TREBBIN Der Streit um rechtsextreme Feuerwehrmitglieder in Trebbin (Teltow-Fläming) hat ein Nachspiel. CDU-Bürgermeister Thomas Berger hat kürzlich den bisherigen Ortswehrführer Burkhard Heinrich von seinem posten enthoben. Das Vertrauensverhältnis sei gestört, gab er als Begründung an. Zwischen den beiden hat es im vergangenen Jahr Streit über den Umgang mit einem rechtsextremen Kameraden gegeben. Silvio K. wurde vorgeworfen, im September 1996 an der “Trebbiner Menschenjagd” teilgenommen zu haben, bei der italienische Bauarbeiter von Neonazis durch die Stadt gejagt, geprügelt und schwer verletzt wurden. Dafür wurde er im vergangenen September nach Jugendstrafrecht zu einer Verwarnung und einer Geldstrafe verurteilt. Während der Bürgermeister sich vehement für K. einsetzte, verlangte Heinrich den Ausschluss des 24-Jährigen aus der Feuerwehr. Heinrich erklärte gestern, dass er seine Entlassung rechtlich prüfen lasse.
Schatten einer Auszeichnung
BRANDENBURG/H. Ausländer loben Brandenburg — eine seltene Schlagzeile im Land. Doch bei der Preisverleihung der Alexander von Humboldt-Stiftung und des Stiftungsverbandes Deutsche Wissenschaft zum Wettbewerb “Deutschlands freundlichste Ausländerbehörden” waren auch zwei märkische Behörden dabei. Der Kreis Potsdam-Mittelmark und die Stadt Brandenburg erreichten zwar nicht die ersten drei Plätze, erhielten jedoch mit neun weiteren Kommunen ein “Lob” für ihre Hilfsbereitschaft gegenüber ausländischen Studenten und Wissenschaftlern. Der Preis solle diejenigen “sichtbar machen, die durch ihr Engagement dazu beitragen, den Forschungsstandort Deutschland attraktiver zu machen”, erklärte Stiftungspräsident Wolfgang Frühwald am Donnerstag in Berlin.
Doch auf die Auszeichnung fällt ein Schatten. Der Flüchtlingsrat Brandenburg zeigte sich “empört” über das Lob für die Behörde in Brandenburg/Havel. Es reiche nicht aus, nur ausländische Studenten zu befragen, moniert Judith Gleitze, Geschäftsführerin des Rates. “Seit Jahren machen Flüchtlinge dort äußerst negative Erfahrungen.” Beratungsstellen und Rechtsanwälte würden immer wieder feststellen, dass die Entscheidungen der Mitarbeiter sehr restriktiv sind und Entscheidungsspielräume nicht genutzt werden.
Eine Beraterin, die regelmäßig Ausländer auf ihren Amtsgängen begleitet und ungenannt bleiben will, spricht von “regelrechter Schikane”. Asylbewerber würden alle paar Tage aufs Amt zitiert, erhielten jedoch immer nur extrem kurze Duldungsstempel. “Unter diesen Umständen ist es unmöglich, Arbeit zu finden.”
Jüngstes Beispiel “für die menschenverachtende Handlungsweise” der Behörde, so Gleitze: die versuchte Abschiebung einer Familie aus dem Bürgerkriegsland Kongo, die sich inzwischen im Kirchenasyl aufhält. “Behördenmitarbeiter haben sich illegal Fotos für die Ausreisepapiere erschlichen”, ärgert sich die Flüchtlingsrat-Mitarbeiterin. Außerdem würden die Widersprüche der Familie zur Altfallregelungs-Entscheidung seit mehr als einem Jahr verschleppt.
Kein Einzelfall: Insgesamt hatten 130 abgelehnte Asylbewerber in der Havelstadt Anträge auf Altfallregelung gestellt. Danach darf nur bleiben, wer bereits 1999 Arbeit hatte oder sich nachweislich darum bemühte. 27 Ausländer erhielten 2001 positive Bescheide, 103 wurden abgelehnt. 73 legten daraufhin Widerspruch ein — bisher ohne Reaktion der Behörde, so die Kritik von Petra Faderl, PDS-Landtagsabgeordnete und Brandenburger Stadtverordnete. “Die Leute sollen abgeschoben werden, ohne dass ihre Widersprüche bearbeitet werden. Das geht nicht.” Allerdings sehe sie auch, dass die Mitarbeiter in der Ausländerbehörde überlastet seien, so Faderl. “Ich fordere schon seit Jahren mehr Personal und eine bessere Betreuung — passiert ist bislang nichts.”
