Potsdam (ddp-lbg). Experten aus ganz Brandenburg treffen sich am Samstag in
Potsdam zu einer Fachkonferenz über rechtsextremistische Kriminalität und
den Opferschutz. Erwartet werden die Mitglieder des Netzwerkes
«Koordinatoren gegen Fremdenfeindlichkeit und Gewalt», wie das
Bildungsministerium am Freitag in Potsdam mitteilte. Justizministerin
Barbara Richstein (CDU) wird einen Vortrag zum Thema «Opferschutz bei
rechtsextremistischen und fremdenfeindlichen Straftaten» halten.
Zudem ist ein Referat zum «Umgang mit potenziellen Opfergruppen und zu
präventiven Ansätzen im kommunalen Raum» geplant. Den Vorträgen folgt ein
Podiumsgespräch, bei dem die Experten der Frage nachgehen wollen, wie die
Öffentlichkeit mehr auf die Opfer fremdenfeindlicher Gewalt aufmerksam
gemacht werden kann.
Autor: redax
“Krieg ist keine Lösung”
Der Landesverband von Bündnis 90 /Die Grünen Brandenburg ruft erneut dazu
auf, sich an der zentralen Demonstration gegen den drohenden Irak-Krieg am
15. Februar in Berlin zu beteili-gen. Wir sagen Nein zu einem Krieg, der
unzähligen Menschen Leid und Elend bringen würde und die Gefahr birgt, die
gesamte Region dauerhaft zu destabilisieren.
Bündnis 90/Die Grünen unterstützen die Anstrengungen, den Irak ohne den
Einsatz militärischer Gewalt zu entwaffnen. Wir stellen uns hinter die
Forderung der Vereinten Nationen nach einer kompletten, kontrollierten
Abrüstung des Irak bei den Massenvernichtungswaffen und unter-stützen die
Arbeit der UN-Waffeninspekteure. Wir wenden uns jedoch gegen die Strategie
der USA, die Abrüstungs-Forderung zum Anlass für einen Präventiv-Krieg zu
nehmen.
Ein Krieg gegen den Irak hätte katastrophale Folgen für die Bevölkerung des
Landes. Darüber hinaus würde er unabsehbare Gefahren für den Nahen und
Mittleren Osten und für die welt-weite Koalition gegen den internationalen
Terror mit sich bringen. Es ist im Übrigen nicht im In-teresse eines
friedlichen, demokratischen Europas, sich an einem Militärschlag zu
beteiligen, der die auf Frieden und wirtschaftliche Stabilität
ausgerichteten Beziehungen zu €päischen Nachbarregionen beschädigt.
Die Kritik an der amerikanischen Irak-Politik richtet sich nicht
grundsätzlich gegen die USA. Sie soll die transatlantischen Beziehungen
nicht beschädigen. Dennoch wollen wir offen sagen, dass wir die Strategie
der USA für falsch und gefährlich halten. Wir begrüßen deshalb die Politik
der rot-grünen Bundesregierung, die zu einer Stärkung der Opposition gegen
einen Irak-Krieg bei-getragen hat.
Die Friedensdemonstration findet am Samstag, dem 15. Februar, in Berlin
statt. Die Bündnis-grünen sammeln sich ab 11.15 Uhr am Roten Rathaus,
Rathausstraße, Ecke Spandauer Straße. Die Demo beginnt ab 12 Uhr am
Alexanderplatz und am Breitscheidplatz. Die Abschlusskund-gebung ist
zwischen 14 und 16 Uhr in der Nähe des Brandenburger Tors.
Bündnis 90 / Die Grünen Brandenburg
Lindenstr. 53
14467 Potsdam
Hindenburg bleibt Ehrenbürger
(MAZ) Paul von Hindenburg bleibt Potsdamer Ehrenbürger. Diese Vorentscheidung traf
der Hauptausschuss der Stadtverordneten gestern Abend gegen die Stimmen der
PDS und der Fraktion Die Andere. Mit neun zu vier bei Enthaltung der Grünen
folgte das Gremium der Empfehlung der Historiker Martin Sabrow und Bernhard
R. Kroener, die man um eine wissenschaftliche Bewertung des
Streichungsantrages der Fraktion Die Andere gebeten hatte. Zugleich einigte
man sich, eine Erklärung zur Person des zweiten deutschen Reichspräsidenten
und Generalfeldmarschalls von Hindenburg zu erarbeiten. Damit solle
vermieden werden, das die Ablehnung der Streichung als “falsches Signal”
ankomme, sagte Bündnisgrünen-Fraktionschefin Saskia Hüneke, auf deren
Anregung hin die Erklärung formuliert werden soll. In der Debatte prallten
zwei Sichtweisen aufeinander. Martin Sabrow vom Zentrum für zeithistorische
Forschungen fasste die eine: Es gehe nicht um ein Pro oder Kontra zu
Hindenburg, sondern um die Frage: “Wie weit geht unsere geschichtspolitische
Reinigungsberechtigung?” Auch sein Kollege Kroener, Professor für
Militärgeschichte an der Universität Potsdam, betonte den zeithistorischen
Wert der Ehrenbürgerliste. Sie sei allein als Geschichtsdokument und im
Entscheidungskontext ihrer Zeit zu nehmen. Ihre Existenz führe immerhin
dazu, dass nicht einfach der Mantel des Vergessens ausgebreitet werde, sagte
Kroener. Sabrow verwies darauf, dass andere Kommunen problematische Namen
stillschweigend gestrichen hätten. Die Gegenposition vertraten Björn O.
