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Horst Martin stellte sich pöbelnden Rechten entgegen

Zu den couragierten Bran­den­burg­ern, die gestern in Pots­dam mit dem «Band für Mut und Ver­ständi­gung» aus­geze­ich­net wur­den (siehe auch Bran­den­burg-Seite), gehört auch der Cot­tbuser Horst Mar­tin. Der 57-Jährige war am 27. September
2003 zusam­men mit seinem zehn­jähri­gen Sohn in Cot­tbus in eine Straßen­bahn eingestiegen, in der auch einige junge Recht­sradikale saßen. So wird das Ereig­nis in der Kurzbi­ografie der Preisträger geschildert. Als an der
näch­sten Hal­testelle ein dunkel­häutiges Paar ein­stieg, wurde es von den jun­gen Recht­en angepö­belt. Horst Mar­tin mis­chte sich ein und forderte die Jugendlichen auf, das Paar in Ruhe zu lassen. Daraufhin grif­f­en drei Jugendliche den 57-Jähri­gen an, ver­set­zten ihm Faustschläge, Kopf­stöße und
Tritte ins Gesicht. Er erlitt Blutergüsse, Prel­lun­gen und Platzwun­den. Als die Straßen­bahn anhielt, stiegen die meis­ten Fahrgäste aus, die Täter verschwanden. 

Erst nach einem Zeu­ge­naufruf der Polizei kon­nten drei Haupt­täter iden­ti­fziert wer­den — sie sind teils vorbe­straft wegen gewalt­tätiger Delik­te mit recht­sradikalem Hin­ter­grund. Der Weiße Ring über­nahm für Horst Mar­tin die Vertre­tung von Forderun­gen nach Schmerzens­geld. Ein Prozesster­min steht
laut «Bünd­nis der Ver­nun­ft gegen Gewalt und Aus­län­der­feindlichkeit» , das den Preis ini­ti­iert hat, noch nicht fest.

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MHS-Infoabend auch in Erkner

Sam­stag, 22. Mai

19 Uhr Infover­anstal­tung zum MHS

21 Uhr Par­ty mit Band und DJs (Ska, Reggae);
außer­dem Bar­be­cue und Cocktails

Im Jugend­club am Dämeritzsee

Ver­anstal­tet von der Antifa Erkn­er.

Der Märkische Heimatschutz ist eine der umtriebig­sten und gefährlich­sten Neon­az­izusam­men­schlüsse in Bran­den­burg. Nach außen präsen­tiert sich die Kam­er­ad­schaft als biedere Inter­essen­vertre­tung „nation­al gesin­nter“ Jugendlich­er. Bei genauer­er Betra­ch­tung tut sich ein Sumpf
aus Gewalt, Anti­semitismus und Ras­sis­mus auf. 

Ras­sis­mus und Recht­sex­trem­is­mus sind nach wie vor aktuelle Prob­leme in Bran­den­burg. Um dage­gen aktiv zu wer­den, ist Wis­sen über Struk­turen und Auf­bau der recht­sex­tremen Szene notwendig. Die Ver­anstal­tungsrei­he erläutert aus antifaschis­tis­ch­er Sicht Organ­i­sa­tion, Aktiv­itäten und Ide­olo­gie der Kam­er­ad­schaft M.H.S., die exem­plar­isch für Kam­er­ad­schaften in der gesamten Bun­desre­pub­lik ste­ht. Nicht erst seit dem gescheit­erten Ver­botsver­fahren gegen die NPD spielt die Organ­i­sa­tion rechter Struk­turen in „Freien
Kam­er­ad­schaften“ eine große Rolle. Eine solche Ver­net­zungsstruk­tur bildet einen juris­tisch wenig angreif­baren Rah­men, in dem Neon­azis unab­hängig agieren kön­nen und so die Möglichkeit haben, eine (Straßen-)
Poli­tik zu machen, zu der rechte Parteien nicht im Stande sind. 

Diese Ver­anstal­tung ste­ht in ein­er Rei­he mit jenen, die vorher u.a. schon in Oranien­burg, Straus­berg, Bernau, Frankfurt/Oder, Königs Wuster­hausen auf großes Inter­esse bei zivilge­sellschaftlichen und antifaschis­tis­chen Kräften
stieß. 

Mit­glieder und Sym­pa­thisan­ten des Märkischen Heimatschutzes und ander­er recht­sex­tremer Organ­i­sa­tio­nen sind zu dieser Ver­anstal­tung nicht ein­ge­laden. Sie sind uner­wün­scht. Ihnen wird der Zutritt zu der Ver­anstal­tung ver­weigert werden.

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Zum Teil stundenlanges Fixieren von Häftlingen

Antwort auf Kleine Anfrage lässt keinen Zweifel:

Zum Teil stun­den­langes Fix­ieren von Häftlin­gen in Ordnung 

Der Flüchtlingsrat Bran­den­burg verurteilt zum wieder­holten Mal die Zustände in der Abschieb­haf­tanstalt in Eisenhüttenstadt

Aus der Antwort des Innen­min­is­ters Jörg Schön­bohm auf die Kleine Anfrage Nr.2737 der PDS vom 16.3.2004 geht her­vor, dass zwis­chen März 2001 und Jan­u­ar 2004 19 Per­so­n­en in die so genan­nte Beruhi­gungszelle ver­bracht wur­den. Auf einem Bettgestell wer­den die Inhaftierten dort zur Ruhig­stel­lung mit Gurten fest­ge­bun­den. Eine Fix­ierung dauert im Durch­schnitt 4 Stunden.
Die läng­ste durchge­hende Fix­ierung dauerte dabei 29 Stun­den und 25 Minuten. Die meis­ten Men­schen sind mehrfach in der Zelle fix­iert wor­den. In einem Fall ver­brachte eine Per­son, alle Fix­ierun­gen zusam­men­gerech­net, 41 Stun­den und 40 Minuten fest­ge­gurtet auf dem Bettgestell. 