Die Stadtverwaltung verweist in einer Stellungnahme ebenfalls auf Arbeitsüberlastung. Zusätzlich zur regulären Arbeit habe die Behörde eine “vergleichsweise große Anzahl an Aufträgen zur Altfallregelung zu bewältigen”, sagt Stadtsprecher Norbert Plaul. Allerdings prüfe der Oberbürgermeister derzeit, wie sich die personelle Situation verbessern lasse, verspricht Plaul. Das Lob lasse man sich jedoch nicht nehmen, da es “ein auf konkreten Erfahrungen basierendes positives Votum von hier lebenden ausländischen Studenten und Forschern widerspiegelt”.
Das kann der Rektor der Fachhochschule bestätigen. Natürlich sei eine reine Hochschul-Umfrage selektiv, räumt Rainer Janisch ein. Allerdings sei ein freundlicher Umgang mit Ausländern keinesfalls selbstverständlich. “In Berlin weht ein rauerer Wind”, berichtet der FH-Chef. “Dort musste ich erst neulich einen meiner afrikanischen Studenten auslösen, der sechs Stunden verhört wurde, weil er seine Papiere vergessen hatte.”
POTSDAM Taschendiebe sind vorsichtiger geworden oder verschwunden,
Automarder fühlen sich beobachtet, und wer eine Schlägerei anzetteln
oder im
Vorbeigehen kurz mal ein paar Fensterscheiben einschmeißen will,
überlegt
sich das dreimal. Zumindest auf den Bahnhöfen in Potsdam, Erkner und
Bernau
sowie vor einer Großdisko in Rathenow. Grund: Das Videoauge des
Gesetzes
wacht dort rund um die Uhr und sieht (fast) alles.
Seit anderthalb Jahren läuft dieses Pilotprojekt, das auf fünf Jahre
angelegt ist. Für Technik und Schulung der Polizisten investierte das
Land
345 000 Euro, der Betrieb kostet monatlich 21 305 Euro. Das Geld sei
gut
angelegt, sagte Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) — was die
Gewerkschaft
der Polizei (GdP) jedoch anzweifelt.
Laut Schönbohm gab es 2001 im Potsdamer Hauptbahnhof 280 Straftaten,
2002
nur 113. Auf dem Gelände vor dem Bahnhof wurden 2001 noch 739 Delikte
registriert, im vergangenen Jahr 330. Ähnlich gut sei die Quote am
Bahnhof
Erkner. Beschwerden von Bürgern gegen die Kameras gebe es bisher nicht,
betonte Schönbohm. Ohnehin würde nur bei Verdacht aufgezeichnet und das
Band
nach drei Tagen gelöscht. Ein detaillierter Erfahrungsbericht werde
derzeit
erarbeitet.
GdP-Landeschef Andreas Schuster hält trotz dieser Zahlen an seiner
Kritik
fest: «Die Straftaten finden nur woanders statt, gehen nach meiner
Kenntnis
jedoch insgesamt nicht zurück.» Also, so Schuster, werde Kriminalität
nicht
bekämpft, sondern verdrängt. Zudem betrachte er Schönbohms Zahlen «mit
größter Skepsis», denn bisher habe man z. B. die Straftaten im
Schutzbereich
Potsdam nur insgesamt ausgewiesen. «Für den Hauptbahnhof gab es noch
keine
gesonderte Erfassung.»
Frank Domanski, Vorsitzender des Landesverbandes der Deutschen
Polizeigewerkschaft im Beamtenbund, hält das Projekt für sinnvoll.
«Doch die
Videoüberwachung ist nur eine von vielen Maßnahmen der Polizeiarbeit.»
Wie
er aus Bürgerversammlungen wisse, fühlten sich vor allem Frauen auf den
überwachten Bahnhöfen sicherer. Seine Einschränkung: «Ich denke, es
lässt
sich kaum exakt feststellen, welche Straftat ausschließlich durch
Videoüberwachung vereitelt wurde.»
