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Opfer von Neonazi freigesprochen

Wer sich wehrt, lebt verkehrt, jeden­falls wenn es nach den Pots­damer Ermit­tlungs­be­hör­den geht. Im Mai 2005 wur­den der Berlin­er Autor und Über­set­zer Den­nis Mil­hol­land und zwei sein­er Fre­unde in Pots­dam ange­grif­f­en. Mil­hol­land, obwohl krank und fast blind, set­zte sich zur Wehr und biß einem der Angreifer in den Fin­ger. Am Don­ner­stag stand er wegen schw­er­er Kör­per­ver­let­zung vor dem Amts­gericht Potsdam.

Die drei Berlin­er aßen auf dem Rück­weg von ein­er Kabarettver­anstal­tung in der Straßen­bahn einen Imbiß. »Die Knoblauch­fress­er fressen Türken­scheiße«, schallte es ihnen von Jugendlichen ent­ge­gen. Es fol­gten »Sieg-Heil«-Rufe und ras­sis­tis­che Beschimp­fun­gen: »Hey Nig­ger, ich ficke euch, bis Gehirn spritzt.« Ein­er der Jugendlichen, Oliv­er K., fol­gte den Berlin­ern in die S‑Bahn und begann, auf Mil­hol­land und einen Begleit­er einzuschla­gen. Mil­hol­land fiel zu Boden, rap­pelte sich wieder auf. Oliv­er K. drück­te seinen Dau­men auf Mil­hol­lands Kehlkopf und den Zeigefin­ger in seinen Mund. In Tode­sangst biß Mil­hol­land zu. Dann erk­lärte er dem Angreifer, daß er AIDS habe.

Was danach passierte, ist nicht untyp­isch: Oliv­er K. ran­nte zur Polizei und gab sich selb­st als Opfer aus.

Die Polizei schick­te den Schläger ins Kranken­haus. Mil­hol­land dage­gen mußte auf der Wache warten, obwohl er am Kopf ver­let­zt war: »Ich durfte vor mich hin­bluten«. Zwar wurde K. ver­gan­ge­nes Jahr zu 50 Tagessätzen verurteilt, das Ver­fahren gegen Mil­hol­land aber lief weit­er. Er habe, so die Staat­san­waltschaft, durch den Biß das Leben des Angreifers gefährdet. Beson­ders pikant an der Anklage: Mil­hol­land ist nicht nur schwul, AIDS-krank und behin­dert, son­dern auch noch jüdis­ch­er Abstam­mung – das »per­fek­te Naziopfer« also, das ver­fol­gt wird, weil es sich gewehrt hat.

Im Prozeß am gestri­gen Don­ner­stag ging dann alles schnell. Oliv­er K. kon­nte den ange­blichen Angriff auf ihn nicht konkret schildern und machte auf Rich­terin Heep keinen glaub­haften Ein­druck. Mil­hol­land wurde freige­sprochen. Selb­st wenn er bewußt zuge­bis­sen hätte, »wäre das gerecht­fer­tigt gewe­sen, weil es in Notwehr geschah«, so die Richterin.

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Gedenken am Tag der Befreiung von Auschwitz in Potsdam

Am Sonnabend dem 27. Jan­u­ar 2007 – dem Tag der Befreiung von Auschwitz – ver­anstal­tet das Linke Bünd­nis Pots­dam, eben­so wie in den ver­gan­genen Jahren, eine Gedenkver­anstal­tung für die Opfer des Faschis­mus. Mit Worten und Blu­men soll an das
Geschehene erin­nert und den Opfern gedacht werden. 

Im ver­gan­genen Jahr sind die Nazis in Pots­dam nicht marschiert, das mag als Erfolg gew­ertet wer­den, doch wäre es ein Fehler jet­zt die Augen vor dem Prob­lem der Akzep­tanz von recht­sex­tremem Gedankengut in der Mitte der Gesellschaft zu schließen.

Denn noch immer wer­den Ander­s­denk­ende oder aus ras­sis­tis­chen Grün­den Men­schen (nicht nur) in Pots­dam ver­fol­gt, mis­shan­delt oder sog­ar auch getötet. Diesem Han­deln müssen
immer wieder deut­liche Sig­nale ent­ge­genge­set­zt wer­den und zwar nicht nur als Reak­tion, son­dern kon­tinuier­lich, um so eine dauer­hafte Sen­si­bil­isierung in der Gesellschaft zu schaffen. 

Auch in diesem Sinne wollen wir den Tag der Befreiung von Auschwitz auf­fassen und an die his­torischen Ereignisse anknüpfend dazu auf­fordern, die Augen zu öff­nen und zu
handeln. 

Wir rufen dazu auf, um 17.00 Uhr am Mah­n­mal für die Opfer des Faschis­mus auf dem Platz der Ein­heit, daran teilzunehmen. 

Linkes Bünd­nis Potsdam

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NPD-Anhänger bei der Kripo?

Ver­fahren gegen Beamten des Lan­deskrim­i­nalamtes wegen Beteili­gung an Neon­azi­auf­marsch im bran­den­bur­gis­chen Seelow. Pots­damer Innen­min­is­teri­um wiegelt ab

Das Lan­deskrim­i­nalamt (LKA) Bran­den­burg hat gegen einen sein­er Mitar­beit­er ein Diszi­pli­narver­fahren wegen möglich­er Kon­tak­te zur recht­en Szene ein­geleit­et. Es beste­he der Ver­dacht, daß der Beamte am 18. Novem­ber an einem vom Ham­burg­er Neon­azi Chris­t­ian Worch organ­isierten Auf­marsch in Seelow teilgenom­men habe, sagte LKA-Sprecherin Bär­bel Cotte-Weiß am Dien­stag in Eber­swalde laut einem Bericht der Nachricht­e­na­gen­tur ddp. Das förm­liche Ermit­tlungsver­fahren sei bere­its am 8. Jan­u­ar eröffnet wor­den. Sie bestätigte damit einen Bericht von Spiegel online, demzu­folge zwei Staatss­chützer den Beamten bei der Ver­anstal­tung gese­hen haben wollen.

Der Mann wurde vor­läu­fig von seinen Auf­gaben im Bere­ich »Organ­isierte Krim­i­nal­ität« freigestellt und mit »Dien­st­geschäften außer­halb des LKA« betraut, wie die Sprecherin des Innen­min­is­teri­ums, Dorothée Stacke, in Pots­dam gegenüber ddp erk­lärte. Diese Entschei­dung sei auch zum Schutz des Mitar­beit­ers getrof­fen worden.

»In sein­er Behörde, wo er im Bere­ich ›Organ­isierte Krim­i­nal­ität‹ arbeit­et, tritt er laut Aus­sage von anderen Beamten offen als NPD-Anhänger auf«, hat­te Spiegel online am Mon­tag geschrieben. Die Sprecherin des Innen­min­is­teri­ums wollte diese Darstel­lung gestern gegenüber ddp »so nicht bestätigen«.

Das Innen­min­is­teri­um hat­te den Angaben zufolge erst Anfang der Woche nach dem Spiegel-Bericht von den Vor­wür­fen gegen den Beamten erfahren und daraufhin »mit sofor­tiger Wirkung« beschlossen, ihn mit anderen Auf­gaben zu betrauen. Stacke räumte ein, daß es zwis­chen LKA und Innen­min­is­teri­um eine Infor­ma­tion­spanne gegeben habe. »Der Vor­fall hätte laut Erlaßlage durch das LKA dem Innen­min­is­teri­um unverzüglich mit­geteilt wer­den müssen. Dies ist unterblieben«, sagte sie dem Oranien­burg­er Gen­er­alanzeiger. LKA-Sprecherin Cotte-Weiß wollte sich zu dem Vor­wurf nicht äußern.

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Nazi-Opfer vor Gericht

(ND, 24.107, Ralf Fis­ch­er) Am 27. Mai 2005 sind Sie in ein­er Pots­damer Straßen­bahn von drei jun­gen Män­nern attack­iert wor­den. Wie kam es dazu?

Mil­hol­land: Ich war mit Fre­un­den auf dem Heimweg nach Berlin. Bevor wir zum Straßen­bahn gin­gen, holten wir uns in ein­er Döner­bude etwas zu essen. In der Straßen­bahn wur­den wir dann von den drei Män­nern ange­gan­gen, weil wir in ihren Augen »Türken­scheiße« gegessen haben. Ich murmelte etwas von Neon­azis, woraufhin als Antwort prompt ein »Sieg Heil« zurückkam.

Waren sie allein in der Bahn?

Nein, die Straßen­bahn war propen­voll. Die braven Pots­damer Bürg­er saßen erstar­rt da und woll­ten nichts hören und sehen. Als wir dann ausstiegen, fol­gten uns die Recht­en, und im Haupt­bahn­hof ging die Grölerei erst richtig los. Urplöt­zlich schlug ein­er zu. Ich habe mich eingemis­cht. Im Zuge eines Schlagab­tausches bekam ich von links einen hefti­gen Hieb, den ich nicht kom­men sah, weil ich auf dem linken Auge blind bin, und ein­er der Recht­en ver­suchte, mit seinem Dau­men meinen Kehlkopf zuzu­drück­en. In Notwehr habe ich ihn dann gebis­sen. Auf die Frage, ob ich blind sei, habe ich mit »Ja« geant­wortet und oben­drein erwäh­nt, dass ich AIDS habe. Daraufhin suchte der Schläger das Weite. Einige Minuten später war der Bun­des­gren­zschutz da.

Und nahm Sie mit Latex­hand­schuhen in Empfang …

Ja, während der Täter von zwei Notärzten umsorgt wurde, bekam ich keine medi­zinis­che Hil­fe. Wir wur­den als Täter behan­delt, und nicht als die Ange­grif­f­e­nen. Ich musste noch über eine Stunde auf der Polizei­wache ver­har­ren. Eine Anzeige wegen ver­sucht­en Totschlags, die ich auf der Wache aufnehmen ließ, ver­schwand – wie ich später erfuhr – auf dem Weg zur Staatsanwaltschaft.

Am Don­ner­stag wird nun vor dem Pots­damer Amts­gericht gegen Sie ver­han­delt. Obwohl der Angreifer zwis­chen­zeitlich wegen Kör­per­ver­let­zung und Belei­di­gung verurteilt wurde, hält die Staat­san­waltschaft am Prozess wegen gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung gegen Sie fest. Kön­nen Sie sich das erklären?

Nein. Die Jus­tiz sagt mit dieser Klage aus, es sei in Ord­nung, alte, kranke Men­schen zu über­fall­en. Die Gren­zschützer haben sich benom­men, als hätte ich den Ebo­la-Virus. Offen­sichtlich sehen die deutsche Jus­tiz und die Strafver­fol­gungs­be­hör­den einen Virus als Waffe an. Dem­nach bin ich eine wan­del­nde Biowaffe.

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Transgener Mais in Brandenburg

Das „Aktions­bünd­nis für eine gen­tech­nikfreie Land­wirtschaft in Berlin
und Bran­den­burg“ warnt vor der Aus­bre­itung der Gen­tech­nik in der
Landwirtschaft 

Wie jedes Jahr zur Grü­nen Woche geniesst die ein­heimis­che Land- und
Ernährungswirtschaft zur Zeit ein erhöht­es Inter­esse in der
Öffentlichkeit. Dabei geht es immer wieder um die Frage, welche
Entwick­lun­gen im ländlichen Raum stat­tfind­en und stat­tfind­en sollen, um
diesen „zukun­fts­fähig“ zu gestalten. 

In Bran­den­burg stellt sich dabei unweiger­lich auch die Frage, ob und
wie sich der Anbau gen­tech­nisch verän­dert­er (gv) Pflanzen in der
Land­wirtschaft weit­er entwick­eln wird. Im ver­gan­genen Jahr war
Bran­den­burg mit gut 400 Hek­tar kom­merziell ange­bautem so genannten
Bt-Mais trau­riger Spitzen­re­it­er des Anbaus von GVO in Deutsch­land. Auch
für die Anbau­sai­son 2007 gibt es bere­its wieder Anmel­dun­gen im
öffentlichen Stan­dortreg­is­ter. Bish­er sind für 2007 ins­ge­samt 395
Hek­tar an 11 Stan­dorten in Bran­den­burg zu verze­ich­nen. Neben dem
genan­nten Bt-Mais, der mith­il­fe eines Bak­te­rien-Gens gegen den Fraß des
Maiszünslers unempfind­lich gemacht wurde, sollen nun auch versuchsweise
eine Mais­sorte mit ein­er Resistenz gegen Unkrautver­nich­tungsmit­tel und
im Stärkestof­fwech­sel verän­derte trans­gene Kartof­feln auf die Felder
gebracht wer­den. Das Aktions­bünd­nis für eine gentechnikfreie
Land­wirtschaft in Berlin und Bran­den­burg (aglbb) stellt sich eindeutig
gegen diese Entwick­lung. Christof Pot­thof vom Gen-ethis­chen Netzwerk:
“Der Anbau von gen­tech­nisch verän­derten Organ­is­men ist nach wie vor mit
unkalkulier­baren Risiken für Men­sch und Umwelt ver­bun­den. So kann das
Bak­te­ri­en­tox­in auch noch Monate nach dem Bt-Mais-Anbau in den
Acker­bö­den nachgewiesen wer­den.” Wiebke Deeken von Natur­land fügt
hinzu: “Ein nach­barschaftlich­es Nebeneinan­der Gen­tech­nik einsetzender
und gen­tech­nikfreier Land­wirtschaft ist nicht möglich, da
Verun­reini­gun­gen auf Dauer nicht zu ver­hin­dern sind. Die Freisetzung
gen­tech­nisch verän­dert­er Ack­erkul­turen ist somit eine Bedro­hung für die
gesamte gen­tech­nikfreie Land- und Lebensmittelwirtschaft.” 

