Frankfurt (Oder)/Halbe. Das Hickhack um die Neonazi-Demonstration am Volkstrauertag in Halbe hat ein Ende gefunden. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Frankfurt (Oder) verbot am Freitag sowohl den geplanten Aufmarsch von Rechtsextremen auf dem Soldatenfriedhof von Halbe und untersagte auch drei Gegendemonstrationen. Das OVG folgte damit dem Antrag des Frankfurter Polizeipräsidiums, das Widerspruch gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts eingelegt hatte. Das Verwaltungsgericht hatte die Neonazi-Demonstration wenige Stunden zuvor mit einschränkenden „Maßgaben” genehmigt. Das Oberverwaltungsgericht folgte dagegen am Freitag der Frankfurter Polzei, die argumentiert hatte, die Demonstrationen seien nicht mit dem Brandenburger Feiertagsgesetz vereinbar. Das geltende Recht verbiete am Volkstrauertag politische Demonstrationen zwischen 4 und 24 Uhr, hieß es zur Begründung. Der Szeneanführer Christian Worch wollte am Sonntag mit 1000 Neonazis in Halbe demonstrieren. Das Motto lautete „Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsoldaten”. Auf dem Waldfriedhof liegen etwa 22 000 Soldaten und Zivilisten begraben, die im April 1945 bei den schweren Kämpfen in der Region ums Leben kamen. 1990 und 1991 marschierten in Halbe Hunderte Rechtsextremisten auf. Bis 2001 blieben Demonstrationen auf dem Gelände verboten. Das Verwaltungsgericht war der Ansicht, das Verbot der Polizei sei „mit der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte und des Bundesverfassungsgerichts zum Versammlungsgesetz unvereinbar”. In den letzten Jahren konnten Neonazis mehrere Märsche bei Gerichten durchsetzen. Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) nannte Veranstaltungen von Neonazis am Volkstrauertag eine „unerträgliche Störung der Totenruhe”. Außerdem will der Minister sich erneut für eine Änderung des Demonstrationsrechts einsetzen. Wäre die Polizei mit ihrem Verbot auch vor dem Oberverwaltungsgericht gescheitert, wären nach Ansicht von Sicherheitskreisen etwa 700 Rechtsextremisten nach Halbe kommen. Außerdem waren bis zu 1500 Gegendemonstranten erwartet worden. Vor allem linke Gruppen wie die „Antifaschistische Aktion” mobilisierten für eine Kundgebung in Halbe. Mit dem Verbot des Oberverwaltungsgerichts gilt jetzt als sicher, dass „normale” Besucher des Friedhofs in Ruhe ihrer Angehörigen gedenken können.
Berlin/Potsdam (ddp-lbg). Politisch motivierte Gewalt in Brandenburg geht deutlich zurück. «In den ersten neun Monaten dieses Jahres registrierte die Polizei insgesamt 64 politisch motivierte Gewaltdelikte gegenüber 88 im Vorjahreszeitraum», sagte Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) dem «Berliner Kurier» (Samstagausgabe). Das seien 27,3 Prozent weniger als in den ersten neun Monaten 2001. Vor allem im rechten Spektrum verringerte sich die Zahl der Vorfälle um 32 Prozent auf 49. «Unser Konzept aus Repression und Prävention mit hohem Fahndungs- und Aufklärungsdruck durch Polizei und Verfassungsschutz bewährt sich», betonte der Minister. «Wir werden diesen Kurs fortsetzen und weiter hart durchgreifen.» Die Zahl der politisch motivierten Straftaten ging dem Bericht zufolge von Januar bis September um insgesamt 39,9 Prozent auf 1076 (2001: 1790) zurück. 673 Delikte wurden von rechten, 47 von linken Gruppen verübt. Die anderen Fälle konnten nicht genau zugeordnet werden.
