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(Anti-)Rassismus Antifaschismus jüdisches Leben & Antisemitismus

Vom Deutschlandfahnenschwinger zum Redner der „Freie Kräfte Potsdam“

Pots­dam — Mar­cel Guse, die ide­ol­o­gis­che Führungs­fig­ur der Pots­damer Neon­aziszene, ist mit­tler­weile bei der neon­azis­tis­chen Grup­pierung „Freie Kräfte Pots­dam“ (FKP) aktiv.

Anfang Mai trat dieser, laut eige­nen Angaben „wegen unüber­brück­bar­er politische[r] Dif­feren­zen“ [1], aus der Nation­aldemokratis­chen Partei Deutsch­lands (NPD) aus. Laut dem NPD Kreisver­band Hav­el-Nuthe, kam er damit einem „Antrag auf Auss­chluß“ zuvor [2]. Grund dafür waren Gus­es Aus­sagen und Stand­punk­te, die offen ras­sis­tisch, anti­semi­tisch und den Nation­al­sozial­is­mus ver­her­rlichend waren, wodurch er nicht nur Freund_innen inner­halb der Bran­den­burg­er NPD hat­te [3]. Beson­ders mit dem Lan­desvor­stand lag dieser deshalb im Clinch.

So veröf­fentlichte der Kreisver­band Hav­el-Nuthe am 11.05. eine kurze Pressemit­teilung zu Gus­es Aus­tritt for­muliert in zwei Sätzen. Darin wird seine einein­hal­b­jährige Tätigkeit für die NPD damit kom­men­tiert und eher herun­terge­spielt, dass Guse „zwis­chen­zeitlich auch der NPD beige­treten war“ [4].

Durch seinen Ausstieg aus der NPD kann Mar­cel Guse nun ver­mehrt tief­ere Kon­tak­te in der neon­azis­tis­chen Szene, und damit eben­falls in den organ­isierten, mil­i­tan­ten und gewalt­täti­gen Kreisen der Pots­damer Neon­aziszene, pfle­gen. In dieser verkehrte er bere­its vor seinem Aus­tritt und förderte Verknüp­fun­gen zwis­chen ihnen und der Partei. Auch seinen Sitz in der Pots­damer Stadtverord­neten­ver­samm­lung hat Guse weit­er­hin inne.

Zulet­zt trat Guse am 15.07.11 in Babels­berg und am 17.06.11 in Wald­stadt zusam­men mit den „Freie Kräfte Pots­dam (FKP)“ auf. Diese Aktio­nen, die Guse mit einem Mega­fon in der Hand anführte, fan­den im Rah­men der so genan­nten „werde-unsterblich“ Kam­pagne statt. Ihr Auftritt bestand daraus, Parolen rufend über den jew­eili­gen Park­platz zu schre­it­en und dabei Werbeschnipsel für die Kam­pagne zu ver­streuen. Dabei tru­gen sie die gle­ichen weißen Masken, die sie bere­its am 19.09.2010 bei ein­er Aktion in der Wald­stadt tru­gen und welche auch das Marken­ze­ichen der Neon­azis dieser Kam­pagne ist. [5]

Im Pots­damer Stadt­teil Wald­stadt (Park­platz des Wald­stadt-Cen­ters) trat Guse bei der Aktion das erste Mal für die „FKP“ auf. Anwe­send waren des weit­eren u.a. der 25-jährige Tom S., der seit mehr als sieben Jahren in der Pots­damer Neon­aziszene aktiv und dies­bezüglich auch mehrfach ein­schlägig vorbe­straft ist.

Schlussendlich ergibt sich, ergänzend mit einem Blick in die aktuelle „Chronik neon­azis­tis­ch­er Aktiv­itäten in Pots­dam und Umge­bung für den Zeitraum Jan­u­ar bis Juni 2011“[6] des „Antifaschis­tis­chen Pressearchiv Pots­dam“ (APAP), ein Bild ein­er organ­isierten, aktion­sori­en­tierten und äußerst gewalt­täti­gen Neon­aziszene, welche in let­zter Zeit schw­er­punk­t­mäßig im Pots­damer Stadt­teil Wald­stadt aktiv ist. Dies ist nicht ver­wun­der­lich, da es eben­falls der Wohnort von Mar­cel Guse und weit­eren Akteur_innen der „FKP“ ist.

