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Hätschelhans” und seine Bande

Hätschel­hans” und seine Bande

Wie eine ras­sis­tis­che Ter­ror­gruppe im Havel­land zehn Monate ihr Unwesen
treiben konnte

(MAZ) POTSDAM Während die Vor­sitzende des 1. Großen Straf­se­n­ats des Brandenburgischen
Ober­lan­des­gerichts, Gisela Thaeren-Daig, in ihrer mehr als zweistündigen
Urteils­be­grün­dung darüber sin­nierte, wie es so weit kom­men kon­nte, dass
zwölf 14- bis 18-jährige Schüler und Lehrlinge plan­mäßig rassistisch
motivierte Bran­dan­schläge auf Imbisse aus­ländis­ch­er Betreiber im
Havel­land verübten, beze­ich­nete im Gerichtssaal der Vater eines
Angeklagten die Rich­terin wieder­holt leise als ein “Stück Scheiße”. Und
als die Rich­terin den 20 Jahre alten Haup­tangeklagten Christo­pher H. für
dessen frem­den­feindliche Auf­fas­sung kri­tisierte, “die Aus­län­der” nähmen
“den Deutschen” “die Arbeit­splätze” weg, grum­melte der Mann in der
drit­ten Sitzrei­he: “Stimmt doch.” Nach der Ver­hand­lung meinte vor dem
Gebäude des Amts­gerichts Pots­dam auch eine Frau, man habe “von der
Rich­terin nichts anderes erwartet”. Alles werde verdreht. 

Er habe eine christliche Erziehung erhal­ten, hat­te Christo­pher H., der
Rädels­führer der ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung “Freiko­rps”, dem Gericht
während der zumeist nichtöf­fentlichen Ver­hand­lun­gen erzählt. Gegen Juden
habe er nichts, meinte der junge Mann aus Pausin bei Nauen, der nach
seinem Abitur mit der Durch­schnittsnote 2,6 eigentlich eine Kar­riere als
Beruf­s­sol­dat bei der Bun­deswehr anges­teuert hat­te. Auf dem Anzeigefeld
seines von der Polizei beschlagnahmten Handys erschien allerd­ings die
Karikatur eines Juden vor dem Konzen­tra­tionslager Buchen­wald mit einem
Zu-Satz, den Rich­terin Thaeren-Daig mit kein­er christlichen Erziehung
erk­lären kon­nte: “Ich habe Hunger, mir ist kalt, lasst mich schnell nach
Buchenwald.” 

Es sei dem Sen­at nicht gelun­gen zu erk­lären, warum sich die angeklagten
jun­gen Män­ner “als Her­ren über andere erhöht­en”, räumte Thaeren-Daig
ein. Die Gerichtsver­hand­lung habe nicht bewiesen, dass die Eltern ihre
Kinder zu Intol­er­anz und Frem­den­feindlichkeit erzo­gen hät­ten. Dennoch
müssten im Leben­sum­feld der Jugendlichen zahlre­iche Erwachsene
Grund­la­gen für das ras­sis­tis­che Gedankengut gelegt haben, ver­mutete die
Richterin. 

“Am lieb­sten het­ze ich gegen Juden” 

Die bei den Mit­gliedern der Ter­rorzelle ent­deck­ten rechtsextremen
Devo­tion­alien recht­fer­ti­gen nach Auf­fas­sung des Sen­ats die Bezeichnung
als “Neon­azis”. Bei einem Mit­glied fand die Polizei eine Fahne der
ver­bote­nen, mil­i­tan­ten recht­sex­tremen Grup­pierung “Blood & Hon­our”, auf
dem Com­put­er eines anderen leuchtete als Bild­schirm­schon­er der Text
“Deutsch­land den Deutschen, Aus­län­der raus”. Beliebt in der Gruppe war
auch das Lied der ver­bote­nen Neon­azi-Band “Landser” mit dem Titel “Der
Het­zer” und der Textzeile “Am lieb­sten het­ze ich gegen Juden. Und gegen
Kanaken, die belagern unser Land”. An der neon­azis­tis­chen Propaganda,
die teil­weise auch in den Jugendz­im­mern hing, nahm in den Familien
offen­bar nie­mand ern­sthaft Anstoß. Auch in der Schule sowie der
Frei­willi­gen Feuer­wehr, in der mehrere Jugendliche mitwirk­ten, reagierte
nie­mand auf die recht­sex­treme Gesin­nung. Die Serie von Brandstiftungen
wurde nur durch einen Zufall aufgek­lärt, weil ein Dorf­polizist Zeuge
eines Tele­fonge­spräch­es über die Anschläge wurde. 

Die jun­gen Angeklagten, die mit ihren Bran­dan­schlä­gen laut Gericht
“vorsät­zlich die strafrechtlich geschützten Grund­la­gen des friedlichen
Zusam­men­lebens” störten, entstammten nicht von Alko­holmiss­brauch und
Gewalt geprägten Fam­i­lien, son­dern vielmehr “bürg­er­lich geordneten
Ver­hält­nis­sen”, so die Sen­atsvor­sitzende. Die Täter besucht­en die
Schule, macht­en ihre Abschlüsse, erhiel­ten eine Lehrstelle. Schlosser
war der Vater des einen, Bau­mas­chin­ist, Infor­ma­tion­stech­niker, Tischler,
Kraft­fahrer oder Elek­tromon­teur waren die Väter von anderen. Manche
Eltern hat­ten es finanziell zu etwas gebracht, einige ein eigenes
Ein­fam­i­lien­haus gebaut. 

Als Christo­pher H. im Alter von 16 Jahren begann, zwei bis drei Jahre
jün­gere Schüler um sich zu scharen und mit ihnen im Wald neben dem Hof
der Eltern mil­itärische Spiele in Uni­for­men zu ver­anstal­ten, hat­ten H.s
Eltern nichts einzuwen­den. Sie seien vielmehr froh gewe­sen, so das
Gericht, dass ihr einzel­gän­gerisch­er “Hätschel­hans”, wie ein Verteidiger
ihn nan­nte, nicht mehr allein war. Christo­pher H. wurde auch dann nicht
zurecht­gewiesen, als der Tre­ff­punkt auf dem Hof mit einer
Reich­skriegs­flagge verklei­det wurde und recht­sex­treme Musik aus der
Sche­une tönte. 

Manche Opfer leben noch heute in Angst 

Vor den jun­gen Gle­ich­gesin­nten hielt der “beseelte Ausländerhasser”
(Thaeren-Daig) Christo­pher H. immer öfter Het­zre­den gegen Aus­län­der. Sie
hät­ten “nicht das Recht, sich hier niederzu­lassen”, und seien kriminell,
lautete der Tenor. “Wenn man rechts ist, hat man auch was gegen
Aus­län­der”, set­zte sich als Mei­n­ungsmuster all­ge­mein durch. Im Sommer
2003 glaubte H., Het­zti­raden allein reicht­en nicht aus. Man müsse etwas tun. 

Bei ein­er von ihm ein­berufe­nen Ver­samm­lung nahe dem elter­lichen Hof
grün­de­ten die jun­gen Neon­azis die mil­i­tante Untergrundorganisation
“Freiko­rps”. H. wurde als Anführer anerkan­nt, zwei weit­ere Jung­nazis zu
Schrift­führer und Kassier­er bes­timmt. Man vere­in­barte Fahrübungen,
redete über Fluchtwege und falsche Ali­bis. Ein Ver­lassen der Gruppe
wurde als “Ver­rat” stig­ma­tisiert. Das in dem Grün­dung­spro­tokoll notierte
Ziel der Kam­er­ad­schaft war es, Bran­dan­schläge auf Imbisse ausländischer
Betreiber zu verüben, um deren wirtschaftliche Exis­ten­z­grund­lage zu
ver­nicht­en. Zwis­chen der Grün­dung von “Freiko­rps” im August 2003 und der
Zer­schla­gung der Bande durch die Polizei im Juni 2004 wur­den manche
Imbisse sog­ar mehrfach angezün­det. Die Ver­sicherungssum­men würden
unbezahlbar wer­den und die Betreiber zum Ver­lassen des Havellands
zwin­gen, so das Kalkül. Manche der Opfer leben noch heute in Angst. 

Selb­stver­ständlich, so Sen­atsvor­sitzende Thaeren-Daig, sei das
“Freiko­rps” nicht mit Ter­ror­grup­pen wie al-Qai­da ver­gle­ich­bar. Doch auch
bei den jun­gen Leuten aus dem Havel­land “lag eine terroristische
Zielset­zung vor”, wie die Gen­er­al­staat­san­waltschaft in ihrer Anklage
her­aus­gear­beit­et hat­te. Die Anschläge richteten sich nicht gegen
indi­vidu­elle Aus­län­der, son­dern “gegen Aus­län­der als Aus­län­der” und
somit “gegen die Unan­tast­barkeit der Würde jedes einzel­nen”. “Freiko­rps”
wollte nicht nur Aus­län­der aus dem Havel­land und schließlich aus ganz
Bran­den­burg vertreiben, son­dern auch Zuzugs­bere­ite durch Einschüchterung
abschreck­en. Dadurch wäre ein “großer Anse­hensver­lust des Landes
Bran­den­burg möglich” gewesen. 

