In einem Brief an den Präsidenten der BTU, Professor Ernst Sigmund, und die Cottbuser Oberbürgermeisterin Karin Rätzel teilten die arabischen Studenten mit, dass sie befürchten, jeder von ihnen könne leicht Ziel solcher Durchsuchungen werden. Die Bundesanwaltschaft verteidigte gestern ihr Vorgehen. Nach der Veröffentlichung einer Pressemeldung über Ermittlungen gegen mutmaßliche Terroristen in Cottbus und Süddeutschland hatte sie sofort Durchsuchungen eingeleitet. Die Studenten swind beunruhigt. Sie fürchten, unter einen Generalverdacht zu kommen. Einen Gebetsraum in einem Wohnheim der Uni sollen aber nicht nur Studenten besucht haben. Professor Ernst Sigmund, Präsident der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) in Cottbus, wusste gestern Nachmittag noch immer nicht, ob sich unter den fünf Verdächtigen, denen am Samstag eine Razzia in Cottbus, Hessen und Baden-Württemberg galt, Studenten seiner Uni befanden. Unter den etwa 120 islamischen Studenten der BTU hatte die Aktion des Generalbundesanwaltes jedoch für reichlich Unruhe gesorgt. Die sind völlig in Panik und fürchten nun, unter eine Art Generalverdacht zu fallen, sagt Uni-Präsident Sigmund. Der hatte gestern von den islamischen Studenten einen Brief bekommen, in dem sie das deutlich machten. Die Muslime an der BTU wollten durchaus, so Sigmund, dass die Sicherheitsbehörden gegen Terroristen und ihre Helfer vorgehen, doch das müsse mit Augenmaß geschehen. In Deutschland gebe es in Sachen Terroristenfahndung inzwischen vielleicht mehr Träumer als Schläfer, zitiert der Uni-Präsident aus dem Brief der Studenten. Viele Bemühungen der Uni, für Toleranz zu werben, so Sigmund, würden zunichte gemacht. Groß ist auch die Verärgerung an der Fachhochschule Lausitz. In ersten Meldungen hatte es geheißen, einige der verdächtigen Männer hätten da studiert. “Wir haben nur eine Hand voll arabische Studenten, hier an der Fachhochschule gibt es keinen Gebetsraum, wir wurden in ein völlig falsches Licht gesetzt”, ärgert sich Volker Schiffer, Kanzler der Fachhochschule. Einen Gebetsraum für Muslime gibt es jedoch seit etwa zwei Jahren in einem Studentenwohnheim der BTU Cottbus. Vermieter ist das Studentenwerk. Vor etwa zwei Jahren, so Geschäftsführerin Ulrike Hartmann, seien muslimische Studenten an das Studentenwerk mit der Bitte um einen solchen Raum herangetreten. Dann sei in Abstimmung mit der Uni ein Vertrag für einen Kellerraum abgeschlossen worden. Bedingung: Nur Studenten sollten den Gebetsraum nutzen dürfen. Das war jedoch möglicherweise nicht der Fall. Nach Informationen der RUNDSCHAU waren unter den regelmäßigen Besuchern der Gebete auch zahlreiche Muslime, die nicht als Studenten eingeschrieben waren. Diese Konstellation hatte offensichtlich schon seit Monaten das Interesse der Ermittler geweckt, vor allem, als engere Kontakte aus der Lausitz zu Islamisten in anderen Bundesländern bekannt wurden. Beim Studentenwerk, dem Vermieter des Gebetsraumes, waren nach Auskunft der Geschäftsführerin, Ulrike Hartmann, nie Hinweise angekommen, dass dort Kontakte geknüpft werden könnten, die in terroristische Kreise reichen. “Ich habe selbst gelegentlich den Raum gesehen, da waren Teppiche drin und einige Einrichtungsgegenstände, keine Schriften