Und was sagen die Bürger? «Ich finde die Kameras gut, denn es gibt sie
schon
lange an Tankstellen, in der Bank und auf einigen Parkplätzen, und kein
Mensch regt sich darüber auf», sagt Bianca Hanisch, die täglich von
Potsdam
nach Zehlendorf fährt. Auch Klaus-Peter Weyrauch fühlt sich unter den
Videoaugen sicherer: «Schon mal gut zu wissen, dass es die Dinger
gibt.»
Hamburg (ddp-lbg). Die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg kungelt einem «Spiegel»-Bericht zufolge mit dem Verfassungsschutz. Anfang
August
2002 habe sich Konsistorialpräsident Uwe Runge im Auftrag von Bischof
Wolfgang Huber vom Bundesamt für Verfassungsschutz im Fall des
Cottbuser
Generalsuperintendenten Rolf Wischnath beraten lassen, berichtet das
Magazin
in seiner neuen Ausgabe. Das Kölner Amt habe den Decknamen «Theologe»
der
Stasi-Hauptverwaltung Aufklärung entschlüsselt, bei dem es sich um
Wischnath
handeln solle.
Mit den Verfassungsschützern habe Runge über ein mögliches kirchliches
Disziplinarverfahren gegen Wischnath debattiert, bei dem auch frühere
hochrangige Stasi-Offiziere vorgeladen werden sollten. Offenbar habe
Runge
versucht, damit einen unbequemen Mitarbeiter zu disziplinieren,
berichtet
der «Spiegel» weiter. Wischnath habe zum Missfallen der Kirchenoberen
erwogen, etwa Unionspolitiker wegen einer harten Abschiebepraxis vom
Abendmahl auszuschließen.
Die Aktenlage zum «Theologen» ist dem Bericht zufolge äußerst dünn. In
Stasi-Unterlagen hätten sich Hinweise auf sechs mögliche Kontakte zur
DDR-Aufklärung in einem Zeitraum von sechs Jahren gefunden. Die
Bundesanwaltschaft in Karlsruhe habe 1999 ein Ermittlungsverfahren in
diesem
Fall abgelehnt.
Der aus Nordrhein-Westfalen stammende Wischnath erkläre die
Registrierung
damit, dass er als Mitglied des Sozialistischen Hochschulbundes bei
Reisen
in die DDR in den 70ern auch SED-Mitglieder kennen gelernt habe. Einer
von
ihnen habe offenbar versucht, ihn anzuwerben, was er abgelehnt habe.
Die
Birthler-Behörde in Berlin habe Wischnath Anfang Januar einen
«Persilschein»
ausgestellt.
Positive Bilanz nach eineinhalb Jahren Modellprojekt
Seit dem 1. Juli 2001 haben in den fünf Jugendhaftanstalten des Landes
Brandenburg 64 rechtsextremistisch beeinflusste junge Straftäter an
einem
bundesweit einmaligem Modellprojekt teilgenommen. Unter Anleitung
erfahrener
Sozialarbeiter sollen sie irrationale Ansichten über die Nazizeit,
Selbsttäuschungen, Hass auf Ausländer, Brutalität- und Feindseligkeit
gegen
Andersdenkende «verlernen» . Insgesamt 112 000 Euro lassen sich die
Bundes-
und Landeszentrale für Politische Bildung sowie das Justizministerium
das
Modellprojekt jährlich kosten, das noch bis 2004 läuft.
In Brandenburger Haftanstalten sitzen gegenwärtig 360 Strafgefangene,
die
nach Jugendstrafrecht verurteilt sind, hinter Gittern. Etwa 25 bis 30
Prozent davon seien rechtsextremistisch beeinflusst. Diese wolle man
durch
Diskussionsveranstaltungen und Trainingsgruppen erreichen, erklärte
Staatssekretär Hans-Georg Kluge gestern auf einer Pressekonferenz in
der
Justizvollzugsanstalt (JVA) Spremberg. Im größten Jugendgefängnis des
Landes
mit über 100 Insassen laufen zwei Trainingskurse, in der JVA in Cottbus
einer.
