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Deutsch-serbische Aktionstage gegen Rechtsextremismus

(Bonn, den 4.8.2004, DW-RADIO/Ser­bisch, Dinko Gruhon­jic) Nicht-Regierung­sor­gan­i­sa­tio­nen aus dem deutschen Bun­des­land Bran­den­burg und aus Novi Sad führen diese Woche eine mehrtägige Aktion unter der Beze­ich­nung “Land­karte des Recht­sex­trem­is­mus” vor. Mit dieser Aktion ver­fol­gen die Ver­anstal­ter das Ziel, die Öffentlichkeit auf die sich häufend­en chau­vin­is­tis­chen Über­griffe in Ser­bi­en aufmerk­sam machen, aber auch auf die Tat­sache, dass es solche Über­griffe auch in Deutsch­land gibt. 

Zoran Petakov von der Alter­na­tiv­en Kul­tur­or­gan­i­sa­tion erk­lärte gegenüber DW-RADIO, in Ser­bi­en werde der Recht­sex­trem­is­mus sys­tem­a­tisch tot­geschwiegen: “Darüber möchte nie­mand reden, ange­fan­gen von den unmit­tel­bar wegen ihrer Haut­farbe, Nation­al­ität oder Kon­fes­sion Betrof­fe­nen bis hin zu den zuständi­gen Staat­sor­ga­nen. Es scheint, als ob das The­ma wie bei ein­er Ver­schwörung tot­geschwiegen wird, weil der Glaube vorherrscht, dass, wenn man darüber schweigt, das Prob­lem auch nicht existiert. Diverse Beispiele demon­stri­eren indes, das es seit 2000 bis heute immer mehr solche Prob­leme existieren”. 

Philipp Otto von der Demokratis­chen Jugend Bran­den­burgs in Ost­deutsch­land sagte gegenüber DW-RADIO, in diesem Teil seines Lan­des sei der Recht­sex­trem­is­mus noch immer sehr präsent: “Nach dem Fall der Berlin­er Mauer und der deutschen Wiedervere­ini­gung dacht­en viele Men­schen: Deutsch­land ist endlich wiedervere­int! Das heißt, viele unter ihnen haben keine Lehre aus dem Zweit­en Weltkrieg gezo­gen, was zu ein­er Zunahme des Nation­al­is­mus führte. Fern­er sind nach dem Fall der Berlin­er Mauer viele Men­schen nach West­deutsch­land gezo­gen, und im Osten herrschte ein Gefühl der Leere vor. Die Men­schen haben ein­fach ihre Iden­tität verloren”. 

Die Teil­nehmer der mehrtägi­gen Wider­stand­sak­tion gegen den Recht­sex­trem­is­mus legten fern­er dar, dass in den ersten sechs Monat­en in Ser­bi­en 44 eth­nisch motivierte physis­che Angriffe gegeben habe sowie dass 32 Gräber geschän­det wor­den seien. Die Urhe­ber dieser Gewal­tak­tio­nen seien vornehm­lich junge Leute, die in Iso­la­tion, Kriegs­ge­bi­eten und in ein­er Zeit der gesellschaftlichen Unsicher­heit aufgewach­sen seien. 

Den Gästen aus Deutsch­land zufolge ist die Zahl der Über­griffe auf Migranten und Ange­hörige ander­er Rassen im Ost­teil des Lan­des gestiegen. In Bran­den­burg wirk­ten indes zahlre­iche Organ­i­sa­tio­nen, die ras­sis­tis­che und chau­vin­is­tis­che Ten­den­zen bekämpften, indem sie Aufk­lärungssem­inare, Demon­stra­tio­nen, Straßen­proteste, Konz­erte und Werk­stät­ten organisieren. 

In Ser­bi­en existieren solche Organ­i­sa­tio­nen bedauer­licher­weise prak­tisch gar nicht. Der Recht­sex­trem­is­mus existiert allerd­ings sehr wohl. Davor warnte gestern erneut und einge­hend auch der ungarische Außen­min­is­ter Las­z­lo Kovacs. Er über­mit­telte dem offiziellen Bel­grad, dass es den chau­vin­is­tis­chen Über­grif­f­en auf Vojvo­d­i­na-Ungarn Ein­halt gebi­ete oder es könne die Idee eines Anschlusses an die EU verwerfen. 

Die Behör­den in Ser­bi­en vertei­di­gen sich auch dies­mal dadurch, dass sie den Recht­sex­trem­is­mus totschweigen, wahrschein­lich in dem Glauben, dass wenn wir die Augen schließen, diese has­ser­füll­ten Men­schen, die andere Men­schen nur belästi­gen, weil sie ein­er anderen Nation, einem anderen Glauben oder ein­er anderen Rasse ange­hören, ein­fach – wie durch einen Zauber­trick – ver­schwinden. (md)

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Das Lager mit der Zelle 2008

(Jun­gle World, 11.8.04) In Eisen­hüt­ten­stadt ste­ht der Abschiebek­nast gle­ich neben der Zen­tralen Erstauf­nahmestelle für Asyl­be­wer­ber. mar­tin kröger (text) und tim zülch (fotos) haben sich dort umgesehen

Fah­n­dungsmäßige erste Über­prü­fung!« Keine Widerrede, Sie befind­en sich 30 Kilo­me­ter von der Staats­gren­ze ent­fer­nt. »Dass wir Ihre Per­son­alien kon­trol­lieren, ist ganz nor­mal«, sagt der Beamte des Bun­des­gren­zschutzes unwirsch, bevor er mit den einge­sam­melten Ausweisen in Rich­tung seines Dien­st­fahrzeugs marschiert, um tele­fonisch die Doku­mente in der Zen­trale über­prüfen zu lassen. 

»Her­zlich Willkom­men in Eisen­hüt­ten­stadt« kon­nte man kurz zuvor am Ort­sein­gangss­child zur »ersten sozial­is­tis­chen Stadt«, wie die ehe­ma­lige Stal­in­stadt in der DDR auch genan­nt wurde, lesen. Doch wer willkom­men ist und wer nicht, entschei­det in der Stadt an der Oder zunächst ein­mal der Bun­des­gren­zschutz, der trotz EU-Oster­weiterung über­all patrouilliert. 

