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Streit überschattet Grundsteinlegung für Garnisonkirche

(BM, 16.2.) Pots­dam — Zwei Monate vor der geplanten Grund­stein­le­gung für den
Wieder­auf­bau der Pots­damer Gar­nisonkirche ist Bran­den­burgs Innenminister
Jörg Schön­bohm (CDU) aus der Tra­di­tion­s­ge­mein­schaft Pots­damer Glockenspiel
aus­ge­treten. Schön­bohm bleibe jedoch weit­er gemein­sam mit Landesbischof
Wolf­gang Huber und dem bran­den­bur­gis­chen Min­is­ter­präsi­den­ten Matthias
Platzeck (SPD) Schirmherr der vor einem Jahr gegrün­de­ten Ini­tia­tive “Ruf aus
Pots­dam”, die sich, wie auch die Tra­di­tion­s­ge­mein­schaft dafür ein­set­zt, die
Kirche wieder aufzubauen, teilte das Innen­min­is­teri­um mit. 

Die Tra­di­tion­s­ge­mein­schaft um den früheren Ober­stleut­nant Max Klaar sammelt
seit Jahren Spenden für die Wieder­errich­tung der im Zweit­en Weltkrieg
beschädigten und zu DDR-Zeit­en gesprengten Kirche, lehnt aber deren künftige
Funk­tion als inter­na­tionales Ver­söh­nungszen­trum ab. Klaar, dessen
Organ­i­sa­tion bere­its sechs Mil­lio­nen Euro zusam­menge­tra­gen hat, besteht
darauf, daß die Kirche auss­chließlich in ihrer alten Funk­tion als Gotteshaus
genutzt wird. Andern­falls stün­den die Spenden­gelder nicht zur Verfügung.
Über das kün­ftige Konzept soll im April die Pots­damer Kreis­syn­ode endgültig
entschei­den. Wegen der kom­pro­mißlosen Hal­tung Klaars hat­ten bere­its einige
Mit­glieder die Tra­di­tion­s­ge­mein­schaft ver­lassen und sich dem “Ruf aus
Pots­dam” angeschlossen. 

Die Wieder­errich­tung der Gar­nisonkirche, die als Sym­bol des alten Preußen
gilt, soll am 14. April, dem Jahrestag der Bom­bardierung Pots­dams durch die
Englän­der, begin­nen. Die Baukosten wer­den auf etwa 70 Mil­lio­nen Euro
geschätzt. Woher das Geld für den Wieder­auf­bau kom­men soll, ist derzeit noch
unklar. Die evan­ge­lis­che Lan­deskirche hat 400 000 Euro für das Projekt
bere­it­gestellt. Die Gar­nisonkirche war 1732 unter der Regierung des
Sol­datenkönigs Friedrich Wil­helm I. errichtet worden.

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Haft für drei Angeklagte gefordert

(MOZ, 15.2.) Pots­dam (dpa) Im Pots­damer Neon­azi-Prozess hat die Generalstaatsanwaltschaft
für drei der zwölf Angeklagten mehrjährige Haft­strafen gefordert. Der
mut­maßliche Rädels­führer soll für viere­in­halb Jahre ins Gefäng­nis. Für die
übri­gen neun Jugendlichen wur­den am Mon­tag in dem Plä­doy­er vor dem
Ober­lan­des­gericht Bewährungsstrafen ver­langt. Laut Anklage grün­de­ten die
jun­gen Män­ner aus Aus­län­der­hass eine ter­ror­is­tis­che Vere­ini­gung und verübten
zehn Anschläge auf Imbisse und Geschäfte von Aus­län­dern im Havelland.
Ver­let­zt wurde nie­mand, der Sach­schaden betrug jedoch mehr als 800 000 Euro. 

In seinem rund dreistündi­gen Plä­doy­er sagte Ober­staat­san­walt Eugen Larres,
die Gruppe wollte Aus­län­der vertreiben. Dazu sei im Som­mer 2003 die
aus­län­der­feindliche Kam­er­ad­schaft “Freiko­rps” gegrün­det wor­den. Die
Jugendlichen waren zur Tatzeit zwis­chen 14 und 18 Jahre alt. Alle sollen
nach dem Willen der Staat­san­waltschaft nach Jugend­strafrecht behandelt
werden. 

Erst­mals klagt Bran­den­burgs Gen­er­al­staat­san­waltschaft eine Gruppe Neonazis
als ter­ror­is­tis­che Vere­ini­gung an. Die Entschei­dung habe auch bundesweite
Bedeu­tung, da es die erste seit der Neu­fas­sung des Para­graphen 129 a)
Strafge­set­zbuch im Dezem­ber 2003 sei, sagte Lar­res in seinem Plädoyer. 