Ein Vertreter vom Verein «Archiv der Jugendkulturen e.V. Berlin» , der
mit
der Durchführung des Projektes betraut ist, wertete es als Erfolg, dass
sich
die Jugendlichen freiwillig zu den Gesprächs- und Trainingsrunden
zusammengefunden hätten. Er selbst bat um Anonymität, weil die rechte
Szene
außerhalb der Gefängnismauern das Bemühen, ihnen die Strafgefangenen
nach
deren Entlassung zu entziehen, massiv bekämpfe und Verantwortliche des
Projektes bedrohe.
Im September will die Bundeszentrale für Politische Bildung in Potsdam
bei
einem Kongress den Justizbehörden der anderen Bundesländer Erfahrungen
und
Ergebnisse der präventiven Arbeit mit rechtsextremistisch beeinflussten
Jugendlichen präsentieren.
Potsdam. Der 48 Jahre alte Vietnamese Xuan Khang Ha darf vorerst nicht
abgeschoben werden. Das Verwaltungsgericht Potsdam folgte damit einem
Eilantrag des 48-Jährigen, wie es am Donnerstag mitteilte. Begründet wird
die Entscheidung mit dem großen überregionalen Medienecho im Fall des Mannes
und seines fünfjährigen Sohnes. Um ihn abzuschieben, waren Anfang Januar
Kirchenräume in Schwante von der Polizei durchsucht worden. Dem Mann drohe
in Vietnam Verfolgung. Es müsse nun der normale Rechtsweg beschritten
werden.
Hick-Hack um Jugendarbeit
WITTSTOCK Die Jugendarbeit in der Wittstocker Region steht auf dem
Prüfstand. Alle sechs über das so genannte 610-Stellen-Programm des Landes
besetzten Stellen, mit der ein Teil der Jugendarbeit abgedeckt wurde, sollen
neu ausgeschrieben werden. Das hat der Jugendhilfeausschuss des Kreises bei
seiner jüngsten Sitzung beschlossen (wir berichteten). Die Ausschreibung
werde Ende Februar oder Anfang März erfolgen, so Kreisjugendamtsleiterin
Annemarie Hefenbrock gestern auf MAZ-Nachfrage.In die Ausschreibung sollen
auch die Ergebnisse einer Sozialraumanalyse für Wittstock einfließen, die
derzeit aber noch in Arbeit ist. Die Analyse wird die Richtung für die
künftige Jugendarbeit vorgeben. “Sie sollte besser ausgerichtet sein”, so
Annemarie Hefenbrock. Eine Besetzung der Stellen werde voraussichtlich erst
im September erfolgen. Denn auch dem “in Verantwortung stehenden Träger”
solle Zeit gegeben werden, sich neu zu orientieren. Es gebe auch
vertragliche Bindungen, die berücksichtigt werden müssten. Die Stellen
werden nach folgenden Schwerpunkten neu ausgeschrieben: Zwei Stellen offene
Kinder- und Jugendarbeit, zwei Stellen mobile Jugendarbeit, eine Stelle
offene Jugendarbeit im Sport und eine Stelle Sozialarbeit in der Schule.