Naziaufmarsch in Halbe von Oberverwaltungsgericht wieder verboten — Nazis ziehen mit neuer Klage gegen das Verbot vor das Bundesverfassungsgericht — Antifa-Kundgebungen dürfen nach Klage vor dem Verwaltungsgericht mit Auflagen stattfinden. — Antifaschistische Gegenmobilisierung läuft weiter — Strammstehen heißt untergehen! -
Der Nazi-Aufmarsch am sogenannten “Volkstrauertag” (17.11.2002) auf dem Soldatenfriedhof im südbrandenburgischen Halbe (bei Berlin) wurde heute in den Abenstunden vom Oberverwaltunggericht wieder verboten. Das Verwaltungsgericht in Frankfurt /Oder hatte kurz vorher am Nachmittag das polizeiliche Versammlungsverbot für den Aufmarsch unter dem Motto “Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsoldaten” aufgehoben. Demnach sollten die Nazis ihren Aufmarsch in der Zeit von 12 bis 18 Uhr durchführen, allerdings beschränkte das Gericht die “Verweildauer” auf dem Soldatenfriedhof auf zwei Stunden (von 13 bis 15 Uhr) und verbot für das Friedhofsgelände das Mitführen von Trommeln und Transparenten. Der Organisator und Naziführer Worch hat bereits angekündigt, gegen das Verbot bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Es ist also weiter mit einem kurzfristig genehmigten Aufmarsch in Halbe zu rechnen.
Heute Nachmittag hob das Verwaltungsgericht auch die Verbote für mehrere antifaschistische Gegenveranstaltungen und die antifaschistische Gegendemonstration “Strammstehen heißt untergehen!” des Bündnis “Kein Naziaufmarsch in Halbe!” auf. Das heißt konkret, dass sämtliche antifaschistischen Gegenveranstaltungen — wenn auch durch Auflagen etwas eingeschränkt — stattfinden können.
Auch gegen diese Aufhebung des Verbots der antifaschistischen Gegenveranstaltungen klagt das Polizeipräsidium Frankfurt/Oder, allerdings ist im Moment davon auszugehen, dass kein erneutes Verbot ausgesprochen wird.
Unter dem Eindruck des herannahenden Wochenende und der Gefahr, dass mehr als 1.000 Nazis durch Halbe marschieren werden, läuft die Mobilisierung der Antifaschistischen Aktion Berlin [AAB] unterdessen verstärkt weiter. Inzwischen sind wir auf alles vorbereitet. Die Faschisten werden auf keinen Fall ohne Widerspruch auf der Strasse durch Halbe marschieren können!
Treffpunkt in Halbe: Sonntag, 17.11.2002 — 10 Uhr Lindenstr./Kirchstr.
Treffpunkt in Berlin: Sonntag, 17.11.2002 — 09 Uhr S‑Bahnhof Schöneweide
Busse nach Halbe:
— Zieht euch warm an und denkt an Proviant (Halbe ist tot!)
— Aktuelle Infos können weiterhin unter folgender Nummer abgefragt werden:
(030) 27 56 07 56
Nazis und “Schönbohms” in Halbe den Marsch blasen! — Antifa heisst Angriff!
Frankfurt (Oder) (MOZ) — Brandenburgs Justizministerin Barbara Richstein (CDU) tritt für eine Neufassung des Demonstrationsrechtes ein. Es müsse sichergstellt werden, dass das hohe Gut nicht missbraucht werden kann und Richter aus der Kritik kommen, zu milde bei der Aufhebung von Demonstrationsverboten zu agieren, sagte sie am Freitag gegenüber der Märkischen Oderzeitung.
Ein möglicher Aufmarsch rechtsextremistischer Demonstranten am Volkstrauertag vor dem Soldatenfriedhof in Halbe (Dahme-Spreewald) zeige, dass hier Handlungsbedarf bestehe, so die Ministerin. Die CDU-Politikerin forderte, dass eine seit längerem im Bundesrat schmorende Gesetzesinitiative vorangetrieben werde. „Das Demonstrationsrecht, so wie es heute verfasst ist, schützt nicht vor Missbrauch, wie wir immer wieder bei NPDAufmärschen in Berlin erleben mussten“, so die 37jährige. Sie könne sich vorstellen, dass Demonstrationen an bestimmten Plätzen untersagt werden könnten. Als Beispiele nannte sie Friedhöfe und Gedenkstätten.
Die brandenburgische Regierung hoffe weiter auf ein Verbot der NPD durch das Bundesverfassungsgericht. Sollte dieses Begehren scheitern, rechtfertige man damit die Partei in einem Maße, das ihr nicht zukomme.
Die Ministerin, die zudem für die Europapolitik zuständig ist, kündigte für das kommende Jahr eine Reihe von Regionalkonferenzen entlang der Oder zum Thema Osterweiterung der EU an. Sie betonte, dass die Befürchtungen, mit der Aufnahme Polens kämen verstärkt Arbeitskräfte und Kriminelle nach Brandenburg nicht gerechtfertigt seien. Das Schengener Abkommen, das die Grenzen verschwinden lässt, werde erst in Kraft treten, wenn das Nachbarland an seinen Außengrenzen die entsprechenden Sicherheiten gewährleisten könne.