Natür­lich seien die Angeklagten nicht mit inter­na­tionalen Ter­ror­is­ten zu
ver­gle­ichen, räumte Lar­res ein. “Das “Freiko­rps” ist nicht El Kaida.”
Den­noch sei der Tatbe­stand erfüllt. Die Kam­er­ad­schaft sei keine Idee, “die
aus dem Suff her­aus” ent­stand, son­dern eine vor­bere­it­ete Aktion gewe­sen. Es
seien sog­ar der Anführer, ein Schrift­führer und ein Kassier­er bestimmt
wor­den. Das Grün­dung­spro­tokoll sei von elf der Angeklagten mit Initialen
unterze­ich­net wor­den. Der Beitrag betrug monatlich fünf Euro. 

Die Angeklagten, die während der Ver­hand­lung so gar nicht dem Bild
recht­sex­tremer Gewalt­täter entsprachen, hat­ten die Vor­würfe weitgehend
ges­tanden, den Vor­wurf der Bil­dung ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung aber
bestrit­ten. Dies werde er auch in seinem Plä­doy­er am kom­menden Mon­tag tun,
sagte der Vertei­di­ger des Haup­tangeklagten, Michael Tschirschke. 

Drahtzieher war nach Ansicht der Anklage ein heute 20-jähriger Abiturient
aus Hen­nigs­dorf (Ober­hav­el). Der junge Mann, der von Bekan­nten wegen seiner
Chemie-Ken­nt­nisse “Bombi” genan­nt wurde, habe ein geschlossenes
nation­al­sozial­is­tis­ches Welt­bild, sagte Lar­res. In der Schülerzeitung zum
Abitur wurde er mit den Worten beschrieben: “Er hat Ähn­lichkeit mit einem
öster­re­ichis­chen Dik­ta­tor.” Seine Mut­ter habe von eini­gen der Anschläge
gewusst und lediglich gesagt: “Lasst euch nicht erwischen.” 

Ein 17-Jähriger, der erst nach der Grün­dung zu dem Freiko­rps gestoßen sei,
habe eben­falls “eine ger­adezu Schwindel erre­gende krim­inelle Dynamik”
entwick­elt, sagte Lar­res. Er habe mit dem Haup­tangeklagten zusam­men auch
einen Bran­dan­schlag auf ein Asia-Restau­rant in Falkensee verübt. In dem
Gebäude hät­ten sich auch Woh­nun­gen befun­den. Für ihn beantragte Larres
zweiein­halb Jahre Haft. 

Für einen 19-Jähri­gen ver­langte Lar­res eine Strafe von zwei Jahren und vier
Monat­en. Dieser habe mit dem Rädels­führer Ende August 2003 einen Imbisswagen
angesteckt, der vor einem Bau­markt in Nauen stand. Die Flam­men grif­f­en auf
das Gebäude über. Hier ent­stand allein ein Sach­schaden von 730 000 Euro. Für
die anderen Angeklagten ver­langte Lar­res Bewährungsstrafen zwis­chen sechs
Monat­en und zwei Jahren plus gemein­nützige Arbeit.

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Aus fremd werde freundschaftlich

(MAZ, 15.2.) BELZIG Fremd. Was bedeutet das eigentlich? “Fremde sind Men­schen, mit denen
wir uns noch nicht ver­traut gemacht haben”, so heißt eine Wanderausstellung
in der PDS-Geschäftsstelle mit Fotos von aus­ländis­chen Mit­bürg­ern, die in
dieser Region leben. 

Rund 20 der Foto-Mod­els gaben sich am Don­ner­stag die Ehre und erzählten von
ihren Sor­gen als Asyl­be­wer­ber. Eines macht­en sie ganz deut­lich: Sie wollen
weit­er­hin hier leben. Auf einem der Fotos zum Beispiel ist Sevlia Selimovic
abge­bildet. Die 60-jährige Mut­ter ver­ließ Deutsch­land bere­its im Som­mer des
ver­gan­genen Jahres und lebt in Ser­bi­en mit ihrem Mann in einer
pro­vi­sorischen Behausung (die MAZ berichtete). Eine spon­tane Spendenaktion
unter den ins­ge­samt 40 Teil­nehmern ergab 120 Euro zu Gun­sten der Familie.
Stel­lvertre­tend für die Mut­ter waren Nehnad (19 Jahre) und Susan­na (20
Jahre) Selimovic gekom­men. Bei­de müssen bis 28. Feb­ru­ar Deutschland
ver­lassen. In Ser­bi­en wer­den sie vom Sta­tus her Flüchtlinge sein. Ein
Schick­sal mit dem Nehnad aufgewach­sen ist. Ger­ade mal sieben Jahre alt war
er, als er in die Bun­desre­pub­lik gekom­men ist. Seit 1999 lebt er im Belziger
Asylbewerberheim. 

Ramona Stuc­ki, die Ini­tia­torin des Pro­jek­ts, will mit ihrer
Wan­der­ausstel­lung auf die Frem­den unter uns aufmerk­sam machen und regt zur
gegen­seit­i­gen Kon­tak­tauf­nahme an. Das Fremde sei eine Chance zur
per­sön­lichen Bere­icherung, sagt Stucki. 

