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Feministische Theorie — Weibliche Subjektwerdung im Spätkapitalismus”

Fre­itag, den 25.04

um 20 UHR

in der Zelle 79 (Parzellenstr.79, Cottbus)

Die Frage nach der Vere­in­barkeit von Fam­i­lie und Beruf ist der immer wieder
neu gestellte Klas­sik­er der Frauen­frage. Hat­ten die 68er Frauen die Frage
noch ver­sucht kollek­tiv durch den Auf­bau von Kinder­lä­den zu beant­worten, so
wurde mit der Kam­pagne gegen den §218 und der Parole “Mein Bauch gehört mir”
auf die indi­vid­u­al­isierte Vari­ante geset­zt. Sei­ther wurde sich in der
Frauen­be­we­gung an dem an der Aufk­lärung angelehn­ten Ide­al­bild des
selb­st­bes­timmten Sub­jek­ts ori­en­tiert. Ziel war nicht nur wie bei der ersten
Frauen­be­we­gung die rechtliche Gle­ich­stel­lung, die doch an der konkreten
Sit­u­a­tion der Frau als vom Mann Abhängige nichts änderte, son­dern eine
voll­ständig selb­st­bes­timmte Existenz. 

Das hat, so die These Andrea Tru­mans, nicht zu ein­er Angle­ichung an die
Män­ner, son­dern zu ein­er spez­i­fisch weib­lichen Form der bürgerlichen
Sub­jek­twer­dung geführt, und zwar zu einem Zeit­punkt, an dem selb­st von der
Idee der bürg­er­lichen Sub­jek­tiv­ität im emphatis­chen Sinne nichts mehr übrig
geblieben ist. Diesen Wider­spruch reflek­tierte die Frauen­be­we­gung jedoch
sehr sel­ten. Nur während der Stu­den­ten­be­we­gung gab es eine Ahnung davon,
dass Frei­heit auch mehr bedeuten kön­nte als Arbeits­fähigkeit und Kontrolle
über die eigene Gebährfähigkeit. Auf­grund dieser nicht hinterfragten
Prämis­sen erwies sich die neue Frauen­be­we­gung als Katalysator
kap­i­tal­is­tis­ch­er Mod­ernisierung­sprozesse. Das hat nicht zu ein­er Abschaffung
patri­ar­chaler Ver­hält­nisse geführt, son­dern zu ein­er Verinnerlichung
patri­ar­chaler Herrschaft in die Sub­jek­te hinein. Nachgeze­ich­net wer­den soll
im Vor­trag die Geschichte bürg­er­lich­er Sub­jek­twer­dung sowie deren weibliches
Äquiv­a­lent bis hin zu gen­tech­nol­o­gis­chen Zeit­en, in denen die Frauen ganz
selb­st­bes­timmt und autonom eugenis­che Sortierun­gen ausführen. 

Andrea Tru­man, geb. 1973, ist Diplom-Päd­a­gogin. Sie engagierte sich in
ver­schiede­nen fem­i­nis­tis­chen Grup­pen, führte bei Jungdemokratinnen/Junge
Linke Sem­i­nare zum The­ma Frauen­be­we­gung durch und veröf­fentlichte eine Reihe
von Artikeln zu Fra­gen fem­i­nis­tis­ch­er The­o­rie. Schon seit längerem
beschäftigt sie sich im Berlin­er AK Wis­senschaft­skri­tik mit
Bevölkerungspoli­tik, Naturbe­grif­f­en und Gentechnologie. 

2002 erschien von A. Tru­man im Schmetter­lingver­lag “Fem­i­nis­tis­che Theorie:
Frauen­be­we­gung und weib­liche Sub­jek­t­bil­dung im Spätkapitalismus”

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Birthler-Ministerium hat Öffentlichkeit in die Irre geführt

Mit Befrem­den haben die Lan­desvor­sitzen­den von BÜNDNIS 90/Die Grünen
reg­istri­ert, dass das Umwelt­min­is­teri­um ent­ge­gen früheren Aus­sagen nun doch
eine zukün­ftige mil­itärische Nutzung des Land­schaftss­chutzge­bi­etes “Rup­pin­er
Wald- und Seenge­bi­et” in eine Verord­nung des Lan­des aufgenom­men hat. Dieses
liegt zum Teil auf dem Are­al der Kyritz-Rup­pin­er-Hei­de, dessen erneute
Nutzung als Trup­penübungsplatz stre­it­ig ist. Die Bürg­erini­tia­tive FREIe
HEI­De hat­te die Zuläs­sigkeit ein­er mil­itärischen Nutzung für das
Land­schaftss­chutzge­bi­et in ein­er entsprechen­den Verord­nung des
Umwelt­min­is­teri­ums als voraus­seilen­den Gehor­sam gegenüber dem
Bun­desvertei­di­gungsmin­is­teri­um kri­tisiert. Auf die Kri­tik hin versicherte
der Sprech­er des Umwelt­min­is­teri­ums Anfang März laut Presse­bericht­en, bei
der Schutzge­bi­etsverord­nung, die an Ost­prig­nitz-Rup­pin­er Kom­munen verschickt
wor­den war, han­dle es sich nur um einen Entwurf. Jet­zt stellen BÜNDNIS
90/Die Grü­nen fest, dass jen­er Pas­sus, der sich auf die mil­itärische Nutzung
bezieht, Wort für Wort im Gesetz- und Verord­nungs­blatt erschienen ist. 

“Wir fordern Umwelt­min­is­ter Wolf­gang Birth­ler auf, diesen Vor­gang klar zu
stellen”, sagte der Lan­desvor­sitzende von BÜNDNIS 90/Die Grü­nen, ROLAND
VOGT. “Denn so wie die Angele­gen­heit derzeit erscheint, waren die Äußerungen
aus dem Umwelt­min­is­teri­um nur dazu gedacht, Kri­tik­er zu besän­fti­gen. Der
Wahrheit haben sie offen­bar nicht entsprochen. Es ist nicht hinzunehmen,
dass das Umwelt­min­is­teri­um schon vor ein­er endgülti­gen Entschei­dung über die
Zukun­ft der Kyritz-Rup­pin­er Hei­de die Grund­la­gen schafft, die einen
Trup­penübungsplatz ermöglichen”, sagte ROLAND VOGT

BÜNDNIS 90/Die Grü­nen fordern den Min­is­ter­präsi­den­ten Matthias Platzeck
(SPD) zudem auf, sich an seine frühere, kri­tis­che Hal­tung zu einem
Trup­penübungsplatz in der Kyritz-Rup­pin­er Hei­de zu erin­nern. Wir appellieren
an die Lan­desregierung, sich doch noch eines Bes-seren zu besin­nen und zu
respek­tieren, dass der Trup­penübungsplatz von einem großen Teil der
Bran­den­burg­er nicht gewollt wird. Die Lan­desregierung muss endlich mit
Meck­len­burg-Vor­pom­mern gle­ichziehen und sich im Inter­esse der aufstrebenden
Touris­muswirtschaft in der Region beim Bund gegen das geplante Bombodrom
aussprechen.”

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Deutsche verwerten jüdische Nachbarn

Aktion 3. Deutsche ver­w­erten jüdis­che Nachbarn.

Doku­mente zur Arisierung

Die vom Poli­tik­wis­senschaftler Wolf­gang Dreßen (Leit­er der
Arbeitsstelle für Neon­azis­mus an der Fach­hochschule Düsseldorf)
konzip­ierte Wan­der­ausstel­lung doku­men­tiert anhand von Unterlagen
der Ober­fi­nanzdi­rek­tion Köln, dass auch der “kleine Mann” vom
Holo­caust an der jüdis­chen Bevölkerung prof­i­tierte — wissentlich
und gemäß herrschen­dem Recht und Gesetz.
Der Vere­in Augen auf e.V. lädt zur Eröff­nung der Ausstellung
am 11. April um 16.00 Uhr ins Foy­er der Fach­hochschule Potsdam
(Friedrich-Ebert-Str. 4). Wolf­gang Dreßen wird eine einleitende
Rede hal­ten, in deren Anschluss eine Diskus­sion­srunde stattfinden
wird. 

Dreßen stellt zwei sehr heik­le, immer wieder stark umstritten
disku­tierte The­sen in den Vorder­grund. Erstens die der Mitschuld
der Bevölkerung sowohl an der Aus­gliederung der Juden vor, als
auch der Ver­drän­gung des geschehenen Unrechts nach 1945: Dreßen
zeigt, dass sich die Käufer der Herkun­ft der auf Versteigerungen
der Finanzämter erwor­be­nen Küch­enein­rich­tun­gen, Schreibmaschinen,
Da-men­röck­en und Her­ren­män­teln (um nur Beispiele zu nennen)
bewusst gewe­sen sein mussten. Die Entrüs­tung in der Bevölkerung
über Wiedergut­machungs­forderun­gen von jüdis­chen Nach­barn, die den
Holo­caust über­lebten und zurück­gekehrt waren, erscheint damit in
einem moralisch eher zweifel­haften Licht.

Zweit­ens die Rolle des Staates: Die Regierung des
nation­al­sozial­is­tis­chen Deutsch­lands achtete pein­lich genau
darauf, dass alle Maß­nah­men gegen die jüdis­che Bevölkerung
auf­grund von Geset­zen und Verord­nun­gen, nicht jedoch “willkür­lich”
und “unge­set­zmäßig” gescha­hen: Das Gewalt­monopol hat der Staat,
die bürg­er­liche Ord­nung darf nicht gefährdet wer­den. Nach dem 8.
Mai 1945 lag damit die Schuld allein beim “Unrechtsstaat”. Doch
das neben dem Staat, der SS und der Wehrma­cht auch eine Rei­he von
Unternehmen und sog­ar die “arischen” Nach­barn vom Holocaust
prof­i­tierten, ver­lor sich in ein­er kollek­tiv­en Amnesie.

Beson­dere Aufmerk­samkeit gewin­nt in diesem Zusam­men­hang die
Tat­sache, dass die Unter­la­gen der Finanzämter 1988 durch das
Bun­des­fi­nanzmin­is­teri­um als Steuerun­ter­la­gen — die sie nicht sind
— deklar­i­ert wur­den und somit nach Bun­de­sarchivge­setz einer
Sper­rfrist von 80 Jahren nach Entste­hen unterliegen. 

Die Ausstel­lung wird bis zum 14. Mai 2003 täglich
von 06.00 bis 22.00 Uhr (am Woch­enende bis 15.00 Uhr)
zu sehen sein. 

Ort: Foy­er der Fach­hochschule Pots­dam, Fr.-Ebert-Str. 4
Zeit: 11. April 2003, 16 Uhr

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Brandenburger Schill-Partei verabschiedet Parteiprogramm

(MOZ)Lehnin (ddp-lbg). Der Bran­den­burg­er Lan­desver­band der Partei
Rechtsstaatlich­er Offen­sive (Schill-Partei) hat am Woch­enende auf einem
Parteitag in Lehnin ein Pro­gramm ver­ab­schiedet. 31 von 35 Delegierten
stimmten dem Papi­er zu, wie Lan­deschef Dirk Weßlau der
Nachrichtenagentur
ddp sagte. Die recht­spop­ulis­tis­che Partei will die innere Sicher­heit in
Bran­den­burg ver­stärken. Sie wen­det sich deshalb gegen Einsparun­gen bei
der
Polizei. Am 13. Sep­tem­ber eröffnet die Schill-Partei mit einem
Parteitag
ihren Kommunalwahlkampf.