Der Nazi-Aufmarsch am so genannten Volkstrauertag (17. November) auf dem Soldatenfriedhof im
südbrandenburgischen Halbe kann stattfinden. Das Verwaltungsgericht in Frankfurt an der Oder hob am Freitag das polizeiliche Versammlungsverbot auf. Allerdings beschränkt es die “Verweildauer” auf dem Soldatenfriedhof auf zwei Stunden und verbot für das Friedhofsgelände das Mitführen von Trommeln und Transparenten.
Das Polizeipräsidium Frankfurt/Oder kündigte indes an, gegen diesem Beschluss Beschwerde einzulegen. Der so genannte Trauermarsch von Rechtsextremisten steht
unter dem Motto “Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsoldaten”.
Zur Begründung stellten die Verwaltungsrichter fest, das von der Polizei ausgesprochene Demonstrationsverbot sei “unvereinbar” mit der ständigen Rechtsprechung. Ein Versammlungsverbot sei nur dann gerechtfertigt, wenn es “ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für
eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung” gebe. Diese Voraussetzung sei aber nicht erfüllt. Daran ändere auch der “Schutzzweck des Volkstrauertages und die Widmung des Friedhofes” nichts. Nach den Regelungen des Feiertagsgesetzes seien
am Volkstrauertag Veranstaltungen verboten, “soweit hierdurch der Gottesdienst unmittelbar gestört werde”.
Gegen das Versammlungsverbot am Volkstrauertag für den
Soldatenfriedhof in Halbe hatten auch mehrere antifaschistische Initiativen Eilanträge beim Verwaltungsgericht eingereicht. Dabei
geht es um eine Demonstration und eine Kundgebung zu Ehren
sowjetischer Zwangsarbeiter unter dem Motto “Strammstehen heißt untergehen”. Veranstalter ist das Bündnis “Kein Naziaufmarsch in Halbe”. Die Antifa-Kundgebung wurde inzwischen unter Auflagen genehmigt.
Das Verbot für die für den Volkstrauertag am kommenden Sonntag geplante
antifaschistische Gedenkkundgebung in Halbe ist aufgehoben und durch schikanöse
Auflagen ersetzt worden. Die Gedenkkundgebung “Nie wieder Faschismus! Nie wieder
Krieg!” ist an eine abgelegene Kreuzung (100 Meter von Lindenstrasse/Ecke
Hammerscher Weg / Kirchstrasse) verbannt worden. Hierdurch wird der Gedenkcharakter
der Kundgebung massiv behindert.
Auf dieser Kundgebung wollten die Redner der
Kundgebung Ludwig Baumann (Bundesvereinigung der Opfer der NS-Miltärjustiz e.V. /
ehemalige Wehrmachtsdeserteur ) und Lothar Eberhardt (Interessensgemeinschaft
ehemaliger Zwangsarbeiter unter dem NS-Regime) vor den Gräbern ihrer ermordeten
Leidensgenossen gedenken. Hinsichtlich der Auflagen äußerte Silvio Kurz, Sprecher
des unabhängigen Antifa-Bündnisses: Wir werden gegen die schikanöse
Behinderung und Verbannung antifaschistischen Gedenkens juristisch vorgehen”. Der
Anmelder der Gedenkkundgebung wird vor dem Oberverwaltungsgericht gegen die
örtliche Verlegung und die Auflagen klagen.
Die genauen Informationen zu den antifaschistischen Aktivitäten am 17. November 2002
können Sie der Internetseite www.halbe.da.ru entnehmen.
Mit freundlichen Grüßen Silvio Kurz
Treptower Antifa Gruppe (T.A.G.)
Bündnis unabhängiger Antifagruppen
c/o Infoladen Daneben
Liebigstr. 34
10247 Berlin
(tel) 0173–1070626
Frankfurt (Oder) (ddp-lbg). Das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) will sich heute mit dem verbotenen Neonazi-Aufmarsch von Halbe befassen. Das Frankfurter Polizeipräsidium hatte zu Wochenbeginn den für Sonntag angemeldeten Aufmarsch sowie alle Gegendemonstrationen verboten. Beim Verwaltungsgericht waren nach Angaben eines Sprechers Eilanträge beider Seiten eingegangen, die Verbote aufzuheben.
