HOYERSWERDA. Menschenrechtsorganisationen bekämpfen seit Jahren das in Deutschland geltende Asylverfahrensgesetz, wonach Asylbewerber nur auf besondere Genehmigung den ihnen “zugewiesenen Bezirk ” , wie es in der Sprache der Juristen heißt, verlassen dürfen. Der 23-jährige Abdelkader H., der aus Algerien stammt und vor einem Jahr illegal nach Deutschland kam, ist einer der vielen in Deutschland auf ein Asylverfahren wartenden Ausländer, denen dieses Gesetz zum Verhängnis wurde. Bevor man ihn in Hoyerswerda erwischte, hielt er sich auch schon illegal in Bautzen, Ulm und Dresden auf, besuchte Freunde. Nachdem ihn Schleuser nach Deutschland gebracht hatten, war er über die Stationen Karlsruhe und Chemnitz nach Kamenz gekommen. Legal hätte er den Landkreis Kamenz, wo auch seine Unterkunft ist, nicht verlassen dürfen. Zwar hatte er Sondergenehmigungen beantragt, aber nicht erhalten. Da hilft es ihm auch nicht, dass er als Grund für seine Flucht angibt, dass er in Algerien den Armeedienst verweigerte und misshandelt wurde. Diese Fakten werden vor dem Amtsgericht in Hoyerswerda nicht verhandelt, sondern sind Sache des Asylverfahrens. Vielmehr geht es hier außerdem darum, dass er bei seinem Aufenthalt am 22.März 2002 in Hoyerswerda gemeinsam mit einem Freund Jeans, Jogginghosen, ein T‑Shirt und Zigaretten im Gesamtwert von 251Euro im Globus-Markt gestohlen hatte. Der schüchtern wirkende Abdelkader H. gestand sowohl die Verstöße gegen die Aufenthaltsbeschränkungen als auch den Diebstahl ein. Er betonte jedoch, dass er nur eine Lewis-Jeans und eine Jogginghose mitgenommen hatte. Gleichzeitig bat er um Verzeihung für die Tat und versprach, dass so etwas nie wieder vorkommen werde. So erschien denn auch die von dem Vertreter der Staatsanwaltschaft geforderte Freiheitsstrafe von vier Monaten auf Bewährung zu hoch für diese minderschweren Delikte. In Anbetracht der geringen Einkünfte von Abdelkader H. er erhält nach eigenen Aussagen 40 Euro monatlich “Taschengeld ” erschien auch eine hohe Geldstrafe für wenig sinnvoll. Amtsrichter Bosco Näther berücksichtigte, dass der Täter voll geständig und überdies nicht vorbestraft ist und verhängte eine Geldstrafe von 160 Euro.
Monat: Juli 2002
Nach einem Anschlag auf einen griechischen Imbiss in Lehnitz (Oberhavel) sind vier Tatverdächtige gefasst worden. Der Staatsanwalt beantragte gegen drei von ihnen ein beschleunigtes Verfahren, teilte die Polizei gestern mit. Ein 16-Jähriger muss vor das Jugendgericht.
Stoiber auf Wahlkampftour
das interessante zuerst:
“Der nächste Wahlkämpfer der CDU kommt am Freitag nach Brandenburg: Kanzlerkandidat Edmund Stoiber tritt am Freitag in Werder und Rathenow auf.”
dies ist der letzte absatz eines artikels, den ihr, wenn ihr wollt hier nachlesen könnt.
das nicht so interessante:
der verlinkte artikel berichtet über den wahlkampfauftritt angela merkels im spreewald. sie musste spreewaldgurken essen und die urtypische gastfreundschaft samt geschenken, salz und brot über sich ergehen lassen.
Potsdam 06.07.2002 — Am 05. Juli 2002 kam es auf einer Veranstaltung im StudentInnen-Keller NIL zu einem antisemitischen und sexistischen Übergriff.