Fußnoten und Bildquellen:
[1] hxxp://www.npd-havel-nuthe.de/?p=4792
[2] hxxp://www.npd-havel-nuthe.de/?p=4792
[3] http://npd-blog.info/2010/08/20/hitler-spricht-beim-npd-kreisverband/ und https://inforiot.de/artikel/npd-von-innen
[4] hxxp://www.npd-havel-nuthe.de/?p=4792
[5] http://www.mut-gegen-rechte-gewalt.de/exit/popkultur-fuer-neonazis/
[6] http://apap.blogsport.eu/2011/07/01/chronik-neonazistischer-aktivitaten-in-potsdam-und-umgebung-fur-den-zeitraum-januar-bis-juni-2011/
Bild 1: hxxp://npd-brandenburg.de/runterladen/cat/guse.jpg
Bild 2: http://arpu.blogsport.eu/files/2011/04/19.09.2010_FKP_Volkstod_Transparent.png
Bild 3: hxxp://www.infoportal-potsdam.net/picture/flashmob002.jpg

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Bildung & Kultur Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus

Ravensbrück — Workcamp vom 30.07. bis 05.08.2011

Wir wollen nicht vergessen, welch­es Leid Faschist_Innen über die Welt gebracht haben, wer bei ihren abscheulichen Ver­brechen mit­gemacht hat und auch nicht wer davon prof­i­tiert hat. Die Nazis waren keine UFOs die auf ein­mal kamen und alles kaputt geschla­gen haben, son­dern sie waren mit ihrer men­schen­feindlichen Ide­olo­gie tief in der deutschen Gesellschaft verwurzelt.

Und auch die Grund­lage, die den faschis­tis­chen Ter­ror möglich gemacht hat, existiert bis heute fort: ein glob­aler Kap­i­tal­is­mus, der in der Logik von Ver­w­er­tungszwang, Konkur­renz und Lohnar­beit unser Leben dik­tiert. Die Zus­pitzung dieser Aus­beu­tung des Men­schen durch den Men­schen fand in den Konzen­tra­tions- und Ver­nich­tungslager der Faschist_Innen statt. Ein­er­seits Ver­nich­tung soge­nan­nten “min­der­w­er­ti­gen Lebens”, ander­er­seits wirtschaftliche Aus­beu­tung durch Zwangsar­beit – die Gren­zen waren hier­bei fließend. Für uns ist dieses Kapi­tel noch nicht abgeschlossen und das wird es auch nicht. Wir set­zen uns mit der Geschichte auseinan­der. Nach einem ersten antifaschis­tis­chen Work­camp in der Gedenkstätte Ravens­brück im Som­mer 2010 wollen wir für 2011 an diesen Erfolg anknüpfen.

Dabei wer­den wir unser Work­camp 2011 sog­ar noch aus­bauen – bis zu 60 junge Antifaschist_Innen wer­den an ver­schiede­nen Pro­jek­ten im Siemenslager (welch­es zum Lagerkom­plex Ravens­brück gehört) arbeit­en und recher­chieren. Dazu wer­den wir uns aber auch inhaltlich mit Zwangsar­beit, Faschis­mus, Kap­i­tal­is­mus und aktueller Gedenkstät­ten­poli­tik beschäfti­gen. Natür­lich brauchen wir auch den Raum und die Zeit um die Ein­drücke an diesem Ort ver­ar­beit­en zu kön­nen – die Teil­nahme an den Teil­pro­jek­ten und Work­shops ist natür­lich frei­willig. Das Camp wird offen und basis­demokratisch organ­isiert sein – Jede und Jed­er trägt Ver­ant­wor­tung für das Gelin­gen der Pro­jek­te. Und auch im Vor­feld des Camps freuen wir uns über prak­tis­che Mith­il­fe für das Camp. Mit Video­tage­büch­ern, Pressear­beit, Aktio­nen und Demos wollen wir diese Inhalte stärk­er in das öffentliche Bewusst­sein rück­en, denn Men­schen­feindlichkeit und Ras­sis­mus haben viele For­men wie z.B. Sar­razin erst kür­zlich bewies. Wir wis­sen wohin das führt, wir wis­sen woher das kommt – wir haben darauf keinen Bock!

Gemein­sam gegen Faschist_Innen auf allen Ebe­nen!
Im Gedenken an alle Kämpfer_Innen gegen den Faschis­mus und für eine befre­ite Gesellschaft!
Auf zum Antifa-Ravens­brück-Work­camp 2011 vom 30.07 – 05.08.!

Mehr Infos zum let­ztjähri­gen Camp find­et ihr unter: http://ravensbrueck2011.blogsport.eu/ und Infos zum aktuellen Stand gibt es per Mail an info@jwp-mittendrin.de. Wir nehmen euch auch gerne in den Vor­bere­itungsverteil­er auf, also meldet euch!