Kon­trollen gibt es nicht nur wegen der nahen Gren­ze. Diejeni­gen, die nach Eisen­hüt­ten­stadt kom­men, um das Gelände der Zen­tralen Aus­län­der­be­hörde für Asyl­be­wer­ber des Lan­des Bran­den­burgs (ZABH) zu besuchen, dür­fen ihre Ausweise keine 50 Meter von der Kon­trolle des Bun­des­gren­zschutzes ent­fer­nt an der Schranke vor dieser Behörde erneut zücken. 

»Ohne gültige Per­son­alausweise kom­men Sie hier nicht rein«, erk­lärt ein mit grauer Hose und hell­blauem Hemd bek­lei­de­ter älter­er Wach­mann. Der Bedi­en­stete, der sich in einem Con­tain­er mit der Auf­schrift »Rezep­tion« ver­schanzt hat, gehört zur Fir­ma B.O.S.S. Das pri­vate Sicher­heit­sun­ternehmen betreibt im Auf­trag des Lan­des Bran­den­burg seit vier Jahren die Zen­trale Erstauf­nahmestelle für Asyl­be­wer­ber (Zast) und das Abschiebege­fäng­nis des Lan­des Bran­den­burg. Dass diese bei­den Insti­tu­tio­nen auf ein und dem­sel­ben Gelände liegen, ist einzi­gar­tig in der Bundesrepublik. 

Während im Innern des Con­tain­ers fleißig die Per­son­alien notiert wer­den, fährt nebe­nan der Wagen eines örtlichen Unternehmens zur Schädlings­bekämp­fung vor. Der Ein­gang ist nicht nur durch einen Schlag­baum, son­dern auch durch Zäune und Kam­eras gesichert. »Sie brauchen diesen roten Passier­schein, um zum Abschiebege­wahrsam zu kom­men«, erläutert der Sicher­heits­mann, nach­dem er sich tele­fonisch rück­ver­sichert hat, dass die Besuche im Abschiebege­fäng­nis in Ord­nung gehen. Nach ein­er knap­pen Wegbeschrei­bung lässt er passieren. 

»Es ist total wichtig, die Leute im Gefäng­nis zu besuchen«, sagt Robert Claus, der bei der Alliance of Strug­gle mit­macht. Die Alliance, ein Zusam­men­schluss von Flüchtlings­grup­pen und anti­ras­sis­tis­chen Ini­tia­tiv­en, besucht regelmäßig die Insassen der Abschiebe­haf­tanstalt. »Die Idee zur Grün­dung der Alliance kam, nach­dem wir voriges Jahr ein anti­ras­sis­tis­ches Pfin­gst­camp hier in Eisen­hüt­ten­stadt gemacht haben«, erzählt Claus auf dem Weg über das ehe­ma­lige Kaser­nen­gelände. »In den let­zten Jahren gab es hier nur sehr wenige Men­schen, die die Häftlinge kon­tinuier­lich besucht haben«, berichtet er. 

Der Abschiebek­nast, ein zweistöck­iges Flach­dachge­bäude, befind­et sich in der hin­teren Ecke des Are­als. Hin­ter den sta­bilen, mehrere Meter hohen Stahlzäunen, die mit Rollen von Nato-Draht bestückt sind, spie­len ger­ade die männlichen Gefan­genen mit freien Oberkör­pern Fußball. Die Abschiebe­häftlinge hier haben täglich eine Stunde Freigang, erzählt Lena Holzapfel*, die gekom­men ist, weil sie Nina Alexandrowa* besuchen möchte. Wie Claus ist Holzapfel bei der Alliance of Strug­gle aktiv. Bevor sie allerd­ings ihre Mit­bringsel, Zigaret­ten, Zeitschriften und in der Hitze geschmolzene Schoko­lade, an Nina Alexandrowa über­re­ichen kann, gilt es, einige Hür­den zu nehmen: den zweit­en Ausweis­check, die Passier­scheinkon­trolle und eine abschließende Leibesvis­i­ta­tion im so genan­nten Durch­suchungsz­im­mer. Hier fällt beson­ders der große Kar­ton mit den Plas­tikhand­schuhen auf. 

Erst nach dieser Proze­dur kann die Besucherin, immer in Begleitung ein­er Wär­terin, zu Alexandrowa in den kahlen, schmuck­losen Besucher­raum gelan­gen. Die junge Russin, etwa Mitte 20, lächelt, als sie den Besuch erblickt. »Seit vier Monat­en bin ich hier«, erzählt sie. Dreimal hätte sich ihre Abschiebung nach Rus­s­land bere­its verzögert. »Im Gegen­satz zu anderen will ich unbe­d­ingt nach Hause, um meine Fam­i­lie wieder zu sehen«, sagt sie. Da sie aber ihren Pass ver­loren hat, schieben die deutschen Behör­den sie nicht ab, obwohl inzwis­chen die rus­sis­che Miliz aktuelle Doku­mente gefaxt hat, wie sie sagt. Von ihr vor Gericht ein­gere­ichte Beschw­er­den blieben genau­so erfol­g­los wie Anrufe in der rus­sis­chen Botschaft. Inzwis­chen hat sie jede Hoff­nung aufgegeben. »Hier werde ich ver­rückt, ich kann nicht mehr«, sagt sie. Als beson­ders belas­tend empfind­et sie, neben der Ver­weigerung der Aus­reise, die Monot­o­nie des All­t­ags. »Außer essen und schlafen mache ich nicht viel.« 

Die einzige Abwech­slung ist der tägliche Flirt mit den getren­nt ein­sitzen­den männlichen Insassen, mit denen sie sich beim Freigang durch die ver­git­terten Fen­ster unter­hal­ten kann. Direk­te Kon­tak­te zwis­chen den Geschlechtern sind jedoch unter­sagt. Dabei wün­scht sich Alexandrowa nichts sehn­lich­er »als Bier und einen Mann«. 

Unter­stützung erfährt sie immer­hin von ihren Mit­ge­fan­genen. Als sie beispiel­sweise nach den ersten Wochen im Abschiebek­nast unregelmäßige Blu­tun­gen bekam und ins Kranken­haus musste, waren ihr die anderen weib­lichen Insassen eine große Hil­fe. Bevor sie dort ein­geliefert wurde, hat­te die einzige Kranken­schwest­er sie eine Woche lang mit täglich dreimal verabre­icht­en Pillen zu heilen ver­sucht. »Sie haben mich mit Tablet­ten gefüt­tert«, sagt sie. Welche Wirk­stoffe das Medika­ment enthielt, sei ihr bis heute nicht bekan­nt. In Fällen psy­chis­ch­er Desta­bil­ität gebe es Psy­chophar­ma­ka. »Die machen dich ruhig und ein wenig glück­lich«, beschreibt Alexandrowa. 