Träger von fünf 610-er-Stellen ist derzeit der Wittstocker
Jugendförderverein “Nanü”. Der Verein werde die Ausschreibung abwarten, so
Vorstandsvorsitzende Sandra Steier. Dann erst soll die Entscheidung fallen,
auf welche Stellen sich der Verein neu bewerben wird. Hintergrund für die
Diskussion um die Vereinsarbeit waren Probleme mit rechtsextremen jungen
Leuten in Wittstock. Auch nach der Gewalttat an zwei Aussiedlern nach einer
Disco Anfang Mai in Alt Daber wurde die Jugendarbeit zum Thema. An den
Folgen der Tat war einer der Aussiedler gestorben, fünf junge Angeklagte
müssen sich deshalb zurzeit vor Gericht dafür verantworten. Die Jugendarbeit
kam in die Kritik. Vom Kreis-Jugendausschuss wurden an der Wittstocker
Arbeit Mängel festgestellt. Die Angebote entsprächen nicht mehr der
“besonderen Situation in der Stadt”, hieß es. So habe sich das Jugendamt
gegenüber dem Förderverein geäußert, sagt Sandra Steier. Der Verein Nanü
kann jedoch zahlreiche Projekte im vergangenen Jahr aufzählen, die sich mit
den Themen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit sowie Integration und
Toleranz beschäftigten. So war der Verein Mitorganisator und Teilnehmer bei
den “Rock gegen Rechts”-Konzerten, bei Toleranzprojekten wie “Die Welle” und
dem “Baff-Projekt”, beim Integrationssportfest und bei einer
Integrationsdisco. Außerdem habe es kontinuierliche Mitarbeit in jedem
Gremium gegeben, das sich mit Integration und dem Thema Fremdenfeindlichkeit
befasst hat, beteuert die Vereinsführung. Schon im Sommer vergangenen Jahres
sei im Jugendhilfeausschuss darüber beraten worden, wie es mit der
Jugendarbeit in Wittstock weiter gehen soll. Der Ausschuss, so dessen
Mitglied Anke Richard, sprach sich damals für eine Sozialraumanalyse
Wittstocks und die Schaffung einer zusätzlichen Stelle für einen
Stadtjugendpfleger aus. Gleichzeitig wurde das Jugendamt vom Ausschuss
beauftragt, die “Zielvereinbarungen” der in Wittstock arbeitenden 610-er-
Stellen der aktuellen Situation entsprechend zu präzisieren. Nun fragt sich
der Nanü-Vorstand, wie es plötzlich zur Stellenausschreibung kommt, anstatt
mit den Trägern die Ziele für Jugendarbeit zu überarbeiten. Eine
Trägervielfalt, so heißt es, soll eine gute Jugendarbeit in der Stadt
garantieren. Der Jugendförderverein leiste seit zehn Jahren gute Jugend- und
Jugendsozialarbeit für Wittstock, sagt der Vorstand. Nun aber bangen fünf
Nanü-Mitarbeiter um ihre Stellung.
Diskussion um die politische Ausrichtung der Schill-Partei auf Mitgliederversammlung in Velten
(MAZ) OBERHAVEL In der Kommission, die das Programm der Schillpartei erarbeitet,
sind nach Aussage von Lothar Friedrich viele Berufsgruppen vertreten:
Polizeibeamte, Ärzte, Landwirtschaftswissenschaftler, Landwirte,
Rechtsanwälte, Handwerker oder Umweltexperten. Zur Mitgliederversammlung am
Mittwoch nach Velten kamen auch Interessenten, unter ihnen ein Pfarrer aus
Falkensee. Er berichtete von seiner politischen Suche über Ost-CDU,
Republikaner, DVU und nun Schill-Partei. Dieser bot er seine Mithilfe am
Programm an. Darin vermisse er Grundaussagen des Neuen Testaments. Lothar
Friedrich hieß ihn herzlich willkommen. Denn es sei das Ziel der
Schill-Partei, den schleichenden Werteverlust in der Gesellschaft
aufzuhalten. Werte wie Fleiß, Ehrlichkeit, Offenheit halte man hoch und
diese Werte seien ja auch die Botschaft des Herrn. In der Diskussion ging es
dann darum, ob die Schill-Partei eine rechte Partei sei. Sie habe rechte
Elemente, so ein Parteimitglied, aber im Sinne von rechtsstaatlich . “Wir
sind keine rechtsextreme Partei, wir wenden uns den zentralen Themen zu, die
die Menschen bewegen”, betonte Friedrich. Auf eine Position zum Irak-Krieg
wollten sich die Teilnehmer nicht einigen. Die Informationslage sei ihnen zu
dürftig, meinten sie.
Alle fünf Angeklagten im Prozess umd den Tod des Russlanddeutschen Kajrat Batesov sind normal intelligente junge Männer ohne Entwicklungsdefizite. Dies befand Schaverständiger Dr. Mathias Lammel in den psychiatrischen Gutachten, welche zur Beurteilung der Verantwortung- und Steuerungsfähigkeit der Angeklagten beitragen sollen. Eine verminderte Schuldfähigkeit könne nur in Zusammenhang mit den unterschiedlich ausgeprägten Rauschzuständen gesehen werden, welche teils durch durch Alkohol und teils durch den Konsum von Drogen verursacht worden weien, so Lammel.