Zwei Partygänger – bekleidet mit T‑Shirts der Israel Defense Forces und der Basketballmannschaft Maccabi Tel Aviv wurden von Tobias M. und Andreas P. – beide aktiv im „Team Rocket“ und der amnesty international-Ortsgruppe – verbal und tätlich angegriffen.
So wurde an die T‑Shirt-Träger die Frage gestellt, ob sie „Juden oder Nazis“ seien. Im Laufe der Diskussion meinten die Volksgenossen erwähnen zu müssen, dass sie „wenigstens eine Vorhaut“ hätten. Nachdem sie die volle Bandbreite antisemitischer Stereotypen inbrünstig bedient hatten, wurde eine Frau, welche von Tobias M. und Andreas P. als mit den pro-israelischen Studierenden verbrüdert angesehen wurde, als „Fotze“ beschimpft.
Während der gesamten Auseinandersetzung wurde auch vor physischer Gewalt nicht zurückgeschreckt!
Da uns studentischer Antisemitismus – meist als Antizionismus getarnt – kein neues Phänomen ist, sind wir vor Allem entsetzt über die dumm-dreiste Art der Beiden, welche auf die völlige Abwesenheit von Reflektion und nicht zuletzt auch auf einer Kontinuität von deutscher Vernichtungsmentalität beruht. Solchem antisemitischen Wahn ist nicht durch Aufklärung beizukommen.
Sollte es in Zukunft weiter zu ähnlichen Übergriffen kommen, behalten wir uns eine anti-antisemitische Selbsthilfe vor.
GEGEN ANTISEMITISMUS AUND ANTIZIONISMUS!
SOLIDARITÄT MIT ISRAEL!
IWG-Demo in Cottbus verschoben
alle, die sich schon darauf gefreut hatten, den nuschelnden zausel am 13.07.02 mit wasauchimmer
zu konfrontieren, müssen sich noch eine woche gedulden.
wie aus sicheren kreisen zu erfahren war, hat olle paletta seine “recht auf heimat”-demo kurzerhand auf den 20.07.02 verschoben [terminkalender der iwg-seite. nazikram!]. die gegendemo wird also daher NICHT –wie geplant- am 13.07.02, sondern logischerweise auch am 20.07.02 starten. näheres dazu folgt in kürze. desweiteren findet sich auf der iwg-seite eine ankündigung für eine weitere demo in brandenburg: im oktober in eberswalde.
warum paletta seine demo verschiebt, wissen wir nicht, vielleicht will er am 13.07.02 aber lieber in leipzig mit worch demonstrieren.
der überarbeitetete aufruf:
> am 20. Juli [!!] will die interessengemeinschaft für die wiedervereinigung gesamtdeutschlands ‑iwg- in cottbus demonstrieren. unter dem motto “recht auf heimat” wird iwg-chef georg paletta an der geschichte rumspielen und sein “grossdeutsches reich” wiederhaben wollen. seine genuschelten reden von “der heimat” sind so irritierend, dass es selbst seinen neonazis-groupies nicht schwerfällt einzuschlafen. im grunde eine recht peinliche vorstellung.
> allerdings sind es nicht einfach die “ewiggestrigen”, die dort aufmarschieren. sie sind nicht bloß im “gestern” hängen geblieben: ihr wunsch nach einem “grossdeutschem reich” ist keine nostalgie, sondern blödsinn!
> heute trifft sich bei der paletta-revue regelmäßig die regionale neonazi-szene: npd-anhänger, kameradschaften und nazi-schläger. es sind die, die heute nazi-propaganda verbreiten und andersdenkende und andersaussehende verfolgen. wenn sie paletta hinterherlaufen, machen sie das auch, um zu zeigen, dass sie da sind und was sie wollen.
> paletta ist nicht isoliert — dass macht auch der bund der vertriebenen deutlich: das am 13. juli stattfindende 5. ostdeutsche kulturtreffen der “vertriebenen” wurde in der lokalzeitung durchaus als ausdruck der forderung nach “recht auf heimat” angekündigt.