Es war von Säu­berun­gen die Rede

Am Ende des Pots­damer Neon­azi-Prozess­es stellt das Gericht fest: Angeklagte
woll­ten Aus­län­der vertreiben

(BM) Pots­dam — Christo­pher H. wirk­te klein und schmächtig zwis­chen seinen
Bewach­ern im Pots­damer Amts­gericht. Und es erschien angesichts seiner
kör­per­lichen Unter­legen­heit fast grotesk, als Hand­schellen aufgeschlossen
wur­den und die Jus­tizbe­di­en­steten arg­wöh­nisch in sein­er Nähe blieben. Doch
die Sicher­heitsvorkehrun­gen kamen nicht von unge­fähr. Der Abi­turi­ent war
Chef ein­er Bande, die zwis­chen August 2003 und Mai 2004 im Havel­land neun
Bran­dan­schläge auf Geschäfte von Türken und Viet­name­sen verübte. 

Der 20 Jahre alte “Rädels­führer” bekam vom 1. Straf­se­n­at des Brandenburger
Ober­lan­des­gericht­es auch die mit Abstand höch­ste Jugend­strafe: viereinhalb
Jahre wegen Grün­dung ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung und Brandstiftung.
Elf andere junge Män
ner — Auszu­bildende, Schüler, fünf von ihnen besitzen
die Fach­hochschul­reife — erhiel­ten Bewährungsstrafen zwis­chen acht Monaten
und zwei Jahren; der Sen­at wird ihnen zugute gehal­ten haben, daß sie unter
der Kura­tel von Christo­pher H. standen. Er soll schon als 14jähriger in
seinem bran­den­bur­gis­chen Dorf mit Jün­geren Kriegsspiele ver­anstal­tet haben.
Richtig ernst, sagte die Sen­atvor­sitzende Gisela Thaeren-Daig, sei es im
Juli 2003 gewor­den. Da hat­te H. auf einem Feld in Span­dau die Kameradschaft
“Freiko­rps” gegrün­det. Es gab einen Schrift­führer, einen Kassier­er, ein
Pro­tokoll. Auch die Ziele waren klar definiert: “Aus­län­der soll­ten aus der
Gegend ver­trieben wer­den”, beschrieb es Gisela Thaeren-Daig. Es sei unter
den jun­gen Leuten von “Säu­berun­gen” die Rede gewe­sen. Das stelle sie “auf
eine Stufe mit ras­sis­tis­chen Ver­brech­ern”. Dabei habe es inner­halb der
Kam­er­ad­schaft zwei Grup­pen gegeben: Während sich ein Teil nur als
Kraft­fahrer oder für andere Hil­fs­di­en­ste zur Ver­fü­gung stellte, war der
andere auch zu Anschlä­gen bereit. 

Ein wirk­lich­es Motiv für die recht­sex­treme Geis­te­shal­tung, resümierte die
Rich­terin, habe der Sen­at nicht find­en kön­nen. Die Angeklagten kämen
keineswegs — wie so oft bei ähn­lichen Fällen — aus dissozialen
Ver­hält­nis­sen. Die Eltern seien “das, was man bürg­er­lich nen­nt”, hätten
Arbeit, meist eigene Häuser, auch die Angeklagten selb­st hät­ten durch
Schu­la­b­schlüsse und Lehrverträge einen ordentlichen Start ins Leben gehabt.
Bemerkenswert sei aber schon, wie wenig die Hin­wen­dung der Angeklagten zum
Recht­sex­trem­is­mus aufge­fall­en sei. Deut­lich gewor­den sei es nur bei der
Mut­ter des Rädels­führers. Sie habe den Sohn “nach­haltig unter­stützt”. Gegen
die Frau läuft ein Ermit­tlungsver­fahren wegen Bei­hil­fe zur Brandstiftung. 

Aber auch andere, sagte Rich­terin Thaeren-Daig, hät­ten etwas mitbekommen
haben müssen. Nach den Fes­t­nah­men wur­den bei den jun­gen Leuten, die bis auf
eine Aus­nahme bei den Eltern wohn­ten, Nazi-Devo­tion­alien gefun­den; ebenso
das aus dem Inter­net herun­terge­ladene Buch “Mein Kampf”, Sprengstoff und
zuhauf CDs mit ein­schlägiger Musik: “Mit het­zen­den, wider­lichen Tex­ten, die
zur Gewalt gegen Fremde und Schwule aufrufen”, sagte Rich­terin Thaeren-Daig. 

Vor Gericht hät­ten die Angeklagten erk­lärt, sich vom Rechtsextremismus
abgewen­det zu haben. “Wir müssen das so zur Ken­nt­nis nehmen”, sagte sie
skep­tisch, “wir kön­nen ihnen nicht in die Köpfe gucken.” 

Neon­azis als Ter­ror­gruppe verurteilt

Jugendliche zün­de­ten Läden von Aus­län­dern an

(Berlin­er Zeitung) POTSDAM, 7. März. Im ersten Ter­ror­is­mus-Prozess Bran­den­burgs verurteilte das
Ober­lan­des­gericht am Mon­tag in Pots­dam zwölf Neon­azis zu teils mehrjährigen
Jugend­strafen. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass die Neon­azis aus
dem Havel­land zwis­chen August 2003 und Mai 2004 ins­ge­samt zehn
Bran­dan­schläge auf asi­atis­che und türkische Imbissstände verübten. Der
20-jährige Rädels­führer erhielt viere­in­halb Jahre Jugend­haft. Die übrigen
elf Angeklagten, zur Tatzeit zwis­chen 14 und 18 Jahre alt, bekamen
Jugend­strafen von acht Monat­en bis zu zwei Jahren, die zur Bewährung
aus­ge­set­zt wurden. 

Elf der Angeklagten sind wegen der Bil­dung ein­er ter­ror­is­tis­chen Vereinigung
verurteilt wor­den, ein Angeklagter, der später zur Gruppe gestoßen war,
wurde wegen Beteili­gung an den Bran­dan­schlä­gen belangt. Die Jugendlichen
hat­ten sich selb­st als “Freiko­rps” beze­ich­net und die Imbissstände nachts in
Brand geset­zt. Dabei ent­stand ein Sach­schaden von 800 000 Euro, Menschen
wur­den nicht verletzt. 

In der Urteils­be­grün­dung hieß es, wer aus­ländis­chen Mit­bürg­ern aus
Frem­den­hass das Recht abspreche, gle­ich­berechtigt am wirtschaftlichen Leben
teilzunehmen, störe vorsät­zlich die Grund­lage des freiheitlichen
Zusam­men­lebens und stelle sich auf eine Stufe mit ras­sis­tis­chen Verbrechern.
Die Richter stell­ten auch fest, dass es in der Schule keine ausreichende
Auseinan­der­set­zung mit dem offenkundig recht­sex­tremen Auftreten des
Haup­tangeklagten gegeben habe. Bran­den­burgs Innen­min­is­ter Jörg Schönbohm
(CDU) beze­ich­nete das Urteil als “streng, aber angemessen”. 

Inzwis­chen ermit­telt die Staat­san­waltschaft Pots­dam auch gegen die Mutter
des Haup­tangeklagten — wegen Bei­hil­fe. Sie soll die Tat­en ihres Sohnes
geduldet haben. 

Viere­in­halb Jahre für den Rädelsführer

(Berlin­er Zeitung) POTSDAM. Der Vor­wurf, ein­er ter­ror­is­tis­che Vere­ini­gung anzuge­hören, wiegt
schw­er. Deshalb hat­ten die Vertei­di­ger der zwölf jun­gen Neon­azis, die seit
fast drei Monat­en vor dem Bran­den­burg­er Ober­lan­des­gericht standen, immer
wieder ver­sucht, die Serie von zehn Bran­dan­schlä­gen auf aus­ländis­che Imbisse
als “Kinderkram” ein­er Gruppe von Pubertieren­den darzustellen. Doch am
Mon­tag wur­den elf der zwölf Jugendlichen für schuldig befun­den, Mit­glied der
neon­azis­tis­chen Ter­ror­gruppe “Freiko­rps” gewe­sen zu sein. Es war die erste
Verurteilung dieser Art in Brandenburg. 

Die Ein­stu­fung richte sich nicht danach, ob die Anschläge mit denen des
Ter­ror­net­zw­erkes El Kai­da ver­gle­ich­bar seien oder ob die Täter “gefährlich”
aussähen, sagte die Vor­sitzende Rich­terin Gisela Thaeren-Daig. Entscheidend
sei, dass die Gruppe das friedliche Zusam­men­leben mit Aus­län­dern durch
Anschläge zer­stören wollte. “Sie haben sich zu ein­er Untergrundorganisation
zusam­mengeschlossen, um mit Bran­dan­schlä­gen die wirtschaftliche
Exis­ten­z­grund­lage von Aus­län­dern im Havel­land zu ver­nicht­en und diese zu
vertreiben”, sagte die Richterin. 

Den Haup­tangeklagten Christo­pher H. beze­ich­nete das Gericht als “beseel­ten
Aus­län­der­has­s­er”. Der 20-jährige Abi­turi­ent wollte ABC-Waf­fen­spezial­ist bei
der Bun­deswehr wer­den. Er habe den Plan geschmiedet und umge­set­zt, eine
“Unter­grun­dor­gan­i­sa­tion mit gle­ich­gesin­nten recht­sex­tremen Per­so­n­en zu
gründen”. 

Toleriert, gebil­ligt, ignoriert 

Demon­stra­tio­nen oder Het­zre­den hätte sie als wirkungs­los zur Durchsetzung
ihrer Ziele ange­se­hen. “Sie woll­ten die Gegend von Aus­län­dern säu­bern, wie
sie es nan­nten”, sagte sie. Viere­in­halb Jahre muss Christo­pher H. ins
Gefäng­nis. Die anderen Angeklagten erhiel­ten Bewährungsstrafen. 

