In der Nacht zu Sonntag drang aus einer Wohnung in der Berliner Straße
überlaute Musik mit rechtsradikalem Inhalt, zu der mehrere Menschen laut
mitsangen. In besagter Wohnung waren drei Männer im Alter von 32 und 36
Jahren zugegen, die unter Alkoholeinwirkung standen. Eine indizierte CD
wurde beschlagnahmt und der Recorder sichergestellt. Die beiden Gäste des
Wohnungsmieters erhielten PLatzverweise. Die Tatverdächtigen müssen mit
strafrechtlichen Konsequenzen rechnen.
Autor: redax
(Berliner Zeitung) POTSDAM. DVU-Fraktionschefin Liana Hesselbarth hat bei der Wahl zur
G‑10-Kommission im Landtag insgesamt elf Stimmen erhalten. Die DVU-Fraktion
zählt aber nur sechs Mitglieder. Dieses Abstimmungsergebnis geht aus dem nun
veröffentlichten vorläufigen Landtagssitzungsprotokoll hervor. Das heißt:
Fünf Abgeordnete von SPD, PDS oder CDU haben am 28. Oktober bei der Wahl der
stellvertretenden G‑10-Kommissionsmitglieder für Hesselbarth gestimmt. Die
G‑10-Kommission hält Kontakte zu den Geheimdiensten und muss über
geheimdienstliche Abhörmaßnahmen und Verletzungen des Postgeheimnisses
informiert werden. Hesselbarth reichten aber auch die zusätzlichen Stimmen
nicht aus.
Umgang mit der DVU im Parlament umstritten
Jörg Schönbohm warnt vor Aufwertung der Rechtsextremen — Koalition lehnt
alle Anträge der Partei ab
(BM) Potsdam — Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hat vor der Aufwertung der
rechtsextremen Parteien in Brandenburg gewarnt. Es sei richtig gewesen, der
Deutschen Volksunion (DVU) in den vergangenen Jahren kaum Bedeutung
zuzumessen, zeigte er sich überzeugt. Den erneuten Sprung in den Landtag
habe die rechtsextreme Partei vor allem ihren Parolen gegen Hartz IV zu
verdanken. Die DVU des Münchner Verlegers Gerhard Frey schaffte mit 6,1
Prozent der Stimmen den Wiedereinzug in den Landtag. 71 045 Brandenburger
wählten die Partei, 0,8 Prozent mehr als 1999. Die NPD war nach einer
Absprache mit der DVU nicht angetreten.
“In Brandenburg ist die NPD mittlerweile stark zerstritten und die Deutsche
Volksunion immer noch eine Phantompartei, die von der Zentrale in München
ferngesteuert wird”, sagt Schönbohm. Der gemeinsame Landesverband
Berlin-Brandenburg der NPD hat sich aufgelöst. Ein Teil der NPD-Mitglieder
in Brandenburg hat sich der “Bewegung Neuer Ordnung” (BNO) zugewendet. Die
NPD hat im Land laut Verfassungsschutzbericht etwa 180 Mitglieder, die DVU
rund 230.
Der Potsdamer Landtag ist sich seit den Wahlen über den künftigen Umgang mit
der DVU uneins. Der neue SPD-Fraktionschef Günter Baaske hatte einen harten
Kurs gegenüber den DVU-Abgeordneten angekündigt. Die DVU sei eine
demokratiefeindliche Nazi-Partei, attackierte er die rechtsextreme Partei.
Diese prüft nun, ob sie klagt. CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek warnt die
SPD davor, die DVU mit “überzogenen Angriffen zu erhöhen”. Auch Schönbohm
sagt: “Mit solchen Verbalattacken drängen wir die DVU nur in eine
Opferrolle.” Einig sind sich beide Regierungsfraktionen, daß sie sich
künftig mit parlamentarischen Initiativen der Rechtsextremen auch inhaltlich
befassen wollen. Es bleibe aber dabei, daß sämtliche DVU-Anträge abgelehnt
werden.