» stellen wir uns ihnen konsequent in den weg !
und dann lachen wir sie aus
mehr zur iwg hier auf inforiot und auf www.infofool.asncottbus.org
plakate downloaden: www.media.asncottbus.org »[vorlagen]
Innenminister in Guben
GUBEN. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm kommt am 17. Juli zu einem Arbeitsbesuch in die Neißestadt. Schwerpunkt seiner Visite wird die Polizeiwache in Guben sein. Dort will er mit dem Leiter, Ulrich Kleo, über die ersten Erfahrungen nach dem In-Kraft-Treten der Polizeireform sprechen. Der Innenminister hatte die Polizeiwache in Guben zum letzten Mal in der Nacht zum 9.Januar 2001 besucht, damals unangekündigt. Nach dem Ministerbesuch wurde in der Wache kräftig am Personalkarussell gedreht, das Personal verjüngt. Seitdem sind etwa 50 Prozent der Beamten ausgetauscht.
jW sprach mit Dominique John, Mitarbeiterin der Opferperspektive Brandenburg
F: Wittstock an der Dosse gilt als eines der Zentren
braunen Terrors in Brandenburg. Seit dem Mord an dem 24jährigen rußlanddeutschen Aussiedler Kajrat B. am 4. Mai macht die Stadt erneut Schlagzeilen. Wie ist die Situation in Wittstock und Umgebung?
Es gibt hier nicht nur eine straff organisierte Naziszene, der dreißig bis vierzig Leute zugeordnet werden und die in den letzten Jahren zahlreiche Demonstrationen organisiert hat. Für das, was man als rechte kulturelle Hegemonie bezeichnet, ist Wittstock ein anschauliches und extremes Beispiel. Eine linke, alternative oder wenigstens ausdrücklich nicht-rechte Jugendkultur gibt es in der Stadt nicht. Die Rechten beherrschen in einem erschreckenden Ausmaß das Stadtbild.
Die rußlanddeutsche Community steht massiv unter Druck. Viele wollen weg. Jede Familie, zu der wir bisher Kontakt aufgenommen haben, berichtete über rassistische Beschimpfungen oder gar Angriffe auf der Straße, in den Wohnblocks und auch in den Schulen. Aus Angst weigern sich Kinder zum Teil, in die Schule zu gehen. Ein ganz großes Problem ist auch die Situation im öffentlichen Nahverkehr, wo immer wieder Rußlanddeutsche angemacht werden. Die Lage ist so zugespitzt, daß es sogar Überlegungen bei der Polizei gibt, die Busse zu begleiten.
Was ist am 4. Mai in Wittstock passiert?
Kajrat und sein Freund Maxim waren an diesem Abend in einem Club. Als die beiden dort auftauchten, haben sie relativ schnell gemerkt, daß sie am »falschen Ort« waren. Sie überlegten, wie sie aus der Situation am besten herauskommen, und entschieden sich dafür, im Hintergrund zu bleiben und abzuwarten, bis das Gros der Leute gegangen ist. Als sie dann gingen, wurden sie jedoch plötzlich von hinten angegriffen. Es ist bekannt, daß mindestens drei Leuten auf sie eingetreten haben. Einer der Angreifer hat dann einen 15 Kilogramm schweren Feldstein genommen, ihn hochgestemmt und Kajrat auf die Brust geworfen. Nach fast dreiwöchigem Aufenthalt auf der Intensivstation ist Kajrat an seinen inneren Verletzungen gestorben.
F: Gab es in Wittstock Reaktionen auf diesen Mord?
