe auf gar keinen Fall abgeschafft wer­den, wie auch dieses Jahr wieder von Unternehmer­seite gefordert wurde, meint er. Peter Huth find­et es toll, dass dieser Tag nicht vergessen wird. Die Steigerung der Pro­duk­tiv­ität, die man durch die Abschaf­fung dieses Feuertages zu gewin­nen glaube, werde zudem völ­lig über­schätzt, ist sich dieser Gew­erkschafter sicher.

Eine Frau reckt ein Schild in die Höhe, worauf zu lesen ste­ht: “Hartz IV — Demü­ti­gung für Arbeit Suchende — Frei­heit­sentzug — Sklaverei”.

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Warnung vor Extremismus

POTSDAM Nach Ein­schätzung von Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) gibt es im Land weit­er­hin zu viele recht­sex­trem­istis­che Straftat­en. Die Zahl sei nach wie vor auf einem sehr hohen Niveau, antwortete der CDU-Poli­tik­er auf eine par­la­men­tarische Anfrage. Im ver­gan­genen Jahr seien 1294 der­ar­tige Delik­te reg­istri­ert wor­den. Darunter waren 97 Gewalt­straftat­en. Bei den son­sti­gen Straftat­en han­dle es sich zumeist um Pro­pa­gan­dade­lik­te. Dazu gehörten 915 Fälle des Ver­wen­dens von Kennze­ichen ver­fas­sungs­feindlich­er Organ­i­sa­tio­nen, betonte Schönbohm.

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Platzeck unterstützt Potsdamer Fest

POTSDAM Vor dem Hin­ter­grund des Über­falls auf den Deutsch-Äthiopi­er Ermyas M. vom Oster­son­ntag find­et am 14. Mai ein inter­na­tionales Fest gegen Frem­den­feindlichkeit in Pots­dam statt. Bran­den­burgs Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck unter­stützt das Fest unter der Schirmherrschaft von Bun­de­saußen­min­is­ter Frank-Wal­ter Stein­meier und Pots­dams Ober­bürg­er­meis­ter Jann Jakobs (alle SPD) mit 6000 Euro aus Lot­tomit­teln, teilte die Staatskan­zlei am Son­ntag mit. Das Fest unter dem Mot­to “Spie­lend ver­ste­hen” am Bass­in­platz und im Hol­ländis­chen Vier­tel soll für Ver­ständi­gung und Tol­er­anz wer­ben. Organ­isiert wird es von der “Ini­tia­tive Tol­er­anz — Für Ver­ständi­gung und gegen Gewalt”.

Inforiot