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Radiojingle gegen den Naziaufmarsch in Halbe

Hier ein Audio­jin­gle gegen das geplante Heldenge­denken von Neo­faschis­ten am 17.11.2002 in Halbe: 

 

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For­mat: MP3, 4,5 MB

Länge: 2,20 Minuten 

 

Erstellt von left­beat, dem Radio­pro­jekt von Antifas­cist Youth Erfurt. Viel Spass beim Anhören! 

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Die Opfer in den Blickpunkt rücken: Die Opferperspektive

Von der Analyse der Tätergesellschaft
zur Förderung von Sol­i­darisierung­sprozessen mit den Betroffenen

von Mitar­bei­t­erin­nen und Mitar­beit­ern der Opfer­per­spek­tive e.V.

Wir, die Autorin­nen und Autoren dieses Artikels, sind ein vierköp­figes Team mit
dem Namen “Opfer­per­spek­tive”, inzwis­chen arbeit­en sechs Men­schen bei dem Verein.
Unsere Beratungsstelle in Pots­dam arbeit­et noch mit vier weiteren
(Jugend)Projekten in Bran­den­burg zusam­men, die in den jew­eili­gen Regio­nen Opfern
von recht­sex­tremer Gewalt betreuen. Wir beschäfti­gen uns seit Mitte 1998 im
Bun­des­land Bran­den­burg mit der Organ­i­sa­tion von Hil­fe und Unter­stützung für
Men­schen, die Opfer von recht­sex­trem oder ras­sis­tisch motiviert­er Gewalt
gewor­den sind. Aus­gangspunkt dieser Arbeit war die Moti­va­tion, den zum Alltag
gewor­de­nen Zus­tand ein­er per­ma­nen­ten Bedro­hung und Aus­gren­zung bestimmter
Bevölkerungs­grup­pen nicht hin­nehmen zu wollen. 

Fast jede Woche wer­den Men­schen aus recht­sex­trem­istis­chen Motiv­en, aus Hass
gegen alles ver­meintlich “Undeutsche” ange­grif­f­en. Belei­di­gun­gen und Drohungen
gehören zur Tage­sor­d­nung, Angriffe sind nicht sel­ten. Sie sind insbesondere
gegen Men­schen aus anderen Herkun­ft­slän­dern, aber auch gegen Behinderte,
Obdachlose oder alter­na­tive Jugendliche gerichtet. In Poli­tik, Sozialar­beit und
Medi­en wird das Han­deln der recht­sex­trem­istis­chen Täter über­wiegend mit ihren
schlecht­en Beruf­sper­spek­tiv­en, fehlen­den Jugen­dein­rich­tun­gen und Versäumnissen
im Eltern­haus erk­lärt und ein Hand­lungs­be­darf in diesen Bere­ichen verortet.
Demge­genüber ger­at­en die Opfer der Tat­en und dringliche Verän­derun­gen ihrer
Leben­sum­stände allzu häu­fig aus dem Blickfeld. 

Die Arbeit des Pro­jek­tes Opfer­per­spek­tive hat das Ziel, den Betrof­fe­nen zu
helfen, sich nicht in ein­er pas­siv­en Opfer­rolle einzuricht­en, son­dern aktiv zu
wer­den und gemein­sam Per­spek­tiv­en zu entwick­eln. Dazu gehört, über die
Ver­mit­tlung der Leben­sre­al­ität poten­tiell Betrof­fen­er Solidarisierungsprozesse
im sozialen Umfeld auszulösen oder zu fördern. Ziel ist dabei nicht nur, die
Anteil­nahme am Schick­sal Einzel­ner zu ermöglichen. Es geht auch darum, die mit
Aus­gren­zung von Men­schen ver­bun­dene Gefahr für eine demokratische
Zivilge­sellschaft zu erken­nen. Eine Parteinahme für die von rechter Gewalt
Betrof­fe­nen und die gle­ichzeit­ige Entwick­lung von Ini­tia­tiv­en, die sich gegen
Aus­gren­zungs­be­stre­bun­gen richt­en, bieten Hand­lungsalter­na­tiv­en anstelle von
Ohn­macht und Angst. Bünd­nisse gegen Aus­gren­zung zu schaf­fen, ver­min­dert den
Ein­fluss rechter Ide­olo­gie, entzieht rechter Gewalt die ver­meintliche Zustimmung
in der Öffentlichkeit und schwächt rechte Machtpositionen. 

Der gesellschaftliche Kon­text ras­sis­tis­ch­er Angriffe

Im Jahr 1998 zählte die bran­den­bur­gis­che Polizei 100 ras­sis­tis­che und
recht­sex­treme Gewalt­tat­en. Die Dunkelz­if­fer ist hoch, da viele Betrof­fene keine
Anzeige erstat­ten, oder die Polizei diese schlichtweg nicht aufn­immt. Die Täter
sind meist männliche Jugendliche, die recht­sex­tremen Cliquen ange­hören; solche
Angriffe wer­den aber erst in einem gesellschaftlichen Kli­ma, das von Rassismus
und völkischem Nation­al­is­mus bee­in­flusst ist, möglich. Men­schen, die dem
typ­is­chen Quer­schnitt der Bevölkerung Bran­den­burgs entsprechen, ver­weigern den
Ange­grif­f­e­nen Hil­fe oder beteili­gen sich selb­st an ras­sis­tis­chen Pöbeleien. Es
ist die “Mitte der Gesellschaft”, aus der der Ras­sis­mus kommt. Umfra­gen zufolge
ist über die Hälfte der Bevölkerung der Mei­n­ung, Aus­län­der prof­i­tierten vom
sozialen Sys­tem und wür­den den Deutschen die Arbeit­splätze weg­nehmen. Kein
Wun­der, dass sich die recht­sex­tremen Gewalt­täter wie Voll­streck­er des
Volk­sempfind­ens fühlen. 

Ein recht­sex­trem oder ras­sis­tisch motiviert­er Angriff bet­rifft nicht nur das
indi­vidu­elle Opfer. Getrof­fen wird ein Einzel­ner, gemeint sind alle. Alle, die
zu den Feind­bildern der Recht­sex­trem­is­ten passen: Migranten, alter­na­tive und
linke Jugendliche (im Nazi-Jar­gon “Zeck­en”), Behin­derte, Obdachlose, Schwule und
Les­ben. Angst macht sich bre­it, viele sind eingeschüchtert. Gefährliche Orte
wer­den gemieden. Das kann ein Bahn­hof nach Anbruch der Dunkel­heit oder ein Platz
vor dem Einkauf­szen­trum sein. Das Land wird durch­zo­gen von “No-Go Areas”. Viele
kön­nen sich nicht mehr frei bewe­gen, manche, beson­ders Flüchtlinge in Heimen,
leben wie im Gefäng­nis, andere, etwa Migranten in Berlin, fahren nicht mehr nach
Brandenburg. 