 

Bei den Kom­mu­nal­wahlen am 26. Okto­ber willen die Partei laut Weßlau in
allen
Kreisen und kre­is­freien Städten sowie in zahlre­ichen Stadt- und
Gemein­de­v­ertre­tun­gen kan­di­dieren. Es werde ein Ergeb­nis von mindestens
sechs
Prozent angepeilt. 2004 soll der Einzug ins Lan­despar­la­ment geschafft
wer­den. Bei der Bun­destagswahl 2002 erre­ichte die Schill-Partei in
Bran­den­burg 1,8 Prozent.

 

Dem Pro­gramm zufolge set­zt die Schill-Partei auf die Förderung von
«Selb­ständigkeit und Mit­tel­stand» sowie «Ein­steiger­tar­ife» für
Landzeitar­beit­slose. Die kom­mu­nalen und staatlichen Investitionen
sollen
ver­stärkt wer­den. Im Bere­ich Bil­dung sollen ein­heitliche Ausbildungs-
und
Erziehungskonzepte für Kindergärten, Vorschulen und Schulen entwickelt
wer­den. Für die Grund­schule wer­den deutsch­landweit einheitliche
Lehrpläne
gefordert. Für Kinder von Allein­erziehen­den und sozial Schwachen sollen
Kitas kosten­los sein.

 

Im Pro­gramm ist eine «kon­trol­lierte Zuwan­derung» von Ausländern
vorgesehen.
Das Recht auf Asyl soll aus dem Grundge­setz gestrichen und als
einfaches
Gesetz geregelt wer­den. Zudem wird die Aufhe­bung der Rechtsweggarantie
bei
Asylver­fahren ver­langt. Im Parteipro­gramm wird jed­wed­er Extremismus
verurteilt.

 

Den Lan­desver­band der Schill-Partei gibt es seit Sep­tem­ber 2002. Er hat
derzeit 167 Mit­glieder. Parteizusam­men­schlüsse befind­en sich in
Potsdam,
Frank­furt (Oder) und mehreren Landkreisen.

 


 

(MAZ) LEHNIN — Der Lan­desver­band der “Partei der rechtsstaatlichen
Offen­sive”, der
so genan­nten Schill-Partei, hat am Sonnabend auf seinem 4.
Landesparteitag
in Lehnin (Pots­dam-Mit­tel­mark) sein erstes Pro­gramm ver­ab­schiedet. Von
den
35 Delegierten stimmten vier gegen den Programmentwurf.

 

Lan­deschef Dirk Weßlau hob beson­ders die Finan­zlage des Lan­des und die
in
seinen Augen katas­trophale Bil­dungspoli­tik als The­men her­vor. Ebenso
kri­tisierte er, dass die etablierten Parteien die Prob­leme der
EU-Oster­weiterung ver­harm­losten. Diese gefährde angesichts des Lohn-
und
Abgabenge­fälles den bran­den­bur­gis­chen Mit­tel­stand im Gren­zge­bi­et. Das
ver­ab­schiedete Pro­gramm hebt die Schw­er­punk­te innere Sicher­heit hervor.
Außer­dem wird die Abschaf­fung des Grun­drechts auf Asyl gefordert. Die
Partei
hat in Bran­den­burg 167 Mit­glieder. In 13 der 18 Land­kreise ver­fügt sie
über
Organ­i­sa­tion­sstruk­turen. Ziel sei es, die Zahl der Mit­glieder bis zum
Herbst
auf 350 zu erhöhen. Die bran­den­bur­gis­che Schill-Partei will bei den
Kom­mu­nal­wahlen im Okto­ber fünf bis zehn, “vielle­icht sog­ar 15 Prozent”
der
Stim­men erobern. Auch zu den Land­tagswahlen 2004 werde man antreten.

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Gedenkstätte Sachsenhausen erinnert an 58. Jahrestag der Befreiung

Oranien­burg (ddp-lbg). Die Gedenkstätte Sach­sen­hausen erin­nert am
Wochenende
mit Gedenkver­anstal­tun­gen und Zeitzeu­gen­begeg­nun­gen an die Befreiung
der
Häftlinge des Konzen­tra­tionslagers vor 58 Jahren. An den
Veranstaltungen
nehmen Über­lebende unter anderem aus Bel­gien, Belorus­s­land, Frankreich,
Großbri­tan­nien, Lux­em­burg, Nor­we­gen, Polen, Rus­s­land, Tschechien, der
Ukraine, Ungarn und Deutsch­land teil. 

Bei der Gedenkver­anstal­tung am Son­ntag wer­den die brandenburgische
Wis­senschaftsmin­is­terin Johan­na Wan­ka (CDU) und der Vor­sitzende des
Ver­ban­des der tschechis­chen Sach­sen­hausen-Häftlinge, Adolf Burger,
erwartet.
Zudem wird das Inter­na­tionale Sachen­hausen-Komi­tee mit dezentralen
Angeboten
inner­halb der Gedenkstätte auf die €päis­che Bedeu­tung von
Sachsenhausen
hinweisen. 

Zudem erin­nern die Län­der-Komi­tees, der Zen­tral­rat der Juden in
Deutschland,
der Les­ben- und Schwu­len­ver­band Deutsch­lands sowie die Zeu­gen Jehovas
bei
Ver­anstal­tun­gen an die jew­eili­gen Opfer­grup­pen. Anschließend gibt es in
der
so genan­nten Sta­tion Z eine Gedenkz­er­e­monie mit Gebeten verschiedener
Reli­gion­s­ge­mein­schaften und eine Kranznieder­legung. Am 14. April wird
am Ort
des ehe­ma­li­gen KZ-Außen­lagers «Klink­er­w­erk» an der Lehnitz-Schleuse in
Oranien­burg an die Opfer des so genan­nten Todeskom­man­dos erinnert. 

Am 21. und 22. April 1945 waren im KZ Sach­sen­hausen rund 3000 schwer
kranke
Häftlinge von sow­jetis­chen und pol­nis­chen Ein­heit­en der Roten Armee
befreit
wor­den. Die SS hat­te zuvor rund 33 000 Häftlinge auf Todesmärsche in
Rich­tung Nord­west­en getrieben. Viele von ihnen kamen noch in den
letzten
Kriegsta­gen ums Leben, sie star­ben an Entkräf­tung oder wur­den von der
SS
erschossen. Im Konzen­tra­tionslager Sach­sen­hausen hat­ten die
Nation­al­sozial­is­ten mehr als 200 000 Men­schen aus nahezu allen
€päis­chen
Län­dern inhaftiert, Zehn­tausende von ihnen über­lebten die Lagerhaft.

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NPD-Chef Voigt redete bei Friedenskundgebung in Fürstenwalde

(Jörg, auf Indy­media) Auf ein­er am Fre­itag stattge­fun­de­nen Frieden­skundge­bung in Fürsten­walde fan­den sich etwa 50 Neo-Nazis der NPD am Kundge­bung­sort ein. Voigt hat­te Redeerlaubnis.

Sie hat­ten mehrere Trans­par­ente dabei, verteil­ten Flug­blät­ter und Aufk­le­ber. Doch wohl das schärf­ste Ding war, dass der Fascho-Vor­sitzende Udo Voigt vom Ver­anstal­ter die Erlaub­nis bekam, eine Rede zu hal­ten, worüber ich mich sehr wun­dern muss, da diese Frieden­skundge­bung von der örtlichen PDS, SPD und der Kirche organ­isiert wurde. Die Faschos hat­ten auch gle­ich noch ihr eigenes Fernse­hteam bei. Auf meine Frage an den Kam­era­mann, ob der Beitrag auch im Fernse­hen zuse­hen sein würde, sagte er am 10.04. um 20.15 Uhr bei Kon­traste (ARD). So und jet­zt kommts: Kaum hat­te ich mich nach dem Gespräch mit dem Kam­era­mann umge­dreht, sah bzw. hörte ich, dass der Fascho anf­ing seine Rede zu hal­ten und auf ein­mal riefen einige von uns: “Das wollen wir nicht hören, aufhören!”, oder so etwas in der Art. Dann dreht­en sich die nor­malen Kundge­bung­steil­nehmer (etwa 70 Per­so­n­en) um und verteil­ten sich ca. 40 m von der Kundge­bung, so dass die Faschos mit all unseren Geräten, also Laut­sprecher­an­lage usw., ihre Kundge­bung abhal­ten konnten. 

Es ist jet­zt Sonnabend und ich kann es immer noch nicht begreifen, was gestern da eigentlich abge­gan­gen ist. Die Neo-Nazis von der NPD haben sich unsere Kundge­bung, wenn man es richtig betra­chtet, unter den Nagel geris­sen und wir standen da und sahen zu. Nach­dem der Fascho mit sein­er Rede fer­tig war, ver­suchte unser Land­tagsab­ge­ord­neter von der PDS Stephan Sar­rach noch die Sit­u­a­tion durch ein paar Worte zu ret­ten, doch ich glaube dafür war es zu spät. 

Die Faschos ver­ließen dann auch die Kundge­bung bzw. was noch davon übrig war ungestört und mit einem fröh­lichen Grin­sen im Gesicht und kein­er hat etwas gemacht. Ich sel­ber war wie gelähmt. 

Die Faschos waren zu 90 Prozent aus Fürsten­walde bzw. der Umge­bung. Der Rest war aus Berlin und Frank­furt (Oder), was man an den Num­mern­schildern sehen konnte. 

Kein Fußbre­it den Faschisten,

auch nicht in Fürstenwalde

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Opfererfahrungen…

(von Kay Wen­del, aus Jour­nal für Kon­flikt- und Gewalt­forschung, 1/2003)

Spez­i­fis­che Opfer­erfahrun­gen von Migranten waren in der sozial­wis­senschaftlichen Forschung bish­er kaum The­ma.[1] Neben der in der ersten Hälfte der 1990er Jahre vorherrschen­den Zen­trierung des öffentlichen und wis­senschaftlichen Diskurs­es auf jugendliche Täter dürfte dies auch dem schwieri­gen Zugang der Forschung zu Migranten als Opfer geschuldet sein. Ein beträchtlich­er Teil entzieht sich als Forschung­sob­jekt, ein Ver­hal­ten, das mit bes­timmten Reak­tions­for­men auf die Opfer­erfahrung zusam­men­hängt. Da für ein einzelnes Opfer der unmit­tel­bare Nutzen wis­senschaftlich­er Forschung oft nicht ersichtlich ist, gibt die Vorstel­lung, sich durch Befra­gung ein­er erneuten Kon­fronta­tion mit extrem belas­ten­den Erleb­nis­sen auszuset­zen, den Auss­chlag für eine Entschei­dung gegen das Befragtwerden. 