Wer aggres­siv wird oder sich wehrt, kommt in eine der bei­den so genan­nten Beruhi­gungszellen. In den auch Zelle 2007 und Zelle 2008 genan­nten Räu­men liegt nach Angaben mehrerer Zeu­gen jew­eils eine Art Matratze auf den Boden, mehrere Fes­seln dienen dazu, die Häftlinge dort zu fix­ieren. Die Räume wer­den mit Kam­eras überwacht. 

Auf eine kleine Anfrage der PDS-Land­tags­frak­tion vom März dieses Jahres ges­tanden die Lan­desregierung und das Innen­min­is­teri­um unter Min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) die Exis­tenz solch­er »Ruhig­stel­lungsräume« ein. Als Gründe für die Unter­bringung von Per­so­n­en dort nan­nte die Lan­desregierung »Angriffe auf in der Abschiebe­haftein­rich­tung tätige Per­so­n­en oder andere Insassen, Sachbeschädi­gun­gen, Selb­stver­let­zung­shand­lun­gen, Suizid­ver­suche, vorsät­zliche Ver­schmutzung der Zellen mit Unrat und Exkre­menten«. Wer wie lange in den »Ruhig­stel­lungsräu­men« fest­geschnallt wird, entschei­det nach Angaben der Lan­desregierung der Schichtleit­er, ein­er der weni­gen staatlichen Bedi­en­steten im Abschiebege­fäng­nis. Bei der Inbe­trieb­nahme der Abschiebe­haf­tanstalt im August 1999 wur­den drei Mitar­beit­er, die seit­dem ihr Wis­sen in »inner­di­en­stlichen Fort­bil­dungs­maß­nah­men« weit­ergegeben haben, in der Benutzung der Gurt­sys­teme ausgebildet. 

»Die max­i­male Zeit ein­er Fix­ierung – allerd­ings nur mit Fußfes­seln – betrug in einem ganz außergewöhn­lichen gelagerten Einzelfall im Jahre 2001 29 Stun­den u
nd 25 Minuten.« Diese Maß­nahme sei nötig gewe­sen, weil »das Ver­hal­ten der unterge­bracht­en Per­son von ungewöhn­lich hoher Aggres­siv­ität geprägt war und bei Aufhe­bung der Fes­selung Selb­stver­let­zun­gen vorgenom­men wur­den (Schla­gen des Kopfes gegen die Wand.)«, schrieb das Innen­min­is­teri­um in der Antwort auf die kleine Anfrage. 

Bere­its im Jahr 2000 war das Europäis­che Komi­tee zur Ver­hü­tung von Folter und unmen­schlich­er oder erniedri­gen­der Behand­lung oder Strafe (CPT) auf ein­er sein­er Inspek­tion­sreisen in Eisen­hüt­ten­stadt auf die Zelle mit der Num­mer 2008 gestoßen. In ihrem Bericht schrieben die unab­hängi­gen Mit­glieder des CPT damals: »Die Bedin­gun­gen in ein­er der bei­den Beruhi­gungszellen in Eisen­hüt­ten­stadt (Zelle 2008) sind total unakzept­abel. Die Zelle ist mit vier Met­all­rin­gen, die im Boden ver­ankert waren, aus­ges­tat­tet, um eine Per­son an Hän­den und Füßen zu fes­seln. Hand- und Fußschellen sind im Raum ver­füg­bar.« Das Komi­tee forderte sein­erzeit die sofor­tige Ent­fer­nung der in den Boden ein­ge­lasse­nen Metallringe. 

Während das Bran­den­burg­er Innen­min­is­teri­um damit die größten Män­gel in der Abschiebe­haf­tanstalt behoben sieht, bean­standen Organ­i­sa­tio­nen wie der Flüchtlingsrat Bran­den­burg weit­er­hin »die unhalt­baren Zustände« in Eisen­hüt­ten­stadt, da sich auch vier Jahre nach dem Besuch des CPT »nicht viel geän­dert hat«. 

Denn nicht nur die Ausstat­tung der Zellen wurde von den Inspek­teuren des CPT kri­tisiert. Die 13köpfige Del­e­ga­tion aus Ärzten, Juris­ten, Gefäng­nis- und Men­schen­recht­sex­perten des Europarates bemän­gelte zudem die Qual­i­fika­tio­nen des auf dem Gelände der ZABH einge­set­zten Per­son­als, zum Beispiel die fehlen­den Fremd­sprachenken­nt­nisse. »Ich habe noch nie einen Deutschen getrof­fen, der Englisch oder Franzö­sisch spricht«, erzählt Jeanne Ndumbe*, die erst seit eini­gen Wochen in Deutsch­land ist. Gemein­sam mit vie­len anderen ist sie in der 650 Plätze bietenden Erstauf­nah­meein­rich­tung für Asyl­be­wer­berIn­nen (Zast) des Lan­des Bran­den­burg unterge­bracht. Seit der deutschen Wiedervere­ini­gung wer­den dort Asyl­suchende reg­istri­ert und vom Bun­de­samt für die Anerken­nung aus­ländis­ch­er Flüchtlinge zu ihren Asylver­fahren ange­hört. Danach wer­den sie auf die ver­schiede­nen Heime im Land Bran­den­burg verteilt. 

Auf dem ehe­ma­li­gen Exerzier­platz, der zwis­chen den mehrstöck­i­gen Wohn­blöck­en liegt, haben es sich einige Flüchtlinge auf Holzbänken in der Abend­sonne gemütlich gemacht. In der Runde geht es immer wieder um die Prob­leme der Ver­ständi­gung mit den Behör­den. Eine junge Frau aus Kamerun, die mit Ndumbe befre­un­det ist, hat Angst um ihren eine Woche alten Säugling, weil sie glaubt, dass das Kind abgeschoben wer­den soll. »Dul­dung bedeutet doch Abschiebung, oder nicht?«, fragt sie in die Runde, während sie das winzige Mäd­chen durch die Luft wirbelt, damit es aufhört zu schreien. Von Deutsch­land hält sie nicht viel. »Im Kranken­haus haben sie mir nach der Geburt eine kleine Decke für den Säugling gegeben«, sagt sie. Danach sei sie sofort in die Zast zurück­geschickt worden. 

