Die für Sonnabend geplante Demonstration der NPD durch Potsdam ist derzeit verboten. Das zuständige Polizeipräsidium sieht in dem Motto des Aufzugs — Schluss mit der Masseneinwanderung russischer Juden, Deutschland den Deutschen — den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin teilt laut der Nachrichenagentur ddp diese Ansicht.
Monat: September 2002
Hoyerswerda. Bei dem brutalen Angriff auf einen farbigen 14-Jährigen im Juli 2002 habe es sich nicht um eine ausländerfeindlich motivierte Tat gehandelt, erklärte gestern Peter Bergmann, Sprecher der Polizeidirektion in Bautzen. Wie Bergmann mitteilte, hätte der Staatsschutz keine Anhaltspunkte für eine rechtsradikal motivierte Tat gefunden. Vielmehr habe es sich um einen “Beziehungsstreit ” gehandelt. Demnach hatte der 14-Jährige Kontakt zu einer Frau aus dem rechten Milieu. Gemeinsam mit dieser Frau hatten mehrere Jugendliche den Jungen daraufhin mit dem Auto in einen Wald bei Bernsdorf verschleppt und misshandelt. Das Amal-Netzwerk Sachsen für Opfer rechter Gewalt erklärte, bei der Fahrt im Auto seien Parolen wie “Sieg Heil ” und “White Power ” erklungen. Bei der Darstellung der Polizei handele es sich demnach um Verharmlosung rechtsextremistischer Gewalt, so Thomas Hannich von Amal Sachsen. Peter Bergmann erklärte, gegen die Jugendlichen sei Anzeige wegen Freiheitsberaubung und gefährlicher Körperverletzung erstattet worden. Warum der Vorfall erst Wochen später an die Öffentlichkeit gelangt sei, konnte Bergmann gestern nicht erklären. Möglicherweise habe es sich um “ermittlungstechnische Hintergründe ” gehandelt.
Ehrenfriedhof geschändet
Cottbus. Mitarbeiter des Grünflächenamtes entdeckten gestern Vormittag, dass 39Grabsteine auf dem Sowjetischen Ehrenfriedhof in Cottbus/Madlow umgestoßen worden waren. Die Polizei schließt nach ersten Ermittlungen nicht aus, dass einige der Grabsteine bereits Ende August umgeworfen wurden. Schmierereien wurden nicht festgestellt. Hinweise zu Tätern hat die Polizei noch nicht. “Bisher ist kein fremdenfeindlicher Hintergrund ersichtlich ” , sagt Berndt Fleischer, Sprecher des Polizei- schutzbereiches.
BERLIN, 10. September. Ein Berliner Gericht hat V‑Männer des Verfassungsschutzes beschuldigt, zum Mord an Juden und prominenten Politikern aufgerufen zu haben. Dabei geht es um die Nazirock-CD “Noten des Hasses”, die von den V‑Leuten produziert worden sei.
Am Montagabend hatte das Amtsgericht Tiergarten in einem Eilgerichtsverfahren den Berliner Neonazi Lars Burmeister zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Burmeister hatte gestanden, unter dem Synonym “White Aryan Rebels” an Herstellung und Vertrieb der CD “Noten des Hasses” beteiligt gewesen zu sein. “Nach richterlicher Überzeugung” aber waren die vom Bundesamt für Verfassungsschutz beziehungsweise vom Brandenburger Landesamt geführten V‑Männer Mirko Hesse und Toni Stadler die “Hauptinitiatoren bei Herstellung und Verbreitung der CD”, wie es in einer Mitteilung der Justizpressestelle heißt. Die Affäre um die beiden V‑Leute hatte zuletzt den Bundestag und den Landtag in Brandenburg beschäftigt.
NEURUPPIN/WITTSTOCK. Nach dem rechtsextremistischen Anschlag auf die Gedenkstätte im Belower Wald (Ostprignitz-Ruppin) hat die Polizei drei Verdächtige vorläufig festgenommen. Es handele sich um drei Brüder aus Wittstock, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt in Neuruppin, Gerd Schnittcher, am Dienstag. Mangels “dringenden Tatverdachts” seien die drei am Wochenende Inhaftierten seit Montag wieder auf freiem Fuß. Bei dem Anschlag vor knapp einer Woche war ein Ausstellungsraum ausgebrannt. Die Gedenkstätte, die an den Todesmarsch von KZ-Häftlingen aus Sachsenhausen im April 1945 erinnert, wurde zudem mit NS-Symbolen und judenfeindliche Parolen beschmiert.