Anders ver­hält es sich mit Pro­jek­ten, die Opfern eine prak­tis­che Hil­f­sper­spek­tive bei der Bewäl­ti­gung der Fol­gen ein­er Opfer­erfahrung anbi­eten. Auch hier kommt es vere­inzelt zu ein­er Zurück­weisung von Hil­feange­boten, doch meist kann sich in der täti­gen Unter­stützung und Begleitung ein beson­deres Ver­trauensver­hält­nis zwis­chen Opfer und Beratern entwick­eln. Allein schon deshalb, weil der Umgang des Opfers mit den Fol­gen der Opfer­erfahrung durch die Unter­stützung bee­in­flusst wird, kön­nen die Erfahrun­gen der Berater über sozial­wis­senschaftliche Inter­viewsi­t­u­a­tio­nen hin­aus­ge­hen. Sie sind selb­st Akteure, deren Erfahrun­gen an die eigene Hand­lungsper­spek­tive gebun­den sind. Der Vorstel­lung ein­er objek­tiv­en Erken­nt­nis ein­er vom Betra­chter unab­hängi­gen sozialen Real­ität müssen die Erfahrun­gen aus ein­er solchen “unter­stützen­den Beobach­tung” wider­sprechen. Ob ihnen den­noch eine Valid­ität zukommt, würde von der Genauigkeit und Dif­feren­ziertheit der Beobach­tung und Selb­st­beobach­tung abhängen. 

Die im Fol­gen­den dargestell­ten Erfahrun­gen aus der unter­stützen­den Beobach­tung wur­den im Rah­men des Pro­jek­ts “Opfer­per­spek­tive” gemacht, eines seit 1998 existieren­den, primär prak­tisch ori­en­tierten Pro­jek­ts zur Unter­stützung und Beratung von Opfern recht­sex­tremer Gewalt in Bran­den­burg.[2] Obwohl das Pro­jekt sich um eine the­o­riegeleit­ete, sys­tem­a­tis­che Form der Betreu­ung und Doku­men­ta­tion bemüht und die Erfahrun­gen in einem Prozess der selb­stre­flex­iv­en Tea­mar­beit aus­gew­ertet wer­den, erre­ichen sie nur mit Ein­schränkun­gen die Valid­ität­skri­te­rien qual­i­ta­tiv­er Sozial­forschung in einem stren­gen Sinne. Die Darstel­lung ist daher als eine erste Skizze zu ver­ste­hen, der eine genauere prak­tisch-wis­senschaftliche Unter­suchung noch fol­gen müsste. 

Die Sit­u­a­tion in Brandenburg

1998 ist das Jahr, in dem das Pro­jekt “Opfer­per­spek­tive” gegrün­det wurde, und 1998 markiert auch den Beginn des ersten umfassendes Lan­despro­gramms zur Bekämp­fung von Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit, des so genan­nten Hand­lungskonzepts “Tol­er­antes Bran­den­burg”.[3] Die späteren Bun­de­spro­gramme aus dem Jahr 2000 nah­men wesentliche Ele­mente aus diesen Ansätzen auf Lan­desebene auf. Das Pro­jekt “Opfer­per­spek­tive” wie auch das Lan­despro­gramm “Tol­er­antes Bran­den­burg” reagierten damals auf die zweite Welle recht­sex­tremer Gewalt in den 90er Jahren. Nach­dem die erste Welle, die auf den Zeitraum von 1990 bis 1993 datiert wer­den kann, in der Öffentlichkeit als rel­a­tiv eingedämmt wahrgenom­men wurde — eine trügerische Wahrnehmung, denn die Zahlen der recht­sex­tremen Angriffe hiel­ten sich auf einem hohen Niveau -, kam es ab 1996 in den neuen Bun­deslän­dern wieder zu einem Anstieg der recht­sex­tremen Gewalt. Ab Ende 1997 wurde diese neue Gewaltwelle mit dem recht­sex­tremen Schlag­wort “nation­al befre­ite Zonen” the­ma­tisiert, seit diesem Zeit­punkt deutete sich auch eine erhöhte medi­ale Sen­si­bil­ität für Opfer recht­sex­tremer Gewalt an. Seit­dem kann ein ten­den­zieller Par­a­dig­men­wech­sel beobacht­en wer­den: weg von der Täterzen­trierung aus der Zeit zu Anfang der 90er Jahre — eine Prax­is, die unter dem Stich­wort “akzep­tierende Sozialar­beit mit recht­sex­trem ori­en­tierten Jugendlichen” betrieben wurde (vgl. Buderus 1998) -, hin zu einem Ern­st­nehmen der Per­spek­tive der Opfer.[4]

Aus­maß der ras­sis­tis­chen Gewalt

Einen ersten, pro­vi­sorischen Ein­druck vom Aus­maß der recht­sex­tremen Gewalt gibt die Sta­tis­tik, die von der “Opfer­per­spek­tive” kon­tinuier­lich geführt wird.[5] Im Jahr 2002 reg­istri­erten wir ins­ge­samt 105 Angriffe mit recht­sex­tremen oder ras­sis­tis­chen Hin­ter­grund in Bran­den­burg, bei denen 108 Men­schen kör­per­lich ver­let­zt wur­den. 39 der Ver­let­zten waren nicht­deutsch­er Nation­al­ität, davon 22 Asyl­be­wer­ber, sieben waren rus­s­land­deutsche Aussiedler (davon ein Ermorde­ter), zwei waren Obdachlose, der Rest mit 51 Ver­let­zten über­wiegend nichtrechte Jugendliche aus dem alter­na­tiv­en Milieu neben anderen Deutschen. Unter der Ver­mu­tung, auch bei Angrif­f­en auf rus­s­land­deutsche Aussiedler spiele eine ras­sis­tis­che Tat­mo­ti­va­tion eine Rolle — den Angrif­f­en gin­gen oft Anpö­beleien als “Russen” voran -, sind ca. 43 % der 108 Opfer von ras­sis­tis­ch­er Gewalt betroffen. 

Inter­es­sant ist der Ost-West-Ver­gle­ich. Dazu muss jedoch auf die Zahlen der Lan­deskrim­i­nalämter zurück­grif­f­en wer­den, die eine andere Zählweise ver­wen­den und ihr Erfas­sungssys­tem im Jahr 2001 grundle­gend mod­i­fiziert haben.[6] Danach ist für das Jahr 2000 die absolute Zahl der Gewalt­tat­en gegen Fremde mit 112 Angrif­f­en in Nor­drhein-West­falen am höch­sten, set­zt man jedoch die Zahl der frem­den­feindlich motivierten Gewalt­tat­en zur Zahl der im Land leben­den Aus­län­der ins Ver­hält­nis, so ist das Opfer­risiko für Migranten im Jahr 2000, also das Risiko, als Migrant in Bran­den­burg Opfer ein­er frem­den­feindlich motivierten Gewalt­tat zu wer­den, 19,4 Mal höher als in Nor­drhein-West­falen.[7] Das sub­jek­tiv wahrgenommene Risiko lässt sich jedoch nicht mit diesen Zahlen aus­drück­en, die nur ein erster Indika­tor für das Aus­maß der ras­sis­tis­chen Bedro­hung in Bran­den­burg sind. 

Bei der über­großen Mehrheit der uns bekan­nten Gewalt­de­lik­te han­delt es sich um Kör­per­ver­let­zun­gen, Nöti­gun­gen und Bedro­hun­gen. Ein gerin­ger­er Teil sind Brand­s­tiftun­gen und Sachbeschädi­gun­gen an Imbis­s­wa­gen, die einen türkischen oder viet­name­sis­chen Betreiber haben. Im Jahr 2002 haben wir sieben solche Brand­s­tiftun­gen und Sachbeschädi­gun­gen in Bran­den­burg reg­istri­ert. Diese Kat­e­gorie sollte auch zu den ras­sis­tisch motivierten Gewalt­tat­en gezählt wer­den, da diese Brand­s­tiftun­gen indi­rek­te Angriffe auf Per­so­n­en sind, deren wirtschaftliche Exis­tenz zer­stört wer­den soll, um sie zu vertreiben. 

Fall­beispiel Rathenow

Die wesentlichen Erfahrun­gen von Opfern ras­sis­tis­ch­er Gewalt sollen anhand eines Fall­beispiels dargestellt wer­den, auf das später noch einzuge­hen ist. Der Angriff ereignete sich in der Sil­vester­nacht des Jahres 1999/2000, während des so genan­nten Mil­len­ni­um-Sil­vester. Tatort war Rathenow, das zu diesem Zeit­punkt Stan­dort von zwei Asyl­be­wer­berun­terkün­ften mit ca. 150 Asyl­be­wer­bern war. Eine Gruppe von sechs pak­istanis­chen Asyl­be­wer­bern besucht eine Diskothek. Anschließend gehen sie weit­er ins Stadtzen­trum. Sie wohnen noch nicht lange in Rathenow und erwarten, dass sie mit Deutschen zusam­men Sil­vester feiern kön­nen. Was sie nicht wis­sen, ist, dass die zen­trale Kreuzung in Rathenow jedes Sil­vester Tre­ff­punkt der recht­en Szene ist. So ger­at­en sie mit­ten in eine unüber­sichtliche Ansamm­lung von etwa 50 Per­so­n­en, viele sind angetrunk­en, da
runter ver­schiedene recht­sex­treme Cliquen. Eine fünf- oder sech­sköp­fige Clique bemerkt die Pak­istani, ein Ruf genügt, und die Clique stürmt auf die Pak­istani los und schlägt zwei von ihnen. Die Pak­istani ergreifen die Flucht, ver­fol­gt von den recht­sradikalen Angreifern, die mit Leucht­mu­ni­tion nach ihnen schießen und Flaschen wer­fen. Ein­er der Pak­istani wird getrof­fen und einge­holt. Er wird schw­er zusam­mengeschla­gen, bis eine deutsche Fam­i­lie auf dem Weg nach Hause vor­beikommt und ruft, sie soll­ten aufhören. Die Fam­i­lie leis­tet erste Hil­fe und ruft die Polizei. Während sie auf die Polizei warten, wer­den sie und der Ver­let­zte von ein­er anderen Clique Recht­sradikaler mit Knallern bewor­fen. Der Ver­let­zte wird ins Kranken­haus gebracht, wo zwei abge­broch­ene Schnei­dezähne und schwere Rip­pen­prel­lun­gen fest­gestellt wer­den. Er muss fünf Tage in sta­tionär­er Behand­lung bleiben. 