„Men­schen mit­tels Gurten an Armen, Beinen und Rumpf zu fix­ieren, stellt einen extremen Ein­griff in die Grun­drechte von Men­schen dar“, so Olaf Löh­mer vom Flüchtlingsrat Bran­den­burg. In welch­er Form diese Stafmaß­nah­men anstatt psy­chol­o­gis­ch­er Hil­fe in der Abschiebe­haf­tanstalt prak­tiziert wer­den, hat­te nie­mand geah­nt. „Dies über­trifft unsere schlimm­sten Erwartun­gen“, heißt es vom Flüchtlingsrat weiter. 

Wären die Maß­nah­men nicht durch Zufall dem Flüchtlingsrat bekan­nt gewor­den, wäre auch das Aus­maß nicht an die Öffentlichkeit gekom­men. Was bish­er als let­ztes Mit­tel benan­nt wurde, scheint nicht ger­ade sel­ten angewen­det zu wer­den. Die Schilderun­gen Betrof­fen­er lassen erah­nen, welche trau­ma­tis­chen Erfahrun­gen mit dieser Maß­nahme ver­bun­den sind. Weit­ere Gefan­gene berichteten außer­dem, dass bei Beschw­er­den mit ein­er Ver­bringung in die Beruhi­gungszelle gedro­ht wurde. 

„Die Men­schen in der Abschiebe­haft sind angesichts ihrer ungewis­sen Zukun­ft oft hochgr­a­dig verzweifelt. Psy­chis­che Notsig­nale wie Selb­stver­let­zun­gen und hohe Aggres­siv­ität, wer­den in der Abschiebe­haft in Eisen­hüt­ten­stadt nicht medi­zinisch oder psy­chol­o­gisch behan­delt, son­dern diese Men­schen wer­den statt dessen mit extremen Mit­teln ruhig gestellt“, moniert Olaf Löh­mer weit­er. „Solche Ver­hal­tensauf­fäl­ligkeit­en sind das sich­er­ste Anze­ichen dafür, dass die Betrof­fe­nen nicht haft­fähig sind. Auch die Men­schen­würde von Abschiebe­häftlin­gen muss unan­tast­bar sein.“ Dass annäh­ernd alle Per­so­n­en mehrfach gefes­selt wer­den müssen, sei Aus­druck der völ­lig unzure­ichen­den medi­zinis­chen und psy­cho-sozialen Ver­sorgung in der Einrichtung. 

Eben­falls auf Kri­tik stößt die Betreu­ung der Inhaftierten durch Medi­zin­er. Inhaftierte bericht­en immer wieder von Ver­ständi­gungss­chwierigkeit­en. Da in dem Bere­ich der medi­zinis­chen Ver­sorgung kaum Sta­tis­tiken geführt wer­den, bleiben viele Fra­gen offen. 

Aber die Tat­sache, dass seit dem Jahr 2000 acht Schwanger­schaften in der Abschiebe­haft bekan­nt gewor­den sind, ver­an­lasst den Flüchtlingsrat zu weit­erem Protest. Nach­dem im let­zten Jahr eine Viet­namesin ihr Kind während der Haft ver­loren hat und wenige Tage später abgeschoben wurde, betont Löh­mer noch ein­mal, dass nach Ansicht des Flüchtlingsrates Schwan­gere niemals in eine Abschiebe­haft gehören. Die Stress­si­t­u­a­tion ist eine Gefahr für das unge­borene Kind und die Mutter. 

„Der Inhaftierung zu Abschiebezweck­en liegt keine Straftat zugrunde, es han­delt sich um eine Inhaftierung zu Ver­wal­tungszweck­en. Jede Gesund­heits­ge­fährdung durch diesen Ver­wal­tungsvor­gang muss aus­geschlossen wer­den.“, so Löhmer. 

Der Flüchtlingsrat Bran­den­burg fordert die sofor­tige Schließung der Beruhi­gungszellen. Ver­hal­tensauf­fäl­lige Per­so­n­en müssen medi­zinisch und psy­chol­o­gisch unter­sucht und behan­delt und nicht mit Fix­ierun­gen und son­sti­gen Maß­nah­men bestraft wer­den! Sie müssen die Haft unverzüglich ver­lassen, denn sie sind nicht haftfähig! 

Der Flüchtlingsrat Bran­den­burg fordert die Abschaf­fung aller Abschiebe­haftein­rich­tun­gen. Damit kön­nen solche Unmen­schlichkeit­en am Wirk­sam­sten ver­hin­dert werden.

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Platzeck unterstützt Rautenberg

(MAZ, Frank Schau­ka) POTSDAM In dem Kon­flikt mit sein­er Dien­stvorge­set­zten, Jus­tizmin­is­terin Bar­bara Rich­stein (CDU), erhält Bran­den­burgs Gen­er­al­staat­san­walt Erardo
Raut­en­berg Unter­stützung von Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck (SPD). “Raut­en­berg hat mein Ver­trauen”, erk­lärte der Regierungschef nach ein­er Kabi­nettssitzung gestern in Pots­dam. An die Poli­tik­er gerichtet, bat Platzeck zudem, “Ruhe und Sach­lichkeit zu bewahren”. 

