Einen ersten Pressespiegel zu den Aktionen findet sich unter:
http://www.gentechnikfreies-brandenburg.de/html/pressespiegel-gendreck-weg-2006.htm
Smash Fascism Open Air
Konzert und Party am 19. August im Hof des Archiv (Leipziger Straße 60) in Potsdam
Auch in diesem Jahr soll in Potsdam wieder ein Smash Fascism Open Air
stattfinden. Bereits im letzten Jahr besuchten über 500 Gäste unser Open
Air, das zugunsten antifaschistischer Projekte in Potsdam veranstaltet
wurde.
Neben den Bands auf der Bühne präsentierten sich verschiedene linke
Initiativen und Projekte mit Ständen.
Das Festival wird unabhängig organisiert und soll auch in diesem Jahr ein
Zeichen für antifaschistische Kultur in Potsdam setzen. Die Einnahmen
sollen dieses Mal unter anderem an 5 von Repression betroffene
AntifaschistischInnen aus Potsdam gehen sowie zur Unterstützung der
Antifa-Arbeit vor Ort genutzt werden.
Lineup
The Baboonz (Politska aus Bayern)
Ronlando Random & the young soul rebels (Tanzmusik aus Berlin)
Make it Count (Oldschoolhardcore aus Berlin)
La Feijoa (Eine Weltska aus PDM)
Lea Won (Hip Hop aus München)
Moskito Spezial (Punkrock aus Berlin)
Tonedown (Metalcore aus Berlin)
F3 (Skapunk aus Bremen)
Discos
Cable Street Beat Berlin (Ska, Reggae und Rocksteady)
TFAS (Drum’N’Bass aus Berlin)
80er
Elektro
Grenzen der Humanität
So gut ist die Nachricht nicht, wie sie sich zunächst anhört: Langjährig geduldete Asylbewerber werden nicht mehr abgeschoben, sie werden »geduldet«. Unter Voraussetzungen und Einschränkungen, mit Wenn und Aber. Und nur bis Ende dieses Jahres.
Gut, Innensenator Körting hätte auch bis Herbst abwarten und weiter abschieben können, bis auf Bundesebene eine einheitliche Regelung gefunden wird. Er hat aber anders entschieden und somit den Betroffenen erspart, gegen ihren Willen des Landes verwiesen und einem ungewissen Schicksal ausgeliefert zu werden. Sie haben wenigstens ein paar Monate gewonnen. Es ist ein Anfang, nicht die Durchsetzung von Humanität. Doch es zeigt, dass die Buchstaben des Gesetzes auslegbar sind, was Körting in letzter Zeit so nicht verstehen wollte. Er bevorzugte allzu lange, Härte zu demonstrieren und zeigte die Instrumente des Rechtsstaates. Wie im Fall der Familie Aydin. Dafür hat der Senator einige Kritik eingesteckt. Der näherrückende Wahltag mag ihn zur Einsicht bewogen haben, die Abschiebungsmaschinerie etwas lautloser arbeiten zu lassen. Falls die Innenminister der Bundesländer nicht vor dem 17. September die neue Regelung für »alte Fälle« zustande bringen, hat schon mal der Berliner Verantwortliche ein Stück Kuchen im Wahlkampf verteilt. Die Aydins gehen leer aus. Humanität hat hier zu Lande ihre Grenzen.
Meinungsseite — Karin Nölte
Die Verschärfung der Hartz-IV-Gesetzgebung stößt in wichtigen Teilen bei Brandenburgs Datenschützern auf Ablehnung. Telefonabfragen, unter anderem von privaten Call-Centern, sind als Druckmittel gegen Empfänger von Arbeitslosengeld II vorgesehen. Das ist nach Ansicht der Datenschutzbeauftragten, Dagmar Hartge, mindestens bedenklich überall dort, wo in Wohngemeinschaft lebende Hartz-Betroffene Auskunft über die Lebensverhältnisse unbeteiligter Dritter geben sollen.