Das Gericht ver­suchte zu ergrün­den, warum aus den jun­gen Män­nern, die aus
“geord­neten Ver­hält­nis­sen” stam­men, Neon­azis wur­den. Die Ver­ant­wor­tung dafür
sieht die Rich­terin im Umfeld der Täter. Die Angeklagten hät­ten “sel­ten
Aus­län­der ken­nen gel­ernt und hat­ten auch kein Inter­esse daran”, sagte sie.
“Viele Erwach­sene müssen die Grund­lage dafür gelegt haben, dass sie
intol­er­ant wur­den und sich als Her­ren­men­schen auf­führten.” Die Eltern hätten
es toleriert, gebil­ligt oder ignori­ert, dass ihre Söhne — zur Tatzeit
2003/2004 zwis­chen 14 und 18 Jahre alt — in ihren Zimmern
Reich­skriegs­fah­nen, Hak­enkreuze, NSDAP-Abze­ichen hän­gen hat­ten und
massen­haft Musik­träger und Sym­bole von teil­weise ver­bote­nen rechtsextremen
Bands oder Organ­i­sa­tio­nen zusam­men tru­gen. Ein­er besaß Muni­tion und
Sprengstoff. Sie fotografierten sich bei Par­tys mit Hit­ler­gruß, einige luden
sich Hitlers “Mein Kampf” aus dem Inter­net auf den Com­put­er. Sie schickten
sich Bild­nachricht­en auf ihre Handys, die einen jüdisch ausse­hen­den Mann vor
dem KZ Buchen­wald zeigte. Dazu der Spruch: “Ich hab′ Hunger, mir ist kalt.
Lasst mich schnell nach Buchenwald.” 

Die Rich­terin sagte: “Sie kon­nten ihren krim­inellen Nei­gun­gen nachgehen,
unbe­hel­ligt von den Erwach­se­nen.” Die Mut­ter des Rädels­führers habe ihn
sog­ar unter­stützt. Zwar hät­ten die Angeklagten ihre Tat­en im Prozess
bedauert, ob dies glaub­haft sei, sei unklar geblieben. 

Das Gericht stufte die Gruppe ein­deutig als ter­ror­is­tis­che V
ere­ini­gung ein.
Die Jugendlichen hat­ten ein Grün­dung­spro­tokoll unterze­ich­net und
Mit­glieds­beiträge kassiert. Sie hat­te eine feste Hier­ar­chie mit Anführer und
Schrift­führer, mit Mit­gliedern, die die Brand­sätze war­fen oder als Fahrer
fungierten, Ali­bis beschafften und Fluchtwege auskund­schafteten. “Es wurden
Arm­binden mit der Auf­schrift Freiko­rps bestellt”, sagte die Rich­terin. Die
Angeklagten hat­ten sog­ar disku­tiert, sich ihre Blut­grup­pen ein­tä­towieren zu
lassen — ganz nach Vor­bild der SS

Beson­ders hohes Risiko in Brandenburg

(Berlin­er Zeitung) Und die Zahl recht­sex­trem­istis­ch­er Gewalt- und Straftat­en nimmt in
Bran­den­burg seit Jahren zu. Allein im ver­gan­genen Jahr stiegen die rechten
Gewalt­tat­en um 20 Prozent auf 105 Fälle an. Darunter waren auch zwei Fälle
von ver­suchtem Totschlag. So kon­nte ein türkisch­er Imbiss-Besitzer in Brück
(Pots­dam-Mit­tel­mark) einen Brand­satz, der in seine Gast­stätte geschleudert
wor­den war, noch rechtzeit­ig löschen. Ins­ge­samt stieg die Zahl
recht­sex­trem­istis­ch­er Straftat­en um 58 Fälle auf 1 051 Fälle. 

Recht­sex­treme Gewalt­täter sind zu 83 Prozent Jugendliche unter 21 Jahren.
Viele Tat­en wer­den spon­tan aus der Gruppe und unter Alkoholeinfluss
began­gen. Doch daneben gibt es straff organ­isierte Neon­azi-Grup­pierun­gen wie
etwa den so genan­nten Märkischen Heimatschutz, der rechtsextremistische
Pro­pa­gan­da betreibt. Nach Erken­nt­nis­sen der Staat­san­waltschaft wird der
Heimatschutz auch mit Sachbeschädi­gun­gen in zwei Arbeit­sagen­turen in
Verbindung gebracht. 

Keine Zuschüsse mehr 

Bran­den­burg gilt bei führen­den Köpfen der Neon­azi-Szene als sicheres
Rück­zugs­land. Eine dubiose Grup­pierung namens “Nationale Bewe­gung” wird
zudem für Bran­dan­schläge auf den Jüdis­chen Fried­hof in Pots­dam und auf
mehrere Imbissstände in den Jahren 2000 und 2001 ver­ant­wortlich gemacht.
Selb­st in Sicher­heit­skreisen bezweifelt man aber inzwis­chen, ob eine solche
Gruppe je wirk­lich existiert hat. 

Während die recht­sex­treme Gewalt einen neuen Höhep­unkt erre­icht hat,
stre­icht die Lan­desregierung dem Vere­in “Opfer­per­spek­tive” die Zuschüsse.
Der Vere­in küm­mert sich inten­siv um die Opfer rechter Gewalt. “Wir haben 45
000 Euro für dieses Jahr beantragt, aber nicht bekom­men”, sagt Dominique
John von der Opfer­per­spek­tive. Dadurch seien auch die 200 000 Euro aus dem
Bun­de­spro­gramm Civ­i­tas gefährdet, da sie durch die Lan­desmit­tel kofinanziert
wer­den müssten. Im ersten Hal­b­jahr 2005 habe der Vere­in noch ein­mal 100 000
Euro erhal­ten — aus Bundesmitteln. 

Neon­azi-Bande verurteilt

Erst­mals in Bran­den­burg wur­den Recht­sradikale als Ter­ror­is­ten eingestuft

(MAZ) POTSDAM Erst­mals sind in Bran­den­burg Neon­azis als Ter­ror­is­ten verurteilt
wor­den. Das Bran­den­bur­gis­che Ober­lan­des­gericht (OLG) verurteilte gestern in
Pots­dam elf der zwölf jun­gen Angeklagten wegen Grün­dung einer
ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung und fol­gte damit im Wesentlichen der Anklage der
Gen­er­al­staat­san­waltschaft des Lan­des Bran­den­burg. Es war die bundesweit
erste Verurteilung nach der Änderung des Para­graphen 129 a im Dezem­ber 2003,
der die Bil­dung ter­ror­is­tis­ch­er Vere­ini­gun­gen verfolgt. 

Der 20-jährige Rädels­führer der recht­sex­tremen Untergrundorganisation
“Freiko­rps”, der Abi­turi­ent Christo­pher H. aus Pausin im Havel­land, wurde zu
viere­in­halb Jahren Haft verurteilt, die elf Mit­täter bekamen
Bewährungsstrafen zwis­chen acht Monat­en und zwei Jahren. Einige hatten
ges­tanden, Bran­dan­schläge verübt zu haben. Zwis­chen August 2003 und Mai 2004
hat­ten Mit­glieder der Organ­i­sa­tion zehn Bran­dan­schläge auf Imbissbuden
aus­ländis­ch­er Betreiber im Havel­land verübt und dabei einen Sach­schaden von
etwa 800 000 Euro angerichtet. 

“Wenn sich elf junge Män­ner zu ein­er Vere­ini­gung zusam­men­schließen, ‚um das
Havel­land von Aus­län­dern zu säu­bern′, ist das ter­ror­is­tisch”, betonte die
Vor­sitzende Rich­terin des 1. Großen Straf­se­n­ats des OLG, Gisela
Thaeren-Daig, in der Urteils­be­grün­dung. Das im Grün­dung­spro­tokoll von
“Freiko­rps” notierte Ziel war es, Aus­län­der aus dem Havel­land und
schließlich aus ganz Bran­den­burg zu vertreiben. Wer so das friedliche
Zusam­men­leben störe, stelle sich “auf eine Stufe mit rassistischen
Ver­brech­ern”, so Thaeren-Daig. 

Mit den nach Jugen­drecht gefäll­ten Urteilen fol­gte das Gericht weitgehend
den Anträ­gen der Gen­er­al­staat­san­waltschaft, die gegen das Urteil keine
Rechtsmit­tel ein­le­gen will. Der Vertei­di­ger des Haup­tangeklagten Christopher
H. kündigte hinge­gen Revi­sion an. 

Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) würdigte das Urteil als Entschei­dung mit
Augen­maß. Es zeige sich, dass hier die Sozialkon­trolle durch Eltern, Schule
und Vere­ine ver­sagt habe. Nötig sei eine bre­ite Diskus­sion über die Ursachen
von Recht­sex­trem­is­mus in der Gesellschaft. 

Haft für recht­sex­treme Terroristen

Im Pots­damer “Freikorps”-Prozess erge­hen harte Urteile: Die Gruppe, die
Anschläge gegen Geschäfte von Zuwan­der­ern verübt hat, wird als
ter­ror­is­tis­che Vere­ini­gung eingestuft, der Haupt­täter muss auf Jahre ins
Gefäng­nis. Gericht: “Sig­nal an Neonazis”

(TAZ) Es hat ihnen alles nichts genützt. Die von der Vertei­di­gung als
“Jung­bul­len­herde” ver­harm­loste recht­sex­treme Kam­er­ad­schaft “Freiko­rps” ist
in Pots­dam wegen Bil­dung ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung verurteilt
worden. 