Rück­endeck­ung erhält Raut­en­berg inzwis­chen von allen Parteien, außer von der CDU. Der Par­la­men­tarische Geschäfts­führer der SPD-Frak­tion, Wolf­gang Klein, sagte, in Rich­steins Äußerun­gen erkenne er einen “Hauch von
Hin­ter­hältigkeit” gegen den Gen­er­al­staat­san­walt. Klein forderte die Jus­tizmin­is­terin auf, die Vor­würfe ange­blich­er Indiskre­tion gegen Raut­en­berg im Zusam­men­hang mit dem MAZ-Bericht zu einem Waf­fen­fund in der Jus­tizvol­lzugsanstalt (JVA) Brandenburg/Havel “entwed­er ein­deutig zu belegen
oder sich hin­ter den Spitzen­beamten zu stellen”. Klein: “Von weit­eren tück­ischen Sug­ges­tiväußerun­gen kann ich ihr dage­gen nur drin­gend abrat­en.” Rich­steins Sprecherin hat­te tags zuvor erk­lärt, die Min­is­terin sei über­rascht, “wie groß die Ablehnung Raut­en­bergs bei den Landtagsabgeordneten
ist”. Dabei habe lediglich der CDU-Abge­ord­nete Sven Petke Raut­en­berg öffentlich attack­iert, merk­te Klein an. 

Der Hin­ter­grund des Zwistes zwis­chen Min­is­terin und Chefan­kläger reicht offen­bar weit hin­ter die aktuelle Debat­te um Indiskre­tio­nen und Missstände im Gefäng­nis zurück. 

Beobachter sind sich einig, dass Raut­en­berg den Zorn der CDU-Spitze spätestens vor zwei Jahren auf sich gezo­gen hat­te, als er sich in ein­er V‑Mann-Affäre des bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutzes zu einem
juris­tis­chen Sachver­halt äußerte — und damit Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) korrigierte. 

Während Schön­bohm erk­lärte, V‑Männer dürften sich unter Umstän­den “etwas zuschulden kom­men lassen”, ohne strafrechtliche Ver­fol­gung fürcht­en zu müssen, erk­lärte Raut­en­berg, V‑Leute dürften nicht fol­gen­los Straftaten
verüben. Diese Recht­spo­si­tion teilen alle deutschen Gen­er­al­staat­san­wälte sowie die Bundesanwaltschaft. 

Die CDU reagierte prompt. Vize-Lan­deschef Petke attack­ierte Raut­en­berg und rief ihn zur “Zurück­hal­tung” auf. Min­is­terin Rich­stein ver­passte Raut­en­berg einen “Maulko­rb”, wie der Lan­desvor­sitzende des Deutschen Richter­bunds, Wolf
Kahl, damals betonte. Der Spitzenkan­di­dat der märkischen Grü­nen, Berlins ehe­ma­liger Jus­tizse­n­a­tor Wolf­gang Wieland, sprach gestern von ein­er “bun­desweit beispiel­losen Mob­bing-Kam­pagne eines CDU-Innen­min­is­ters und ein­er CDU-Jus­tizmin­is­terin gegen einen Gen­er­al­staat­san­walt”. Raut­en­berg sehe sich dieser Angriffe aus­ge­set­zt, weil er in der V‑Mann-Affäre gel­tendes Recht vertreten habe, so Wieland. Ähn­lich sieht es die PDS. Die CDU wolle
“alte offene Rech­nun­gen” mit Raut­en­berg begle­ichen und von “Missstän­den im Jus­tizmin­is­teri­um ablenken”, so deren recht­spoli­tis­ch­er Sprech­er, Ste­fan Sarrach. 

Bei einem Besuch in der JVA Brandenburg/Havel wollte sich Rich­stein gestern zu dem Kon­flikt nicht äußern. Die Frage, ob Raut­en­berg noch ihr Ver­trauen genieße, ließ die Min­is­terin unbeantwortet. 

Zuvor hat­te sie Forderun­gen der Per­son­alver­samm­lung zurück­gewiesen, an der 200 der 450 JVA-Mitar­beit­er teil­nah­men. Sie ver­langten die Wiedereinsetzung
des abge­set­zten Anstalt­sleit­ers Her­mann Wachter. Dessen Arbeit hät­ten die Bedi­en­steten geschätzt, erk­lärte Per­son­al­ratsvor­sitzen­der Man­fred Kühne. Er betonte, es habe keine gewalt­täti­gen Über­griffe auf Gefan­gene gegeben. Der
Per­son­al­ratschef ver­langte, die Sus­pendierung der fünf Bedi­en­steten aufzuheben, die Rich­stein wegen ange­blich­er unter­lassen­er ärztlich­er Hil­feleis­tung aus­ge­sprochen hatte. 

Der herzkranke Häftling Friedrich F. war, so die Vor­würfe, trotz sein­er Kla­gen erst Stun­den später ver­sorgt wor­den. Wie Rich­stein sagte, halte sie an den ein­geleit­eten per­son­ellen Maß­nah­men fest. Sie ver­wahrte sich gegen die Beze­ich­nung “Folterk­nast” für die JVA Brandenburg/Havel.

Rich­stein bat die Beamten um Ver­trauen. Die Staat­san­waltschaft werde den Fall aufk­lären. In den kom­menden Jahren müsse in allen Gefäng­nis­sen die
soziale Lage und innere Sicher­heit verbessert wer­den. Kühne sieht vor allem in baulich­er Hin­sicht Nach­holbe­darf. So lebten die Gefan­genen in der Bran­den­burg­er JVA noch in Räu­men mit bis zu vier Bet­ten. Die Anstalt gehöre
zu den ältesten im Land und müsse mod­ernisiert werden. 

Sol­i­dar­ität mit dem ver­set­zten Gefängnis-Chef

JVA-Bedi­en­stete fordern Wachters Rück­kehr und Aufhe­bung der Suspendierungen

(MAZ) Die Beschäftigten der Jus­tizvol­lzugsanstalt (JVA) Bran­den­burg haben gestern
in ihrer Per­son­alver­samm­lung gefordert, dass das Jus­tizmin­is­teri­um die
Sus­pendierung von fünf ihrer Kol­le­gen zurück­n­immt und den ver­set­zten Leiter
Her­mann Wachter wieder auf seinen Posten zurück­holt. An der Versammlung
nah­men gut 200 der 450 JVA-Mitar­beit­er teil. 