Arbeitsministerin Dagmar Ziegler (SPD) machte auf Anfrage aus der SPD-Fraktion in einer Stellungnahme die Einwände des Datenschutzes öffentlich. Gerade Telefonabfragen seien datenschutzrechtlich gesehen bedenklich, »da sie einen Eingriff in die Privatsphäre darstellen«.
Außerdem bestehe für den Angerufenen keine Möglichkeit, zweifelsfrei festzustellen, ob der Anrufer derjenige ist, der er vorgibt zu sein, ob er also tatsächlich im Auftrag der zuständigen Behörde anruft. Ziegler teilt diese Bedenken grundsätzlich, sieht aber dennoch keinen Anlass, sich gegen die Telefonabfrage zu wenden. Sie beschränkt sich auf den Hinweis, dass die Telefonbefragungen »regelmäßige Vorsprachen« nicht ersetzen dürfen.
Für unzulässig halten die Datenschützer außerdem, dass eine flächendeckende Überprüfung aller Leistungsbezieher ohne Vorliegen von Verdachtsmomenten und in kurzen Zeiträumen vorgenommen werden soll. Dagmar Hartge zweifelt, »dass die geplanten Datenabgleiche mit dem Grundsatz der Erforderlichkeit in Einklang stehen«.
Ziegler betont, dass es bei der von der Bundesregierung betriebenen Verschärfung von Hartz IV darum gehe, Fälle herauszufiltern, wo Leute durch falsche Angaben Leistungen erhalten, auf die sie keinen Anspruch haben. Gleichzeitig muss sie einräumen, dass sich bei 7,5 Millionen Überprüften in ganz Deutschland gerade einmal in 22 900 Fällen Verdachtsmomente für eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat ergeben haben. Dennoch tritt Ziegler für weitere Überprüfungen ein, denn es habe sich gezeigt, dass dies dazu dienen könne, die These einer hohen Missbrauchsquote zu widerlegen. Die Linkspartei hält dagegen, die Debatte um die Missbrauchsquote sei erst aufgekommen, als die Überprüfungen angeordnet wurden. Die Linkspartei verlangt von der Landesregierung, sich auf Bundesebene für die Abschaffung von Hartz IV stark zu machen.
Von Wilfried Neiße
Am Morgen des 7. August wird vor dem Potsdamer Landgericht sicher großes Gedränge herrschen. Dann beginnt um 9 Uhr der Prozess gegen fünf Potsdamer Antifaschisten. Der Fall hatte im Sommer vorigen Jahres Schlagzeilen gemacht. Im Juni 2005 nahm die Polizei in der Potsdamer Innenstadt fünf Linke fest, nachdem ein stadtbekannter Neonazi bei einer Auseinandersetzung eine vier Zentimeter lange Platzwunde davon getragen hatte.
Gegen die fünf wurde wegen versuchten Mordes ermittelt. Eine Betroffene, Julia S., saß aufgrund dieses Tatvorwurfs fünf Monate in Untersuchungshaft. Der Mordvorwurf stützte sich nach Darstellung der Soligruppe für Julia S. auf die Einschätzung des ermittelnden Staatsanwaltes, die Täter seien Antifaschisten und würden als solche den Tod eines Nazis jederzeit beabsichtigen oder wenigstens billigend in Kauf nehmen. Diese Begründung wurde bis weit ins liberale Lager hinein abgelehnt.
Die Unterstützung für Julia S. wuchs. In einem offenen Brief im Herbst hatten sich Landtagsabgeordnete der Linkspartei und Politiker der nicht im Parlament vertretenen Grünen sowie Wissenschaftler und Künstler für die Freilassung der jungen Frau eingesetzt.
»Diese Solidarität hatte Erfolg. Im November 2005 wurde Julia S. überraschend auf freien Fuß gesetzt«, so die Einschätzung einer Aktivistin der Soligruppe, die zur Zeit für den anstehenden Prozess mobilisiert.