oder irgend etwas Auffälliges”, sagt Ulrike Hartmann. Das Studentenwerk habe weder das Recht noch einen Grund, sich ohne Anlass dort wie ein Dorfpolizist aufzuführen. Der Raum sei, so Hartmann, auch nicht am Wochenende durchsucht worden. Hinweise auf einen der verdächtigen Cottbuser sollen die Ermittler über die Rasterfahndung nach untergetauchten, terroristischen Muslimen, bekommen haben. Erst kürzlich hatte das Brandenburger Innenministerium Zahlen zu dieser Fahndung vorgelegt. Danach waren zunächst Daten von etwa 485 000 Personen in Brandenburg erfasst worden. Über mehrere Ermittlungsstufen waren zum Schluss etwa 20 Personen übrig geblieben, die näher überprüft wurden oder noch werden. Die Bundesanwaltschaft, die mit ihrem hastigen Zugriff am Samstagnachmittag für so viel Unruhe in der Lausitz gesorgt hatte, wies gestern den Verdacht zurück, die ganze Aktion sei eine Panne gewesen. Durch eine Vorabmeldung des Nachrichtenmagazins Focus sei man gezwungen gewesen, vom bisherigen Ermittlungskonzept abzuweichen, vorzeitig Durchsuchungsbeschlüsse zu beantragen. “Bis dahin bestand Einvernehmen mit dem Landeskriminalamt Brandenburg, vor einer Durchsuchung noch weitere vier Wochen zu ermitteln”, sagte die Sprecherin der Bundesanwaltschaft, Frauke-Katrin Scheuten. Jetzt werde weiter ermittelt. Ob das jedoch nach dem provozierten, überhasteten Zugriff noch zum Erfolg führt, ist fraglich. Auch im Bundesinnenministerium war man gestern offensichtlich über die Indiskretion aus Ermittlerkreisen und die Vorabmeldung wütend. Auf Grund solcher Veröffentlichungen könnten terroristische Aktivitäten leichter vorbereitet werden, sagte Ministeriumssprecher Rainer Lingenthal. Die Verdächtigen wären bei solchen Vorabinformationen dumm, wenn sie nicht Beweismittel beiseite räumen würden. Besonders verärgert ist man im Bundesinnenministerium und auch bei der Generalbundesanwaltschaft offensichtlich darüber, dass die Sicherheitsbehörden nicht durch eine Anfrage vor der Veröffentlichung gewarnt worden seien. Das erklärt auch, warum sich die Bundesanwaltschaft am Samstag nach Bekanntwerden der Meldung zunächst stundenlang in Schweigen hüllte, bis die Durchsuchung lief.
Monat: Oktober 2002
Keine Panne bei Razzia in Cottbus
KARLSRUHE/COTTBUS. Bei der Großrazzia der Sicherheitsbehörden gegen eine Islamistengruppe aus Cottbus gibt es laut Bundesanwaltschaft “keine Anhaltspunkte für eine Ermittlungspanne”. Sprecherin Frauke-Katrin Scheuten verwies am Montag darauf, dass die Ermittler, abweichend vom ursprünglichen Konzept, wegen einer Veröffentlichung gezwungen waren, vorzeitig Durchsuchungsbeschlüsse zu beantragen. “Bis dahin bestand Einvernehmen mit dem Landeskriminalamt, vor einer Durchsuchung noch weiter zu ermitteln.” Die Ermittlungen würden fortgeführt.
Nach einer “Focus”-Vorabmeldung hatte die Bundesanwaltschaft am Sonnabend elf Objekte im Raum Cottbus, in Groß-Gerau (Hessen) und Leinfelden-Echterdingen (Baden-Württemberg) durchsucht. Der Anfangsverdacht, wonach die Gruppe “auf der Grundlage eines aggressiv-militanten islamischen Fundamentalismus Anschläge in Deutschland” plante, konnte durch die Aktion nicht erhärtet werden. Der Kopf der Gruppe wurde in Abschiebehaft genommen, die anderen Verdächtigen sind wieder frei.