Wiede, der die Debatte im Kontext der Vorbereitung der 70. Wiederkehr des
“Tages von Potsdam” ins Rollen gebracht hatte, und PDS-Fraktionschef
Hans-Jürgen Scharfenberg. Wenn man auf die Streichung verzichte, bestätige
man damit den Akt vom April 1933, als die Potsdamer Stadtverordneten Hitler
und Hindenburg gleichzeitig zu Ehrenbürgern erklärten. Kroener verwies auf
ein Problem: Potsdam habe bisher nur Nazi-Größen aus seiner Liste
gestrichen. Wenn nun als einziger Nicht-Nazi Hindenburg getilgt würde,
setzte man ihn mit Hitler und Göring gleich. Dass dies angesichts der
Differenziertheit der Person unangemessen wäre, verdeutlichten beide
Historiker. Sabrow erklärte, dass man den Reichspräsidenten natürlich als
Steigbügelhalter der Nazis sehen könne, wenn man die Dolchstoßlegende und
den permanenten Versuch der Restaurierung der Monarchie heranziehe. “Dies
ist eher die Vita eines Henkers denn eines präsidialen Hüters der Republik”,
sagte Sabrow. Dennoch gebe es genug Gründe für die Gegenthese, dass
Hindenburg “effektiveren Widerstand gegen Hitlers Machtübernahme geleistet
hat als der kommunistische Parteiführer Ernst Thälmann oder der
sozialdemokratische Ministerpräsident Otto Braun”. Ohne die Kandidatur des
84-Jährigen wäre Hitler bereits im April 1932 Reichspräsident gewesen, sagte
Sabrow. Die Nationalsozialisten hätten stattdessen den Eindruck gewinnen
müssen, sie könnten sich “zu Tode siegen”, würden aber stets am “Bollwerk
Hindenburg” scheitern. Kroener erinnerte daran, dass sich der greise
Reichspräsident noch am 20. Januar 1933 geweigert hatte, Hitler zum
Reichskanzler zu berufen. Er wurde erst durch seinen Sohn Oskar und den zurü
ckgetretenen Reichskanzler Franz von Papen überzeugt, dass die Einbindung
der Nazis ins Kabinett einzige Alternative zur gescheiterten Politik der
Notverordnungen sei. Bis dahin hatte Hindenburg stets die Ansicht vertreten,
er könne keiner Partei die Macht übergeben, die “einseitig gegen
Andersdenkende eingestellt” sei und eine Diktatur anstrebe, erinnerte
Kroener. Der “Tag von Potsdam”, an dem Hindenburg, nicht Hitler im
Vordergrund gestanden habe, könne insofern auch als “letzte glänzende
Manifestation des konservativen Preußentums” gedeutet werden, sagte Martin
Sabrow.
Handschuhe für Nazi-Symbole
Handschuhe für Nazi-Symbole
Diskomord-Prozess in Frankfurt (Oder) wurde fortgesetzt
(MAZ) FRANKFURT (ODER) Im Diskomord-Prozess vor dem Landgericht Frankfurt (Oder)
haben zwei Angeklagte ihre an SS-Runen erinnernde Finger-Tätowierungen
verhüllen müssen. Am gestrigen zweiten Verhandlungstag trug der
Hauptbeschuldigte Matthias R. (23) eine Bandage über der Hand. Der
Mitangeklagte Maik W. (21) zog erst im Saal Gummi-Handschuhe über. Der
Staatsanwalt hatte zu Prozessbeginn Ermittlungen angedroht, falls die
NS-Zeichen weiter zu sehen werden. Auch der Vorsitzende Richter stellte
klar, dass er eine Zurschaustellung der Zeichen nicht dulden werde. In dem
Prozess müssen sich insgesamt sechs Angeklagte wegen der Vorwürfe des
Mordes, der Beihilfe zum Mord, des Raubes und der unterlassenen
Hilfeleistung verantworten. Die 19 bis 26 Jahre alten Beschuldigten sollen
am 1. Juni des vergangenen Jahres in Neu Mahlisch (Märkisch-Oderland) einen
29-jährigen Mann misshandelt und beraubt haben. Matthias R. habe das Opfer
dann aus Angst vor einer Anzeige mit einem Messer ermordet. Ein Angeklagter
sagte gestern er habe vom Auto aus beobachtet, wie vier seiner Kumpanen den
Mann zu Boden schlugen und dann weiter auf ihn eintraten. Bei der Bluttat
selbst sei er nicht dabei gewesen. Er habe aber dem blutbefleckten Matthias
R. anschließend vorgeschlagen, die Sachen zu verbrennen. Auf die Frage,
warum er getötet habe, habe R. ihm am nächsten Tag geantwortet, er wisse das
nicht. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt. Das Urteil soll
voraussichtlich am 6. März verkündet werden.