Mittlerweile wurde der Anklagepunkt des versuchten Mordes fallen gelassen. Ein unabhängiges Gutachten kam zu dem Schluss, dass keinerlei Beweise für einen solchen Tatvorwurf vorliegen. Jetzt sind die Antifaschisten nur noch wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt.
Trotzdem wird der Prozess von Anfang an besondere Aufmerksamkeit finden. An einer Beobachtergruppe sollen sich auch verschiedene Bundestagsabgeordnete, darunter Ulla Jelpke von der Linkspartei, beteiligen. Eine besondere Brisanz erhält das Verfahren, weil auch die Brandenburger Neonaziszene daran Interesse zeigen dürfte.
Der leicht verletzte Neonazi tritt als Nebenkläger auf und auch unter den Belastungszeugen finden sich bekannte Rechtsextremisten. Zudem fungiert als Anwalt der Nebenklage der bekannte rechte Szeneanwalt Wolfram Nahrath. Der ehemalige Vorsitzende der mittlerweile verbotenen Wikingjugend ist in der Vergangenheit immer wieder als Redner auf Kundgebungen von NPD und anderen rechten Organisationen aufgetreten.
Die Soligruppe will den Rechten auf den Zuschauerbänken beim Prozess nicht das Feld überlassen. »Da ist pünktliches Erscheinen nötig. Wer zuerst da ist, kommt in den Gerichtssaal«, so der Hinweis bei einer Informationsveranstaltung der Soligruppe am Donnerstagabend in Berlin.
Bisher sind zwölf Prozesstage vorgesehen. Die sollen immer montags ab 9 Uhr und mittwochs ab 13.15 Uhr geführt werden. Nach der bisherigen Planung wird am 13. September das Urteil verkündet. Doch eine Verschiebung ist bei der Fülle der Zeugen nicht ausgeschlossen.
Von Peter Nowak
Prozeß gegen Antifas in Potsdam
Antifaschisten aus Potsdam bitten um Solidarität bei anstehenden Prozessen. Im Juni 2005 wurden fünf Antifaschisten festgenommen, nachdem ein stadtbekannter Neonazi bei einer Auseinandersetzung eine vier Zentimeter lange Platzwunde davontrug. Gegen die fünf wurde wegen versuchten Mordes ermittelt. Eine Betroffene, Julia S., saß fünf Monate in Untersuchungshaft. In diesem Jahr wurde die Anklage auf gefährliche Körperverletzung herabgestuft, da ein unabhängiges Gutachten ergab, was von Anfang an offensichtlich war: Es liegt keine Tat vor, die als versuchte Tötung bewertet werden kann. Der Prozeß gegen die fünf Antifaschisten findet vom 7. August bis 13. September statt. Es wird mit massiver Präsenz von Neonazis aus Potsdam, Berlin und Umgebung gerechnet. Daher bitten die Betroffenen um Untersützung und Prozeßbeobachtung.
(jW)
* Prozeßtermine: 7. August, 9. August, 14. August, jeweils um 9 Uhr, Landgericht Potsdam, Friedrich-Ebert-Str. 32, Tram-Haltestelle Nauener Tor
Spendenkonto: Rote Hilfe e.V. Potsdam, Postbank Stuttgart, BLZ: 60010070, Kontonummer: 151907703, Verwendungszweck: soligruppe
Gedenkveranstaltung Max Dortus
Mit Preußen und Potsdam verbindet man gemeinhin Schlösser, Militär und Adel.
In der Stadt Potsdam, deren bürgerliche Stadtverordnetenmehrheit sich noch immer
weigert, den Beschluß aufzuheben, mit dem Hitler und Hindenburg nach dem Tag von Potsdam zu Ehrenbürgern gemacht wurden, gab es aber auch einige Lichtblicke der
Aufklärung und — kaum zu glauben — sogar einige Aufrührer und Revolutionäre.