Anlässlich ein­er Podi­ums­diskus­sion auf der Inter­na­tionalen Grü­nen Woche
in Berlin am ver­gan­genen Fre­itag beze­ich­nete Brandenburgs
Land­wirtschaftsmin­is­ter Diet­mar Woid­ke den bish­eri­gen Gen­mais-Anbau in
Bran­den­burg als “Stör­fak­tor für die Entwick­lung Bran­den­burgs”. Dem
kön­nen wir uns nur anschließen.

Das Aktions­bünd­nis für eine gen­tech­nikfreie Land­wirtschaft in Berlin
und Bran­den­burg ruft alle BesitzerIn­nen land­wirtschaftlich­er Flächen
und inter­essierten Bürg­erIn­nen auf, sich vor Ort gegen den geplanten
Gen-Anbau im Jahr 2007 zu engagieren und bietet Hil­festel­lung dabei an.
Desweit­eren lädt das Bünd­nis alle Inter­essierten zur Jahre­ta­gung am
3.2.07 von 10–17.30 Uhr im Haus der Natur in Pots­dam ein.(etwa 370
Wörter)

Nähere Infor­ma­tio­nen unter: www.gentechnikfreis-brandenburg.de

Das Aktions­bünd­nis für eine gen­tech­nikfreie Land­wirtschaft in Berlin
und Bran­den­burg set­zt sich für den Erhalt der gentechnikfreien
Land­wirtschaft ein. Im Aktions­bünd­nis haben sich über 40 Organisationen
und Unternehmen zusam­mengeschlossen. Es unter­stützt Bäuerin­nen und
Bauern bei der Grün­dung gen­tech­nikfreier Regionen.

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Nur kein Opfer sein

(http://www.j‑zeit.de/archiv/artikel.82.htmlJüdische Zeitung, Moritz Rein­ing­haus) Mit der Pressemit­teilung ist er nicht so richtig glück­lich. Denn in der in kämpferischem Ton ver­fassten Schrift wurde er gle­ich mehrfach als «Opfer» beze­ich­net. Und ein Opfer möchte Den­nis Mil­hol­land als aller­let­ztes sein. Auch nicht jenes Über­falls, der ihn nun vor Gericht brin­gen wird. Am 25. Jan­u­ar wird die Ver­hand­lung vor dem Amts­gericht Pots­dam gegen ihn eröffnet. Wegen Kör­per­ver­let­zung. Wie es dazu kam, ist schnell erzählt. Das Ganze dauerte ja nur rund 15 Minuten und ist, im Grunde, wie Den­nis Mil­hol­land heute sagt, eine Lap­palie. Am 27. Mai 2005 hat­te er mit zwei Fre­un­den eine kul­turelle Ver­anstal­tung in der bran­den­bur­gis­chen Lan­deshaupt­stadt besucht. Auf dem Heimweg nach Berlin holten sie sich an ein­er Döner­bude noch was zu essen. In der Straßen­bahn woll­ten sie dann die Speisen verzehren, wur­den jedoch schon bald von drei jun­gen Män­nern angepö­belt. Mit Sprüchen wie «die Knoblauch­fress­er fressen Türken­scheiße». Nein, als Neon­azis oder Skin­heads seien sie nicht ein­deutig zu erken­nen gewe­sen. «Sieg Heil» riefen sie den­noch. Beim Aussteigen am Pots­damer Haupt­bahn­hof wurde ein­er sein­er Fre­unde dann von einem der Täter, Oliv­er K., mit dem Oberkör­p­er angerem­pelt und als «Nig­ger» beschimpft, und Oliv­er K. rief: «Du bist so hässlich, ich haue Dir aufs Maul» oder: «Ich ficke Euch bis Hirn spritzt». Außer­dem fie­len schwu­len­feindliche Äußerun­gen. Den­nis Mil­hol­land spricht mit englis­chem Akzent und ist kör­per­lich behindert.

Mil­hol­land und seine Begleit­er woll­ten dann am Pots­damer Haupt­bahn­hof in die S‑Bahn steigen. Auf dem Weg zu den Gleisen wur­den sie weit­er­hin ver­fol­gt und beschimpft. Sie haben auf Englisch geant­wortet, in der Hoff­nung, dass die Besitzer der noch geöffneten Läden von einem Über­griff auf Touris­ten aus­ge­hen. Doch die Rech­nung sollte nicht aufge­hen, nie­mand ergriff Partei für sie, kein­er rief die Polizei. In die S‑Bahn fol­gte ihnen nur ein­er der Jugendlichen. «Fast noch ein Kind» nen­nt Mil­hol­land Oliv­er K., der zur Tatzeit erst 24 Jahre alt ist. Er ist nun allein, für Mil­hol­land, der lange an der Freien Uni­ver­sität Berlin in der Sucht­präven­tion gear­beit­et hat, ein Indiz dafür, dass hier Dro­gen im Spiel waren. «Solche Leute sind für gewöhn­lich mehr als schüchtern, wenn sie nicht in der Gruppe sind».

Erneut wurde nun ein­er der Begleit­er Mil­hol­lands belei­digt und geschla­gen. Als Den­nis Mil­hol­land den Angreifer am Arm fes­thielt, um ihn von weit­eren Schlä­gen gegen den Fre­und abzuhal­ten, schlug K. ihn unver­mit­telt und hart ins Gesicht. Da Den­nis Mil­hol­land auf einem Auge blind, auf dem anderen stark sehbe­hin­dert ist, hat­te er den Schlag nicht kom­men sehen. Sein Ohr begann zu bluten. Dann stieß K. den heute 57-jähri­gen Mil­hol­land zu Boden, trat auf ihn ein. Doch Den­nis Mil­hol­land schaffte es, wieder aufzuste­hen. K. stand Mil­hol­land nun gegenüber, sah ihn wütend an und fragte ihn, ob er blind sei. Als Den­nis Mil­hol­land dies bestätigte, griff K. sein Opfer erneut an. Dann steckt K. Mil­hol­land den Zeigefin­ger in den Mund, um ihm mit dem Dau­men die Kehle durchzu­drück­en. Da hat er zuge­bis­sen. Es sieht also alles nach einem klaren Fall von Notwehr aus, doch die Staat­san­waltschaft in Pots­dam sieht das anders, denn Den­nis Mil­hol­land ist HIV-positiv.

Fast zwei Jahre nach dem Über­fall sitzt Den­nis Mil­hol­land in sein­er Woh­nung in Berlin Friedrichshain und erzählt die Geschichte so, als hätte er sie eigentlich schon längst vergessen, lägen da nicht die Vor­ladun­gen des Pots­damer Amts­gerichts auf dem Tisch. Denn als endlich die Beamten der Bun­de­spolizei ein­trafen, war die Sache noch nicht been­det. Weil der Gebis­sene aus dem Fin­ger blutete, informierte ihn Mil­hol­land nach eige­nen Angaben über seine Krankheit — damit K. sich vor­sor­glich in ärztliche Behand­lung begeben kon­nte. Die Staat­san­waltschaft dahinge­gen inter­pretiert dies als «Psy­choter­ror»: Er habe den Angreifer in Panik ver­set­zen wollen. Wie auch immer, der Gebis­sene war, offen­sichtlich in Aufre­gung, zu den Beamten gelaufen und hat­te diese über den Vor­fall unter­richtet. Diese seien dann, so erzählt Mil­hol­land, mit Gum­mi­hand­schuhen und zuerst ein­mal duzend mit ihm und seinen Begleit­ern umge­sprun­gen. Dass inzwis­chen das medi­zinis­che Gutacht­en, das ihm bestätigt, dass er der­jenige ist, der bei ein­er Infek­tion in Lebens­ge­fahr schwebt, gegen ihn ver­wandt wird, ist für ihn schlichtweg grotesk. Auch, dass er und die mit ihm über­fal­l­enen zuerst ein­mal in Polizeige­wahrsam genom­men wur­den, während der inzwis­chen recht­skräftig verurteilte K. mit Blaulicht und Mar­tin­shorn ins städtis­che Klinikum gebracht wurde. Mil­hol­land, der nach der Attacke aus dem Ohr blutete, durfte dahinge­gen noch nicht ein­mal die Papier­taschen­tüch­er in die Müll­tonne wer­fen. Irgend­wann erbarmte sich ein Beamter und er kon­nte die bluti­gen Tüch­er in seinem Gum­mi­hand­schuh entsor­gen. Der wurde dann in der Klinik fachgerecht beseit­igt. Aus all dem spricht für Mil­hol­land vor allem eins: Unken­nt­nis über HIV. Immer­hin seien ihm nur drei Fälle weltweit bekan­nt, in denen durch Bisse das Virus über­tra­gen wurde. In allen dreien sei jedoch der Gebis­sene infiziert gewesen.

Wenig ver­ständlich ist auch der Umstand, dass sich noch nicht ein­mal K.s Verurteilung auf das Ver­fahren gegen Mil­hol­land auswirk­te. Auch seine Anzeige wegen ver­sucht­en Totschlags wurde nicht in die Anklage gegen K. aufgenom­men, seine Anzeige wegen Strafvere­itlung im Amt gegen den zuerst zuständi­gen Staat­san­walt eben­so. Auch das Ver­fahren gegen die Bun­de­spolizei wegen unter­lassen­er Hil­feleis­tung wurde eingestellt. Stattdessen wirft ihm die Pots­damer Staat­san­waltschaft vor, «eine andere Per­son mit­tels ein­er das Leben gefährde­ten Behand­lung kör­per­lich mis­shan­delt oder an der Gesund­heit geschädigt zu haben». Ihm dro­hen bis zu zwei Jahre Haft.

Auch wenn Den­nis Mil­hol­land sich der Etikette «Jude» ver­wehrt, betont er, dass seine Reak­tion auf den Über­griff ohne die Geschichte sein­er Fam­i­lie kaum zu ver­ste­hen ist. Noch für ihn, als nach dem Zweit­en Weltkrieg Gebore­nen war die Trau­ma­tisierung durch die Juden­ver­fol­gung spür­bar. Etwa bei seinem Vater, der in Irland geboren wor­den war. Die Fam­i­lie hat­te sich im 17. Jahrhun­dert in Haifa ange­siedelt und von dort aus Han­del nach Hol­land betrieben, daher stammt der Fam­i­li­en­name. Dieser sollte sich später, als sich die Vor­fahren dann in Irland nieder­ließen, als nüt­zlich erweisen. Da es auf der Insel den Namen Mul­hol­land gibt, fiel die jüdis­che Abstam­mung nicht sofort auf. Doch Schwierigkeit­en gab es den­noch, waren doch einige Ahnen Mil­hol­lands in der irischen Rev­o­lu­tion engagiert. Studieren kon­nte sein Vater obwohl er an ein­er jüdis­chen Schule das Abitur gemacht hat­te, trotz­dem nicht. In Irland, weil er Jude war, in Eng­land nicht, da er aus Irland kam. Also ging er nach Berlin, studierte an der Friedrich-Wil­helm-Uni­ver­sität. Bis er 1938 das Land ver­lassen musste. Inzwis­chen hat­te er auch seine Frau ken­nen gel­ernt, eine Jüdin aus Alge­rien. Die Eltern flo­hen dann nach Por­tu­gal, da die Fam­i­lie der Mut­ter Kon­tak­te hier­her hat­te. Von hier aus gelangten sie in die USA.

«Ich bin Sepharde», sagt der 1949 in Kansas City, USA, geborene Den­nis Mil­hol­land. Sein zweit­er Vor­name Patrick ist, eben­so wie sein erster, Pro­voka­tion und Schutz zugle­ich: Den­nis, der katholis­che Schutz­pa­tron der Fran­zosen, Patrick jen­er der Iren. Auf­grund sein­er sephardis­chen Abstam­mung sei er bei den Juden Berlins auf schwieriges Gebi­et gestoßen, als er in den 70er Jahren nach Berlin kam, um an der Freien Uni­ver­sität Jura zu studieren. So erin­nert er sich mit Grausen an den «großen Vor­sitzen­den» Heinz Galins
ki. Das war nicht seine Welt. Hans Rosen­thal oder Estron­go Nachama, der leg­endäre Kan­tor, sind ihm da schon in besser­er Erin­nerung geblieben. «Meine Güte, hat der eine Stimme gehabt», erin­nert sich Mil­hol­land. Einen Licht­blick nen­nt Mil­hol­land den in Griechen­land gebore­nen Nachama. Damals, als er nach Deutsch­land kam, war «Jude» nach wie vor ein Schimpf­wort. Schon damals wurde die ver­heerende Geschichte der Juden in Deutsch­land für ihn spür­bar, auch wenn er die Phase, in der er selb­st ein wenig «angekoschert» gelebt habe, bald hin­ter sich gelassen und seine Meno­ra ver­schenkt hat. Das war vor rund 20 Jahren. Inzwis­chen find­et er in fer­nöstlichen Tra­di­tio­nen spir­ituelle Anre­gung. «Da geht es weniger verknif­f­en zu als bei unser Mis­ch­poche» begrün­det er diesen Wechsel.

Er arbeit­ete damals in der amerikanis­chen Botschaft in Ost-Berlin als Dol­metsch­er. Die hat­ten ihn nur genom­men, weil er vorher für kurze Zeit im Viet­namkrieg gewe­sen war. Auch in der Zeit als in der er zwis­chen Osten und West­en pen­delte hat er viel erlebt, wie er beim Studi­um sein­er Stasi-Akten habe fest­stellen müssen. Auch sein dama­liger Fre­und arbeit­ete für den ost­deutschen Geheim­di­enst. «Die woll­ten eigentlich nur wis­sen, ob ich schwul bin» ver­mutet er heute. Wenn sie ihn gefragt hät­ten, hätte er es ihnen gesagt.