“Medizin und Verbrechen”
Oranienburg (ddp-lbg). Der Name des Massenmörders Josef Mengele steht für Verbrechen, die in den Konzentrationslagern der Nazis verübt wurden. Häftlinge wurden als Versuchskaninchen missbraucht — von Männern, die rücksichtslos ihre Forschung vorantrieben, um ihren persönlichen Ehrgeiz zu befriedigen. Auch im Konzentrationslager Sachsenhausen gab es diese angeblichen Wissenschaftler. Ihr unheilvolles Treiben wird in einer neuen Dauerausstellung dokumentiert, die am Sonntag in der KZ-Gedenkstätte in Oranienburg eröffnet wird.
“Medizin und Verbrechen” heißt die Schau. Auf 800 Quadratmetern und mit rund 1000 Exponaten beschreibt sie, was in den Krankenbaracken des Konzentrationslagers geschah. Die meist mangelhafte ärztliche Versorgung wird ebenso beschrieben wie Versuche an Menschen und so genannte Krankenmordaktionen, bei denen Tausende umkamen.
Der Existenzkampf der Häftlinge im KZ habe im Krankenrevier seinen Gipfel erreicht, sagt Gedenkstättenleiter Günter Morsch. Hass und Niedertracht sei ebenso anzutreffen gewesen wie Solidarität und Altruismus. Mit der Ausstellung werde ein außerordentlich schwieriges, bislang nicht erforschtes Kapitel aufgearbeitet.
Die medizinische Versorgung im KZ hatte laut Morsch drei Funktionen. Die Häftlinge wurden dort aus Propagandagründen minimal verarztet. Ihnen wurden Verbände aus Papier angelegt, und es gab kaum Medikamente. Zudem wurde Seuchen vorgebeugt — damit sich die SS-Leute oder die Bevölkerung nicht ansteckten. Und schließlich sollte die Arbeitskraft kranker Häftlinge wiederhergestellt werden.
Zwei Baracken waren aus medizinischer Sicht außerordentlich gut ausgestattet. Sie dienten Propagandazwecken, denn durch diesen Trakt wurden bis 1945 Besuchergruppen geführt. In den anderen Baracken herrschte das Elend. Die Kranken lagen dicht gedrängt auf dem Boden, Tausende starben.
Daneben wurden in den Baracken auch Versuche an Menschen durchgeführt — 20 bis 30 verschiedene Experimente von unterschiedlichsten NS-Institutionen. Vier davon werden in der Ausstellung beschrieben. Einigen Häftlingen wurde das Giftgas Lost auf die Haut aufgetragen, um Gegenmittel auszuprobieren. Andere wurden mit tödlicher Giftmunition beschossen, um die Wirkung zu testen. Die Häftlinge im “Schuhläuferkommando” mussten tage- und wochenlang marschieren, um Erzeugnisse der Lederersatzstoffindustrie zu testen. Viele von ihnen starben an den Strapazen.
Das berüchtigte “Ritter-Institut” führte im KZ seine pseudowissenschaftlichen Forschungen zur angeblichen Minderwertigkeit von “Zigeunern” durch. Die Berichte aus Sachsenhausen waren die Grundlage für die Deportation der Sinti und Roma nach Auschwitz. Gezeigt werden Gesichtsmasken ebenso wie Reihen von Haarsträhnen, die zur Bestimmung der Haarfarbe dienten.
Die Männer und Frauen des 20. Juli 1944 wurden nach Folter oder Selbstmordversuchen ins KZ Sachsenhausen verschleppt und im Krankenrevier so weit wiederhergestellt, dass die Gestapo sie weiter verhören konnte. Von langer Hand organisiert waren die “Krankenmordaktionen”. Bei drei Transporten wurden insgesamt 550 kranke Häftlinge in die Gaskammern in Bernburg und Pirna geschickt.
Die Opfer seien bislang nur Namen auf Listen gewesen, sagt Morsch. Viele Angehörige hätten bis jetzt nichts von ihrem Schicksal gewusst. Überlebende der Euthanasie litten bis heute unter Stigmatisierung und Diskriminierung. Ihre Würde solle mit der neuen Dauerausstellung wenigstens zum Teil wiederhergestellt werden.
(Initiative „Gegen das Heldengedenken in Halbe“, 6.11.) Am 13.11.2004 soll im brandenburgischen Halbe wieder einmal ein sog.