KREIS — Gleich zu einem doppelten Debakel kam es am Montagabend bei einem Wahlforum in Perleberg, bei dem sich die sieben Kandidaten für den Bundestagswahlkreis 56 (dazu gehören die Kreise Ostprignitz-Ruppin, Prignitz und der Norden des Havellandes) präsentierten.Nachdem sich der Neuruppiner NPD-Kandidat Renald Christopeit nicht von dem Mordanschlag auf einen Spätaussiedler in Wittstock und dem Brandanschlag auf die Gedenkstätte im Belower Wald distanzierte, wurde der Bewerber per Publikumsabstimmung des Saales verwiesen.
SPD-Bewerber Ernst Bahr sowie Wolfgang Gehrcke (PDS) und Wolfgang Freese (Bündnisgrüne) hatten von Christopeit gefordert, sich von den Anschlägen zu distanzieren. Das lehnte Christopeit ab — weil er selber nichts damit zu tun habe. Als der NPD-Kandidat und seine Gefolgschaft den Saal unter lautem Protest verlassen hatten, bestimmte der Umgang mit der NPD und rechtem Gedankengut die Debatte — zum Unmut des CDU-Bewerbers Siegbert Meseck, der wenig später freiwillig, aber total verärgert diese Runde verließ. “Ich bin entsetzt”, sagte der 60-jährige Kreistierarzt. Meseck fühlte sich an Zeiten erinnert, als andere Meinungen ebenfalls nicht zugelassen wurden. “Ich bin kein Freund der NPD, aber den Leuten muss man doch mit Argumenten begegnen können.”
“Es war keine vernünftige Debatte”, gab gestern auch Ernst Bahr zu. Der SPD-Mann hätte es lieber gesehen, wenn die Wahl, wer den Saal verlässt, allein bei ihm und Christopeit gelegen hätte. In diesem Moment das Publikum zu befragen sei eher unglücklich gewesen, so Bahr. Christdemokrat Meseck ging noch einen Schritt weiter: Der CDU-Bewerber sprach von einer “getürkten Veranstaltung”, da hauptsächlich PDS-Leute im Saal gesessen hätten.
V‑Mann-Affäre: Milde für Hassmusik
BERLIN Der langjährige Berliner Neonazikader Lars Burmeister hat wieder einmal Glück gehabt. Am Montagabend verurteilte das Amtsgericht Berlin den 33-Jährigen für seine Beteiligung an der Erstellung und Verbreitung der rechtsextremen CD “Noten des Hasses” des Neonaziband-Projekts “White Aryan Rebels” überraschend zu einer 22-monatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung.
Mit der Anfang 2001 produzierten CD hatten Burmeister und seine mutmaßlichen Mittäter, ein V‑Mann des brandenburgischen Verfassungsschutzes und ein V‑Mann des Bundesamtes für Verfassungsschutz, unverhohlen zum Mord an Prominenten wie Michel Friedman aufgerufen. In Szenepublikationen brüsteten sich die Neonazis mit ihrem Erfolg: “Hass ist unser Antrieb, unsere Art zu leben und auch die Zukunft, die wir dem System predigen.”
Bei einem Neonazikonzert in Berlin war der Ex-Landesvorsitzende der verbotenen FAP am 21. Juli gemeinsam mit dem V‑Mann Toni S. aus Guben festgenommen worden. Bei einer Haftprüfung am Montag räumte Burmeister nun seine Beteiligung an der CD im Sinne der Anklage ein, die ihm Herstellung und Verbreitung verfassungswidriger Propaganda vorwarf. Auf Antrag seines Verteidigers wurde aus dem Haftprüfungstermin ein regulärer Prozess.