Anfang der 90er Jahre war er dann tot. «Ich bin damals gestor­ben», sagt er. Nur weil damals die neuen Medika­mente gegen HIV auf den Markt kamen, gelang ihm der Schritt zurück ins Leben. Es wird deut­lich, warum Den­nis Mil­hol­land angesichts der halb­starken Angreifer höch­stens kurzfristig die Kon­trolle verliert.

Dann ist er in das Heimat­land seines Vaters gegan­gen und hat dort in Sachen AIDS-Präven­tion gear­beit­et — keine leichte Auf­gabe in einem Land, in dem so gut wie nicht über Sex­u­al­ität gesprochen wird, gle­ichgeschlechtliche Liebe nach wie vor tabuisiert wurde. Fasziniert hat ihn die jüdis­che Gemein­schaft in Dublin den­noch. Was früher ein­mal «Lit­tle Jerusalem» genan­nt wurde, beherbergt heute nur noch rund 400 Juden, die ehe­ma­lige Haupt­sy­n­a­goge wurde inzwis­chen zur Moschee umfunk­tion­iert. Es fasziniert ihn, wenn sich Gren­zen auflösen.

«Ich glaube nicht, dass die „Mein Kampf” gele­sen haben», sagt Mil­hol­land über die jugendlichen Angreifer aus Pots­dam und eröffnet zugle­ich einen größeren Rah­men: «Ich halte solche Vor­fälle für ein soziales Prob­lem» lautet die nüchterne Analyse Mil­hol­lands, der inzwis­chen als freier Über­set­zer und Ghost­writer seinen Leben­sun­ter­halt bestre­it­et und der in Vor­fällen wie jen­em im Pots­damer Haupt­bahn­hof noch immer die Nach­we­hen des «Drit­ten Reichs» spüren kann. «Es wäre begrüßenswert, wenn die Deutschen endlich zur Nor­mal­ität überge­hen würden». 

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Endlich die richtigen Schlüsse ziehen…

Nun ist es wieder soweit: Nach mehrjähriger Absti­nenz demon­stri­ert die NPD wieder ein­mal in Frank­furt (Oder) und besucht die selb­ster­nan­nte Kleist­stadt am Gren­zfluss mit ihrem nationalen Straßen­zug. Monate zuvor ent­deck­ten die “aufrichti­gen Demokrat­en” durch die anti­semi­tis­che Gedenkstein­schän­dung am 9. Novem­ber die braune Gefahr. Allen voran schwadroniert nun der Ober­bürg­er­meis­ter der Stadt, Mar­tin Patzelt (CDU), mit Blick auf den 27.1. lau­thals von Blockaden.

Mit­tler­weile kön­nen wir aber nichts mehr vom „Stadt­vater“ erwarten. Allein im Jahr 2006 hat ihn wed­er der Fre­itod eines Hartz‑4 Empfängers, die Ermor­dung eines Obdachlosen, noch der Fen­ster­sprung mit darauf fol­gen­der Quer­schnittsläh­mung eines Migranten geschockt. Eine öffentliche Diskus­sion über die Ursachen hat nie stattgefunden.

Auch mit den Prob­le­men des Recht­sex­trem­is­mus wur­den die Opfer alleine gelassen. Nazi­ak­tiv­itäten in der Stadt wur­den ver­harm­lost oder tot­geschwiegen. Die Reor­gan­i­sa­tion der NPD sowie die Formierung recht­sex­trem­istis­ch­er Ultras rund um den Fußbal­lvere­in FFC Vik­to­ria Frank­furt (Oder) wurde zu keinem Zeit­punkt ernst genommen.

Stattdessen wur­den Antifaschist_innen zu jed­er erden­klichen Möglichkeit krim­i­nal­isiert und mit Repres­sio­nen über­zo­gen. Eine alter­na­tive Jugend­szene wurde in ihren Anfän­gen erstickt. Beispiele dafür gibt es viele: Die Haus­be­set­zung der „Vil­la Rosa“ im Jahr 2005 wurde mit SEK-Ein­satz been­det, in der radikalen Linken wurde ein Spitzel instal­liert und gegen Antifas wird zur Eröff­nung eines Ver­fahrens zur Bil­dung ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung ermit­telt. Erst kür­zlich wurde durch die veröf­fentlichte Doku­men­ta­tion eines Anwer­bev­er­suchs durch den Ver­fas­sungss­chutz deut­lich, was Vater Staat vom antifaschis­tis­chen Engage­ment wirk­lich hält.

Seit der Schän­dung des Syn­a­gogenge­denksteines im Stadtzen­trum zeigen sich die Lokalpolitiker_innen geschockt über die anti­semi­tis­chen Kräfte in der Stadt. Schnell wurde über Konzepte und Möglichkeit­en gere­det, die den „Ewiggestri­gen“ ein Ende set­zten sollen. Auch die Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen ste­ht dabei zur Debatte.

Zudem war es offen­sichtlich, dass z.B. der Ober­bürg­er­meis­ter das Prob­lem nicht beim Recht­sex­trem­is­mus an sich sah, son­dern viel mehr bei dem bun­desweit­en Imagev­er­lust und den damit ent­stande­nen Schaden am Wirtschafts­stan­dort Frank­furt (Oder). Solange aber nicht der Anti­semitismus mehr zu bekla­gen ist, als irgendwelche Wirtschaftss­chä­den, sind die Reden des OB für eine demokratis­che und tol­er­ante Gesellschaft nur als pure Heuchelei zu beze­ich­nen. Es ist der Ver­such, aus Scheiße Gold zu machen – mehr nicht.

Worin liegt unser Prob­lem? Die Stad­to­beren scheinen bei ihrem Gerede für Demokratie und Tol­er­anz zu vergessen, dass die Ursachen für den Recht­sex­trem­is­mus tief in der Gesellschaft ver­ankert sind: 45% der in Bran­den­burg leben­den Men­schen denken, dass es hier zu viele Ausländer_innen gebe. Para­dox­er­weise liegt die Immigrant_innenquote in Bran­den­burg nur knapp über 2%.
Zugle­ich erliegt ein Großteil der Deutschen einem nationalem Super­hype: 30% ver­lan­gen ein hartes Durch­greifen gegenüber dem Aus­land, um deutsche Inter­essen durchzuset­zen. Über 28% sehen das ober­ste Ziel deutsch­er Poli­tik darin, der BRD inter­na­tion­al die Macht und Gel­tung zu ver­schaf­fen, die ihr zuste­ht. Auch wenn sich knapp 15% der Deutschen von Natur aus anderen Völk­ern über­legen fühlen, denken mehr als 38% der deutschen Bevölkerung, dass man doch endlich mehr Mut zu einem starken Nation­al­ge­fühl haben sollte. Da über­rascht es wenig, dass mehr als 10% der Deutschen auch gute Seit­en im Nation­al­sozial­is­mus sehen kön­nen. Bei stark­er Arbeit­slosigkeit seien doch bitteschön die Ausländer_innen wieder in ihre Heimat zu deportieren, darin sind sich 35% der deutschen Staatsbürger_innen einig.* Soviel also zu Sätzen wie: „Aus der Geschichte wurde gel­ernt, blabla…“

Auch die CDU, der Mar­tin Patzelt als Frank­furter OB ange­hört, provoziert durch Leitkul­tur­de­bat­ten und Patri­o­tismuskam­pag­nen und ist so mitver­ant­wortlich für ras­sis­tis­che Ten­den­zen in der Mitte der Gesellschaft. Durch sie wurde das Recht auf Asyl prak­tisch abgeschafft. Islam­o­phobe Gesin­nun­gen sind durch die Debat­te um den Türkei-Beitritt erkennbar gewor­den: Ein Land mit islamis­ch­er Reli­gion sei nicht mit der abendländis­chen, christlichen Kul­tur vere­in­bar und gehöre deshalb nicht in die EU, habe deshalb also auch kein Anspruch auf den €päis­chen Lebens­stan­dart. Auf das Brück­en bauen zwis­chen zwei Kul­turen wird verzichtet und somit auch auf die Chance, einen Dia­log mit der ara­bis­chen Welt eröff­nen zu können.

Auch Anti­semitismus ist der CDU nicht fremd: Nor­bert Blüm, ehe­ma­liger Arbeitsmin­is­ter, spricht von einem „hem­mungslosen Ver­nich­tungskrieg“ Israels und set­zt damit deutsche Kriegsver­brechen mit dem Recht auf Selb­stvertei­di­gung — für die Exis­tenz — des jüdis­chen Staates gle­ich. So wird deutsche Geschichte rel­a­tiviert, gle­ichge­set­zt und ver­harm­lost. Deutsch­land sei damals nicht anders gewe­sen, wie andere Län­der, beson­ders Israel, also das Land der dama­li­gen Opfer, heute.

Nun find­et am 27.1.2007 der Lan­desparteitag der CDU in Frank­furt (Oder) statt. Dies ist zugle­ich der Anlass für die NPD eine Demon­stra­tion vor Ort durchzuführen. Natür­lich ver­sucht sie durch die Anlehnung an den CDU Parteitag ihr anti­semi­tis­ches Anliegen zu ver­schleiern, um so ein möglich­es Ver­bot des Auf­marsches zu umge­hen. Doch es ste­ht nicht außer Frage, dass das Datum, der 27.1.07, für die NPD sym­bol­is­chen Wert hat und damit der eigentliche Grund der Demon­stra­tion ist. Es ist der Befreiungstag des Konzen­tra­tionslagers Auschwitz, welch­es Sinnbild für den Ver­nich­tungskrieg der Deutschen ist. Es ist der Ort, an dem die Deutschen ohne Gewis­sens­bisse ihr bes­tialis­ches Werk, die Endlö­sung der Juden­frage, zu real­isieren dro­ht­en. Dort richteten sie auf unvorstell­bar­er Weise u.a. sechs Mil­lio­nen unschuldige Jüdin­nen und Juden hin, egal ob Frau, Mann, egal ob jung oder alt. Aber nicht nur sie wur­den dort ver­gast, auch Kommunist_innen, Homo­sex­uelle, Sin­ti und Roma, die pol­nis­che Intel­li­genz sowie christliche Gegner_innen des Regimes vie­len dort dem Größen- und Ver­nich­tungswahn des nation­al­sozial­is­tis­chen Deutsch­lands zum Opfer.

Mit­tler­weile ist der 27.1. zum inter­na­tionalen Gedenk­tag für die Opfer des Nation­al­sozial­is­mus gewor­den. Die NPD wird indes bei der Demon­stra­tion in Frank­furt (Oder) ein­mal mehr ver­suchen, die Ver­brechen für ihre Poli­tik umzudeuten. Damit wer­den die Opfer ver­höh­nt und verspot­tet. Zudem wird es die NPD als einen Erfolg ver­buchen, wenn es gelingt, eben an diesem Tag über­haupt demon­stri­eren zu dürfen.

Auf der anderen Seite erscheint es frag­würdig, warum die Lan­des-CDU sich genau diesen Tag aus­sucht, um ihr zukün­ftiges Pro­gramm und diverse Per­son­al­fra­gen zu disku­tieren. Sie selb­st beschreibt sich als christ­demokratisch, doch wür­den wirk­liche Demokrat_innen den Tag nutzen, um den Opfern angemessen zu gedenken, statt partei­in­terne Machtkämpfe auszu­tra­gen. Dass dabei sog­ar die tra­di­tionelle Gedenkver­anstal­tung für die Auschwitzbe­freiung umziehen muss, weil eben genau die CDU an diesem Ort, dem Kleist­fo­rum, ihren Parteitag abhal­ten will, ist eine weit­ere zu kri­tisierende Tatsache.

Wir fordern dich deshalb auf, den Kampf für ein selb­st­bes­timmtes Leben hier in Frank­furt (Oder) und ander­swo zu unter­stützen. Versperre der NPD den Weg, um ihre Demon­stra­tion so zum Scheit­ern zu brin­gen. Der NPD den Weg zu block­ieren muss aber auch heißen, kon­se­quent die deutschen Ver­hält­nisse anzu­greifen, um den seit Jahrzehn­ten aufk­om­menden Nation­al­is­mus zu stop­pen, die Emanzi­pa­tion des Men­schen zu ermöglichen und aus der deutschen Schuld die richt
igen Schlüsse zu ziehen. Sechs Mil­lio­nen Juden sind wir das schuldig.

Also: seid keine Deutschen, seid Men­schen! Kom­mu­nis­mus statt Volkstümelei!