Die Cottbuser Oberbürgermeisterin Karin Rätzel (parteilos) reagierte verärgert. Der Präsident der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU), Ernst Sigmund, sagte: “Es ist unverantwortlich, was hier passiert ist.”
GUBEN/COTTBUS/LEIPZIG. Ein bitterer Tag könnte der Mittwoch für Joachim Dönitz, den Präsidenten des Landgerichts Cottbus, werden. Dann nämlich, wenn der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil im so genannten Hetzjagdverfahren aufhebt. Dönitz’ Strafkammer hatte im November 2000 acht der elf Angeklagten für schuldig befunden, für den Tod des algerischen Asylbewerbers Farid Guendoul mitverantwortlich zu sein. Der 28-Jährige, der in Deutschland unter dem Namen Omar ben Noui Zuflucht gesucht hatte, starb in einer Februarnacht 1999. Auf der Flucht vor seinen offensichtlich rechtsradikalen Verfolgern war er durch die Glastür eines Hauses in Guben gesprungen und hatte sich dabei so schwer verletzt, dass er binnen weniger Minuten verblutete. Drei seiner Verfolger verurteilte das Landgericht Cottbus zu Haftstrafen zwischen zwei und drei Jahren, sechs kamen mit Bewährungsstrafen davon, zwei mit einer Verwarnung.
Nur Staatsanwaltschaft zufrieden
Mit dem Urteil war kaum einer zufrieden: Zu milde war es den Angehörigen des verstorbenen Guendoul, zu hart den meisten Angeklagten. Beide Seiten legten Revision beim Bundesgerichtshof ein. Nur die Staatsanwaltschaft Cottbus akzeptierte das Urteil — ganz im Gegensatz zum Generalbundesanwalt, der sich Monate später ebenfalls dafür einsetzte, dass das Urteil vom Bundesgerichtshof überprüft wird.
Am Mittwoch verhandelt der in Leipzig ansässige 5. Strafsenat mündlich über den Fall. Insider werten diese Tatsache als Hinweis darauf, dass die Richter mit dem Urteil nicht ganz zufrieden sind. Denn die allermeisten Fälle entscheidet der BGH schriftlich, ohne Anhörung der Beteiligten. Nach Angaben des Sprechers des obersten deutschen Gerichtes ist es höchstwahrscheinlich, dass der Senat noch am Mittwoch eine Entscheidung verkündet.
Sollte das Urteil aufgehoben werden, muss das “Hetzjagdverfahren” neu aufgerollt werden. Für Dönitz wäre es das zweite Mal, dass eines seiner Urteile in einem spektakulären Verfahren aufgehoben wird: 1998 annullierte der BGH sein Urteil im Havemann-Verfahren. Dönitz, damals Vizepräsident des Landgerichts Frankfurt (Oder), hatte DDR-Juristen vom Vorwurf freigesprochen, in den Prozessen gegen den Regimekritiker Robert Havemann das Recht gebeugt zu haben.
Das von Dönitz geleitete Hetzjagd-Verfahren hatte schon weit vor dem Urteil für Aufsehen gesorgt: Einige der Angeklagten trugen auch im Gericht ihre rechtsradikale Gesinnung durch Glatze, Springerstiefel und Bomberjacke offen zur Schau und lümmelten eher gelangweilt auf der Angeklagebank. Ein Verteidiger verniedlichte das tragische Geschehen jener Nacht zum simplen “Räuber- und Gendarm-Spiel”, die Anwälte sorgten durch viele Anträge für die rekordverdächtige Prozesslänge von fast eineinhalb Jahren. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) nannte den Prozess einen “Skandal”, weil die Justiz anscheinend nicht mit rechtsradikalen Gewalttätern fertig werde. Als Thierse dann die Verteidiger als “Gesinnungsgenossen” der Angeklagten brandmarkte, reagierten die Juristen mit Strafanzeigen.