„Heldengedenken“ von rechtsextremen Organisationen stattfinden.
Bezugspunkte sind Angehörige der Wehrmacht und der Waffen SS, die auf dem
Waldfriedhof in Halbe begraben sind.
Zur Zeit sind sämtliche Gegenveranstaltungen, ob von Antifaschisten, PDS oder der
Vereinigung der Wehrmachtsdeserteure polizeilich verboten bzw. sollen auf einem
abgelegenen Platz hinter dem Bahnhof stattfinden. Dennoch wird weiterhin nach Halbe
mobilisiert, um gemeinsam gegen die Verherrlichung des Nationalsozialismus
vorzugehen. Rechtsmittel wurden eingelegt.
Während im letzten Jahr 600 Neonazis in Halbe demonstrierten, wurden etwa 300
Antifaschisten von der Polizei weit abgedrängt und stundenlang in einem Kessel
festgehalten. Vereinigungen von Opfern des NS wurde ein Gedenken auf dem Friedhof
verweigert, währenddessen die DVU ihre Kränze ablegen konnte. Da das
Polizeipräsidium in Frankfurt (Oder), sowie das für den Friedhof zuständige Amt
Schenkenländchen die gleiche Strategie verfolgen wie im letzten Jahr, hat die
„Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR)“, sowie die
Vereinigung der Verfolgten des NS ihr Gedenken in Halbe abgesagt.
Selbst der konservative Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge distanziert sich in
einer Erklärung vom 03.11.2004 von dem Neonaziaufmarsch und titelt
„Kriegsgräberstätten sind keine Orte der Heldenverehrung.“.
Im Internet veröffentlichte Ankündigungen rechtsextremer Organisationen zum
Aufmarsch in Halbe sind voll von völkischem Denken und verfassungsfeindlichen
Attitüden, die auch ein Verbot rechtfertigen würden.
Die Berliner Kameradschaft BASO, um den Ex-NPDler Rene Bethage veranstaltete
beispielsweise am 31.10.2004 ein unangemeldetes Vorabgedenken in Halbe und wurde von
der Polizei aufgegriffen. In ihrer Erklärung zu dem Vorfall hetzen sie gegen die
Demokratie und kündigen großmäulig ihren Sieg über die BRD an. „Heuchelei und
Lüge sind die Säulen auf denen das BRD-Systems steht.“, und weiter heißt es
„ …, denn der Hass und die Wut treibt sie (die Neonazis) immer weiter in die
Opposition, lässt sie immer entschlossener werden und einst siegen.“.
Auch in einem Forum des Kameradschaftsverbunds „Freier Widerstand“ lässt
der Nutzer „Fritz Brand“ keinen Zweifel über den Führerkult der
Rechtsextremen offen. Bezüglich der gewünschten Disziplin meint er: „Schon von
einem Rechten, bzw. Nationalisten erwarte ich eigentlich eine Akzeptanz von
Befehlen, bei einem NS wäre es eine Selbstverständlichkeit. Wir brauchen Disziplin,
wir brauchen Befehle und wir brauchen Gehorsam, sonst werden wir unser Ziel nie
erreichen.“ Der „Freundeskreis Halbe“, der den Ablauf des
Marsches organisiert, kündigte auch Gewalt gegen die eigenen
Veranstaltungsteilnehmer an, falls die Disziplin nicht eingehalten wird: „Die
Ordner sind angehalten gegen die Verstöße bedingungslos vorzugehen. Es herrscht
absolutes Alkoholverbot. Bei verdächtigen Personen werden Alkoholtests durchgeführt.
Solche Szenarien sind es, die uns, ein Bündnis von antifaschistischen Gruppen aus
Berlin/Brandenburg veranlassen, Jahr für Jahr nach Halbe zu fahren, um dem aktuellen
Neofaschismus mit positiven Bezug zum Nationalsozialismus entgegenzutreten.
Der wiederholt naive Umgang des Amt Schenkenländchens und der Polizei gegenüber der
Verherrlichung deutscher Kriegsverbrecher in Halbe ist für uns unerträglich.
Ein umfangreiches Presseinfo, dass die öffentliche Debatte um Halbe skizziert kann
auf unserer Internetseite www.redhalbe.de.vu heruntergeladen werden.