Gewalt und rechte Hegemonie

Organ­isierten Recht­sex­trem­is­ten kommt diese Entwick­lung gele­gen. Was aus der
Sicht der Opfer “No-Go Areas” sind, nen­nen sie “nation­al befre­ite Zonen”. Die
Recht­en, nicht mehr staatliche Insti­tu­tio­nen, üben damit die soziale Kontrolle
aus. Sie haben die Hege­monie vor Ort, sei es kul­turell, indem sie Vorreiter
eines völkisch-nation­al­is­tis­chen Lebensstils sind, sei es repres­siv, indem sie
Abwe­ich­ler von diesem Lebensstil ver­fol­gen und ein­schüchtern. Der Kampf um die
Hege­monie wird in fast jed­er Schule, jedem Jugend­club, in vie­len Dör­fern und
Stadt­teilen geführt, und die Recht­sex­trem­is­ten erobern sich immer mehr Terrain.
An vie­len Orten in Bran­den­burg ist der recht­sex­treme Main­stream alternativlos.
Rechts zu sein, ist nor­mal. Wer keinen Ärg­er will, passt sich an. Gewalt spielt
bei der Durch­set­zung und Aufrechter­hal­tung rechter Hege­monie eine zentrale
Rolle. Durch Dro­hung mit Gewalt und geziel­ten Angrif­f­en wird versucht,
Jugendliche, die sich dem recht­en Kurs nicht anpassen, zu verdrängen. 

Es gibt viele Beispiele für diesen Prozess: Ein “neu­traler” Jugend­club, in dem
monatliche “Independent”-Diskos stat­tfind­en, wird regelmäßig von Grup­pen rechter
Skin­heads besucht, die das Pub­likum bedro­hen und regel­rechte Angriffe auf den
Jugend­club organ­isieren. Der Jugend­clubleit­er will der Gewalt begeg­nen, indem er
ver­sucht, die recht­en Skin­heads in die Klubar­beit einzu­binden. Ihre Präsenz
verän­dert die Sit­u­a­tion in der Ein­rich­tung. Die Umgangs­for­men der Recht­en, ihre
Sprüche und die Stärke der Gruppe führen dazu, dass anders denk­ende Jugendliche
vor die Wahl gestellt sind, sich anzu­passen oder weg zu bleiben. Mangels
Inter­esse bei den verbliebe­nen Besuch­ern wer­den die Independent-Diskos
eingestellt. Öffentliche Kri­tik der ange­grif­f­e­nen Jugendlichen am
Jugend­clubleit­er, der inner­halb der Stadt sehr ange­se­hen ist, wird nicht
zuge­lassen. Leser­briefe wer­den nicht abge­druckt. Die Jugendlichen fühlen sich
von der Stadt allein gelassen und ziehen sich schließlich zurück. Ein bisher
“neu­traler” Jugend­club wird zunehmend rechts dominiert. 

Die Reak­tion der Öffentlichkeit und ihre Folgen

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Anhand dieses Beispiels wird noch ein ander­er Aspekt deut­lich: Der
Ver­drän­gung­sprozess spielt sich qua­si unter den Augen der Öffentlichkeit ab,
wird aber von dieser nicht wahrgenom­men. Die Ver­suche der angegriffenen
Jugendlichen, sich Gehör zu ver­schaf­fen, scheit­ern. Nie­mand scheint sich für die
in Bedräng­nis ger­ate­nen Jugendlichen einzuset­zen. Sie wer­den als links(extrem)
abgestem­pelt. Die Bedro­hung der einen und das Wegse­hen und Ignori­eren der
anderen bewirken let­z­tendlich die erfol­gre­iche Ver­drän­gung von Jugendlichen, die
demokratis­che, emanzi­pa­torische Ansätze vertreten. Zurück bleiben Jugendliche,
die das Gefühl haben, sich bess­er gar nicht zu posi­tion­ieren — und rechts
ori­en­tierte Jugendliche. 

Die Auswirkun­gen eines Angriffs auf das soziale Umfeld des Opfers

Vor dem Hin­ter­grund öffentlich­er Igno­ranz wirkt ein recht­sex­trem motivierter
Angriff über die konkrete Ver­let­zung und Bedro­hung Einzel­ner hin­aus auf das
anvisierte Kollek­tiv. Die Betrof­fe­nen ver­ste­hen sehr genau, dass der Angriff,
vo
n sel­te­nen Racheak­tio­nen abge­se­hen, nicht ihnen per­sön­lich galt. Die Einzelnen
wer­den stel­lvertre­tend für alle ange­grif­f­en, die sich dem recht­en Kon­sens nicht
beu­gen wollen. Das Gefühl der Bedro­hung ver­bre­it­et sich schnell. 

Das Fehlen von Sol­i­darisierung mit den Opfern

Gewalt als Mit­tel zur Durch­set­zung und Aufrechter­hal­tung rechter Hege­monie hat
nur Erfolg, weil so viele pas­siv bleiben und weg sehen. Nichtangepasste
Jugendliche, Aus­län­der, Aussiedler etc. wer­den nicht nur zusammengeschlagen,
son­dern sowohl während der Tat als auch danach allein gelassen. Bei einem
Angriff auf einen Flüchtling wird gefragt, warum “solche” nachts auf der Straße
sind. Ein Lehrer, der sich gegen rechts engagiert und dafür von rechten
Skin­heads kranken­haus­reif geprügelt wird, wird wed­er von seinen Kol­le­gen noch
von seinen Vorge­set­zten besucht. Als er schon am Boden liegt, wird ihm gesagt,
er solle sich bei der Antifa raushal­ten. Die Gewalt­tat bein­hal­tet die
Auf­forderung, sich im Sinne der Täter zu ver­hal­ten. Allen soll klar gemacht
wer­den, dass sie gegen die Täter keine Chance haben, weil sie von niemandem
unter­stützt wer­den. Mit der fehlen­den Sol­i­dar­ität bestätigt sich diese Aussicht.
Das Aus­bleiben von Sol­i­darisierung­sprozessen mit den Ange­grif­f­e­nen hat auch eine
Wirkung auf die Täter. Es bestätigt ihre Vorstel­lung von der heimlichen
Zus­tim­mung der Bevölkerung für ihre Tat­en. Die Gle­ichgültigkeit und der Mangel
an Sol­i­dar­ität mit den Ange­grif­f­e­nen hat noch andere Fol­gen: Es wird der
Ein­druck erweckt, dass die Gesellschaft Angst vor den recht­en Schlägern hat. Es
scheint, als ob sich nie­mand mit ihnen anle­gen mag, als ob sie unangreifbar
wären. Der “Erfolg” ver­schafft ihnen Zulauf. Wer möchte nicht auf Seit­en der
Gewin­ner ste­hen? Macht ist attrak­tiv. Auf der Straße wird ihnen mit Respekt
begeg­net. Mit gesellschaftlich­er Äch­tung müssen sie nicht rechnen. 

