Kategorien
Uncategorized

Crossover Summercamp beendet

Nach­trag vom 30.August:

Ein
Auswer­tung­s­text
zum Camp erschien am 30.8. Zuvor gab es schon einen Auswer­tungss­text auf Indy­media. Ganz neu und super­in­ter­es­sant: Die ger­ade ins Netz gestell­ten Audio-Dateien vom Camp.

 

Am heuti­gen Son­ntag, den 11.08.02 endete das 1. CrossOver Sum­mer­camp in Cot­tbus. Cir­ka 350 Men­schen aus ver­schiede­nen euopäis­chen Län­dern disku­tierten eine Woche lang über das Zusam­men­wirken ver­schieden­er Macht- und Herrschaftsver­hält­nisse wie Nation­al­is­mus, Ras­sis­mus, Anti­semitismus, Sex­is­mus etc. In unter­schiedlichen Work­shops wur­den diese The­matiken auf the­o­retis­ch­er Ebene behan­delt, woraus sich ver­schiedene sym­bol­is­che Aktio­nen in und um Cot­tbus entwickelten. 

 

So beschäftigten sich die Teil­nehmerIn­nen des Camps mit dem ras­sis­tis­chen Über­fall auf einen Kubaner, der am 03.08.02 an ein­er Cot­tbusser DEA-Tankstelle attack­iert wor­den war. Dort tre­f­fen sich regelmäßig Grup­pen von Neon­azis — auch die mut­masslichen Täter. Fre­itag Abend wurde die Tankstelle in ein­er erfol­gre­ichen Aktion von etwa hun­dert Campteil­nehmer­I­nen beset­zt, wobei mit Flug­blät­tern auf die Hin­ter­gründe der Aktion aufmerk­sam gemacht wurde. Hier gibt es Fotos von der Aktion. Mit der Beset­zung der Tankstelle wurde ein seit zwei Jahren von Neon­azis okkupiert­er und ter­ror­isiert­er Raum — sym­bol­isch und tem­porär- zurücker­obert, um gegen die gesellschaftliche Akzep­tanz von Naziorten und ras­sis­tis­che Gewalt zu protestieren. 

 

Einige Tage zuvor gab es Work­shops zum The­ma “Kon­struk­tion von Geschlechtern”. Um zu zeigen, dass die Aufteilung in “männlich” und “weib­lich” sozial kon­stru­iert ist und um auf die Geschlechter­normierun­gen, die sich z.B. in geschlechtsspez­i­fis­chen Dress­codes aus­drück­en, aufmerk­sam zu machen, wurde am näch­sten Tag bei der Mod­ekette H&M eine öffentlichkeitswirk­same Aktion ver­anstal­tet. Die Frauen- und Män­ner­a­bteilung wur­den ver­tauscht, indem die Klei­dung von der einen in die andere gebracht wurde. Män­ner zeigten gegenüber FachverkäuferIn­nen Inter­esse für Frauen­klei­dung und Frauen für Män­nerklei­dung. Weit­er­hin liessen sich bei der Drogeriekette “Müller” nack­te Men­schen über Par­füm und Nag­el­lack berat­en. Damit wurde ein­er­seits die Sex­u­al­isierung men­schlich­er Kör­p­er ange­sprochen, ander­er­seits wurde auf die gesellschaftliche Kodierung der nachge­fragten Artikel als weib­liche Artikel ver­wiesen und vorherrschende Schön­heit­side­ale kritisiert. 

 

Das Camp hat­te den Anspruch, Herrschaftsver­hält­nisse bewußtzu­machen und in die öffentliche Diskus­sion einzubrin­gen, ger­ade auch durch kreative, sym­bol­is­che Aktio­nen. Obwohl das Camp von der gün­stigeren Lage in der Stadt zum Stad­trand ver­legt wurde und somit viel von sein­er Aktions­fähigkeit ein­büssen mußte, kon­nten den­noch viele Aktio­nen in die Stadt getra­gen wer­den. Lei­der schienen die Inhalte trotz guter Vor­bere­itung nicht immer vermittelbar. 

 

Zum Abschluss des CrossOver Som­mer­camps ver­sam­melten sich am gestri­gen Sam­stag, den 10.08.02, etwa 100 Campteil­nehmerIn­nen auf dem Vor­platz der Stadthalle zu ein­er Kundge­bung mit dem Schw­er­punkt “Arbeit, Gen­der und Migra­tion”. In einem Rede­beitrag wur­den nochein­mal die damit verknüpften Herrschaftsstruk­turen und ihr unweiger­lich­er Zusam­men­hang the­ma­tisiert. Anschliessend zogen sie demon­stri­erend durch die Cot­tbusser Innen­stadt und kehrten dann zum Camp zurück, das anschliessend aufgelöst wurde. 

 

Alle Artikel auf einen Blick

1 Crossover Sum­mer Camp im August bei Cot­tbus (der Campaufruf)
2 Mit­fahrzen­trale zum Crossover Camp
3 Stu­den­ten tre­f­fen sich zu Som­mer­camp in Cot­tbus (Artikel aus der Lausitzer Rundschau)
4 Ter­ror bei H&M: Geschlechter­normierung kri­tisiert (mit Bildern)
5 Aktion des Sum­mer­camps: “Wer kriegt das Normkind?” (The­at­er­ak­tion in der Innenstadt)
6 Arbeit, Geschlecht und Migra­tion: Für befre­ite Ver­hält­nisse! (Aufruf zur Demo)
7 DEA-Tankstelle in Cot­tbus am Sam­stag besetzt


Noch mehr zum Camps find­est Du beim Web­jour­nal www.xover.asncottbus.org und auf der Mobil­isierungs­seite summercamp.squat.net.
Der vor­bere­i­t­ende Read­er für das Camp enthält viele Infor­ma­tio­nen zu den stattge­fun­de­nen Work­shops. Down­load hier.