Psy­chis­che Prozesse der Opfererfahrung

Welche psy­chis­chen Prozesse laufen in einem Opfer ras­sis­tis­ch­er Gewalt ab? Zunächst löst der Angriff auf die kör­per­liche Integrität Gefüh­le von Tode­sangst und Panik aus. Schon in das Erleben des Angriffs als poten­ziell lebens­bedrohlich mis­chen sich kollek­tive Vor­erfahrun­gen. Es kommt zu ein­er Rück­kop­pelung der kollek­tiv­en Vik­timisierung auf die indi­vidu­elle Opfer­erfahrung. Exem­plar­isch ist die Aus­sage des Algier­ers Khaled Ben­sa­ha, der mit zwei weit­eren Asyl­suchen­den in der Nacht zum 13.02.1999 von ein­er Gruppe Recht­sradikaler in Guben gejagt wurde, wobei Farid Guen­doul umkam. Im Inter­view sagt er auf die Frage, “Hat­test du Tode­sangst?”: “Ja, das stimmt, das war Tode­sangst: Beim Ren­nen erin­nerte ich mich an die Geschicht­en, die ich gehört hat­te, von Leuten, die geschla­gen wur­den, dabei schw­er ver­let­zt wor­den sind. Oft hieß es, dass diese von Glück reden kön­nten, dabei nicht ums Leben gekom­men zu sein. Ich hat­te ihnen bis dahin nicht so ganz geglaubt, ich hat­te mir das vorher nicht so richtig vorstellen kön­nen, aber in diesem Moment kon­nte ich es plöt­zlich. Ich renne und mein Leben ste­ht auf dem Spiel, wenn ich Glück habe, komme ich weg, wenn nicht, werde ich ster­ben.” (Brauns/Wendel 2001, 105) 

Gle­ichzeit­ig ergreift ein Gefühl der Ohn­macht und Auswe­glosigkeit das Opfer. Die Hand­lung­sop­tio­nen Flucht oder Vertei­di­gung sind ver­stellt, es ist als bloßes Objekt der Macht der Täter aus­geliefert. Haben Opfer ras­sis­tis­ch­er Gewalt diese Opfer­erfahrun­gen noch mit anderen Gewal­topfern gemein, so sind nun die Inter­pre­ta­tio­nen des Angriffs und die Zuschrei­bung der Tat­mo­tive unter­schiedlich. Zunächst erscheint der Angriff unver­ständlich und schein­bar grund­los. Exem­plar­isch auch hier Ben­sa­has Antwort auf die Frage “Welche Gefüh­le hat­test du angesichts dieser Aggres­siv­ität?”: “Ich wollte eigentlich nur wis­sen, was hier geschieht, eine Erk­lärung, nichts als eine Erk­lärung, warum geschieht das? Wir hat­ten nichts gemacht, nie­man­den provoziert, es gab keine Zwis­chen­fälle vorher, es passierte von ein­er Sekunde auf die andere … wie ein Blitz aus heit­erem Him­mel.” (Brauns/Wendel 2001, 107) 

Dieses Unver­ständ­nis drückt sich in typ­is­chen Fra­gen wie der fol­gen­den aus: “Warum haben sie mich ange­grif­f­en? Ich habe ihnen doch nichts getan, ich kenne sie nicht ein­mal.” Die Frage impliziert, dass der Angriff ver­ste­hbar gewe­sen wäre, wenn er als eine Reak­tion auf eine Nor­mver­let­zung durch das Opfer wahrgenom­men wor­den wäre und das Tat­mo­tiv sich gegen die Per­sön­lichkeit des Opfers gerichtet hätte. Da diese Bedin­gun­gen hier nicht gegeben sind, bleibt der Angriff für das Opfer unver­ständlich, oder das Opfer inter­pretiert den Angriff auf sich damit, dass es stel­lvertre­tend für die eigene Nation­al­ität oder alle Nicht­deutschen ange­grif­f­en wurde. Getrof­fen wurde ein­er, gemeint waren alle Nicht­deutschen. Diese stel­lvertre­tende Vik­timisierung (Strobl 1998, 15) ver­let­zt in beson­der­er Weise die geteilte Norm der Gle­ich­heit, die von ein­er Mehrheit der nicht­deutschen Opfer als Men­schen­recht ange­se­hen wird. Nicht gegen ein beson­deres Indi­vidu­um mit ein­er beson­deren Per­sön­lichkeit richtet sich das Tat­mo­tiv, son­dern das Tat­mo­tiv muss ver­standen wer­den als ein Feind­bild, das die Täter über die Gruppe der Nicht­deutschen kon­stru­iert haben. Die die Tat beglei­t­en­den ras­sis­tis­chen Beschimp­fun­gen bestäti­gen diese Interpretation. 

Ein beson­deres Merk­mal ras­sis­tis­ch­er Gewalt liegt darin: sie stem­pelt das nicht­deutsche Opfer zum Frem­den, zum Ein­drin­gling, dessen Recht, zur Gesellschaft dazuzuge­hören, bestrit­ten wird. Das Opfer sieht sich unter Druck geset­zt, sich für seine Exis­tenz zu recht­fer­ti­gen, sich gegen die neg­a­tiv­en Zuschrei­bun­gen zu vertei­di­gen, will es nicht sein Selb­st­wert­ge­fühl ver­lieren. (vgl. Pilz 2001) 

Eine Rei­he von Fak­toren bee­in­flusst die Opfer­erfahrung während und nach der Tat. Die wichtig­sten sind Reak­tio­nen unbeteiligter Drit­ter, das Ver­hal­ten der Polizei, die Jus­tiz, die medi­ale und kom­mu­nale Öffentlichkeit. 

Reak­tio­nen unbeteiligter Dritter

Entschei­dend für die Opfer­erfahrung sind die Reak­tio­nen unbeteiligter Drit­ter. Beson­ders trau­ma­tisch sind Angriffe, bei denen Zuschauer untätig bleiben, Hil­fe ver­weigern oder das Opfer sog­ar verspot­ten. Das Nichte­in­greifen wird vom Opfer oft inter­pretiert als Gle­ichgültigkeit oder als Zus­tim­mung zu den Tat­mo­tiv­en. Einen Ein­fluss auf solche Inter­pre­ta­tio­nen haben allerd­ings Vor­erfahrun­gen der Opfer mit ras­sis­tis­chen Diskri­m­inierun­gen durch äußer­lich unauf­fäl­lige Deutsche. Die ras­sis­tis­chen Tat­mo­tive wer­den bei solchen Erfahrun­gen von den Opfern meist nicht nur ein­er eng umgren­zten Gruppe — etwa jugendlichen Skin­heads — zugeschrieben, son­dern ver­all­ge­mein­ert auf einen rel­e­van­ten Teil der deutschen Bevölkerung. Das Mis­strauen gegen und die Dis­tanz zur Mehrheits­ge­sellschaft wer­den verstärkt. 

Ver­hal­ten der Polizei

Ein weit­er­er wichtiger Fak­tor, der auf die Opfer­erfahrung Ein­fluss hat, ist das Ver­hal­ten der Polizei. Gravierend sind Erfahrun­gen, wenn die Polizei in ihrer Schutz­funk­tion als untätig erlebt wird, wenn dem Opfer von der Polizei eine Täter­rolle zugeschrieben wird oder wenn Opfer bei der Anzeigen­stel­lung abgewiesen wer­den. Neg­a­tiv wird auch eine man­gel­nde Infor­ma­tion über den Fort­gang der Ermit­tlun­gen oder Vernehmungen ohne aus­re­ichend qual­i­fizierte Dol­metsch­er erlebt. Solche Erfahrun­gen führen oft zu ein­er Erschüt­terung des Ver­trauens in die Instanzen der Mehrheits­ge­sellschaft und zu Res­ig­na­tion und Rück­zug. Umgekehrt kann ein als kor­rekt wahrgenommenes Ver­hal­ten der Polizei einen wesentlichen Beitrag zur Wiedergewin­nung des eige­nen Selb­st­wert­ge­fühls sein. Das Opfer erlebt dann die Polizei als Ver­bün­dete bei der Wieder­her­stel­lung der Gel­tung der ver­let­zten Norm. 

Jus­tiz

Neben der Polizei hat die Jus­tiz einen gewichti­gen Ein­fluss auf die Opfer­erfahrung. Häu­fig fehlt nicht­deutschen Opfern das Wis­sen um ihre eige­nen Rechte und um die Funk­tion­sweise des deutschen Rechtssys­tems. Der Stand der Ermit­tlun­gen bleibt ver­bor­gen, die oft lange Dauer von durch­schnit­tlich einem hal­ben bis zu einem Jahr zwis­chen Tat und Hauptver­hand­lung kann das Ohn­machts­ge­fühl des Opfers ver­stärken. Im Falle des Angriffs auf die Pak­istani in Rathenow brauchte die Jus­tiz nach sehr umfan­gre­ichen Ermit­tlun­gen zwei Jahre und vier Monate, um die Tatverdächti­gen vor Gericht zu stellen. Ein Teil der Opfer lebte zu diesem Zeit­punkt nicht mehr in Deutsch­land. Eine beson­dere Belas­tung für das Opfer ist die Kon­fronta­tion mit den Angeklagten im Gerichtssaal, beson­ders, wenn diese Unein­sichtigkeit zur Schau stellen, wenn ihre Vertei­di­ger die Täter­ver­sion zu schein­bar legit­i­men Argu­menten ela­bori­eren und der Gerichtssaal mit Anhängern und Fre­un­den der Angeklagten gefüllt ist. In ein­er solchen Sit­u­a­tion kann es zu ein­er sekundären Vik­timisierung kom­men. Urteil
e, die von Opfern als zu milde emp­fun­den wer­den, kön­nen das Ver­trauen in die Funk­tion­al­ität der jus­tiziellen Bear­beitung in Frage stellen. 

Reak­tions­for­men auf kollek­tive Viktimisierungen

Der ras­sis­tis­che Angriff auf ein einzelnes Opfer hat oft weitre­ichende soziale Fol­gen. Die Inter­pre­ta­tion ras­sis­tis­ch­er Gewalt als stel­lvertre­tende Vik­timisierung führt zu ein­er kollek­tiv­en Vik­timisierung der Eigen­gruppe. (vgl. Strobl 1998, 15) Der geschilderte Angriff in Rathenow betraf unmit­tel­bar sechs pak­istanis­che Asyl­be­wer­ber. Die Nachricht dieses schw­eren Angriffs ver­bre­it­ete sich schnell unter anderen Asyl­be­wer­bern ver­schieden­er Nation­al­ität im Wohn­heim. Sie ver­band sich mit dem Wis­sen um eine Serie von Angrif­f­en auf Asyl­be­wer­ber. Mehr oder weniger alle Rathenow­er Asyl­be­wer­ber entwick­el­ten Angst vor weit­eren Angrif­f­en. Das sub­jek­tiv wahrgenommene Opfer­risiko ver­größerte sich bedrohlich. Nicht nur das trau­ma­tisierte Opfer reagierte mit Ver­mei­dungsver­hal­ten — der in der Sil­vester­nacht ange­grif­f­ene Pak­istani ver­ließ 47 Tage lang nicht mehr das Heim -, das Kollek­tiv der poten­ziellen Opfer zog sich eben­falls aus dem öffentlichen Raum zurück. Am Abend gin­gen sie nicht mehr auf die Straße, am Tage nur noch in Gruppen. 

Diese Rück­zug­s­ten­den­zen haben Ein­fluss auf das all­ge­meine Ver­hält­nis zwis­chen Min­der­heit­en und der Mehrheits­ge­sellschaft. Die in der kollek­tiv­en Vik­timisierung entwick­el­ten Äng­ste struk­turi­eren ver­bor­gene Regeln des öffentlichen Raums. (vgl. Oswalt 2001) Bes­timmte Orte wer­den zu bes­timmten Tageszeit­en als dominiert von ras­sis­tisch eingestell­ten Cliquen wahrgenom­men. Das sub­jek­tive Opfer­risiko erscheint in diesen Angst­zo­nen als nicht mehr akzept­abel, die Orte wer­den gemieden. Der öffentliche Raum wird vorgestellt als durch­set­zt von “No-go areas”, Zonen, die zu mei­den sind, weil sie als zu gefährlich erscheinen. Es kommt zu ein­er Ver­drän­gung der Gruppe poten­zieller Opfer aus diesen Räu­men und indi­rekt zu ein­er Bestä­ti­gung der Dom­i­nanz rechter Cliquen über diese Räume.