Nebe­nan sitzende Pak­ista­nis bieten an, ihre Unterkün­fte zu zeigen. Zu acht sind sie in einem spar­tanisch möblierten Raum untergekom­men. Die Matratzen und die Deck­en zeigen deut­liche Ver­schleißspuren. Aus einem alten Kas­set­ten­recorder dröh­nt Musik. »Das Essen aus der Kan­tine ist zwar nicht schlecht«, erzählt ein­er, »trotz­dem bevorzu­gen wir selb­st gekochte Sachen.« »Zehn Euro Taschen­geld pro Woche bekom­men wir für Lebens­mit­tel«, sagt ein ander­er. Behelf­s­mäßige Küchen sind vorhanden. 

Die Insassen im Abschiebek­nast kriegen noch weniger Geld. Von vier Euro, 75 Cent sprach Nina Alexandrowa, die junge Russin, bevor die ein­stündi­ge Besuch­szeit vor­bei war. Und dass von dem Betrag auch Dinge wie Haar­sham­poo oder Cremes gekauft wer­den müssten. 

Während Alexandrowa das, was sie braucht, nur im knasteige­nen Shop erwer­ben kann, dür­fen die Asyl­suchen­den aus der Zast im nur drei Minuten ent­fer­n­ten Mark­tkauf­cen­ter, ein­er der typ­is­chen überdi­men­sion­ierten Malls, einkaufen gehen. Aber das ist keine unge­fährliche Sache. Zwar ist es nicht mehr wie im Jahr 1992, als vor der mit 2000 Men­schen völ­lig über­füll­ten Zast jedes Woch­enende ein Mob von Neon­azis ran­dalierte, aber recht­sex­treme Über­griffe auf Flüchtlinge gibt es immer noch. So bedro­ht­en im Feb­ru­ar 2001 zwei rechte Jugendliche einen 30jährigen Türken in dem Einkauf­szen­trum, nach­dem sie zuvor einen Viet­name­sen in den Küchen­bere­ich des nahe gele­ge­nen McDonald’s gejagt hat­ten. Den dabei ver­wen­de­ten Base­ballschläger hat­ten sich die Jugendlichen in der Sportabteilung des Shop­ping­cen­ters besorgt. Das ist heute nicht mehr möglich. »Base­ballschläger haben wir nicht mehr im Sor­ti­ment«, sagt ein grin­sender Mitar­beit­er von Mark­tkauf, »weil damit zu viel Unfug getrieben wird.« 

»Unfug« heißt für die Nach­barIn­nen des Gelän­des der ZABH nicht rechte Gewalt, son­dern vielmehr die Ver­schmutzung des Weges vom Gelände zu Mark­tkauf, die den Asyl­be­wer­berIn­nen zur Last gelegt wurde, wie die Inte­gra­tions­beauf­tragte der Stadt, Katrin Hey­er, weiß. Erst seit Asyl­be­wer­berIn­nen in Arbeit­strup­ps für einen Euro pro Stunde den Weg reini­gen, sei der »Gewöh­nungsef­fekt« bei den Bürg­erIn­nen einge­treten, sagt die seit 1991 in dieser Funk­tion tätige Hey­er. Dass es so wenige Kon­tak­te zwis­chen den Eisen­hüt­ten­städ­terIn­nen und den Asyl­be­wer­berIn­nen gibt, liege ihrer Ansicht nach vor allem daran, dass die Flüchtlinge immer nur für wenige Wochen in der Stadt sind. »Auf­grund des kurzen Aufen­thalts kön­nen die Bürg­er keine regelmäßi­gen und fre­und­schaftlichen Beziehun­gen pfle­gen.« Allerd­ings muss sie eingeste­hen, dass solche Kon­tak­te auch nicht angestrebt wer­den. Von den Bewohner­In­nen des hin­ter dem Abschiebek­nast gele­ge­nen Wohn- und Schre­ber­gartenge­bi­etes sei nie­mand der Ein­ladung zum Som­mer­fest im Juli in die ZABH gefol­gt, räumt Hey­er ein. 

Das Fest wurde unter anderem von der Action Courage getra­gen, in der neben Hey­er und weit­eren Stad­tangestell­ten zivilge­sellschaftliche Grup­pen, Kirchen und Parteien, darunter sog­ar die CDU, vertreten sind. Das seit dem Som­mer 2000 existierende Bünd­nis, das finanziell maßge­blich vom größten Arbeit­ge­ber der Stadt, der EKO-Stahl GmbH, getra­gen wird, beschäftigte sich jedoch mehr mit dem Kampf gegen Recht­sex­trem­is­mus und der Organ­i­sa­tion von Gegenkundge­bun­gen bei Nazi­aufmärschen als mit den Prob­le­men auf dem Gelände der ZABH, bemän­gelt Paul Rothe, der die alter­na­tiv­en Jugend­grup­pen bei Courage ver­tritt. »Der gesellschaftliche Ras­sis­mus und die Zustände in der ZABH sind in dem Bünd­nis kein The­ma«, sagt Rothe. Die Leute hät­ten Angst, gegen Mauern zu laufen, meint er. Es sei nicht mal möglich gewe­sen, eine Infor­ma­tion­stafel auf dem Gelände der ZABH anzubrin­gen, auf der in mehreren Sprachen die ersten Schritte beim Asylver­fahren erläutert wer­den soll­ten. »Die Tafel wird seit Jahren beim Innen­min­is­teri­um tot­geprüft«, sagt er, genau wie das Vorhaben der Alliance of Strug­gle, eine unab­hängige Rechts­ber­atung für Flüchtlinge anzubieten. 

Die einzi­gen Organ­i­sa­tio­nen, die außer­halb des Lager­areals Räume zur Ver­fü­gung stellen und Beratun­gen anbi­eten, sind derzeit die Car­i­tas und die Diakonie im evan­ge­lis­chen Gemein­dezen­trum, wo zudem ein­mal monatlich der inter­na­tionale Tre­ff­punkt Café Arche stattfindet. 