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jüdisches Leben & Antisemitismus

Bernau: Fensterscheibe von Jüdischer Gemeinde eingeschlagen/ Spendenaufruf

In der Nacht zu Sonnabend, den 26. März, wurde eine der Schaufen­ster­scheiben der Jüdis­chen Gemeinde in Bernau mit einem etwa 25 cm großen Stein einge­wor­fen. Die Scheibe zer­split­terte und ein Teil des Fen­ster­brettes brach ab. Ver­let­zt wurde nie­mand. In den Briefkas­ten wurde außer­dem ein Hak­enkreuz ein­ger­itzt. Erst seit Feb­ru­ar befind­et sich die Gemeinde in dem Gebäude, auch der Sozialen Inte­gra­tionsvere­in Dia­mant e. V. befind­et sich in diesen Räu­men. Bere­its in der Ver­gan­gen­heit gab es Belei­di­gun­gen, Pöbeleien und auch tätliche Angriffe auf Mit­glieder der Gemeinde. Zu den Tätern ist bish­er nichts bekannt.

In der sel­ben Nacht taucht­en Nazi-Aufk­le­ber mit der Auf­schrift “Aus­län­der rein, wir sagen nein” in der Stadt auf, u.a. an der Ein­gangstür eines Ladens unmit­tel­bar neben der Gemeinde.

 

Spende­naufruf vom Bernauer Net­zw­erk für Tol­er­anz und Weltof­fen­heit (28. März 2011): 

igentlich woll­ten die ehre­namtlichen Mitar­bei­t­erin­nen und Mitar­beit­er vom Sozialen Inte­gra­tionsvere­in Dia­mant e. V. am Sam­stag­mor­gen (26. März) in den Vere­in­sräu­men die let­zten Vor­bere­itun­gen für das Kinder­fest erledi­gen, als sie mit Schreck­en fest­stellen mussten, dass Unbekan­nte eine der großen Schaufen­ster­scheiben eingeschla­gen hat­ten. „Wir sind sehr beun­ruhigt, weil wir nicht wis­sen, wer hin­ter dieser Zer­störung steckt“, äußert sich die Geschäfts­führerin des Vere­ins Diana San­dler und gle­ichzeit­ig Vor­sitzende der Jüdis­chen Gemeinde Land­kreis Barn­im, erschrock­en. „Außer­dem ist die Reparatur des Fen­sters mit Kosten ver­bun­den, die der Vere­in nicht auf­brin­gen kann. Auch für die Jüdis­che Gemeinde als Mieterin, die mit dem Vere­in eng kooperiert, ist das ein großes Prob­lem.“ Das Schlimm­ste sei aber die Verun­sicherung der Zuwan­derin­nen und Zuwan­der­er. Das Bernauer Net­zw­erk für Tol­er­anz und Weltof­fen­heit ist empört über diese Gewalt­tat und bit­tet alle Bernauerin­nen und Bernauer, die Jüdis­che Gemeinde mit ein­er Spende zu unter­stützen und damit gle­ichzeit­ig ein Zeichen der Sol­i­dar­ität zu setzen.

Spenden kön­nen eingezahlt wer­den auf das Kon­to der Jüdis­che Gemeinde Land­kreis Barn­im e.V. bei der Sparkasse Barn­im, Ban­kleitzahl 17052000, Konto–Nr. 3140078330, Ken­nwort: Sol­i­dar­ität. Auf Wun­sch kann eine Spendenbescheini­gung aus­gestellt werden.

 

 

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Pressemitteilung des Utopia e.V.

Der Über­griff auf Antifaschist_innen aus dem Umfeld des Vere­ins Utopia e.V. durch Anhänger der Fuss­ball-Hooli­gan-Grup­pierung FCV vom 8.11.2008 wird ab dem 16.03.2011 vor dem Amts­gericht Frank­furt (Oder) verhandelt.

In der Nacht vom 8.11. zum 9.11.2008 drangen Per­so­n­en aus dem recht­sex­tremen Umfeld des Fußbal­lvere­ines FFC Vik­to­ria in das Wohn­haus in der Berlin­er Straße 24 ein. Bekan­nter­maßen hat dort der Vere­in Utopia, welch­er seit Jahren anti­ras­sis­tis­che und antifaschis­tis­che Bildungs‑, Jugend- und Kul­tur­ar­beit leis­tet, seine Räumlichkeiten.