Max Dortu wurde am 29.06.1826 in Potsdam geboren. Hier studierte er auch Jura. Als Stadtverordneter in Potsdam und Mitgründer des “Politischen Vereins” setzte sich
Dortu für bürgerliche Freiheitsrechte und die Entmachtung der Monarchie ein. Im März 1848 nahm er an den Barrikadenkämpfen in Berlin teil und schloß sich später dem
badischen Aufstand an. Nach dessen Niederschlagung wurde der 23-jährige Potsdamer Revolutionär am 31.07.1849 an der Friedhofsmauer in Wiehre bei Freiburg von preußischen Militärs hingerichtet.
Die Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär, der Verein zur Förderung antimilitaristischer Traditionen in der Stadt Potsdam und die Fraktion Die Andere haben die Ermordung Dortus durch das preußische Militär seit sieben Jahren zum Anlaß genommen, Max Dortus zu gedenken.
Dazu laden wir alle fortschrittlich und demokratisch gesinnten Menschen herzlich ein.
Wir treffen uns am Montag, dem 31.07.2006, 11 Uhr in der Dortustrasse an der heutigen Dortuschule, dem Geburtshaus Max Dortus.
Während Max Dortu in seiner Heimatstadt Potsdam noch immer kein offizielles Gedenken zuteil wird, wird in Freiburg erneut der Oberbürgermeister an der Gedenkveranstaltung des Bürgervereins Wiehre für Max Dortu und seine Freunde
teilnehmen.
Deutschland — Auf dem rechten Auge blöd
Vom 7.August bis zum 13. September finden im Landgericht Potsdam Prozesse gegen fünf Antifas statt.
Im Juni letzten Jahres kam es zu einer Festnahme von fünf Antifaschist_Innen. Ihnen wurde vorgeworfen am 18. Juni einem stadtbekannten Neonazi bei einer
Auseinandersetzung eine 4 cm lange Platzwunde zugefügt zu haben. Ihnen wurde der Vorwurf des versuchten Mordes gemacht. Selbst ein unabhängiges Gutachten belegte
später, dass die gesamte Situation nicht als versuchte Tötung gewertet werden kann. Jenen Vorwurf des damaligen Staatsanwaltes, begründete dieser damit, dass es sich
bei den „Täter_Innen“ um Antifasschist_Innen handle und die Inkaufnahme eines Mordes, bzw. das Morden an sich eines der wesentlichen Bestandteile des Antifaschismus sei.
Das dieser Staat mit zweierlei Maß misst, wenn es um Neonazis geht zeigte das Verhalten der Staatsanwaltschaft, bei einem kurz darauf folgenden Angriff von 15
Neonazis auf zwei linke Studenten am 3. Juli 2005. Einem der beiden wurde eine abgeschlagene Bierflasche auf dem Kopf zerschlagen und in den Hals gerammt, dabei
wurde die Halsschlagader des Angegriffenen nur knapp verfehlt. Genau die selbe Abteilung der Staatsanwaltschaft, die dafür gesorgt hatte, dass eine der
Antifaschist_Innen, Julia S., für fünf Monate in Untersuchungshaft sitzen musste, plädierte im Fall der Neonazis lediglich auf gefährliche Körperverletzung.
Wolfram Naharth – Aus der Traum.…
Benjamin Österreich, einer der Nazis, hat Nebenklage eingereicht und wird durch den
bekannten Berliner Nazianwalt Wolfram Nahrath vertreten. Nahrath, dessen Kanzlei sich in Berlin-Weißensee, befindet, ist seit je her in der organisierten Rechten
aktiv. Er selbst kommt aus einer Familie mit einer langen nationalsozialistsichen Tradition, die bis in die Zeit des NS reicht. Der Nahrath-Clan war maßgeblich an der
Wiking Jugend (WJ) beteiligt und in dieser organisiert. Diese, nach dem Modell der Hitlerjugend aufgebaute Organisation, hatte sich die Schulung von Neonazis und
denen, die es werden wollen auf die Fahnen geschrieben. Nahrath war, bis zum Verbot der WJ im November 1994, deren zweiter Bundesführer. Er selbst ist Mitglied der NPD,
für die er z.B. 2000 ins NPD-Bundesschiedsgericht gewählt wurde. Aktiv ist er unter anderem in der Deutschen Kultur Gemeinschaft Europäischen Geistes (DKEG), der
Notgemeinschaft für Volkstum und Kultur (NG), und einer Vielzahl anderer rechter Organisationen. Nahraths Klienten kommen ohne Ausnahme alle aus der Naziszene. So
vertritt er alle Spektren und Milieus des rechten Lagers. Dazu gehören auch Nazischläger wie der Potsdamer Michael Genth, den er im letzten Jahr in Potsdam
verteidigte. Nahrath ist dort also kein Unbekannter. Allein die Anwesenheit Wolfram Nahraths als direkte Vertretung von Benjamin Österreich vor dem Potsdamer Amtsgericht brandmarkt Österreich und auch die anderen anwesenden Neonazis als das
was sie sind – Nazis.