Eine anti­ras­sis­tis­che Infra­struk­tur und linke Jugend­clubs sucht man in Eisen­hüt­ten­stadt verge
blich. Der let­zte linke Tre­ff­punkt, das Cafe Olé, ist derzeit wegen »Umbauar­beit­en« vom Jugen­damt geschlossen. Etwas Leben in die Trost­losigkeit wollen Anfang Sep­tem­ber die AktivistIn­nen der Anti-Lager-Tour brin­gen. »An diesem Ort find­en sich ver­schiedene Kom­plexe des­sel­ben Sys­tems: Gren­ze, Abschiebek­nast und Zen­trale Erstauf­nahmestelle«, begrün­det eine Organ­isatorin der Tour die Wahl Eisen­hüt­ten­stadts als Campgelände und Aktionsgebiet. 

* Namen von der Redak­tion geändert.

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Brandenburger PDS auf dem Weg zur Regierungspartei?

jW fragte Wolf­gang Gehrcke, außen­poli­tis­ch­er Sprech­er der PDS. Wolf­gang Gehrcke kan­di­diert bei der Land­tagswahl in Bran­den­burg auf Platz 18 der Lan­desliste und ist Direk­tkan­di­dat sein­er Partei im Wahlkreis Prig­nitz/Ost­prig­nitz-Rup­pin

F: Umfra­gen zufolge kann die PDS damit rech­nen, bei der Land­tagswahl in Bran­den­burg stärk­ste Partei zu wer­den. Feilschen Sie schon mit der SPD um die Min­is­ters­es­sel in der zukün­fti­gen Rergierungskoalition?

Die PDS hat die Möglichkeit, bei den Land­tagswahlen in Bran­den­burg stärk­ste Partei zu wer­den, da sie mit einem klaren Alter­na­tivpro­gramm zur herrschen­den großen Koali­tion ange­treten ist. Wir führen keinen Wahlkampf als Regierungspartei im Wartestand. 

F: Die Bran­den­burg­er SPD gilt nicht als son­der­lich »links«. Sie wollen trotz­dem mit ihr ins Regierungsboot?

Die Große Koali­tion hat Bran­den­burg ökonomisch, sozial und moralisch herun­tergewirtschaftet. Unsere Alter­na­tive heißt: Förderung von Klein- und Mit­tel­stand, öffentliche Beschäf­ti­gung­spro­gramme, tatkräftiges Ein­treten der Lan­desregierung zur Vertei­di­gung sozialer Stan­dards. Die SPD muß sich dann entschei­den, ob sie zu einem Bruch mit der bish­eri­gen Poli­tik der großen Koali­tion bere­it ist. 

F: Inner­halb der PDS ist eine Debat­te um die Rolle Ihrer Spitzenkan­di­datin ent­bran­nt. Ist Dag­mar Enkel­mann als Min­is­ter­präsi­dentin geeignet?

Dag­mar Enkel­mann ist eine erfahrene Poli­tik­erin. Sie war Mit­glied der Volk­skam­mer und des Bun­destages. Selb­stver­ständlich ist sie auch als Min­is­ter­präsi­dentin geeignet. Die Wahl wird dies­mal kein Kopf-an-Kopf-Ren­nen zwis­chen Schön­bohm und Platzeck, die ohne­hin nur zwei Seit­en ein­er Medaille sind. 

F: Warum soll­ten die Bürg­er in Bran­den­burg für die PDS votieren, obwohl diese sich in den Regierungskoali­tio­nen in Berlin und Meck­len­burg-Vor­pom­mern am Sozial­ab­bau beteiligt?

Die Erfahrun­gen der Men­schen mit der rot-grü­nen Poli­tik und den Ver­schär­fun­gen, die CDU und FDP wollen, lassen vielle­icht auch die Erfahrun­gen von Berlin und Meck­len­burg-Vor­pom­mern in einem anderen Licht erscheinen. Die Kosten­er­höhun­gen in den Berlin­er Kitas haben vor allem die Besserver­di­enen­den getrof­fen. Auch die dor­ti­gen Tar­i­fab­schlüsse hat ver.di in keinem anderen Bun­des­land mehr erre­icht. Aber keine Frage: Die PDS muß sich – auch in ein­er Regierung – der Kri­tik zivilge­sellschaftlich­er Bewe­gun­gen stellen und sich dafür öffnen. 

F: Die recht­sex­trem­istis­che Deutsche Volk­sunion (DVU) will im Bran­den­burg­er Land­tagswahlkampf so viele Plakate kleben, wie alle anderen Parteien zusam­men. Befürcht­en Sie einen erneuten Einzug der Recht­en in den Landtag?

Die äußer­ste Rechte in Deutsch­land begin­nt sich zu eini­gen. Die NPD kan­di­diert in Bran­den­burg nicht und unter­stützt statt dessen die DVU. Umgekehrt in Sach­sen. Ganz offen­sichtlich ver­fü­gen die Recht­sex­tremen über viel Geld. Abgren­zung ist ange­sagt: Kampf gegen rechts, gegen Ras­sis­mus und Anti­semitismus ist ein wichtiger Bestandteil unseres Wahlkampfes, vor allem, wenn wir zu Protesten gegen »Hartz IV« aufrufen.

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Gessinger: Bombodrom-Pläne jetzt beerdigen

Nach der recht­skräfti­gen Entschei­dung des bran­den­bur­gis­chen Oberverwaltungsgericht
(OVG), die Bun­deswehr dürfe die Kyritz-Rup­pin­er Hei­de “vor­läu­fig nicht militärisch
nutzen”, fordert der Lan­desvor­sitzende von BÜNDIS 90/DIE GRÜNEN, JOACHIM GESSINGER,
das Bun­desvertei­di­gungsmin­is­teri­um auf, dem seit Jahren andauern­den Protest der
Region gegen das Vorhaben jet­zt nun endlich stattzugeben und die Pläne zu beerdigen. 