Wie gehen die Ange­grif­f­e­nen mit diesen Erleb­nis­sen um?

Für die Ange­grif­f­e­nen ist das Nichtver­hal­ten “unbeteiligter” Mitmenschen
während, aber auch nach der Tat die zweite Ver­let­zung. Auch sie empfind­en die
Gle­ichgültigkeit als Zus­tim­mung zu den recht­sex­trem­istis­chen Tätern. Ausländer
und ander­s­denk­ende Jugendliche fühlen sich noch mehr aus­ge­gren­zt und in ihrem
Mis­strauen gegen die deutsche Gesellschaft bestätigt. Ein Angriff führt bei dem
Opfer zu Verun­sicherung. Anhal­tende Gefüh­le eigen­er Ver­let­zlichkeit und eigenen
Beschädigt­seins sind die Folge. Abhängig von der indi­vidu­ellen psychischen
Kon­sti­tu­tion und der sozialen Einge­bun­den­heit, dauert die psychische
Ver­ar­beitung der Ver­let­zun­gen meist länger als die rel­a­tiv schnell abheilenden
kör­per­lichen Schä­den. Für ange­grif­f­ene Flüchtlinge, die der anhaltenden
Bedro­hung auf­grund geset­zlich­er Ein­schränkun­gen nicht auswe­ichen kön­nen und die
sich in ein­er ihnen feindlich gesin­nten Umge­bung befind­en, kön­nen schon einfache
sym­bol­is­che Gesten viel bedeuten: eine spon­tane Anteil­nahme, eine öffentliche
Sol­i­dar­itäts­bezeu­gun­gen, eine Blu­mensendung ins Kranken­haus, all das kann ihnen
helfen, ihr Selb­stver­trauen und ihre Selb­st­sicher­heit wiederzugewin­nen. Eine
demokratisch ori­en­tierte Jugend­szene wird gefördert, indem die Ange­bote in den
Jugen­dein­rich­tun­gen auf sie aus­gerichtet sind. So kann ihnen deut­lich gemacht
wer­den, dass auch sie Teil dieser Gesellschaft sein sollen. Ange­grif­f­e­nen wie
auch recht­sex­trem­istis­chen Schlägern wird klar gezeigt wer­den, dass diese Taten
nicht geduldet wer­den und erst recht nicht erwün­scht sind. Wenn jedoch
Aus­gren­zung gesellschaftliche Real­ität bleibt, wird der Auf­bau einer
demokratis­chen Zivilge­sellschaft zwangsläu­fig scheitern. 

Lern­prozesse bei den Bera­terin­nen und Beratern

Ein Ein­greifen in Form von konkreter Hil­fe für Opfern recht­sex­tremer Gewalt ist
für die Mitar­bei­t­erin­nen und Mitar­beit­er der Opfer­ber­atungsstellen eine
Möglichkeit, ihr anti­ras­sis­tis­ches und antifaschis­tis­ches Engage­ment praktisch
wer­den zu lassen. Es eröffnet die Möglichkeit, das Prob­lem Rechtsextremismus
nicht nur von der ratio­nal-ana­lytis­chen Seite zu betra­cht­en, son­dern durch die
Auseinan­der­set­zung mit den Fol­gen recht­sex­tremer Gewalt Empathie mit den
Betrof­fe­nen zu schaf­fen und eine stärkere emo­tionale Verwurzelung
antifaschis­tis­ch­er Überzeu­gun­gen zu bewirken. Oft sind es die Men­schen, die
selb­st auf­grund ihres gesellschaftlichen Engage­ments oder ihrer nicht
angepassten kul­turellen Ori­en­tierung von rechter Gewalt bedro­ht sind, die vor
Ort für eine weit­er­führende Sol­i­dar­ität mit Opfern recht­sex­tremer Gewalt
gewon­nen wer­den kön­nen. Sich mit anderen Opfern recht­sex­trem­istis­ch­er Gewalt
auszu­tauschen hil­ft, den Zusam­men­hang der ver­schiede­nen Feind­bilder in der
recht­sex­tremen Ide­olo­gie zu erken­nen. Gemein­sam ist einem Angriff auf Ausländer
oder auf so genan­nte “Zeck­en”, dass das Indi­vidu­um in der Gewalt­tat nicht mehr
zu erken­nen ist. Jede Gewalt­tat gegen Einzelne ist objek­tiv gese­hen Teil einer
recht­en Strate­gie der Aus­gren­zung und Vertrei­bung missliebiger Personenkreise.
In der Auseinan­der­set­zung mit der Sit­u­a­tion ange­grif­f­en­er Flüchtlinge wird
darüber hin­aus der Gesamtzusam­men­hang zwis­chen ras­sis­tis­ch­er Gewalt,
ras­sis­tis­chen Ein­stel­lun­gen und insti­tu­tion­al­isiert­er Diskri­m­inierung deutlich.
Wenn man sich das bewusst macht, bietet das konkrete Engage­ment für die
Ange­grif­f­e­nen auch die Chance, den gesellschaftlichen Diskurs von der isolierten
Betra­ch­tung der (rechter) Gewalt, wie sie in der öffentlichen Diskussion
vorherrscht, wegzuführen und den Recht­sex­trem­is­mus als gesamtgesellschaftliches
Prob­lem zu sehen. 

Hin­ter­grund all dieser strate­gis­chen Über­legun­gen ist auch die Frage, wie das
Engage­ment gegen rechts motiviert ist und wie es sich umset­zen und
aufrechter­hal­ten lässt. Für viele antifaschis­tis­che Jugendliche war die eigene
Kon­fronta­tion mit recht­sex­trem­istis­ch­er Gewalt Aus­gangspunkt ihres politischen
Engage­ments gegen rechts. Fällt diese direk­te Kon­fronta­tion weg bzw. sind nicht
sie selb­st oder der eigene Jugend­club betrof­fen, sinkt häu­fig auch ihre
Moti­va­tion, sich weit­erge­hend kon­tinuier­lich zu engagieren. Die konkrete
Unter­stützung von Opfern ras­sis­tis­ch­er und recht­sex­trem­istis­ch­er Gewalt kann das
poli­tis­che Engage­ment der Jugendlichen erweit­ern und darüber hin­aus Brück­en zu
anderen Lebenswel­ten schla­gen. In der prak­tis­chen Arbeit kön­nen neue
Bünd­nis­part­ner gefun­den und eine ver­bre­it­ete Selb­st- und Fremdisolation
über­wun­den werden. 