Der Per­son­al­rat unter­stütze die Forderung der Beschäftigten, sagte der
Vor­sitzende Man­fred Kühne. Er sprach vom Unmut der Beschäftigten über die
Sus­pendierun­gen und über die Ver­set­zung Wachters, dessen Arbeit die
Mitar­beit­er zu schätzen gel­ernt hät­ten. Jus­tizmin­is­terin Bar­bara Richstein
(CDU) sagte, sie nehme die Forderun­gen zur Ken­nt­nis, halte aber an ihren
Per­sonal­maß­nah­men fest. Sie betonte, dass die Sus­pendierun­gen keine
Vorverurteilung bedeuteten. 

Das Min­is­teri­um hat­te die fünf JVA-Mitar­beit­er Anfang Mai vom Dienst
sus­pendiert, weil ihnen vorge­wor­fen wird, sie hät­ten keine ärztliche Hilfe
für den bekan­nter­maßen herzkranken Gefan­genen Frank Friedrich veranlasst.
JVA-Leit­er Wachter wurde wenig später “aus Für­sorge­grün­den” ver­set­zt. Die
Jus­tizmin­is­terin betonte gestern, dass es nicht um den Vor­wurf gehe, dass
gegen den Gefan­genen “über Gebühr kör­per­liche Gewalt” ange­wandt wor­den sei.
Friedrich dage­gen behauptet, ein Prügel­trupp aus JVA-Bedi­en­steten habe an
jen­em 13. Jan­u­ar 2004, als er Schmerzen hat­te, auf ihn eingeschla­gen, statt
Hil­fe wegen seines Herz­in­fark­ts zu organisieren. 

Die Jus­tizmin­is­terin ver­wahrte sich gestern gegen Beze­ich­nun­gen wie
“Folterk­nast” für die JVA Bran­den­burg. “Ich stelle mich vor alle
Bedi­en­steten”, sagte Rich­stein. Sie leis­teten mit viel Engage­ment “harte
Arbeit”. Die Min­is­terin kündigte an, nach der äußeren nun auch die “innere
und soziale Sicher­heit” in der JVA Bran­den­burg stärken zu wollen. 

Per­son­al­ratschef Man­fred Kühne berichtete von Verun­sicherung und Frust unter
seinen Kol­le­gen wegen der Reak­tio­nen auf die jüng­sten Vor­fälle. Ein Teil der
Bedi­en­steten lehne das Mask­ierungsver­bot ab, das die Min­is­terin nach
Bekan­ntwer­den der Gewaltvor­würfe ver­hängt hatte. 

Die Frage, ob Gen­er­al­staat­san­walt Erar­do Raut­en­berg noch ihr Vertrauen
genieße, ließ die Min­is­terin gestern unbeant­wortet. Diese Dinge würde sie
mit ihm direkt und nicht über die Öffentlichkeit besprechen, sagte
Richstein.

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Gedenkstättenfahrt für Jugendliche nach Auschwitz

Bran­den­bur­gis­che Jugendliche kön­nen auch in diesem Jahr an den Gedenkstät­ten­fahrten ins frühere Ver­nich­tungslager Auschwitz-Birke­nau teil­nehmen. Der Vere­in “Bran­den­burg gegen Rechts!” biete zwei Fahrten für 14- bis 27-Jährige an, teilte er gestern in Pots­dam mit. 

Für die erste Fahrt vom 14. bis zum 17. Juni seien noch rund 25 Plätze frei. Die viertägi­gen Touren führen nach Auschwitz, Birke­nau und ins frühere jüdis­che Vier­tel in Krakau, wo Zeitzeu­gen die Besuch­er führen. Die Fahrten
kosten 70 Euro. 

“Die Begeg­nung mit den Ver­brechen des Nation­al­sozial­is­mus soll ein Beitrag zu Aufk­lärung und Präven­tion gegen weit ver­bre­it­ete recht­sex­treme Ein­stel­lun­gen und Vorurteile sein”, hieß es. Mit Abschluss dieses Jahres haben nach Angaben des Vere­ins bish­er etwa 1700 Jugendliche an den seit vier Jahren ange­bote­nen Gedenkstät­ten­fahrten teilgenommen. 

Infos im Inter­net: info@aktiv-gegen-rechts.de.

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Ausländer in Frankfurter Linienbus attackiert

(Berlin­er Zeitung, 18.05.) FRANKFURT (ODER). Ein Pole und ein Palästi­nenser sind in einem Lin­ien­bus in Frank­furt (Oder) von zwei angetrunk­e­nen Deutschen, 17 und 20 Jahre alt, mit frem­den­feindlichen Parolen beschimpft wor­den. Der jün­gere der bei­den habe dem 25-jähri­gen pol­nis­chen Stu­den­ten der Europa-Uni­ver­sität Viad­ri­na zudem mit der flachen Hand ins Gesicht geschla­gen, teilte die Polizei am Mon­tag in
der Oder­stadt mit. Ver­let­zt wurde den Angaben zufolge nie­mand. Die bei­den Deutschen wur­den in Haft genom­men, nach­dem der Bus­fahrer die Polizei ver­ständigt hatte.

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Die Justiz gerät in den Wahlkampf

(Berlin­er Zeitung, Andrea Bey­er­lein, 18.5.) POTSDAM. Bran­den­burgs Jus­tiz gerät im begin­nen­den Wahlkampf zwis­chen die Fron­ten. Während Jus­tizmin­is­terin Bar­bara Rich­stein (CDU) wegen der Zustände in der Jus­tizvol­lzugsanstalt (JVA) Brandenburg/Havel unter Druck ste­ht, mühen sich führende CDU-Poli­tik­er, Gen­er­al­staat­san­walt Erar­do Raut­en­berg zu
demon­tieren. Partei-Vize Sven Petke legte Raut­en­berg, Mit­glied der SPD, sog­ar den Rück­tritt nahe: “Der küm­mert sich mehr um Poli­tik als um die Strafverfolgung.” 