Unter den Porträtierten sind viele bekan­nte Gesichter zu ent­deck­en wie etwa
das Porträt des Nieder­län­ders Cor­nelis Berk­ouw­er oder das Foto von Dogan
Kek­lik vom Dön­er-Imbiss an der Belziger Spiegel-Kreuzung. Auf dem Bild lehnt
der 23-jährige Kurde an der Theke neben dem Fleis­chspieß. Die anwesende
PDS-Land­tagsab­ge­ord­nete Ker­stin Kaiser-Nicht bot ihre Hil­fe an und fordert
die Selimovics auf, die Asyl-Unter­la­gen bald in ihr Land­tags­büro zu zu
schicken. 

Wan­der­ausstel­lung bis 15. März in der PDS-Geschäftsstelle Belzig, Straße der
Ein­heit 53;dienstags und don­ner­stagsvon 8 bis 16 Uhr.

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Schönbohm will Halbe einbeziehen

(MAZ, 15.2.) POTSDAM Ein ver­schärftes Ver­samm­lungsrecht muss nach Mei­n­ung von Innen­min­is­ter Jörg
Schön­bohm (CDU) kün­ftig auch für den Sol­daten­fried­hof in Halbe
(Dahme-Spree­wald) gel­ten. Hier gebe es bei den Vorstel­lun­gen der rot-grünen
Bun­desregierung noch Nachbesserungs­be­darf, sagte Schön­bohm gestern. Danach
wäre derzeit wohl nur ein Ort wie das ehe­ma­lige Konzentrationslager
Sach­sen­hausen vor einem Auf­marsch von Recht­sex­trem­is­ten zu bewahren. Halbe
ist jedes Jahr am Volk­strauertag Tre­ff­punkt für Rechtsradikale. 

Dieser bun­desweit größte Fried­hof für Gefal­l­ene des Zweit­en Weltkriegs
sollte eben­so wie andere sym­bol­is­che Orte für Kundge­bun­gen ges­per­rt werden,
meinte Schön­bohm. Die Bun­desregierung will möglichst schon bis Anfang Mai
mit ein­er Ver­schär­fung des Ver­samm­lungs- und Strafrechts Aufmärsche von
Recht­sex­trem­is­ten erschw­eren. Wegen des gemein­samen Anliegens sieht
Schön­bohm hier Kompromissbereitschaft. 

Wie Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck (SPD) ermutigte der CDU-Politiker
die Bran­den­burg­er, dem Recht­sex­trem­is­mus offen­siv ent­ge­gen­zutreten. “Ich
set­ze sehr stark auf das bürg­er­schaftliche Engage­ment.” Platzeck hat­te am
Son­ntag an die Men­schen appel­liert, Recht­sex­trem­is­ten keinen Raum in der
Gesellschaft zu geben.

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Lasst euch nicht erwischen”

(MAZ, 15.2.) POTSDAM “Er hat Ähn­lichkeit mit einem öster­re­ichis­chen Dik­ta­tor”, hat­ten die
Mitschüler in der Abitur-Zeitung des Nauen­er Goethe-Gym­na­si­ums in einer
Mis­chung aus Belus­ti­gung und Ver­ach­tung über Christo­pher H. geschrieben. Der
Abi­turi­ent, der sich in Lons­dale- und Thor-Steinar-Klei­dung — den
Erken­nungs­marken der recht­sex­tremen Szene — für das Abschlussfo­to ablichten
ließ, verewigte sich auf seine Art: “Ihr hört noch von mir”. 

Schon bald nach dem let­zten Schul­t­ag sorgte H. für Schlagzeilen, als nämlich
in Nauen ein Super­markt bis auf die Grund­mauern abbran­nte. H. hat­te mit
Helfern einen Asia-Imbiss angesteckt. Das Feuer hat­te sich schnell
aus­ge­bre­it­et. Weit­ere Bran­dan­schläge soll­ten fol­gen. Und H. brüstete sich
mit jedem Zeitungsar­tikel, der dazu erschien. 

Der Grund für die Tat­en war allein Hass auf Aus­län­der. Deshalb hat­te H. im
Juli 2003 in einem nächtlichen Rit­u­al mit zehn weit­eren Jugendlichen und
Her­anwach­senden auf dem Span­dauer Feld, gegenüber dem elter­lichen Hof in
Pausin die Unter­grun­dor­gan­i­sa­tion “Freiko­rps” gegrün­det. Ziel der
Vere­ini­gung: Nauen und Umge­bung und später das gesamte Havel­land sollten
“gesäu­bert wer­den”. Die Bran­dan­schläge soll­ten die wirtschaftliche
Exis­ten­z­grund­lage von aus­ländis­chen Imbiss­be­treibern zer­stören und sie
zwin­gen, die Region zu verlassen. 

Zehn Anschläge auf Imbisse und Geschäfte von Aus­län­dern wur­den zwischen
August 2003 und Mai 2004 in Nauen, Falkensee, Briese­lang und Schönwalde
verübt. Der Sach­schaden beläuft sich auf mehr als 800 000 Euro. Im Juni 2004
wurde das “Freiko­rps” ent­deckt und zerschlagen. 