Für eine demokratisch ori­en­tierte Jugend­szene Noch ein weit­er­er Aspekt der Unter­stützung von Opfern recht­sex­tremer Gewalt als
antifaschis­tis­che Strate­gie soll hier her­vorge­hoben wer­den. Es geht um die
Sta­bil­isierung ein­er demokratisch ori­en­tierten Jugend­szene, die der
recht­sex­trem­istisch ori­en­tierten Jugend­kul­tur eine emanzi­pa­torische Alternative
ent­ge­genset­zt. Eine alter­na­tive Jugend­kul­tur zum recht­en Main­stream bedeutet,
dass die Jugendlichen der ver­schiede­nen Szenen immun gegen die rechte
Men­schen­ver­ach­tung, den faschis­tis­chen Kult der Stärke, gegen die kollektiven
Mythen der Recht­en wer­den. Sie schaf­fen sich selb­st eine Alter­na­tive, eine
gelebte Gegen­po­si­tio­nen gegen rechts. Selb­st­bes­timmtes Engage­ment der
Jugendlichen, Eigen­ver­ant­wor­tung und Selb­stor­gan­isierung sind hier­bei wichtige
Möglichkeit­en, demokratis­che Umgangsweisen zu ler­nen und umzusetzen.
Antifaschis­mus wird so in ein gesellschaftlich­es emanzipatives
Demokratiev­er­ständ­nis einge­bet­tet. Denn dieser sollte nicht nur Gegen­pol gegen
rechts, son­dern pos­i­tiv­er Aus­druck demokratis­chen zivilgesellschaftlichen
Selb­stver­ständ­niss­es sein.
(siehe auch D‑A-S‑H Dossier #3 “Jugen­dar­beit und
Recht­sex­trem­is­mus” — Anm. d. Red.) 

Ele­mente ein­er demokratis­chen Strate­gie Wir vers
tehen die Unter­stützung von Opfern recht­sex­tremer Gewalt als einen Teil
ein­er möglichen antifaschis­tis­chen Strate­gie gegen Recht­sex­trem­is­mus und möchten
anstelle eines Faz­its die in unseren Augen zen­tralen Ele­mente umreißen: 

Erstens sollte eine gesellschaftliche Sol­i­darisierung mit den Opfern
recht­sex­tremer Gewalt mobil­isiert wer­den, die zu einem großen Teil aus einer
prak­tis­chen Unter­stützung für die Opfer beste­ht. Die Sol­i­darisierung hat zum
Ziel, die Fol­gen der Angriffe für die Opfer etwas erträglich­er zu machen und
dabei vor allem der Ein­schüchterung ent­ge­gen­zuwirken. Außer­dem kann sich über
die Unter­stützung von Opfern ein sozialer Zusam­men­hang bilden, der vor weiteren
Angrif­f­en schützt und für gegen­seit­ige Unter­stützung sorgt. Die Unterstützer
wer­den mit der Per­spek­tive der Opfer kon­fron­tiert. Die Angriffe wer­den in
Zusam­men­hänge alltäglich­er, insti­tu­tioneller wie nichtinstitutioneller
Diskri­m­inierung und Aus­gren­zung gestellt — und so kann die Gewalt ger­ade in
ihrem gesellschaftlichen Kon­text begrif­f­en wer­den. Lern­prozesse wer­den mit dem
Erken­nen des Zusam­men­hangs von Gewalt mit bes­timmten ide­ol­o­gis­chen Mustern wie
z.B. völkischem Nation­al­is­mus, Sozial­dar­win­is­mus, Autori­taris­mus und
patri­ar­chalem Dom­i­nanzver­hal­ten, vollzogen. 

Zweit­ens ist eine aktive Bünd­nis­ar­beit notwendig und lohnenswert. Dabei hat sich
als eine wichtige Erfahrung gezeigt, dass antifaschis­tis­che Grup­pen, wenn sie an
lokalen Bünd­nis­sen gegen rechts teil­nehmen, ihre eigen­ständi­ge Posi­tion und
Strate­giebil­dung nicht aufgeben und an ein Bünd­nis delegieren sollten.
Ander­er­seits beste­ht in Bünd­nis­pro­jek­ten die Chance der Auseinan­der­set­zung mit
anderen Argu­menten und Strate­gien. Den­noch dienen manche Bünd­nisse den
Stadtver­wal­tun­gen und Parteien als Alibiveranstaltungen. 

Drit­tens kön­nen über die lokalen Bünd­nisse gegen rechts die Stadtver­wal­tung, die
Parteien und die Polizei gedrängt wer­den, das Prob­lem Recht­sex­trem­is­mus nicht
weit­er zu negieren oder zu ver­harm­losen. Dazu ist es nötig, die relativierenden
und negieren­den Diskurse über Recht­sex­trem­is­mus zu kritisieren.
Recht­sex­trem­istis­che und ras­sis­tis­che Angriffe als Rand­prob­lematik zu
disku­tieren — beispiel­sweise in Kon­tex­ten wie rechter oder link­er Extremismus,
Jugendge­walt, Rand­grup­pen, Einzeltäter, Täter als Modernisierungsverlierer -,
behin­dert eine wirk­liche Auseinan­der­set­zung mit gesellschaftlichen Ursachen und
damit ein inhaltlich­es Begreifen. 

Viertens kön­nen Entsol­i­darisierung­sprozesse mit den Tätern und ihrem Umfeld
gefördert wer­den, in dem den Opfern Unter­stützung zukommt und Bünd­nisse gegen
ihre Aus­gren­zung gefes­tigt wer­den. Nötig ist nicht Ver­ständ­nis für die Täter,
son­dern ein Entzug jeglichen Respek­ts. Sie müssen durch soziale Nachteile für
ihr Leben erfahren, dass ras­sis­tis­che Gewalt keinen Platz in ein­er Gesellschaft
mit demokratis­chem Anspruch haben kann. 


(Infori­ot) Der hier doku­men­tierte Beitrag der Opfer­per­spek­tive stammt aus einem ger­ade erschiene­nen Dossier zur Kam­pagne “Bleiberecht für Opfer ras­sis­tis­ch­er Gewalt”.

Das Dossier ist online unter d‑a-s‑h.org zu lesen. Die weit­eren Texte enthal­ten unter anderem umfassende Argu­mente zur Stützung der Forderung nach Bleiberecht für Opfer ras­sis­tis­ch­er Gewalt, ein Inter­view mit den Tagesspiegel-Fachjour­nal­is­ten Frank Jansen sowie Berichte über die Arbeit ver­schieden­er Beratungseinrichtungen.