Warnsignal
Kommentar von Jutta Abromeit in der MAZ
Fünf Ludwigsfelder Jugendliche sind vom Landgericht Potsdam verurteilt
worden, weil sie einen Mosambikaner fast zu Tode prügelten: versuchter Mord
einer “emotional verelendeten Jugendclique mit diffuser rechtsradikaler
Einstellung”. Von einem Schock in der bisher als besonders
ausländerfreundlich geltenden Stadt Ludwigsfelde ist nichts zu merken. Ein
Verteidiger der vier Unter-18-Jährigen hatte am Telefon gegenüber der
MAZ-Lokalredaktion gesagt, “da soll ein Exempel wegen Ausländerfeindlichkeit
statuiert werden”. Doch eine “ganz normale Prügelei”, wie im Gerichtssaal zu
hören, war es mit Sicherheit nicht. Denn schon bei einem Prozess voriges
Jahr in Zossen ging es um den Haupttäter. Der wurde nicht in den Saal
gelassen, weil Jugendliche seiner Clique vor ihm Angst hatten. Es deutete
sich an, dass David E. seinen Vasallen Drogen verkaufte beziehungsweise sie
Drogen verkaufen ließ. Sie sind also in mehrfachem Sinne von ihm abhängig.
Jetzt sitzt der Neonazi für achteinhalb Jahre hinter Gittern. Wenn die
Mittäter auch noch nicht viel in ihrem Leben begriffen haben, aber das ist
die Chance für sie. Für Ludwigsfelde ist ihre Tat ein Warnsignal — hier sind
die Menschen nicht besser oder schlechter als anderswo.
Diskomord-Prozess: Angeklagte müssen Nazi-Symbole verhüllen
(MOZ) Frankfurt (Oder). Im Diskomord-Prozess vor dem Landgericht
Frankfurt (Oder) haben zwei Angeklagte ihre an SS-Runen erinnernde
Finger-Tätowierungen verhüllen müssen. Am zweiten Verhandlungstag am
Mittwoch trug der Hauptbeschuldigte Matthias R. (23) eine Bandage über der
Hand. Der Mitangeklagte Maik W. (21) zog erst im Saal Gummi-Handschuhe über.
Der Staatsanwalt hatte zu Prozessbeginn Ermittlungen angedroht, falls die
NS-Zeichen weiter zu sehen werden. Auch der Vorsitzende Richter stellte
klar, dass er eine Zurschaustellung der Zeichen nicht dulden werde.
In dem Prozess müssen sich insgesamt sechs Angeklagte wegen der Vorwürfe des
Mordes, der Beihilfe zum Mord, des Raubes und der unterlassenen
Hilfeleistung verantworten. Die 19 bis 26 Jahre alten Beschuldigten sollen
am 1. Juni 2002 in Neu Mahlisch bei Seelow einen 29-jährigen Mann
misshandelt und beraubt haben. Matthias R. habe das Opfer dann aus Angst vor
einer Anzeige mit einem Messer getötet.
Ein Angeklagter sagte am Mittwoch, er habe vom Auto aus beobachtet, wie vier
seiner Kumpanen den Mann zu Boden schlugen und dann weiter auf ihn
eintraten. Bei der Bluttat selbst sei er nicht dabei gewesen. Er habe aber
dem blutbefleckten Matthias R. anschließend vorgeschlagen, die Sachen zu
verbrennen. Auf die Frage, warum er getötet habe, habe R. ihm am nächsten
Tag geantwortet, er wisse das nicht. Der Prozess wird am Freitag
fortgesetzt. Das Urteil soll voraussichtlich am 6. März verkündet werden.
Eine Frage der Wahrnehmung
In Potsdam werden fünf Rechte wegen versuchten Mordes zu hohen Haftstrafen
verurteilt. In Cottbus muss ein Gericht ein Verfahren wegen eines rechten
Überfalls auf eine Berliner Ska-Band einstellen, weil schlampig ermittelt
wurde
(TAZ) Der 4. August vorigen Jahres muss eine laue Sommernacht gewesen sein. Für
Ali Ibrahim, einen ehemaligen mosambikanischen Vertragsarbeiter, war das,
was sich damals in einem Waldstück bei Ludwigsfelde abspielte, die Hölle.
Ahnungslos tappte der 38-Jährige in die Falle einer fünfköpfigen rechten
Clique. Zwei Stunden misshandelten sie ihn aufs schwerste. Das Landgericht
Potsdam wertete die Tat am Dienstag als versuchten Mord.
Ali Ibrahim kannte die beiden 15- und 16-Jährigen, die ihn “zu einer Party”
einluden. Doch statt einer Feier erwartete den Mosambikaner bei seiner
Ankunft im Wald ein mehrstündiges Martyrium — geplant von einer “emotional
verelendeten Jugendlclique mit diffusem rechtem Weltbild”, wie Richter Klaus
Przybilla die fünf Angeklagten im Alter zwischen 15 bis 22 Jahren
bezeichnete.
Insbesondere der 22-jährige David E. — wegen rechter Delikte schon
vorbestraft — tat sich dabei hervor. Mit den Rufen “Du Neger! Du schwarze
Sau!” eröffnete David E. nach Ansicht des Gerichts den Reigen
“menschenverachtender Brutalität”. Nach eigenen Aussagen der fünf
Angeklagten bei der Polizei zertrümmerte zuerst David E. eine Bierflasche
auf dem Kopf des vor Angst paralysierten Opfers und boxte es ins Gesicht.
Nach weiteren Tritten und Schlägen lag der Mosambikaner am Boden. Einer der
Angreifer hielt dann seinen Kopf fest, während die anderen ihn auszogen und
anschließend auf Oberkörper, Bauch und Kopf sprangen. Irgendwann verlor der
Mosambikaner das Bewusstsein. Seine Peiniger machten weiter; David E. soll
ein brennendes Feuerzeug an die Haut des Opfers gehalten haben.