Inter­es­sant ist, dass die sub­jek­tiv wahrgenommene Gefährlichkeit bes­timmter Orte nicht mit den tat­säch­lichen Angriff­sorten iden­tisch ist. Eine Unter­suchung über recht­sex­treme Angriffe in Cot­tbus (Oswalt 2001) brachte her­vor, dass sich die Gewalt­tat­en über­all im Stadt­ge­bi­et ereignen und räum­lich nicht einge­gren­zt wer­den kön­nen. Hinge­gen konzen­tri­erten sich die Äng­ste vor Angrif­f­en auf bes­timmte Plat­ten­bau­vier­tel und auf öffentliche Verkehrsmit­tel nach Ein­bruch der Dunkel­heit. Zu ver­muten ist, dass diese Äng­ste mit der Struk­tur dieser Räume zu tun haben: unbelebte, fast men­schen­leere Räume, in denen Opfer möglichen Angreifern allein, ohne Hil­fe von Drit­ten, aus­geliefert sein wür­den. Der Haupt­bahn­hof, tat­säch­lich ein Ort, an dem sich häu­fig ras­sis­tis­che Angriffe ereignen, wird weniger als ein Angstraum wahrgenom­men, ver­mut­lich weil dieser Raum belebter ist und Sicher­heits­di­en­ste sicht­bar sind.

Der Rück­zug, die Res­ig­na­tion und das Ver­har­ren in der Opfer­rolle sind jedoch nur eine von möglichen Reak­tions­for­men von Opfern ras­sis­tis­ch­er Gewalt. Beson­ders im Falle von nicht­deutschen Imbiss­be­sitzern, auf deren Stände Bran­dan­schläge verübt wer­den, beobacht­en wir oft Ver­drän­gun­gen der andauern­den Gefahr. Diese Opfer inter­pretieren den Angriff oft nicht als ras­sis­tisch, also gegen die Eigen­gruppe gerichtet und im Motiv von einem rel­e­van­ten Bevölkerung­steil geteilt. Stattdessen schreiben sie das Tat­mo­tiv dem Täter per­sön­lich zu: die Tat wird z.B. auf den Alko­holkon­sum eines Einzeltäters zurück­ge­führt, sie wird als Aus­nahme wahrgenom­men. Mit ein­er solchen Inter­pre­ta­tion kann das Opfer weit­er sein­er Arbeit nachge­hen. Zu ver­muten ist, dass hier der ökonomis­che Zwang zu einem Arrange­ment mit ein­er Kun­den­gruppe wirkt, die in Teilen ras­sis­tisch eingestellt ist.

Eine dritte Reak­tions­form ist der Kampf um die Wieder­her­stel­lung der ver­let­zten Norm. Nach dem Angriff auf die Pak­istani in der Sil­vester­nacht und weit­eren Angrif­f­en auf Asyl­be­wer­ber in Rathenow schrieben einige von ihnen Anfang Feb­ru­ar 2000 ein Mem­o­ran­dum an poli­tis­che Instanzen des Bun­des­lan­des. In dem von 47 Asyl­be­wer­bern unterze­ich­neten Text heißt es:

    Sehr geehrte Damen und Her­ren, wir mussten lei­der zur Ken­nt­nis nehmen, dass trotz dieser Angriffe und unser­er Lebens­bedro­hung die Obrigkeit des Lan­des Bran­den­burg nichts getan hat. Wir find­en das Land zu unsich­er, um darin zu leben. Nie­mand ist in der Lage, unsere Sicher­heit zu garantieren. Angesichts ander­er Über­griffe, wie in Pots­dam, Belzig und Cot­tbus, appel­lieren wir an Sie: Besin­nen Sie sich auf Ihre Men­schlichkeit und Ihre Macht und han­deln Sie, bevor die Sit­u­a­tion eskaliert. Es gibt ein Sprich­wort, dass Län­der, um Frieden zu haben, zum Krieg rüsten müssen. Wir wollen uns nicht länger in Angst oder mit Waf­fen bewe­gen müssen. Wir wollen nicht länger Blut sehen.
    Bitte, wenn die Recht­en nicht zur Ord­nung gebracht und Asyl­be­wer­ber nicht respek­tiert wer­den kön­nen, wenn auch die Gen­fer Kon­ven­tion nicht berück­sichtigt wer­den kann, bitte, bitte: Brin­gen Sie uns aus dem Land Bran­den­burg.” (Der Tagesspiegel, 05.02.2000)

Dieses Beispiel ist allerd­ings einzi­gar­tig. Rathenow war der erste Ort, an dem sich eine Gruppe von Opfern und poten­ziellen Opfern poli­tisch selb­st organ­isiert hat, mit dem Ziel, zukün­fti­gen ras­sis­tis­chen Angrif­f­en vorzubeu­gen. Inzwis­chen arbeit­en einzelne Asyl­be­wer­ber aus ein­er Rei­he von Bran­den­bur­gis­chen Heimen in der aus der Mem­o­ran­dum-Gruppe her­vorge­gan­genen “Bran­den­burg­er Flüchtlingsini­tia­tive” mit. Die poli­tis­che Gruppe der Rathenow­er Flüchtlinge hat­te es ver­mocht, den Rück­zug und die Res­ig­na­tion in ein aktives Engage­ment gegen Ras­sis­mus zu wandeln.

Kom­mu­nale Reak­tion­s­muster zwis­chen Sol­i­dar­ität und Leugnung

Waren auf Lan­desebene mit dem “Hand­lungskonzept Tol­er­antes Bran­den­burg” seit 1998 gewisse Fortschritte bei der Bekämp­fung von Recht­sex­trem­is­mus festzustellen, so herrscht­en zur Zeit des Rathenow­er Mem­o­ran­dums im Jahr 2000 auf der kom­mu­nalen Ebene eine Rei­he stereo­typer Reak­tion­s­muster vor, die vom kon­se­quenten Nicht­wahrnehmen des Prob­lems über Bagatel­lisierung und Ver­harm­lo­sung bis zu ein­er Prob­lemver­schiebung reicht­en (vgl. Wen­del 2001b). Solche kom­mu­nalen Reak­tions­for­men haben jedoch einen wichti­gen Ein­fluss auf die Bewäl­ti­gung der Opfer­erfahrung, denn sie wirken in die kom­mu­nale Öffentlichkeit als Ori­en­tierung für den Umgang mit Opfern recht­sex­tremer Gewalt. Ähn­lich wie die Reak­tio­nen unbeteiligter Drit­ter während des Angriffs sind sie ein Indika­tor dafür, ob für das Opfer eine Sol­i­darisierung von Deutschen wahrnehm­bar ist oder ob es im Gegen­teil zu ein­er sekundären Vik­timisierung kommt. Eine solche sekundäre Vik­timisierung kann auch beschrieben wer­den als eine Über­nahme der Täter­ver­sion zur Erk­lärung des Angriffs: dem Opfer wird eine Mitschuld am Angriff gegeben; unter Rekurs auf ras­sis­tis­che Stereo­type wird das Ver­hal­ten des Opfers als unangemessen, bed­ingt durch seine fremde Kul­tur, erk­lärt; umgekehrt wer­den die Täter ent­lastet, ihre Motive wer­den als zumin­d­est teil­weise nachvol­lziehbar erk­lärt, wieder unter Rekurs auf ras­sis­tis­che Stereo­type. (vgl. Wen­del 2001a)

Ein Beispiel für die Leug­nung ras­sis­tis­ch­er Gewalt als eines beson­deren gesellschaft­spoli­tis­chen Prob­lems sind die Äußerun­gen des dama­li­gen Rathenow­er Bürg­er­meis­ters zum Angriff auf die Pak­istani. Er hielt sich schlichtweg nicht für zuständig, um zum Über­fall Stel­lung zu beziehen. Der Bürg­er­meis­ter in einem Zeitungsin­ter­view: “Ich kenne nicht die Hin­ter­gründe (…) wozu soll ich mich erk­lären?” Auf die Frage, ob er dem Asyl­be­wer­ber­heim nach den Vor­fällen, deren aus­län­der­feindlich­er Charak­ter ja min­destens in einem Fall au
f der Hand liegt, einen Besuch abges­tat­tet habe, antwortet der Bürg­er­meis­ter: “Da müsste ich ja zu jedem anderen gehen, der zusam­mengeschla­gen wurde” (Frank­furter Rund­schau vom 02.02.2000). Diese Äußerung bein­hal­tet den Ver­dacht, dass andere als ras­sis­tis­che Motive eine Rolle gespielt haben und negiert gle­ichzeit­ig alle Unter­schiede zwis­chen ras­sis­tis­ch­er und nor­maler krim­ineller Gewalt. Schnell wird der ein­seit­ige Über­fall zu ein­er “nor­malen” Wirtshauss­chlägerei, bei der bei­de Parteien die Schuld trifft. Übrig bleibt ein Kon­flikt zwis­chen Pri­vat­per­so­n­en, der mit unge­set­zlichen, da gewalt­för­mi­gen Mit­teln aus­ge­tra­gen wurde. Das ras­sis­tis­che Tat­mo­tiv und die gesellschaftliche Wirkung der Tat auf das Ver­hält­nis zwis­chen Deutschen und Nicht­deutschen wird dabei aus­ge­blendet. Die fehlende Reak­tion des Bürg­er­meis­ters, sein Schweigen, wirkt wie eine Bagatel­lisierung der ras­sis­tis­chen Gewalt.

Äußerun­gen von Kom­mu­nalpoli­tik­ern wie die oben zitierte sind deshalb so fatal, weil sich ein rel­e­van­ter Teil der deutschen Bevölkerung an lokalen Autoritäten ori­en­tiert. Die “schweigende Mehrheit” der Bürg­er dürfte sich in ihren Ansicht­en bestätigt fühlen. Der Bürg­er­meis­ter ein­er Kle­in­stadt im Süden Bran­den­burgs erhielt Dutzende zus­tim­mender Briefe zu sein­er Äußerung, was der Asyl­be­wer­ber- gemeint war der in ein­er Het­z­jagd in Guben gestor­bene Farid Guen­doul — denn nachts um diese Zeit auf der Straße zu suchen hat­te (Berlin­er Mor­gen­post vom 07.09.1999).