Kategorien
Uncategorized

Wir campen uns queer

Nach zwei Jahren the­o­retis­ch­er Auseinan­der­set­zung und Vor­bere­itung fand vom 3. bis 11. August in Cot­tbus das Crossover-Sum­mer­camp statt. Vom strö­mungsüber­greifend­en Ansatz her sich­er das am weitesten gehende der
unzäh­li­gen Polit­camps dieses Som­mers. Schließlich ist der Leit­satz der Crossover-Bewe­gung, dass „all die ver­schiede­nen gesellschaftlichen Macht- und Herrschaftsver­hält­nisse untrennbar miteinan­der verknüpft sind und sich wech­sel­seit­ig durch­drin­gen und oft sta­bil­isieren.“ So stand es im Aufruf für das Camp in Cot­tbus, so stand es im Aufruf für die vor­bere­i­t­ende crossover-con­fer­ence in Bre­men (Jan­u­ar 2002) und so war
und ist es auf Fly­ern, in Tex­ten … immer wieder zu lesen. Als Ziel wird dabei for­muliert, „zum Auf­bau ein­er neuen Kon­stel­la­tion poli­tis­ch­er Strö­mungen beizu­tra­gen.“ Und das meint vor allem, dass neben den in den drei etablierten Haupt­strö­mungen Anti­ras­sis­mus, Antifaschis­mus und
Antikap­i­tal­is­mus auch anti­sex­is­tis­che Posi­tio­nen einen höheren Stel­len­wert in link­er Debat­te und Prax­is bekom­men sollen, und zwar nicht nur als Lip­pen­beken­nt­nis. Denn: „Wir wollen ein Ende der Dom­i­nanz der het­ero­sex­uellen Kul­tur in der radikalen Linken.“ Soweit der Anspruch. Und was bracht­en die Tage in Cot­tbus? Der größte Erfolg ist wohl
banaler­weise, dass das Camp über­haupt stattge­fun­den hat. Das ist ver­glichen mit dem for­mulierten Eige­nanspruch des Camps nicht viel, doch in Zeit­en, in denen Machis­mo und Mack­erge­habe in der Linken weit­er­hin unre­flek­tiert und unkri­tisiert durchge­hen, ist das Stat­tfind­en immerhin
mit „Immer­hin“ zu bewerten. 

Aber da sind wir schon bei der Kri­tik: Nach Cot­tbus dürfte klar sein, dass das Konzept der vie­len Som­mer­camps, bei dem sich jede/r den The­men­schw­er­punkt und die Leute seiner/ihrer Wahl aus­suchen kann, gescheit­ert ist. Die Gren­z­camps in Jena (250 Leute) und Hamburg ( …)
sowie das Crossover-Camp in Cot­tbus (150) zeigen, dass es zwar schön ist, mit 150–250 Leuten im Wesentlichen ein­er Mei­n­ung zu sein, der geforderten und drin­gend nöti­gen Auseinan­der­set­zung um Stand­punk­te dabei aber lock­er aus dem Weg gegan­gen wer­den kann. Wurde nach heftiger
Auseinan­der­set­zung auf dem Gren­z­camp 2001 in Frank­furt und der crossover-con­fer­ence in Bre­men mit mehr als 500 Teil­nehmerIn­nen noch klar die Fort­set­zung der Debat­te und Über­tra­gung in eine poli­tis­che Prax­is gefordert, kon­nte Cot­tbus diesem Anspruch nicht gerecht werden. 

Dementsprechend har­monisch war die Woche in Cot­tbus. Nicht, dass ich etwas gegen Har­monie hätte, für ein poli­tis­ches Camp, das sich an der Verknüp­fung link­er The­men wie z.B. Ras­sis­mus messen lassen will, war es dann doch etwas zu ruhig. Und für eine Woche Som­merurlaub hätte sich
sich­er ein lauschigeres Plätzchen gefun­den. Ganz offen­sichtlich gab es auf dem Camp keinen Kon­sens darüber, wie man/ frau gegen den ras­sis­tis­chen All­t­ag vor Ort, zu dem im Übri­gen ein Nazi-Über­fall auf einen Kubaner am Tag vor der Camperöff­nung zählt, vorge­hen kann. Zum
einen dauerte es fünf Tage, ehe sich über­haupt ein paar Leute zusam­men­fan­den, die eine Aktion gegen den Über­fall planten. Da sich die Faschos in Cot­tbus und Umge­bung bevorzugt Tankstellen als Tre­ff­punkt suchen und auch der Über­fall auf den Kubaner an ein­er solchen geschah,
war der Aktion­sort rel­a­tiv bald klar. Mit welchen Ansprüchen Leute nach Cot­tbus gereist waren, zeigte sich dann aber auf einem sieben(!)stündigen Plenum. Da die Mehrheit der Teil­nehmerIn­nen schein­bar in rel­a­tiv nazi-freien Gegen­den wohnt und sich schein­bar auch nicht im
Klaren darüber war, dass linke Präsenz in Cot­tbus auch heißen muss, sich mit den Men­schen zu sol­i­darisieren, die jede Woche in Gegen­den wie diesen ange­grif­f­en wer­den, war eine wesentliche Devise, die Nazis auf keinen Fall zu provozieren und sich mit der Bullerei gut zu stellen.
Schließlich sei es wichtiger, einem Angriff auf das Camp zu entkommen. 

Wahrschein­lich haben viele erst­mals gemerkt, was es heißt, als Migrant/Linker/Homosexueller usw. täglich in soge­nan­nten “Nation­al befre­it­en Zonen” zu leben Ein ziem­lich zynis­ches Ver­hal­ten, schließlich haben die Opfer ras­sis­tis­ch­er Gewalt meist nicht diese Wahl. 