Seit Novem­ber wird den zwölf Mit­gliedern der Prozess gemacht. Erst­mals in
Bran­den­burg hat die Gen­er­al­staat­san­waltschaft Anklage wegen Grün­dung einer
ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung erhoben. Es ist die erste Anklage dieser Art in
Deutsch­land seit der Ver­schär­fung des Ter­ror­is­mus­bekämp­fungs­ge­set­zes. Der
Vertreter der Gen­er­al­staat­san­waltschaft, Ober­staat­san­walt Eugen Larres,
forderte gestern in Pots­dam vor dem Ober­lan­des­gericht für drei der
Angeklagten Haft­strafen. Neun der Neon­azis, die zur Tatzeit zwis­chen 14 und
18 Jahre alt waren, sollen nach dem Jugend­strafrecht mit Bewährungsstrafen
davon kom­men. Durch die Zielset­zung und die dauer­hafte Organisationsstruktur
sei der Tatbe­stand der Bil­dung ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung erfüllt, so
Lar­res. Durch die Tat­en sollte das Zusam­men­leben nach­haltig beeinträchtigt
wer­den . “Das war keine aus dem Suff geborene Idee”, sagte Larres. 

Christo­pher H., der als mut­maßlich­er Rädels­führer als einziger in
Unter­suchung­shaft sitzt, soll für viere­in­halb Jahre in Haft, forderte
Lar­res. H. war an allen Bran­dan­schlä­gen direkt und indi­rekt beteiligt. Auf
dem Hof sein­er Eltern lagerten die Brand­sätze. Dort fan­den auch regelmäßige
Tre­f­fen unter ein­er Reich­skriegs­flagge, mit Neon­azi-Musik und Besäufnissen
statt. H. war Ini­tia­tor zur Grün­dung der Unter­grun­dor­gan­i­sa­tion. Er
bes­timmte nach Ansicht der Gen­er­al­staat­san­waltschaft deren Vorge­hen. Für
Flo­ri­an K., der später zur Gruppe kam und dem Lar­res eine
“schwindel­er­re­gende krim­inelle Energie” attestierte, forderte er zweieinhalb
Jahre Haft. Marc Sch. soll für zwei Jahre und vier Monate in Haft. K. und
Sch. hat­ten im Gegen­satz zu H. mit umfassenden Geständ­nis­sen erhe­blich zur
Aufk­lärung beige­tra­gen. Am kom­menden Mon­tag sind die Plä­doy­ers der zwölf
Vertei­di­ger geplant. 

“Es kön­nen sich Zweifel ein­stellen”, sagte Lar­res mit Blick auf die
Angeklagten. Wie Ter­ror­is­ten sähen sie nicht aus. Die zum Teil noch
pubertieren­den Jugendlichen ver­fol­gten das dreistündi­ge Plä­doy­er überwiegend
regungs­los. Ein­sicht oder gar Bedauern ließ sich an ihren Gesichtern nicht
able­sen. Die Tat­en war selb­st von Erwach­se­nen lange Zeit toleriert worden.
Die Mut­ter von H. hat­te schon früh von den Aktiv­itäten des Sohnes erfahren
und soll damals bloß gesagt haben: “Lasst euch nicht erwischen.”

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Aufklärungsrate so hoch wie noch nie

(Berlin­er Zeitung, 15.2.) POTSDAM. Nicht nur Fernsehsender sind auf die Quote fix­iert, auch ein
Innen­min­is­ter wie Jörg Schön­bohm (CDU) ist es. Der Min­is­ter tat am Montag
kund, dass die Quote der aufgek­lärten Ver­brechen im Jahr 2004 abermals
gestiegen ist und nun mit 58,6 Prozent schon nahe an der bayerischen
Spitzen­quote von 64,7 Prozent liegt. Allerd­ings muss Schön­bohm in den
kom­menden fünf Jahren wegen der anges­pan­nten Haushalt­slage 910
Polizis­ten­stellen abbauen. Das, so fürchtet der Ex-Gen­er­al, werde ihm die
Quote bald ver­hageln. “Die Aufk­lärungsquote bleibt aber der Maßstab”, sagte
Schön­bohm. Niemals dürfe der Stel­len­ab­bau dazu führen, dass die
Aufk­lärungsquote so niedrig aus­falle wie etwa in Schleswig-Hol­stein. In
jen­em Flächen­land, wegen ähn­lich­er Bevölkerungszahl und Struk­tur gerne mit
Bran­den­burg ver­glichen, betrage die Aufk­lärungsquote nur 47,7 Prozent, so
Schön­bohm. “Das ist für uns nicht der richtige Maßstab.” Er habe nun in
Absprache mit den Gew­erkschaften Arbeits­grup­pen ein­gerichtet, um insbesonder
e die Anzahl der Polizei­wachen, den Schicht­di­enst, die Zen­tralen Dien­ste der
Polizei sowie die Lage­di­en­ste zu überprüfen. 

Die Gesamtzahl der Straftat­en ist gegenüber dem Vor­jahr um 2,5 Prozent auf
239 508 Delik­te zurück­ge­gan­gen. Dieb­stäh­le und Straßenkrim­i­nal­ität gin­gen um
jew­eils fünf Prozent zurück, Brand­s­tiftun­gen um 23,3 Prozent. Besonders
auf­fäl­lig ist der Rück­gang beim Tank­be­trug um 23,6 Prozent. “Das liegt an
der Videoüberwachung der Tankstellen”, sagte Schönbohm. 