Das Bran­den­burg­er Ober­lan­des­gericht hat gegen alle zwölf Angeklagten
Haft­strafen ver­hängt, die bis auf eine zur Bewährung aus­ge­set­zt sind: Der
Haup­tangeklagte, der 20-jährige Christo­pher H., muss für viere­in­halb Jahre
ins Gefäng­nis. Damit fol­gt das Ober­lan­des­gericht dem Antrag der
Staat­san­waltschaft. Gegen H.s elf Mit­täter ergin­gen Bewährungsstrafen
zwis­chen acht Monat­en und zwei Jahren. 

Die Jugendlichen, die zur Tatzeit zwis­chen 14 und 19 Jahre alt waren, haben
zwis­chen August 2003 und Mai 2004 zehn Bran­dan­schläge auf Geschäfte und
Imbisse von Zuwan­der­ern verübt und einen Sach­schaden von 800.000 Euro
verur­sacht. Zuvor hat­ten sie die Ter­ror­gruppe “Freiko­rps” gegrün­det und ihr
Ziel, das Havel­land “aus­län­der­frei” zu machen, in ein­er Satzung
niedergelegt. Dazu bes­timmten sie einen Schrift­führer, den Verurteilten
Patrick P., sowie einen Kassier­er, Michael R. 

Während des Prozess­es hat­ten die Anwälte der Angeklagten den Tatvorwurf
“Bil­dung ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung” nach Para­graph 129a StGB
vehe­ment bestrit­ten und ver­sucht, ihre Man­dan­ten als fehlgeleit­ete Opfer des
Haup­tangeklagten hinzustellen. Zudem stell­ten sie in ihren Plädoyers
wahlweise auf den Alko­holpegel der Jugendlichen zur Tatzeit oder die
schwierige soziale Sit­u­a­tion in Ost­deutsch­land ab. 

In der Urteils­be­grün­dung heißt es nun deut­lich, wer Mit­bürg­ern aus
Frem­den­hass das Recht abspreche, am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Leben teilzunehmen, störe vorsät­zlich die Grund­lage des freiheitlichen
Zusam­men­lebens und stelle sich auf eine Stufe mit ras­sis­tis­chen Verbrechern.
Die Vor­sitzende Rich­terin sprach von einem “Sig­nal an alle Neon­azis”, die
sich aus der recht­sex­tremen Szene zurückziehen wollten. 

Die Angeklagten hät­ten “wie viele Jugendliche im Havel­land” eine
aus­län­der­feindliche Ein­stel­lung. In der Schule habe es keine ausreichende
Auseinan­der­set­zung mit dem offen recht­sex­tremen Auftreten des
Haup­tangeklagten gegeben, der zur Tatzeit sein Abitur ablegte. Ob sich die
Angeklagten, wie vor Gericht erk­lärt, wirk­lich von ihrem rechtsextremen
Denken gelöst haben, “bleibe nur zu wün­schen”, sagte die Vorsitzende
Richterin. 

Der Vere­in Opfer­per­spek­tive fordert nun vom Land ein “ein­deutiges Signal”.
Die Geschädigten hät­ten auch nach den Anschlä­gen ihre Geschäfte
weit­er­be­trieben. “Aber in groß
er Angst”, wie Kai Wen­del, Sprech­er der
Ini­tia­tive, der taz sagt. Das Land möge für die Geschäfte, die nur zu
astronomis­chen Sum­men ver­sicherbar seien, einen Bürgschafts­fonds auflegen.
Für Opfer von Kör­per­ver­let­zun­gen durch Recht­sex­treme gebe es dieses Modell
bere­its, das bei der Bun­de­san­waltschaft ange­siedelt sei. Das Land könne sich
die Kosten “von den Tätern zurückholen”. 

Recht­sex­treme Brand­s­tifter als Ter­ror­is­ten verurteilt

“Freiko­rps” wollte Aus­län­der vertreiben / Viere­in­halb Jahre Haft für
Rädelsführer

(Tagesspiegel) Pots­dam — Erst­mals in der Geschichte des Lan­des Bran­den­burg sind politische
Straftäter in einem Prozess als Ter­ror­is­ten eingestuft wor­den. Das
Ober­lan­des­gericht verurteilte den Rädels­führer der rechtsextremen
Unter­grund­gruppe “Freiko­rps”, Christo­pher H., wegen Rädels­führerschaft und
fünf Fällen von Brand­s­tiftung zu viere­in­halb Jahren Haft. Der 20- Jährige
hat­te eine Serie von Bran­dan­schlä­gen auf aus­ländis­che Klei­n­un­ternehmen im
Havel­land ini­ti­iert und zum Teil selb­st verübt. Die weit­eren elf
Angeklagten, alles Jugendliche und Her­anwach­sende, kamen mit Strafen
zwis­chen acht Monat­en und zwei Jahren Haft auf Bewährung davon. Das Gericht
erlegte ihnen außer­dem gemein­nützige Arbeit zwis­chen 100 und 200 Stunden
auf. 

Die Richter fol­gten weit­ge­hend der von Bran­den­burgs Generalstaatsanwalt
Erar­do Raut­en­berg for­mulierten Anklage. Die Angeklagten hät­ten das Ziel
ver­fol­gt, “Aus­län­dern durch Brand­s­tiftung die Exis­tenz zu nehmen” und sie zu
vertreiben, sagte Rich­terin Gisela Thaeren-Daig. Sie begrün­dete die
Verurteilung von elf der zwölf Angeklagten wegen Grün­dung einer
ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung unter anderem mit dem Schaden, den die
Brand­s­tiftun­gen dem Anse­hen der Bun­desre­pub­lik und Bran­den­burgs zugefügt
haben. “Die krim­inelle Energie war ganz mas­siv.” Die Rich­terin bescheinigte
den Angeklagten eine “ver­w­er­fliche Gesin­nung”. Die Vertei­di­ger hat­ten den
Vor­wurf der Bil­dung ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung zurück­gewiesen. Der
Anwalt des Haupt­täters kündigte Revi­sion an. 

Die Kam­er­ad­schaft “Freiko­rps” hat­ten elf Angeklagte auf Ini­tia­tive von
Christo­pher H. im Juli 2003 gegrün­det. Ein weit­er­er Recht­sex­trem­ist stieß im
Okto­ber dazu. Die Gruppe gab sich eine vere­in­sähn­liche Struk­tur mit
Schrift­führer und Kassier­er. Dann schlug “Freiko­rps” los: Von August 2003
bis Mai 2004 wur­den in Nauen, Briese­lang, Falkensee und Schönwalde
viet­name­sis­che und türkische Imbisse und Restau­rants sowie ein
viet­name­sis­ches Tex­tilgeschäft angezündet. 

Bei einem Anschlag verur­sacht­en H. und ein Mit­täter einen Großbrand: Als sie
Ende August 2003 in Nauen einen viet­name­sis­chen Imbiss ansteck­ten, griffen
die Flam­men auf ein Einkauf­szen­trum über. Allein dabei ent­stand Sachschaden
von mehr als ein­er hal­ben Mil­lion Euro. Ins­ge­samt richtete das “Freiko­rps”
Schä­den von mehr als 600 000 Euro an. Nur durch Zufall wurde kein Mensch
verletzt. 

Die Angeklagten nah­men das Urteil ohne erkennbare Regung auf. Einige hätten
sich entschuldigt, sagte die Rich­terin. Gen­er­al­staat­san­walt Rautenberg
berichtete später, gegen die Mut­ter des Rädels­führers H. sei ein Verfahren
wegen Bei­hil­fe zur Brand­s­tiftung ein­geleit­et wor­den. Außer­dem werde gegen
einen Jugendlichen ermit­telt, der von den Straftat­en gewusst, sie aber nicht
angezeigt haben soll. Der Fall “Freiko­rps” hat­te über Bran­den­burg hinaus
Auf­se­hen erregt, weil mehreren Bürg­ern das Treiben der Ter­ror­gruppe bekannt
gewe­sen sein soll, ohne dass die Polizei informiert wurde. 

Rat­losigkeit über die rechte Ter­ror­gruppe aus Pausin

Viere­in­halb Jahre Haft für Haup­tangeklagten im Neonazi-Prozess

(LR) Auf der Anklage­bank saßen zwölf Jugendliche — unsicht­bar daneben aber auch
die Eltern, die Lehrer, ein ganzes Dorf. Sollte nie­mand der knapp 750
Ein­wohn­er in der Havel­land-Gemeinde Pausin bemerkt haben, dass die
Jugendlichen unver­hohlen aus­län­der­feindlich waren? Die Vor­sitzende Richterin
im Pots­damer Neon­azi-Prozess, Gisela Thaeren-Daig, for­mulierte es bei der
Urteils­be­grün­dung gestern in Pots­dam vor­sichtig: “Wir haben keine Hinweise
auf eine rechts­gerichtete Erziehung”, es habe aber auch keine Reak­tion auf
die offen zur Schau getra­gene Ein­stel­lung der Jugendlichen gegeben. 

“Das Gericht geht davon aus, dass viele Erwach­sene die rechte Einstellung
teil­ten”, sagte Thaeren-Daig. “Die Angeklagten müssten doch in der Schule
Grund­be­griffe von Men­schlichkeit und Tol­er­anz gel­ernt haben.” Letztlich
kon­nte aber nicht fest­gestellt wer­den, wie es zu der Entwick­lung kam, räumte
sie rat­los ein. Für Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) ist klar: Die soziale
Kon­trolle von Eltern, Lehrern und Vere­inen hat versagt. 