Es gab zunächst eine große Betroffenheit. Vor allem bei Mitgliedern des »Bündnis für ein Wittstock ohne Gewalt«. Das hat sich im November letzten Jahres gegründet und will sich mit der Problematik von Rechtsextremismus und der rechten kulturellen Hegemonie in Wittstock auseinandersetzen. Vertreter der Stadt, der Kirchen und Einzelpersonen sind dabei. Nach dem Mord an Kajrat beginnt man im »Bündnis«, über die Situation der Rußlanddeutschen nachzudenken. Zuvor hatte man hier die Rußlanddeutschen nicht als von rassistischen Angriffen Betroffene wahrgenommen. Daß hängt wohl auch damit zusammen, daß Rußlanddeutsche als eine gesellschaftliche Gruppe angesehen werden, um die sich — nach unserem Dafürhalten — fast so etwas wie ein Mythos rankt: Es scheint allgemein angenommen zu werden, daß Rußlanddeutsche gut organisiert, schlagfertig und vor allem in der Lage sind, zurückzuschlagen. Es sei mal dahingestellt, wie diese Zuschreibungen zustande kommen. Klar ist nur, daß die Handlungen der Verantwortlichen in der Stadt durch diese Bilder stark beeinflußt sind.
Problematisch finden wir in diesem Zusammenhang die Presseberichterstattung nach dem Mord an Kajrat. Ob es nun der Tagesspiegel ist oder der Spiegel, immer wird ein Bild der Rußlanddeutschen gezeichnet, das von entsprechenden Stereotypen strotzt. Da ist von Selbstjustiz die Rede, von Rußlanddeutschen, die angeblich »Patrouillen« bildeten und »auf eigene Faust« nach Nazis suchen. Diese kollektiven Zuschreibungen haben allerdings nach unserer Wahrnehmung nichts mit den realen Verhältnissen in Wittstock zu tun. Zwar gibt es Jugendliche, die für sich den Schluß gezogen haben, sich in Zukunft zu wehren, doch die Berichterstattung verkennt die Realität in Wittstock vollkommen. Die Gewalt geht dort eindeutig von rechts aus.
FRANKFURT (ODER). Der mutmaßliche Boss einer internationalen Schleuserbande muss für sieben Jahre hinter Gitter. Das Landgericht Frankfurt (Oder) sprach den 33-jährigen Aserbaidschaner am Mittwoch in 14 Fällen der gewerbsmäßigen Einschleusung von Ausländern schuldig. Nach Überzeugung der Kammer war der Angeklagte spätestens ab September 2000 bis zu seiner Festnahme im vorigen Jahr führendes Mitglied einer vielköpfigen Bande, die geschäftsmäßig Ausländer vor allem aus Ost€pa nach Deutschland einschleuste.
Am 27.6.02 veröffentlichte der Tagesspiegel auf Seite drei eine Reportage der
Journalistin Hanna Kolb. Diese hatte zu den Umständen der Ermordung des
Russlanddeutschen Kajrat B. (24) in Wittstock (Brandenburg) recherchiert, der in der
Nacht vom 3. auf 4. Mai diesen Jahres von deutschen Tätern schwer zusammengeschlagen
worden und nach knapp drei Wochen seinen inneren Verletzungen erlegen war. Auch wenn
die inzwischen gefassten Täter nicht zur organisierten rechten Szene Wittstocks
gehören, geht die Staatsanwaltschaft, nach Angaben ihres Pressesprechers, von einem
“fremdenfeindlichen Motiv” aus. Frau Kolb lässt in ihrer Reportage
Familienangehörige des Toten zu Wort kommen. Auch mit anderen Mitglieder der
russlanddeutschen Gemeinde sowie mit Vertretern der Kommune und der Polizei scheint
sie gesprochen zu haben. Ein ansehnliches Stück Recherche — könnte man meinen — und
dann auch noch im Tagesspiegel, einer Zeitung, die für ihre fundierte und gut
recherchierte Berichterstattung bekannt ist. Der Schein trügt.