Diese Erfolge wer­den allerd­ings dadurch kon­terkari­ert, dass die Zahl der
Gewalt­tat­en auch im ver­gan­genen Jahr angestiegen ist — um 1,9 Prozent auf 5
360 Fälle. Beson­ders drama­tisch: Im abge­laufe­nen Jahr gab es 68 Totschläge
gegenüber 55 solch­er Tötun­gen im Jahr davor — ein Anstieg um 23,6 Prozent.
Und auch die Fälle des sex­uellen Miss­brauchs von Kindern sind um 15,4
Prozent auf 488 Fälle gestiegen. Nahezu jed­er zweite Gewalt­täter ist jünger
als 21 Jahre, und auch 76 Prozent der Opfer von Sex­u­al­straftat­en waren noch
nicht ein­mal 21 Jahre alt. Schön­bohm kündigte an, dass er gemein­sam mit
Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck (SPD) eine Ausweitung von DNA-Analysen
geset­zlich vorantreiben werde. 

Die Krim­i­nal­ität ins­ge­samt habe nach der EU-Oster­weiterung nicht zugenommen,
sagte Schön­bohm und lobte die Anstren­gun­gen der Polen. Roger Höppner,
Krim­i­naldirek­tor im Innen­min­is­teri­um, ver­wies aber auf eine Zunahme der
organ­isierten Krim­i­nal­ität, zum Beispiel bei Rauschgifthandel oder
Fahrzeug-Ver­schiebung. Ins­ge­samt gab es 16 solch­er Tatkom­plexe, 13 davon
wiesen inter­na­tionale Bezüge auf, so Höppner.

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Haftstrafen im Potsdamer Neonazi-Prozeß gefordert

(BM, 15.2.) Pots­dam — Im Pots­damer Neon­azi-Prozeß hat die Gen­er­al­staat­san­waltschaft für
drei der zwölf Angeklagten mehrjährige Haft­strafen gefordert. Der
mut­maßliche Rädels­führer soll viere­in­halb Jahre ins Gefäng­nis. Für die
übri­gen neun Jugendlichen wur­den gestern im Plä­doy­er vor dem
Ober­lan­des­gericht Bewährungsstrafen ver­langt. Laut Anklage grün­de­ten die
Män­ner aus Aus­län­der­haß eine ter­ror­is­tis­che Vere­ini­gung und verübten zehn
Anschläge auf Imbisse und Geschäfte von Aus­län­dern im Havel­land. Der Schaden
betrug über 800 000 Euro. 

In seinem Plä­doy­er sagte Ober­staat­san­walt Eugen Lar­res, die Gruppe wollte
Aus­län­der vertreiben. Dazu sei 2003 die aus­län­der­feindliche Kameradschaft
“Freiko­rps” gegrün­det wor­den. Die Jugendlichen waren zur Tatzeit zwis­chen 14
und 18 Jahre alt und wer­den nach Jugend­strafrecht behandelt. 

Erst­mals klagt Bran­den­burgs Gen­er­al­staat­san­waltschaft eine Gruppe Neonazis
als ter­ror­is­tis­che Vere­ini­gung an. Die Entschei­dung habe auch bundesweite
Bedeu­tung, da es die erste seit der Neu­fas­sung des Para­graphen 129 a)
Strafge­set­zbuch im Dezem­ber 2003 sei, sagte Lar­res in seinem Plädoyer. 

Natür­lich seien die Angeklagten nicht mit inter­na­tionalen Ter­ror­is­ten zu
ver­gle­ichen, räumte Lar­res ein. Den­noch sei die Kam­er­ad­schaft keine Idee,
“die aus dem Suff her­aus” ent­stand. Es seien sog­ar der Anführer, ein
Schrift­führer und ein Kassier­er bes­timmt wor­den. Das Grün­dung­spro­tokoll sei
von elf der Angeklagten mit Ini­tialen unterze­ich­net wor­den. Der Beitrag
betrug monatlich fünf Euro. 

Die Angeklagten, die während der Ver­hand­lung so gar nicht dem Bild
recht­sex­tremer Gewalt­täter entsprachen, hat­ten die Vor­würfe weitgehend
ges­tanden, den Vor­wurf der Bil­dung ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung aber
bestrit­ten. Dies werde er auch in seinem Plä­doy­er am kom­menden Mon­tag tun,
sagte der Vertei­di­ger des Haup­tangeklagten, Michael Tschirschke.