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Sieg Heil”-Rufe in Potsdam

In der Nacht zu Fre­itag kam es im Pots­damer Wohnge­bi­et Drewitz kurz nach Mit­ter­nacht zu “Heil Hitler”- und “Sieg Heil”-Rufen im Bere­ich der Bushal­testelle Kon­rad-Wolf-Allee. Ein­satzkräfte der Polizei stell­ten vor Ort drei Per­so­n­en, die dem äußeren Erschei­n­ungs­bild nach der recht­en Szene zuzuord­nen sind, fest. Zwei 22- und 19-jährige junge Män­ner sowie ein 16-jähriger Jugendlich­er aus Pots­dam und dem Land­kreis Pots­dam-Mit­tel­mark wur­den in Gewahrsam genom­men. Die Män­ner standen erhe­blich unter Alko­hole­in­fluss. Es wur­den Anzeigen aufgenom­men. Der 22- und 19-Jährige sind bere­its ein­schlägig polizeibekannt.

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Diskussionen zum Sachleistungsprinzip im Potsdamer Filmmuseum

Scham beim Einkaufen, Untätigkeit in den soge­nan­nten Sam­melun­terkün­ften und Angst vor recht­sradikalen Über­grif­f­en — so schildern Flüchtlinge in dem Doku­men­tarfilm “Leben in der Fremde” ihren All­t­ag. Obwohl die Videogruppe Colour den Film in Meck­len­burg-Vor­pom­mern drehte, lässt er sich nach Mei­n­ung der Ini­tia­tive für Begeg­nung auf die Bran­den­bur­gis­chen Ver­hält­nisse über­tra­gen. Daher stellte sie ihn am Mittwochabend ein­er Podi­ums­diskus­sion im Film­mu­se­um voran, in deren Mit­telpunkt das auch in Bran­den­burg herrschende Sach­leis­tung­sprinzip stand. Danach erhal­ten Asyl­be­wer­ber zum Einkauf von Lebens­mit­teln Gutscheine statt Bargeld. 

“Eine diskri­m­inierende Behand­lung”, find­et Juliane Lang von der Volkini­tia­tive zur Über­win­dung des Sach­leis­tung­sprinzips. Die Ini­tia­tive hat eine Unter­schriften­liste angeregt, mit der eine Änderung der lan­des­ge­set­zlich vorgeschriebe­nen Gutschein­ver­gabe gefordert wird. Gründe hier­für gebe es genug: Da Wech­sel­geld nur bis zu einem bes­timmten Betrag aus­bezahlt würde, müsste jed­er Einkauf genau geplant wer­den. Spon­taneinkäufe sind so gut wie nicht möglich, da nur bes­timmte Geschäfte die Gutscheine akzep­tieren. Die Son­der­be­hand­lung an den Kasse sei zudem nicht ger­ade integrationsfördernd. 

Beate Blechinger, Vor­sitzende der CDU-Frak­tion im Land­tag, nahm in der Podi­ums­diskus­sion einen anderen Stand­punkt ein: “Es ist nicht men­sche­nun­würdig, Sach­leis­tun­gen zu erhal­ten”. Sie hält das Prinzip für geeignet, den wirtschaftlichen Anreiz ein­er Flucht nach Deutsch­land zu min­dern. Annette Flade, Aus­län­der­seel­sorg­erin der evan­ge­lis­chen Kirche, kon­nte diesen Aspekt nicht nachvol­lziehen: “Ich habe jeden Tag mit diesen Men­schen zu tun und kann es emo­tion­al nicht mehr aushal­ten, wie ihnen immer wieder Leid zuge­fügt wird.” Durch die lange Ver­fahrens­dauer bei Kla­gen gegen abgelehnte Asylbeschei­de müssten die Betrof­fe­nen zudem jahre­lang mit Gutscheinen leben. 

Die Stadtverord­neten­ver­samm­lung hat sich längst gegen das Sach­leis­tung­sprinzip entsch­ieden. Sollte es nicht allzu viel Aufwand machen, wer­den die Unter­schriften­zettel der Volksini­tia­tive daher dem­nächst im Bürg­erser­vice der Stadtver­wal­tung aus­liegen, so der amtierende Ober­bürg­er­meis­ter Jann Jakobs.

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Halbe: Neonazi-Aufmarsch soll verhindert werden

POTSDAM


Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) will den geplanten Auf­marsch von Recht­sex­trem­is­ten am 17. Novem­ber auf dem Sol­daten­fried­hof in Halbe (Dahme-Spree­wald) offen­bar mit allen Mit­teln verhindern.Schönbohm habe das zuständi­ge Polizeiprä­sid­i­um in Frank­furt an der Oder “angewiesen, alle rechtlichen Möglichkeit­en bis zum Äußer­sten auszureizen”, sagte Min­is­teri­umssprech­er Heiko Hom­burg gestern in Potsdam. 

Den geplanten Auf­marsch von bis zu 1000 Recht­sex­trem­is­ten unter Führung des Ham­burg­er Neon­azis Chris­t­ian Worch auf einem der größten Sol­daten­fried­höfe Deutsch­lands beze­ich­nete Schön­bohm nach Angaben seines Sprech­ers als “Pro­voka­tion und Störung der Toten­ruhe”. Dies sei “unerträglich” und werde nicht hin­genom­men. Neben der Demon­stra­tion der Recht­sradikalen sind auch zwei Gegenkundge­bun­gen offiziell angemeldet wor­den, zu denen unter anderem linksau­tonome Grup­pen erwartet werden. 

In Halbe fand 1945 eine der let­zten so genan­nten Kesselschlacht­en des Zweit­en Weltkrieges statt. Auf dem Wald­fried­hof der Gemeinde liegen etwa 22 000 deutsche Sol­dat­en begraben. Der “Trauer­marsch” der Neon­azis soll unter dem Mot­to “Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsol­dat­en” stehen.

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Halbe: Amt und Polizei streiten wegen Neonazi-Marsch

HALBE


Das Polizeiprä­sid­i­um Frank­furt (Oder) will am Fre­itag entschei­den, ob das für den 17. Novem­ber in Halbe (Dahme-Spree­wald) geplante “Heldenge­denken” von mehreren hun­dert Neon­azis genehmigt oder ver­boten wird. Das teilte Polizeis­prech­er Matthias Küh­nel am Mittwoch. Unter dem Mot­to “Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsol­dat­en” wollen bis zu 1 000 Recht­sex­trem­is­ten am Volk­strauertag auf dem größten Sol­daten­fried­hof in Deutsch­land auf­marschieren und dabei auch Kränze für die Waf­fen-SS nieder­legen. “Wie wir entschei­den, ist noch nicht klar”, sagte Küh­nel. Aber generell sei das Prä­sid­i­um als Genehmi­gungs­be­hörde für jede öffentliche Ver­samm­lung unter freiem Him­mel zuständig. 