Ca. eine Woche vor Veröffentlichung des Artikels erhielt der Verein
Opferperspektive, der sich um Opfer rechtsextremer Gewalt in Brandenburg kümmert,
einen Anruf aus Wittstock. Nichts ungewöhnliches, denn für besagten Verein ist
Wittstock und die dort lebenden Russlanddeutschen in den letzten Monaten zu einem
Schwerpunkt der Arbeit geworden. Zu den dort betreuten Opfern zählt auch die Familie
von Kajrat B.. Trotzdem war der Anruf eher ungewöhnlich. Die Mutter des Verstorbenen
wollte wissen, was sie denn mit einer Journalistin tun solle, die sich auf die
Opferperspektive berufend, selbst eingeladen hätte und keine Anstalten mache zu
gehen. Falls sie nicht den Wunsch habe, ein Interview zu geben, empfahlen wir der
Familie, die Journalistin, deren Namen Hanna Kolb war, vor die Tür zu setzen. Und so
geschah es auch. Eine tüchtige Schmierenkomödie und dies auf Kosten von Menschen,
die sich nach wie vor in einem Schockzustand befinden. Die Episode wäre
wahrscheinlich vergessen, wäre die Reportage von Frau Kolb nicht im Tagesspiegel
abgedruckt worden. Nicht nur, dass Frau Kolb einen unseriösen Recherchestil zu
pflegen scheint, ihre gesamte Reportage ist ein Ausbund an Sensationsjournalismus.
So lässt einem schon die Überschrift nichts Gutes erwarten: “Hass, zwangsläufig”, so
ist da, eher unverständlich, zu lesen. Darüber, in kleineren Buchstaben, eine kurze
inhaltliche Zusammenfassung mit dem abschließenden Satz: “Weil die Polizei nichts
tut, üben die Aussiedler jetzt Selbstjustiz”. Der Begriff lässt aufhorchen und
schaudern zugleich. Als Beleg für ihre Behauptung muss zunächst der Bruder von
Kajrat B. herhalten. Seit er mehrere Male von Jugendlichen angepöbelt wurde und die
Polizei sich geweigert habe, eine Anzeige entgegen zu nehmen — so wird er indirekt
zitiert -, verlasse er sich, “lieber auf seine Fäuste als auf deutsche Polizisten”.
Die Realität ist jedoch anders. Einen Tag vor dem Angriff auf Kajrat B. unterstützte
der Verein Opferperspektive den Bruder des später Ermordeten, Jugendliche, die ihn
beleidigt und genötigt hatte, bei der Polizei anzuzeigen. Ein mutiger Schritt, wie
viele der anderen Russlanddeutschen in Wittstock finden und weit davon entfernt, das
Faustrecht in Anspruch zu nehmen, wie Frau Kolb dem jungen Mann unterstellt. Die
Kolbsche Argumentationslinie der “Selbstjustiz” erfährt jedoch gegen Ende eine
weitere Blüte. In Wittstock, so ihre Analyse, “ist offenbar ein rechtsfreier Raum
entstanden”. Die Rede ist von der Siedlung am Rande der Stadt, wo — und dies ist
richtig — viele der russlanddeutschen Familien untergebracht sind. Zitiert wir nun
der Leiter der Wittstocker Polizeiwache Benedickt, der hier “fünf bis zehn
Aussiedler” ausgemacht haben will, die “schon länger in Wittstock sind”, sich aber
nur “in ihrem Kulturkreis aufhalten”. Die polizeiliche Perspektive auf das Problem
in dieser Siedlung ist sicherlich interessant, jedoch bei weitem nicht hinreichend,
um für eine fundierte Recherche herzuhalten. Doch danach steht Frau Kolb
offensichtlich auch nicht der Sinn. Vielmehr braucht es nun noch einen weiteren
Beleg für die in der Überschrift angekündigte “Selbstjustiz”. So berichtet sie, dass
fünf Aussiedler aus dem Kreise eben jener nicht Integrierten nach dem Trauermarsch
zu einem Treffpunkt der Rechten gefahren seien, um zwei junge Männer
zusammenzuschlagen. Dann erfährt man noch, dass der schon ins Visier geratene Bruder
des toten Kajrat dabei gewesen sein soll. Tatsächlich hat es in der Nacht nach dem
Trauermarsch einen Auseinandersetzung zwischen fünf Aussiedlern und zwei Deutschen
gegeben. Und tatsächlich sind fünf mutmaßlich an der Auseinandersetzung beteiligte
Russlanddeutsche vorübergehend in Polizeigewahrsam genommen worden. Allerdings sieht
die Berliner Rechtsanwältin Christina Clemm, die einen der Beschuldigten vertritt
und mit den Akten des Falles vertraut ist, “keinerlei Hinweise auf einen
Rachefeldzug. Vielmehr waren es erneut Provokation der beiden Deutschen, welche die
Schlägerei ausgelöst haben.” Dass der Bruder von Kajrat B. an diesem Abend zu Hause
war und sich um seine Familie gekümmert hat, weiss auch die Polizei. Nur Hanna Kolb
scheint das bei “ihren Recherchen in Wittstock” nicht mitbekommen zu haben. Oder hat
dies nicht in ihr Konzept gepasst?