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Auf Suche nach Spuren von Herzberger Juden


Die Schülerzeitung “Philli′s Paper reloaded” stiftet Gedenk­tafel für die
Fam­i­lie Schlesinger

(LR, 14.2.) Im Jahre 1914 siedelte der jüdis­che Kauf­mann Leopold Schlesinger mit seiner
Fam­i­lie aus dem Anhaltischen voller Hoff­nung nach Herzberg. Sein­erzeit war
er der einzig­ste Tex­tilka­uf­mann in der Stadt. Bere­its im Jahre 1920 konnte
er eine große Investi­tion täti­gen: Er kaufte das Geschäft­shaus in der
Tor­gauer Straße 2 in unmit­tel­bar­er Nähe des Mark­tes. Die Kaufleute
Schlesinger waren beliebt in der Stadt, auch weil sie auch in Krisenzeiten
keine Wucher­preise nahmen. 

Eine schwere Zäsur stellte der 1. April 1933 dar. An diesem Tag inszenierten
die Nazis unter einem absur­den Vor­wand einen Boykott gegen jüdische
Geschäfte und Ein­rich­tun­gen in ganz Deutsch­land. Der Erfolg über­raschte die
Nazis selb­st. Wie in ganz Deutsch­land kauften auch in Herzberg nur wenige
Bürg­er in jüdis­chen Geschäften ein. Dieses Ereig­nis war für die Schlesingers
der Beginn ein­er Odyssee, die Anfang 1943 mit dem gewalt­samen Tod der
Eheleute Sel­ma und Leopold Schlesinger im KZ There­sien­stadt endete. 

Auf die Spuren­suche begeben 

Im Herb­st 2003 begab sich ein Grund­kurs Poli­tis­che Bil­dung (Klasse 11) auf
die Suche nach den Spuren der Schlesingers. Die Schüler nah­men an einem
entsprechen­den Wet­tbe­werb der Bun­deszen­trale für Poli­tis­che Bil­dung teil.
Der Grund­kurs split­tete sich in ver­schiedene Arbeits­grup­pen auf. So
erforschte eine Gruppe im Archiv des Land­kreis­es den dama­li­gen Zeit­geist und
kam zu dem schock­ieren­den Ergeb­nis, dass die Men­schen im dama­li­gen Kreis
Schweinitz über­aus empfänglich für die Ide­olo­gie des Nationalsozialismus
waren. Im “Schweinitzer Kreis­blatt” , im “Stadt- und Land­boten Schlieben”
und in den Heimatkalen­dern wurde — auch vor dem Hin­ter­grund der damaligen
Not — die Sehn­sucht nach einem Führer artikuliert. 

Hel­mut Knuppe half 

Die wesentlich­sten Infor­ma­tio­nen über die Schlesingers selb­st erhiel­ten die
Schüler vom Herzberg­er Ortschro­nis­ten Hel­mut Knuppe und in einem Gespräch
mit ein­er ehe­ma­li­gen Mitar­bei­t­erin des Amtes für offene Vermögensfragen.
Gle­icher­maßen prob­lema­tisch und ernüchternd erwies sich das Befra­gen von
Zeitzeu­gen. Am Rande sahen sich die Teil­nehmer den Film “Schindlers Liste”
an. Den Abschluss der Pro­jek­tar­beit bildete eine Exkur­sion in das ehemalige
Ver­nich­tungslager Auschwitz. 

Im Resümee der Wet­tbe­werb­sar­beit heißt es: Das Schick­sal der jüdischen
Fam­i­lie Schlesinger rief nicht nur bei uns Mit­gliedern der Projektgruppe
Erschrock­en­heit und Entset­zen her­vor. Auch Zeitzeu­gen, die wir zu dem Thema
befragten, reagierten sehr emo­tion­al, nicht sel­ten aber ver­schlossen. Die
Gründe für diese Ver­schlossen­heit blieben uns jedoch unbekan­nt und lassen
Raum für Speku­la­tio­nen offen: 

Viele Mit­glieder der älteren Gen­er­a­tion haben ver­mut­lich die Geschehnisse in
der Zeit des “Drit­ten Reich­es” ver­drängt oder möcht­en ein­fach nicht mehr
daran erin­nert wer­den. Manche wollen sich wahrschein­lich ihren Lebensabend
nicht verder­ben und sehen es daher nicht ein, sich noch unnötig zu belasten.
Einige behal­ten auch die Wahrheit für sich, um die noch leben­den Nachfahren
der Opfer sowie der Täter nicht den Schmähun­gen der Öffentlichkeit
auszusetzen. 

Obwohl es im Laufe des Pro­jek­tes zu eini­gen Tur­bu­len­zen kam, kon­nte die
Pro­jek­t­gruppe einen Erfolg ein­fahren: Die Bun­deszen­trale für Politische
Bil­dung zeich­nete Anfang 2004 jedes Mit­glied der Gruppe mit einem digitalen
Mul­ti­me­dia-Lexikon aus. Ein Aspekt des Pro­jek­tes ist jedoch bish­er noch
nicht ver­wirk­licht: Bestandteil der Arbeit war ein Entwurf einer
Gedenktafel. 