Als dann aber doch die wichtig­sten Facts der Aktion an der Nazi-Tanke aus­ge­tauscht wur­den, sich eine Mehrheit auf dem Plenum dafür begeis­tern ließ und der Rest zumin­d­est nicht dage­gen stim­men wollte, machte ein Veto das Chaos per­fekt. Offen­sichtlich hat­te sich nie­mand auf dem Plenum mit der Kon­se­quenz eines Vetos auseinan­derge­set­zt und die Mod­er­a­torIn­nen nur danach gefragt „weil das halt so üblich ist.“ Obwohl nach immer­hin jet­zt schon vier­stündi­gem Plenum die Stim­mung immer gereizter wurde und viele sauer waren, ver­sicherten sich alle, dass ein Veto ein Veto ist und die Aktion keines­falls an dem vorge­se­henen Tag (an dem auch das
Plenum war) stat­tfind­en darf. Über das offen­sichtliche Machtin­stru­ment „Veto“ und dem Ein­fluss ein­er Per­son über die Inter­essen des gesamten Camps wurde nicht diskutiert. 

Allerd­ings zeigte schon der­selbe Abend, wie ernst das Camp die auf dem eige­nen Plenum ver­ab­schiede­ten Beschlüsse nahm. Auf eine Anfrage der Antifa aus dem 30 Kilo­me­ter ent­fer­n­ten Guben nach ein­er Tankstel­lenbe­set­zung, dem Tre­ff­punkt der örtlichen Nazis, fol­gten genau die 70 Leute, die sich zuvor auf dem Plenum für eine Tanken-Aktion in Cot­tbus aus­ge­sprochen hat­ten. Schließlich hat­te es auf dem Plenum ja
nicht expliz­it ein Veto gegen eine Aktion in Guben gegeben. So schnell kann man/ frau die eige­nen Entschei­dungsstruk­turen umge­hen und damit der
Lächer­lichkeit preis­geben. Let­ztlich war die Aktion in Guben aber als Ven­til für das Kli­ma auf dem Camp wichtig, zu viel Frust hat­te sich zuvor ange­sam­melt und es ist schon erstaunlich, wie schnell sich durch ein halb­wegs erfol­gre­ich­es gemein­sames Auftreten das Zusam­menge­hörigkeits­ge­fühl wieder kit­ten lässt. 

Und die Aktion war wichtig für den Umgang mit der Bullerei: Kamen diese bis dato jeden Mor­gen über­fre­undlich auf das Camp und woll­ten sog­ar mit einem Zivi-Wagen über das Camp fahren, um „den Leuten hier ein Gefühl von Sicher­heit zu geben“, waren an dem Tag nach Guben klar, dass sich
auf der Wiese am Rand von Cot­tbus kein Pfandfind­er­lager mit Hip­pies befind­et, son­dern dass es um die Ver­mit­tlung von Inhal­ten geht, was natür­lich eine Kri­tik an der gesellschaftlichen Exeku­tive ein­schließt. Schlimm nur, dass das erst am drit­tlet­zten Tag gelang, wie über­haupt zu
kon­sta­tieren ist, dass die Mehrheit der Campbe­sucherIn­nen erstaunlich uner­fahren und ängstlich im Umgang mit der Bullerei war. So reichte die Ver­mu­tung, dass sich nach 15 Minuten Aktion in Guben die Cot­tbusser Bullerei auf die Beine macht, um Hals über Kopf abzuhauen und Gubener
Antifa-Kids zurück­zu­lassen, denen klar war, dass sie noch am sel­ben Abend Prügel zu erwarten hat­ten. Der Anteil von 75 % weib­lich kon­stru­ierten Men­schen kann dafür nicht ver­ant­wortlich gemacht wer­den. Vielmehr war der Umgang mit der Bullerei auf dem Camp lange Zeit kein The­ma und so wurde auch nicht darüber nachgedacht, wie die Vermittlung
von anti­re­pres­sivem Ver­hal­ten in einem Work­shop o.ä. ausse­hen kann. 

Doch das Camp war nicht nur zum Meck­ern, wie das bish­er Geschriebene auch nicht ver­standen wer­den soll. Schließlich ging es ja den Vor­bere­i­t­erIn­nen um Selb­stre­flex­ion und das Auf­brechen von Geschlechterkon­struk­tio­nen. Und das bish­er Beschriebene zeigt ja nur, dass selb­st die dekon­struk­tivis­tis­chen Teile der linken immer wieder in
Rol­len­ver­hal­ten ver­fall­en und sich Struk­turen bedi­enen, die sie eigentlich abschaf­fen wollen. So kön­nte auch das Auftreten von so etwas wie „pos­i­tivem Sex­is­mus“ inter­pretiert wer­den. Dieser Begriff ist dem des „pos­i­tiv­en Ras­sis­mus“ angelehnt, wonach Men­schen in bestimmte
Ver­hal­tens­muster gedrängt wer­den, die ange­blich kul­turell begrün­det und für pos­i­tiv erachtet wer­den, wie der Dön­er-Türke oder der gut kochende Chi­nese. In der Linken führte das vor allem in anti­ras­sis­tis­chen Kreisen dazu, dass nicht mehr zwis­chen „Arschloch“ und „Nicht-Arschloch“
unter­schieden wurde, son­dern die Bew­er­tung von Ver­hal­ten mit der Haut­farbe zwis­chen gut und schlecht vari­ierte. Ich weiß nicht, ob man diese Begrif­flichkeit auf Sex­is­mus und sex­u­al­isiertes Ver­hal­ten über­tra­gen kann, finde aber schon, dass Ver­hal­ten nicht-het­ero-sex­ueller Men­schen eben­so kri­tisiert gehört wie das von Het­eros oder –as. Und wenn
es auf dem Camp um den Abbau von Dom­i­nanzstruk­turen gehen soll, muss es auch um diese Struk­turen in sex­uellen oder son­sti­gen Beziehun­gen gehen. Nur gibt es schein­bar den Kon­sens, gle­ichgeschlechtliche Paare deswe­gen nicht zu kri­tisieren, während ohne Zweifel (und völ­lig richtig) ein Mann vom Camp fliegt, der sich sein­er Fre­undin gegenüber ähn­lich dom­i­nant ver­hält wie es vor allem bei Les­ben-Paaren zu beobacht­en war. Da klaf­fen Anspruch und Wirk­lichkeit noch weit auseinander. 