Amt hat Aufzug schon verboten 

Genau dage­gen wehrt sich das Amt Schenken­länd­chen, zu dem auch Halbe gehört. “Wir haben die Kundge­bung direkt auf dem Fried­hof ver­boten”, sagte Bär­bel Stumpf vom Ord­nungsamt. Der Fried­hof falle ein­deutig unter die Zuständigkeit des Amtes. Die Polizei sei nur für dessen Umfeld zuständig. Dabei beruft sich das Amt auf die Fried­hof­s­satzung, nach der Ver­anstal­tun­gen auf dem Fried­hof nur mit ein­er Aus­nah­megenehmi­gung möglich sind. “Wenn die Polizei nun anders entschei­det, set­zt sie sich über unseren Beschluss hin­weg.” Deshalb habe der Amts­di­rek­tor bere­its um Hil­fe beim Innen­min­is­teri­um ersucht. Das Amt wolle den Neon­azis auf keinen Fall eine Genehmi­gung erteilen.
Polizeis­prech­er Küh­nel sagte dazu, er könne zwar nachvol­lziehen, dass das Amt Angst vor ein­er solchen Kundge­bung habe. “Aber bei einem solchen Genehmi­gungsver­fahren geht es nicht nach dem Geschmack, son­dern nach der Recht­slage.” Sollte die Polizei den Auf­marsch genehmi­gen müssen, könne das Amt danach immer noch ein neues Ver­bot verhängen. 

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Naziaufmarsch in Hoyerswerda abgesagt

nazi­auf­marsch in hoy­er­swer­da abgesagt

Achtung: es find­et am 09.November kein Nazi­auf­marsch in Hoy­er­swer­da statt,
die Stadt hat den Auf­marsch ver­boten und der Anmelder ENRICO KEHRING aus
Niesky hat den Auf­marsch daraufhin abgesagt. 

Was gibts da für Gründe: Ange­blich wolle man dem gle­ichzeit­ig auch in
Weimar stat­tfind­en­den Nazi­auf­marsch nicht das Wass­er abgraben. Doch vielleicht
gibt es auch andere Gründe, immer­hin war die Gegen­mo­bil­isierung gelun­gen und
auch die Stadt hat den Anschein gemacht nicht Außen vor zu ste­hen (was sich an
dem Zeitungsar­tikel ganz unten zwar lediglich im ersten Teil bewahrheitet). 

Doch: Nach Naziangaben wird der Auf­marsch in den Dezem­ber 02 verlegt,
darüber wer­den wir euch rechtzeit­ig informieren um entsprechend
Gegen­zu­mo­bil­isieren. Die angemeldete Gegen­de­mo find­et wahrschein­lich nicht statt. 

Falls ihr den­noch am 09. Novem­ber nichts vorhabt, dann beteiligt euch an
ein­er Gedenkdemon­stra­tion in Gör­litz, die um 17h vom Jüdis­chen Friedhof
(Stadt­teil Bies­nitz, Bies­nitzer Straße) begin­nt und zum Marien­platz führt. 

so long 

check out

zittau/main.htm

Bräh­mig ruft zur Gegen­de­mo auf

lausitzer rund­schau

Hoyerswerda.
Für den Fall, dass das durch die Stadt aus­ge­sproch­ene Ver­bot der für Sonnabend angekündigten Demon­stra­tion Recht­sex­tremer vor Gericht nicht stand­hält, hat Hoy­er­swer­das Ober­bürg­er­meis­ter Horst-Dieter Bräh­mig aufgerufen, eine eben­falls angemeldete Gegen­de­mo zu unter­stützen. “Die Stadt Hoy­er­swer­da darf sich das nicht gefall­en lassen ” , so Bräh­mig. Anson­sten würde in der Öffentlichkeit der Ein­druck entste­hen, dass man bei den recht­en Aktiv­itäten taten­los zuschaue. Deshalb müssten sich die poli­tis­che Spitze und die Hoy­er­swer­daer Bürg­er an ein­er Gegen­de­mo beteili­gen. Sollte das Ver­bot jedoch Bestand haben, dann mache auch eine Gegen­de­mo wenig Sinn, erk­lärte das Stad­to­ber­haupt während der Sitzung des tech­nis­chen Ausschusses. 

Zufall?!

säch­sis­che zeitung v. 05.11.02

Wir haben den 9. Novem­ber als Datum gewählt, um der Inter­es­sen­ge­mein­schaft Wiedervere­ini­gung Gesamt­deutsch­lands zuvorzukom­men und zu ver­hin­dern, dass die Nazis an diesem Tag durch Hoy­er­swer­da ziehen”, teilte Sepp Hagen von der Lausitzer Arbeit­slos­enini­tia­tive in Grün­dung (LAI i.G.) belei­digt mit. Man bitte um eine Klarstel­lung. Dazu meint das Lan­desamt für Ver­fas­sungss­chutz: “Wir gehen davon aus, dass es sich dabei um einen Aufzug von Recht­sex­trem­is­ten han­delt und dass … (die LAI i.G., der Autor) dazu dient, die richti­gen Ini­tia­toren zu ver­schleiern.” Zurzeit werde die rechte Szene für die Demo mobil­isiert. Zu der gehört auch der Niesky­er Recht­sex­treme Enri­co Kehring, der die Demon­stra­tion per Unter­schrift im Namen der LAI i.G. angemeldet hat. Sepp Hagen (nach TAGEBLATT vor­liegen­den Infor­ma­tio­nen ein Pseu­do­nym) gehört auch dazu: Sein Name taucht im Impres­sum der Mit­teldeutschen Jugendzeitung, ein­er in Hoy­er­swer­da erscheinen­den dunkel­braunen Unter­grund­pos­tille, auf. Und aus­gerech­net auf der Inter­net-Seite dieser Zeitschrift wird für den recht­en Fack­elumzug zum Volk­strauertag (siehe Artikel links) gewor­ben. Genauere Infor­ma­tio­nen gibts — wer hätte das gedacht — unter Sepp Hagens Tele­fon­num­mer. So ein Zufall aber auch!