Auf nach Potsdam
Den Potsdamer Nazischlägern und Wolfram Nahrath gilt es die Show zu vermiesen. Darum möchten wir zu den Prozessen nach Potsdam mobilisieren. Gerade weil stadtbekannte Neonazis auf der Zeugenbank sitzen werden ist, wie auch in den letzten Jahren, mit einer massiver Präsenz von Neonazis aus Potsdam, Brandenburg und Berlin zu rechnen.
Kommt darum im August und September nach Potsdam!
Antifa ist notwendig und nicht kriminell.
No Justice. No Peace.
- Kein Freispruch für Nazis und Justiz!
7.August bis 13. September / Landgericht Potsdam
Voraussichtliche Prozesstermine:
Landgericht Potsdam: Friedrich-Ebert-Straße 32
» Tram-Haltestelle Nauener Tor (Linien 90 und 92)
Mo, 7.8. 9.00 Uhr
Mi, 9.8. 9.00 Uhr
Mo, 14.8. 9.00 Uhr
Mi, 16.8. 13.15 Uhr
Mo, 21.8. 13.15 Uhr
Mi, 23.8. 9.00 Uhr
Mo, 28.8. 13.15 Uhr
Mi, 30.8. 13.15 Uhr
Mo, 4.9. 9.00 Uhr
Zugtreffpunkte für die Anreise nach Potsdam:
www.antifaschistisch-reisen.de
Infos zu den Prozessen in Potsdam:
www.soligruppe-potsdam.de
Infos zu Wolfram Nahrath:
www.aw.antifa.de
14.8 & 21.00 / 12 Uhr
23.8. 7.36 fährt der Zug ab / 7.00 Uhr treffen
Noel Martins Geburtstag — Mahlow bezieht keine Stellung — Rechtsradikalismus gärt weiter
Am 16. Juni 2006, dem zehnten Jahrestag des rassistischen Anschlags, der ihn für immer an den Rollstuhl fesselte, verkündete Noel Martin gegenüber den Medien, im Juli 2007 in der Schweiz den Freitod zu suchen, vorher aber noch ein letztes Mal Mahlow, den Ort, wo sein Leben eine radikale Zäsur erfuhr, besuchen zu wollen.
Angesichts dessen werden wir in den nächsten Monaten Zeugen der wundersamen Auferstehung eines politischen Leichnams werden: das Tolerante Mahlow geht wieder um!
Die Arbeitsgemeinschaft Tolerantes Mahlow war im Januar 2001 gegründet worden, um den Besuch Noel Martins in Mahlow im Juni 2001 vorzubereiten. De facto fungierte sie als Vorzeigebürgerinitiative und Feigenblatt von Bürgermeister, Gemeindevertretung und Landesregierung. Der Besuch des Birminghamers wurde von diesem Interessenverbund dazu benutzt, Mahlow als einen Ort darzustellen, der gegen rechtsextreme Gewalt auftritt. Am 16. Juni 2001 wurde von der AG Tolerantes Mahlow ein Denkmal für Noel Martin eingeweiht. Es bietet keinerlei Hinweis darauf, dass an seinem Standplatz eine rassistische Hetzjagd ihr fatales Ende nahm.