Dass solch­es Ver­hal­ten nicht öffentlich disku­tiert wurde, lag u.a. auch an der wieder­holten Selb­st­bestä­ti­gung, wie har­monisch das Camp doch sei und an ein­er Art selb­staufer­legtem Tabu, die Har­monie nicht zu brechen.
Dabei geht es gar nicht darum, das Def­i­n­i­tion­srecht der Frau von sex­is­tis­chem Ver­hal­ten und alle damit ver­bun­de­nen Rechte zur Über­win­dung patri­ar­chaler Struk­turen in Frage zu stellen. Über die Notwendigkeit dieser Rechte dürfte in emanzi­pa­tiv­en Kreisen ohne­hin keine Diskussion
beste­hen. Nur geht die Umset­zung an der Sache vor­bei, wenn dieses Recht in einem Kli­ma der Unsicher­heit und Angst durchge­set­zt wird. Ein Beispiel: Am vor­let­zten Camp­tag wurde ein Mann kurz nach sein­er Anreisewe­gen eines sex­is­tis­chen Über­griffes aus der Ver­gan­gen­heit vom Camp
gewor­fen. Als Gremien, die diesen Rauswurf durch­set­zten, hat­ten sich schon vorher eine Män­ner- und eine Frauen-Les­ben-Gruppe gebildet. Als dieser Vor­fall auf dem Abschlussplenum dargestellt wurde, gab es keine
Nach­fra­gen, was eine Mod­er­a­torin zu dem Schluss kom­men ließ, das Camp komme seinem Anspruch in anti-sex­is­tis­chem Ver­hal­ten sehr nahe, auf anderen Camps wäre so ein Rauswurf schließlich nicht so ohne weit­ere und möglicher­weise ver­let­zende Nach­fra­gen durchge­gan­gen. Nur hat­te sie dabei
überse­hen, dass es im Plenum schon ein gesteigertes Inter­esse an den Details gab, was auch die nach Plenum­sende begin­nende Diskus­sion in Kle­in­grup­pen bewies. Was die Leute am Fra­gen hin­derte war einzig die Angst vor einem Fet­tnäpfchen und der fol­gen­den Anpisse. 

Was bleibt von Cot­tbus ist also die Ein­sicht, dass auch die
Crossover-Bewe­gung nach so hoff­nungsvollen let­zten zwölf Monat­en immer wieder in die eige­nen Wider­sprüche ver­fällt. Das ist nicht ver­wun­der­lich in ein­er Linken, die am Beispiel Israel deut­lich macht, dass es oft vielmehr um eigene Pro­fil­ierung und Machter­halt geht als um die Analyse
und Über­win­dung von Machtver­hält­nis­sen. Zuver­sichtlich stimmt, dass es in Cot­tbus tat­säch­lich Ansätze ein­er strö­mungsüber­greifend­en und dekon­struk­tivis­tis­chen Prax­is gibt, was die let­ztlich dann doch durchge­führte Tanken-Beset­zung in Cot­tbus beweist oder eine Aktion zum
The­ma Geschlechter­normierung, Zweigeschlechtlichkeit, Het­ero­sex­is­mus und Schön­heit­side­al, bei der in den Mod­ekaufhäusern „Klei­dungsstücke jew­eils von der einen in die andere Abteilung getra­gen wur­den, um auf die
Normierung von Men­schen durch geschlecht­spez­i­fis­che Klei­dung aufmerk­sam zu machen. Desweit­eren haben sich die AktivistIn­nen ent­ge­gen der herrschen­den Geschlechts- und Klei­derord­nung in den Geschäften umge­zo­gen und für einige Ver­wirrung gesorgt,“ wie es in der Pressemit­teilung vom
Camp heißt. 

Ob es eine Zukun­ft für Crossover gibt und wie diese aussieht, ist zurzeit schw­er zu sagen. Das Inter­esse vor allem von jun­gen Leuten hat die con­fer­ence in Bre­men und mit Abstrichen auch das Camp gezeigt, dass viele „poli­tik­er­fahrene“ Alt-Linke das The­ma noch immer als Kinderkram abtun, allerd­ings auch. 

do.di

(Infori­ot) Dieser Text wurde von eini­gen Teil­nehmerIn­nen des Crossover Sum­mer­camps aus Leipzig geschrieben. Es ist der zweite auswer­tende Text der uns vor­liegt, hier kannst Du den ersten nach­le­sen. Des weit­eren gibt es noch ganz frisch Audio-Dateien, die Aktio­nen und das Camp an sich doku­men­tieren sowie den Aufruf, Mate­r­i­al und eine ganze Menge Berichte vom Camp.

Kategorien
Uncategorized

stoiber war in cottbus

COTTBUS. gestern, am 28.08.02, war edmund stoiber im zuge sein­er wahlkampf­tour in cot­tbus. um 19.00 sollte er auf dem oberkirch­platz auftreten. knappe 2 stun­den davor war die innen­stadt schon mit polizei zugepflastert: so unge­fähr 25 „six­packs“ sorgten sich um die sicher­heit des kan­zlerkan­di­dat­en. nicht weniger besorgt waren die vie­len cdu-anhänger und parteimiglieder, die alle­samt mit „ordner“-binden über den platz schwadronierten: taschenkon­trolle am abges­per­rten zuhörerInnenareal. 