Bei der Entscheidung für eine Bewährungsstrafe hielt der Amtsrichter dem 33-Jährigen zugute, dass er nicht die treibende Kraft gewesen sei. Hauptinitiatoren bei der Herstellung und Verbreitung der 3.000 “Noten des Hasses” sollen nach Überzeugung des Gerichts die V‑Männer Mirko H. aus Sachsen und Toni S. gewesen sein. Gegen beide wird ermittelt.
Die Tatsache, dass der Amtsrichter Lars Burmeister attestierte, er hätte mit seinem umfassenden Geständnis glaubhaft Einsicht und Reue gezeigt, stößt bei dessen Opfern hingegen auf Skepsis. Zum Beispiel bei Klaus L. (Name geändert). Der heute 35-Jährige wird täglich durch seine Narben am Kopf an den brutalen Überfall durch Burmeister und ein halbes Dutzend Gesinnungsgenossen im Mai 1992 erinnert.
Einer Strafverfolgung hatte sich der wegen Propagandadelikten vorbestrafte “Überzeugungstäter” damals durch Flucht nach Norwegen entziehen können. Erst 1996 wurde er nach Deutschland ausgeliefert. Und machte nach seiner Haftentlassung weiter wie zuvor: als Kameradschaftsführer in Berlin und Produzent von Hassmusik.
Vor dem Amtsgericht Schwedt, Paul-Meyer-Str. 8, findet am Freitag, den 13.09.02, um
9 Uhr in Saal 106 die Urteilsverkündung in einem Prozess gegen drei Rechtsradikale
statt.
Der Vorfall fand am 24. Mai letzten Jahres, am so genannten “Herrentag”, in
Angermünde statt. Der Lokführer Christian S. war mit seinem acht-jährigen Sohn von
einer Radtour gekommen, als er erfuhr, dass ein stadtbekannter Rechtsradikaler,
Danny D., einem Punk das Handy gestohlen hatte. Empört ging Christian S. zum
Marktplatz, wo sich Danny D. mit zwei weiteren Rechtsradikalen aufhielt. Als er ihn
zur Rede stellen wollte, wurde er niedergeschlagen und von allen drei am Boden
liegend getreten. Sein Sohn stand daneben und brach in Heulen aus, als er sah, wie
sein Vater blutüberströmt am Boden lag. Christian S. kam nach kurzer
Bewusstlosigkeit wieder zu sich und stand auf. Als der Rechtsradikale in
provozierend fragte, ob er noch nicht genug habe, wehrte sich Christian S.
seinerseits.
Kay Wendel vom Verein “Opferperspektive” merkt dazu an: “Zu hoffen ist, dass das
Gericht das Verhalten von Christian S. angemessen würdigt: als einen Akt von
Zivilcourage gegen Rechtsradikale, die meinen, sie könnten willkürlich Menschen
einschüchtern und demütigen. Die Macht der Rechtsradikalen beruht zu einem guten
Teil darauf, dass so viele Menschen nicht eingreifen und ihnen Grenzen setzen.
Christian S. hat es versucht und dafür ein hohes Opfer gebracht. Am Freitag obliegt
es dem Gericht, den Rechtsradikalen eindeutige Grenzen zu setzen.”
Antirassistinnen gegen Strommast?
(Inforiot) Im folgenen dokumentieren wir einen Eintrag aus dem Open Posting Bereich von Indymedia Deutschland.
Vor rund einer Woche, am 4. September ging auf der Mailingliste des Independent Media Center Germany ein offensichtlich anonymes Schreiben ein, dass dafür verantwortlich zeichnet, “in der Nähe von Zeuthen einen 110 KV Strommasten umgesägt” zu haben.
Beweggründe für diese Sachbeschädigung werden im verschickten Schreiben benannt: Der Flughafen Berlin-Schönefeld sei, so die VerfasserInnen, Zentral für die Abschiebung von abgelehnten AsylbewerberInnen. Nach der Zerstörung eines zuführenden Strommasten sollte der Flughafen gemäß den Erwartungen und Hoffnungen der Verantwortlichen in Mitleidenschaft gezogen werden.
Nach knapp einer Woche sieht es so aus, dass diese Aktion wahlweise gar nicht statt gefunden hat, bzw. eine Meldung darüber nicht in den Bericht des polizeilichen Lagedienstes gelangt ist. (Anmerkung Inforiot: Der Verfassungsschutz Brandenburg erwähnt den Anschlag auf seiner Homepage) Recherchen über den tatsächlichen Hergang blieben bislang Ergebnislos.