Elf Jugendliche hat­ten in dem 750-Ein­wohn­er-Ort Pausin bei Nauen eine
rechts­gerichtete Kam­er­ad­schaft gegrün­det. Ein zwölfter stieß später dazu.
Sie ver­anstal­teten Par­tys in der elter­lichen Sche­une des Rädelsführers.
Diese war geschmückt mit der Reich­skriegs­flagge, rechte Lieder wurden
gespielt, der Hit­ler­gruß gezeigt. 

Zwei der Angeklagten hat­ten auf ihrem Handy-Bild­schirm die Karikatur eines
Juden vor einem KZ. “Den Text dazu muss man sich auf der Zunge zergehen
lassen”, sagte die Rich­terin sichtlich erschüt­tert und zitierte: “Ich hab
Hunger, mir ist kalt, lasst mich schnell nach Buchen­wald”. Auf einem der
Com­put­er wurde Hitlers “Mein Kampf” gefunden. 

Der Haupt­täter, der zu viere­in­halb Jahren Jugend­strafe verurteilt wurde,
habe von seinem Eltern­haus keine Kor­rek­turen zu erwarten gehabt, kritisierte
das Ober­lan­des­gericht. Im Gegen­teil: Gegen die Mut­ter ermit­telt die
Staat­san­waltschaft wegen Bei­hil­fe zu den Anschlä­gen. Sin­ngemäß soll sie
gesagt haben: “Lasst euch nicht erwis­chen!” Sie habe den Sohn in seiner
men­schen­ver­ach­t­en­den Gesin­nung bestärkt. 

Sehr geheim kann die Gruppe kaum gewe­sen sein. Sie zogen mit alten NVA- und
Feuer­wehruni­for­men neb­st Stahlhel­men durch den Wald und veranstalteten
Schießübun­gen mit Luft­gewehren. Eine pubertierende “Jung­bul­len­herde” eben,
sagte ein­er der Vertei­di­ger in seinem Plä­doy­er. Das sahen wohl auch die
Nach­barn so. Erst durch einen anony­men Anruf bei der Polizei flog die
Kam­er­ad­schaft auf. 

Die Hypothese von zer­rüt­teten Ver­hält­nis­sen und Arbeit­slosigkeit als Anstoß
für eine rechts­gerichtete Entwick­lung greift hier nicht. Die Jugendlichen
stammten alle aus bürg­er­lichen Ver­hält­nis­sen, betonte das Gericht. Sie sind
Schüler, Lehrlinge oder ste­hen schon im Beruf. Sie haben zumeist
beruf­stätige Eltern, die in Eigen­heimen wohnen. Allerd­ings hät­ten sie auch
kaum Gele­gen­heit gehabt, Aus­län­der ken­nen zu lernen. 

Auch in der Schule, dem human­is­tis­chen Goethe-Gym­na­si­um in Nauen, war der
Rädels­führer bekan­nt für seine Ansicht­en. Seine Vor­liebe für Chemie und
explo­sive Exper­i­mente bracht­en ihm den Spitz­na­men “Bombi” ein. In der
Abitur-Zeitung 2004 urteil­ten seine Mitschüler über den 20-Jährigen
(Abitur-Note 2,6): “Ähn­lichkeit­en zu einem öster­re­ichis­chen Diktator;
gefährlich; Größen­wahn.” Er selb­st ver­sprach an gle­ich­er Stelle: “Ihr hört
noch von mir.” 

Hin­ter­grund Revi­sion angekündigt 

Nach den Urteilen hat der Vertei­di­ger des Haup­tangeklagten, Michael
Tschirschke, Revi­sion angekündigt. Alle zwölf Vertei­di­ger seien sich vor dem
Urteil einig gewe­sen, dass es nicht zu ein­er Verurteilung wegen Gründung
ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung kom­men könne, sagte er gestern. Das Land
Bran­den­burg sei durch die Anschläge auf Imbisse und Geschäfte von Ausländern
nicht geschädigt worden.

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DNA-Tests: CDU lobt SPD-Haltung

(MAZ) In der Frage von DNA-Tests bei der Ver­brechens­bekämp­fung bewe­gen sich
Bran­den­burgs Koali­tion­spart­ner aufeinan­der zu. Innen­min­is­ter Jörg Schönbohm
(CDU) begrüßte am Mon­tag, dass sich die SPD inzwis­chen offen­bar der Haltung
sein­er Partei zum genetis­chen Fin­ger­ab­druck angenähert habe. Die
innen­poli­tis­che Sprecherin der SPD-Land­tags­frak­tion, Brit­ta Stark, hatte
sich zuvor “für eine teil­weise Ausweitung der DNA-Tests” ausgesprochen.
Grundbe­din­gung sei jedoch die Ein­hal­tung der Persönlichkeitsrechte. 

Um sie zu schützen, schlägt die SPD-Poli­tik­erin vor, die missbräuchliche
Nutzung von DNA-Dat­en unter Strafe zu stellen. Jet­zt müsse abgewartet
wer­den, wie sich die SPD-Frak­tion ins­ge­samt posi­tion­iere, sagte Schönbohm.
Offen­bar sei diese aber auf dem richti­gen Weg. DNA-Tests wirk­ten auf
poten­zielle Täter abschreck­end. Die Per­sön­lichkeit­srechte der Betroffenen
wür­den keines­falls mehr als bei einem nor­malen Fin­ger­ab­druck eingeschränkt.
Nun sei die Lan­desregierung gefordert, eine entsprechende
Bun­desratsini­tia­tive einzubringen. 

Der Bund Deutsch­er Krim­i­nal­beamter (BDK) kri­tisierte Starks Äußerun­gen als
“halb­herzig”. Deren Vorschlag bleibe “unkonkret und nicht fass­bar”, sagte
der BDK-Lan­desvor­sitzende Wolf­gang Bauch. So sei unklar, was Stark meine:
nur eine stärkere Nutzung von DNA-Analy­sen im Rah­men gel­tenden Rechts oder
eine Gle­ich­set­zung des “genetis­chen Fin­ger­ab­drucks” mit dem herkömmlichen
Fingerabdruck. 

Die SPD-Frak­tion müsse “klar pos­i­tiv” Farbe zur Geset­zesini­tia­tive der
Län­der Hes­sen, Bay­ern, Ham­burg, Saar­land und Thürin­gen beken­nen und so den
Weg für ein Ja Bran­den­burgs im Bun­desrat frei machen, forderte Bauch. Die
Ini­tia­tive strebt eine Gle­ich­stel­lung von DNA- Tests mit der
erken­nungs­di­en­stlichen Behand­lung und den Fort­fall des Richter­vor­be­halts an. 

“Das The­ma ist vielschichtig und muss in Ruhe disku­tiert wer­den”, bemerkte
der Sprech­er der SPD-Land­tags­frak­tion, Flo­ri­an Engels und wies gleichzeitig
die Kri­tik des Bun­des Deutsch­er Krim­i­nal­beamter als unbe­grün­det zurück.

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Kontroverse um Gedenken

(MAZ) BELZIG Die für den 28. April geplante Feier­stunde des Kreistages
Pots­dam-Mit­tel­mark zum 60. Jahrestag der Befreiung hat in der jüngsten
Sitzung des Gremi­ums eine poli­tis­che Debat­te um die his­torische Einordnung
von Tätern, Opfern und Befreiern ausgelöst. 

Anlass des Stre­it­ge­sprächs war der einge­brachte Beschlusstext, mit dem die
Feier­stunde im kom­menden Plenum for­mal besiegelt wer­den und die inhaltliche
Ver­ant­wor­tung an Lan­drat Lothar Koch (SPD) über­tra­gen wer­den sollte. Er hat
ver­sichert, einen würdi­gen Rah­men und einen geeigneten Red­ner zu find­en. Die
Entste­hung und die Bear­beitung des let­ztlich von Par­la­mentschef Christian
Stein (CDU) unterze­ich­neten Antrages wur­den schließlich kontrovers
disku­tiert. Ursprünglich war die Ini­tia­tive für das Gedenken von der
PDS-Frak­tion aus­ge­gan­gen, deren Vor­sitzende Ilona Her­mann sich angesichts
der “ober­fläch­lichen, his­torisch und poli­tisch unko­r­rek­ten” Vor­lage, in
deren Betr­e­f­fzeile vom “60. Jahrestag der Beendi­gung des Zweiten
Weltkrieges” die Rede ist, zu ein­er per­sön­lichen Erk­lärung ver­an­lasst sah.
Auch wenn der eigentliche Beschlusstext die Befreiung vom Faschismus
benenne, genüge er in der Begrün­dung nicht der angemesse­nen komplexen
Einord­nung. Den Wider­spruch der Sozial­istin rief vor allem dieser Satz
inner­halb des fünf Zeilen-Textes her­vor: “Der Tod von Mil­lio­nen Sol­dat­en und
Zivilis­ten, von Gefan­genen und Flüchtlin­gen in ganz Europa wird von uns
betrauert.” — “Hier wer­den all­ge­mein Opfer betrauert und die Täter nicht
genan­nt. Dieser Krieg und auch die gezielte Ermor­dung von sechs Millionen
Juden sind von Deutsch­land aus­ge­gan­gen”. Darauf zu ver­weisen gehöre zum
Opferge­denken, “das muss man deshalb auch öffentlich sagen.” Eben­so sei die
Befreier­leis­tung der Alli­ierten deut­lich zu benen­nen. “Die Deutschen haben
sich nicht aus eigen­em Willen vom Faschis­mus befre­it.” Aus Bertolt Brechts
Antikriegs­fi­bel den bekan­nten Satz “Der Schoß ist frucht­bar noch, aus dem
das kroch” zitierend, mah­nte sie angesichts erstark­ender rechtsextremer
Ten­den­zen eine beson­ders zweifels­freie Inter­pre­ta­tion der Geschichte an. 