Zwei Angeklagte im Gefängnis
Bestätigt der BGH das umstrittene Urteil, würde es rechtskräftig — und die zu Haftstrafen Verurteilten müssten ins Gefängnis. “Die Aufforderung zum Haftantritt wird dann zügig erfolgen”, sagt Cäcilia Cramer-Krahforst von der Staatsanwaltschaft Cottbus. Zwei der elf Angeklagten sitzen derzeit schon wegen anderer Taten im Gefängnis: David B. verbüßt eine Haftstrafe, weil er kurz nach dem Ende des Hetzjagdverfahrens einen Mann angriff, der wie ein Ausländer aussah. Alexander B. sitzt in U‑Haft und wartet auf seinen Prozess wegen gefährlicher Körperverletzung.
Cottbus. “Wir müssen allesamt wachsam bleiben ” mit diesen Worten resümierte Christina Giesecke, verantwortlich fürs Dezernat Jugend, Kultur und Soziales, die jüngsten Präventionsbemühungen gegen Rechtsextremismus. Die Mitglieder des Sozialausschusses unterrichtete sie über den Verlauf des Politischen Cafes mit der Fernsehjournalistin Lea Rosh (die LR berichtete). Der rechten Szene zuzurechnende Jugendliche träfen sich in Cottbus häufig an Tankstellen, so Giesecke. Zunehmend sei rechtsextremes Gedankengut aber auch “in Gymnasien und gutsituierten Kreisen ” zuhause. Offenkundig herrsche in Cottbus heutzutage auch Angst vor Rechten. Christina Giesecke schilderte als Beispiel eine Straßenbahnfahrt. Von allen zusteigenden Passagieren sei verlangt worden, ihre Fahrkarten vorzuweisen nur einige Jugendliche im Look der rechten Szene seien unkontrolliert geblieben. Auf ihren Protest habe der Schaffner Christina Giesecke geantwortet: “Wissen Sie, was dann bei der letzten Haltestelle passiert? ” Dr. Martina Münch (SPD) kündigte an, dass der Cottbuser Aufbruch ein Gespräch mit Tankstellenpächtern suchen wolle, um die Situation zu erörtern und Möglichkeiten auszuloten, wie den Pächtern geholfen werden könne. Es sei hinlänglich bekannt, dass die Polizei immer wieder wegen der Treffen Jugendlicher zu den Tankstellen gerufen werde, allerdings unverrichteter Dinge zurückkehre, weil das bloße Herumstehen ja noch keinen Straftatbestand darstelle.
Cottbus. Zum Streit zwischen fünf jungen Leuten von 17 bis 26 Jahren und einem jordanischen Arzt vor einem Supermarkt in der Gelsenkirchener Allee hat die Staatsanwaltschaft jetzt weitere Ermittlungen angeordnet. Anfang September war es vor dem Supermarkt zuerst zu einer verbalen Auseinandersetzung gekommen, die dann in einem Handgemenge endete. Einer der jungen Männer und der Arzt hatten sich laut Polizei an der Kleidung gezerrt. Die Polizei hatte seinerzeit keinen rechtsextremen oder fremdenfeindlichen Hintergrund für den Streit gesehen. Nach Vernehmung des Arztes hat die Staatsanwaltschaft jedoch weiteren Klärungsbedarf. Es seien “sehr konkrete ” Vorwürfe gegen Beteiligte erhoben worden. Daher sollen nun weitere Zeugen vernommen werden. Sie sollen Aufschluss geben, ob der Arzt und seine Tochter beleidigt wurden und eine Körperverletzung vorliegt. Ob Anklage erhoben werde, hänge vom Ergebnis dieser weiteren Ermittlungen ab, hieß es gestern seitens der Staatsanwaltschaft.