Trotz alledem scheint das als Begründung von “Autonomen Gruppen” gelieferte Schreiben einige Interessante Gedanken zu formulieren; wenn es auch über weite Strecken so klingt, wie Satzbausteine aus der Textverarbeitung, einer an der Welt verzweifelnden SozialarbeiterInnenselbsthilfegruppe, die das Heil aller in den “Kämpfen” im Süden sieht — und diese lieber gegen die real existierenden Ausseinandersetzungen im als rassistisch desavouierten Geltungsbereiches des eigenen Personalausweises eintauschen möchten.
Dokumentation: das anonym an die Mailingliste gesandte Schreiben “Autonomer Gruppen”.
Flughäfen bilden eine zentrale Infrastruktur der rassistischen und imperialistischen Flüchtlingspolitik. Berlin-Schönefeld ist bundesweit der zweitwichtigste Flughafen für die Abschiebung von abgelehnten AsylbewerberInnen. Insbesondere Abschiebungen in die ost€päischen Staaten werden hier abgewickelt.
In der Nacht zum 4.September 2002 haben wir in der Nähe von Zeuthen einen 110 KV-Strommasten umgesägt, um die Stromversorgung des Flughafens Berlin-Schönefeld zu beeinträchtigen, bzw. lahmzulegen. Die Gefährdung Unbeteiligter war zu jedem Zeitpunkt ausgeschlossen.
Vor zwei Jahren blockierten anlässlich des Jahrestages der faktischen Abschaffung des deutschen Asylrechts zahlreiche AktivistInnen den Flughafen Schönefeld. Damals hieß es: Wir wollen “dieses Datum zum Anlaß nehmen, auf die sich seit diesem Zeitpunkt kontinuierlich verschärfende rassistische Praxis in der BRD aufmerksam zu machen. Menschen, die herkommen, ganz gleich aus welchen Gründen, haben ein Recht auf ein menschenwürdiges, gleichberechtigtes Leben — hier und überall.” Diese Blockade wollen wir hiermit gewissermaßen fortsetzen.
Protest ist, wenn wir sagen,…
Wir sehen unsere Aktion darüber hinaus als einen Beitrag zu den vielfältigen Aktionen und Diskussionen während der Grenzcamps in diesem Sommer.
Für die Auswertung der unterschiedlichen Ansätze der diesjährigen Camps wünschen wir uns, dass die Diskussionen um die Zukunft antirassistischer Sommeraktivitäten wieder im gemeinsamen und möglichst öffentlichen Rahmen fortgeführt werden.
Dazu gehören für uns auch die kontinuierlichen Kampagnen und Aktionen unterschiedlicher Initiativen, wie der selbstorganisierten Flüchtlingsgruppen, die u.a. “free movement” für Flüchtlinge fordern,
die derzeit wieder stattfindende “Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen”, die noch bis zur Bundestagswahl durch die BRD reist,
der sehr kreativen und vielfältigen Lufthansa-Kampagne “Stop Deportation Class” und ihrer Internet-Demo,
der Gruppen, die für Illegalisierte medizinische Versorgung und Unterkünfte organisieren,
Die seit langen verfochtene Praxis gegen Einkaufsgutscheine und Chipkarten (Infracard, Accor),
die Leute, die sich seit vielen Jahren für Kirchenasyl einsetzen,
die unterschiedlichen “Kein Mensch ist illegal” Gruppen,
und natürlich die Grenzcamps, die als alljährliche Mobilisierung und Bündelung von Initiativen fungieren, und die darüber hinaus, zwischen Vokü und Badesee, vielen Leuten einen Zugang zum Thema ermöglichen.
Sicherlich wollen wir mit unserer Aktion auch dafür werben, zu diesen Themen gelegentliche Sabotage zu praktizieren und am besten langfristig eine kontinuierliche und themenübergreifende Politik zu entwickeln.
…dass wir die herrschenden Verhältnisse unerträglich finden.