Dominique John und Claudia Luzar
(Opferperspektive Brandenburg)
FRANKFURT (ODER). Das Brettspiel ist eine Mischung aus Monopoly und Spiel des Wissens. Doch während man zu Beginn einer Monopoly-Runde immerhin mit ein wenig Geld ausgestattet ist starten bei „Crashkurs Asyl” alle als arme Schlucker. Und im Verlauf des Spiels, bei dem man sich unter anderen auf die Felder Polizei (grün), Justiz (braun) oder Heim (blau) würfelt, wird das für die meisten nicht besser: Um etwas zu kaufen, gibt es Gutscheine, kein Geld. Und nur 1 bis 5 Prozent kommen überhaupt durch, heißt es lakonisch in der Spielanleitung. Den Crashkurs haben sich Jugendliche aus Cottbus ausgedacht. Eine etwas andere Art, zu vermitteln, wie sich Asylbewerber hierzulande fühlen. Und auch wenn die Erfolgschancen bei dem Spiel gering sind (Ziel ist es, eine Aufenthaltsbefugnis zu erhalten), mit dem Spiel hatten die Cottbuser gute Aussichten, am Montag im Rathaus in Frankfurt (Oder) einen Preis zu gewinnen. Vor 200 Besuchern im Rathaussaal präsentierten sich die Cottbuser und weitere neun Gruppen als Teilnehmer des antirassistischen Jugendwettbewerbs „Aktion Analyse” und zeigten ihre Wettbewerbsbeiträge. Die Cottbuser haben nicht nur den Crashkurs entworfen. Eine Befragung der Cottbuser zum Thema Rassismus gehörte ebenso zu ihrem Wettbewerbsbeitrag wie ein Kurzfilm über die Lebensbedingungen von Flüchtlingen in der Stadt. Der Wettbewerb wurde nach einem ungewöhnlichen Modus ausgewertet. Die zehn Gruppen hatten ihre Wünsche aufgelistet. Jede Gruppe konnte sagen, was sie für ihre Arbeit alles brauchen könnte. Eine lange Liste war zusammengekommen: Ein Faxgerät, ein Scanner, ein Seminar, Zeitungsabonnements oder auch Bücher. Mit der Liste waren die Auslober des Wettbewerbs losgezogen und hatten Spenden gesammelt. Am Montag machten die Gruppen dann untereinander aus, wer welchen Preis erhält. Die Idee dieses Wettbewerbs war, nach den vielen Jahren, in denen rassistische Gewalt in Brandenburg nicht entscheidend nachgelassen hat, die Ursachen zu ergründen. Ein Projekt der Brandenburger Jugendinitiative „Aktion Noteingang”. Die Macher des kleinen schwarz-gelben Aufklebers, auf der eine flüchtende Gestalt zu sehen ist, wurden mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet. Heute fürchtet die Aktion um ihre weitere Finanzierung.