ältere beiträge:
Handgreiflichkeiten vorm Supermarkt
Attacke auf jordanischen Arzt: Polizei sieht keinen Rassismus
Zwei Festnahmen in Potsdam
Ein Potsdamer Student ist am Sonntagabend auf dem Hauptbahnhof von zwei Jugendlichen beschimpft und geschlagen worden. Der 29-jährige aus Kamerun, der an der Potsdamer Universität studiert, erlitt Gesichtsverletzungen und suchte selbständig den Arzt auf. In Zusammenarbeit mit dem Bundesgrenzschutz wurden am Busbahnhof zwei tatverdächtige Potsdamer (16; 18) gestellt. Die leicht alkoholisierten Jugendlichen wurden bei einer Gegenüberstellung eindeutig wiedererkannt.
Der Student befand sich im Bahnhofsgebäude kurz vor 22 Uhr an einem Automaten, um Fahrkarten zu kaufen, als ihn zwei Unbekannte ansprachen und ausländerfeindlich beschimpften. In der Folge schlug einer der beiden Personen dem Kameruner mit der Faust ins Gesicht, was dieser mit einem Gegenschlag beantwortete und sich dann entfernte. Als er im Mittelgang der Bahnhofspassage ankam, brachte ihn der zweite Täter zu Fall und schlug ihn mehrmals mit der Faust ins Gesicht. Der Schläger gehörte offenbar zu einer fünfköpfigen Personengruppe, mit der sich der Täter dann entfernte.
Der Geschädigte erstattete Anzeige bei Beamten des Bundesgrenzschutzes. Diese verständigten die Potsdamer Polizeiwache Mitte und leiteten sofort eine Nahbereichsfahndung ein, bei der die beiden Haupttäter und eine weitere Person (15) aus der fünfköpfigen Gruppe am Busbahnhof gestellt werden konnte. Die beiden alkoholisierten Täter wurden vorläufig festgenommen, der 15-jährige Potsdamer wurde als Zeuge zur Polizeiwache gebracht und
anschließend seinen Eltern übergeben. Die Ermittlungen zum Verdacht der Körperverletzung mit fremdenfeindlichen Hintergrund dauern an.
Wochenendseminar
Polizei auf dem Prüfstand.
Eine kritische Zwischenbilanz neuer Polizeibefugnisse
Liebe Freundinnen und Freunde,
unsere Initiative führt von Freitag, 18.10. bis Sonntag, 20.10.2002 im Potsdamer Tagungshaus Hochdrei das Wochenendseminar Polizei auf dem Prüfstand. Eine kritische Zwischenbilanz neuer Polizeibefugnisse durch.
Dazu laden wir Euch hiermit herzlich ein. Das Seminar bietet eine ideale Möglichkeit, sich einen Überblick über Polizeiarbeit und ‑befugnisse insbesondere im Land Brandenburg zu verschaffen. Erstklassige Referent/innen werden am Freitag und Samstag vormittag einen kompakten Überblick über wesentliche Entwicklungen des Polizeirechtes und die Struktur der brandenburgischen Polizei vermitteln.
Ziel des Seminars ist eine kritische Bewertung der seit einigen Jahren in Brandenburg geltenden polizeilichen Befugnisse (Aufenthaltsverbote, Todesschuß, Videoüberwachung, Schleierfahndung). Die Folgen und Ergebnisse dieser Befugnisse wollen wir nach Einführungsreferaten gemeinsam in Arbeitsgruppen diskutieren. Unsere Arbeitsergebnisse sollen in einer Broschüre veröffentlicht werden.
Der Seminarplan läßt dennoch genug Raum zum gegenseitigen Kennenlernen. Wir wünschen uns ausdrücklich, daß das Seminar einen Beitrag leisten kann, interessierte polizeikritische Gruppen miteinander bekanntzumachen und die künftige Zusammenarbeit zu verbessern.