All­t­agsras­sis­mus

Verkürzt wäre es allerd­ings, einen direk­ten Ein­fluss solch­er Äußerun­gen auf die indi­vidu­elle Bewäl­ti­gung der Opfer­erfahrung nach­weisen zu wollen. Diese Debat­ten spie­len sich in Lokalme­di­en und in bes­timmten Räu­men der kom­mu­nalen Öffentlichkeit ab, soziale Räume, an denen die meis­ten der nicht­deutschen Opfer auf­grund ihrer mar­ginalen sozialen Stel­lung nicht par­tizip­ieren. Liest man diese Äußerung von Kom­mu­nalpoli­tik­ern hinge­gen als ein Symp­tom für ras­sis­tis­che Ein­stel­lun­gen in der Bevölkerung, so wird der Blick auf das Ver­hält­nis zwis­chen der nicht­deutschen Min­der­heit und der deutschen Mehrheits­bevölkerung gelenkt. Drei Fak­toren sind hier für die Inter­pre­ta­tion der Gewal­ter­fahrung durch das Opfer beson­ders entschei­dend: Vor­erfahrun­gen mit Ver­hal­tensweisen unauf­fäl­liger Deutsch­er, die als Diskri­m­inierun­gen erlebt wer­den, die Reak­tio­nen unbeteiligter Drit­ter während des Angriffs und der Umgang mit dem Opfer nach dem Angriff. In dieser Per­spek­tive erscheint die ras­sis­tis­che Gewalt als ein gravieren­der Höhep­unkt in einem Kon­tin­u­um von Aus­gren­zungser­fahrun­gen. Vor dem Hin­ter­grund neg­a­tiv­er Erfahrun­gen in den drei Dimen­sio­nen lassen sich die ras­sis­tis­chen Tat­mo­tive nur noch schw­er auf eine bes­timmte kleine Gruppe der deutschen Bevölkerung ein­schränken, wie jugendlichen Skin­heads, son­dern wer­den, wenn nicht glob­al der gesamten deutschen Bevölkerung, so doch einem rel­e­van­ten Teil zugeschrieben. Diskri­m­inierende Ver­hal­tensweisen “ganz nor­maler Deutsch­er” kön­nen als ras­sis­tis­che Vik­timisierung erlebt wer­den. Ein Beispiel schildert ein 33-jähriger schwarz­er Südafrikan­er in Hen­nigs­dorf bei Berlin:

    Ein anderes Beispiel, was ich erlebt habe, war die Sit­u­a­tion mit den Kindern. Ich saß eines Mor­gens vor meinem Haus, um die Sonne zu genießen, und da kam eine Kinder­garten­gruppe auf mich zu. Wie Sie wis­sen, mag ich Kinder sehr gerne, und ich wollte mit ihnen spie­len. Ein Kind schrie entset­zlich und eine Frau, ich nehme an, es war die Kindergärt­ner­in, kam auf mich zu und sagte: ‚Gehen Sie ins Haus, das Kind weint wegen Ihnen, es hat Angst vor Schwarzen. Aber wie kann ein Kind Angst vor mir haben? Ich kenne die Bedeu­tung von ‚ver­schwinde, dies sagte die Frau zu mir mit ein­er aggres­siv­en Stimme, und diese Frau war eine ganz nor­male Deutsche.” (Luzar 2002, 68)

Insti­tu­tioneller Rassismus

Neben der ras­sis­tis­chen Gewalt, neben dem All­t­agsras­sis­mus ist ein weit­er­er Bere­ich für die Opfer­erfahrung von Asyl­be­wer­bern rel­e­vant: der insti­tu­tionelle Ras­sis­mus. Während der Begriff “insti­tu­tioneller Ras­sis­mus” in der deutschen Öffentlichkeit noch als Pro­voka­tion wahrgenom­men wird, ver­wen­den ihn offizielle britis­che Stellen seit 1999, so die Stephen Lawrence Inquiry. Ute Osterkamp bemerkt: “Der Begriff insti­tu­tioneller Ras­sis­mus soll deut­lich machen, daß ras­sis­tis­che Denk- und Hand­lungsweisen nicht Sache der per­sön­lichen Ein­stel­lun­gen von Indi­viduen, son­dern in der Organ­i­sa­tion des gesellschaftlichen Miteinan­ders verortet sind, welche die Ange­höri­gen der eige­nen Gruppe sys­tem­a­tisch gegenüber den Nicht-Dazuge­höri­gen priv­i­legieren. Indem man sich solchen Bedin­gun­gen anpaßt, die einen gegenüber anderen bevorzu­gen, beteiligt man sich an deren Diskri­m­inierung, ohne daß per­sön­liche Vorurteile im Spiel sein müssen.” (Osterkamp 1997, 95)

Ger­ade die hier ange­sproch­ene Opfer­gruppe befind­et sich in ein­er mar­gin­al­isierten Lage. Ihr Aufen­thalt wird als nur vorüberge­hend definiert und daher wer­den sie von Inte­gra­tions­maß­nah­men zum größten Teil ausgenom­men. Ein unsicher­er Aufen­thaltssta­tus, fehlende Arbeitsmöglichkeit­en, als Schika­nen erlebte Ein­schränkun­gen wie die Res­i­den­zpflicht[8] oder Wertgutscheine zum Einkaufen, eine Unter­bringung in abgele­ge­nen, schäbi­gen Unterkün­ften, all das ver­ringert ihre sozialen Teil­habechan­cen an der Auf­nah­mege­sellschaft auf ein Min­i­mum. Asyl­be­wer­ber sind abhängig von den Entschei­dun­gen einzel­ner Sach­bear­beit­er der Aus­län­der­be­hörde oder des Sozialamts, die einen gravieren­den Ein­fluss auf ihre Lebensver­hält­nisse haben.[9]

Auf­grund dieser Lebensver­hält­nisse fall­en viele Asyl­be­wer­ber in einen Zus­tand depres­siv­er Res­ig­na­tion. In ver­schiede­nen Unterkün­ften in Bran­den­burg kon­nten wir beobacht­en, wie das Leben viel­er Asyl­be­wer­ber auf eine Abfolge von Schlafen, Essen und Warten reduziert ist. Die Untätigkeit und soziale Iso­la­tion zer­mürbt und führt zu Apathie. Doch Kom­pe­ten­zen und Ressourcen sind auch unter Asyl­be­wer­bern ungle­ich verteilt. Wer seine Hoff­nun­gen noch nicht aufgegeben hat und wer kann, ver­sucht aus der sozialen Iso­la­tion der abgele­ge­nen Unterkün­fte zu fliehen. Ein Teil entschei­det sich für ein Leben in der Ille­gal­ität in den größeren Städten. Dort haben sie Arbeitsmöglichkeit­en und Zugang zu eth­nis­chen Gemein­schaften, die ihre gerin­gen sozialen Teil­habechan­cen teil­weise verbessern kön­nen. Zurück in den Unterkün­ften in den ent­fer­n­ten ländlichen Regio­nen bleibt die Dias­po­ra der extrem mar­gin­al­isierten Asyl­be­wer­ber. In manchen der ländlichen Unterkün­fte wohnt per­ma­nent nur etwa ein Fün­f­tel der gemelde­ten Bewohner.

Manch­mal kön­nen wir in unser­er Arbeit nur schw­er unter­schei­den, ob die Depres­siv­ität von Opfern Folge eines ras­sis­tis­chen Angriffs ist oder ob sie den mar­gin­al­isieren­den Lebensver­hält­nis­sen geschuldet ist. Es kam zur para­dox­en Erfahrung, dass Opfer nach einem ras­sis­tis­chen Angriff endlich die Hoff­nung entwick­el­ten, wegen des Angriffs in eine größere Stadt umverteilt zu wer­den. Bei der Moti­va­tion für den Umzug lässt sich kaum mehr unter­schei­den, welchen Ein­fluss die trau­ma­tis­che Opfer­erfahrung, welchen Ein­fluss die soziale Iso­la­tion der all­ge­meinen Lage als Asyl­be­wer­ber und welchen Ein­fluss die Hoff­nun­gen auf bessere soziale Teil­habechan­cen in den größeren Städten haben. Die Stadt Pots­dam ist ein Beispiel für eine wider­sprüch­liche Entwick­lung. Ein­er­seits haben sich die Lebens­be­din­gun­gen für Asyl­be­wer­ber durch eine Rei­he von Inte­gra­tions­maß­nah­men wie Sprachkurse und eigene Woh­nun­gen deut­lich verbessert. Auch haben sich kleine eth­nis­che Gemein­schaften mit Anschluss an grö&sz
lig;ere in Berlin gebildet. Ander­er­seits, ger­ade weil Nicht­deutsche im öffentlichen Räum häu­figer als in den Vor­jahren präsent sind, kam es zu ein­er Häu­fung ras­sis­tis­ch­er Angriffe im Jahr 2002. In diesem Jahr haben wir zwölf Angriffe auf Migranten und Asyl­be­wer­ber in Pots­dam reg­istri­ert. Den­noch ist Pots­dam weit­er­hin ein Ziel für Umverteilun­gen von Asyl­be­wer­bern aus den ländlichen Regio­nen. In Rathenow hinge­gen haben sich in diesem Jahr nur noch drei ras­sis­tis­che Gewalt­tat­en ereignet, und den­noch ist dort der Wun­sch nach Umverteilung nach wie vor weit verbreitet.

Die Prob­lematik von Umverteilun­gen kann als Indika­tor für das Zusam­men­wirken ras­sis­tis­ch­er Gewalt, All­t­a­gras­sis­mus und insti­tu­tionellem Ras­sis­mus gele­sen wer­den. Daran kann auch verdeut­licht wer­den, dass eine isolierte Betra­ch­tung der ras­sis­tis­chen Gewalt an der Leben­sre­al­ität von Asyl­be­wer­bern vor­beige­ht. Erst die Gesamtheit der Aus­gren­zungser­fahrun­gen kon­sti­tu­iert die Opfererfahrung. 

Verän­dertes Klima?

Bish­er wurde ver­sucht, Opfer­erfahrun­gen von Migranten und Asyl­be­wer­bern in Bran­den­burg darzustellen, so als ob sich die gesellschaftliche Sit­u­a­tion in den let­zten vier Jahren nicht gewan­delt hätte. Zu fra­gen ist nun, welchen Ein­fluss die ver­schiede­nen zivilge­sellschaftlichen Pro­jek­te und staatlichen Maß­nah­men gegen Recht­sex­trem­is­mus auf die Opfer­erfahrung hat­te. Dass sich diese Frage an dieser Stelle nur anreißen lässt, dürfte sich von selb­st ver­ste­hen. Ich möchte den­noch ein paar Hin­weise geben. Zunächst: die Gesamtzahl der Gewalt­de­lik­te mit ras­sis­tis­ch­er oder recht­sex­tremer Moti­va­tion ist nicht zurück­ge­gan­gen, die Entwick­lung ist jedoch region­al unein­heitlich. Das Beispiel Rathenow mag dafür ste­hen, wie die ras­sis­tis­che Gewalt recht­sex­tremer Jugend­cliquen zeitweise zurückge­drängt wer­den kon­nte. Das dürfte an ein­er Kom­bi­na­tion ein­er ver­schärften staatlichen Repres­sion mit einem gestärk­ten Selb­st­be­wusst­sein der Asyl­be­wer­ber liegen, die nicht mehr als leichte Opfer wahrgenom­men wer­den. Fraglich ist jedoch, wie nach­haltig die Eindäm­mung der ras­sis­tis­chen Gewalt ist, denn eine Mobil­isierung der Zivilge­sellschaft gelang in Rathenow bish­er nur in kleinen Ansätzen. Das Gegen­beispiel ist Pots­dam, wo eine vielfältige Land­schaft zivilge­sellschaftlich­er Ini­tia­tiv­en ent­standen ist, sich die Zahl der Angriffe jedoch noch gesteigert hat.

Jen­seits der Frage nach der Entwick­lung der ras­sis­tis­chen Gewalt hat sich die Sit­u­a­tion in eini­gen Bere­ichen deut­lich verbessert. Das bet­rifft die Res­o­nanz für nicht­deutsche Opfer bei Polizei und Jus­tiz, das Ange­bot von Opfer­hil­f­sor­gan­i­sa­tio­nen, das Ver­hal­ten von Kom­mu­nalpoli­tik­ern und kom­mu­nalen Bünd­nis­sen und die Medi­en­berichter­stat­tung. Aus­nah­men und Rück­fälle in längst über­wun­den geglaubte Zustände sind jedoch noch immer anzutr­e­f­fen, diese kön­nen aber auf­grund der Hil­f­sange­bote und der im all­ge­meinen größeren Sen­si­bil­ität für Opfer leichter kor­rigiert werden.