ISKRA Frank­furt (Oder) — www.iskra-ffo.de

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Zwischen Olympia und Nirwana

Die aufge­flo­ge­nen VS-Spitzel im Berlin­er Sozial­fo­rum, eben­so wie der jüngst bekan­nt gewor­dene Anwer­bev­er­such in Frank­furt (Oder) zeigen: Die Schlap­phüte der Lan­desämter und des Bun­de­samtes bere­it­en sich auch ihrer­seits auf den bevorste­hen­den G8-Gipfel in Heili­gen­damm vor. Um die Arbeitsweise des VS bei Infor­man­te­nan­wer­bun­gen genauer ken­nen zu ler­nen, ließ man sich zum Schein in der Oder­gren­zs­tadt auf das “Spiel” ein. Seit Som­mer 2006 ver­suchte der Ver­fas­sungss­chutz eine Per­son aus der linken Szene der Stadt für Infor­man­ten­di­en­ste anzuwer­ben. Neben Infor­ma­tio­nen über die lokale Antifa-Szene und deren Verbindun­gen inter­essierten den VS vor allem die Mobil­isierung gegen den G8-Gipfel in Heili­gen­damm. Veröf­fentlicht hat diesen Bericht die Soli­gruppe Frank­furt (Oder). Sie hat sich im Herb­st 2005 gegrün­det, um aktiv und wirk­sam auf das Bedro­hungsszenario eines möglichen §129-Ver­fahrens gegen lokale AntifaschistIn­nen reagieren zu kön­nen. Mehr Infos: www.soligruppe-frankfurt.de

Seit Som­mer 2006 ver­sucht­en Agen­ten des Ver­fas­sungss­chutzes (VS) in Frank­furt (Oder) eine Per­son aus der linken Szene für Infor­man­ten­di­en­ste anzuwer­ben. Infor­ma­tio­nen soll­ten nicht nur über die Autonome Antifa Frank­furt (Oder) und ihre Verbindun­gen in andere Städte gesam­melt wer­den. Auch das dissent!-Netzwerk sollte auss­pi­oniert wer­den, das die G8-Gipfel­proteste mit vor­bere­it­et. Die Per­son wurde aufge­fordert, an Vor­bere­itungstr­e­f­fen des dissent!-Netzwerkes teilzunehmen und sich in Mail­verteil­er einzuschreiben. Ihr Ein­satz sollte sich dabei nicht auf die Region Bran­den­burg beschränken. Die Teil­nahme an Ver­anstal­tun­gen in anderen Bun­deslän­dern war aus­drück­lich vorge­se­hen. Als Gegen­leis­tung wink­ten bis zu 500 Euro monatlich.

Im Fol­gen­den wird der über knapp sechs Monate laufend­en Anwer­bev­er­such detail­liert chro­nol­o­gisch doku­men­tiert. Damit soll nicht nur der sich anfangs als Jour­nal­ist aus­gebende VS-Beamte, der sich offen­sichtlich auch in anderen Städten Bran­den­burgs wie Bernau und Pots­dam vorstellte, aus der Anonymität geholt wer­den, auch soll ver­sucht wer­den, einen Ein­blick in die Arbeitsweise des VS bei Infor­man­te­nan­wer­bun­gen zu geben.

Der rel­a­tiv lange Zeitraum von knapp sechs Monat­en, über den der Kon­takt zu den VS-Beamten bestand, mag zunächst ver­wun­dern, ist es doch emp­fohlen und rat­sam, Anwer­bev­er­suche sofort öffentlich zu machen und damit erfol­g­los zu been­den. Die Entschei­dung, zunächst Inter­esse an ein­er Mitar­beit zu bekun­den und dadurch einen län­geren Kon­takt einzuge­hen, wurde bewusst in Abstim­mung mehrerer Per­so­n­en getrof­fen und hat seine Ursache in den derzeit­i­gen Repres­sio­nen gegen die radikale Linke in Frank­furt (Oder). Vom Tag der ersten Begeg­nung an bis zum Tag dieser Veröf­fentlichung war jedes zwis­chen der Per­son und dem VS gewech­selte Wort trans­par­ent. Jedes Tre­f­fen wurde inten­siv vor- und nach­bere­it­et sowie doku­men­tiert. Der Kon­takt wurde an dem Punkt abge­brochen, an dem das erste Mal Infor­ma­tio­nen an den VS gelangt wären, über die er bis dato noch nicht ver­fügt hatte.

23. Juni 2006: Die erste Kon­tak­tauf­nahme durch den VS. Der junge Aktivist, der vom VS für eine mögliche Zusam­me­nar­beit aus­gewählt wurde, wird an einem Fre­ita­gnach­mit­tag auf offen­er Straße in der Nähe seines Arbeit­splatzes ange­sprochen. Offen­bar haben die Beamten auf seinen Heimweg gewartet. Ein sich als Jour­nal­ist aus­geben­der Mann stellt sich als Björn Klopp­stock aus Berlin vor. Er wolle mit dem Aktivis­ten ein Inter­view machen. The­ma soll die ökonomis­che Glob­al­isierung sein.

Auf die Frage des Aktivis­ten, woher Klopp­stock ihn kenne und warum er ger­ade mit ihm ein Inter­view führen wolle, antwortet Klopp­stock, ein Bekan­nter aus Berlin hätte ihm von ihm erzählt. Klopp­stock möchte gern die Mobil­tele­fon­num­mer oder E‑Mail-Adresse des jun­gen Aktivis­ten haben, um mit ihm in Kon­takt treten zu kön­nen. Er ver­weigert das allerd­ings. Stattdessen lässt er sich die E‑Mail-Adresse des ver­meintlichen Jour­nal­is­ten geben. Sie lautet der_tempelritter@web.de. Der Aktivist sagt, er würde sich melden, falls sein­er­seits Inter­esse an einem Inter­view bestünde. Die bei­den ver­ab­schieden sich.

30. August 2006: Das erste Tre­f­fen. Nach intern­er Rück­sprache mit Fre­un­den schickt der junge Aktivist eine E‑Mail an Klopp­stock. Darin bekun­det er sein Inter­esse an einem Tre­f­fen. Bere­its einige Tage danach meldet sich Björn Klopp­stock per Mail bei dem jun­gen Aktivis­ten und schlägt vor, sich zu einem Gespräch am 30. August um 18.30 Uhr zu tre­f­fen. Tre­ff­punkt: der Ein­gang des Kleist-Muse­ums in der Faber­straße 7. Ein innen­stadt­na­her Ort in Odernähe, der jedoch kaum fre­quen­tiert und sehr ruhig gele­gen ist.

Kaum fre­quen­tiert­er, ruhig gele­gen­er Treffpunkt

Bere­its 20 Minuten vor der vere­in­barten Zeit taucht min­destens ein Mann Mitte 30 mit ins Gesicht gezo­gen­er Kapuze auf, der nun bis 18.30 Uhr die umliegen­den Straßen abläuft und dabei sorgfältig die Umge­bung mustert. Als der Aktivist ein­trifft, greift er zum Mobil­tele­fon und tele­foniert. Keine fünf Minuten später erscheint Klopp­stock zu Fuß. Nach fre­undlich­er Begrüßung fragt er, ob sie sich zu einem griechis­chen Restau­rant begeben wollen, das er ger­ade gese­hen habe. Zu Fuß geht es in das nahe gele­gene Restau­rant “Olympia” in der Großen Schar­rn­straße 60.

Klopp­stock erzählt zunächst von einem Urlaub in Island, von Schaf­sköpfen und Hákarl (Grön­land­hai) als regionale Delikatesse und erkundigt sich nach dem Urlaub des Aktivis­ten. Die Gespräch­sat­mo­sphäre ist sehr lock­er, es wird viel gelacht. Der VS-Mann zeigt sich an dem schulis­chen Werde­gang des Aktivis­ten inter­essiert. Auf die Frage des Aktivis­ten, was er gemacht hätte, erzählt Klopp­stock von seinem Abitur auf dem zweit­en Bil­dungsweg. Er hätte in der DDR die Poly­tech­nis­che Ober­schule besucht, dann kurz eine Lehre gemacht und schließlich auf dem zweit­en Bil­dungsweg Abitur. Danach hätte er Ver­wal­tungswis­senschaften studiert, eine Mis­chung aus Poli­tik, BWL und Jura, wie er meint. Zwis­chen­zeitlich wird bestellt. Klopp­stock wählt einen Bauern­teller. Dazu ein Wass­er mit Sprudel und eine Tasse Kaffee.

Nun wolle er noch mal sein Ansin­nen als Jour­nal­ist erläutern, hob der VS´ler an. Grund­sät­zlich gehe es ihm in sein­er Arbeit, die schw­er­punk­t­mäßig auf den Osten konzen­tri­ert sei, um geis­te­spoli­tis­che Entwick­lun­gen inner­halb der recht­en Szene, beispiel­sweise zum The­ma Glob­al­isierung. Harte Fak­ten wie Mobil­isierungspoten­ziale wären nicht ganz so wichtig, spiel­ten aber auch eine Rolle. Es gin­ge ihm vielmehr um eine Prog­nose in Form ein­er Analyse, um Lage­bilder, die authen­tisch sein soll­ten. Seine weit­ere Spezial­isierung neben dem Recht­sex­trem­is­mus wäre der Nahe Osten, wo er sich ganz gut auskenne. Daher würde ihn inter­essieren, wie sich die radikale Rechte mit dem The­ma auseinan­der set­ze, welche Ansätze sie ver­fol­gen würde und wie ern­sthaft sie seien. Er brauche das für seine Arbeit beim Bun­desmin­is­teri­um des Innern. So weit seine Kurz­darstel­lung. Auf die anschließende Frage, für wen genau er arbeite, das Bun­desmin­is­teri­um des Inneren sei ja groß, erk­lärt er, direkt beim Bun­de­samt für Ver­fas­sungss­chutz ange­siedelt zu sein.

Pi mal Dau­men sind 400 bis 500 Euro drin

Der Aktivist stellt daraufhin die Frage, was Klopp­stock konkret von ihm erwarte, was er von ihm wis­sen wolle. Der ent­geg­net, er müsse erst­mal sehen, ob der Aktivist über­haupt etwas zu sagen habe. Klopp­stock erzählt von Demon­stra­tio­nen der palästi­nen­sis­chen Szene zu den israelis­chen Mil­itärak­tio­nen im Libanon, die er in Berlin beobachtet hätte. Während dabei Recht­sex­trem­is­ten ganz klar Posi­tion für die Palästi­nenserIn­nen beziehen wür­den, was er aus ein­er anti­semi­tis­chen Kom­po­nente für nachvol­lziehbar halte, hätte er auf dem Nebengleis
beobachtet, wie Leute aus der Antifa Prob­leme hät­ten sich zu posi­tion­ieren. Er könne nun nicht ver­ste­hen, wie Leute aus der Linken qua­si aus Reflex zu der Flagge des Staates Israel greifen. Er wolle dem Aktivis­ten nicht zu nahe treten und meine es auch nicht per­sön­lich, aber wären die Recht­en für Israel, wären die Linken dann für die Palästi­nenserIn­nen, nur um nicht zufäl­lig das gle­iche The­ma zu beack­ern? Das ver­stünde er ein­fach nicht und würde sich über eine Erk­lärung freuen. Ob das über­haupt eine Rolle spiele oder The­ma sei, würde ihn inter­essieren. Und habe der Aktivist sich in dieser Auseinan­der­set­zung auch selb­st positioniert?

Mit den schwammi­gen Antworten und der fehlen­den Zuord­nung des Aktivis­ten offen­bar unzufrieden, fragte der VS´ler nach dessen Selb­stver­ständ­nis. Da der Aktivist sich als lib­ertären Men­schen beze­ich­net, inter­essiert Klopp­stock nun, ob er sich mit klas­sis­chen The­men wie Arbeit­er­be­we­gung und Ökonomie befasse. In der Folge kommt es zu einem Gespräch rund um Reich­tum und Hartz IV. Klopp­stock bringt an, das The­ma Hartz IV würde eben­so von links wie von der NPD bear­beit­et und ob man da nicht par­tiell gemein­sam marschiere. Seine Beiträge wer­den zunehmend pro­vokan­ter, er ver­sucht aber immer wieder, seine fre­undliche Absicht her­vorzuheben: Für ihn sei das eine per­sön­liche Debat­te. Auch Antifas könne er nicht so ganz ver­ste­hen. Zwar sei er selb­st Antifaschist, aber er sehe hin­ter jed­er Glatzkopf­fratze auch einen Grun­drecht­sträger. Und was wür­den Antifas über­haupt tun, wenn es keine Neon­azis mehr gebe? Hät­ten sie dann über­haupt noch etwas zu tun?

Nach­dem ihm die Notwendigkeit von Antifa-Arbeit, auch aus eige­nen Erfahrun­gen mit Angrif­f­en, erk­lärt wird, zeigt er sich an der Organ­isierung inter­essiert. Gebe es eine Opfer­hil­fe und was könne man Angrif­f­en ent­ge­genset­zen? Wie sen­si­bil­isiert sei die Bevölkerung? Er will auch wis­sen, ob der Aktivist selb­st in irgen­deinem Ver­band organ­isiert oder eher Einzel­gänger sei. Der Aktivist antwortet mit der Frage, was Klopp­stock für die Infor­ma­tio­nen anzu­bi­eten habe, ob es Dinge gebe, die das Gespräch mit ihm inter­es­san­ter machen kön­nten. Klopp­stock antwortet nach kurzem Schweigen mit ja. Auf die Nach­frage, worum es dabei gehen kön­nte, fordert er den Aktivis­ten auf, einen Vorschlag zu machen. Der fragt nach Geld. Klopp­stock zeigt sich über­rascht und spricht nun langsam und konzen­tri­ert. Er habe ein­fach nicht darüber nachgedacht irgen­det­was anzu­bi­eten, zumal das auch noch nicht die Infor­ma­tio­nen wären, die ihn inter­essieren wür­den. Er wolle mal gle­ich klarstellen, dass er sich ungern linken lasse, indem er jet­zt Stoff biete. Er könne nicht ein­schätzen, wie ernst es dem Aktivis­ten sei, dazu kenne er ihn bish­er zu wenig. Auf den Ein­wurf des Aktivis­ten, sie hät­ten halt bei­de ihre Inter­essen, zeigt sich Klopp­stock jedoch zuver­sichtlich, sie zusam­men­brin­gen zu kön­nen. Das wäre vielle­icht leichter möglich, wenn der Aktivist erläutere, was er so konkret mache und mit welchen The­men er sich beschäftige. Klopp­stock selb­st kenne sich da halt nicht so aus, da er sich mit Glob­al­isierungs­geschicht­en nur in Zusam­men­hang mit Rechts befasst hätte. Sie kom­men nun auf die The­men Anar­chosyn­dikalis­mus, G8 und soziale Gerechtigkeit zu sprechen und disku­tieren über die Arbeits­be­din­gun­gen in Chi­na und die Lebens­be­din­gun­gen im Kongo.