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V‑Mann-Affäre: Schönbohm unter Druck

Pots­dam


Vor dem Urteil des Berlin­er Landgericht­es in der so genan­nten V‑Mann-Affäre wächst der Druck auf Bran­den­burgs Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU): Bran­den­burgs Ver­fas­sungss­chutz hätte nach Auf­fas­sung deutsch­er Gen­er­al­staat­san­wälte ein­er Beteili­gung des V‑Mannes Toni S. an Pro­duk­tion und Ver­trieb der Neon­azi-CD „Noten des Has­s­es” grund­sät­zlich nicht zus­tim­men dür­fen, die Mor­daufrufe gegen Promi­nente und Poli­tik­er enthielt. Bran­den­burgs Gen­er­alsstaat­san­walt Erar­do Raut­en­berg bestätigte auf Anfrage, dass inzwis­chen die Stel­lung­nah­men von 17 deutschen Gen­er­al­staat­san­wäl­ten einge­gan­gen seien, die seine Recht­sauf­fas­sung ein­hel­lig teilen wür­den. Danach sei der Aus­nah­metatbe­stand im Strafge­set­zbuch für Straftat­en von V‑Leuten „keine rechtliche Grund­lage für die Verteilung volksver­het­zen­der Schriften”. Eine andere Frage sei allerd­ings, dass der Ver­fas­sungss­chutz nicht selb­st gegen solche Straftat­en vorge­hen brauche, da er keine Strafver­fol­gungs­be­hörde sei. Auf der näch­sten Tagung der Gen­er­alsstaat­san­wälte soll diese Recht­sauf­fas­sung bekräftigt wer­den. Schön­bohm hat­te bis­lang erk­lärt, dass V‑Leute des Ver­fas­sungss­chutzes „in begren­ztem Umfang” Straftat­en bege­hen dürften. So sei es im Fall Toni S. darum gegan­gen, an die Hin­ter­män­ner her­anzukom­men. Allerd­ings gibt inzwis­chen auch Bran­den­burgs Innen­min­is­teri­um zu, dass V‑Mann Toni S. aus dem Rud­er gelaufen ist. Er habe sich nicht an die klaren Weisun­gen des Quel­len­führers gehal­ten, sagte Sprech­er Heiko Hom­burg. Dass der Ver­fas­sungss­chutz dies nicht erkan­nt habe, sei ein Ver­säum­nis – eben­so jedoch die unabges­timmte Fes­t­nahme von Toni S. durch Berlin­er Sicher­heits­be­hör­den. Wie berichtet hat­te Toni S. am Dien­stag im Prozess den bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutz belastet. Auch der Berlin­er Staat­san­walt hat­te erk­lärt, dass Ver­trieb und Pro­duk­tion der Hass-CD ohne Unter­stützung des Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzes nicht möglich gewe­sen wären. Hinge­gen warf der Pots­damer CDU-Innen­poli­tik­er Sven Petke den Berlin­er Jus­tizbe­hör­den vor, aus parteipoli­tis­chem SPD-Kalkül den Prozess für eine Kam­pagne gegen Schön­bohm zu miss­brauchen. „Das eigentliche Ziel ist, Bran­den­burgs Innen­min­is­ter zu beschädigen.”

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Halbe: Rück- und Ausblick zum bevorstehenden Nazi-Aufmarsch


Freie Kam­er­ad­schaften wollen am 17. Novem­ber auf dem Sol­daten­fried­hof in Halbe bei Königs Wuster­hausen auf­marschieren. von mariel­la schwertmüller
Sie ver­suchen es wieder ein­mal. Rund 1 000 Recht­sex­treme aus dem gesamten Bun­des­ge­bi­et wer­den am Volk­strauertag in Halbe erwartet. Die mil­i­tan­ten Freien Kam­er­ad­schaften um den Ham­burg­er Neon­azi Chris­t­ian Worch ver­suchen, an die erfol­gre­ichen recht­sex­tremen Aufmärsche auf dem Wald­fried­hof von Halbe in den Jahren 1990 und 1991 anzuschließen. 

 

Mit Fack­eln, Tromm­lern und in schwarz-brauner Uni­form zogen damals Neon­azis über den größten Sol­daten­fried­hof Deutsch­lands, auf dem rund 22 000 Sol­dat­en begraben sind, darunter Ange­hörige des 11. SS-Panz­erko­rps und des 5. SS-Gebirgsko­rps, die gegen die let­zte Offen­sive der Roten Armee vor der Ein­nahme Berlins einge­set­zt wur­den und wegen ihres bru­tal­en Vorge­hens gegen Deser­teure und Kriegs­geg­n­er in der Bevölkerung gefürchtet waren. 

 

Die Neon­azis feierten dort Anfang der neun­ziger Jahre den Auf­schwung ihrer Bewe­gung nach der Wiedervere­ini­gung. Organ­isiert wurde das Spek­takel, das aus­drück­lich der Waf­fen-SS huldigte, vom Berlin­er Ableger der recht­sex­tremen Deutschen Kul­turge­mein­schaft (DKG), die sich später in Berlin­er Kul­turge­mein­schaft Preußen umbe­nan­nte, und von den Jun­gen Nationaldemokraten. 

 

Waren es 1990 vor allem Neon­azis aus Berlin, Bran­den­burg und Nord­deutsch­land, die zwis­chen den Gräber­rei­hen umher­stolzierten, kamen im fol­gen­den Jahr alte und junge Nazis aus ganz Deutsch­land, Bel­gien, Spanien, Frankre­ich und den Nieder­lan­den, um ihre »Helden« zu ehren. Die auf­fäl­lig­sten For­ma­tio­nen stell­ten die Wik­ing-Jugend, die Nation­al­is­tis­che Front und die Berlin­er Nazirock­er­gruppe »Van­dalen«. Viele der damals beteiligten Grup­pen wur­den inzwis­chen ver­boten. Nicht so die »Van­dalen«.

 

Die Sicher­heits­be­hör­den rech­nen damit, dass sich sehr viele Recht­sex­treme an dem Auf­marsch beteili­gen. Und auch AntifaschistIn­nen gehen davon aus, dass die Sym­bo­l­ik des Ortes und des The­mas mehr als 1 000 Neon­azis aus ganz Deutsch­land anziehen wird. Auf jeden Fall wollen der ehe­ma­lige FAP-Vor­sitzende Fried­helm Busse, Chris­t­ian Worch und der Lie­der­ma­ch­er Jörg Häh­nel als Red­ner auftreten. 

 

Ein Ver­bot des Auf­marsches durch das zuständi­ge Amt Schenken­länd­chen wurde vom Ver­wal­tungs­gericht Cot­tbus Ende Okto­ber im Eil­ver­fahren aufge­hoben. Während Worch und seine Gefol­gsleute ihren »Sieg« feiern, hat das Gericht eine mehrdeutige Entschei­dung getroffen. 

 

Zum einen wurde fest­gestellt, dass die Neon­azis wegen ein­er im Jahr 1995 erlasse­nen Fried­hof­sor­d­nung keinen Anspruch auf eine Ver­samm­lung auf dem Gelände haben; zum anderen wandte sich das Gericht gegen das Amt Schenken­länd­chen. Das Ver­bot sei unzure­ichend begrün­det und daher aufge­hoben wor­den. Der Amts­di­rek­tor Rain­er Onck­en gab sich zwar entschlossen mit der Aus­sage, man wolle »gar keine Extrem­is­ten jed­wed­er Couleur in Halbe« haben, er wird dem Auf­marsch aber kaum mehr etwas Ern­sthaftes ent­ge­genset­zen können. 