Der Seminarbeitrag beträgt 22 Euro mit und 10 Euro ohne Übernachtung (jeweils mit Vollverpflegung). Weitere Ermäßigungen können je nach vorliegenden Anmeldungen mit uns telefonisch vereinbart werden.
Einen Anmeldeschein und das aktuelle Seminarprogramm findet Ihr auf den Internetseiten www.polizeikontrollstelle.de
Viele Grüße aus Potsdam
Eure
Initiative Polizeikontrollstelle
Programm des Wochenendseminars
vom 18. bis 20. Oktober 2002
Die Einführung neuer Polizeibefugnisse wurde auch in Brandenburg mehrfach kritisch öffentlich diskutiert. Während die Befürworter/innen einen Zugewinn an Sicherheit und eine effektivere Bekämpfung von Straftaten versprachen, befürchteten Bürgerrechtsorganisationen schwere Eingriffe in Grund- und Bürgerrechte. Inwieweit sich Bedenken und Versprechungen in der Praxis bewahrheitet haben, soll in dem Seminar erstmals umfassend und kritisch untersucht werden.
Freitag, 18.10.02:
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16:00 — 18:00 Uhr Anreise
18:00 — 19:00 Uhr Einführung ins Seminar
19:00 — 19:45 Uhr Abendbrot
20:00 Uhr Im permanenten Ausnahmezustand Die Antiterrorgesetzgebung in der Bundesrepublik
und ihre gesellschaftlichen Auswirkungen »Rolf Gössner (Rechtsanwalt und Buchautor)
Samstag, 19.10.02:
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9:00 — 10:00 Uhr Frühstück
10:00 — 11:30 Uhr Organisation, Aufbau und Struktur der Polizei in Brandenburg
N.N. (Cilip, Institut für Polizei u. Bürgerrechte Berlin, angefragt)
11:30 — 12:00 Uhr Vorstellung der Arbeitsgruppen
12:00 — 12:45 Uhr Uhr Mittagspause
13:00 — 14:45 Uhr Weiterarbeit in moderierten Arbeitsgruppen mit Impulsreferaten
AG Aufenthaltsverbote
N.N. Initiative zur Stärkung der Grund- und Bürgerrechte gegenüber der Polizei
AG Schleierfahndung
Martin Herrnkind (ehem. Sprecher BAG Kritische PolizistInnen)
15:00 — 16:45 Uhr Arbeitsgruppen II
AG Videoüberwachung
Dr. Fredrik Roggan (Jurist und Buchautor)
AG Polizeiliche Todesschüsse
Otto Diederichs (Cilip)
17:00 — 18:00 Uhr Auswertung der Arbeitsgruppen
18:00 — 19:30 Uhr Abendbrot
Sonntag, 20.10.02:
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9:00 — 10:00 Uhr Frühstück
10:00 — 12:00 Uhr Die Entwicklung des Demonstrationsrechtes Bilanz und Perspektiven
N.N. (Rote Hilfe, angefragt)
12:00 — 13:00 Uhr Mittag
13:00 — 14.00 Uhr Abschlußplenum
14:00 — 15:00 Uhr Bilanz und Verabschiedung
Polizeikontrollstelle — Initiative zur Stärkung der Grund- und Bürgerrechte gegenüber der Polizei
Lindenstraße 47
14467 Potsdam
Tel. 0331–280 50 83
www.polizeikontrollstelle.de
Ultimatum an braune Brandstifter
TREBBIN Im wochenlangen Streit um zwei Feuerwehrmänner in Trebbin (Teltow-Fläming), die in der Vergangenheit wiederholt durch rechtsextreme Einstellungen und Gewalttaten aufgefallen sind, kommt Bewegung. Der Chef der Freiwilligen Feuerwehr in Trebbin, Burkhard Heinrich, hat den beiden Kameraden Silvio K. und Steffen T. ein Ultimatum gestellt: Sie haben bis zum kommenden Freitag Zeit, sich öffentlich “eindeutig und nachhaltig von Rechtsextremismus, Ausländerfeindlichkeit, Gewalt gegen Andersdenkende und Rassismus” zu distanzieren. Komme es zu keiner Erklärung, gehe man davon aus, dass Trebbins Bürgermeister Thomas Berger (CDU) das angekündigte Ausschlussverfahren “unverzüglich” durchführen werde, so Heinrich.