Rechtsradikaler Marsch durch Halbe verboten
Anmelder klagt dagegen / Großeinsatz der Polizei
(LR, 6.11.) Das Polizeipräsidium Frankfurt (Oder) hat ein für Samstag kommender Woche
angemeldetes “Heldengedenken” von Rechtsradikalen vor dem Waldfriedhof in
Halbe verboten.
Die Bedeutung des Friedhofs strahle auf den gesamten Ort aus, das sei mit
einem solchen Aufmarsch nicht zu vereinbaren, hieß es laut
Polizeipräsidentin Winfriede Schreiber der Kern der Verbotsbegründung. Die
Anmelder hätten dagegen Klage beim Verwaltungsgericht Cottbus eingereicht.
Auf dem Friedhof in Halbe wurden mehr als 60 000 Soldaten, Zivilisten,
Wehrmachtsdeserteure, Zwangsarbeiter und Opfer des russischen
Internierungslagers Ketschendorf begraben. In der Umgebung des Ortes tobte
im April 1945 eine Kesselschlacht, die als Synonym für sinnloses Sterben
kurz vor Kriegsende gilt. Für Rechtsextremisten ist Halbe deshalb ein
wichtiger Ort der Wiederbelebung des nazistischen Untergangsmythos und der
Verherrlichung des Nationalsozialismus. Nach zehnjährigem Verbot von
Aufmärschen konnten 2003 am Vortag des Volkstrauertages erstmals wieder 600
Rechtsradikale in Halbe demonstrieren. Für den Fall, dass das diesjährige
Verbot gerichtlich aufgehoben werden sollte, hat die Polizei vorsorglich
erhebliche Auflagen erteilt. Die rechtsradikale Demo darf nicht in die Nähe
des Friedhofes kommen und wird zeitlich begrenzt.
Das Polizeipräsidium in Frankfurt (Oder) rechnet mit 600 bis 800
Rechtsradikalen und etwa 2500 Gegendemonstranten. Zwei PDS-Kreisverbände
haben Demonstrationen gegen den braunen Aufmarsch angemeldet. Beide Gruppen
sollen räumlich streng getrennt werden, um Ausschreitungen wie kürzlich in
Potsdam zu verhindern.
Dort hatten bei einem rechtsradikalen Aufmarsch gewalttätige
Gegendemonstranten Polizisten angegriffen. “Wir hoffen, dass sich in Halbe
seriöse Gegendemonstranten von Gewalttätern klar abgrenzen” , sagt
Polizeipräsidentin Schreiber. Demonstrantionen, die nicht verboten seien,
müssten unabhängig vom Anliegen von der Polizei geschützt werden, verweist
sie auf die Rechtslage in solchen Situationen.
Firma aus Zeesen benutzt angeblich NS-Symbole — Justiz zerstritten über
weiteres Vorgehen
(Berliner Zeitung, 6.11.) NEURUPPIN. Das ist bisher ohne Beispiel in Deutschland: Es gibt eine
offiziell zugelassene Bekleidungsfirma, die Jacken, Pullover und anderes
vertreibt. Und es gibt eine Staatsanwaltschaft, die das Tragen dieser
Kleidungsstücke unter Strafe stellt. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin
begründet dies mit altgermanische Runen, die als Markenzeichen auf den
Jacken und Pullovern der Marke “Thor Steinar” prangen: “Das Logo der
Bekleidungsmarke ‚Thor Steinar′ ist als ein Kennzeichen zu behandeln, das
dem einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation zum Verwechseln
ähnlich ist”, so die Staatsanwaltschaft. Die Behörde hat das altgermanische
Runenalphabet äußerst akribisch studiert: Demnach ist jene pfeilähnliche
Tyr-Rune einst Abzeichen der SA-Reichsführerschulen gewesen und die
Gibor-Rune, einer Wolfsangel gleich, ist von der Waffen-SS benutzt worden.
Und deshalb steht laut Staatsanwaltschaft Neuruppin das Tragen dieser
Kleidungsstücke mit Logo unter Strafe. Ein 23-jähriger Mann hat vom
Amtsgericht Prenzlau in diesem Jahr einen inzwischen rechtskräftigen
Strafbefehl erhalten. Er muss 30 Tagessätze a 10 Euro zahlen, weil er einen
Pullover mit dem Runen-Logo getragen hat. Zwei weitere Verfahren stehen an.