Gegen 5 Uhr morgens, als Ali Ibrahim sich nicht mehr regte, ließen die
Angreifer ab. David E. ging zum Schlafen nach Hause und brüstete sich
anderntags, der Abend sei “geil” gewesen; die anderen versetzten ihr Zelt um
einige hundert Meter weiter an eine andere Stelle im Wald. “Sie wollten
nicht töten, aber sie überließen es dem Zufall, ob ihr Opfer sterben würde”,
so das Gericht. Ali Ibrahim überlebte. Doch die Misshandlungen haben nach
Angaben des Vereins Opferperspektive bei ihm zu einem schweren Trauma
geführt. Jeder Schritt vor die Tür sei mit Angst besetzt. Als Ali Ibrahim
vor Gericht seine Erinnerungen an die Augustnacht schilderte, schloss das
Landgericht die Angeklagten aus. Zu groß sei die Gefahr einer
Retraumatisierung, so Richter Przybilla.
In ihrem Plädoyer ging die Staatsanwaltschaft von einer “politisch
motivierten Tat aus. Dem folgte das Gericht. Es verurteilte David E. zu
achteinhalb Jahren Haft, zwei Mitangeklagte zu drei und fünf Jahren
Jugendhaft. Die beiden jüngsten Angeklagten erhielten zwei Jahre auf
Bewährung.
Während sich das Landgericht Potsdam von seinem Urteil eine erzieherische
Wirkung erhofft, offenbarten die Strafverfolgungsbehörden in Cottbus am
gleichen Tag ein völlig anderes Vorgehen im Anschluss an einen
rechtsextremen Überfall. Knapp zweieinhalb Jahre dauerte es, bis der Angriff
auf die Berliner Ska-Band “Mothers Prid
e” im Anschluss an ein Konzert in
Cottbus überhaupt vor Gericht kam. Der dunkelhäutige Bassist der Band war
damals als “Niggerschwein”, eine Freundin der Band als “Niggerschlampe”
beschimpft worden. Vier Bandmitglieder kamen mit schweren Prellungen ins
Krankenhaus. Trotzdem schloss die Polizei in Cottbus von vornherein einen
rechten Hintergrund aus. Vor Gericht gestanden die vier Angeklagten aus dem
rechten Hooligan-Milieu zwar ihre Tatbeteiligung. Sie kamen jedoch mit
Geldstrafen davon.
“Ein Polizistenwitz?”
B.-REHBRÜCKE Mit Empörung hat der Hauptausschuss auf ein Schreiben vom
Potsdamer Polizeipräsidium reagiert. Die Gemeinde hatte sich dort beklagt,
warum eine für Potsdam genehmigte NPD-Demonstration auf dem Gebiet von
Rehbrücke begann, ohne die Kommune zu informieren. Und dann sammelten sich
die Rechtsextremen auch noch auf dem Gelände eines ehemaligen
Zwangsarbeiterlagers, hieß es. Nach der Antwort hat sich das Kopfschütteln
verstärkt. Der Einsatzleiter der Demonstration vom 21. Dezember 2002
schreibt im Auftrag des Polizeipräsidenten: “Nicht die NPD, wie Sie
vermuten, sondern der als Rechtsextremist bundesweit bekannte Herr Worch aus
Hamburg hatte die fragliche Veranstaltung angemeldet.” Belehrend geht es
weiter: “Darüber hinaus kann ich Ihnen mitteilen, dass die Zusammenrottung nicht auf dem Gebiet eines ehemaligen Zwangsarbeiterlagers … stattfand.”
Es sei ein “Durchgangslager des Arbeitsamtes” gewesen. Uwe Jaeger hielt den
Brief für einen “Polizistenwitz”, Erika Haenel sprach vom “wiehernden
Amtsschimmel”. Kurt Baller: “Das Lager wurde einst vom Sicherheitsdienst
eingerichtet, später eine Außenstelle des Arbeitsamtes dazu gestellt. Auch
in diesem Lager geschahen üble Dinge.” In Rehbrücke landete z.B. Frans
Raspe, weil er sich weigerte, für die deutsche Wehrmacht im besetzten Den
Haag Panzergräben zu schippen. Die Gemeinde will mit einem offenen Brief
reagieren.
Potsdam — Mit einem symbolischen Tastendruck hat Brandenburgs Innenminister
Jörg Schönbohm (CDU) am Donnerstag in Potsdam die bundesweit erste
Internetwache der Polizei eröffnet. Damit könnten sich die Bürger ab sofort
manchen Weg zur Polizei sparen, teilte das Ministerium mit. Ob die
Erstattung einer Anzeige, die Anmeldung einer Versammlung oder ein Hinweis
und Beschwerden zur Polizeiarbeit: Jetzt genüge ein Mausklick am heimischen
Computer. “Wir haben uns mit der Polizeireform das Ziel gesetzt,
Polizeiarbeit noch bürgernäher zu gestalten”, sagte Schönbohm. Dazu gehörten
auch kurze Wege für die Bürger und eine optimale Erreichbarkeit der Polizei.
Beides biete das Internet. Bereits während des dramatischen Hochwassers im
vergangenen Jahr war das Netz umfassend zur Information und Kommunikation
genutzt worden. Unter der Webadresse
www.internetwache.brandenburg.de können Bürger mit ihrer Polizei
direkt in Kontakt treten. Dabei wird die elektronische Post an das für den
Wohnort zuständige Polizeipräsidium in Potsdam oder Frankfurt (Oder)
gesandt, rund um die Uhr gesichtet und an die jeweils verantwortlichen
Dienststellen weitergeleitet. Von dort erhalten die Bürger zunächst eine
Eingangsbestätigung und anschließend weitere Informationen. Sorgen um die
Datensicherheit müssen sich die Bürger laut Innenministerium nicht machen.