Der Marsch am Volkstrauertag zum Soldatenfriedhof von Halbe sollte unter dem Motto «Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsoldaten» stehen. Dazu wurden bis zu 1000 Angehörige der rechten Szene aus ganz Deutschland erwartet. Die Polizei hatte das Verbot damit begründet, dass eine politische Kundgebung dem Charakter des Volkstrauertages widerspreche. Der Waldfriedhof sei eine Gedenkstätte, die zu Frieden und Versöhnung aufrufe.
Erneut rechten Aufmarsch verboten
Hoyerswerda. Innerhalb einer Woche ist der zweite rechte Aufmarsch in Hoyerswerda von der Stadtverwaltung verboten worden. Der Oberbürgermeister Horst-Dieter Brähmig (PDS) habe das Verbot gegen die am kommenden Sonntag geplante Kranzniederlegung unterschrieben, teilte Bau-Bürgermeister Stefan Skora (CDU) gestern Abend mit. Noch im Laufe des Tages war die Stadt laut Rathaussprecher Sandro Fiebig mit der Gefahrenanalyse beschäftigt.
Zum Aufmarsch am 17. November hatten die rechtsgerichtete “Bewegung Deutsche Volksgemeinschaft” und verschiedene Gruppierung aus dem selben politischen Spektrum aufgerufen. Angemeldet wurde die Versammlung am Hoyerswerdaer Kriegerdenkmal von einer Privatperson aus Westdeutschland. Laut deren Angaben wollten sich am Volkstrauertag 35 Menschen treffen und umrahmt von Fackelschein Kränze niederlegen. Indes wurden Befürchtungen laut, dass die Neonazi-Szene geschlossen von einer mittlerweile verbotenen Demonstration im brandenburgischen Städtchen Halbe nach Hoyerswerda umgeleitet werden sollte.
Ungeachtet dessen verdichten sich Gerüchte, dass am 7. Dezember die nächste rechtsgerichtete Demonstration in der Kreisfreien Stadt stattfinden soll. Gehört habe man davon, aber eine Anmeldung liege noch nicht vor, sagte Fiebig.
Der 7. Dezember gilt als Ersatz für die in der Vorwoche verbotene Demonstration rechtsgerichteter Kräfte anlässlich des Gedenktages für die Reichskristallnacht. Engagierte Bürger hatten darauf reagiert und zu einer Gegendemonstration aufgerufen, die nach Bekanntwerden des Verbots abgesagt worden war.
“Maulkorb” für Rautenberg
POTSDAM Im V‑Mann-Streit erhält Brandenburgs Innenminister Schönbohm nun Schützenhilfe von Justizministerin Barbara Richstein (beide CDU). Die Ressortchefin hat Brandenburgs Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg offenbar untersagt, sich in der Angelegenheit öffentlich zu äußern. “Es besteht eine Vereinbarung mit dem Ministerium, dass von hieraus zunächst keine weiteren Verlautbarungen erfolgen”, erklärte der Sprecher des Generalstaatsanwalts gestern. “Das ist ein Maulkorb”, übersetzte der Vorsitzende des Brandenburger Richterbundes, Wolf Kahl, die diplomatisch gesetzten Worte.
Das Justizministerium will offenkundig verhindern, dass der Rechtsauffassung des Innenministeriums widersprochen wird. Schönbohms Juristen erklären, einem Spitzel seien Straftaten erlaubt, um sich vor Enttarnung zu schützen. Dagegen hatte Rautenberg betont, V‑Männer dürften ohne Ausnahme keine Straftat begehen. Gleichzeitig forderte er seine Amtskollegen zu einer Stellungnahme in der Rechtsfrage auf.
Von den 25 Generalstaatsanwälten in Deutschland haben sich nach Information der MAZ inzwischen fast alle geäußert — dem Vernehmen nach alle in Rautenbergs Sinn.
Das Potsdamer Justizministerium hat offensichtlich keine Haltung zu diesem Problem. “Wir kennen noch nicht alle Stellungnahmen der Generalstaatsanwälte”, hieß es als Antwort auf die Frage nach der Rechtsauffassung des Hauses. Vermutlich will das Ministerium die Tagung der Generalstaatsanwälte beim Generalstaatsanwalt in Karlsruhe in der nächsten Woche abwarten. Dort stehe das Problem von V‑Mann-Straftaten auf der Tagesordnung, so Sprecherin Frauke-Katrin Scheuten.