Ende 2002 hörte die Arbeitsgemeinschaft Tolerantes Mahlow faktisch auf zu existieren, es fanden keine Treffen mehr statt. Das verwundert wenig, hatte die AG doch ihre mediale Funktion erfüllt.
Die Realität freilich sieht anders aus. Rechtsextreme und rassistische Gewalt physischer und verbaler Form gehört weiterhin zum Alltag in Mahlow. Im Herbst 2003 schlugen drei rechtsextreme Jugendliche vor dem Lokal Cheers nahe des Mahlower Bahnhof einen russischen Migranten beinahe tot, seit Ende 2005 ist eine Zunahme rechtsextremer Bedrohungen und Gewalttaten in Mahlow und der Nachbargemeinde Blankenfelde zu verzeichnen. Vor allem an den Bahnhöfen beider Orte ereignen sich immer wieder Übergriffe.
So überfielen Nazis am Abend des 30. Juni 2006 vor dem Mahlower Bahnhof eine Gruppe alternativer Jugendlicher, attackierten sie mit Fäusten, einer Gehhilfe und Flaschen. Der Anführer der Nazis erklärte, dies sei sein Bahnhof, den er seit 1992 „zeckenfrei“ halte und das Problem sei, dass die Jugendlichen keine Nazis seien. In Mahlow will niemand etwas von diesem Angriff, der sich über einen Zeitraum von mindestens 30 Minuten hinzog, mitbekommen haben. Selbst der Inhaber eines nahe gelegenen Imbisses bestreitet, etwas gehört oder gesehen zu haben, obwohl er zu diesem Zeitpunkt geöffnet hatte und Gäste in seinem Lokal das WM-Spiel Deutschland-Argentinien sahen. Auch die Polizei stellte sich in dieser Nacht kein Ruhmeszeugnis aus. Dreimal wurde der Polizeinotruf betätigt, dreimal ging nur der Anrufbeantworter an. Am folgenden Tag rief der Bruder eines der Opfer in der Wache Zossen an, um sich darüber zu beschweren, dass kein Beamter erreichbar war, als sein kleiner Bruder von Nazis verprügelt wurde. Der Beamte kündigte an, am Abend einen Streifenwagen am Mahlower Bahnhof vorbeizuschicken. Damit war der Fall für ihn erledigt.
Das Gros der rechtsextremen Gewalttaten in Mahlow wird auch deshalb öffentlich nicht bekannt, weil die Opfer vielfach aus Angst vor der Rache der Täter davon absehen, die Tat bei der Polizei anzuzeigen oder aber eine Anzeige von vornherein als sinnlos erachten.
Als Ende März 2006 sorgte ein organisierter Naziangriff auf einen Punk auf dem Blankenfelder Bahnhof für die Aufmerksamkeit der Medien. Medienvertreter kamen nach Blankenfelde, um mit dem Bürgermeister und Gemeindevertretern zu sprechen, präsentierten diese das Bild einer Gemeinde Blankenfelde-Mahlow, die keine Probleme mit rechtsextremer Gewalt hat. Die Gemeindevertreterin Regina Bomke (CDU) erklärte sogar vor Fernsehjournalisten im April 2006, in Mahlow gäbe es „[…] keinen offenen auftretenden Rechtsextremismus. Heute ist die Gemeinde Mahlow ein ganz normaler Ort wie Tausende in der BRD.“ Wie diese Wortmeldung exemplarisch bezeugt, ist die lokale Politik weiterhin mit der Leugnung der Sachlage beschäftigt.
Wir verlangen von den örtlichen Bürgern, dem Bürgermeister, der Gemeindevertretung und der Polizei, dass sie damit aufhören, die rechtsextreme Gewaltproblematik vor Ort zu leugnen und sich ihr endlich in Wort und vor allem Tat zu stellen. Dies ist der einzige Weg, der rechtsextremen Bedrohung zu begegnen.