Nun ist es in Sicherheitskreisen längst bekannt, dass die Marke
“Thor-Steinar” der Firma Mediatex aus Zeesen in der rechtsradikalen Szene
bevorzugt getragen wird. Auf Sweatshirts der Marke steht mitunter das
martialische “Division Thor Steinar”, laut Staatsanwaltschaft eine
Anspielung auf die von einem General Steiner geführte SS-Division. Beim
jüngsten Neonazi-Aufmarsch in Potsdam machte es die Polizei zur Auflage,
dass die Rechtsradikalen keine Thor-Steinar-Kleidung tragen dürfen. Und
Mediatex vertrieb Pullover, auf denen der Drohspruch “Hausbesuche”
abgedruckt war. Matthias Adrian vom Zentrum demokratische Kultur in Berlin
sagt: “Die rechtsradikale Szene geht weg vom Glatzen-Outfit hin zum
Livestyle-Look von ‚Thor Steinar′”. Damit bestimme man in manchen Regionen
die Jugendkultur.
Die Mediatex-Geschäftsführung weist jede politische Ausrichtung von sich:
“Wir haben keine Klamotten für Rechte konstruiert, wir stellen nur Sport-
und Freizeitbekleidung her”, sagt Reiner Schmidt, Assistent der
Geschäftsführung. “Und wir orientieren uns an Norwegen, deshalb die Runen.
Eine Wolfsangel wird da nur reininterpretiert.” Seine Kunden aber könne man
sich nicht aussuchen. Jetzt könnte man auf die Bekleidungsfirma Lonsdale
verweisen, deren Produkte in rechtsradikalen Kreisen ebenfalls gerne
getragen werden. Die dortige Geschäftsführung hat sich deutlich von seiner
radikalen Klientel distanziert, sponsert den Christopher Street Day. Nichts
davon ist beim “Thor Steinar”-Label erkennbar.
Markus Roscher, Anwalt der Firma Mediatex, sagt stattdessen: “Der
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist durch die Haltung der Neuruppiner
Staatsanwaltschaft verletzt.” Und als “rechtswidrig” bezeichnet er es, dass
die Polizei Ende Oktober zwei Hennigsdorfer Läden durchsucht und
“Thor-Steinar”-Klamotten beschlagnahmt hat. Tatsächlich hat die Polizei jene
Textilien inzwischen zurückgeben müssen. Aber der Anwalt sagt auch: “Sollte
es strafbar bleiben, würde ich der Firma raten, ihr Logo zu verändern.”
Innerhalb der Justiz ist die Rechtsauffassung der Neuruppiner Behörde höchst
umstritten. Bei der Generalstaatsanwaltschaft und den Behörden in Potsdam
und Cottbus ist gar von “Gesinnungsstrafrecht” die Rede. “Wenn das so
weitergeht, können wir bald alles verbieten”, sagt ein Staatsanwalt. Die
Generalstaatsanwaltschaft hofft nun darauf, dass die anstehenden Verfahren
letztlich vor einem Obergericht geklärt werden. “Dann würde Klarheit
bestehen”, sagt Sprecher Rolf Grünebaum.
Die Staatswanwaltschaft Neuruppin ermittelt nun gegen Mediatex selbst wegen
möglicher Propandadelikte. Die eigentlich zuständige Potsdamer Behörde
wollte das Verfahren unbedingt abgeben. Die “Thor Steinar”-Jacken werden
unterdessen auch mit abnehmbaren Logos angeboten.
Roma-Familie bedroht
(TAZ, 5.11.) Trotz Protesten beim UN-Flüchtlingshochkommissariat will die
Ausländerbehörde Cottbus eine seit 1991 in Deutschland lebende Roma-Familie
weiterhin in das Kosovo abschieben. Die Ausweisung des 18-jährigen Faton
Berisha und seiner Familie sei für den 11. November angekündigt, so
Rechtsanwalt Schandel gestern.