Denn die Angaben würden verschlüsselt übermittelt, so Schönbohm. Auch der
Landesdatenschutzbeauftragte habe das Konzept geprüft und gebilligt.
Die sozialen Bewegungen in Italien
Buchladen Sputnik (Potsdam, Charlottenstrasse 28)
21.2.2003, um 20 Uhr
mit Dario Azzelini (Autor, Mitglied von Fels)
und Marco Guarella (italienischer Historiker)
Von den Tute Bianchi in Seattle,Prag und Genua zu den Dissobbetienti heute
Azzelii und Guearelle wollen mit ihrem jüngst erschienen Buch einen Überblick über die Entwicklung der sozialen Bewegungen in Italien sowie einen aktuellen Stand
der Situation heute geben. Dazu gibt es einen Film von Oliver Ressler.
Italien. Genua. Geschichte, Perspektiven.
Italien, eine starke Linke mit gesellschaftlicher Verankerung, breite Bündnisse, eine beeindruckende Massenmobilisierung, ein brutales Vorgehen der
Sicherheitskräfte, Schusswaffengebrauch, der Exekution eines Demonstranten, eine Regierung, die an Zynismus kaum zu überbieten ist, fragwürdige Anschläge und dann wieder Hunderttausende auf den Straßen, gegen den Krieg und gegen
die rechte Regierung. Die Ereignisse rund um den G8 in Genua im Sommer 2001 und die linke Mobilisierungsfähigkeit nach dem 11. September und gegen den “Antiterror-Krieg” zeugten Entsetzen, Verwunderung, Erstaunen und Bewunderung
zugleich.
Das vorliegende Buch versucht die Hintergründe zu beleuchten. Mit Kapiteln über die Geschichte der außerparlamentarischen Linken, der Analyse der drei
großen rechten Regierungsparteien Forza Italia, Alleanza Nazionale und Lega Nord, der Darstellung der Ereignisse in Genua und der politischen Folgen, einem Exkurs zur Strategie der Spannung historisch und aktuell, sowie
Interviews mit verschiedenen SprecherInnen (Tute Bianche, Disobbedienti, Cobas, Rifondazione Comunista) der breiten Bewegung, wird das Italien des neuen Jahrtausends aus dem Reich der Mythen heraus geholt.
Disobbedienti
Ein Video von Oliver Ressler, 2002
Das Video “Disobbedienti” thematisiert die Entstehungsgeschichte, politische Grundlagen und Aktionsformen der Bewegung der Disobbedienti (Ungehorsamen)
anhand von Gesprächsausschnitten mit sieben Beteiligten. Die Disobbedienti gingen während den Demonstrationen gegen den G8-Gipfel im Juli 2001 in Genua aus den Tute Bianche hervor. “Tute Bianche” war die Bezeichnung für jene weiß
gekleideten AktivistInnen aus Italien, die ihre durch Schaumstoffe, Reifen, Helme, Gasmasken und selbstgemachte Schilder geschützten Körper als Waffe des zivilen Ungehorsams bei direkten Aktionen und Demonstrationen einsetzten.
1994 traten die Tute Bianche erstmals in Italien in einem gesellschaftlichen Umfeld in Erscheinung, in dem der “Massenarbeiter” schrittweise durch prekäre
postfordistische Beschäftigungsformen abgelöst wurde. Die Tute Bianche beteiligten sich an diesen Arbeitskämpfen wie an den Kämpfen der MigrantInnen für Bewegungsfreiheit, indem sie mit einer speziell entwickelten Aktionsform
der Demontage die Schließung von Abschiebelagern erzwangen. Die Tute Bianche waren Teil der Demonstrationen gegen die WTO in Seattle 1999 und mit Delegationen im Lakandonischen Regenwald in Chiapas und in den besetzten Gebieten Palestinas.
Beim G8-Gipfel in Genua entschieden die Tute Bianche, die identitätsstiftenden und namensgebenden weißen Overalls abzulegen, um in der Multitude der 300.000 DemoteilnehmerInnen aufzugehen. Der Übergang der Tute Bianche zu den Disobbedienti, den Ungehorsamen, ist auch eine Entwicklung des “zivilen Ungehorsams” zum “sozialen Ungehorsam”. Durch das repressive Vorgehen und die
Massaker der Polizeikräfte in Genua wurde die Praxis des sozialen Ungehorsams über die Straße hinaus in die verschiedensten gesellschaftlichen Bereiche hinein getragen. Der Disobbedienti-Sprecher Luca Casarini beschreibt daher im Video die Tute Bianche als subjektive Erfahrung und kleine Armee, die Disobbedienti hingegen als Multitude und Bewegung. Die Disobbedienti setzen
die Politikform der Tute Bianche fort und versuchen, eine gerechtere Legalität von Unten zu schaffen. Es werden weiterhin spektakuläre Aktionen gegen Abschiebelager durchgeführt, wie die im Video gezeigt Demontage des Abschiebelagers in Via Mattei in Bologna am 25. Januar 2002. Dazu kommen Versuche, den “sozialen Ungehorsam” als kollektive Praxis unterschiedlicher Gruppen weiterzuentwickeln, Waren- und Kommunikationsflüsse zu blockieren, Streiks einzelner Gruppen zu generalisieren, Generalstreiks zu planen und durchzuführen. Die Gespräche mit den Disobbedienti wurden im Juli 2002 in Bologna und Genua auf italienisch geführt. Das Video “Disobbedienti” gibt es mit deutscher und englischer Untertitelung.