Zunächst ver­wüsteten die Angreifer den Haus­flur, indem sie Plakate von den Wän­den ris­sen und an ver­schiede­nen Stellen Aufk­le­ber der Hooli­gan-Grup­pierung FCV anbracht­en. Beim Ver­lassen des Haus­es ris­sen die Recht­sex­tremen das Ban­ner des Vere­ins aus sein­er Ver­ankerung. Durch den Lärm alarmiert, ent­deck­ten fünf Per­so­n­en, welche sich zu diesem Zeit­punkt in den Räu­men des Vere­ins aufhiel­ten, eine Spur der Ver­wüs­tung, die sich bis zur Haustür hin­zog. Beim Öff­nen der Haustür stürmten aus einem Lokal, das sich in dem­sel­ben Haus befind­et, etwa 15 Per­so­n­en. Diese waren teil­weise ver­mummt und mit Bil­lard­stöck­en bewaffnet. Unter Rufen wie “Scheiß Zeck­en” grif­f­en sie die Antifaschist_innen an und ver­let­zten drei von ihnen.

Der erste Ver­hand­lungstag find­et am 16.03.2011 um 9:00 Uhr im Amts­gericht Frank­furt (Oder), Saal 003 statt.

Utopia e.V.
Kon­takt: utopia-ffo@riseup.net

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus

Der 27. Januar 2011 in Potsdam

Am 27.01. fand um 18.00 Uhr eine Gedenkver­anstal­tung am Platz der Ein­heit in Pots­dam anlässlich des 66. Jahrestages der Befreiung des Konzen­tra­tionslager Auschwitz. Die ca. 50 Zuhörer_innen wurde von Redner_innen des VVN-Bda, des Anti­mil­i­taris­tis­chen Fördervere­ins und der Autonomen Antifaschis­tis­che Linken Pots­dam über ver­schiedene The­men informiert, ein Gedicht von Bertolt Brecht wurde vor­ge­tra­gen und es gab eine Gedenkminute. Des weit­eren wurde der Ver­schluss des Deser­teurs­denkmals und die bürg­er­liche Erin­nerungspoli­tik kri­tisiert. Dabei wurde darauf ver­wiesen, dass es nicht aus­re­icht nur den Opfern zu gedenken und die Täter nicht zu nen­nen. Eben­so wurde sich entsch­ieden gegen die Gle­ich­set­zung von Sozial­is­mus und Nation­al­sozial­is­mus gewandt.

Anschließend liefen die Teil­nehmer der Gedenkver­anstal­tung zum Fried­hof der Sow­jet­sol­dat­en am Bass­in­platz. Dort wurde eine Rede über die Befreiung von Auschwitz und die Enste­hung und Entwick­lung der Roten Armee gehal­ten. Die danach fol­gende Gedenkminute und Sol­i­dar­itäts­bekun­dung mit den sow­jetis­chen Befreiern wurde allerd­ings durch zwei Polizeibeamte gestört, die offen­bar nicht wussten, dass Gedenkver­anstal­tun­gen nicht angemeldet wer­den müssen. Hans Schmidt von der [a]alp zog eine pos­i­tives Resümee: “Es war wie die ver­gan­gene Jahre würdi­ge Gedenkver­anstal­tung. Diese sind wichtig um nicht zu vergessen welche Ver­brechen damals stattge­fun­den haben und auch zukün­ftig gegen Faschis­mus und für eine andere Gesellschaft zu stre­it­en. Erin­nern heißt kämpfen!”

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Holocaustgedenktag in Zossen: Antifa demonstriert spontan.

Am gestri­gen Don­ner­stag demon­stri­erten in der Zossen­er Innen­stadt (Tel­tow — Fläming) rund 50 Antifaschistin­nen. Anlass war der 66. Jahrestag der Befreiung des Konzen­tra­tions- und Ver­nich­tungslagers Auschwitz — Birke­nau durch die Rote Armee.

Zur Erin­nerung an diese Befreiung, zum Gedenken an die Opfer, aber auch zur kri­tis­chen Auseinan­der­set­zung mit faschis­tis­ch­er Ide­olo­gie, etablierte sich dieser Tag inter­na­tion­al als „Holo­caustge­denk­tag“.