Zum Beschuldigten Mike S., der sich nach eigenen Angaben nicht an den Tathergang erinnern kann, bei welchem Batesov durch zahlreiche Tritte und einem Steinwurf zu Tode kam und sein Freund Max K. verletzt wurde, sagte Lammel: “Hier habe ich keine Zweifel an einem Vollrauschzustand.” Auch bei Marko F., der als derjenige gilt, der den Stein auf den Getöteten warf, schließt der Sachverständige eine verminderte Steuerungsfähigkeit aufgrunbd von Alkohol- und Kokainkonsum nicht aus. Das Lammel bei Patrick S. keine konkreten Anhaltspunkte für eine verminderte Steuerungsfähigkeit fand — obwohl dieser auch wie Marko F. ein ähnlich abweichendes Verhalten am Tatabend gezeigt habe — veranlasste Verteidiger Georg Unnebrink, einen Befangenheitsantrag zu stellen. Das Gericht wird am Freitag darüber entscheiden.
Bei den Angeklagten Ralf A. und Michael H., die sich selbst in der Tatnacht als angetrunken beschrieben, könne der Alkoholkonsum lediglich als begünstigender Faktor in das Urteil mit einfließen, so Lammel.
Die Berichte der Jugendgerichtshilfe für die Angeklagten Mike S. und Marko F., die zum Zeitpunkt noch unter 21 Jahre alt waren, zielten darauf ab, für die Angeklagten das Jugendstrafrecht walten zu lassen. Dies jedoch stünde nicht mit dem psychiatrischen Gutachten im Einklag, gaben sowohl Lammel als auch Richterin Gisela Thaeren-Daig zu bedenken.
Das Behördengutachten des Landeskriminalamtes scheint keine konkreten Hinweise über die Tatbeteiligung zu bringen: So wurden keine Blutspuren der beiden Aussiedler an der Kleidung der Beschuldigten gefunden. Auch Faserspuren konnten nicht eindeutig zugeordnet werden.
Erneut geladen waren der Zeuge Stefan W., der am vierten Verhandlungstag wegen Falschaussage verhaftet, aber wieder auf freien Fuss gesetzt worden war. Er verweigerte die Aussage.
Weitere Zeugenaussagen brachten — wie auch die Vernehmung von bisher mehr als 40 Zeugen — wenig Licht in die Tatnacht, wo sich niemand an den Steinwurf erinnern mag. “Aufgefallen sind sie, die Aussiedler”, so eine Discobesucherin. “Und jemand sagte: Da sind ein paar Russen.”
Gericht verfügt Abschiebeschutz
POTSDAM Das Verwaltungsgericht Potsdam hat dem alleinerziehenden
vietnamesischen Vater, der sich bis Mitte Januar im Schwantener
Kirchenasyl
aufhielt, vorläufig Abschiebeschutz gewährt. Auf Grund einer
Stellungnahme
des UN-Flüchtlingshilfswerks könne nicht mit hinreichender Sicherheit
ausgeschlossen werden, dass der 48-jährige Asylbewerber wegen seines
exilpolitischen Engagements bei einer Rückkehr in sein Heimatland
ernsthaft
gefährdet sei, teilte das Gericht am Mittwoch mit und gab damit einem
Eilantrag von Xuan Khang Ha statt. Dieser darf nun bis zu einer
endgültigen
Entscheidung über seinen erneuten Asylantrag nicht abgeschoben werden.
Anfang Januar hatte die geplante Abschiebung des alleinerziehenden
Vaters
und seines fünfjährigen Sohnes zu einem schweren Konflikt zwischen der
evangelischen Kirche und der Landesregierung geführt. Ha war seit
Anfang
November von der Kirchengemeinde Schwante bei Oranienburg Kirchenasyl
gewährt worden. Am Tag vor der geplanten Abschiebung am 7. Januar
durchsuchten dann Polizeibeamte das dortige Pfarr- und Gemeindehaus,
ohne
die Vietnamesen in Gewahrsam nehmen zu können. Innenminister Jörg
Schönbohm
(CDU) betonte am Mittwoch im Landtag, dass Kirchen kein rechtsfreier
Raum
seien.