Mit dem Schreiben reagierte Heinrich auf die jüngste Kritik der Initiative “Trebbin miteinander”. Diese hatte in einem offenen Brief eine Reaktion der Feuerwehr eingefordert. Mehr als zwei Wochen habe man auf eine “Stellungnahme und eindeutige Abgrenzung von Intoleranz, blindem Hass und Gewalt gegen Ausländer und Andersdenkende” gewartet, heißt es in dem Schreiben, das unter anderem vom Bürgermeister, der Grundschulleiterin, Kirchenmitarbeitern und Lehrern unterzeichnet war. Es sei nicht erklärlich, dass die beiden Verurteilten Sivio K. und Steffen T. zwar am Festzug zum 120-jährigen Bestehen der Trebbiner Feuerwehr nicht teilnehmen durften, aber beim offiziellen Feuerwehrball mitfeiern durften.
Die Trebbiner Menschenjagd hatte vor sechs Jahren weit über die Landesgrenzen hinaus für Schlagzeilen gesorgt: Am Abend des 30. September 1996 hatte eine Meute von Rechtsextremen gezielt Jagd auf italienische Bauarbeiter gemacht und diese teils schwer verletzt. Doch nur zwei der Schläger mussten damals büßen. Jan Weicht wurde 1997 wegen versuchten Mordes zu 15 Jahren Haft verurteilt. Er hatte dem Italiener Orazio Giamblanco mit einer Baseballkeule den Schädel zertrümmert. Das Opfer überlebte knapp und ist seitdem schwer behindert. Francesco Heim, ein weiterer Mittäter, verbüßt seit 1997 eine achtjährige Jugendstrafe.
Der Prozess gegen die restlichen Schläger kam im letzten Augenblick: Kurz vor Verjährung der Tat packte Haupttäter Jan Weicht aus und belastete sieben seiner früheren Kumpel aus der “Freien Kameradschaft Trebbin” schwer. Vor dem Luckenwalder Amtsgericht wurde der Fall nochmals aufgerollt. Obwohl der Hauptbelastungszeuge nachweislich in einigen Punkten gelogen hatte und alle Zeugen aus der rechtsextremen Szene unter kollektivem Gedächtnisverlust litten, sah der Richter eine Mittäterschaft als erwiesen an.
Das Urteil: Silvio K. (24) und Steffen T. (23) erhielten nach Jugendstrafrecht eine Verwarnung und müssen Geldstrafen zwischen 400 und 600 Euro zahlen. Die anderen drei Angeklagten erhielten Freiheitsstrafen zwischen vier und acht Monaten zur Bewährung.
Terrorverdacht nicht erhärtet
Nach den Razzien der Bundesanwaltschaft gegen eine mutmaßliche islamistische Terrorzelle aus Cottbus hat sich der Tatverdacht gegen die fünf Beschuldigten nicht erhärtet. Vier von ihnen seien wieder auf freien Fuß gesetzt worden, teilte Generalbundesanwalt Kay Nehm in Karlsruhe mit. Ein 41 Jahre alter Algerier, der als Kopf der Gruppe galt, wurde wegen eines Abschiebehaftbefehls zunächst inhaftiert. Die Ermittlungen ergaben bisher keine konkreten Hinweise auf Anschlagspläne, hieß es.