Die Befreiung habe nicht allen Deutschen die Frei­heit gebracht, warf
FDP-Frak­tion­schef Hans-Peter Goetz ein und gab die Ver­ant­wor­tung für eine
würdi­ge und umfassende Behand­lung der The­matik fürder­hin an den Lan­drat ab.
Seine Frak­tion­skol­le­gin Han­nelore Hein­rich sprach sich für ein Gedenken der
Opfer “an allen Fron­ten und unter der Zivil­bevölkerung” aus und zitierte in
rus­sis­ch­er Sprache eine Grab­steinin­schrift im heuti­gen St. Peters­burg: “Über
der Asche der Toten Friede den Leben­den”. Es gebe beispiel­sweise mit dem
Volk­strauertag genü­gend Gedenk­tage für die Opfer aller Fron­ten, konterte
Axel Müller (Bünd­nis 90/Die Grü­nen). Am 8. Mai werde der “Befreiung vom
Hitler­faschis­mus und dem Grauen ein­er produktionsmäßigen
Men­schen­ver­nich­tung” gedacht. 

Der SPD-Frak­tionsvor­sitzende Man­fred Schulz indes gab seine Empörung
angesichts der “Debat­ten über Selb­stver­ständlichkeit­en” zur Ken­nt­nis und
ließ eine konkrete Posi­tion im deut­lich dif­ferieren­den Mei­n­ungsspek­trum um
Pri­or­isierung, Gle­ich­set­zung und Dif­feren­zierung von Opfern unausgesprochen.

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Schon immer hart im Nehmen

(MAZ) Ameri­ka ist das Land der Frei­heit. Doch Frei­heit hat ihren Preis. Deswegen
ist Ameri­ka zugle­ich auch das Land der Todesstrafe. “Dieser Staat war schon
immer hart im Nehmen. Aber härter noch im Austeilen”, heißt es folgerichtig
auch im neuesten Stück der Comédie Soleil. “Death Row Val­ley oder Gilmores
let­zter Gang” passt insofern her­vor­ra­gend zur derzeit verbreiteten
Anti-Amerika-Stimmung. 

Auf der Bühne zwei große Käfige. Nicht für Tiere, für Men­schen. Guantanamo
lässt grüßen. Damit jed­er gle­ich weiß, in welchem Film er ist, hängt am
Git­ter die Fahne der Vere­inigten Staat­en. In der linken Zelle lässt sich ein
Häftling die Hosen runter und sitzt auf dem Klo. Die rechte Gefängniszelle
ist leer. Zwei Polizis­ten führen einen weit­eren Inhaftierten in seine Zelle
zurück. Wieder ein­mal ist die Hin­rich­tung des zweifachen Mörders Gilmore in
let­zter Sekunde abge­blasen worden. 

Wärter Jack find­et das nicht gut. Schüt­telt den Kopf. Nenad Zan­ic überzeugt
in der Rolle als Cop. Sieht mit Kotelet­ten und Kinnback­en­bart aus wie der
Polizist von den Vil­lage Peo­ple (YMCA) und ist streng, aber gerecht. Wärter
Bill wird von Gior­gio Vin­di­ni dage­gen als sarkastis­ch­er Nazi gespielt, der
die Gefan­genen am lieb­sten selb­st umle­gen würde: “Mörder sind Abschaum. Und
Abschaum spült man in den Gul­li”, grinst er. 

Zwei Men­schen hat Gilmore umge­bracht. Einen Tankwart und einen Motelmanager.
Warum, wird eigentlich den ganzen Abend nicht klar. Über­haupt nimmt man Marc
Marc­hand den bru­tal­en Schw­erver­brech­er nicht ab. Er ist wed­er kalt noch irr.
Will zwar endlich die Strafe, die er ver­di­ent. Ist aber nicht verzweifelt
oder lebens­müde, weil das Todesurteil ein ums andere mal aufgeschoben wird.
Ein paar mal wird er am Abend abge­führt und wieder zurück in die Zelle
gebracht. Licht aus, Licht an. Selb­st­mord­ver­such. Misslingt. Zweimal. 

Dazwis­chen träge Dialoge und Sätze wie: “Weißt du wie es ist, einen Menschen
zu töten? Es ist nicht schön. Es ist grauen­haft.” Draußen vor dem Todestrakt
demon­stri­eren Men­schen dage­gen, dass seit zehn Jahren in Utah erstmals
wieder ein Todesurteil voll­streckt wird, andere melden sich frei­willig, um
die Hin­rich­tung auszuführen. Drin­nen gibt der zweite Häftling (Sebas­t­ian
Wirnitzer) den debilen Affen. So sehen Verge­waltiger also aus! Am Ende wird
Gilmore dann doch noch umge­bracht und alles hört so auf, wie es begonnen
hat. Zäh. 

Die von Michael Klemm geschriebene Vor­lage wirkt über weite Pas­sagen ein
wenig unmo­tiviert, die behäbi­gen Schaus­piel­er ger­at­en ein­fach nicht ins
Spie­len. Mit einem Gefäng­nis-Stück hat sich das Hin­ter­hofthe­ater das Leben
allerd­ings auch selb­st schw­er gemacht. Dabei hät­ten sie doch alle
Frei­heit­en. Man ist hier ja nicht in den USA

Death Row Val­ley oder Gilmores let­zter Gang. Comédie Soleil, Feuerbachstr.
3, näch­ste Vorstel­lun­gen 10. bis 13. und 17. bis 20. März jew­eils 20 Uhr.

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Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen

(MAZ) Mon­tag, kurz vor Mit­ter­nacht, fiel der Polizei bei ein­er Streife in der
Karl-Marx-Straße ein ihr bekan­nter 18-Jähriger auf, der zum einen eine Mütze
mit dem “Thor Steinar”-Symbol trug als auch einen Pullover mit dem Aufdruck
CONSDAPLE”, wobei nur die Buch­staben “NSDAP” durch die halb geöffnete Jacke
erkennbar waren. Nach dem Tatvor­wurf und der Bekan­nt­gabe der Beschlagnahme
der rel­e­van­ten Bek­lei­dung, belei­digte der alko­holisierte Jugendliche, ein
Atemalko­holtest ergab einen Wert von 1,31 Promille, die Polizis­ten mit 

unter­schiedlich­sten vul­gären Aus­drück­en. Bei der darauf angeordneten
Blu­tent­nahme schlug er wild um sich, kon­nte jedoch durch einfache
kör­per­liche Gewalt ruhig gestellt werden.

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Berufung im Polizistenprozess

(LR) Die Staat­san­waltschaft Cot­tbus wird Rechtsmit­tel gegen den vorige Woche vom
Amts­gericht Cot­tbus ergan­genen Freis­pruch für zwei Cot­tbuser Kriminalbeamte
ein­le­gen. Das kündigte Behör­den­sprecherin Heike Lün­ne­mann an. 

Den Beamten war in Zusam­men­hang mit dem Ein­satz eines
Spezialein­satzkom­man­dos (SEK) im Novem­ber 2002 an ein­er Tankstelle in
Sprem­berg Frei­heits­ber­aubung und Kör­per­ver­let­zung im Amt vorge­wor­fen worden
(die RUNDSCHAU berichtete). 

Das Gericht sah jedoch die Anforderung des SEK als eben­so gerecht­fer­tigt an,
wie die anschließende vorüberge­hende Fes­t­nahme eines Verdächti­gen und lehnte
deshalb eine Verurteilung bei­der Polizis­ten ab.

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Neonazi-Bande als terroristische Vereinigung verurteilt

(Frank­furter Rund­schau) Pots­dam (dpa) — Elf junge Neon­azis sind am Mon­tag in Pots­dam wegen der Grün­dung ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung verurteilt wor­den. Das Bran­den­bur­gis­che Ober­lan­des­gericht (OLG) verurteilte den Rädels­führer zu viere­in­halb Jahren Haft, die elf Mit­täter zu Bewährungsstrafen zwis­chen acht Monat­en und zwei Jahren. 

Der zwölfte Angeklagte war erst nach Grün­dung der Vere­ini­gung dazugestoßen. Einige hat­ten ges­tanden, Anschläge auf Geschäfte und Imbisse von Aus­län­dern verübt zu haben (Az 1–5600 OJs 1/04 (1/05)).

“Wenn sich elf junge Män­ner zu ein­er Vere­ini­gung zusam­men­schließen, um “das Havel­land von Aus­län­dern zu säu­bern”, ist das ter­ror­is­tisch”, betonte die Vor­sitzende Rich­terin des Staatss­chutzse­n­ats, Gisela Thaeren-Daig, in der Urteils­be­grün­dung. Wer auf diese Art das friedliche Zusam­men­leben störe, der stelle sich “auf eine Stufe mit ras­sis­tis­chen Ver­brech­ern”. Fast alle hät­ten eine aus­län­der­feindliche Ein­stel­lung gehabt. 

Es war die bun­desweit erste Verurteilung nach der Änderung des Para­graphen 129 a) — Bil­dung ter­ror­is­tis­ch­er Vere­ini­gun­gen — im Dezem­ber 2003. Ende der 70er und in den 80er Jahren gab es zulet­zt mehrere Verurteilun­gen in der recht­en Szene wegen Bil­dung ter­ror­is­tis­ch­er Vereinigungen. 

Mit den nach Jugen­drecht gefäll­ten Urteilen fol­gte das Gericht im Wesentlichen den Anträ­gen der Gen­er­al­staat­san­waltschaft. Die Vertei­di­gung hat­te für fünf der Angeklagten Bewährungsstrafen beantragt, für einen gemein­nützige Arbeit und für den Rest Freis­pruch. Für sie ist der Tatvor­wurf der Grün­dung ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung nicht erfüllt. Der Vertei­di­ger des Haup­tangeklagten will Revi­sion beantragen. 