Nicht geän­dert hat sich die For­tex­is­tenz ras­sis­tis­ch­er Ein­stel­lun­gen und Ver­hal­tensweisen in einem rel­e­van­ten Bevölkerung­steil Bran­den­burgs, trotz des Gegengewichts zivilge­sellschaftlich­er Ini­tia­tiv­en und lokaler Bünd­nisse. Nicht geän­dert haben sich auch die mar­gin­al­isieren­den Wirkun­gen des insti­tu­tionellen Ras­sis­mus. Ohne eine The­ma­tisierung dieser Zusam­men­hänge wer­den wir uns noch lange mit ras­sis­tis­ch­er Gewalt auseinan­der­set­zen müssen.

Mit anderen Worten: ras­sis­tis­che Gewalt kann nur als ein Teil des gesellschaftlichen Ras­sis­mus betra­chtet wer­den. Ohne die The­ma­tisierung des umfassenderen Zusam­men­hangs ras­sis­tis­ch­er Aus­gren­zung­sprozesse lässt sich auch ras­sis­tis­che Gewalt nicht nach­haltig zurück­drän­gen. Dabei ist anzunehmen, dass es nicht nur in der sub­jek­tiv­en Wahrnehmung der Opfer einen Zusam­men­hang zwis­chen ras­sis­tis­ch­er Gewalt, All­t­agsras­sis­mus und insti­tu­tioneller Ras­sis­mus gibt, son­dern dass auch innere Wirkungszusam­men­hänge beste­hen. Die ras­sis­tis­che Gewalt jugendlich­er Sub­kul­turen ist ohne den All­t­agsras­sis­mus eines rel­e­van­ten Bevölkerung­steils, als dessen Voll­streck­er sie sich fühlen, nicht denkbar. Ander­er­seits kann angenom­men wer­den, dass die soziale Sep­a­ra­tion und Mar­gin­al­ität der Asyl­be­wer­ber das Mate­r­i­al sind, durch das sich ras­sis­tis­che Diskurse selb­st bestäti­gen (vgl. Wen­del 2001c). Pos­i­tiv aus­ge­drückt: der All­t­agsras­sis­mus kann sich erst dann in nor­male, von gegen­seit­iger Anerken­nung gekennze­ich­nete Beziehun­gen zwis­chen Migranten und Ein­heimis­chen wan­deln, wenn die Basis gle­ich­berechtigter und befriedi­gen­der sozialer Teil­habechan­cen existiert. Die Real­ität in den neuen Bun­deslän­dern ist davon auf bei­den Seit­en, auf der Seite der ein­heimis­chen Bevölkerung wie auf der Seite der Migranten, noch entfernt.

Lit­er­atur

Brauns, Michael/Wendel, Kay, 2001: Nichts ist, wie es vorher war. Inter­view mit Khaled Ben­sa­ha, 2. August 2000. In: Prozess­beobach­tungs­gruppe Guben, Hg., 2001: Nur ein Tot­er mehr … Alltäglich­er Ras­sis­mus in Deutsch­land und die Het­z­jagd von Guben. Mün­ster, 105–113

Buderus, Andreas, 1998: Fünf Jahre Glatzenpflege auf Staatskosten. Jugen­dar­beit zwis­chen Poli­tik und Päd­a­gogik. Sozialpäd­a­gogis­che Jugend­pro­jek­te gegen Ras­sis­mus und Gewalt seit Hoy­er­swer­da. Konzepte, Erfahrun­gen, Per­spek­tiv­en. Bonn 

Innen­min­is­teri­um des Lan­des Nor­drhein-West­falen, Hg., 2002: Ver­fas­sungss­chutzbericht des Lan­des Nor­drhein-West­falen 2001. Düs­sel­dorf. Im Inter­net (Stand: 2003-02-25) 

Kleffn­er, Heike/Wendel, Kay, 2000a: Der Medi­endiskurs über Recht­sex­trem­is­mus in den 90er Jahren. Unveröf­fentlicht­es Manuskript.

Luzar, Clau­dia, 2002: Fall­studie Hen­nigs­dorf. Eine Analyse recht­sex­tremer Gewalt aus der Opfer­per­spek­tive. Unveröf­fentlichte Diplo­mar­beit am Otto-Suhr-Insti­tut, Freie Uni­ver­sität Berlin 

MacPher­son, William, 1999: The Stephen Lawrence Inquiry. Im Inter­net (Stand: 2003-02-26)

Opfer­per­spek­tive, 1999: Die Opfer in den Blick­punkt rück­en. In: Meck­len­burg, Jens, Hg., 1999: Was tun gegen Rechts? Berlin. Im Inter­net (Stand: 2003-02-26)

Osterkamp, Ute, 1997: Insti­tu­tioneller Ras­sis­mus. Prob­lematik und Per­spek­tiv­en. In: Paul Mecheril/Thomas Teo, Hg., 1997: Psy­cholo­gie und Ras­sis­mus. Reinbek 

Oswalt, Phillip, 2001: Rechte Gewalt und öffentlich­er Raum. In: Anlauf­stelle für Opfer rechter Gewalt, Hg., 2001: Wenn die Glatzen an der Ecke ste­hen. Die ver­bor­ge­nen Regeln des öffentlichen Raums. Cot­tbus, 16–22

Pilz, Desire, 2001: “Nig­ger­schlampe!” In: Engel­mann, Rain­er, 2001: Texte gegen Recht­sex­trem­is­mus. Würzburg. Im Inter­net (Stand: 2003-02-26)

Strobl, Rain­er, 1998: Soziale Fol­gen der Opfer­erfahrun­gen eth­nis­ch­er Min­der­heit­en. Baden-Baden

Wen­del, Kay, 2001a: Das Prinzip Opfer­per­spek­tive. In: Pfef­fer und Salz e.V., Hg., 2001: Recherche­broschüre Recht­sex­trem­is­mus. Auf den Spuren der Zivilge­sellschaft. Anger­münde. Im Inter­net (Stand: 2003-02-26) 

Wen­del, Kay, 2001b: Tol­er­an­ten­burg exposed. In: Prozess­beobach­tungs­gruppe Guben, Hg., 2001: Nur ein Tot­er mehr … Alltäglich­er Ras­sis­mus in Deutsch­land und die Het­z­jagd von Guben. Mün­ster, 19–34

Wen­del, Kay, 2001c: Rechte Gewalt und insti­tu­tioneller Ras­sis­mus. In: Prozess­beobach­tungs­gruppe Guben, Hg., 2001: Nur ein Tot­er mehr … Alltäglich­er Ras­sis­mus in Deutsch­land und die Het­z­jagd von Guben. Mün­ster, 115–122

Anmerkun­gen

[1] Eine Aus­nahme und Pio­nier­ar­beit ist die Unter­suchung von Rain­er Strobl (Strobl 1998) üb
er soziale Fol­gen der Opfer­erfahrung bei Migranten türkisch­er Herkun­ft in Nor­drhein-West­falen. Unsere Beobach­tun­gen an ein­er anderen Opfer­gruppe, vor allem an Asyl­be­wer­berIn­nen in Bran­den­burg, deck­en sich weit­ge­hend mit den von Strobl beschriebe­nen Zusam­men­hän­gen. [zurück]

[2] Für eine Darstel­lung des Konzepts der “Opfer­per­spek­tive” siehe: Opfer­per­spek­tive (1999) und Wen­del (2001a). Dieses wie auch ähn­liche Pro­jek­te in den anderen neuen Bun­deslän­dern wer­den seit Mitte 2001 über das Bun­de­spro­gramm Civ­i­tas gefördert. [zurück]

[3] Zur Kri­tik des “Hand­lungskonzepts ‚Tol­er­antes Bran­den­burg” siehe Wen­del (2001b) [zurück]

[4] vgl. Kleffner/Wendel (2000a) [zurück]

[5] Im Inter­net; diese Zahlen (Stand: 31.12.2002) weichen von der vom Lan­deskrim­i­nalamt geführten Sta­tis­tik ab, was sich vor allem mit anderen Erfas­sungskri­te­rien und Angrif­f­en, die nicht angezeigt wur­den, erk­lärt. Noch höhere Zahlen ergeben sich, wenn zusät­zlich zu den bei einem Angriff ver­let­zten Per­so­n­en auch die nicht ver­let­zten berück­sichtigt wer­den. Die sich so ergebende Zahl der von einem Angriff Betrof­fe­nen liegt bei 156 Per­so­n­en. [zurück]

[6] Ver­fas­sungss­chutzbericht des Lan­des Nor­drhein-West­falen 2001, 183–188 [zurück]

[7] Da aus der Sta­tis­tik der Gewalt­tat­en in Bran­den­burg für das Jahr 2001 nicht mehr her­vorge­ht, wie viele Gewalt­tat­en gegen Fremde gerichtet waren, greife ich auf Zahlen aus dem Jahr 2000 zurück: 112 frem­den­feindlich motivierte Gewalt­tat­en in Nor­drhein-West­falen, 65 in Bran­den­burg. Die Zahlen zur Größe der aus­ländis­chen Bevölkerung beziehen sich auf Angaben des Sta­tis­tis­chen Bun­de­samts für den 31.12.1999 (Im Inter­net, Stand: 2003-02-26). [zurück]

[8] Vgl. exem­plar­isch die Stel­lung­nahme der Opfer­per­spek­tive zur Res­i­den­zpflicht für den Peti­tion­sauss­chuss des Deutschen Bun­destags. Im Inter­net (Stand: 2003-02-26) [zurück]

[9] Das Machtver­hält­nis der Insti­tu­tio­nen über ihre Klien­tel pro­duziert auf bei­den Seit­en par­tiku­lare Erken­nt­n­is­for­men. Von Seit­en viel­er Asyl­be­wer­ber wer­den neg­a­tive Entschei­dun­gen einzel­ner Sach­bear­beit­er deren Willkür und feindlich­er, ras­sis­tis­ch­er Ein­stel­lung zugeschrieben; die Sach­bear­beit­er sehen sich ihrer­seits meist nur als aus­führende Organe der Geset­ze und Verord­nun­gen. Der Begriff insti­tu­tioneller Ras­sis­mus ver­sucht bei­de Seit­en, per­son­al­isierende Zuschrei­bun­gen und Iden­ti­fika­tion mit legit­imierten Kon­trollmech­a­nis­men, als Effek­te der­sel­ben Prax­is­form zu beschreiben. (vgl. Wen­del 2001c) [zurück]

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Seit fünf Jahre Warten

Inter­view mit Ngabo aus Duala in Kamerun Er wartet seit fast fünf Jahren in Deutsch­land auf die Entschei­dung seines Asylantrags

Dies ist ein Inter­view mit Ngabo aus Duala in Kamerun. Er lebt seit fast fünf Jahren in Deutsch­land und ist im Heim am Lerchen­steig in Pots­dam unterge­bracht, wo er auf die Entschei­dung seines Asy­lantrags wartet.