Landtagsfraktion sieht keinen Grund für neuen Umgang — anders als SPD und CDU
(MAZ, 5.11.04) POTSDAM Die PDS-Opposition sieht — im Gegensatz zu den Koalitionsfraktionen SPD und
CDU — keinen Grund, den bisherigen Umgang mit der rechtsextremen DVU im
Landtag zu ändern. Die PDS werde die DVU wie bisher “am Inhalt vorführen”,
wenn sich das anbiete, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der
Fraktion, Heinz Vietze, gestern nach einer Klausur der Fraktion. In den
vergangenen fünf Jahren hätten sich stets Fachpolitiker der PDS mit
DVU-Anträgen während der Plenardebatten auseinandergesetzt. Daran werde die
PDS festhalten.
SPD und CDU hatten nach dem Wiedereinzug der DVU in den Landtag einen “neuen
Umgang” angekündigt. Das bisherige Prinzip wurde aufgegeben, dass bei
DVU-Anträgen lediglich einer der beiden Parlamentarischen Geschäftsführer
namens der Koalitionsfraktionen und der Landesregierung redet — allerdings
ohne auf den Inhalt einzugehen. Künftig sollen auch Fachpolitiker,
Ausschussvorsitzende und selbst Minister reden. Voraussetzung dafür ist,
dass die DVU sachliche Anträge stellt. Das hatten die Fraktionschefs Günter
Baaske (SPD) und Thomas Lunacek (CDU) angekündigt.
Die PDS werde daran festhalten, dass sie bei der Behandlung von DVU-Anträgen
keine direkte Auseinandersetzung mit der Landesregierung führe. Diese
erfolge nur bei eigenen Anträgen, sagte der PDS-Politiker Vietze. Zugleich
gehe er davon aus, dass die Koalition weiterhin zwischen den oppositionellen
Fraktionen PDS und DVU unterscheide.
Auf ihrer Klausur wertete die PDS auch die Landtagswahl aus, bei der sie mit
28 Prozent auf Platz zwei landete. Danach hätten Wahlforscher
herausgefunden, dass die PDS ihr Wählerpotenzial noch nicht ausgeschöpft
habe. Bei Nichtwählern, die auf Protest setzten sowie bei Arbeitslosen hätte
die PDS gewonnen. Verluste habe es bei “Höhergebildeten” gegeben.
Fraktionschefin Dagmar Enkelmann: “Es ist offenbar nicht gelungen, bei Hartz
IV Alternativen deutlich zu machen.”
NEURUPPIN Mehrere Personen haben am Donnerstag (4.11.04) um 23.35 Uhr in der Schinkelstraße Scheiben eines Wohnhauses zerschlagen und einen Hausbewohner beleidigt. Eine sofort eingeleitete Fahndung führte dazu, dass die Polizei in der Innenstadt auf fünf männliche Personen aufmerksam wurde. Ein 16- und ein 19-Jähriger mit leichten Schnittwunden an den Händen wurden in den Gewahrsam der Neuruppiner Polizeiwache gebracht. Bei einer Alkoholprobe wurden bei den Jugendlichen 1,1 und 2,23 Promille nachgewiesen. Darauf wurde eine Blutentnahme angeordnet. Dem 19-Jährigen nahmen die Beamten ein Butterfly-Messer ab.
In der derselben Nacht wurde auch am Bürgerbüro der CDU an der Friedrich-Engels-Straße eine doppelt verglaste Scheibe mit einer Bierflasche eingeworfen. Ob zwischen beiden Taten ein Zusammenhang besteht, ist noch unklar. Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen hat die Polizei bisher keine Anhaltspunkte für einen politischen Hintergrund der Tat.
Darstellung des MittenDrin/Neuruppin
Bei dem „Wohnhaus in der Schinkelstraße“, bei welchem sieben Fensterscheiben eingeschlagen wurden, handelt es sich um das Café des MittenDrin.
Für uns steht ein politischer Hintergrund, im Gegensatz zu den Äußerungen der Polizei, außer Frage. Diese Gruppe von rechten Jugendlichen sind bereits in den letzten Tagen und Wochen durch verbale Attacken und provozierendes Verhalten aufgefallen.