Aus­ges­tat­tet mit Trans­par­enten, Schildern und Fah­nen zogen die Demon­stran­tinnen über den Mark­t­platz bis hoch zum Gerichts­ge­bäude und dann zurück zum Bahn­hof. Auch einige Zossen­er Bürg­erin­nen, die vorher an der öffentlichen Gedenkver­anstal­tung vor dem Rathaus teil­nah­men, schlossen sich dem an. Der Demon­stra­tionszug machte laut­starkauf die latente Bedro­hung durch (Neo-)Nazis in der Region aufmerk­sam. Ger­ade am Holo­caustge­denk­tag störten in den ver­gan­genen Jahren (Neo-)Nazis immer wieder das Gedenken durch „Lüge, Lüge“ Rufe, Hit­ler­grüße und das Sin­gen nation­al­sozial­is­tis­chen Lieder. 2010 bran­nten diese, im Vor­feld des Holo­caustge­denkens, sog­ar das „Haus der
Demokratie“ nieder.

Nathan Rosen­thal, ein­er der Organ­isatoren und Sprech­er des „Linken Fläming Unit­ed“ dazu: » Wir woll­ten mit der Demo vor allem ein gedenkpoli­tis­ches Zeichen set­zen, um an die Opfer des deutschen Faschis­mus erin­nern, aber auch verdeut­lichen, dass Faschis­mus nicht nur ein Phänomen der Ver­gan­gen­heit ist. Die Kle­in­stadt Zossen ist z.B. ein Schw­er­punkt des organ­isierten Neon­azis­mus im Umland von Berlin. Kri­tis­che Bügerin­nen und Bürg­er vor Ort soll­ten es als ihre Auf­gabe begreifen, diesem Prob­lem entschlossen ent­ge­gen­zutreten und sich mit Betrof­fe­nen zu sol­i­darisieren. Nur so
kann mit­tel­fristig das gesellschaftliche Prob­lem adäquat bekämpft werden«.

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Schöne Bescherung für JN-Kader?

Hin­ter­grund ist die „Inter­es­sen­ge­mein­schaft Fahrt & Lager“ der „Jun­gen Nationaldemokraten“(JN). Diese sollen, so die Befürch­tung der Sicher­heit­skräfte, zur Jahreswende ein Zelt­lager geplant haben. Der weit­ere Hin­ter­grund für die Ermit­tel­nden stellte die per­son­elle Verbindung zur ver­bote­nen „Heimat­treuen Deutschen Jugend“ (HDJ), aber auch die inhaltliche Nähe dar(LKA Nieder­sach­sen 21.12.2010).

Neben diesem ver­mut­lichen Zelt­lager gab es auch andere Hin­weise, wie zum Beispiel einen Kalen­der. Inter­es­sant hier­bei ist, dass der Kalen­der laut Ermit­tlern klan­des­tin verteilt wor­den sei. Bere­its Ende 2009 hätte allerd­ings ein Blick auf die Bun­des­seit­en von NPD, JN und dem Deutsche Stimme Ver­lag gere­icht, denn dort wurde dieser Kalen­der der IG Fahrt ange­boten. Bestellt wer­den kon­nte er über ein Post­fach in Birken­werder. Das dort sowohl die JN Bran­den­burg, wie auch die NPD Ober­hav­el ihre Post­fäch­er haben, ist dabei nicht ver­wun­der­lich. Die schein­bare Verbindung der IG Fahrt, sowie die Dop­pelmit­glied­schaften von Neon­azis wie Sebas­t­ian Richter, Phillip Bad­c­zong oder den Schmidt-Brüdern hätte hier die Alar­m­glock­en schon klin­geln lassen müssen. Beson­ders wenn Sicher­heit­sor­gane, wie der Ver­fas­sungss­chutz im Bericht für 2009 fest­stellt, dass im „Raum Oranienburg(OHV)[…]eine Gruppe junger Erwachsener“(VS Bericht 2009 Seite 128) aktiv ist. Im Som­mer 2010 gab es einen weit­eren Hin­weise, dass diese schein­bare Struk­tur in Ober­hav­el ein Lager ver­anstal­tet haben soll. Die Hin­weise deuteten hier allerd­ings einzig auf die ehem. HDJ-Struk­turen um Sascha Stein, der nach unseren Erken­nt­nis­sen nach nicht in der JN und somit auch nicht bei der IG Fahrt Mit­glied ist.