Da er und wir nur Schu­lenglisch sprechen, ist es teil­weise bei Unklarheit­en geblieben. Bemerkun­gen dazu, sowie andere Anmerkun­gen ste­hen in Klam­mern dahin­ter. Das Inter­view ist nicht wortwörtlich wiedergegeben, son­dern im Zusam­men­hang geschrieben. 

Warum bist du aus dein­er Heimat geflohen?

Ich hat­te poli­tis­che Gründe zu fliehen. Mein Vater und ich gehörten der Oppo­si­tion­spartei SDF (sozialdemokratis­che Front) an. Am 11.Oktober 1997, einen Tag vor der Präsi­dentschaftswahl, organ­isierten wir von der Partei ein großes Tre­f­fen, auf dem mein Vater eine Rede gegen die führende Partei (RDPC — Demokratis­che Bewe­gung der Bürg­er Kameruns) hielt. Der Grund, warum wir gegen die führen­den Ver­hält­nisse in Kamerun sind, ist, dass die Poli­tik­er an der Macht furcht­bar kor­rupt sind, es gibt keine Kon­trolle darüber was sie mit Staats­geldern machen, das Gesetz wird ver­dreht wie es ger­ade passt, es gibt also eigentlich kein festes Gesetz und jed­er ist für sich selb­st verantwortlich.
Während dieses Tre­f­fens stürmte die Polizei (es ist nicht ganz klar ob es sich um die richtige Polizei in Zivilk­lei­dung oder um eine paramil­itärische Polizeitruppe han­delte) die Halle und ver­sprühte über­all Tränengas.
Ich wurde ver­haftet und in die Haupt­stadt von Kamerun, nach Yaoundé, ins Gefäng­nis gebracht, wo ich bis zu mein­er Flucht noch 5 Monate ver­brachte. Dort erfuhr ich auch, dass mein Vater erschossen wor­den war. 

Wie bist du dann nach Deutsch­land gekommen?

Ein Fre­und meines Vaters machte ein Abkom­men mit drei Wärtern aus dem Gefäng­nis. Die drei kamen mit­ten in der Nacht zu mir und halfen mir auszubrechen. Ich musste vom Gefäng­nisza­un herun­ter­sprin­gen und lan­dete in einem Con­tain­er. Draußen wartete der Fre­und meines Vaters und brachte mich dann erst­mal zu ein­er Art Wun­der­heil­er, von dem ich Medi­zin bekam. Danach brachte mich der Fre­und von meinem Vater in sein Haus, wo ich mich ver­steck­en konnte.
Doch die Polizei wusste von mein­er Flucht und wo ich war und kamen zum Haus. Aber der Fre­und meines Vaters bestritt, dass er mich ver­steck­en würde, und weil die Polizis­ten keine Erlaub­nis hat­ten das Haus zu durch­suchen, mussten sie wieder gehen. Doch uns war klar, dass sie mit ein­er Erlaub­nis wiederkom­men wür­den und ich so schnell wie möglich das Land ver­lassen musste.

Der Fre­und meines Vaters gab mir 2000 CFA (ca. 5 Euro).
Ich fuhr mit dem Auto nach Kum­ba und dann nach Mamte nah der Gren­ze Kamerun/Nigeria. Dort wartete der Wun­der­heil­er, der mir kurz nach dem Gefäng­nisaus­bruch geholfen hat­te. Ich gab den Grenzbeamten (oder Schmug­glern) das restliche Geld, das ich noch hat­te und sie bracht­en mich auch ohne Papiere über die Gren­ze. Mit Motorädern fuhren wir nach Cal­a­ba zu einem Reise­büro und dann mit dem Bus nach Lagos, von wo aus ich am 13.Nov.1998 mit einem Lufthansa-Flugzeug nach Deutsch­land flog. Der Dok­tor hat­te sämtliche Doku­mente, die ich brauchte. Ich wusste gar nicht, wo wir hin­flo­gen. Irgend­wann lan­de­ten wir dann in „white men coun­try“ (Land der weißen Men­schen) in Hamburg.

Ich fragte Leute dort, wo ich hin­solle und so kam ich nach Eisen­hüt­ten­stadt, weil dort eine große Zen­trale für Asyl­suchende sei. Als ich dort ankam sagte men­sch mir am Ein­gang aber, dass ich nicht hineinkönne, weil Woch­enende war und die Men­schen, die für die Neuan­mel­dun­gen zuständig sind nicht da waren. Also ging ich zur Polizei und die schick­ten mich über das Woch­enende in ein Hotel.
Sechs Wochen blieb ich im Asyl­be­wer­ber­heim in Eisen­hüt­ten­stadt, dann wurde ich mit vie­len anderen zusam­men in einem Bus nach Pots­dam gebracht, wo ich nun lebe. 

Wie geht es dir hier?

Im Moment geht es mir schon ganz gut. Die Lebens­be­din­gun­gen sind aber sehr schwierig. Sechs Leute leben hier in drei Zim­mern. Wir haben auch nur einen Küche (beste­hend aus zwei Camp­ing-Koch­plat­ten) und ein Bad. Mit dem Kochen z.B. ist es so, dass wir immer nacheinan­der kochen weil es ein­fach nicht anders geht mit dieser Küche.
Auch die Lage des Asyl­be­wer­ber­heims ist ziem­lich isoliert. Aber ich werde vielle­icht bald einen Woh­nung bekom­men, weil wenn du allein, also ohne Fam­i­lie, hier bist, bekommst du nach fünf Jahren eine Woh­nung und die sind bald rum. 

Was hältst du von den Abschreck­ungs­maß­nah­men wie z.B. den Wertgutscheinen oder der Residenzpflicht?

Gott sei dank, sind die Wertgutscheine nun abgeschafft (seit März 03 gibt es in Pots­dam keine Wertgutscheine mehr für Asylbewerber).
Diese Maß­nah­men machen das Leben sehr schw­er. Ich darf nicht mal nach Berlin fahren ohne einen Antrag stellen zu müssen. Ich würde gern mal wieder richtig afrikanisch essen. Aber die Zutat­en gibt es nur in Berlin zu kaufen und mit den Wertgutscheinen kann men­sch sie auch nicht bezahlen.

Deutsch­land ist das einzige Land, das diese Gutscheine hat. Ich ver­ste­he nicht was das soll.
Außer­dem habe ich keine Erlaub­nis zu arbeit­en oder irgend­was zu erler­nen oder zur Schule zu gehen. In Kamerun bin ich zur Schule gegan­gen. Ich habe Schnei­der gel­ernt. Hier habe ich eigentlich den ganzen Tag nichts zu tun. Ich darf ja nichts tun. Ins­ge­samt ist es schon nicht leicht hier zu leben. Ich füh­le mich einges­per­rt, bin nicht so frei wie ihr. 

Bist du schon mal Opfer von ras­sis­tis­chen Angrif­f­en oder Ähn­lichem geworden?

Ja, 1999 in der S‑Bahn, auf der Strecke zwis­chen Grieb­nitzsee und Babels­berg. Drei betrunk­ene Män­ner stiegen ein, mit Glatze und Tatoos auf dem Kopf. Ich war der einzige Dunkel­häutige im Wagen. Sie fin­gen an mich zu belei­di­gen, reifen irgend­was wie ‘Was machst du hier‘ und ‘Hau ab aus unsrem Land‘. Schließlich bekam ich einen Schlag ins Gesicht. An der End­hal­testelle, also am Haupt­bahn­hof, wartete die Polizei, irgend­je­mand hat­te die wohl gerufen. Alle wur­den ver­haftet und am 31.5.2000 war dann der Prozess gegen die Män­ner. Sie wur­den aber nicht bestraft, weil sie während der Tat stark betrunk­en waren. 

Was wirst du tun wenn dein Antrag abgelehnt bzw. angenom­men wird?

Wenn Gott es so will und er angenom­men wird, werde ich Kurse machen um mein deutsch zu verbessern und ich werde weit­er Schnei­dern lernen.
Wenn nicht, weiß ich es nicht. Sie wer­den mich vielle­icht erschießen,
wenn ich wieder in Kamerun bin, wie sie meinen Vater erschossen haben. Ich weiß es nicht. 

Vie­len Dank für das Interviev.

Das Gespräch führte die Pots­damer Antifa­gruppe Von Unten.

Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen zu Kamerun

1984: Präsi­dent Biya wird mit fast 100% im Amt bestätigt (Ergeb­nis fragwürdig)

— auch bei fol­gen­den Wahlen, die von den Oppo­si­tion­sparteien (SDF, UNDP, UDC) wegen man­gel­nder Trans­parenz und Chan­cen­gle­ich­heit boykotiert wur­den, wurde er immer wieder bestätigt. (näch­ste Wahlen 2004)

— 1999 belegt Kamerun den let­zten Platz in der Kor­rup­tion­ssta­tis­tik von „Trans­paren­cy Inter­na­tion­al“, d.h.: Kor­rup­tion ist dort am weitesten verbreitet

— in ihrem Län­der­bericht von 2001 bericht­en Amnesty Inter­na­tion­al von lebens­ge­fährlichen Haftbe­din­gun­gen, Folter und Todesstrafen sowie Tötun­gen durch die Polizei unter ungek­lärten Umstän­den (so star­ben 1999 im New-Bell Gefäng­nis in Duala etwa 30 Men­schen, 1991 wur­den bei Demon­stra­tio­nen und gen­er­al­streikähn­lichen Aktio­nen lan­desweit etwa 300 Men­schen getötet)

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Mord war offenbar rechtsextrem motiviert

pit BERLIN, 4. April. Ein am ver­gan­genen Woch­enende in Frankfurt/Oder began­gener Mord an einem 25-jähri­gen Mann hat offen­bar einen recht­sex­trem­istis­chen Hin­ter­grund. Als mut­maßliche Täter wur­den drei polizeibekan­nte junge Män­ner festgenom­men, für die der Haftrichter am Don­ner­stag Haft­be­fehle ausstellte. 

Ein­er von ihnen, der 19-jährige Stephan B., ist nach Angaben der Staat­san­waltschaft Frank­furt (Oder) bere­its wegen des Ver­wen­dens von Naz­ize­ichen aufge­fall­en. Wie er seien auch die anderen Verdächti­gen, die 20 und 28 Jahre alten Brüder Daniel und Mar­co S., wegen Eigen­tums­de­lik­ten bei der Jus­tiz bekan­nt. Ein­er der Brüder soll das Opfer mit Springer­stiefeln getreten haben. Die Staat­san­waltschaft ermit­telt wegen Mordes in Tateinheit
mit schw­erem Raub aus “Habgi­er und Verdeckungsabsicht”. 

Siehe auch: Berichte von MOZ und Tagesspiegel.

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Jugendlicher schwer misshandelt

Hen­nigs­dorf — Durch Schläge und Fußtritte ist ein 15-Jähriger am
Don­ner­stagabend in Hen­nigs­dorf schw­er ver­let­zt wor­den. Ein 18-jähriger
Tatverdächtiger sei wenig später festgenom­men wor­den, teilte die Polizei
gestern mit. Nach einem Wort­ge­fecht soll der 18-Jährige den 15-Jährigen
mehrmals geschla­gen und mit Stahlkap­pen­schuhen ins Gesicht getreten haben.

Inforiot