“Alle Infor­ma­tio­nen deuten darauf hin, dass eine der­ar­tige Entschei­dung als Ergebnis
eines noch im August stat­tfind­en­den Gespräch­es zwis­chen Min­is­ter­präsi­dent Platzeck
und Vertei­di­gungsmin­is­ter Struck ohne­hin verkün­det wer­den wird — mit dem sich­er ganz
zufäl­li­gen Neben­ef­fekt, nach der späten Bekehrung von Jung­hanns, Platzeck, Schönbohm
und des Bran­den­burg­er Land­tags ins­ge­samt der notlei­den­den­den bran­den­bur­gis­chen SPD
noch etwas Rück­en­wind für die Wahl zu ver­schaf­fen. Die notwendi­ge und zu erwartende
Entschei­dung, das Vorhaben ein­er mil­itärischen Nutzung der Kyritz-Rup­pin­er Heide
abzublasen, wäre zuallererst ein Erfolg für die Men­schen in der Region — und ein
Segen alle­mal. Je eher sie fällt, desto besser.”

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Flüchtlinge blockieren Chipkartenverteilung

Die Junge Welt sprach mit Mar­i­on Siebler von der Berlin­er »Ini­tia­tive gegen das Chip­karten­sys­tem« (Inter­view: Markus Bernhardt) 

F: Im bran­den­bur­gis­chen Kuners­dorf protestieren Asyl­be­wer­ber seit Mittwoch gegen das soge­nan­nte Chip­karten­sys­tem (jW berichtete). Sie wollen ihre Sozial­hil­fe in bar aus­gezahlt bekom­men. Wovon leben die Flüchtlinge, solange sie die Annahme der Karten verweigern?

Die unfrei­willi­gen Bewohn­er des Asyl­be­wer­ber­heims haben am Mittwoch das Tor friedlich block­iert. Die Mitar­beit­er des Sozialamts kamen nicht rein und sind ihre Chip­karten nicht los­ge­wor­den. Natür­lich haben die Flüchtlinge damit fak­tisch auch keine Sozial­hil­fe bekom­men. Da sie nicht arbeit­en dür­fen, sind die Protestler auf Spenden und Unter­stützung angewiesen. 

F: Wie ist die Lage der Flüchtlinge in Kunersdorf?

Das Dorf selb­st beste­ht nur aus ein paar Häusern. Die Flüchtlinge leben rel­a­tiv isoliert im Wald. Zum Tele­fonieren oder Einkaufen müssen sie eine Stunde in den näch­sten Ort laufen, denn Bus­fahren kann man nicht mit den Chip­karten. Und wenn die Men­schen diesen trost­losen Bezirk ver­lassen wür­den, wür­den sie gegen die Res­i­den­zpflicht verstoßen. 

F: Die Ver­wen­dung der Chip­karten ist für den Land­kreis teur­er als die Aus­gabe von Bargeld an die Flüchtlinge. Warum hält die Poli­tik trotz­dem am Chip­kart­sys­tem fest?

Ange­blich soll so ver­hin­dert wer­den, daß die Flüchtlinge sich von ihrem Geld »zweck­fremde« Dinge kaufen oder soge­nan­nte »Schlep­per« bezahlen. Tat­säch­lich ist der gekürzte Satz von 70 Prozent der reg­ulären Sozial­hil­fe ohne­hin zum Leben zu wenig! Die Lan­desregierung hat es den Land­kreisen freigestellt, ob sie das Chip­karten­sys­tem beibehal­ten. Die meis­ten Kom­munen zählen inzwis­chen wieder Bargeld statt Sach­leis­tun­gen aus. Diejeni­gen, die am Chip­karten­sys­tem fes­thal­ten, tun dies, um die Men­schen auszu­gren­zen und zu diskriminieren! 

F: Haben die Asyl­be­wer­ber eine Chance gegen die Behördenschikane?

Um ihren Wider­stand zu brechen, hat das Sozialamt angekündigt den Men­schen für jeden Tag des Protestes fünf Euro ihres Geldes zu stre­ichen. Der Wider­stand kann nur so lange weit­erge­hen, wie die Men­schen es schaf­fen, auf die Chip­karten zu verzicht­en. Nur wenn ihnen Geld und prak­tis­che Unter­stützung zukommt, kön­nen sie ihre Stärke und den Mut, den sie bewiesen haben, aufrechter­hal­ten! In Zeit­en mas­siv­er sozialer Kürzun­gen in allen Bere­ichen sind diese Men­schen ein Beispiel für aufrecht­en und kon­se­quenten Wider­stand – wir kön­nen sich­er alle noch viel von ihnen lernen! 

Spenden erbeten an: »Anti­ras­sis­tis­che Ini­tia­tive«, Stich­wort »Aktion Chip­karten« bei der Bank für Sozial­wirtschaft (Kon­to-Nr: 3039602 Ban­kleitzahl: 10020500)

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Nazipropaganda in Rathenow aufgetaucht

Im Rathenow­er Stadt­ge­bi­et verteil­ten Unbekan­nte in der Nacht von Don­ner­stag zu Fre­itag mehrere Flug­blät­ter eines “Bun­des Nationaler Sozial­is­ten” aus Pritzwalk als Postwurfsendung. 

In den A5 for­mati­gen Blät­tern, für die sich ein Matthias Win­ter­lich aus Neustadt/Dosse ver­ant­wortet, wird der NS — Kriegsver­brech­er Rudolf Hess als Mär­tyr­er des Friedens hero­isiert und in fast schon absurd albern­er Weise
gewürdigt. 

Des weit­eren wird in den Handzetteln für einen “Rudolf Hess Gedenkmarsch” am 14.August 2004 in Wittstock/Dosse geworben. 

Antifaschis­tis­che Grup­pen im Westhavelland 

(Infori­ot) Auch in anderen Städten der Region sind die beschriebe­nen Flug­blät­ter verteilt wor­den. Unter anderem wur­den sie in Neu­rup­pin mas­siv in Briefkästen verteilt. In Lübben wur­den Plakate zum gle­ichen The­ma verklebt.

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Gegen rechtes Gedankengut

HENNIGSDORF Das linke Blatt “Neues Deutsch­land” hat bere­its Inter­esse an einem Interview
mit den Ini­tia­toren angekündigt — die 3. Anti-Ras­sis­mus-Demo, die am 3.
Sep­tem­ber ab 18 Uhr auf dem Hen­nigs­dor­fer Post­platz starten wird, macht die
Runde. 

Dieses Jahr hof­fen die Ver­anstal­ter von der städtis­chen Anti-Rassismus-Lobby
auf noch mehr Zus­pruch als im ver­gan­genen Jahr. Dass manch­er Bürg­er während
der bish­eri­gen zwei Demos gegen Rechts skep­tisch aus dem Fen­ster schaute,
lag möglicher­weise an der man­gel­nden Infor­ma­tion, ver­mutete Mitinitiator
Ste­fan Tschir­switz auf der 40. Sitzung des Hen­nigs­dor­fer “Ratschlags” am
Don­ner­stagabend: “Die Leute dacht­en wohl, dass rechte Chaoten auf der Straße
wären und hat­ten Angst.” 