Laut einem Artikel im Störungsmelder soll ein­er der Per­so­n­en, deren Woh­nun­gen durch­sucht wur­den, der Hohen Neuen­dor­fer Sebas­t­ian Richter sein. Richter ist eine wichtige Per­son inner­halb des aktion­sori­en­tierten JN-Spek­trums in Bran­den­burg. Er war Grün­dungsmit­glied des ersten JN-Stützpunk­tes in Bran­den­burg (Oranien­burg im Som­mer 2007), ist aktives Mit­glied der „Spreelichter“ und des Bun­desvor­standes der JN. In den ver­gan­genen anderthalb Aktio­nen führte er immer wieder Aktio­nen im südlichen Ober­hav­el durch. Ein­mal störte er mit Phillip Bad­c­zong eine Ver­anstal­tung des Min­is­ter­präsi­den­ten Platzecks und fuhr Tage später durch die Dör­fer (Laut einem eigen Bericht wur­den sie dabei nicht immer willkom­men geheißen). In diesem Jahr meldete Richter drei Kundge­bun­gen in Oranien­burg und Hen­nigs­dorf an. Diese waren gedacht um die Zivilge­sellschaft zu binden. Meist meldete er Stun­den vorher die Kundge­bun­gen ab und verteilte mit Gesin­nungsgenossen andern Orts Flug­blät­ter. An ein­er Kundge­bung nahm er den­noch Teil mit einem Dutzend weit­er­er Neon­azis, allerd­ings mit zweistündi­ger Ver­spä­tung. Ver­mut­lich tat er dies auch um zu sehen, wie schnell die Zivilge­sellschaft agieren kann und wie stark sie ist.

Ob und wer noch durch­sucht wurde ist derzeit unbekan­nt, aber da es viele Über­schnei­dun­gen in Ober­hav­el zwis­chen JN/NPD und der ehem. HDJ gibt, war ver­mut­lich Sebas­t­ian Richter nicht der Einzige. Soll­ten sich hier­bei neue Erken­nt­nisse darstellen wird der Beitrag hier erweit­ert. Falls jemand Hin­weise geben kann wür­den wir uns über diese freuen.

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PM — Rechte Schmierereien an den Räumlichkeiten des Utopia e.V.

In der Nacht zum Son­ntag, den 05.12.2010, wur­den mehrere Gebäude auf dem Hof des alter­na­tiv­en Kul­tur- und Bil­dungsvere­ins Utopia mit recht­en Parolen besprüht. Wie im Polizeibericht vom 06.12.2010 zu lesen war, kon­nten die Täter_innen offen­sichtlich noch in der sel­ben Nacht dingfest gemacht wer­den. Sie hin­ter­ließen an ver­schiede­nen Stellen Losun­gen wie “Nationaler Sozial­is­mus”, “Hate Marx”, “Good Night Left Side” und ihre Inter­net­seite. Diese machen deut­lich, wessen geistes Kind die Verfasser_innen sind: die for­mulierten Inhalte lassen einen Zusam­men­hang mit dem Spek­trum der Autonomen Nation­al­is­ten, genauer, mit der Grup­pierung “Autonome Nation­al­is­ten Oder-Spree” erken­nen. Diese lose Grup­pierung tritt seit einiger Zeit zunehmend unter anderem durch das Sprühen ein­deutiger Parolen in Erschei­n­ung und strebt nach einem “nationalen Sozial­is­mus“, in dem keine Men­schen Platz haben, welche antifaschis­tis­che Bil­dungs- und Kul­tur­ar­beit leis­ten. Dies wird deut­lich durch die Ver­wen­dung der Slo­gans “Hate Marx” und “Good Night Left Side”.

Eben­falls auf­fäl­lig ist, dass die Schmier­ereien an den Gebäu­den des Utopia e.V. sowie in unmit­tel­bar­er Umge­bung ange­bracht wur­den und sich somit gezielt gegen einen zivilge­sellschaftlich Akteur, der sich im beson­deren Maße dem Antifaschis­mus und Anti­ras­sis­mus verpflichtet fühlt, richt­en. Damit wird ver­sucht, ein Kli­ma zu schaf­fen, das eben diese engagierten Per­so­n­en ein­schüchtern soll. Immer wieder kam es in der Ver­gan­gen­heit im Raum Frank­furt (Oder), aber auch im Raum Eisen­hüt­ten­stadt und Cot­tbus, zu solchen Sprühereien — meist eben­falls in unmit­tel­bar­er Nähe zu linksalter­na­tiv­en Pro­jek­ten. Dies stellt eine neue Stufe der Bedro­hung dar, vor allem wenn berück­sichtigt wird, dass das gewalt­bere­ite Spek­trum der Autonomen Nation­al­is­ten auch vor tätlichen Angrif­f­en auf Ein­rich­tun­gen und Per­so­n­en nicht zurückschreckt. Als Beispiel kann der Angriff von Nazis auf das linksalter­na­tive Pro­jekt “Zelle 79” in Cot­tbus vor eini­gen Wochen genan­nt werden.

 

Kon­takt: utopia-ffo@riseup.net

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»Fragezeichen«-Prozess: Einstellung nach fünfeinhalb Jahren?