 

zur über­brück­ung der wartezeit hat sich eine dix­ieland­kapelle postiert und schram­melte orden­ti­ich was los. nach und nach kamen immer mehr leute an, die sich offen­sichtlich als oppo­si­tion ver­standen: schilder mit „wenn stoiber kommt, geht d‑land“ bezo­gen sich wahrschein­lich nicht auf „dix­ieland“ und auch ne knapp 10-köp­fige gruppe mit selbstgemachten„ausbildungsplätze für alle. stoppt stoiber“-t-shirts war da. außer­halb des cdu-gat­ters sam­melten sich dann nach und nach eine menge punks mit „stoppt stoiber“ plakat­en. auch schön: eine buch­staben­rei­he mit „BLA BLA BLA“. 

 

ins­ge­samt vielle­icht 400 leute inclu­sive –na, hm, schw­er einzuschätzen- 130 (?) protestierenden. 

 

noch bevor irgend­was los­ging, bemerk­te ein älter­er herr eini­gen leuten gegenüber, daß er das nicht schön fände, was sie vorhät­ten. irri­tiert auf diese äußerung ange­sprochen, wollte er sich die namen der per­so­n­en geben lassen. naja – bürgerwache. 

 

dann kam stoiber und dix­ieland ging: unbarmherziger sta­dion­rock markierte den ein­marsch des unionskandidaten. 

 

walde­mar klein­schmidt –ex-ober­bürg­er­meis­ter von cot­tbus und bun­destagsan­wärter in dieser wahl- begann mit der show, indem er alles und jeden her­zlich willkom­men hieß. erste proteste waren zu hören, als er meinte, man könne dankbar sein, edmund stoiber heute live zu erleben und von leucht­tür­men in cot­tbus sprach. „stoiber raus“-rufe auch, als klein­schmidt begann, die schwächen der rot-grü­nen regierung zu sezieren. 

 

jörg schön­bohm, gen­er­al a. d., set­zte zu flutkatas­tro­phen-gejam­mer an, beschwor die deutsche tatkraft und den zusam­men­halt und rech­nete danach auch sein­er­seits mit der bish­eri­gen regierung ab. er wurde schon zu beginn sein­er rede mit „nazis raus!“-rufen begrüßt.

 

näch­ster in der manege war lothar späth – wirtschaft­sex­perte der cdu mit welchem stoiber nach diesem auftritt noch im stadthaus weilte und disku­tierte – und hypte walde­mar klein­schmidt als jeman­den, den man jet­zt in berlin brauche. späth war auch der erste, der auf die proteste eing­ing. seine aus­sage war in etwa fol­gende: diese „lebens­fro­hen men­schen“ seien jene, die noch nicht kapiert hät­ten, was eine gesellschaft zu leis­ten hat. er freue sich aber immer, wenn er sie erlebt und könne sich wahlkamp­fautritte nicht mehr ohne sie vorstellen. der rest von lothars rede war schlichtweg ermü­dend, sog­ar die „lebens­fro­hen men­schen“ kon­nten sich­er dieser lethargie nur sel­ten entziehen. es ging ihm größ­ten­teils um die flut und blutige hände, steuersenkun­gen und darum, den poli­tis­chen geg­n­er im schlecht­esten licht daste­hen zu lassen. 

 

zwis­chen­durch kam es immer wieder zu ver­balen schlagabtäuschen zwis­chen den protestieren­den und cdu-anhängern: man solle doch erst mal arbeit­en gehen und dann… – oder auch: ihr seid doch alles nichtsnutze!. 

 

dann kam ER.

schon zu beginn sein­er rede kamen „stoiber raus!“-rufe, die schon recht ordentlich waren. stoiber machte während sein­er reden öfter mal ein paar fehler und zip­pelte sich dann und wann am ohrläp­pchen oder fuhr sich über die lip­pen. er betonte auch –er ging extra für 2, 3 sätze darauf ein- , daß er sich von den protestieren­den nicht beir­ren lasse. Sie seien ihm schlichtweg egal. ob dieses nicht vielle­icht doch als anze­ichen von unsicher­heit zu werten sind, bleibt offen. 

 

stoiber bot sich dem pub­likum an: wolle gerne mit jedem reden, sich zumin­d­est jedem zeigen. die audienz nahm diese geste dankbar an und zeigte passende reak­tio­nen.

 

begleit­et wurde stoibers rede dann und wann von nahezu klas­sis­chen sprechchören, die sich allerd­ings im laufe der zeit immer sel­tener hören liessen. 

 

am ende gab es noch eine fes­t­nahme. warum und was danach passierte, wie es dem men­schen geht, ist nicht her­aus­ge­fun­den worden. 

 

alles in allem ver­lief die show wie erwartet: polemik satt von der bühne und plat­te sprüche von den protestieren­den. zum „denken“ wird sich nie­mand so richtig angestoßen gefühlt haben, dafür waren die posi­tio­nen schon zu klar. da brauchte es auch keine wahlkampfre­den mehr. 

 

am 31.08. kommt schill nach vetschau – mal sehen, was da so passiert. 

 

Stoiber in Potsdam

Einen Presse­bericht (Titel: “Stoiber trotzt Pfeifkonz­ert in Pots­dam”) zu den Protesten gegen Stoibers Wahlkampfver­anstal­tung in Pots­dam gibt es hier zu lesen.