Ross und Reit­er nen­nen: Gewollt sind harte Facts

Nach der Bestel­lung eines Ouzo und nach über einein­halb Stun­den Gespräch macht Klopp­stock ein konkretes Ange­bot: Der Aktivist mache einen pos­i­tiv­en Ein­druck auf ihn, wen­ngle­ich er auch noch ein wenig mis­strauisch auf Grund der Geld­forderung sei. Der Aktivist ent­geg­net, er sei mit dem Gefühl in das Gespräch gegan­gen, ein Inter­view zu geben, und dann habe sich Klopp­stock als Mitar­beit­er ein­er Behörde aus­gegeben. Eine Hand wasche halt die andere. Klopp­stock sichert nun Abklärungs­be­mühun­gen zu, was die Finanzen ange­ht. Der Aktivist müsse es dann aber auch wirk­lich ernst meinen. Zum näch­sten Tre­f­fen würde er dann sagen kön­nen, was er sich erwarte und was der Aktivist erwarten könne. Bei dem Geld komme es darauf an, wie tief er ein­steigen wolle. Pi mal Dau­men wären aber 400 bis 500 Euro im Monat drin.
Auf die Frage des Aktivis­ten, worum es denn dann konkret the­ma­tisch gehen würde, da er nicht zu allen The­men etwas sagen könne, weicht Klopp­stock aus. Er müsse sich selb­st erst­mal sein The­men­feld Recht­sex­trem­is­mus erweit­ern, was aber kein Prob­lem wäre. Um genaueres zu sagen, müsse er sich noch weit­er ein­le­sen und mit Analy­sen befassen. Mit dem The­ma Glob­al­isierung könne man aber sich­er etwas anfan­gen. Allerd­ings müsse es dann auch um Ross und Reit­er gehen. Also auch harte Fak­ts wie Per­so­nen­zahlen, Finanzen, Struk­turen und Gebäude. Der Aktivist solle authen­tis­che Sachen liefern, die man nicht in der Zeitung lesen könne. Seine Auf­gabe würde ein­er jour­nal­is­tis­chen Recherc­hear­beit gle­ichkom­men, die bun­desweit wäre. Und auch seine eigene Mei­n­ung wäre mitunter nicht uninteressant.

Klopp­stock hat Angst, immer noch zu all­ge­mein zu sein und bringt ein Beispiel: Inter­es­sant wäre es beispiel­sweise, wenn sich 100 Leute aus Deutsch­land zu ein­er Kon­ferenz zusam­men­find­en. Was würde dort besprochen und welche Ansätze wür­den ver­fol­gt? Wie ernst schätzte er die Ansätze selb­st ein? Auf die Frage, ob er sich eher für die PDS oder autonome Kreise inter­essiere, spricht Klopp­stock von den unor­gan­isierten Kreisen. Die PDS inter­essiere ihn nicht, obwohl es nicht von Schaden für sie sei, dass sie in den VS-Bericht­en auf­tauche. Eines liegt Klopp­stock dann noch sehr auf dem Herzen. Mit der Polizei wolle er nicht zusam­me­nar­beit­en. Er mei­de die Polizei wie der Teufel das Wei­h­wass­er. Über Kon­tak­te des Aktivis­ten mit der Polizei, gle­ich ob neg­a­tiv­er oder pos­i­tiv­er Art, wolle er alles wis­sen, da dies entschei­dend sei, um die Arbeit abzu­sich­ern. Beste­he eine Art Zusam­me­nar­beit, kämen sie nicht ins Geschäft. Der Aktivist solle sich auch keinen Kopf darüber machen, ob er eventuell nicht in der Lage zu dieser Recherc­hear­beit sei. In die Lage ließe er sich ohne Weit­eres ver­set­zen, wenn der Wille da wäre. Ein biss­chen dürftig sei es nur, wenn er von seinen Hauereien mit Neon­azis erzählen würde. Die inter­essierten weniger.

Grund­satz der Zusam­me­nar­beit wäre absolute Ver­traulichkeit. Die Geschichte gehe nur sie bei­de etwas an. Wed­er das poli­tis­che Umfeld noch Strafver­fol­gungs­be­hör­den sollen etwas mit­bekom­men. Der Aktivist solle sich das nun rei­flich über­legen, während er bis zum näch­sten Tre­f­fen inhaltliche und finanzielle Aspek­te abkläre. Anson­sten würde er gerne im E‑Mail-Kon­takt bleiben. Der Aktivist ent­geg­net unmissver­ständlich, sich bere­its entsch­ieden zu haben. Die Sache wäre ins­ge­samt nichts für ihn. Er wäre nicht der Richtige. Leute verpfeife er nicht. Klopp­stock ent­geg­net sehr über­rascht, der Aktivist habe ihn wohl falsch ver­standen, und fragt, ob er ihn doch noch mal bei all­ge­meinen Fra­gen per E‑Mail kon­tak­tieren könne. Der Aktivist willigt ein.

Bei­de ver­lassen nun den Griechen. Bevor sie sich tren­nen, erkundigt sich Klopp­stock noch im fre­undlichen Smalltalk über die Arbeit des Aktivis­ten. Sie ver­ab­schieden sich nach zweiein­halb Stun­den Gespräch.

Am 25. Sep­tem­ber 2006 geht um 16.33 Uhr wieder eine E‑Mail von Björn Klopp­stock ein. Sie ist kurz. Falls der Aktivist nochmals Zeit und Lust habe, würde er sich gern mit ihm tre­f­fen. Es gebe noch einige The­men, zu denen er gern seine Mei­n­ung erfahren würde. Er schlägt vor, sich Mittwoch oder Don­ner­stag der darauf fol­gen­den Woche zu treffen.
Da keine Reak­tion erfol­gt, meldet sich Klopp­stock am 4. Okto­ber 2006 um 15.25 Uhr noch ein­mal per E‑Mail. Er bedauert, dass der
Aktivist noch nicht reagiert habe, und erkundigt sich, ob er kein Inter­esse an einem weit­eren Gespräch habe oder nur nicht online gewe­sen sei.
Am Dien­stag, dem 10. Okto­ber 2006, taucht Klopp­stock gegen Mit­tag unver­mit­telt auf der Arbeitsstelle des Aktivis­ten auf. Er bit­tet um ein sofor­tiges Gespräch, das der Aktivist allerd­ings aus Zeit­grün­den ablehnt. Sie vere­in­baren, sich zwei Tage später, am 12. Okto­ber 2006, um 18 Uhr wiederum am Kleist-Muse­um zu treffen.

12. Okto­ber 2006: Das zweite Tre­f­fen. Wie besprochen find­et sich der Aktivist am Don­ner­stag um 18 Uhr vor dem Kleist-Muse­um ein. Noch während des Ein­tr­e­f­fens bemerkt er eine männliche Per­son mit­tleren Alters, die die Umge­bung nach Auf­fäl­ligkeit­en über­prüft und dann sin­ngemäß in ihr Mobil­tele­fon spricht: “Alles klar hier unten.” Der Mann hat kurzes Haar, trägt einen Ruck­sack und ist am Ohr verk­a­belt. Der VS hat wiederum nichts dem Zufall über­lassen. Wenig später trifft Klopp­stock zu Fuß ein. Auf die Frage des Aktivis­ten, wo sie sich heute unter­hal­ten wollen, nen­nt Klopp­stock wieder das griechis­che Restau­rant “Olympia” in der Großen Schar­rn­straße. Der Aktivist schlägt zur Abwech­slung das indis­che Restau­rant “Nir­wana” in der­sel­ben Straße und ähn­lich ruhig gele­gen vor. Klopp­stock geht darauf aber nicht ein, offen­bar weil nur das Restau­rant “Olympia” durch den VS in Augen­schein genom­men wurde.

Unin­ter­es­sant: Berichte von Hauereien mit Nazis

Auf dem Weg zum Griechen find­et Smalltalk zwis­chen den bei­den statt. Der Aktivist erzählt von der Frank­furter Kneipen­land­schaft und dem wirtschaftlichen Nieder­gang der Stadt nach dem Zer­fall der Hal­blei­t­erindus­trie. Klopp­stock berichtet im Gegen­zug über das Pro­jekt Car­go Lifter in Brand. Nach vier Minuten sind sie im Restau­rant angekom­men. Klopp­stock stellt weit­er im Smalltalk Fra­gen zur Arbeitsstelle des Aktivis­ten. Die Getränke wer­den bestellt. 

Klopp­stock wählt erneut ein Wass­er und einen Kaf­fee. Sie unter­hal­ten sich darüber, ob man auch Leitungswass­er trinken könne und welche Qual­ität­sun­ter­schiede es dabei gibt. Dann erkundigt sich Klopp­stock nach den unbeant­worteten Mails. Er sei nicht rechtzeit­ig dazu gekom­men, sie zu lesen, da er ver­reist gewe­sen sei, so der Aktivist. Nun inter­essiert Klopp­stock, wo er gewe­sen sei und ob er dort Ver­wandte oder Fre­unde habe.

Der Aktivist macht Klopp­stock deut­lich, dass er ihn nicht mehr auf der Arbeit besuchen solle, da das unan­genehm wer­den könne. Klopp­stock zeigt sich äußerst ver­ständ­nisvoll. Wenn so etwas sei, solle er es ihm immer gle­ich sagen. Zukün­ftig würde wieder der diskrete Weg über E‑Mail benützt. Die Getränke wer­den gebracht. Klopp­stock bestellt den Kro­nos-Teller mit Reis. Es fol­gt ein Gespräch über Veg­e­tari­er und Fleis­ch­pro­duk­tion. Die Atmo­sphäre ist sehr locker.

Nach kurzem Schweigen ergreift Klopp­stock das Wort. Es geht um die Frage des Aktivis­ten, wie Klopp­stock auf ihn gekom­men sei. Der VS´ler meint sehr unscharf, sein Name sei im Zusam­men­hang mit ein­er Haus­be­set­zung in Frank­furt (Oder) im Som­mer 2005 aufge­taucht. Dort sei sein Name in irgen­dein­er Region­alzeitung erwäh­nt gewe­sen, der der Aktivist ein Inter­view gegeben hätte. Als der abstre­it­et, in diesem Zusam­men­hang ein Inter­view gegeben zu haben, meint Klopp­stock, es kön­nte auch eine Pressemit­teilung oder ähn­lich­es gewe­sen sein. Anson­sten könne auch er sich nicht wirk­lich erin­nern, da sein Kol­lege das immer für ihn her­aus­suche und ihm dann nur die Angaben weit­ergebe. Klopp­stock wirkt sehr unsich­er und macht viele Pausen. Der Aktivist erkundigt sich, wie er ihn auf der Straße beim ersten Ansprechen erken­nen kon­nte. Habe Klopp­stock ein Bild von ihm? Woher käme das Bild? Klopp­stock wirkt weit­er verun­sichert. Er meint, vor der Arbeitsstelle des Aktivis­ten gewartet und beobachtet zu haben, wie der Aktivist abschloss. Da könne es sich nur um ihn gehan­delt haben. Sein Name wäre ja auch nicht so weit verbreitet.

Jedes Tre­f­fen ist von VSlern abgesichert

Klopp­stock fragt anschließend nach der Haus­be­set­zung im Som­mer 2005 und gibt sich vol­lkom­men unwis­send. Er will wis­sen, ob die Beset­zung in Frank­furt stattge­fun­den habe, um welch­es Objekt es sich über­haupt gehan­delt habe und wer eigentlich der Eigen­tümer gewe­sen sei. Auch von der Räu­mung wisse er nichts, beze­ich­net es dann als Schwachsinn dazu ein Son­dere­in­satzkom­man­do (SEK) her­anzube­ordern. Und er merkt an, dass es wohl auch in Pots­dam und in der Berlin­er York­straße noch beset­zte Häuser gebe, das habe er aber nur am Rande mitbekommen.

Nun wech­selt Klopp­stock das The­ma. Er stellt die fast philosophis­che Frage, wie Linke eigentlich zu Linken wer­den. Wie sei der Aktivist eigentlich dazu gekom­men, sich mit Poli­tik zu befassen? Der Aktivist erzählt vom Geschicht­sun­ter­richt zum €päis­chen Faschis­mus und Pro­jek­ten während der Schulzeit, die am Anfang sein­er Poli­tisierung ges­tanden haben. Er stellt die Frage, wie sich Klopp­stocks Auseinan­der­set­zung mit dem Recht­sex­trem­is­mus gestalte habe. Der erzählt, er hätte die Gefahr des Recht­sex­trem­is­mus früher noch wesentlich schlim­mer emp­fun­den als heute. Er hätte noch miter­lebt, wie zu Sil­vester durch die Haupt­stadt marschiert und das Horst-Wes­sel-Lied gesun­gen wor­den sei. Heute würde da wenig­stens eingeschrit­ten. Die bei­den kom­men nun auf die Verän­derun­gen, vor allem in Hin­blick auf Klei­dungsstil und Auftreten inner­halb der Neon­azi-Szene zu sprechen, sprin­gen dann zu den frühen Aktiv­itäten des Neon­azi-Kaders und NPD-Funk­tionärs Jörg Häh­nel in Frank­furt (Oder), um schließlich bei unmöglichen Ver­gle­ichen zwis­chen dem Islam und dem NS zu lan­den. Das The­men­hop­ping geht weit­er über den Staats­be­such Putins in Frankre­ich und Deutsch­land, moralis­che Ver­w­er­flichkeit­en bei ein­er Zusam­me­nar­beit mit ver­brecherischen Regimes und die Außen­poli­tik von George W. Bush.