Dabei ist genau das Gegen­teil der Fall: Gegen rechte Gewalt und
nation­al­sozial­is­tis­ches Gedankengut richtet sich das Engage­ment der
Organisatoren. 

Den skep­tis­chen Blick­en soll in diesem Jahr eine massive
Infor­ma­tion­sof­fen­sive vor­beu­gen. 1000 Fly­er, zahlre­iche Poster und
Handzettel ver­weisen auf den Hin­ter­grund und die Ziele des Aufmarsches
Anfang Sep­tem­ber: “… denn der braune Schleim blub­bert immer noch”, heißt
es auf den Flug­blät­tern. Voraus­sichtlich wird die Zahl der Demonstranten -
2003 waren es 300 — in diesem Jahr überboten. 

Gegen­stand der Demon­stra­tion sollen nicht nur das umstrittene
Gutschein­sys­tem und die Res­i­den­zpflicht für aus­ländis­che Mit­bürg­er sein.
Auch die Entwick­lung der Stadt während der Nazi-Dik­tatur soll thematisiert
wer­den. Schließlich spielte Hen­nigs­dorf mit Arbeit­slagern und der
Waf­fen­pro­duk­tion für den Zweit­en Weltkrieg eine frag­würdi­ge Rolle, die es
vor allem für junge Leute aufzu­greifen gilt. 

Unter­dessen gedei­ht eine Quelle recht­en Gedankenguts in der Stadt nahezu
unbe­hel­ligt. Wie der “Ratschlag” recher­chierte, verkaufe ein Laden in der
Haupt­straße nicht nur Klei­dung mit recht­sradikaler Sym­bo­l­ik, son­dern sei
auch eine Plat­tform neon­azis­tis­ch­er Pro­pa­gan­da und Ver­net­zung. So sei der
Laden­in­hab­er auch Betreiber eines Ver­sandes für Nazi-Musik mit
haarsträuben­den Tex­ten. Anwe­sende Vertreter der Stadtver­wal­tung wurden
gebeten, mit dem Laden-Ver­mi­eter zu sprechen. 

Weit­ere The­men des “Ratschlags” waren die Gestal­tung der Home­page, die bald
zugänglich sein soll, und Vorschläge für eine “Woche des ausländischen
Mitbürgers”.

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Ein besonderes Geschenk

(MAZ, Mar­i­on Bergs­dorf) HENNIGSDORF Mit glänzen­den Augen schauen die Kinder im Asyl­be­wer­ber­heim in Stolpe-Süd
auf das Fahrrad­meer zwis­chen den Wohn­blöck­en. Zuerst seien die Kinder dran,
heißt es. Zwei kleine Mäd­chen laufen zu Kinder­fahrrädern und jedes hält
eines fest. Denn die Räder und kün­fti­gen Nutzer wer­den notiert. Und klar ist
auch, dass nicht jed­er Heim­be­wohn­er ein Fahrrad erhal­ten wird. 

Doch immer­hin sind gestern 64 Fahrräder für Kinder und Erwach­sene an
Asyl­be­wer­ber übergeben wor­den — als Geschenk. Und das woll­ten die
Beschenk­ten gar nicht glauben. Wo sie doch son­st mit jedem Cent rechnen
müssen, erhal­ten sie ein Geschenk. Und was für eines. Denn die Wege zwischen
Heim und Schule oder Heim und Super­markt sind lang und die Schul­taschen oder
Einkauf­stüten schwer. 

Gerührt waren gestern auch die Ini­tia­toren der Fahrradak­tion — Hans Welzel
und Uta Sachse vom Hen­nigs­dor­fer Ratschlag. Gerührt über die Freude der
Beschenk­ten und die spon­tane Hil­fe aus der Bevölkerung. 

Das Paar, das sich auch als Lern­pate für Kinder aus dem Asylbewerberheim
engagiert, hat­te den Fahrradbe­darf erkan­nt. Einen weit­eren Anstoß erhielten
bei­de während der Mixed-Pick­els-Woche 2003, als aufgear­beit­ete Fahrräder
ver­lost wor­den waren. Ihr Patenkind Mat­ti­na aus Sier­ra Leone hat­te sich
gemein­sam mit vie­len anderen Kindern um die Fahrräder bewor­ben. Auch ein
Vel­tener Junge beteiligte sich an der Ver­losung. Wenn er ein Fahrrad
ergat­tert hätte, erzählte er danach, hätte er es Mat­ti­na gegeben. Die beiden
Kinder hat­ten sich während der Mixed-Pick­els-Ferien­woche ken­nen gelernt. 

Diese Sol­i­dar­ität hat nun auch in großem Umfang funk­tion­iert. Denn Hans
Welzel und Uta Sachse hat­ten aufgerufen, Fahrräder, Ersatzteile und Geld zu
spenden. Ver­wandte, Bekan­nte, Ein­wohn­er aus ganz Ober­hav­el, der Jugendklub
Kon­rads­berg, die PuR, der Vere­in Inter­na­tionaler Sol­i­dar­itäts­di­enst (Sodi),
der Mate­r­i­al für die ganze Welt sam­melt — von über­all kam Unterstützung.
Bald hat­te sich der Hof von Hans Welzel und Uta Sachse in ein Fahrradlager
ver­wan­delt. Und das gemein­nützige WIBZ (Warten­berg­er Inno­va­tions- und
Bil­dungszen­trum) aus Berlin wird die Wartung der Fahrräder übernehmen. Der
Hen­nigs­dor­fer Fahrrad­laden Ebert bot Fahrrad­schlöss­er zu einem Preis an, der es den Organ­isatoren ermöglichte, für jedes
Fahrrad auch ein Schloss zu kaufen. 

Revier­polizist Wolf­gang Klink­ers war eben­falls mit vor Ort und gab
Fahrrad­pässe aus, damit die Kinder die Codierungsnum­mern der Räder dort
ein­tra­gen kon­nten. Damit finde man die Räder bei Dieb­stahl wieder, sagte
Klinkers. 