Diese Lin­ie hat­te erst am Fre­itag CDU-Chef Jörg Schön­bohm vorgegeben. Offen verdächtigte er die Staat­san­waltschaft, Quelle von Indiskre­tio­nen über den jet­zt pub­lik gewor­de­nen Waf­fen-Fund in der JVA Bran­den­burg zu sein. Dabei
ist die Zahl der poten­ziellen Quellen groß: Zu der im März ent­deck­ten Schuss­waffe sind bere­its Häftlinge ver­nom­men wor­den. Der Anwalt eines Beschuldigten hat Aktenein­sicht genom­men. Doch Schön­bohm klagte: “In keinem
anderen Land gibt es eine solche Summe von Indiskre­tio­nen aus der Staat­san­waltschaft wie in Brandenburg.” 

Da kam auch Schön­bohms Ärg­er über die V‑Mann-Affäre wieder hoch, in der sein Ver­fas­sungss­chutz eine denkbar schlechte Fig­ur abgegeben hat­te. Beson­ders erbost hat­te es den Min­is­ter, dass Gen­er­al­staat­san­walt Raut­en­berg ihm Ende
2002 öffentlich wider­sprach, indem er darauf behar­rte, dass auch V‑Leute keine Straftat­en bege­hen dürften. Der Innen­min­is­ter sieht das anders. 

Seit der V‑Mann-Affäre reagiert die CDU aller­gisch auf den
Gen­er­al­staat­san­walt. Petke: “Ohne den Schutz der SPD wäre Raut­en­berg weg vom Fenster.” 

Die Jus­tizmin­is­terin wollte am Mon­tag zu der Rück­tritts­forderung nur so viel sagen: “Ich bin über­rascht, wie groß die Ablehnung Raut­en­bergs bei den Abge­ord­neten ist.” Das gegen­seit­ige Mis­strauen geht so tief, dass zumin­d­est in Jus­tizkreisen schon gemut­maßt wird, die gegen Raut­en­berg erhobe­nen Vor­würfe in der Tren­nungs­geldaf­färe seien lanciert wor­den. Bis­lang hat er vom Min­is­teri­um nach eige­nen Angaben noch keinen Bescheid über die Rück­forderung zu viel gezahlter Bei­hil­fen bekommen. 

Der Gen­er­al­staat­san­walt ist in Bran­den­burg poli­tis­ch­er Beamter und wird vom Kabi­nett berufen und ent­lassen. Dort hat die SPD die Mehrheit. Und die ste­ht klar zu Raut­en­berg: “Er hat unser volles Ver­trauen”, sagte Fraktionschef
Gunter Fritsch. Freilich hat­te auch der frühere SPD-Vor­sitzende Stef­fen Reiche dem 1996 berufe­nen Raut­en­berg schon ein­mal emp­fohlen, sich einen neuen Job zu suchen. Damals waren viele in der SPD über die Ermittlungen
gegen Regine Hilde­brandts Sozialmin­is­teri­um empört. Die CDU lobte sein­erzeit die Unab­hängigkeit der Staatsanwaltschaft. 

SPD stellt sich hin­ter Generalstaatsanwalt

Raut­en­berg weist Rück­tritts­forderung der CDU ab

(LR, 18.5.) Gen­er­al­staat­san­walt Erar­do Raut­en­berg wird sein Amt nicht aufgeben, wie es
CDU-Vize-Parte­ichef Sven Petke am Woch­enende gefordert hat. “Ich bin Beamter
und kann das gar nicht”, sagte Raut­en­berg gestern der RUNDSCHAU. Nur das
Kabi­nett könne ihn ent­lassen. Doch Regierungschef Matthias Platzeck und die
SPD-Min­is­ter, die die Mehrheit stellen, denken über­haupt nicht daran.
Raut­en­berg, so erk­lärte die SPD gestern, “genießt unser volles Vertrauen”.
Und: Die CDU wolle mit ihrer Forderung nur vom Gefäng­nis-Skan­dal ablenken,
für den CDU-Jus­tizmin­is­terin Bar­bara Rich­stein die Ver­ant­wor­tung trage. 

So wird Raut­en­berg im Amt bleiben, zumin­d­est bis zur Land­tagswahl in vier
Monat­en. Was danach kommt, hängt vom Aus­gang der Wahlen ab. Intern machen
Hard­lin­er in der CDU allerd­ings keinen Hehl daraus: “Raut­en­berg muss weg! Je
eher, desto besser!”
Das Ver­hält­nis zwis­chen CDU-Lan­deschef Jörg Schön­bohm und dem
Gen­er­al­staat­san­walt mit SPD-Parteibuch gilt schon seit län­gerem als gestört.
Schön­bohm hat nicht vergessen, dass Raut­en­berg ihm in der V‑Mann-Affäre in
den Rück­en fiel: V‑Leute des Ver­fas­sungss­chutzes dürften grund­sät­zlich keine
Straftat­en bege­hen, kor­rigierte der Gen­er­al­staat­san­walt damals öffentlich
den Innen­min­is­ter. Damit nicht genug, ließ sich Raut­en­berg seinen Standpunkt
von den Gen­er­al­staat­san­wäl­ten ander­er Bun­deslän­der bestäti­gen und rieb
Schön­bohm das gemein­same Votum unter die Nase. 

Zusät­zlich belastet wurde das Ver­hält­nis durch zahlre­iche Indiskretionen
unter anderem in der V‑Mann-Affäre, für die Schön­bohm die Staatsanwaltschaft
ver­ant­wortlich macht. Raut­en­berg bestre­it­et das. Auch Einzel­heit­en über die
Ermit­tlun­gen wegen eines Waf­fen­fun­des in der berüchtigten
Jus­tizvol­lzugsanstalt Bran­den­burg seien ent­ge­gen den Ver­mu­tun­gen Schönbohms
nicht durch die Staat­san­waltschaft an die Öffentlichkeit gelangt. 