Kategorien
Uncategorized

schill kommt nicht nach cottbus

ent­ge­gen der infor­ma­tio­nen auf www.schillbrandenburg.de, wonach ronald barn­abas schill am 31.08.02 nach cot­tbus kom­men soll, verkün­det das büro von dirk wess­lau ‑bun­deswahlkamp­man­ag­er und spitzenkan­di­dat der bran­den­burg­er lan­desliste- eben­so wie flo­ri­an gottschalk ‑press­esprech­er im bun­deswahlkampfteam, daß dieser auftritt ver­legt wurde. 

schill komme dem­nach am 31.08.02 um 17.00 uhr auf das 700 jahre — stadt­fest nach VETSCHAU.

Kategorien
Uncategorized

Samstag: NPD-Demo in Schwedt

Am Sam­stag um 13.00 Uhr find­et in Schwedt mal wieder eine NPD ‑Demo statt. 200 bis 300 Leute sind von einem Neu­mann angemeldet worden.

Route: vom PVG Bus­bahn­hof zum Platz der Befreiung mit dor­tiger Kundge­bung Das Ganze soll von 10 – 18 Uhr gehen.
Die Stadtverord­neten­ver­samm­lung hat per Presseerk­lärung mit­geteilt, dass die demo ignori­ert (also toleriert..) wird.

Kategorien
Uncategorized

Bernauer Skaterjam: Spaß auf fliegenden Brettern

BERNAU (MOZ, 26.8.02) Ver­sucht und gewon­nen. Nein, die Rede ist nicht vom Sieger der 1. Bernauer Skate­board Jam. Es geht um die Ver­anstal­tung selb­st. Die Stadt Bernau und der Jugendtr­e­ff Dos­to hat­te den Ver­such gewagt, einen echt­en Trendwet­tbe­werb an den Rand von Berlin zu holen und lan­de­ten damit einen Volltreffer. 

“Wo wollen denn die Jungs alle mit diesen Roll­bret­tern hin?” Ger­da Schnell aus Karow staunte am Sonnabend­mit­tag nicht schlecht. Mit ihrem Mann war die Rent­ner­in nach Bernau gekom­men, um im Schat­ten der Stadt­mauer Spazieren zu gehen. Als sie erfuhren, dass mit den “Boards” kleine Kun­st­stücke vorge­führt wer­den, fol­gte das Paar dem
Strom der jun­gen Leute zum Skatepark in der Lade­burg­er Chaussee. 

“Ich dachte, das wären so Rüpel, die einem über die Beine fahren”, erzählt Ehe­mann Karl, “aber das ist ja ein ganz friedlich­es, buntes Treiben.” Wenn die bei­den Alten nach ein­er kurzen Weile doch wieder gen Innen­stadt zogen, lag das an der prallen Sonne und der laut­en Musik. “Das ver­tra­gen wir nicht mehr so”, lachte Frau Schnell. 

Die bis zu 200 jun­gen Leuten aus dem ganzen Barn­im und Berlin fühlten sich bei den Klän­gen richtig wohl. Rund 60 Jun­gen von 9 bis 30 Jahren hat­ten für den Wet­tbe­werb­s­marathon über drei Diszi­plinen gemeldet. In drei Alter­sklassen zeigten sie beim “Street­style”, auf der “Mini­ramp” (Jah­n­turn­halle) und schließlich beim “Pure Street­style” vor der Stadthalle ihre Kün­ste. Dort fuhren die Besten sog­ar über ein altes Auto. 

Begeis­tert war der neun­jährige Jef­frey Barz von der 3. Grund­schule Bernau bei der Sache. In jed­er Wet­tbe­werb­spause kurvte der Junge geschickt über die Bah­nen. “Das macht total Spaß”, sagte Jef­frey und küm­merte sich nicht um die Schram­men am Auge. “Da bin ich vor zwei Tagen beim Üben gestürzt”, erzählt er, “macht aber nichts!” 

Vater Gerd Barz freute sich über das Hob­by des Sohnes. “Er war beim Judo und Hand­ball, aber das hier ist seine Welt.” Vor allem aber gefällt dem Vater der Umgang der Skater untere­inan­der. “Kein Stre­it, kein Ärg­er, da wer­den schon mal die Bret­ter aus­ge­tauscht, wird den Kleinen geholfen”, erzählt er. 

Diese pri­ma Atmo­sphäre begleit­ete die ganze Ver­anstal­tung. Gut organ­isiert und vom Bernauer Skater-Ass Nico Grun­ze dirigiert, zog der Tross von Sta­tion zu Sta­tion. Immer wieder kamen Schaulustige auf ihre Kosten. Grun­ze ver­suchte sie bei der Mod­er­a­tion auch mit den aben­teuer­lich klin­gen­den Namen der Tricks wie “Back­side Lip­slide” bekan­nt zu machen. 

Chris­t­ian Rothen­hagen aus Berlin, ein­er der vier Jury-Mit­glieder, machte Bernau ein Kom­pli­ment. “Wir woll­ten mal sehen, ob so etwas außer­halb von Berlin geht? Es geht super. Das muss eine Tra­di­tion wer­den”, sagte der 30-Jährige, der seit 16 Jahren auf dem Board steht. 

Neben dem Sport begeis­terte alle das “Oxo 86”-Konzert. Für die Par­ty in der “Quila Bar” war manch­er dann aber zu müde.
Ver­anstal­ter und Spon­soren haben mit der Skater Jam jeden­falls den Nerv der Jugend getroffen.