Auf­grund der lan­gen Ver­fahrens­dauer dro­ht, dass sich die Angeklagten Maik L., Udo L. und Sebas­t­ian K. für ihre Beteili­gung an dem bru­tal­en Über­fall nicht ver­ant­worten müssen.

Am 14. Mai 2005 sollte in dem Jugend­klub eine Infor­ma­tionsver­anstal­tung zum The­ma Recht­sex­trem­is­mus mit anschließen­dem Konz­ert stat­tfind­en. Noch vor Ver­anstal­tungs­be­ginn drangen Rechte in den Klub ein. Die Angreifer schlu­gen und trat­en auf die Anwe­senden ein, ver­let­zten sie zum Teil schw­er und zer­störten Mobil­iar, eine Musikan­lage und Instrumente.

Zeu­ge­naus­sagen bele­gen, dass es sich bei dem Über­fall am 14. Mai 2005 um eine organ­isierte und ziel­gerichtete Tat han­delte. Auf einem Video ist zu sehen, wie sich 20–30 Per­so­n­en auf einem Park­platz sam­meln und im Lauf­schritt dem Jugend­klub näh­ern. Ein Zeuge berichtet von ein­er SMS, mit der er aufge­fordert wurde, ver­mummt zu einem Tre­ff­punkt zu kom­men, um Cot­tbus-Sach­sendorf »von der roten Pest zu befreien«.

Lange Ver­fahrens­dauer

Im Jan­u­ar 2007, einein­halb Jahre nach der Tat, erhob die Staat­san­waltschaft Anklage gegen zwölf Per­so­n­en. Ein Jahr später begann ein erster Prozess gegen zwei Angreifer vor dem Landgericht Cot­tbus. In einem abge­tren­nten Ver­fahren wur­den Heiko L. und Felix Otto W. 2008 in erster Instanz zu Haft­strafen verurteilt. Im Jan­u­ar 2009 schließlich wurde das Ver­fahren gegen Maik L., Udo L. und Sebas­t­ian K. eröffnet. Weil die Vor­sitzende Rich­terin erkrank­te, platzte der Prozess kurz vor der Urteilsverkündung.

Am 27. Sep­tem­ber 2010 begann der zweite Anlauf in diesem Prozess. Dabei über­raschte der Vor­sitzende Richter Eicke mit dem Vorschlag, die Ver­fahren gegen Maik L., Udo L. und Sebas­t­ian K. einzustellen. Die Staat­san­waltschaft kündigte an, ein­er Ein­stel­lung nur dann zuzus­tim­men, wenn sich die Angeklagten mit einem umfänglichen Geständ­nis ein­lassen würden.

Für die Geschädigten wäre eine Ein­stel­lung nicht nachvol­lziehbar. Wie der Über­fall selb­st ist die Dauer des Ver­fahrens für die jun­gen Män­ner, die zum Teil nicht mehr in Cot­tbus leben, sehr belas­tend. Das bru­tale und geplante Vorge­hen der Täter erschüt­terte nach dem Über­fall nicht nur die Geschädigten, son­dern viele Men­schen in Cot­tbus. Nun dro­ht das Ver­fahren im Sand zu ver­laufen. Dies wäre das falsche Sig­nal – an die Geschädigte, an die Täter, aber auch an alter­na­tive Jugendliche und Migran­tInnen, die noch heute rechte Angriffe fürchten.

Vor diesem Hin­ter­grund rufen Betrof­fene dazu auf, die Ver­hand­lung am 13. Okto­ber zu besuchen. Damit soll ein Sig­nal geset­zt wer­den, dass der Über­fall auf den Jugend­klub auch nach fün­fein­halb Jahren nicht vergessen ist.

Prozesster­min 13. Okto­ber 2010, 14:00 Uhr, Landgericht Cot­tbus

Infor­ma­tio­nen Gesa Köb­ber­ling
Tele­fon 0151 59100085

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VOR 20 JAHREN STARB ANDRZEJ FRATCZAK

Am 7. Okto­ber 1990 starb Andrzej Fratczak. Vor ein­er Diskothek in Lübbe­nau trat­en drei junge Deutsche den Polen zu Tode. Andrzej Fratczak führt die Liste der min­destens 137 Men­schen an, die nach aktuellen Recherchen der Zeit und des Tagesspiegels seit 1990 durch poli­tisch rechts motivierte Gewalt­tat­en in Deutsch­land ihr Leben ver­loren. Die Bun­desregierung spricht lediglich von 47 Todesopfern.