Zur Tatzeit waren die Verurteil­ten zwis­chen 14 und 18 Jahre alt. Nach Auf­fas­sung des Gerichts woll­ten sie mit den zwis­chen August 2003 und Mai 2004 verübten zehn Anschlä­gen Aus­län­der vertreiben. Es sollte “ein Fanal” geset­zt wer­den, um ein Kli­ma der Angst zu ver­bre­it­en. Dazu grün­de­ten sie die rechts­gerichtete Kam­er­ad­schaft “Freiko­rps”. Ver­let­zt wurde bei den Anschlä­gen nie­mand. Der Sach­schaden betrug rund 800 000 Euro. 

Nach Aus­sagen einiger Angeklagter wurde der heute 20-jährige Haup­tangeklagte — ein Abi­turi­ent — nach der “Freikorps”-Gründung zum Anführer, andere zum Schrift­führer oder Kassier­er ernan­nt. Die aus­län­der­feindlichen Ziele seien fest­gelegt wor­den. Das schriftliche Pro­tokoll, das von elf Angeklagten mit Ini­tialen unterze­ich­net wurde, sei später ver­nichtet wor­den. “Dieser Grup­pen­wille war ursäch­lich für die Anschläge”, sagte die Richterin. 

Gen­er­al­staat­san­walt Erar­do Raut­en­berg zeigte sich zufrieden mit dem Urteil. Es sei richtig, den Anfän­gen des Recht­sex­trem­is­mus kon­se­quent ent­ge­gen­zutreten. Bran­den­burgs Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) sprach von einem deut­lichen Urteil mit Augen­maß. Die soziale Kon­trolle durch Eltern, Schule und Vere­ine habe hier ver­sagt. Er hoffe jet­zt auf eine bre­ite Diskus­sion über den Umgang mit dem Rechtsextremismus.

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Schüler auf jüdischen Spuren

BRANDENBURG Es war eine stolze Reak­tion auf ein ver­brecherisches Gesetz. Als
die Nation­al­sozial­is­ten in den Rassege­set­zen von 1935 Juden die Benutzung
öffentlich­er Badeanstal­ten ver­boten, ließ die jüdisch-brandenburgische
Hut­mach­er-Fam­i­lie Sil­ber­mann sich kurz­er­hand ein eigenes Schwimm­bad bauen,
in dem ihre Kinder ungestört — und legal — plan­schen kon­nten. Lokale
Begeben­heit­en wie diese haben fünf Schüler der Gesamtschule Gör­den zwei
Jahre lang gesam­melt und in einem far­bigen Band mit dem Arbeit­sti­tel “Juden
in Bran­den­burg” zusam­mengestellt. Das bis­lang lediglich in Probeexemplaren -
müh­sam auf Far­bkopier­ern — gedruck­te Werk ist in der Geschichtsschreibung
der Stadt ohne Beispiel. 

“Eine solche Doku­men­ta­tion ist ein Aushängeschild für die Stadt”, lobt
Gen­er­al­staat­san­walt Erar­do Raut­en­berg die Schüler. Zusam­men mit seinen
Fre­un­den vom Rotary-Club will Raut­en­berg das Werk zur Druck­reife bringen.
Die Auflage soll so hoch sein, dass nicht nur die Bran­den­burg­er Schulen mit
dem Mate­r­i­al arbeit­en, son­dern auch inter­essierte Bürg­er Exem­plare erwerben
kön­nen. Die Lan­deszen­trale für poli­tis­che Bil­dung hat schon För­der­mit­tel in
Aus­sicht gestellt. “Der Band wird wegge­hen wie warme Sem­meln”, prophezeit
Lan­deszen­tralen-Lei­t­erin Mar­ti­na Weyrauch. Wer das mit vie­len historischen
Ansicht­en und Porträts aufgemachte Buch auf­schlägt, legt es nicht mehr aus
der Hand. Die ganze ver­sunkene Welt des Bran­den­burg­er Juden­tums erste­ht auf
den Seit­en neu. Und es gibt ordentlich etwas zu sehen. So haben die Autoren
auf alten Ansicht­skarten jüdis­che Geschäfte markiert, Briefe und
Amtss­chreiben sind in Fak­sim­i­les abge­druckt. So belegt etwa eine Namensliste
des Von-Saldern-Gym­na­si­ums, dass 1890 rund 20 jüdis­che Schüler die Anstalt
besucht­en. 1938 war es ger­ade noch ein­er, 1939 war die Saldria “juden­frei”,
wie sich die Faschis­ten brüsteten. 

Zwei Nach­mit­tage in der Woche haben die Schüler ihrem Großpro­jekt geopfert -
rund 500 Stun­den im Ganzen, rech­net Lehrerin Renate Kühn vor. Bei ihren
Recherchen und Inter­views haben sich die Schüler großen Respekt bei der
jüdis­chen Gemeinde erwor­ben. “Vor zwei Jahren hat man uns zum Chanukka-Fest
ein­ge­laden — das war eine große Ehre”, sagt die 16-jährige Katha­ri­na Koppe.
Die Elftk­läss­lerin und ihr Mitschüler Christoph Windis­chmann, der die Seiten
zum jüdis­chen Fried­hof beis­teuerte, sind nun mit dem Pro­jekt allein — drei
andere Schüler sind bere­its ins Beruf­sleben ges­tartet. Inhaltlich beschränkt
sich die Arbeit keineswegs auf die Hitler-Jahre — einen moral­isieren­den Ton
ver­mei­den die jun­gen Autoren sehr zum Vorteil ihres Werks. Der Band beginnt
bei den Anfän­gen jüdis­chen Lebens im 14. Jahrhun­dert und endet in der
Gegen­wart. Die Schüler haben jüdis­che Aussiedler in Hohen­stück­en besucht und
deren Erleb­nisse in han­dliche Kurzbi­ografien gepackt. 

Zum 30. Jubiläum des Schul­stan­dorts auf dem Gör­den am 1. Sep­tem­ber sollen
die druck­reifen Bände vorliegen.

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Länder scheuen Vereinigung des Datenschutzes

Pots­dam (MOZ) Bran­den­burg und Berlin suchen jew­eils einen neuen
Daten­schutzbeauf­tragten. Die Berlin­er kön­nten Alexan­der Dix erhal­ten, dessen
Amt­szeit in Pots­dam nicht ver­längert wurde. Die Idee eines gemeinsamen
Beauf­tragten ist jet­zt wieder beerdigt worden. 

Die Zeit schien gün­stig zu sein. Bei­de Län­der benöti­gen einen neuen
Daten­schutzbeauf­tragten. Also, so fragte SPD-Chef Gün­ter Baaske, warum nicht
gle­ich einen für bei­de Län­der bestallen. Ende ver­gan­gener Woche beerdigte
der Sozialdemokrat seine Idee wieder. Die Hür­den sind derzeit ein­fach zu
hoch. 

Bran­den­burg sucht bere­its seit Mai 2004 einen ober­sten Daten­schützer. Zu
diesem Zeit­punkt lief die Amt­szeit von Alexan­der Dix ab. Es fand eine
Auss­chrei­bung statt. Noch vor der Som­mer­pause lief alles auf zwei Kandidaten
hin­aus. Eine Daten­schützerin aus Berlin und einen Beamten aus dem
Innen­min­is­teri­um. Die Koali­tion in Pots­dam kon­nte sich auf keinen einigen.
Also passierte vor der Land­tagswahl nichts. 

Zurzeit läuft die zweite Auss­chrei­bung des Postens. Weit mehr als ein
Dutzend Bewer­ber haben bere­its ihr Inter­esse bekun­det, so Landtagspräsident
Gunter Fritsch (SPD). Baaske platzte mit sein­er Idee — sich mit Berlin um
eine gemein­same Lösung zu bemühen — mit­ten in das Bewerbungsverfahren. 

Doch so ein­fach ist das nicht: Der Vor­sitzende des Innenausschusses,
Hans-Jür­gen Schar­fen­berg (PDS) machte darauf aufmerk­sam, dass der Berliner
Daten­schutz den Rang ein­er ober­sten Lan­des­be­hörde genießt — also auf
Augen­höhe mit den Sen­atsver­wal­tun­gen, die er zu prüfen hat. In Brandenburg
gibt es diesen Rang nicht. Außer­dem ist der Daten­schutzbeauf­tragte in Berlin
auch für die Pri­vatwirtschaft zuständig. In Bran­den­burg müssen
beispiel­sweise Beschw­er­den über den Umgang mit Dat­en bei Inter­netkäufen vom
Innen­min­is­teri­um geprüft werden. 

Die Abgle­ichung der Geset­ze wäre eine wichtige Voraus­set­zung für einen
gemein­samen Beauf­tragten. Auch wenn sich der Land­tagspräsi­dent einen
Beauf­tragten vorstellen kann, der in zwei Län­dern nach unterschiedlichen
Geset­zen vorgeht.

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Niemand stoppte die Brandstifter


Das Ober­lan­des­gericht Pots­dam verkün­det am heuti­gen Mon­tag die Urteile über
eine Gruppe von zwölf recht­sex­tremen Gewalttätern

(FR) Vor dem Ober­lan­des­gericht in Pots­dam wer­den am heuti­gen Mon­tag im ersten
Prozess um die Bil­dung ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung rechtsextremer
Jugendlich­er in Bran­den­burg die Urteile verkündigt. 