Kategorien
Uncategorized

crossover summercamp: audio camp tagebuch

hal­lo

vom 03.08. bis 11.08. fand das crossover sum­mer­camp in cot­tbus statt. wenn jeman­dem nicht ganz ver­traut ist, was es damit auf sich hat­te, dem sei www.summercamp.squat.net ans herz zu legen. 

um es kurz zu machen: es gibt ein audio-camp-tagebuch.
wenn ihr euch einen ein­druck ver­schaf­fen wollt, wie diskus­sio­nen oder aktio­nen während des camps gelaufen sind oder mal hören wollt, wie “the hag­gard” den stro­maus­fall während des konz­ertes über­brück­en, dann schaut mal vorbei. 

weil die mitschnitte unver­fälscht sind, ist eine objek­ti­vere grund­lage für kri­tik gegeben.
http://de.indymedia.org/2002/08/28164.shtml wäre da ein anfang. 

audio-camp-tage­buch auf: www.media.asncottbus.org

bis dahin.

Kategorien
Uncategorized

Kaum Aussagen: Prozess geplatzt

LUCKENWALDE. Sechs Jahre nach den Angrif­f­en junger Recht­sex­trem­is­ten auf Ital­iener in Treb­bin (Tel­tow-Fläming) sollen nun die let­zten Angreifer zur Rechen­schaft gezo­gen wer­den. Doch der Auf­takt vor dem Amts­gericht Luck­en­walde miss­lang: Gestern platzte der Prozess gegen zwei junge Män­ner, die am Abend des 30. Sep­tem­ber 1996 bei der Ran­dale mit­gemis­cht haben sollen. Obwohl die Vertei­di­ger von Niko Z. und André P. vor der Ver­hand­lung sig­nal­isiert hat­ten, ihre Man­dan­ten woll­ten Geständ­nisse able­gen, stritt Z. jede Tat-Beteili­gung ab. André P. gab nur zu, er habe einem Opfer einen Faustschlag und einen Tritt ver­set­zt. Bei dem Krawall waren drei ital­ienis­che Bauar­beit­er ver­let­zt wor­den. Am schw­er­sten traf es Orazio Giamblan­co: Der Skin­head Jan W. schlug ihm eine Base­bal­lkeule gegen den Kopf. Giamblan­co ist seit­dem schw­er behin­dert. Jan W. wurde 1997 zu 15 Jahren verurteilt. In der Haft wandte er sich von der Szene ab und belastete Niko Z., André P. und fünf weit­ere Kumpane, sich an der Ran­dale beteiligt zu haben. Der Prozess gegen die fünf begin­nt kom­mende Woche. Die zwei anderen Opfer waren ein Ital­iener, der nicht ermit­telt wer­den kon­nte, und ein Kol­lege Giamblan­cos, Gio­van­ni Andreozzi. Niko Z. und André P. sollen mit anderen Recht­sex­trem­is­ten Andreozzi der­art trak­tiert haben, dass er eine Nasen­bein­trüm­mer­frak­tur und einen Rip­pen­bruch erlitt. Da Z. und P. wenig aus­sagten, müssen Zeu­gen gehört wer­den. So übertrug das Gericht das Ver­fahren gegen P. auf den Prozess, der näch­ste Woche begin­nt. Wann Z. sich ver­ant­worten muss, ist offen.

Kategorien
Uncategorized

Stoiber trotzt Pfeifkonzert in Potsdam

Pots­dam - Nein, er kneift nicht, nicht er, der Kan­zler-Her­aus­forder­er. Edmund Stoiber spricht ein­fach weit­er, beherrscht-sou­verän, mit dem Ges­tus des Über­lege­nen, mit seinem tri­um­phieren­den Lächeln. „Sie kön­nen noch so schreien: Sie wer­den mich nicht am Reden hin­dern!“ Ja, er hebt nicht ein­mal seine Stimme. Ganz so, als würde sein Auftritt nicht in einem ohren­betäuben­den Pfeifkonz­ert unterge­hen, als höre er die Schlacht­gesänge nicht: „Zieht den Bay­ern die Leder­ho­sen aus“, die Sprechchöre „Lügn­er“, ja sog­ar „Nazis raus“. Er tut so, als wäre das große Autonomen-Trans­par­ent vis-a-vis „Weißwurst für alle, son­st gibt‘s Krawalle“ Luft, als müssten seine Body­guards ein Bier­bech­er-Wur­fgeschoss nicht mit Regen­schir­men abwehren. Ein Hex­enkessel in der Stadt des preußis­chen Tol­er­anzedik­ts, fast so wie auf dem Alexan­der­platz vor einem Jahr.

Der heiße Wahlkamp­fauf­takt der märkischen Union am Ende der Pots­damer Fußgänger­zone wird gründlich gesprengt. Denn die gut 250 Mit­glieder und Sym­phati­san­ten der Union kom­men gegen die mit Trillerpfeifen und Fußball­sire­nen aus­gerüsteten gut 150 jun­gen Gegen-Demon­stran­ten nicht an. Es sind bekan­nte Gesichter unter ihnen, die bei früheren Kundge­bun­gen noch Ger­hard Schröder oder Josch­ka Fis­ch­er ausp­fif­f­en: Die hiesi­gen Aktivis­ten der Kam­pagne gegen Wehrpflicht, Haus­be­set­zer, Stu­den­ten und Schüler, aber auch die Juso-Lan­desvor­sitzende Anja Spiegel mit ihren Mit­stre­it­ern sind dabei. 

Und die CDU-Zen­trale hat die Gefahr offen­bar unter­schätzt. Er rechne nicht mit ern­sthaften Störun­gen, so Lan­des­geschäfts­führer Mario Fass­ben­der, noch kurz vor Beginn. Kon­nte die CDU nicht genü­gend eigene Leute zusam­men­trom­meln? „Wir kar­ren die Leute nicht mit Bussen her­an. Wir kön­nen nicht wie die SPD ein­fach die Gew­erkschaften bit­ten“ Die Stim­mung auf dem Platz wird gereizter. Immer wieder gibt es Rangeleien mit der Polize, ein junger Mann wird abge­führt, ein T‑Shirt zer­fet­zt. Plöt­zlich greift Sven Petke, CDU-Vizeparte­ichef, einen jun­gen Protestler, der ihn zuvor beschimpft hat­te, wütend von hin­ten ins Gesicht – unter den Augen der Polizei. Die nimmt prompt Petkes Per­son­alien auf.