 

Die Freien Kam­er­ad­schaften beto­nen bei ihrer Mobil­isierung die Lobpreisung des Nation­al­sozial­is­mus. So heißt es auf der Web­seite des Freien Infotele­fons Nord­deutsch­lands (FIT): »Wir bit­ten Euch aktiv darin mitzuwirken, dass jed­er Ver­band der Wehrma­cht, Waf­fen-SS, Volkssturm und der Hitler­ju­gend, die in Halbe und Umge­bung gekämpft haben, sep­a­rat einen Kranz erhält. Damit nun nicht alles drunter und drüber läuft, bit­ten wir Euch im Vor­feld sich bei uns zu melden. Ihr erhal­tet dann einen Divi­sion­sna­men, den ihr ver­wen­den kön­nt, z.B. 36. SS-Divi­sion Dirlewanger.« 

 

Ein­er der Betreiber des Infotele­fons, Lars Jacobs, fungiert auch als Anmelder des Auf­marschs. Er begann seine Neon­azikar­riere in Ros­tock als Aktivist der FAP und gilt als enger Ver­trauter von Worch. 

 

Während die Sicher­heits­be­hör­den Bran­den­burgs seit 1992 die recht­sex­tremen Aufmärsche in Halbe mit entsch­ieden­er Polizeipräsenz unter­ban­den und die Neon­azis am so genan­nten Volk­strauertag auf Kriegerdenkmäler und Fried­höfe in ihren jew­eili­gen Regio­nen auswe­ichen mussten, blieb es zulet­zt still um Halbe. Ein Ver­such des Pren­zlauer Neon­azikaders Gor­don Rein­holz, im ver­gan­genen Jahr im Namen des Jun­gen Nationalen Spek­trums am 17. Novem­ber einen Auf­marsch in Halbe anzumelden, wird von AntifaschistIn­nen als »Pro-For­ma-Aktiv­ität« bew­ertet. Auf das behördliche Ver­bot reagierte Rein­holz jeden­falls nicht. 

 

Gedenkver­anstal­tun­gen am 17. Novem­ber fan­den in den ver­gan­genen Jahren aber trotz­dem statt. Organ­isiert wur­den sie vom Volks­bund Deutsch­er Kriegs­gräber­für­sorge in Zusam­me­nar­beit mit der örtlichen Kirchenge­meinde und Offiziellen des Land­kreis­es. Auch Vertreter der Lan­desregierung hiel­ten Reden. Eine kri­tis­che Auseinan­der­set­zung mit der Geschichte des Wald­fried­hofes hat es in Halbe nie gegeben. Das ver­wun­dert kaum, gilt die Gegend rings um Königs Wuster­hausen doch als Hochburg der Neonazis. 

 

Ein Bran­dan­schlag auf ein Roma-Camp im Som­mer des Jahres 2001, Angriffe auf nicht rechte Jugendliche und der NPD-Kreisver­band Spree­wald, der mit seinem Vor­sitzen­den Rein­hard Goliber­such als ein­er der aktivsten gilt, tra­gen dazu bei, dass Königs Wuster­hausen, Halbe und andere Orte in der Region seit langem als No-Go-Areas für alle gel­ten, die nicht ins rechte Welt­bild passen. 

 

Unab­hängige Antifa­grup­pen und die Antifaschis­tis­che Aktion Berlin (AAB) wollen mit ihren Gege­nak­tiv­itäten in Halbe am 17. Novem­ber nicht nur den Neon­azi-Auf­marsch ver­hin­dern, son­dern auch der eben­falls auf dem Wald­fried­hof in Halbe bestat­teten 57 Wehrma­chts­de­ser­teure und sow­jetis­chen Zwangsar­bei­t­erIn­nen gedenken. Geplant sind u.a. eine Kundge­bung vor dem Fried­hof sowie eine Demon­stra­tion in Halbe. 

 

Auf ein­er der Kundge­bun­gen wird auch Lud­wig Bau­mann, der Vor­sitzende der Bun­desvere­ini­gung Opfer der NS-Mil­itär­jus­tiz e.V., als Red­ner auftreten. Sil­vio Kurz, der Sprech­er des unab­hängi­gen Antifa-Bünd­niss­es, sagte: »Es wird sich zeigen, ob eine Gedenkkundge­bung für die Opfer des Nation­al­sozial­is­mus zugun­sten ein­er Glo­ri­fizierung von NS-Ver­brech­ern ver­boten oder ver­legt wird.«

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Mehr fremdenfeindliche Angriffe in Potsdam

Eine “trau­rige Entwick­lung” hat die städtis­che Aus­län­der­beauf­tragte Mag­dol­na Gras­nick gestern beklagt. In den let­zten Monat­en — beson­ders im August und Sep­tem­ber — habe die Anzahl der frem­den­feindlichen Angriffe zugenom­men. “In diesem Jahr gab es lei­der zehn Angriffe mit 14 Ver­let­zten”, sagte sie in der Stadtverord­neten­ver­samm­lung. Den­noch sei sie froh, dass es zahlre­iche Ini­tia­tiv­en und Vere­ine gebe, die nicht nur aus­län­der­spez­i­fis­che Aspek­te der Gewalt in der Stadt bekämpfen. 

Zufrieden sei sie dage­gen mit dem erfol­gten Umzug des Asyl­be­wer­ber­heims von der Michen­dor­fer Chaussee in die Kirschallee 6f, wo die Mal­teser Werke als Betreiber den Umzug sehr pro­fes­sionell gemeis­tert hät­ten. Gras­nick appel­lierte an die Stadtverord­neten, das Sozialtick­et ger­ade für die benachteiligten älteren Flüchtlinge und Zuwan­der­er aufrecht zu erhalten. 

Gras­nick hofft kün­ftig auf eine noch bessere Anbindung des Heimes Lerchen­steig an den öffentlichen Per­so­nen­nahverkehr. Wenn in zwei Jahren die Kirschallee 6f geschlossen und Pots­dams einzige Gemein­schaft­sun­terkun­ft für Flüchtlinge im Lerchen­steig ist, müsste der Bus alle halbe Stunde dor­thin fahren. Sollte das nicht möglich sein, erwarte sie zumin­d­est einen gesicherten Gehweg bis zur näch­sten Hal­testelle (1 km). Dank der Bemühun­gen der Frak­tion “Die Andere” ist es inzwis­chen immer­hin zu ein­er gün­stigeren Fahrplangestal­tung früh und nach­mit­tags gekommen.

Inforiot