Die Tafel selb­st finanzieren 

Im 8. Mai 2005 gedenkt ganz Deutsch­land des Kriegsendes. Das
Philipp-Melanchthon-Gym­na­si­um Herzberg möchte sich an der städtis­chen Ehrung
beteili­gen. “Philli′s Paper reloaded” , die erst Anfang 2004 reaktivierte
Schülerzeitung der Schule, will die Gedenk­tafel mit den ersten selbst
erwirtschafteten Gewin­nen finanzieren und damit ein Zeichen gegen die
Aus­gren­zung von Min­der­heit­en und gegen die Frem­den­feindlichkeit set­zen (die
RUNDSCHAU berichtete). Zuvor sind allerd­ings noch viele Genehmigungen
einzu­holen, unter anderem die der in Israel leben­den Angehörigen. 

Freya Kliers Mahnung 

Damit wer­den die Herzberg­er Melanchthon-Gym­nasi­as­ten dem gerecht, was die
Bürg­er­recht­lerin Freya Kli­er vor Jahren bei ihrem Besuch an der Schule als
“11. Gebot” for­mulierte: “Du sollst dich erinnern!” .

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Gedenken an Omar Ben Noui

(LR, 14.2.) Mit ein­er Stunde Ver­spä­tung set­zte sich am Sonnabend der Zug der
Demon­stran­ten vom Flem­ming­platz aus in Rich­tung Ben Noui-Gedenkstein in
Bewegung. 

Die rund 150 Jugendlichen schlossen sich einem Aufruf des Bünd­niss­es gegen
Ras­sis­mus und Anti­semitismus Süd Bran­den­burg an und waren unter anderem aus
Berlin, Frank­furt (Oder) und Lübben angereist. 

Aus Eisen­hüt­ten­stadt nahm Liesa Schwarz teil. Sie will des Todes von Ben
Noui vor sechs Jahren gedenken und hat­te den Ter­min der Demon­stra­tion aus
dem Inter­net erfahren. Eine Hand voll Guben­er, meist Mit­glieder des
Jugend­klubs Sanikas­ten an der Kaltenborner Straße, legten am Gedenkstein
Blu­men nieder. 

Alexan­dra Klei, Press­esprecherin des Bünd­niss­es gegen Ras­sis­mus und
Anti­semitismus in Süd-Bran­den­burg, nan­nte in erster Lin­ie das Gedenken an
Omar Ben Noui als Ziel für die Demon­stra­tion — der ersten seit längerer
Zeit. Klei befind­et außer­dem den weit­ge­hend isoliert ste­hen­den Gedenkstein
als nicht würdig genug. Ein deut­lich­es Zeichen woll­ten die Demonstranten
gegen die nach wie vor existierende rechte Szene in Guben set­zen, bekräftigt
die Pressesprecherin. 

Gubens Bürg­er­meis­ter Klaus-Dieter Hüb­n­er, der die Demon­stra­tion am Rande des
Geschehens ver­fol­gte, erboste sich über die Äußerun­gen eines Sprech­ers, nach
denen Guben eine “ras­sis­tis­che Kle­in­stadt” wäre. 

In der Nähe des Gedenksteines trafen die Demon­stran­ten auf eine kleine
Faschings­ge­sellschaft, aus deren Rei­hen der Hit­ler­gruß gezeigt wor­den sein
soll. Jeden­falls ver­frachteten einige Bedi­en­stete der über­all präsenten
Polizei einen Kostümierten kurz­er­hand in ein Dien­st­fahrzeug der
Ordnungshüter. 

Kurze Zeit ver­weilte der Demon­stra­tionszug am Gedenkstein, weil ein
Kranken­wa­gen ange­fordert wer­den musste. Eine Demon­stran­tin fühlte sich nicht
wohl. Danach set­zte sich der Zug in Rich­tung “Junge Welt” in Bewe­gung. Treff
und Hochburg der Guben­er recht­en Szene soll diese Gast­stätte sein, war aus
dem Laut­sprecher­wa­gen des Demon­stra­tionszuges zu vernehmen.

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Die große Hoffnung auf eine letzte Chance

(Tagesspiegel, 14.2.) In dieser Woche kon­sti­tu­iert sich die bran­den­bur­gis­che Härtefallkommission.
Sie kann aus human­itären Grün­den ein Bleiberecht für Aus­län­der empfehlen 

Pots­dam — Keine Ther­a­pie hat die Bilder vertreiben kön­nen, die Ania (Name
geän­dert) nachts heim­suchen. Vor zehn Jahren musste sie mit anse­hen, wie ihr
Brud­er erschossen wurde. Mit Kind und Mann ist Ania damals geflo­hen — weg
aus Bosnien, wo Nach­barn zu Mördern wur­den. In ein­er märkischen Stadt fand
die Fam­i­lie neue Fre­unde. Die zweite Tochter wurde geboren, die Kinder sind
heute acht und zwölf Jahre alt. Bosnien ken­nen sie nicht. Weil
Kriegs­flüchtlinge kein Asyl erhiel­ten, wurde die Dul­dung immer wieder
ver­längert. Anias Mann darf kein Geld ver­di­enen, obwohl er eine
Arbeit­splatz­zusage hat. 