Am Samstag hatten die Ermittler elf Objekte im brandenburgischen Cottbus, im hessischen Groß-Gerau und in Leinfelden-Echterdingen (Baden-Württemberg) durchsucht. Laut Bundesanwaltschaft gab es Anhaltspunkte dafür, dass die Gruppe “auf der Grundlage eines aggressiv-militanten islamischen Fundamentalismus Anschläge in der Bundesrepublik Deutschland” geplant habe. Bei den Durchsuchungen wurden Mobiltelefone, Schriftmaterial und Bankunterlagen sichergestellt. Sprengstoff oder Sprengstoff-Utensilien wurden nicht entdeckt.
Pressebericht störte Observationen
Nach einem Bericht der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” (FAS) wurden die mutmaßlichen Islamisten seit mehr als zwei Monaten rund um die Uhr observiert. Am Samstag meldete das Magazin “Focus” vorab, der Anführer der Gruppe habe in den vergangenen Wochen intensiv nach Sprengstoff-Experten gesucht. In Folge des “Focus”-Berichts sah sich die Bundesanwaltschaft eigenen Angaben zufolge gezwungen, die Observationen entgegen der ursprünglichen Planung abzubrechen und sofortige Durchsuchungen anzuordnen. Ob sich dies auf den Ermittlungserfolg ausgewirkt hat, könne derzeit nicht beurteilt werden, hieß es aus Karlsruhe.
Mit einer Durchsuchungsaktion in mehreren Bundesländern hat die Generalbundesanwaltschaft Ermittlungen gegen mutmaßliche Terrorpläne einer Islamisten-Gruppe vorgegangen. Wie die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mitteilte, wurden seit dem Nachmittag insgesamt elf Objekte im brandenburgischen Cottbus und Umgebung sowie in Groß-Gerau (Hessen) und Leinfelden-Echterdingen (Baden-Württemberg) durchsucht.
Aggressiv-militante Fundamentalisten
Die fünf Mitglieder der Gruppierung mit Sitz in Cottbus würden verdächtigt, “auf der Grundlage eines aggressiv-militanten islamischen Fundamentalismus schwere Gewalttaten in der Bundesrepublik Deutschland zu planen”. Nähere Einzelheiten zur Art und Weise der geplanten Anschläge sowie über konkrete Anschlagsziele liegen laut Bundesanwaltschaft nicht vor. Aus “ermittlungstaktischen Gründen” würden über die Beschuldigten zurzeit keine Angaben gemacht. Generalbundesanwalt Kay Nehm habe sich angesichts von aktuellen Presseberichten veranlasst gesehen, “in Abweichung vom Ermittlungskonzept” Durchsuchungsbeschlüsse des Bundesgerichtshofes zu erwirken und unverzüglich vollstrecken zu lassen.
“Focus”: Anschläge auf US-Militäreinrichtungen
Das Magazin “Focus” hatte unter Berufung auf Ermittlerkreise von geplanten Sprengstoffanschlägen einer Cottbuser Islamisten-Gruppe berichtet. Ziele seien US-amerikanische und jüdische Einrichtungen, wie der US-Militärflughafen im rheinland-pfälzischen Spangdahlem sowie Objekte in Berlin und Frankfurt/Main. So habe der Anführer der Islamisten-Gruppe nach Erkenntnissen des Staatsschutzes in den vergangenen Wochen intensiv nach Experten für den Umgang mit Sprengstoff gesucht, schreibt “Focus” weiter. Den Ermittlungen zufolge unterhielten die verdächtigen Islamisten Kontakte zu Mitarbeitern privater deutscher Sicherheitsunternehmen. Eine dieser Verbindungen habe bis in den sensiblen Abfertigungs- und Gepäckbereich des Stuttgarter Flughafens gereicht. Dort seien umgehend die Sicherheitsvorkehrungen verschärft worden. Bisher gab es nach offiziellen Angaben keine Hinweise auf terroristische Aktivitäten in Brandenburg. Allerdings gilt das Land aus Sicht von Potsdamer Sicherheitsexperten als potenzielles Rückzugsgebiet für Terroristen.