Flughäfen sind allgemeine Hochsicherheitszonen und damit Nadelöhr des Transits zwischen Ländern. Deutsche Flughäfen sind für die allermeisten Flüchtlinge bei der Einreise tabu. Aus nachvollziehbaren Gründen können politische Flüchtlinge in ihrer Heimat, wo sie von Folter und Mord bedroht sind, schlecht ein Ticket kaufen und sich ins Flugzeug setzen. Auch Menschen, die vom Reichtum des Nordens den ihnen zustehenden Teil haben möchten, ist der Luftweg verwehrt, da die BRD-Regierung die Fluglinien über Vorfeldkontrollen schon lange zum Helfershelfer ihrer Selektion in Erwünschte und Unerwünschte gemacht hat. In dieser zynischen Logik steht die “Sichere Drittstaaten” Regelung von 1993, wonach Flüchtlinge als Voraussetzung einer Anerkennung als Asylberechtigte faktisch nur noch per Flugzeug direkt aus ihrem Herkunftsland kommen dürfen. Jeder Transit durch irgendeinen anderen Anrainerstaat schließt den Asylstatus aus. Es verwundert nicht weiter, dass natürlich alle an die BRD angrenzenden Staaten als “Sichere Dritttstaaten” deklariert werden. So lernen Flüchtlinge deutsche Flughäfen nur als Ort ihrer Abschiebung kennen oder, wie in Frankfurt, als Internierungsort auf sogenanntem exterritorialen Raum.
Jährlich werden mehrere 10.000 Menschen gezwungen, die BRD über den Luftweg zu verlassen. Diese Abschiebepraxis ist heute Teil eines rassistischen Migrationsregimes, welches die Flüchtlinge und MigrantInnen nach den Kriterien der Verwertbarkeit für das Kapital sowie nach demografischen Kriterien selektiert.
Auch im Bereich der Unterbringung und Verpflegung von Flüchtlingen waren die furchtbaren Juristen dieses Staates in den letzten Jahren sehr kreativ. Das ansonsten heilige kapitalistische Prinzip der kostengünstigsten Form kommt hier nicht zur Anwendung. Das BRD-Regime lässt sich die unmenschliche Form von Heimunterbringung und externer Massenverpflegung einiges kosten, damit Flüchtlinge nicht an direkte Leistungen für Miete und Lebensunterhalt gelangen, wie bei SozialhilfeempfängerInnen. Denn es geht darum, den “Aufenthalt für Flüchtlinge so ungemütlich wie möglich” zu gestalten und einen Nachzug abzuschrecken.
Dem gegenüber werden illegalisierte Menschen von Politik und Medien zwar dämonisiert, sind aber in der Wirtschaft durchaus willkommen, da sie unter Ausnutzung ihrer völligen Rechtlosigkeit, Arbeitsverhältnisse nur zu den miesesten Konditionen erhalten.
Zu diesen “aufenthaltsverkürzenden Maßnahmen” gehört auch die Einschränkung der Bewegungsfreiheit für Flüchtlinge. Jedes Verlassen des zugewiesenen Landkreises ist eine Straftat und wird in der Mobilisierung der Massen propagandistisch benutzt, wenn die Schilys und Schills über “Ausländerkriminalität” hetzen.
Diese Bewegungsfreiheit ist selbstverständliches Menschenrecht und f&u
uml;r MigrantInnen unabdingbar, wenn sie sich politisch organisieren wollen. Daher konzentrieren selbstorganisierte Gruppen von Flüchtlingen ihre Aktivitäten auf diesen Punkt.
Widerstand ist, wenn wir dafür sorgen,…
Dies alles ist bekannt und nicht neu. Die autonome und antirassistische Bewegung steckt in dieser Auseinandersetzung seit Jahren in einem Dilemma und schafft es nicht, einen wirksamen Widerstand zu organisieren. Auch wir haben dafür weder ein Patentrezept noch grossartige Vorschläge. Daher unterstützen wir die zarten Pflänzchen des selbstorganisierten Widerstandes von Flüchtlingen und MigrantInnen und wünschen uns eine stärkere Diskussion und Zusammanarbeit, um zu einer gemeinsamen antirassistischen Praxis zu kommen.