Klopp­stock kehrt anschließend zu seinem Anfangs angeschnit­te­nen The­ma zurück und will wis­sen, wie der Aktivist in die Szene gekom­men sei. Sei er ein­fach reingerutscht oder habe er die richti­gen Leute ken­nen gel­ernt? Der Aktivist erzählt von ein­er schulis­chen Postkarten-Verteilak­tion und von einem Nazi-Über­fall auf ihn und seine Fre­unde. Da das vie­len so ergin­ge, habe sich qua­si automa­tisch eine Art Inter­es­sen­ge­mein­schaft gebildet, da man auf Par­tys und in der Freizeit immer wieder Leute getrof­fen habe, denen es ähn­lich ergan­gen sei. Klopp­stock will wis­sen, ob man sich damals Hil­fe von außer­halb geholt habe, sich beispiel­sweise aus­ge­tauscht habe. Der Aktivist erk­lärt, der Antrieb sei eher der eige­nen Fed­er entsprungen.

Nach einem kurzen Aus­tausch über die Gründe für Antifa-Demon­stra­tio­nen in Frank­furt set­zt Klopp­stock an eine Äußerung des Aktivis­ten vom Ende des ersten Tre­f­fens an. Er stellt auf dessen Aus­sage ab, er ver­rate keine Leute. So wäre das auch gar nicht gemeint gewe­sen. Der VS´ler fühlt sich falsch ver­standen. Er fragt, ob der Aktivist an Aktio­nen gegen Nazidemon­stra­tio­nen teil­nehme und sich vorstellen könne, darüber zu bericht­en, wer da so reden und was da gere­det würde. Und wie er das per­sön­lich finde, wie seine Mei­n­ung dazu sei. Auf die Nach­frage, wie das genau ausse­hen solle, kann Klopp­stock nicht antworten. Wie das konkret ablaufen könne, hätte er sich noch nicht über­legt. Als zweites fragt er, ob es möglich sei, linke Glob­al­isierungskri­tik zum Nach­le­sen zu bekom­men. Vielle­icht könne der Aktivist da ja mal was mit­nehmen oder besor­gen, damit er mal was Konkretes schwarz auf weiß nach­le­sen kön­nte. Der Aktivist sichert zu, die Augen offen zu hal­ten, zeigt sich jedoch trotz­dem unzufrieden. Klopp­stock solle ihm sagen, wie ihm geholfen wer­den könne und was er sich von weit­eren Tre­f­fen erwarte. Ihm gin­ge es erst­mal ein­fach um die Mei­n­ung des Aktivis­ten, so Klopp­stock. Eigentlich st&a
uml;nden bei­de ja auf der gle­ichen Seite, der Weg wäre nur unter­schiedlich gestal­tet. Und genau das inter­essiere ihn. Da Stu­di­en auswiesen, die Jugend im Osten bestünde zu 30 Prozent aus NPD-Sym­pa­thisan­tInnen, wäre es inter­es­sant nach Frank­furt zu gehen und sich das mal anzuschauen.
Die Polizei wird gemieden wie vom­Teufel das Weihwasser
Er sehe aber auch, dass man ihm the­o­retisch und ganz prak­tisch helfen könne, so der VS´ler. Dazu müsse man sich halt auf einen Stun­den­lohn eini­gen. Zehn Euro pro Stunde könne man da dur­chaus ver­an­la­gen, wobei er bei Demon­stra­tio­nen die An- und Abreise nicht unbe­d­ingt in Rech­nung stellen würde. Wenn es aber beispiel­sweise um den Nazi-Auf­marsch in Wun­siedel gin­ge, könne man wegen der Ent­fer­nung sich­er über gewisse Sachen reden. Aber das müsse er alles erst abklären. Er sei sich auch noch nicht im klaren darüber, was der Aktivist neben Demobericht­en zu leis­ten im Stande wäre. Klopp­stock schlägt vor, ein the­o­retis­ches Spiel zu spie­len, in dem Grup­pen­na­men und ähn­lich­es frei erfun­den seien. Angenom­men der Aktivist wäre Mit­glied in der Rev­o­lu­tionären Jugend­vere­ini­gung Frank­furt (Oder), die sich darauf spezial­isiert habe, deutsch­landweit etwas auszus­pi­onieren. Inter­es­sant wäre nun der Auf­bau dieser Truppe, wie sie arbeite, ob ein­fach nur zum Selb­stzweck gear­beit­et würde, sich­er auch wie sie sich finanziere, wie sie sich z.B. Fotoap­pa­rate leis­ten könne. Let­ztere Infor­ma­tion wäre nun vielle­icht schon ver­han­del­bar. Aber solche Infor­ma­tio­nen wären gut. Der Aktivist solle aber wis­sen, das Klopp­stock mit den gewonnenen Erken­nt­nis­sen wed­er etwas für noch gegen ihn tun könne. Wenn er auf Polizeibeamte Hand­granat­en werfe, gin­ge er dafür halt in den Bau. Er wolle klar sagen, dass es ihm nicht um Straftat­en gin­ge. In erster Lin­ie wäre er an ein­er poli­tis­chen Analyse interessiert.

Genaue Recherchean­weisun­gen möchte Klopp­stock erst­mal nicht geben. Er will, dass der Aktivist in Ruhe darüber nach­denke und sich dazu auch mehr als eine Nacht Zeit nehme. Klopp­stock würde sich dann in ein­er Woche per E‑Mail melden und hören, was er sage. Während dessen würde er The­ma­tis­ches abklären. Der Aktivist müsse wis­sen, dass sie — mehr oder weniger — eine Forschungs- und Entwick­lungsabteilung hät­ten, die ein­schätze, was bes­timmte Sachen Wert seien. Nach einem Blick auf die Uhr merkt Klopp­stock an, dass es inzwis­chen spät gewor­den sei. Während sie auf die Rech­nung warten, begin­nt Klopp­stock erneut einen Smalltalk über die Arbeit des Aktivis­ten. Die Rech­nung wird auf einem Teller gebracht und auf dem Tisch gelegt. Die Bedi­enung geht wieder. Der Aktivist weist Klopp­stock darauf hin, dass es üblich wäre, das Geld ein­fach auf den Teller zu leg­en und zu gehen. Dieser find­et, dass sechs Euro Trinkgeld dann doch zu fett seien, und wartet lieber auf das Rückgeld.

Nach der Bezahlung erkundigt sich Klopp­stock im Gehen, ob der Aktivist grund­sät­zlich flex­i­bel sei, also auch reisen könne. Klopp­stock ver­rät noch, dass er pas­sion­iert­er Läufer sei. Nach genau zwei Stun­den tren­nen sich die bei­den vor der Tür des Restau­rants “Olympia”. Der Aktivist läuft in Rich­tung Innen­stadt und wird dabei von min­destens zwei dun­klen Lim­ou­si­nen mit Berlin­er Kennze­ichen ver­fol­gt. Als sie ihn ver­lieren, fahren sie noch eine län­gere Zeit die Karl-Marx-Straße und die Schul­straße ab. Eine der Lim­ou­si­nen hat das Kennze­ichen B‑J 832.

2. Novem­ber 2006: Das dritte Tre­f­fen. Am Don­ner­stag tre­f­fen sich Klopp­stock und der Aktivist wie vere­in­bart zum drit­ten Gespräch. Tre­ff­punkt ist erneut das Frank­furter Kleist-Muse­um. Dies­mal sieht der VS´ler kein Prob­lem darin, in das schon beim let­zten Tre­f­fen vorgeschla­gene Restau­rant “Nir­wana” am Mark­t­platz zu gehen. Auf den ca. zehn Minuten Fußweg dor­thin find­et Smalltalk statt. Nach­dem sie gewählt haben, kreist das Gespräch zunächst um das Rauchen und den Zigaret­ten­schmuggel aus Polen über die Stadt­brücke in Frank­furt (Oder).

Nach­dem die Bestel­lung aufgenom­men wurde, kommt Klopp­stock sofort zum The­ma. Er wäre mit seinen Abklärun­gen so weit durch und habe nun noch mehrere kurze Fra­gen, die ihm sehr wichtig seien. Zuerst erkundigt er sich, wie alt der Aktivist sei. Dann fragt er nach dem Schu­la­b­schluss des Aktivis­ten und danach, was er job­mäßig jet­zt mache, ob er als Stu­dent eingeschrieben sei oder das vor habe. Dann will Klopp­stock wis­sen, wie die Job-Pla­nun­gen des Aktivis­ten ausse­hen, ob er in Frank­furt (Oder) ansäs­sig sei und vor habe hier zu bleiben. Er will wis­sen, wie die finanzielle Sit­u­a­tion des Aktivis­ten aussieht, ob er Schulden habe und wie hoch sein Einkom­men sei. Let­z­tendlich inter­essiert ihn auch, ob der Aktivist liiert sei oder Sin­gle, ob er Verpflich­tun­gen oder son­stige Bindun­gen habe.

Nach­dem Klopp­stock mit den Fra­gen durch ist, berichtet er von seinen Abklärun­gen. Eine Recherc­hear­beit des Aktivis­ten wäre gewollt und Klopp­stock selb­st könne sie auch betreuen. Die Arbeit würde sich auf zwei The­men­felder beziehen, wovon das eine Glob­al­isierung sei. Das andere The­ma wäre Antifa und deren Kap­i­tal­is­muskri­tik. The­ma­tisch wolle er aber noch nicht detail­liert­er wer­den, da für ihn noch immer unklar sei, was genau der Aktivist leis­ten wolle und könne. Für ihn sei immer noch schw­er nachzu­vol­lziehen, wo der Aktivist dabei sei und was er da so machen würde. Vom finanziellen Rah­men wäre grund­sät­zlich alles möglich. 400 Euro wäre so in etwa die Marke, auf die der Aktivist hof­fen könne. Nach oben wäre das aber offen. Da könne er Flex­i­bil­ität ver­sprechen. Wie viel es let­z­tendlich werde, hänge von der Arbeit­szeit und dem Wert der Infor­ma­tio­nen ab. In der Prax­is laufe das unbürokratisch. Das Geld würde er cash bekom­men. So ein­mal im Monat, also nicht bei jedem Tre­f­fen der beiden.
Der Aktivist erkundigt sich noch ein­mal nach den Bew­er­tungskri­te­rien für eine Infor­ma­tion. Daraufhin erk­lärt Klopp­stock, es wären vor allem Infor­ma­tio­nen inter­es­sant, die nicht in der Zeitung zu find­en seien. Er würde im Zweifels­fall immer etwas sauer sein, wenn er fest­stelle, dass der Aktivist Infor­ma­tio­nen als eigene verkaufe, die aber nur abgeschrieben seien. Der Aktivist solle davon aus­ge­hen, dass Klopp­stock auch andere Sachen bekomme, wodurch er so etwas ganz gut ein­schätzen könne. Neben dem Kri­teri­um des Infor­ma­tion­swertes wären der Zeitaufwand und das Risiko, um an die Infor­ma­tion zu gelan­gen, weit­ere Bew­er­tungskri­te­rien. Im Großen und Ganzen müsse für 500 Euro im Monat aber schon etwas But­ter bei die Fis­che kom­men, meint Kloppstock.

Straftat­en inter­essieren nicht, es geht um poli­tis­che Analysen

Auf die Frage des Aktivis­ten, ob poli­tis­che Ein­schätzun­gen nicht auch auf anderem Wege her­aus zu bekom­men wären, beispiel­sweise durch die Veröf­fentlichun­gen der Grup­pen, und der Aktivist stattdessen wirk­lich Brisantes her­aus­find­en solle, mah­nt Klopp­stock zur Vor­sicht. Ihm gin­ge es um den rohen Fakt, darum das ganz nor­male Tages­geschehen in den Grup­pen mehr oder weniger laufend zu erfahren. Das wäre für ihn schon brisant genug.

Der Aktivist unter­bricht und fragt, ob sich Klopp­stock noch mal bei seinem Kol­le­gen erkundigt habe, wie sie auf seinen Namen gekom­men wären. Das wäre beim let­zten Mal noch nicht genau gek­lärt wor­den. Klopp­stock erzählt, sein Kol­lege hätte ihm gesagt, dass der Aktivist in ein­er Zeitung oder im Inter­net namentlich erwäh­nt wor­den sei. Dabei sei es um eine Beset­zung ein­er Vil­la gegan­gen und er sei namentlich als Press­esprech­er oder irgend­was ähn­lich­es in Erschei­n­ung getreten. Klopp­stock selb­st hätte es aber nicht gele­sen. Auf die Bemerkung, Klopp­stock hätte dann ja qua­si jeden zum Gespräch laden kön­nen, stimmt dieser zu, und bemerkt, dass das der Grund wäre, erst­mal unverbindlich Gespräc
he zu führen. Es hätte ja auch sein kön­nen, dass der Aktivist von Aktiv­itäten rund um die Haus­be­set­zung etwas wisse. Es habe ja auch Vor­fälle dort gegeben, bei denen ver­meintliche Nazis Dresche bekom­men hät­ten. Darüber ist dem Aktivis­ten nichts bekan­nt. Das The­ma ist beendet.

Nun sei der Punkt gekom­men, an dem der Aktivist Klopp­stock mal auf den Stand der Dinge in Frank­furt (Oder) brin­gen solle. Der Aktivist erzählt vom prov­inziellen Hauch der Stadt und dass beim The­ma Glob­al­isierung Frank­furt (Oder) wohl nicht das richtige Forschungs­feld sei. Es gebe zwar Einzelper­so­n­en wie ihn, die zu dem The­ma arbeit­en wür­den. Eine Gruppe wäre ihm da aber nicht bekan­nt. Vielle­icht ein paar Kirchen­leute wären bei dem The­ma ansprech­bar. Klopp­stock schreckt auf. Kirchen­leute wür­den ihn nun über­haupt nicht inter­essieren und Gew­erkschaft und PDS sei für ihn kein The­ma. So was wolle er auch gar nicht wis­sen. Dies inter­essiere ihn nicht die Bohne, hätte ihn auch nicht zu interessieren.