Das Kli­ma zwis­chen der Vize CDU-Chefin und Jus­tizmin­is­terin Barbara
Rich­stein und Raut­en­berg ist von dem Dauer-Kon­flikt nicht unbeeinflusst
geblieben. Gestern reagierte Rich­stein auf die Rück­tritts­forderun­gen Petkes,
der Raut­en­berg “schw­er­wiegende Indiskre­tio­nen” vor­wirft, mit dem
dis­tanzierten Satz: “Ich bin über­rascht, wie groß die Ablehnung von
Raut­en­berg bei Land­tagsab­ge­ord­neten ist.” 

CDU-Poli­tik­er bestäti­gen “eine gewisse Verärgerung” über Raut­en­berg in der
Union. Bei manchen Abge­ord­neten scheine sich der Ein­druck zu verfestigen,
dass sich Raut­en­berg gegenüber der Min­is­terin nicht loy­al ver­halte, sagt
etwa Frak­tion­s­geschäfts­führer Dierk Home­y­er. Andere CDU-Poli­tik­er erklären,
dass Raut­en­berg “Rich­stein lächer­lich gemacht” habe. Ver-wiesen wird auf
eine Pressemit­teilung des Gen­er­al­staat­san­walts vom 29. April. Darin zeigte
er sich “über­rascht” vom Agieren der Min­is­terin in der Trennungsgeld-Affäre
und erin­nerte sie “an die sich aus der Für­sorgepflicht des Dienstherren
ergebende rechtsstaatliche Ver­fahrensweise”. Rich­stein hat­te zuvor
angekündigt, dass sie Raut­en­berg nun­mehr zur Rück­zahlung zuviel gezahlten
Tren­nungs­geldes bewe­gen wolle. Raut­en­berg will jedoch erst eine weitere
Überpr& uuml;fung durch den Rech­nung­shof abwarten und dringt hart­näck­ig auf
einen offiziellen Bescheid. 

Inzwis­chen haben sich die Fron­ten weit­er ver­fes­tigt: Im Umfeld Schönbohms
wird Raut­en­berg “Sab­o­tage und Block­ade” vorge­wor­fen. Und er ver­suche, die
Staat­san­waltschaft im Wahlkampf gegen die CDU aufzubrin­gen. Umgekehrt hatte
Raut­en­berg die Befürch­tung geäußert, dass die Staat­san­waltschaft in den
Wahlkampf hineinge­zo­gen werde. Raut­en­berg will die Eskala­tion nicht
kom­men­tieren. Doch sieht er die Zeit gekom­men, “wo sich das Kabi­nett damit
befassen muss”. Denn: “Die Angriffe müssen aufhören.”

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Landesregierung bestätigt Fesselungen in Abschiebehaft

In ihrer Antwort auf eine kleine Anfrage des Land­tagsab­ge­ord­neten Ste­fan Sar­rach bestätigte die Bran­den­burg­er Lan­desregierung, dass in der Abschiebe­haf­tanstalt Eisen­hüt­ten­stadt suizidge­fährdete Häftlinge gefes­selt würden. 

In ein­er ersten Reak­tion verurteilte Ste­fan Gerb­ing, Press­esprech­er der JungdemokratInnen/Junge Linke Bran­den­burg diese Prax­is scharf. “Uns sind seit einiger Zeit Fälle bekan­nt, in denen Häftlinge über Stun­den gefes­selt wur­den. Die nun ans Licht gekomme­nen Aus­maße dieser Prax­is über­steigen jedoch unsere schlimm­sten Befürch­tun­gen.” Im Zeitraum von März 2001 und Okto­ber 2003 gab es 45 Fälle von
Fes­selun­gen in einem geson­derten Haftraum. 

Ein Häftling wurde in einem Zeitraum von drei Tage ins­ge­samt fast 41h 40 min gefes­selt. Der junge Mann war zu diesem Zeit­punkt 23 Jahre alt. Die Fes­selun­gen ende­ten einen Tag vor seinem Geburt­stag. Er wurde 24h 20min am Stück und nach ein­er Pause von 35 min noch ein­mal 17h 10min gefesselt. 

“Es ist in keinem Falls hin­nehm­bar, dass Men­schen in ein­er solchen Form behan­delt wer­den”, so Gerb­ing “die Recht­fer­ti­gung der Lan­desregierung, dass nur Häftlinge
gefes­selt wür­den, die sich oder anderen Men­schen gefährden kön­nten, ist nicht hin­nehm­bar. Men­schen in Abschiebe­haft ste­hen unter einem starken psy­chis­chen Druck. Oft wer­den sie in eine ungewisse Zukun­ft abgeschoben, viele wis­sen noch nicht ein­mal warum bzw. wie lange sie über­haupt in Haft sind. Oft reicht ein abgelehn­ter Asy­lantrag und die Behaup­tung der Aus­län­der­be­hörde, dass eine Per­son “unter­tauchen” kön­nte, damit Aus­län­der und Aus­län­derin­nen nach Eisen­hüt­ten­stadt kom­men. Was diese Men­schen brauchen ist oft psy­chol­o­gis­che Betreu­ung und keine Folter.” Man dürfe nicht vergessen, so der Sprech­er weit­er, dass nicht wenige der Häftlinge aus Kriegs- und Kriegs­ge­bi­eten und somit auch die Gefahr von Re-Trau­ma­tisierun­gen aufgrund
vor­ange­gan­gener Gewal­ter­fahrun­gen bestände. 