Mau­rice (Name geän­dert) demon­stri­erte 1993 mit anderen Stu­den­ten in Togo
gegen die Mil­itärdik­tatur. Als ein Fre­und nach dem anderen ver­schwand, floh
der 22-Jährige nach Deutsch­land. Die Teil­nahme an ein­er Demon­stra­tion, die
ihn bei ein­er Rück­kehr das Leben kosten kön­nte, reichte hier nicht aus, um
poli­tis­ches Asyl zu erhal­ten. Vor fünf Jahren wurde Mau­rice von mehreren
recht­en Schlägern attack­iert und schw­er verletzt. 

Ania und Mau­rice sind zwei Beispiele für Men­schen, die in Brandenburg
inte­gri­ert sind, aber rechtlich gese­hen nicht bleiben dür­fen. Jet­zt hoffen
sie auf die Härte­fal­lkom­mis­sion, die das Land im Zuge des neuen
Zuwan­derungs­ge­set­zes am Fre­itag ein­richt­en will. Sie kann aus humanitären
Grün­den das Bleiberecht für bes­timmte Aus­län­der empfehlen, auch wenn die
rechtlichen Wege aus­geschöpft sind. Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) hatte
sich lange gegen eine solche Kom­mis­sion gewehrt, die es in Berlin schon seit
1990 gibt und die auch der Koali­tion­spart­ner SPD forderte. Nach der
Land­tagswahl gab er nach. 

Die Kom­mis­sion set­zt sich aus acht Mit­gliedern zusam­men: Evan­ge­lis­che und
Katholis­che Kirche, Flüchtlingsrat, Wohlfahrt­spflege, Städte- und
Gemein­de­bund, Land­kreistag, Innen- und Sozialmin­is­teri­um entsenden je einen
Vertreter. Ver­stim­mung rief her­vor, dass Bran­den­burgs Ausländerbeauftragte
Almuth Berg­er zwar Mit­glied ist, aber kein Stimm­recht hat. In Berlin, sagen
viele, wäre so etwas undenkbar. Nach Tagesspiegel-Informationen
inter­ve­nierte Min­is­ter­präsi­dent Platzeck (SPD) deshalb kür­zlich noch einmal
bei Schön­bohm. Doch der blieb hart. Die Härte­fal­lkom­mis­sion ist dem
Innen­min­is­teri­um unter­stellt, sie kann nur Vorschläge unter­bre­it­en, die
Entschei­dung trifft let­ztlich Schön­bohm. Deshalb find­en es manche
beden­klich, dass das Min­is­teri­um einen Vertreter in die Kommission
entsendet. Damit ein Fall über­haupt angenom­men wird, bedarf es der
Zwei-Drit­tel-Mehrheit. Für andere Beschlüsse genügt die ein­fache Mehrheit. 

Es gibt aber noch härtere Kri­tik am fest­gelegten Ver­fahren. So sollen
Flüchtlinge, die zur Fah­n­dung aus­geschrieben sind, von der Prü­fung durch die
Kom­mis­sion aus­geschlossen wer­den. Zur Fah­n­dung aus­geschrieben wer­den aber
nicht etwa nur Krim­inelle, son­dern alle Asyl­be­wer­ber, die sich der
Abschiebung entziehen, in dem sie nicht mehr zur Aus­län­der­be­hörde gehen.
Auch Flüchtlinge im Kirchenasyl hät­ten keine Chance. “Absurd”, nen­nt Traudel
Vor­brodt, die seit 15 Jahren für die Berlin­er Härte­fal­lkom­mis­sion arbeitet,
diese Regelung. “So etwas gibt es wed­er in Berlin noch in einem anderen
Bun­des­land”, sagt sie. Noch prob­lema­tis­ch­er sei, dass die Kom­mis­sion keine
Anträge von Flüchtlin­gen annehmen dürfe, für die der Abschiebe-Termin
bere­its fest­ste­he. Die Aus­län­der­beauf­tragte Almuth Berg­er sieht das ähnlich.
“Wenn wir fest­stellen, dass dadurch tat­säch­lich viele Härte­fälle nicht
behan­delt wer­den kön­nen, müssen wir uns für Nachbesserun­gen stark machen.” 

Hel­muth Friske, Pfar­rer im Ruh­e­s­tand, wird deut­lich­er: “Sollte sich
her­ausstellen, dass die Härte­fal­lkom­mis­sion eine Farce ist, wer­den wir uns
wehren”, sagt er und meint den Kirchenkreis und viele Bürg­er von
Alt­lands­berg, die sich seit Jahren für die viet­name­sis­che Fam­i­lie Nguyen
ein­set­zen. Sie wurde im Jahr 2000 bun­desweit bekan­nt, als der Vater und der
Sohn getren­nt von der damals schwan­geren Mut­ter abgeschoben wer­den sollten.
Um das zu ver­hin­dern, erhiel­ten sie mehrere Monate Kirchenasyl der
evan­ge­lis­chen Gemeinde Dol­gelin. Sei­ther ist die Dul­dung immer wieder
ver­längert wor­den — zulet­zt bis März. 

Wie Mau­rice aus Togo und Ania aus Bosnien hof­fen auch die Ngyuens, dass ihr
Fall ein­er der ersten sein wird, den die neue Härte­fal­lkom­mis­sion behandelt.

Inforiot