Tabu: Kirchen­leute, Gew­erkschaften und PDS

Klop­stock will wis­sen, wo Glob­al­isierung — grund­sät­zlich gese­hen — besprochen werde, in welchen Grup­pen das bere­det werde und welche Kon­tak­te der Aktivist zu diesen Leuten habe. Dieser ent­geg­net, in der Region sehe es eher mau aus. Er selb­st habe aber an einem Vor­bere­itungscamp zum G8-Gipfel teilgenom­men und da bekomme man natür­lich einiges mit. Klopp­stock will wis­sen, ob er allein gefahren und ob daraus etwas ent­standen sei. Dies sei nicht der Fall, so der Aktivist. Und gefahren sei er tat­säch­lich allein, da er gar nicht von Frank­furt (Oder), son­dern von ein­er Urlaub­sreise direkt zum Camp gefahren sei.

Da es, wie der Aktivist meint, nicht so schw­er ist, an solchen Tre­f­fen teilzunehmen, fragt Klopp­stock, ob er sich so etwas vorstellen kön­nte. Mehr wolle Klopp­stock auch gar nicht. Das wäre ihm schon brisant genug. Ihm wäre wichtig, dass der Aktivist Kon­tak­te auf­baue, um bei solchen Tre­f­fen dabei sein zu kön­nen, sich das mal anzuse­hen. Ihm gin­ge es aber nicht darum, nur den äußer­lichen Ablauf zu erfahren. Der Aktivist solle auch mal ein Gespräch führen, um einen Ein­druck zu gewin­nen, was die Teil­nehmer umtreiben und wie sie dazu kom­men wür­den. In Bezug auf Heili­gen­damm sei er einiger­maßen auf dem Stand, erk­lärt Klopp­stock. Er fragt den Aktivis­ten, ob er in Lage wäre, ein­fach auf ein dissent!-Deutschland-Treffen nach XY zu fahren, ohne dass die ihn komisch anguck­en wür­den. Als der Aktivist erk­lärt, dass dies schon prob­lema­tisch sein könne, will Klopp­stock wis­sen, ob er an irgendwelche Mail­inglis­ten angeschlossen wäre. Der Aktivist verneint, meint aber, das wäre sich­er kein Problem.

Klopp­stock inter­essiert, ob er auf solchen Tre­f­fen Einzelper­so­n­en aus Berlin oder anderen Städten kenne. Dies sei ihm noch nicht ganz klar gewor­den. Man wolle mal bei Berlin bleiben, da das ja das Näh­est­gele­gene wäre. Er fragt, ob der Aktivist denn einen Überblick über die Berlin­er Struk­tur habe, was es da für Antifa­grup­pen gebe, wie die aufgestellt seien, was die so machen und wie sie ide­ol­o­gisch einzuor­den wären. Er fragt, ob der Aktivist sich da bewe­gen und das Ganze ein­schätzen könne. Ob er wisse, dass “Kri­tik & Prax­is” und die AANO so ein biss­chen anti­deutsch ori­en­tiert wären und die ALB, dass die mal aus ´ner Spal­tung der AAB her­vorge­gan­gen sei. Das wäre ihm schon bekan­nt, ent­geg­net der Aktivist. Aber konkrete Leute würde er dort nicht ken­nen. Klopp­stock meint, ihn wür­den die Ver­flech­tun­gen inter­essieren, wer dort wen anleite und wer was rum­schicke. Man könne ja den Ein­druck haben, dass viel Pro­pa­gan­da­ma­te­r­i­al aus Berlin stamme und in Frank­furt (Oder) nur abge­laden werde. Er könne das zwar schw­er ein­schätzen, aber hier würde das wohl kaum hergestellt. Mobil­isierun­gen zu bes­timmten Anlässen, wie z.B. nach Halbe wür­den doch in Berlin stat­tfind­en. Er will auch wis­sen, ob so ein Blättchen wie die Inter­im in Frank­furt (Oder) über­haupt von Bedeu­tung wäre.

Nun kehrt Klopp­stock wieder zu dem Aktivis­ten zurück. Der sprin­gende Punkt wäre für ihn immer noch, wie dessen poli­tis­che Arbeit ausse­he. Was mache man denn so den ganzen lan­gen Tag und in welch­er Gruppe sei er über­haupt aktiv. Er wolle halt eine leb­hafte Vorstel­lung bekom­men. Das wäre ja dann wahrschein­lich eher auf Antifa bezo­gen. Der Aktivist ent­geg­net, es gebe im Moment kein regelmäßiges Tre­f­fen. Das werde je nach Sach­lage vere­in­bart. Klopp­stock will nun wis­sen, wie die Gruppe hieße, und erhält als Antwort “Antifa Frank­furt (Oder)”. Über deren Arbeit will er mehr wis­sen. Er fragt, ob sie sich mehr oder weniger regelmäßig tre­f­fen wür­den, was es im Klar­text bedeute “Dinge öffentlich zu machen”, was der Aktivist dort für eine Stel­lung inne habe, ob es Hier­ar­chien gebe, ob inhaltliche Diskus­sio­nen geführt wür­den oder es eher eine prak­tis­che Zusam­me­nar­beit wäre und ob das qua­si die Heimat­gruppe des Aktivis­ten sei. Ihm gin­ge es um das Zusam­men­spiel in so ein­er Gruppe, wie so was laufe.

Prak­tisch: Gemein­samer Mailac­count incl. Passwort

Nach kurzem Smalltalk über das Essen will Klopp­stock nun wis­sen, wie der Aktivist über die konkrete Gestal­tung der Recherche denke. Er selb­st habe ja nun seine Vorstel­lun­gen geäußert. Er sei eher an dem über­re­gionalen Bezug inter­essiert. Gle­ich­wohl fände er so eine regionale Gruppe, die sich vor Ort mit dem The­ma Antifa beschäftige, als The­ma Num­mer zwei natür­lich gut. Was halte der Aktivist so grund­sät­zlich davon und was würde er leis­ten wollen? Wäre es für ihn vorstell­bar, mal auf ein dissent!-Plenum zu fahren und sich das anzuguck­en? Der Aktivist erwidert, er könne sich das vorstellen, wenn er da reinkäme. Klopp­stock fragt nach, ob das auch für das gelte, was region­al so laufe. Der Aktivist solle davon aus­ge­hen, dass Klopp­stock mehr wisse, als dieser vielle­icht annehmen würde. Per­so­n­en­pro­file wären ihm jet­zt nicht so wichtig, ihn würde inter­essieren, was besprochen wird, wann man sich tre­ffe, wer anwe­send sei und eine Ein­schätzung darüber, wie real­is­tisch das sei, was sie machen. Auch von großen Ple­na solle er die Infor­ma­tio­nen in der Form eines Ich-Erleb­nis­bericht­es liefern. Das wäre für ihn am ein­fach­sten, um zu sehen wo es reiche und wo nicht und was der Aktivist aus dem Ärmel schüt­tele und daher für ihn gar keine Recherche sei.

Nun kommt Klopp­stock nochmal auf den Bere­ich Glob­al­isierung zu sprechen. Finanziell kön­nte der Rah­men sich­er nochmal durch den G8-Bere­ich aus­geweit­et wer­den. Nicht unin­ter­es­sant wäre es, das in Konkur­renz zu den Recht­en zu sehen. In diese Sache müsse sich der Aktivist dann aber wohl geziel­ter rein­hän­gen, weil er das ja bis­lang aus eigen­em Antrieb nicht mache. Dazu müssten dann Kon­tak­te aufge­baut und hier und da auch mal hinge­fahren wer­den. Ein wenig Flex­i­bil­ität, was die Region der Tre­f­fen dann ange­he, müsse der Aktivist schon mit­brin­gen. Die Gren­zen der Aus­la­gen für Fahrtkosten und ähn­lich­es wäre nach oben offen. Wenn eine Zug­fahrt nach Wien 200 Euro hin und 200 Euro zurück kosten würde, dann sei das eben so. Auch wenn er irgend­wo über­nacht­en müsse oder sich verpflege, sei das so. Auch Kosten für ein Mobil­tele­fon wären Kosten, auf denen er nie sitzen bleiben würde. Natür­lich müsse das alles hieb- und stich­fest sein. Das lasse sich ja auch über­prüfen, was das kosten würde. Klopp­stock bestellt noch einen Espresso.

Der Aktivist erkundigt sich, wie die Infor­ma­tio­nen dann eigentlich ver­ar­beit­et wür­den. Klopp­stock meint, er spe­ichere fast 50 Prozent im Kopf und lasse die anderen 50 Prozent in eine Lagebeschrei­bung, seine nor­male Arbeit, ein­fließen. Alles werde anonymisiert. Er würde auch seine eige­nen Formulieru
ngen ver­wen­den. Der Aktivist solle davon aus­ge­hen, dass er auch noch ein paar andere Sachen bekomme und alles in eine große Lage­analyse, die dauer­haft fort­geschrieben würde, mit rein­set­ze. Gele­sen würde so was dann im Innen­min­is­teri­um. Für den Jahres­bericht arbeite er nicht. Son­dern für die aktuelle, die glaub­hafte Poli­tik. Es gehe darum, dauer­haft Input zu geben, um die Leute zu informieren und ihnen Hin­ter­gründe zu liefern, die natür­lich auch Entschei­dun­gen bee­in­flussen könnten.

Klopp­stock kehrt nochmal zur Zusam­me­nar­beit zwis­chen ihm und dem Aktivis­ten zurück. Er müsse sich daran gewöh­nen, dass Klopp­stock eine gewisse Steuerung vornehme, dass er sage, worauf zu acht­en sei oder wohin er mal fahren solle. Vom Start habe er schon eine konkrete Vorstel­lung. Zunächst wür­den sie mal bei den regionalen Geschicht­en guck­en. Der Aktivist solle ein­fach mal benen­nen, wer das hier von A bis Z bee­in­flusse. Qua­si die fünf Ws. Er solle über das näch­ste Tre­f­fen ein­fach mal einen Erleb­nis­bericht schreiben. Nach der Infor­ma­tion durch den Aktivis­ten, da müsse er erst­mal auf das näch­ste Tre­f­fen warten, springt Klopp­stock über­raschend an. Er habe noch eine konkrete Auf­gabe: Am 10. Novem­ber 2006 finde in Osnabrück ein dissent!-Treffen statt. Mehr wisse er auch nicht. Vielle­icht wäre es auf Grund der Kurzfristigkeit auch nicht möglich daran teilzunehmen. Aber er fragt, ob es zukün­ftig leist­bar wäre, da auch mal nach Osnabrück zu fahren. Dafür wäre dann wegen der hohen Kosten auch eine Vor­fi­nanzierung möglich. Er solle sich ein­fach mal im Inter­net informieren, ob dieses Tre­f­fen für ihn etwas wäre. Ob er da hin könne und wie er dahin komme. Er solle sich ein biss­chen auf den aktuellen Stand brin­gen, so weit das erforder­lich wäre. Klopp­stock emp­fiehlt dem Aktivis­ten, sich inner­halb sein­er regionalen Gruppe als Spezial­ist für Glob­al­isierung zu etablieren, um so Zugang zu bekom­men. Er fragt, ob es ihm möglich wäre, einen Erleb­nis­bericht schriftlich zu ver­fassen und sich­er zu ver­wahren. Der Aktivist schlägt vor, dafür seinen PC zu nutzen, worauf Klopp­stock fragt, ob er den PC als Einziger nutzen würde. Klopp­stock will nun wis­sen, wann das näch­ste Tre­f­fen sein­er Gruppe sei und wie man sich dazu verabrede. Das wäre erst­mal nicht abzuse­hen, meint der Aktivist. Man tele­foniere dann. Klopp­stock schlägt dem Aktivis­ten vor, sich dann erst­mal via Inter­net zum The­ma Glob­al­isierung fit zu machen. Er solle dann ruhig mal auf­schreiben, wie viel Zeit er im Inter­net ver­bringe, um das dann auch zu vergüten.

Nun wolle er noch die Mobil­num­mer des Aktivis­ten, um ihn auch kurzfristig kon­tak­tieren zu kön­nen. Er würde dem Aktivis­ten dann auch seine Num­mer geben. Unter Umstän­den würde auch mal ein biss­chen mehr anliegen und da wäre tele­fonis­che Erre­ich­barkeit schon wichtig. Klopp­stock würde dem Aktivis­ten dann auch nochmal ganz gezielt ein­schlägige Ter­mine raus­suchen. Der Aktivist macht Klopp­stock wenig Hoff­nung, schon am Tre­f­fen am 10. Novem­ber 2006 in Osnabrück teil­nehmen zu kön­nen. Das wäre zu spon­tan. Klopp­stock fragt noch, ob die E‑Mailadresse, über der sie derzeit kom­mu­nizieren, die einzige des Aktivis­ten sei, also ob er sich damit auch bei Mail­verteil­ern ein­schreibe. Als der Aktivist das bestätigt, meint Klopp­stock, das gehe so nicht. Er solle sich für ihre Kom­mu­nika­tion untere­inan­der eine völ­lig neue E‑Mailadresse zule­gen und die alte nur für pri­vate Zwecke nutzen. Der Aktivist solle einen unver­fänglichen Namen wie “Birken­baum” oder “Glass­plit­ter” wählen. Hot­mail sei erfahrungs­gemäß am unsich­er­sten. GMX und WEB.de seien hinge­gen rel­a­tiv sich­er. Wenn er sich mit der neuen E‑Mailadresse bei einem Verteil­er anmelde, solle er das Pass­wort dann ein­fach an ihn weit­ergeben. Mitte der kom­menden Woche werde sich Klopp­stock dann mal per E‑Mail melden. Bis dahin solle der Aktivist seine neue Mailadresse mit Pass­wort an ihn schick­en. Zum Ende fragt Klopp­stock nun nochmal, ob so weit alles mach­bar wäre oder ob es kri­tis­che Anmerkun­gen des Aktivis­ten gebe.