JungdemokratInnen/Junge Linke fordern die sofor­tige Abschaf­fung der “Beruhi­gungszellen” 2007 und 2008 in Eisen­hüt­ten­stadt und eine Betreu­ung der Häftlinge durch eine/n unabhängige/n Sozialar­beit­er und eine Per­son mit
psy­chol­o­gis­ch­er Aus­bil­dung. Weit­er fordern JD/JL das Innen­min­is­teri­um auf eine Rechts­ber­atung der Inhaftierten zu ges­tat­ten. Ein entsprechen­des Ange­bot des Repub­likanis­chen Anwaltsvere­in liegt dem Innen­min­is­teri­um vor. 

Die Antwort auf die kleine Anfrage 2737 des Abge­ord­neten kann im Inter­net herun­terge­laden werden.

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Das ungesühnte Massaker

(Berlin­er Zeitung, 17.5., Jens Blanken­nagel) TREUENBRIETZEN. Am 21. April 1945, während die Schlacht um Berlin tobt,
befre­it die Rote Armee das Arbeit­slager neben der Muni­tions­fab­rik in Treuen­bri­et­zen. Fün­fzig Kilo­me­ter vor den Toren der unterge­hen­den Reichshaupt­stadt jubeln ihr 3 000 Zwangsar­beit­er zu, darunter 150 Ital­iener, die sich auf die Rück­kehr in ihre Heimat freuen. 

Einst hat­ten die Ital­iener als Sol­dat­en an der Seite von Hitlers Armeen gekämpft. Doch nach­dem die Amerikan­er in Sizilien gelandet waren, brach Mus­soli­n­is faschis­tis­ches Regime 1943 zusam­men und Ital­ien wech­selte die Seit­en. Daraufhin ver­schleppten die Deutschen 700 000 ital­ienis­che Sol­dat­en zur Zwangsar­beit — einige auch nach Treuenbritzen. Dort währt die Freude über die Befreiung am 21. April nicht lange. 

Schon zwei Tage später sind die deutschen Sol­dat­en zurück: Sie sortieren die Ital­iener aus, brin­gen sie mit eini­gen Zivilis­ten in einen Wald bei Nichel. 19 von ihnen sollen das Gepäck der Zivilis­ten tra­gen und dür­fen gehen. Auf
die übri­gen 131 wird das Feuer eröffnet. Nur vier über­leben das Massaker. 

Jahrzehn­te­lang vergessen

Dieses Kriegsver­brechen ist bis heute nicht aufgek­lärt. Nie­mand weiß, welche Ein­heit damals vor Ort war, wer die Befehle gab, wer geschossen hat. Lange war die Blut­tat gar vergessen. Erst als vor eini­gen Jahren eine italienische
Zeitung über die Über­leben­den schrieb, nahm die Staat­san­waltschaft in Ancona die Ermit­tlun­gen wieder auf und bat die deutsche Seite um Hil­fe. “Zwis­chen­zeitlich waren die Ermit­tlungsak­ten bei uns”, sagt Benedikt Welfens von der Pots­damer Staat­san­waltschaft, in deren Zuständigkeit Treuen­bri­et­zen liegt. “Doch wir kön­nen die Ermit­tlun­gen erst übernehmen, wenn es konkrete Tatverdächtige gibt”, sagt er. 

Deshalb gin­gen die Akten wieder ins baden-würtem­ber­gis­che Lud­wigs­burg, in die Zen­trale Stelle zur Aufk­lärung von NS-Ver­brechen. Dort ermit­telt Joachim Riedel derzeit. “Wir suchen weit­er nach alten Akten”, sagt er. So wur­den im
Bun­de­sarchiv in Berlin-Lichter­felde Ermit­tlungsak­ten der
Gen­er­al­staat­san­waltschaft der DDR aus den 60er-Jahren zu einem Belziger Neben­lager des KZ Sach­sen­hausen gefun­den. In denen ste­ht auch etwas über die Toten von Treuen­bri­et­zen. “Es sind 200 eng beschriebene Seit­en”, sagt Riedel. Die habe er als Kopie aber noch nicht voll­ständig ausgewertet.
Immer­hin stieß er dabei auf den Namen eines Mannes, der für die Stasi über Wehrma­chtsver­brechen recher­chierte. Nun hat Riedel bei der Birth­ler-Behörde Aktenein­sicht beantragt. “Es laufen auch ein Amt­shil­feer­suchen an die
Staat­san­waltschaft in Ancona und Anfra­gen bei Inter­pol”, sagt er. “Die Ermit­tlun­gen kön­nen aber noch sehr lange andauern, und ob es noch lebende Täter gibt, ist auch nicht klar.” 

Der let­zte Überlebende

Der Fernse­hjour­nal­ist Karsten Deven­ter hat den Über­leben­den Anto­nio Ceseri in Ital­ien besucht. Der berichtet jet­zt in einem ZDF-Inter­view über die Blut­tat. Es habe Chaos geherrscht damals, die Fron­ten lösten sich auf. Die
Russen lagen nur wenige hun­dert Meter ent­fer­nt, als die Ital­iener von den Deutschen in einen Wald getrieben wur­den. “Auf ein­mal fin­gen sie an zu schießen. Ich bin gle­ich hinge­fall­en und von vorne und hin­ten fie­len getrof­fene Kam­er­aden auf mich drauf”, sagt Ceseri. So sei es auch seinem Fre­und Edo Mag­nalar­do gegan­gen. Es sei furcht­bar gewe­sen. “Schüsse, Schüsse, Schüsse, immer nur Schüsse, und dazwis­chen dann Schreie: Hil­fe — Mam­ma — Viva l Italia und solche Sachen.” Der deutsche Kom­man­deur habe noch einen
Panz­er über die Opfer fahren lassen wollen. Doch der Fahrer habe sich geweigert, weil er zu wenig Ben­zin hat­te. So über­lebten einige unter den Leichen. “Natür­lich muss ich ständig an diesen entset­zlichen Tag zurück­denken”, sagt Ceseri in dem Interview. 