Das MittenDrin ist für sein Engagement gegen Rechtsradikalismus bekannt, welches sich beispielweise durch Veranstaltungen, der Mitarbeit bei der Aktion Noteingang und der Unterstützung von Opfern rechter Gewalt öffentlich wiederspiegelt. Somit liegt die Motivation der rechten Jugendlichen klar auf der Hand. In den vergangenen Jahren sind wir immer wieder Angriffen von Rechten ausgesetzt gewesen. Das Mitführen eines Butterfly-Messers spricht auch für die Gewaltbereitschaft.
Bereits einen Tag nach dem Übergriff auf das MittenDrin, wurde ein
jugendlicher Punker auf dem Neuruppiner Busbahnhof von mehreren Rechten
beleidigt und geschlagen. Auch diesen Übergriff rechnen wir dem Umfeld
dieser rechten Jugendclique zu. Die Polizei ermittelt auch in diesem Fall.
Wir appellieren an alle Menschen, bei rechtsradikalen Sprüchen nicht
wegzuschauen, sondern sich zu Verhalten. Es ist wichtig den Mund
aufzumachen und sich solidarisch mit den Menschen zu zeigen, damit es
erst gar nicht zu Übergriffen kommt.
(Berliner Zeitung, Jürgen Schwenkenbecher, 4.11.) TELTOW. In den wahrscheinlich größten Rechtsstreit um jüdisches Alteigentum
in Ostdeutschland kommt Bewegung. Zehn Mitglieder der 17-köpfigen
Erbengemeinschaft Sabersky, die Anfang der 90er-Jahre Anspruch auf fast 1
000 Grundstücke in Teltow-Seehof erhob, haben jetzt “zur sozialen Befriedung
der Region” ihre Klageforderung umgestellt. Sie verlangen für zunächst 100
Grundstücke nicht mehr die Rückübertragung, sondern eine
Entschädigungszahlung durch die Bundesrepublik. “Die dafür gesetzlich
geforderte Redlichkeit des jeweiligen Erwerbers oder Nutzers wird von den
Miterben in allen 100 Fällen anerkannt”, sagte Anwalt Thomas Pollack. Fünf
weitere Miterben würden sich diesem Vorstoß kurzfristig anschließen.
Entscheidend ist allerdings die noch ausstehende Reaktion der beiden
Haupterben Peter und Valerie Sonnenthal, denen 50 Prozent des Erbes zusteht.
Die Sonnenthal-Anwältin Anne Glinka wollte den Vorschlag am Mittwoch nicht
bewerten.
Nach Angaben des Potsdamer Verwaltungsgerichts sind derzeit noch insgesamt
663 Fälle nicht geklärt. Vor einem Jahr hatte das Bundesverwaltungsgericht
entschieden, dass bei jüdischen Grundstücken, die nach dem Stichtag 15.
September 1935 verkauft wurden, grundsätzlich Anspruch auf Rückübertragung
oder Entschädigung besteht. In dem Rechtsstreit ging es ursprünglich um 1
000 Grundstücke, die zwischen 1934 und 1940 verkauft wurden. Viele der
heutigen Besitzer haben inzwischen mit den Erben einen Vergleich
geschlossen.
Vor einer Woche vereinbarten die Erben bereits eine Lösung für 106 vor dem
Stichtag verkaufte Grundstücke. In den meisten Fällen sollen die heutigen
Eigentümer die Grundstücke nun zum halben Bodenwert erwerben können.
Die Rote Hilfe bittet um Mithilfe
Am Samstag, dem 30.10.2004, kam es am Rande eines Naziaufmarsches in der
Brandenburger Landeshauptstadt Potsdam zu mehreren linken Protestaktionen,
die von der Polizei zum Teil mit massiver Repression beantwortet wurden.
Im Zuge des Polizeieinsatzes wurden einige Leute tätlich angegriffen und
verletzt. Zudem wurden 17 Leute festgenommen, wovon gegen acht Haftbefehl
erlassen wurde.
Wer Zeuge von Übergriffen und andere Gesetzesverstößen sowie Festnahmen
durch Polizeibeamte geworden ist oder selber betroffen ist, meldet sich bei
der Roten Hilfe Potsdam (potsdam(at)rote-hilfe.de) oder beim Potsdamer
Ermittlungsausschuss (0331/9510714).