Am 16. Sep­tem­ber veröf­fentlicht­en der Berlin­er Tage­spiegel und die Wochen­zeitung Die Zeit ihre aktuellen Recherchen zur tödlichen Dimen­sion rechter Gewalt in Deutsch­land. Die Veröf­fentlichung zeigt: Bran­den­burg ist das Bun­des­land mit den meis­ten Todes­opfern seit der Vereinigung.

Min­destens 27 Men­schen kamen in der Mark durch rechte Schläger ums Leben. Unter den 27 Todes­opfern aus Bran­den­burg befind­et sich z. B. Amadeu Anto­nio. Eine Horde rechter Jugendlich­er, die Jagd auf Schwarze machte, griff ihn am 25. Novem­ber 1990 in Eber­swalde an und schlug ihn ins Koma. Er starb elf Tage später. Oder Klaus-Dieter Harms, den am 2. August 2001 zwei Rechte in sein­er Woh­nung in Wit­ten­berge zu Tode prügel­ten, weil sie ihn als »min­der­w­er­tig« ansa­hen. Das vor­erst let­zte Todes­opfer rechter Gewalt in Bran­den­burg war der alko­holkranke Bernd Köh­ler. In Tem­plin wurde er in der Nacht auf den 22. Juli 2008 von zwei Recht­en totgeprügelt.

Von der Bun­desregierung offiziell als Opfer rechter Gewalt anerkan­nt, sind lediglich neun Todes­opfer aus Bran­den­burg. Die große Mehrheit (18 Tote) wird dieser Sta­tus nicht zuerkan­nt. So etwa Math­ias S. Der 39-Jährige wurde am 23. Sep­tem­ber 1997 von einem Nazi-Skin in Cot­tbus erstochen, weil er sich gegen den 19-Jähri­gen geäußert hat­te. Aber auch Kajrat Batesov, der zusam­men mit einem Fre­und von mehreren jun­gen Män­nern getreten und ver­prügelt wurde. Anschließend wurde ihm ein 18 Kilo­gramm schw­er­er Stein auf die Brust gewor­fen. Am 23. Mai 2002 erlag er seinen Ver­let­zun­gen. Wenn ihm auch die offizielle Anerken­nung ver­sagt wird, erin­nern zumin­d­est Fre­und jährlich an Falko Lüdtke. Der 22-Jährige wurde am 31. Mai 2000 in Eber­swalde von einem Neon­azi vor ein Taxi gestoßen und überfahren.

Nicht nur für Ange­hörige und Fre­undIn­nen ist eine offizielle Anerken­nung als Opfer rechter Gewalt bei der Bewäl­ti­gung der Tat von großer Bedeu­tung. Sie ist auch ein deut­lich­es Zeichen gegenüber den TäterIn­nen und ihrer men­schen­ver­ach­t­en­den Ideologie.

Umso unver­ständlich­er, dass der Tod von Emil Wendt­land seit 1999 nicht mehr aufge­führt wird, nach­dem er 1993 von der Bun­desregierung als rechte Gewalt gew­ertet wurde. Drei Nazi-Skins schlu­gen den 50-jähri­gen Obdachlosen am 1. Juli 1992 in Neu­rup­pin zusam­men und erstachen ihn. Sie hat­ten sich zum »Pen­ner klatschen« verabredet.

2001 wurde ein neues Erfas­sungssys­tem rechter Straf- und Gewalt­tat­en einge­führt. Es ist erhe­blich weit­er gefasst ist. Die Behör­den sprechen jet­zt von »poli­tisch rechts motiviert­er Krim­i­nal­ität« (PMK rechts). Dabei wer­den Delik­te erfasst, bei der »die Umstände der Tat oder die Ein­stel­lung des Täters darauf schließen lassen, dass sie sich gegen eine Per­son auf­grund ihrer poli­tis­chen Ein­stel­lung, Nation­al­ität, Volk­szuge­hörigkeit, Rasse, Haut­farbe, Reli­gion, Weltan­schau­ung, Herkun­ft, sex­uellen Ori­en­tierung, Behin­derung oder ihres äußeren Erschei­n­ungs­bildes beziehungsweise ihres gesellschaftlichen Sta­tus richtet«. Die mit der Reform der Erfas­sungskri­tierien ver­bun­de­nen Hoff­nun­gen, dass sich die Löch­er in der Sta­tis­tik schließen, haben sich nicht erfüllt. Nicht anders kön­nen die Ergeb­nisse der aktuellen Recherche von Tage­spiegel und Zeit gew­ertet werden.

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