64 Fahrräder sind verteilt, alle Kinder erhiel­ten gestern eines, doch für
die Erwach­se­nen wer­den weit­ere benötigt. Als zusät­zlich­es Ziel will Hans
Welzel die Fahrrad­stän­der im Asyl­be­wer­ber­heim verbessern. Außer­dem soll
Werkzeug angeschafft und die radel­nden Heim­be­wohn­er sollen angeleitet
wer­den, ihr Fahrrad selb­st zu reparieren. 

Wer die Fahrradak­tion unter­stützen möchte, sollte Kon­takt mit Hans Welzel
aufnehmen, 03302/22 53 30.

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Rechtsstaatliche Offensive” nicht zugelassen

Die Direk­tkan­di­dat­en in den vier mit­telmärkischen Wahlkreisen ste­hen jet­zt fest

POTSDAM-LAND Die Wahlauss­chüsse des Land­kreis­es Pots­dam-Mit­tel­mark haben am
Don­ner­stagabend über die Zulas­sung der Wahlvorschläge zur Land­tagswahl am
19. Sep­tem­ber entsch­ieden. Zur Debat­te standen die Wahlkreise 16, 18, 19 und
20, wie Kreiswahllei­t­erin Eve­line Vogel gestern der MAZ sagte. 

Bis auf eine Nominierung sind alle Wahlvorschläge akzep­tiert wor­den. Nicht
zuge­lassen wurde ein Kan­di­dat für den Wahlkreis 19, den die “Partei
Rechtsstaatliche Offen­sive” ins Ren­nen schick­en wollte. Bis zum Ablauf der
Ein­re­ichungs­frist am 2. August hat­te er die vorgeschriebe­nen 100
Unter­stützung­sun­ter­schriften nicht abgegeben. 

Ins­ge­samt treten in den vier Wahlkreisen 30 Direk­tkan­di­dat­en an, darunter
ein Einzel­be­wer­ber. Die Kan­di­dat­en gehören neun Parteien bzw. Wählergruppen
an. Im Einzel­nen sind nominiert: 

Wahlkreis 16 (Ämter Beet­zsee, Wuster­witz, Ziesar und die Gemein­den Groß
Kreutz (Hav­el), Kloster Lehnin und die Stadt­teile Plaue und Gör­den der
kre­is­freien Stadt Bran­den­burg): Andreas Kuh­n­ert (SPD), Knut Große (CDU),
Bernd Lach­mann (PDS), Mar­tin Köh­ler (Bündnis90/Die Grü­nen), Hans-Joachim
Gap­pert (FDP), Man­fred Friedrich (Allianz Unab­hängiger Bürg­er — Brandenburg
e.V., AUB), Mar­i­ja Urbanc (Graue) und Peter Möller (Ja zu Bran­den­burg, JA). 

Wahlkreis 18 (Belzig, Beelitz, Wiesen­burg, Niemegk, Treuen­bri­et­zen, Brück,
Sed­din­er See): Gün­ter Baaske (SPD), Dieter Braune (CDU), Astrit Rabinowitsch
(PDS), Elke Sei­del (Bündnis90/Die Grü­nen), Andreas Grone­meier (FDP), Herbert
Grüneberg (Allianz freier Wäh­ler, AfW), Niko­laus Metz (AUB), Frank Baier
(Graue), Mario Gen­th (JA) und Karl-Ernst Schüler (Einzel­be­wer­ber).

Wahlkreis 19 (Werder, Michen­dorf, Schwielowsee, Stadt­teile Fahrland, Groß
Glienicke, Uetz-Paaren, Neu Fahrland, Mar­quardt und Satzko­rn der kreisfreien
Stadt Pots­dam): Susanne Melior (SPD), Sask­ia Funck (CDU), Andreas Bernig
(PDS), Joachim Gessinger (Bündnis90/Die Grü­nen), Heiko Hüller (FDP) und
Wolf­gang Kroll (AfW).

Wahlkreis 20 (Tel­tow, Klein­mach­now, Stahns­dorf, Nuthetal): Jens Klocksin
(SPD), Jörg Schön­bohm (CDU), Klaus-Jür­gen War­nick (PDS), Cor­nelia Behm
(Bündnis90/Die Grü­nen), Hans-Peter Goetz (FDP) und Willy Ull­mann (AfW).

In den vier Wahlkreisen leben mehr als 181 000 Wahlberechtigte, die ihre
Erst­stimme den Direk­tkan­di­dat­en geben kön­nen. Mit der Zweitstimme
entschei­den sie sich für eine Partei oder Vereinigung.

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Franziska Keller darf für den Landtag kandidieren

Die Gubener­in Franziska Keller darf für Bünd­nis 90/Grüne für ein
Land­tags­man­dat im Wahlkreis 41 (Guben, Forst, Schenk­endöbern, Peitz)
kan­di­dieren. Das beschlossen gestern die Mit­glieder des Kreiswahlausschusses
in Forst. 

Von der Bewer­berin hat­te eine Unter­schrift auf der Einverständniserklärung
gefehlt, sie wurde aber mit­tler­weile nachgere­icht, sagte Kreiswahlleiter
Andreas Schober nach der Sitzung des Kreiswahlausschusses. 

Nicht als Kan­di­dat für ein Land­tags­man­dat wird Heiko Sel­ka auf den
Stim­mzetteln im Wahlkreis 41 ste­hen. Die Allianz Unab­hängiger Bürg­er (AUB)
Bran­den­burg kon­nte nicht die erforder­lichen 100 Unterstützerunterschriften
vor­legen. Parteien oder Wäh­lervere­ini­gun­gen, die nicht im Land­tag oder im
Bun­destag vertreten sind, müssen mit Unter­stützerun­ter­schriften eine
Zugang­shürde überwinden. 

Auch ein ander­er Bewer­ber scheit­erte bere­its im Anlauf auf die Stimmzettel.
Der Kolk­witzer Detlef Lip­pert sollte eigentlich für «Pro Brandenburg -
Bürg­er ret­tet Bran­den­burg» ins Ren­nen gehen. Da aber for­male Voraussetzungen
gle­ich mehrfach nicht erfüllt wur­den, taucht Lip­pert auf der Kandidatenliste
des Wahlkreis­es 42 (Sprem­berg, Döbern, Neuhausen, Wel­zow) nicht auf.

Inforiot