Haftstrafen für rechte Schläger
Haftstrafen zwischen 8,5 und zwei Jahren verhängte am Dienstag das Potsdamer Landgericht gegen fünf Angeklagte, die am 3. August 2002 den Afrikaner Ali Ibrahim halb tot schlugen. Damit orientierte sich das Gericht
an dem Strafmaß, das die Staatsanwaltschaft gefordert hatte. Die Anklage lautet auf versuchten Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.
Erschwerend kam der “niedrige Beweggrund” hinzu: Die Angeklagten werden dem
rechtsextremistischen Lager zugerechnet. Die höchste Strafe erhielt der 23-jährige David E., der nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt wurde. Die
zweijährigen Haftstrafen für zwei 16-Jährige wurden zur Bewährung
ausgesetzt. Sie waren nicht vorbestraft und am Tatabend alkoholisiert. Die
Berliner Anwältin Christina Clemm, die Ibrahim in der Nebenklage vertrat,
nannte das Urteil “sehr gemäßigt”. Keiner der Angeklagten hätte vor Gericht
wirklich Reue gezeigt. Ibrahim war bei der Urteilsverkündung nicht anwesend.
Er leidet seit dem Überfall unter Angstattacken.
Siehe auch Urteilsverkündung im Prozess um Mordversuch an Mosambikaner (Pressemitteilung der Opferperspektive vom 7.2.) sowie Mosambikaner von Jugendlichen beraubt und verletzt (MAZ, 5.8.02)
Schmerzensgeld für Mothers Pride
Cottbus Der Prozess um einen mutmaßlichen Angriff auf die Berliner Band
“Mothers Pride” ist gegen Zahlung von Geldbußen eingestellt worden. Die
vier wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagten Heranwachsenden haben
sich verpflichtet, je 750 Euro an die fünf geschädigten Bandmitglieder zu
zahlen. Beide Seiten sind damit zufrieden. Die Angeklagten sollen die Band
am 19. November 2000 in Cottbus nach einem Auftritt attackiert haben.
Siehe auch Rassistischer Angriff auf Ska-Band in Cottbus am 11.2. vor Gericht
(Pressemitteilung der Opferperspektive vom 7.2.)
(MAZ) FRANKFURT(ODER) “Die machen das doch nicht wirklich!” hatte Sylvana M. am 1. Juni vergangenen Jahres entsetzt ausgerufen. Doch sie taten es. Zwei junge Männer verfolgten den zuvor ausgeraubten und zusammengeschlagenen Roland Masch in ein Rapsfeld bei Alt Mahlisch (Märkisch-Oderland) und brachten ihn mit mehr als 30 Messerstichen um.
Wegen Mordes, Anstiftung und Beihilfe zum Mord, Raubes, schwerer Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung müssen sich fünf Männer und eine Frau seit gestern vor dem Frankfurter Landgericht verantworten. Darunter die 22-jährige Sylvana M., die bis heute die Tat nicht fassen kann. Weinend und verängstigt sitzt die junge Frau auf der Anklagebank. Vor ihr die hoch gewachsenen Mittäter, die sie einst zu ihren Freunden zählte, obwohl sie von ihnen beleidigt und misshandelt worden war. “Ich sollte die Klappe halten, sonst würden sie mich kalt machen”, gesteht sie unter Tränen. Die schwangere Fürstenwalderin passt nicht ins Bild. Unbegreiflich, warum sie die Nähe dieser Männer suchte, die Oberstaatsanwalt Hartmut Oeser allesamt als “stramm rechts” einstuft. “Ich kann nicht Nein sagen”, versucht sie sich vor Gericht zu entschuldigen.
Versucht hatte sie das zumindest, bereits vor der Disko in Alt Zeschdorf. Gegen 5.30 Uhr war das spätere Opfer auf die Gruppe zugegangen und hatte um eine Mitfahrgelegenheit gebeten. Sylvana M. lehnte ab, lag Maschs Heimatort Dolgelin doch genau in der entgegengesetzten Richtung. Maik W. hingegen kam auf eine andere Idee, wie der gepflegt wirkende Brillenträger vor Gericht bestätigt: Vielleicht hat der Mann Geld dabei. Schnell war das Betrunken-Machen, Ausrauben und Aussetzen des Dachdeckers beschlossene Sache.
Mit zwei Autos ging es los. “Als wir im zweiten Wagen zu dem Feldweg kamen, hatten Matthias R. und Stefan K. den Mann schon nach draußen gezerrt und prügelten auf ihn ein”, erzählt der 21-jährige W., der selbst mit einem Axtstiel zugeschlagen haben will und später die Geldbörse des Opfers untersuchte. Es stellte sich heraus, dass Masch keinen Cent bei sich hatte.
Einen unbeobachteten Augenblick nutzte der Dachdecker zur Flucht. R. und K. hätten die Verfolgung des 29-Jährigen aufgenommen, der sein eigenes Todesurteil besiegelte, indem er den Verfolgern zurief: “Eure Gesichter habe ich mir sowieso gemerkt!” Maik W. soll anschließend den Befehl zur Liquidation gegeben haben. Wenig später seien R. und K. blutverschmiert zurückgekehrt. “Sie sagten, sie hätten den Mann abgestochen”, erklärt W. äußerlich ungerührt.