Berlin · 6. März · Am Nauen­er Goethe-Gym­na­si­um schmück­te sich Christoph H.
gerne mit den Insignien der neon­azis­tis­chen Szene und wet­terte gegen
Aus­län­der. “Bombi” nan­nten ihn seine Fre­unde. Heute will das Brandenburger
Ober­lan­des­gericht verkün­den, ob Christoph H. der Rädels­führer einer
ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung war. Ob der mit­tler­weile 20-Jährige für
viere­in­halb Jahre ins Gefäng­nis muss, wie es Ober­staat­san­walt Eugen Larres
gefordert hat. 

Christoph H. soll der Anführer eine Gruppe von zwölf Jugendlichen im Alter
von 14 bis 18 Jahren gewe­sen sein. Die “Kam­er­ad­schaft Freiko­rps” hatte
zwis­chen August 2003 und Mai 2004 im Havel­land eine Serie von neun
Bran­dan­schlä­gen auf türkische und viet­name­sis­che Imbisse und Geschäfte
verübt. Der Sach­schaden betrug mehr als 800 000 Euro. Für die übrigen
Angeklagten forderte der Ober­staat­san­walt Bewährungsstrafen zwis­chen sechs
und 28 Monaten. 

Der Anklage zufolge ging Christoph H. äußerst ziel­stre­big vor. Er wählte die
Anschlagsziele aus, bastelte die Brand­sätze und fuhr seine Kam­er­aden zum
Tatort. Die Kam­er­ad­schaft traf sich auf dem elter­lichen Hof, hisste dort die
Reich­skriegs­flagge. Die Brand­sätze lagerten in der Sche­une. Noch vor dem
ersten Anschlag gab sich die Gruppe eine Satzung und wählte einen
Schrift­führer. Wer mitzün­deln wollte, musste monatlich fünf Euro geben.
Davon wurde das Ben­zin für die Brand­sätze bezahlt. 

Soweit ist die Sache weit­ge­hend unstrit­tig, auch wenn die Öffentlichkeit
wegen des jugendlichen Alters der Angeklagten von der Beweisaufnahme
aus­geschlossen wurde. Die Angeklagten waren geständig. Doch waren die zwölf
auch eine ter­ror­is­tis­che Vere­ini­gung? Es habe eine gemein­same Zielsetzung
und eine dauer­hafte Organ­i­sa­tion­sstruk­tur gegeben, sagt die Anklage. Die
Vertei­di­gung wider­spricht dem Ter­ror­is­mus-Vor­wurf. Die Bevölkerung sei nicht
eingeschüchtert, der Staat nicht geschädigt wor­den, sagt Vertei­di­ger Michael
Tschirschke. Sein Kol­lege Michael Barth sah die Schüler gar als Opfer der
“total­itären Macht­phan­tasien eines fanatis­chen Anstifters”. 

Doch es gab nicht nur einen Anführer son­dern auch ein Umfeld, das
wegschaute. Bran­den­burgs Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm sprach gar von einem
“voll­ständi­gen Ver­sagen der sozialen Leben­skon­trolle”. Er ermöglichte der
Öffentlichkeit kür­zlich einen kurzen Blick in die Vernehmung­spro­tokolle der
Polizei. Darin gaben Lehrer, Eltern, Mitschüler und ein örtliche
Revier­förster gle­ich rei­hen­weise zu Pro­tokoll, dass in der Schule über die
Täter “gemunkelt” wurde, dass man von “Schießübun­gen im Wald” gewusste habe.
Zu dem prahlte H. prahlte mit den Zeitungsar­tikeln über die Anschläge. Viele
ahn­ten was, manche wusste es, aber nie­mand stoppte die Brand­s­tifter. Im
Gegen­teil. Hs. Mut­ter gab ihrem Sohn den Rat: “Lasst euch nicht erwischen”. 

Urteile im Neon­azi-Prozess wer­den gesprochen

Viere­in­halb Jahre Haft für Haup­tangeklagten gefordert

(MAZ) Pots­dam — Im Pots­damer Neon­azi-Prozess wer­den heute voraus­sichtlich die
Urteile gesprochen. Erst­mals mussten sich vor dem brandenburgischen
Ober­lan­des­gericht zwölf junge Män­ner wegen der Grün­dung einer
ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung verantworten. 

Während sie in dem zweiein­halb Monate dauern­den Ver­fahren ihre Beteiligung
an Anschlä­gen auf Imbisse und Geschäfte von Aus­län­dern im Havelland
ein­räumten, wiesen die Beschuldigten den Ter­ror­is­mus-Vor­wurf zurück. Zur
Tatzeit waren die Angeklagten zwis­chen 14 und 18 Jahre alt. Sie sollen aus
Frem­den­hass zwis­chen August 2003 und Mai 2004 zehn Anschläge auf Imbisse und
Geschäfte von Aus­län­dern im Havel­land verübt haben um sie zu vertreiben.
Dazu grün­de­ten sie laut Anklage die rechts­gerichtete Kameradschaft
“Freiko­rps”. Ver­let­zt wurde bei den Anschlä­gen nie­mand. Der Sachschaden
betrug rund 800.000 Euro. 

Die Gen­er­al­staat­san­waltschaft hat für den 20-jähri­gen Hauptangeklagten
viere­in­halb Jahre Haft gefordert. Für weit­ere Angeklagte wur­den Jugendhaft
sowie Bewährungsstrafen beantragt. 

Heute Urteile im Pots­damer Neonazi-Prozess

Vor­wurf der Grün­dung ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung / Anschläge auf
Imbisse und Läden

(LR) Im Pots­damer Neon­azi-Prozess wer­den heute die Urteile gesprochen. Erstmals
mussten sich vor dem bran­den­bur­gis­chen Ober­lan­des­gericht zwölf junge Männer
wegen der Grün­dung ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung verantworten. 

Sehen so Ter­ror­is­ten aus« Zumin­d­est in diesem Punkt sind sich der
Ober­staat­san­walt und die Vertei­di­ger im Pots­damer Neon­azi-Prozess einig:
Nein, die zwölf jun­gen Män­ner zwis­chen 16 und 20 Jahren entsprechen so gar
nicht den Vorstel­lun­gen von gefährlichen Ter­ror­is­ten. Hier endet aber fast
die Einigkeit. Die Anklage hält den Tatvor­wurf für erfüllt, die Verteidigung
nicht. 

Zur Tatzeit waren die Angeklagten zwis­chen 14 und 18 Jahre alt. Sie sollen
aus Frem­den­hass zwis­chen August 2003 und Mai 2004 zehn Anschläge auf Imbisse
und Geschäfte verübt haben, um deren aus­ländis­che Besitzer und Betreiber aus
dem Havel­land zu vertreiben. Dazu grün­de­ten sie laut Anklage die
rechts­gerichtete Kam­er­ad­schaft “Freiko­rps”. Ver­let­zt wurde bei den
Anschlä­gen nie­mand; der Sach­schaden betrug rund 800 000 Euro. 

Bun­desweit kaum Erfahrung 

Die Tak­tik der Vertei­di­ger wurde im Prozess bald klar: Die Anschläge
weit­ge­hend ein­räu­men, den Vor­wurf der Grün­dung ein­er terroristischen
Vere­ini­gung strikt zurück­weisen. Erst­mals klagt die
Gen­er­al­staat­san­waltschaft des Lan­des eine Gruppe Neon­azis als terroristische
Vere­ini­gung an. Und auch bun­desweit gibt es kaum Erfahrun­gen im Umgang mit
dem Para­grafen 129 a, seit­dem er Ende 2003 unter dem Ein­druck der
Ter­ro­ran­schläge vom 11. Sep­tem­ber 2001 in den USA geän­dert wurde. 

Natür­lich seien die Angeklagten nicht mit inter­na­tionalen Ter­ror­is­ten zu
ver­gle­ichen, räumt Ober­staat­san­walt Eugen Lar­res ein. Den­noch sei der
Tatbe­stand erfüllt. Die Kam­er­ad­schaft sei keine Idee, “die aus dem Suff
her­aus” ent­stand. Ein Anführer wurde bes­timmt, ein Schrift­führer und ein
Kassier­er. Das später ver­nichtete Grün­dung­spro­tokoll sei mit Initialen
unterze­ich­net wor­den. Der Monats­beitrag betrug fünf Euro. 

So hat­ten zumin­d­est einige der Angeklagten die Szener­ie vom Som­mer 2003
geschildert. Mit diesem Pfund wuchert die Anklage. Die Anwälte halten
dage­gen. Ihre Plä­doy­ers geri­eten zur recht­sphilosophis­chen Vor­lesung. Was
ist Ter­ror» Wurde die Bevölkerung — wie im Gesetz beschrieben — tatsächlich
erhe­blich eingeschüchtert« Wurde ein Staat erhe­blich geschädigt» Nein,
meinen die Verteidiger. 

Fol­gt der Staatss­chutzse­n­at der Anklage, müssen drei Beschuldigte mit
Gefäng­nis­strafen zwis­chen 28 Monat­en und viere­in­halb Jahren, der Rest mit
Bewährungsstrafen rech­nen. Die Vertei­di­gung beantragte höchstens
Bewährungsstrafen. Greift der Ter­ror-Para­graf nicht, würde das für sechs der
Angeklagten wohl Freis­pruch bedeuten. 

Revi­sion beim BGH sicher 

Die Vertei­di­ger und der Ober­staat­san­walt sind sich allerd­ings auch noch in
einem anderen Punkt einig: Gle­ichgültig, wie das Urteil aus­fällt, eine Seite
wird Revi­sion beim Bun­des­gericht­shof beantragen.

Inforiot