Neun weitere Privatschulen am Start
(Bernd Baumann) Die Nachfrage nach Privatschulen ist im Land Brandenburg ungebrochen. Ihre Zahl nimmt weiter zu. Obwohl immer mehr staatliche Einrichtungen wegen der dramatisch zurückgehenden Schülerzahl ihre Pforten schließen müssen, geht der Gründungsboom in diesem Bereich weiter. Zum Ende des letzten Schuljahres Anfang Juli mussten wegen fehlender Schüler über 40 Schulen für immer ihre Pforten schließen.
»Neun weitere allgemein bildende Privatschulen gehen mit dem am 21. August beginnenden neuen Schuljahr an den Start«, sagte der Sprecher des Bildungsministeriums Reiner Walleser.Darunter befinden sich zwei Gymnasien, eine Oberschule sowie sechs Grundschulen. Vor zwei Jahren gab es landesweit erst 110 Eliteschulen. »Mit dem neuen Schuljahr werden es bereits 129 sein«, betonte Walleser. Besucht werden diese dann von insgesamt 9849 Mädchen und Jungen.
Die staatlichen allgemein bildenden Schulen zählen dagegen rund 245 000 Schüler. Die ersten Privatschulen in Brandenburg entstanden Anfang der 90er Jahre. Seither hat sich das Angebot vervielfacht. »Mit den anstehenden Neueröffnungen bewegt sich Brandenburg weiter auf das Niveau in den alten Bundesländern zu«, versicherte der Sprecher. Allerdings gebe es bei den Schülerzahlen noch eine erhebliche Differenz. Das liege daran, dass viele der neu gegründeten privaten Bildungsstätten mehrere Jahre bis zum Aufbau ihrer vollen Kapazität benötigen.
»Das Bildungsministerium steht der Gründung von weiteren Privatschulen positiv gegenüber«, so Walleser. »Sie beleben die Schullandschaft in der Mark und sorgen für mehr Bildungsvielfalt.« Deshalb gebe es im Schulgesetz auch kaum Hürden für die Eröffnung neuer Eliteschulen. Es müsse lediglich ein ordentliches Konzept vorgelegt werden, ein Träger und ein Gebäude vorhanden sein. Damit könne der Unterricht starten. Der Markt muss dann regeln, ob noch weitere freie Schulen benötigt werden. Auch hier sind Schließungen in der Zukunft nicht ausgeschlossen.
Die Palette der Privatschulen in Brandenburg erstreckt sich von Waldorf- und Montessori-Schulen bis hin zu evangelischen und katholischen Gymnasien. Hinzu kommen noch Förderschulen für Behinderte sowie Berufsfachschulen in freier Trägerschaft. Der Ruf des staatlichen Schulsystems in Brandenburg ist nach dem schlechten Abschneiden der Schüler im PISA-Leistungsvergleich erheblich angeschlagen.
Immer mehr Eltern schicken deshalb ihre Kinder auf Privatschulen. Sie hoffen, dass sie hier mehr lernen und bessere Chancen für das Berufsleben haben. Angesichts der anhaltenden Nachfrage kommt es in diesem Bereich kaum zur Schließung von Schulen. »Bei den Privatschulen gibt es bei den Schülerzahlen keinerlei Beschränkungen«, meinte Walleser. Während bei den staatlichen Einrichtungen strikte Vorgaben eingehalten werden müssen, können die privaten theoretisch auch noch mit drei Schülern pro Klasse betrieben werden. Deshalb seien Schließungen nicht an der Tagesordnung.
Im vergangenen Jahr wollte die Landesregierung angesichts des angeschlagenen Haushalts bei den Ausgaben für die freien Schulen rund 1,5 Millionen Euro jährlich einsparen. Dazu sollten für die Personalkosten der Lehrer nur noch 92 statt der bis dahin üblichen 95 Prozent vom Land gezahlt werden. Nach heftigen Protesten ruderte die Koalition aus SPD und CDU zurück und einigte sich auf Zuschüsse von 94 Prozent.