Nur Stoiber lässt sich nicht provozieren, im Gegen­satz auch zu CDU-Parte­ichef Jörg Schön­bohm vor ihm, der sich in Rage redete, gegen die Pfeifend­en austeilte. Und der gegen Ex-Min­is­ter­präsi­dent Man­fred Stolpe wet­terte, der am Vortag Stoiber polemisch angriff: Er habe wohl die Schaus­pielschule besucht, als Schröder sich um die Flu­topfer küm­merte. „Herr Stolpe, so mies habe ich sie noch nie erlebt. Sie sind von der Kam­pa schon ver­dor­ben“, ruft Schön­bohm. Er sei tat­säch­lich ent­täuscht, sagt ein Vertrauter.

Nein, Stoiber redet von der Bewäl­ti­gung der Flutkatas­tro­phe und von der Abwan­derung aus dem Osten, vom nicht ein­gelösten Ver­sprechen der rot-grü­nen Bun­desregierung, die Arbeit­slosigkeit zu drück­en. Er ver­spricht, die geplante fün­fte Stufe der Ökos­teuer-Erhöhung abzuschaf­fen, die Kinder­be­treu­ungskosten steuer­lich abset­zbar zu machen. Und er erzählt, dass er damals Stolpe noch im Bun­desrat gefragt habe, wie er denn ein­er Steuere­form zus­tim­men könne, die ger­ade die für Bran­den­burg typ­is­chen kleinen Betriebe belaste, die Großun­ternehmen aber ent­laste. Sofort wer­den die Trillerpfeifen lauter. Stoiber: „Ehrlich gesagt, habe ich nicht erwartet, dass es hier so viele Vertreter des Großkap­i­tals gibt.“ Nur ganz zum Schluss zeigt der Her­aus­forder­er doch Ner­ven: „Sie inter­essieren mich gar nicht, um sie bemühe ich mich gar nicht.“ Dann ertönt die Nation­al­hymne aus den Laut­spech­ern, die Regler voll aufge­dreht. Und jet­zt, erst jet­zt wer­den die Pfiffe erst­mals übertönt.

Kategorien
Uncategorized

Rassistischer Angriff auf Palästinenser vor Gericht

Am Mon­tag, den 2. Sep­tem­ber 2002, find­et um 11.00 Uhr im Saal 015 am Landgericht Pots­dam, Friedrich-Ebert-Str. 32 die Beru­fungsver­hand­lung gegen
Ron­ny B. statt.

Zur Ver­hand­lung kommt ein ras­sis­tis­ch­er Angriff am 16. Feb­ru­ar diesen
Jahres. Der 30-jährige Palästi­nenser Ziad A. hat­te Bekan­nte in Waßmannsdorf
besucht und war mor­gens zum Joggen gegan­gen. Auf einem Feld­weg traf er auf
eine Gruppe von vier jun­gen Män­nern. Ein­er sprach ihn an, ob er Ausländer
sei, was er, nichts Bös­es ahnend, bejahte. Ein­er rief: “Lasst uns den
Aus­län­der aufk­latschen”, dann stürzten sich die vier auf ihn, schlu­gen ihn
und trat­en auf ihn ein, als er am Boden lag. Ein­er der vier, ein etwa 1,90 m
großer Hüne, set­zte sich auf Ziad A.s Brustko­rb und ver­suchte, einen Hammer
aus dem Halfter zu ziehen, um Ziad A. den Schädel einzuschla­gen. Ziad A.
kon­nte das ver­hin­dern, stand auf, wollte fliehen, doch die Ver­fol­ger holten
ihn wieder ein, schlu­gen und trat­en ihn. Schließlich fand ihn ein Wachmann
des benach­barten Asylbewerberheims. 

Ziad A. lag zwei Wochen mit ein­er Schädel­prel­lung und einem Nieren­riss im
Kranken­haus. Noch Monate später klagte er über Schmerzen in den Nieren und
Augen. Seit dem Über­fall lei­det er unter Depres­sio­nen, die
psy­chother­a­peutisch behan­delt wer­den müssen. 

Am 4. Mai verurteilte das Amts­gericht Königs Wuster­hausen drei der Täter
wegen gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung zu Haft- und Bewährungsstrafen. Der
20-jährige Ron­ny B. aus Wildau erhielt eine Haft­strafe von zwei Jahren und
zwei Monat­en. Gegen das Urteil legte er Beru­fung ein, die nun zur
Ver­hand­lung kommt. 

Kay Wen­del vom Vere­in Opfer­per­spek­tive merkt dazu an: “Ich hoffe, dass sich
das Landgericht nicht von Ron­ny B.s Selb­st­mitleid, das er schon vor dem
Amts­gericht zur Schau stellte, beein­druck­en lässt. Mitleid mit dem Opfer
hat­te er nicht gezeigt, wed­er während der Tat noch sei­ther. Rassistischen
Schlägern, denen der Anblick eines Aus­län­ders und ein kurz­er Zuruf genügt,
einen Men­schen fast tot zu schla­gen, haben kein Ver­ständ­nis verdient.
Wichtig für das Opfer ist nicht unbe­d­ingt eine hohe Haft­strafe für den
Täter, aber eine unzwei­deutige Hal­tung gegen den Ras­sis­mus des Tatmotivs.” 

****

ES WÄRE SCHÖN, WENN LEUTE AUS POTSDAM ZIAD BEI SEINEM PROZESS SOLIDARISCH
UNTERSTÜTZEN!

Inforiot