Antirassistische und allgemein linksradikale Politik muss darauf abzielen, immer öfter den Weg vom Protest zum Widerstand zu finden. Diesbezüglich fällt uns immer häufiger ein gewisser Rückfall zur Ebene der Verbalbekundung auf, auch wenn dies modisch als “Diskurspolitik” gehypt wird.
Solange es uns aber nicht gelingt, auch unseren Alltag widerständig zu gestalten, kommen wir über eine phrasenhafte Ausstrahlung nicht hinaus. Erst wenn wir es schaffen, über die notwendige Destruktion hinaus, konstruktive und lebbare Perspektiven aufzuzeigen und zu leben, werden wir der Hoffnungslosigkeit der Menschen etwas entgegensetzen können. Die Frage ist auch, wie sich ein verstärkter Kontakt (der nicht immer leicht ist) zu MigrantInnen gestalten lässt — wie wir uns freier von Vorurteilen und Erwartungshaltungen begegnen können, um einer gelebten Utopie ein Stück näher zu kommen.
Selten gelingt es uns, unsere Vorstellungen im Alltag umzusetzen.
Auch die Versuche in großen Wohnprojekten zu leben, kollektive Strukturen zu schaffen scheinen immer mehr unter zu gehen. Deutlicher sichtbar sind die Versuche von frustrierten Menschen, mit Rundumschlägen, Ignoranz und Härte ihre Abgrenzung von der Szene hinzubekommen (zu sehen z.B. in der Diskussionen zum 1.Mai und zum Israel-Palästina-Konflikt).
Wir sollten erheblich mehr Augenmerk darauf legen, soziale Strukturen zu schaffen in denen auch wir uns aufgehoben fühlen. So sollte es z.B. möglich sein, im konkreten Zusammenleben rassistische und patriarchale Machtverhältnisse zu üerwinden. Wir brauchen auch andere Formen der Arbeit, bzw. des gemeinsamen Kampfes gegen die Lohnarbeit, um ökonomische Zwänge durch solidarische Strukturen zu verringern
Wenn wir also mit unseren Wünschen nach Solidarität und Kollektivität überzeugen wollen, sollte dies auch in unserem Zusammenleben und unseren Kämpfen erkennbar sein. Die gegenwärtig grasssierenden persönlichen Profilierungen auf Kosten anderer und polarisierende Grabenkämpfe erzeugen ein Klima, das Menschen, die wir erreichen können, eher abschreckt und entfernt.
Letztendlich müssen Staat und Gesellschaft im kontinuierlichen Prozess eines subversiven, d.h. herrschaftszersetzenden Alltags umgewälzt werden. Dies ist vor allem ein praktischer Prozess und weniger die intellektuelle Auseinandersetzung mit dem, was vielleicht einmal sein wird.
…dass die Geschichte der Herrschenden beendet wird.
Sozialrevolutonäre Prozesse sind allerdings nur im globalen Rahmen denkbar, also jenseits des eigenen Bauchnabels einer saturierten Metropolenlinken.
Eine Voraussetzung dafür ist der wechselseitige Bezug von kämpferischen Menschen aus den Ländern des Südens und des Nordens.
Wenn dann neben dem kapitalischen Warenverkehr auch die Menschen zwischen Nord und Süd zirkulieren können, und damit auch ihre Hintergrunderfahrungen, können entsprechende Netze entstehen. Hier wäre dann in Ansätzen die Spaltung von Wohlstands- und Elendsregionen überwunden und die unterschiedlichen Lebens- und gegebenenfalls kämpferischen Erfahrungen der Menschen aus dem Norden und dem Süden könnten zusammenkommen.
Vorerst sind dies natürlich Fernziele mit eher utopischem Charakter. Ein entsprechender Dialog verlangt aber zunächst ein entsprechendes Interesse von beiden Seiten und eine Sensibilität für die jeweilige Hintergründe.
In diesem Zusammenhang sehen wir eine gefährliche Tendenz innerhalb der Linken, die über Leitbegriffe wie “Zivilisation”, “Demokratie” (!) und ähnlichen zu extrem vereinfachten Erklärungen von gesellschaftlichen Prozessen in den Ländern des Südens zurückkehren. Es gibt einige, die offenbar ein geringes Interesse daran haben, imperialistische Ausbeutung und Unterdrückung zu thematisieren, und antiimperialistische Politik generell zu denunzieren versuchen. Manche entledigen sich schon ganz des Imperialismus-Begriffs anstatt ihn zu aktualisieren und begrüssen lieber schon mal die nächsten Nord-Süd-Kriege.