Der Prozess vor dem Berliner Landgericht gegen den ehemaligen V‑Mann Toni S. sorgt für neue Verstimmungen zwischen Berlin und Potsdam. Zwar wollte Innenminister Jörg Schönbohm gestern den Begriff “Schauprozess” nicht auf das Verfahren gemünzt wissen, wie er im Potsdamer Landtag betonte. Diese Äußerung sei “falsch”. Doch habe der Prozess “möglicherweise eine politische Dimension”.
Zugleich kritisierte der Minister die Berliner Justizsenatorin Karin Schubert (SPD). Er warf ihr vor, seine Behörde nicht offiziell zu dem Prozess eingeladen zu haben.
Der Verfassungsschutz habe erst von den Aktivitäten des Ex-V-Manns Kenntnis erhalten, als die CDs “Noten des Hasses” schon produziert gewesen seien, sagte der Minister. Die Behörde sei dann nicht eingeschritten, weil die Vertriebswege aufgeklärt werden sollten. Er räumte ein, dafür habe sich der Verfassungsschutz in “Grenzbereiche” begeben.
Vor zwei Wochen schändeten Unbekannte in Oranienburg eine Gedenktafel für den Todesmarsch. Am Freitag nun verübten zwei Rechtsradikale in der Gedenkstätte Sachsenhausen einen Anschlag und wurden von der Polizei gestellt. Mit dem Gedenkstättenleiter Günter Morsch sprach MAZ-Volontär Welf Grombacher über die Anschläge.
Die Täter schmierten ein Hakenkreuz in das Gästebuch?
Günter Morsch: Das ist kein Gästebuch im üblichen Sinn. Wir haben in der bereits 1992 durch einen antisemitischen Brandanschlag teilweise zerstörten Baracke ein ” Besucherbord” eingerichtet. Da können die Menschen ihre Gedanken auf einen Zettel schreiben und diesen dann an eine Wand stecken. Hier sagen die Besucher konkret ihre Meinung über das Museum und es kommt zu regelrechten Dialogen.
Deshalb entdeckte die Aufsicht auch sofort die Schmiererei und konnte umgehend die Polizei alarmieren?
Morsch: Ja, unsere Angestellten sind dazu angehalten, die Wand regelmäßig zu kontrollieren. Aufgrund der Hinweise unserer Mitarbeiterin konnte die Polizei die beiden Täter noch auf dem Gedenkstättengelände festnehmen.
Gehen Sie davon aus, dass es sich bei den Anschlägen in Oranienburg um organisierte Propagandadelikte handelt?
Morsch: Bei einem großen Teil dieser Taten handelt es sich sicherlich um spontane Aktionen. Doch die Häufung bestimmter Formen rechtsradikal-motivierter Delikte in diesem Jahr lässt uns befürchten, dass zumindest einige der rechtsextremistischen Anschläge längerfristig geplant waren oder vielleicht sogar in einem Zusammenhang stehen. So sind die Täter extra aus Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern angereist.
Hat es denn noch mehrere Anschläge in der Region gegeben?
Morsch: Das ging Anfang des Jahres mit der Zerstörung der Gedenktafel in Raben-Steinfeld los und kam sukzessive immer näher an Oranienburg heran. Der Gedenkstein in Wöbbelin wurde im März, die Mahnsäule in Below im September verwüstet. Der vorläufige Höhepunkt war der Brandanschlag auf das Museum des Todeslagers Anfang September. Schließlich folgten die Schändung der Todesmarschtafel in Oranienburg und die Hakenkreuzschmiererei auf dem Gedenkstättengelände am Jahrestag des Novemberpogrom. Eine Reihe von Anschlägen nimmt ihren Lauf, die sich von dem Endpunkt des Todesmarsches in Mecklenburg-Vorpommern bis zu seinem Ausgangspunkt hier in Sachsenhausen erstreckt. Das mag ja alles Zufall sein. Ich glaube allerdings nicht daran.
Gibt es ein Bekennerschreiben?
Morsch: Nein, gibt es nicht.
Welche Konsequenzen gibt es?
Morsch: Die Sicherheitsmaßnahmen wurden nach dem Brandanschlag auf das Todeslagermuseum in allen Gedenkstätten verstärkt.