Mit einem Klappmesser, so die polizeilichen Ermittlungen, soll der kahlköpfige, bullige R. auf sein Opfer eingestochen haben. Angestachelt durch Zurufe seines Kumpans K. Immer wieder bohrte der Angreifer die acht Zentimeter lange Klinge in den Oberkörper. Als dieser nur noch röchelte, hatte K. laut Anklage geraten: “Jetzt musst Du es richtig machen, sonst sind wir geliefert.” R. schnitt seinem Opfer in grausamer Konsequenz die Kehle durch.
Die beiden mutmaßlichen Mörder hüllen sich vor Gericht in Schweigen. Roland Masch war erst sechs Wochen nach der Tat von einem Bauern bei der Rapsernte entdeckt worden. Die Leiche des jungen Familienvaters war bereits skelettiert. Trotz der mühsamen Spurensuche und der Verschwiegenheit des Sextetts, einander nicht zu verraten, waren die Ermittler auf Grund von Zeugenaussagen schnell fündig geworden.
Der Prozess wird heute mit weiteren Vernehmungen der Angeklagten fortgesetzt. Dann allerdings — sagt der Oberstaatsanwalt unter Androhung eines Ermittlungsverfahrens — sollten die mutmaßlichen Täter ihre zur Schau getragenen Nazi-Symbole verdecken. Maik W. und Matthias R. haben deutlich sichtbar das Wort “Hass” mit SS-Runen auf ihre Finger tätowiert.
“Der packt aus, der muss sterben”
Vor dem Frankfurter Landgericht begann gestern der Prozess gegen die mutmaßlichen Täter des “Rapsfeld-Mordes”
(BM, Jeanette Bederke) Frankfurt (O.) — Die beiden Hauptangeklagten schwiegen — so wie sie es
angeblich bereits kurz nach dem Mord im Juni 2002 vereinbart hatten -, nach
einem der abscheulichsten Verbrechen des vergangenen Jahres in Brandenburg,
dem Mord im Rapsfeld. Laut Anklage sollen die beiden jungen Männer aus
Fürstenwalde den 29-jährigen Dachdecker Roland Masch in der Nacht des 1.
Juni an einem einsamen Feldweg bei Alt Mahlisch (Märkisch-Oderland)
zusammengeschlagen und ausgeraubt haben. Voller Angst muss Masch gewesen
sein — und voller Wut. Und fast schon entkommen, schrie er seinen Peinigern
angeblich jenen Satz hinterher, der ihn wohl das Leben gekostet hat: “Eure
Gesichter habe ich mir gemerkt.” Masch wurde erstochen, von Matthias R. und
Stefan K., so der Staatsanwalt, damit er nicht plaudern konnte. “Der darf
nicht am Leben bleiben, der packt sonst aus.” Fiel dieser Satz, wurde Masch
mit 30 bis 40 Messerstichen brutal getötet, damit er für immer über die
Schläge und den Raub schweigt? Offenbar, denn die vier Mitangeklagten waren
gestern zum Prozessauftakt im Frankfurter Landgericht weit mitteilsamer als
die zwei mutmaßlichen Haupttäter.
Matthias R. und Stefan K. hätten Masch nach einer Verfolgungsjagd getötet,
danach ihre blutverschmierte Kleidung verbrannt und das Tatmesser in die
Spree geworfen, sagten die Mitangeklagten, die gestern keine Komplizen mehr
sein wollten. “Ich hab ihm die Kehle durchgeschnitten”, zitierte eine
Angeklagte einender beiden Hauptangeklagten. “Danach meinte er noch, es habe
ihm Spaß gemacht, und dies sei der Kick seiner Karriere”, sagte die
mitangeklagte 23-jährige Sylvana M. unter Tränen. Die schwangere Frau hat
nach eigener Aussage versucht, die Tat zu verhindern. “Halt die Klappe,
sonst mach ich das Gleiche mit dir”, habe sie darauf einer der Angeklagten
angefahren.
Die fünf Männer im Alter zwischen 19 und 26 Jahren sind nach Angaben von
Oberstaatsanwalt Hartmut Oeser alle “stramm rechts”, Teil der Szene in
Fürstenwalde. Das Opfer hatte sie in der Nacht jenes Sonnabend vor der Disco
“Nightlife” in Alt-Zeschdorf um eine Mitfahrgelegenheit gebeten. Gegen den
Willen der beiden Fahrer sei beschlossen worden, Masch mitzunehmen und
auszurauben. Laut Anklage wurde das Opfer auf einem Feldweg aus dem Auto
gezerrt und mit einem Axtstiel geschlagen. Dann stellten einige seiner
Peiniger fest, dass sein Portmonee kein Geld enthielt und ließen zunächst
von ihm ab. Als Roland Masch fliehen wollte, verfolgten in Zwei der Gruppe,
töteten ihn und ließen den Körper im mannshohen Raps liegen. Die
skelettierte Leiche wurde erst Wochen später bei der Ernte gefunden. Bei der
Auswertung von Überwachungsvideos der Diskothek stießen Fahnder auf den
vorbestraften Maik W. und schließlich auf den Rest der Gruppe.