Im Gegensatz dazu spricht die Mut machende Antikriegs-Aktion vom 19.8. in Wilhelmshaven eine eindeutige Sprache. Beim Besuch des Flottillenadmirals Gottfried Hoch wurden sein Haus und Auto mit Farbe bedacht und demoliert. Wir finden, dass es zu einer antirassistischen Politik gehört, die Ursachen zu bekämpfen, warum Menschen fliehen müssen; Krieg ist eine davon.
Eine rassistische Politik wird aber nicht durch militante Interventionen allein verhindert, sondern dadurch, dass eine unübersehbare Zahl von Menschen den unmenschlichen Umgang mit “dem Fremden” einfach satt hat und nicht mehr länger zuläßt. Es geht also um die Köpfe und Herzen der Menschen und einen langen Prozess von emanzipatorischem Denken und Handeln.
Allerdings erhalten linke Bewegungen erst dann eine entsprechende Brisanz und eine punktuelle Durchsetzungsfähigkeit, wenn die unterschiedlichen Ebenen, also Protest, ziviler Ungehorsam, Sabotage und die unterschiedliche Formen militanten Widerstandes zusammenkommen.
Wir wollen mit unserer Aktion in Zeiten relativer Ohnmacht ein Zeichen setzen, und unserer militanten Kritik an den herrschenden Zuständen Ausdruck verleihen. Wir wollen außerdem allen Mut machen, sich ebenfalls militant zu organisieren.
Für freies Fluten — Kein Mensch ist illegal
Gegen imperialistische Kriege — Im Irak und anderswo
Autonome Gruppen
Die NPD hat im Zuge ihres Bundestagswahlkampfes Frankfurt (Oder) einen überraschenden Besuch abgestattet. Am späten Vormittag (des 10.September) bauten acht Anhänger der Partei einen Info-Stand an den Lenné Passagen auf und verteilten reichlich
Propaganda.
Unter den Rechtsextremisten, die durchaus höheren Alters waren, befand sich der NPD-Parteivorsitzende Udo Voigt, der mehrmals mit lautsprecherunterstützten Reden um
Wähler kämpfte. Der Wahlkampfauftritt kam völlig überraschend. Nicht nur das es keinerlei Werbung
für den Stand gab, auch mangelt es der NPD in Frankfurt seit längerem an Unterstützung. Der Stadtverband scheint komplett zusammengebrochen. Wahlplakate der
Partei sind auch nicht in der Stadt zu finden. So unterstützten lediglich zwei Frankfurter den Stand. Unter ihnen der rechtsextreme Liedermacher und den eigenen
Angaben zufolge „freier Nationalist“ Nico Schliemann. Er griff, wie auch schon bei Worch in Leipzig, zur Gitarre und plärrte nationalistische Lieder.
Trotz fehlender Kenntnis über den Stand versammelten sich schnell bis zu 30 Antifas um den Stand und verhinderten so weiteres verteilen Flugblättern. Frankfurter Bürger
mussten einen großen Bogen um den Stand nehmen. Leiden waren unsere Möglichkeiten sehr eingeschränkt. Fünf Zivis und ca. acht weitere Polizisten verteilten locker
Platzverweise uns schützten die Nazis in ihrer Zahl völlig überzogen.
Gegen 17.30 Uhr zog sich die NPD wieder nach Berlin zurück. Das Wahlkampfmaterial landete in einem roten SEAT Terra mit Aufbau (B‑WN 783). Voigt fuhr mit einem ca. 800m abseits geparkten silbergrauen Mercedes Benz älteres Modell (FS H 4128) weg.
Am Rande wurde bekannt, dass die NPD am morgigen 11.September den ganzen Tag am Fürstenwalder Rathaus stehen will. Abschließend schöne Grüße an die Berliner Antifas die der NPD mit dem Abfackeln eines ihrer Wahlkampfkarren in Lichtenberg ein deutliches Signal gegeben haben, sich
zurückzuziehen.