Er und Mag­nalar­do trafen sich jedes Jahr am 23. April und ver­bracht­en den Tag des Mas­sak­ers gemein­sam. Mag­nalar­do organ­isierte als Kom­mu­nalpoli­tik­er eine Part­ner­schaft zwis­chen seinem Heima­tort und Treuen­bri­et­zen. 2003 starb
er. Ceseri ist der let­zte Überlebende.

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Erinnerung ist wichtig

(MAZ, 17.05., Susanne Wölfle-Fis­ch­er) GROßBEEREN Wenn Büch­er bren­nen, bren­nen immer auch Gedanken und Gefüh­le. Und
vielle­icht erschreckt ihre Ver­nich­tung ja deshalb, weil sie nicht ihnen selb­st gilt, son­dern den Men­schen, die ihre Gedanken- und Gefühlswelt so ver­trauensselig offen legten. 

Am 10. Mai 1933 wur­den auf dem Berlin­er Opern­platz etwa 20.000 Büch­er von 250 Autoren ver­bran­nt. Als Höhep­unkt der soge­nan­nten “Aktion wider den undeutschen Geist”, geplant vom Reichsmin­is­teri­um für Volk­saufk­lärung und Pro­pa­gan­da, durchge­führt durch die “Deutsche Stu­den­ten­schaft”, dem
Zusam­men­schluss der Stu­den­ten­schaften der deutschen Hochschulen. Bejubelt und geduldet von ein­er großen Men­schen­menge. “250 Schrift­steller! Viele bedeu­tende und die bedeu­tend­sten, viele berühmte und die weltberühmten
Autoren deutsch­er Zunge unter ihnen”, um es mit den Worten des Lit­er­aturhis­torik­ers Alfred Kan­torow­icz zu sagen, der selb­st zu den Ver­femten gehörte. Von den Repräsen­tan­ten der deutschen Lit­er­atur von Wel­truf, waren während des Nation­al­sozial­is­mus mehr als drei Vier­tel gezwun­gen ihre Arbeit einzustellen — einige davon für immer. Die weitaus
meis­ten dieser öffentlich Geächteten waren jüdis­ch­er Herkun­ft. Viele von ihnen gin­gen ins Exil, wur­den ermordet oder beg­in­gen wie Kurt Tuchol­sky, Stephan Zweig oder Ernst Toller Selbstmord. 

Großbeeren gedachte am Sam­stag mit mehreren Ver­anstal­tun­gen des nun­mehr 71 Jahre zurück­liegen­den Ereigniss­es, das zu den Dunkel­sten deutsch­er Geschichte gehört. Der Fördervere­in der öffentlichen Bib­lio­thek Großbeeren mit seinen Lit­er­atur­grup­pen für Frauen und Jugendliche, der Bürg­er­tisch für lebendi­ge Demokratie und die evan­ge­lis­che Kirchenge­meinde hat­ten sich für die zweitägige Aktion zusammengetan. 

Pfar­rer Chris­t­ian Manz eröffnete am Sam­stag um 14 Uhr die Ver­anstal­tung. “Wir woll­ten mit dieser Ver­anstal­tung die Wach­samkeit erhal­ten. Denn wer seine Ver­gan­gen­heit ver­gisst, ver­liert seine Zukun­ft”, mah­nte der The­ologe vor den lei­der nur weni­gen Zuhör­ern, die zur Dor­faue gekom­men waren. Manz
zog mit dem Hin­weis auf die in der Gesellschaft latent vorhan­dene Frem­den­feindlichkeit deut­liche Par­al­le­len zwis­chen Geschichte und Gegenwart. 

Ein großes rotes Trans­par­ent mit den Namen der während des
Nation­al­sozial­is­mus ver­fol­gten Autoren, machte auf den Ver­anstal­tung­sort Bib­lio­thek aufmerk­sam. Hier informierte eine Ausstel­lung über die zahlre­ichen Bücherver­bren­nun­gen in der Geschichte mit deut­lichem Schw­er­punkt auf 1933. Tafeln mit biographis­chen Angaben der Schrift­steller und
Lesemap­pen zu ihren Werken, verdeut­licht­en das Aus­maß an kul­turellem Ver­lust, der mit ihrer Ver­nich­tung und Vertrei­bung ein­herg­ing. “Die Ausstel­lung wurde mit Tafeln und Lesemap­pen extra als Wan­der­ausstel­lung vor­bere­it­et und kann so in weit­eren Bib­lio­theken und Schulen gezeigt
wer­den”, sagte Sigrid Kranich, Lei­t­erin der Bibliothek. 

Gle­ichzeit­ig mit der Ver­anstal­tung der Bib­lio­thek begann im evan­ge­lis­chen Kirchenge­mein­de­saal ein mehrstündi­ger Lese­marathon in dem aus den 1933 ver­bran­nten Werken gele­sen wurde. Etwa 30 Bürg­er aus Großbeeren und Dieder­s­dorf hat­ten sich bere­it­erk­lärt daran teilzunehmen. 

Den Anfang machte Deb­o­rah Rachel, Mit­glied der Lit­er­atur­gruppe Jugend der öffentlichen Bib­lio­thek. “Mir ist es wichtig, an diesen Tag zu erin­nern. Zudem möchte ich zeigen, wie gut ich es finde, was hier getan wird. Bücher
sind etwas Kost­bares und dür­fen nicht ein­fach ver­bran­nt wer­den”, nan­nte die 14-Jährige den per­sön­lichen Beweg­grund ihrer Teilnahme. 

Den Abschluss der Ver­anstal­tungsrei­he, zu der auch der Film “Der Tag als die Büch­er bran­nten” in der DRK-Geschäftsstelle gehörte, bildete am Son­ntag eine Lesung mit dem Schaus­piel­er und Regis­seur Frank Sommer.

Inforiot