Roland Masch, der aus Dolgelin stammt, hinterließ einen kleinen Sohn und
eine Lebensgefährtin. Die Mutter, seine Lebensgefährtin und sein Bruder
verfolgten gestern als Nebenkläger, wie die angeklagten Männer emotionslos
und ohne ein Wort der Entschuldigung von der Tat berichteten. Von den
Schlägen mit einem Axtstiel, davon, wie die blutdurchtränkte Kleidung
verbrannt wurde und die Gruppe nach der Tat hungrig zu McDonalds ging.
Rädelsführer Maik W., damals 19 Jahre alt, soll angeblich der Tat gemahnt
haben: “Wir sitzen alle in einem Boot. Wird einer erwischt, muss er die
Klappe halten.” Vor Gericht bestätigt er gestern wesentliche Anklagepunkte,
schwächt seine Tatbeteiligung jedoch ab. Zwar habe er den Anstoß zum Raub
gegeben und auch auf das Opfer eingeschlagen. Die Anstiftung zum Mord aber
will W. nicht auf seine Kappe nehmen. Der Prozess wird morgen fortgesetzt
und dauert voraussichtlich zehn Tage. Drei der Männer müssen wegen Mordes an
Roland Masch und
Anstiftung zum Mord mit einer lebenslangen Haftstrafe
rechnen.
Über 30 Mal zugestochen
Mord an einem Diskobesucher vor Gericht — Schwangere Mitangeklagte fühlt sich bedroht
(MOZ) Frankfurt (Oder) (ddp-lbg). Nur leise und unter Tränen kann die schwangere
Frau mit den lilafarbenen Haaren über das ungeheuerliche Geschehen
berichten. Die 23-jährige Sylvana M. war am 1. Juni 2002 dabei, als der
bullige Matthias R. (23) blutverschmiert und mit einem Messer in der Hand
aus einem Rapsfeld nahe Neu Mahlisch bei Seelow zum Pkw zurückkehrte. «Ich
habe ihm die Kehle durchgeschnitten», habe R. trocken gesagt und im Auto
dann hinzugefügt: «Es hat Spaß gemacht und war der Kick meiner Karriere.»
Der Aufsehen erregende Mordfall wird seit Dienstag am Landgericht Frankfurt
(Oder) verhandelt. Matthias R. muss sich dort zusammen mit weiteren drei
weiteren jungen Männern aus Fürstenwalde wegen Mordes oder der Beihilfe dazu
verantworten. Sylvana M. und ein sechster Angeschuldigter sind der
unterlassenen Hilfeleistung angeklagt. Die Beschuldigten sollen einen vor
der Disko von Alt Zeschdorf aufgelesenen Zimmermann brutal
zusammengeschlagen, ausgeraubt und getötet haben. Seine bereits skelettierte
Leiche war erst sechs Wochen später von einem Mähdrescherfahrer entdeckt
worden.
Vier der Angeklagten berichteten am Dienstag ziemlich übereinstimmend, wie
der 29-jährige Diskogänger die Gruppe um eine Mitfahrgelegenheit im Pkw bat.
Zunächst habe man abgelehnt, dann aber den Raubplan ausgeheckt. Auf einem
Feld hätten zwei der Männer ihr Opfer aus dem Wagen gezerrt und zu Boden
gedroschen. Ein dritter Angeklagter, Maik W. (21), räumte ein, den Mann mit
einem Beil geschlagen zu haben. Er leugnete aber den Anklagevorwurf, zum
Mord angestiftet zu haben.
Als die Gruppe sich über die leere Geldbörse des Mannes ärgerte, konnte
dieser flüchten. Dann sei Angst aufgekommen, was wohl passiere, wenn er sich
die Autokennzeichen merkt. Alle vier sagten aus, dass allein Matthias R. und
der 25 Jahre alte Stefan K. dem Flüchtenden folgten. Beide äußerten sich zu
Prozessbeginn nicht zu den Vorwürfen. Laut Anklage soll R. über 30 Mal auf
das um sein Leben bettelnde Opfer eingestochen haben. Stefan K. habe ihm
gesagt: «Jetzt musst Du es richtig machen. Wenn der aufsteht, sind wir
geliefert». Daraufhin soll R. dem Mann die Halsschlagadern durchtrennt
haben.
Nach der Tat hätten sich alle geschworen zu schweigen, wenn einer von der
Polizei geschnappt werden sollte, sagten die Angeklagten am Dienstag weiter.
Sylvana M. kann unterdessen kaum mehr ruhig schlafen. Schon bei der
Schlägerei will sie gefleht haben, die sollen doch aufhören. Doch ein
Mitangeklagter habe nur gesagt, sie solle die Klappe halten, sonst würden
sie dasselbe mit ihr machen. Und nach dem Mord habe Matthias R. ihr gedroht,
sie umzubringen, wenn sie redet.
Die Angst der jungen Frau vor dem in Untersuchungshaft sitzenden R. ist so
groß, dass ihr Verteidiger die Kammer — vergeblich — bat, den Glatzkopf
während ihrer Aussage aus dem Saal zu schicken. Sie kannte die Gruppe seit
langem: «Dass die nicht ganz ohne sind, wusste ich schon», sagte sie. Vor
fünf Jahren habe Maik W. ihr das Nasenbein gebrochen. Zwei der Angeklagten
hätten zudem eine Freundin vergewaltigt. Von der menschenverachtenden
Gesinnung zeugen zudem die SS-Runen auf den Fingern von Matthias R. Das
Urteil will die Kammer voraussichtlich am 6. März verkünden.