Nach­dem Klopp­stock gezahlt hat, ver­lassen sie nach 1 Stunde und 50 Minuten das Restau­rant “Nir­wana” und gehen getren­nte Wege. Der Aktivist wird jedoch auch nach diesem Tre­f­fen beschat­tet. Eine etwa 40-jährige Frau läuft ihm hin­ter­her. Erst als sich der Aktivist nach langer Zeit umdreht und direkt auf sie zuge­ht, macht auch sie sofort kehrt und verschwindet.

Der Kon­takt wird abge­brochen. Am 8. Novem­ber 2006 um 16.06 Uhr meldet sich der Aktivist per E‑Mail bei Klopp­stock und teilt die absprachegemäß ein­gerichtete neue Mailadresse mit. Er werde sich wieder melden, wenn er etwas zu bericht­en habe. Schon wenige Minuten später um 17.13 Uhr antwortet Klopp­stock und hält den Aktivis­ten an, sich bis dahin zum The­ma Glob­al­isierung im Netz schlau zu machen. Am 17. Novem­ber 2006 meldet sich Klopp­stock erneut per E‑Mail bei dem Aktivis­ten. Er hätte lange nichts mehr von ihm gehört und fragt, ob denn nichts los gewe­sen sei. Es fällt auf, dass Klopp­stock diese E‑Mail mit dem Namen “Jörn” unterschreibt.

Anfang Dezem­ber will Klopp­stock nun einen Ter­min für ein näch­stes Tre­f­fen vere­in­baren. Hier­für benutzt er im E‑Mail-Verkehr die Namen “Björn” und “Jörn”. Dies­mal will sich Klopp­stock jedoch nicht in Frank­furt (Oder) tre­f­fen. Offen­bar scheint ihm das zu unsich­er. Er schlägt als Tre­ff­punkt für das näch­ste Tre­f­fen den Bahn­hof im ca. 30 km südlich von Frank­furt (Oder) gele­ge­nen Eisen­hüt­ten­stadt vor und lässt sich hier­von auch nicht abbrin­gen. Man vere­in­bart schließlich, sich am 13. Dezem­ber 2006 um 15.30 Uhr am Hauptein­gang des Bahn­hofs in Eisen­hüt­ten­stadt zu tre­f­fen. Dieser Ort ist aber­mals mit Bedacht vom VS aus­gewählt, han­delt es sich doch um einen sehr kleinen Bahn­hof mit einem sehr über­schaubaren Vorplatz.

Zum vere­in­barten Ter­min schickt Klopp­stock wieder deut­lich vor der Zeit min­destens drei Per­so­n­en vor, um den Ort abzu­sich­ern. Ein Mit­dreißiger mit auf­fal­l­end sportlich­er Fig­ur wartet im Inneren des Bahn­hofs über eine Stunde lang vergebens auf den Aktivis­ten. Der etwa 1,80 Meter große und mit ein­er dun­klen Jacke bek­lei­dete VS´ler hat die Wollmütze tief ins Gesicht gezo­gen. Ein zweit­er, deut­lich älter­er und etwas dick­lich wirk­ender Mann mit brauner Daunen­jacke hält sich direkt vor dem Bahn­hof auf. Eine dritte Per­son observiert den Bahn­hofsvor­platz mit etwas Abstand zum Bahn­hof­s­ge­bäude. Er bewegt sich großräu­mig vor dem gesamten Bahn­hof. Während Klopp­stock mit seinen Kol­le­gen auch noch nach 16 Uhr am Bahn­hof auf den Aktivis­ten wartet, teilt dieser ihm per E‑Mail mit, dass er an ein­er Zusam­me­nar­beit nicht inter­essiert sei und von Klopp­stock nicht mehr kon­tak­tiert wer­den möchte.

Am näch­sten Vor­mit­tag meldet sich Klopp­stock dann ein let­ztes Mal per E‑Mail. Da die erst kür­zlich ein­gerichtete E‑Mail-Adresse bere­its wieder abgemeldet ist, benutzt er die alte Mailadresse des Aktivis­ten. Er sei einiger­maßen über­rascht ob des Ansin­nens des Aktivis­ten. Natür­lich akzep­tiere er die Entschei­dung. Ihn wür­den aber nichts­destotrotz die Hin­ter­gründe für die ablehnende Hal­tung des Aktivis­ten inter­essieren. Klopp­stock ver­lei­ht sein­er Hoff­nung Aus­druck, nochmals von dem Aktivis­ten zu hören. Vielle­icht liege ja nur ein Missver­ständ­nis vor.

Dieser Text stammt aus der in Ham­burg erscheinen­den Analyse und Kri­tik — Zeitung für linke Debat­te und Prax­is, Num­mer 513 vom 19.1.2007.

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Zwei Parteitage an einem Ort

Mit Über­raschun­gen ist bei der Neuwahl des Lan­desvor­standes der Linkspartei in Blossin am 3. Feb­ru­ar nicht zu rech­nen. Für die her­aus­ge­hobe­nen Ämter des Vor­sitzen­den und sein­er Stel­lvertreterin bewer­ben sich Thomas Nord und Kirsten Tackmann.

Gegenkan­di­dat­en haben sich bis­lang nicht gemeldet und es gibt auch kein­er­lei Anze­ichen dafür, dass noch welche auf­tauchen. Span­nend ist höch­stens, ob Nord mit einem besseren Ergeb­nis als 2005 gewählt wird. Unter dem Strich führte Nord den Lan­desver­band sou­verän und erfol­gre­ich. Vor zwei Jahren gab es ein Hick­hack um die Beset­zung des Chef­postens. Fast bis zulet­zt sah es so aus, als ob vielle­icht doch noch irgend­je­mand eine Kamp­fab­stim­mung erzwingt. Am Ende blieb Nord aber der einzige Kan­di­dat und erhielt 131 Ja- und 35 Nein-Stim­men bei vier Enthaltungen.
In einem Tätigkeits­bericht erin­nert der Lan­desvor­stand unter anderem an das erfol­gre­iche Abschnei­den bei der Bun­destagswahl 2005. Der offen­sive Kampf um zwei Direk­t­man­date in Ost­bran­den­burg sollte dazu beitra­gen, den Einzug ins Par­la­ment zu sich­ern, falls man unter fünf Prozent bleibt. Obwohl sich die Umfragew­erte durch das Zusam­menge­hen mit der Wahlal­ter­na­tive Arbeit & soziale Gerechtigkeit (WASG) erhe­blich verbesserten, hielt man an der Sicherungsleine Direk­t­man­date fest. »Let­ztlich war dies vielle­icht über­vor­sichtig«, ste­ht im Tätigkeitsbericht.

Ent­täuschend ver­liefen die Bürg­er­meis­ter­wahlen in Jüter­bog und Eber­swalde. Als Schlussfol­gerung daraus heißt es, die Pop­u­lar­ität der eige­nen Kan­di­dat­en sei über­schätzt wor­den und »soziale Gerechtigkeit« und »gläserne Rathäuser« seien keine wahlentschei­den­den kom­mu­nalen Themen.

Abge­seg­net wer­den soll eine Vere­in­barung zur Vere­ini­gung von Linkspartei und WASG. Auch die WASG hält am gle­ichen Woch­enende im Jugend­bil­dungszen­trum Blossin einen Lan­desparteitag ab. Sie hat eben­falls Vor­standswahlen auf dem Pro­gramm, wie Press­esprech­er Udo Bern­hard Linde erläutert.

Die räum­liche Nähe ist prak­tisch. Lan­des­geschäfts­führerin Maria Strauß schlägt den Delegierten ihrer Linkspartei vor, den Son­nta­gnach­mit­tag zu ein­er »gemein­samen Beratung« über die Entwürfe für eine Satzung und eine Finan­zord­nung zu nutzen.

Am 4. Feb­ru­ar berät die Linkspartei The­sen zu »Rechtsstaatlichkeit und Demokratie«. Hin­ter­grund ist eine Anre­gung des Bun­destagsab­ge­ord­neten Wolf­gang Neskovic. Dieser wün­schte sich, dass das The­ma Rechtsstaat im Leit­bild der Linken für die Entwick­lung Bran­den­burgs ein eigenes Kapi­tel bekommt.

Die Linke-Parteitag im Jugend­bil­dungszen­trum Blossin, 3. Feb­ru­ar ab 10 Uhr, 4. Feb­ru­ar ab 9 Uhr

Aus dem Entwurf ein­er Vere­in­barung zwis­chen Linkspartei und WASG in Bran­den­burg (Parteitags-Antrag):

• Die märkische Linkspartei und die märkische WASG »begrüßen die Absicht der Bun­desver­bände, sich in der Partei Die Linke zu vereinen«.

• Die Linkspartei und die WASG beab­sichti­gen, »in einem fairen und gerecht­en poli­tis­chen Umgang miteinan­der« Lan­desver­band von Die Linke zu werden.

• Grün­dungsparteitag auf Lan­desebene soll am 8. Sep­tem­ber sein.

• »Durch die beab­sichtigte Ver­schmelzung auf Bun­de­sebene am 15./16. Juni 2007 wird die WASG nach diesem Datum for­mal nicht mehr beste­hen.« Deshalb gibt es Regelun­gen, um die Vertre­tung von WASG-Mit­gliedern beim Parteitag am 8. Sep­tem­ber zu sich­ern. Es wird vere­in­bart, dass die märkische WASG vorher einen Parteitag abhält, die Grün­dungs­doku­mente berät und pro vier Mit­glieder einen Delegierten für den Grün­dungsparteitag bestimmt.

• Die WASG-Delegierten bilden vorüberge­hend eine Basisor­gan­i­sa­tion beim Linkspartei-Kreisver­band Bran­den­burg an der Havel.

• Dem Lan­desvor­stand der gemein­samen Partei sollen 20 Mit­glieder ange­hören, davon 20 Prozent ehe­ma­lige WASG-Mit­glieder, von denen ein­er den Posten eines stel­lvertre­tenden Lan­desvor­sitzen­den bekom­men soll. Die WASG nominiert diesen Stel­lvertreter am 2. Juni. 

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Herz und Flamme

Innen­stadt — Am Überbleib­sel des Karl- Liebknecht-Forums, der in den 90er Jahre in den hin­tern Teil des Lust­gartens ver­bracht­en Skulp­tur „Herz und Flamme der Rev­o­lu­tion“ von Theo Balden, traf sich gestern die Pots­damer Linke. Zur Ehrung der bei­den Mit­be­grün­der der KPD Karl Liebknecht und Rosa Lux­em­burg, die am 15. Jan­u­ar 1919 ermordet wor­den waren, hat­ten sich etwa 300 Per­so­n­en eingefunden.

Die jun­gen Josephine Michalke (Sozial­is­tis­che Arbeit­er­ju­gend „sol­id“) und Jens Drusch­ka (Linkspartei.PDS) präsen­tierten sich in ihren Ansprachen als Glob­al­isierungs­geg­n­er und riefen zur inter­na­tionalen Sol­i­dar­ität mit den armen und aus­ge­beuteten Völk­ern der Süd­hal­bkugel auf. Sie verurteil­ten die Diskri­m­inierung von Migranten und Homosexuellen.

Härtere Töne schlug Peter Lud­wig für die Pots­damer Orts­gruppe der KPD an. Er wärmte die These auf, die SPD trage die Hauptschuld daran, dass die Novem­ber­rev­o­lu­tion 1918 scheit­erte. Mit Hil­fe kon­ter­rev­o­lu­tionär­er Trup­pen habe sie den Weg Deutsch­lands in die sozial­is­tis­che Demokratie ver­baut. Es bleibe Auf­gabe der „Kom­mu­nis­ten und Sozial­is­ten“ von heute, sie gegen die herrschen­den Neolib­eralen durchzusetzen.

Lud­wig zog die Ergeb­nisse der Umfrage zum Stan­dort eines neuen Land­tags in Zweifel und erk­lärte, ein dem früheren Stadtschloss angenähert­er Bau in der Mitte Pots­dams bedeute die Ver­schwen­dung von öffentlichen Mit­teln zur Wieder­her­stel­lung von Sym­bol­en des über­holten Preußentums.

Zuvor hat­te der PDS-Kreisvor­sitzende Pete Heuer u.a. an die enge Verbindung Karl Liebknechts mit Pots­dam erin­nert, wo er im so genan­nten Kaiser­wahlkreis in den Reich­stag gewählt wurde und von seinen Genossen den Auf­trag erhal­ten haben soll, gegen die Kriegskred­ite für den Ersten Weltkrieg zu stim­men – was er im Dezem­ber 1914 dann auch als einziger Abge­ord­neter tat. „Wir wollen Rosa Lux­em­burgs und Karl Liebknechts gedenken — und ihren Mut, ihre Grundüberzeu­gung in die heutige Zeit tra­gen“, erk­lärte Heuer.

Alle Red­ner waren sich in der Prog­nose einig, dass die Linke im Aufwind ist und nach der Vere­ini­gung von PDS und WASG die Poli­tik in Deutsch­land wesentlich stärk­er als bish­er mitbes­tim­men wird. Immer wieder wurde auf die Berlin­er Liebknecht-Lux­em­burg-Demon­stra­tion ver­wiesen, an der in der Vor­woche etwa 50 000 Men­schen teilgenom­men hatten.

Zum Abschluss legten Ani­ta Tack und Hans-Jür­gen Schar­fen­berg für die Land­tags- und Stadt­frak­tion der PDS sowie linke Grup­pen und Einzelper­so­n­en am Mah­n­mal Blu­menge­binde nieder.

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