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Fax-Kampagne zur Verhinderung der Abschiebung von Orabi Mamavi


Opfer­per­spek­tive e.V.

Aufruf vom 11.08.2003

Ora­bi Mamavi, der 41-jährige Asyl­be­wer­ber aus Rathenow, der 1997 und 2002 Opfer ras­sis­tis­ch­er Gewalt wurde, soll am 4. Sep­tem­ber 2003 abgeschoben wer­den. Auf Empfehlung des Peti­tions-Auss­chuss­es hat­te die Ausländerbehörde
des Land­kreis­es Havel­land die für den 24. Juli geplante Abschiebung
aus­ge­set­zt, damit das Strafver­fahren gegen den Angreifer vom Dezem­ber 2002
voll­ständig abgeschlossen wer­den kon­nte. Der Täter, der 26-jährige Mar­co D.
aus Rathenow, wurde am 22. Juli zu ein­er Bewährungsstrafe von vier Monaten
Haft und ein­er Geld­buße von 500 Euro verurteilt. Das Urteil wurde eine Woche
später recht­skräftig. Die Aus­län­der­be­hörde hat nun einen neuen Ter­min für
die Abschiebung fest­ge­set­zt, den 4. September. 

Wir lassen nichts unver­sucht, das Unrecht der Abschiebung eines Opfers ras­sis­tis­ch­er Gewalt zu verhindern. 

Über einen Asyl­fol­geantrag für Ora­bi Mamavi ist noch nicht entsch­ieden. Bei
ein­er Abschiebung nach Togo wäre Ora­bi Mamavi hochgr­a­dig von Ver­haf­tung und
Folter bedro­ht, da deutsche Behör­den seinen Mit­glied­sausweis einer
Oppo­si­tion­spartei an die togole­sis­che Botschaft weit­ergeleit­et haben. 

Der Antrag auf ein sicheres Bleiberecht in Form ein­er Aufenthaltsbefugnis
wurde von der Aus­län­der­be­hörde abgelehnt. Mamavis Anwalt hat gegen die
Entschei­dung Wider­spruch ein­gelegt. Rechtlich möglich (nach § 30.3 AuslG
i.V.m. §§ 54, 55.2 AuslG bzw. nach § 30.1 AuslG) wäre die Gewährung einer
Aufen­thalts­befug­nis durch das Innen­min­steri­um. Vom Kirchenkreis Kyritz, der
Ora­bi Mamavi beis­te­ht, von der Lan­desaus­län­der­beauf­tragten Almuth Berg­er und
vom Vere­in Opfer­per­spek­tive wur­den Peti­tio­nen für eine Bleiberecht von Orabi
Mamavi an den Land­tag gerichtet, die im Aus­gust behan­delt wer­den sollen.
Es ist völ­lig ungewiss, wie die Behör­den und das Innenministerium
entschei­den wer­den. Für Ora­bi Mamavi ist diese Zeit der Ungewissheit
unerträglich. Die Angst vor der dro­hen­den Abschiebung ver­stärkt seine
Trau­ma­tisierung, die er von den Angrif­f­en und dem Leben in Rathenow erlitten
hat. Er lei­det unter Schlaf­störun­gen, unter den Bildern der rassistischen
Angriffe wie auch unter den Bildern der Folter, der er in Togo ausgesetzt
war, er lei­det unter Depres­sio­nen und ist sehr verängstigt, wie das
Trau­mather­a­piezen­trum Xenion feststellte. 


Die Zeit drängt. Jede und jed­er kann einen Beitrag leis­ten, um die dro­hende Abschiebung zu verhindern.
Schick­en Sie einen Fax-Appell an den Innenminister.

Vorschlag für ein Protestfax

Hier ein Textvorschlag für den Appell: 


[Name und Anschrift nicht vergessen!] 

An das

Min­is­teri­um des Innern

des Lan­des Brandenburg

Her­rn Min­is­ter Jörg Schönbohm

Hen­ning-von-Tresck­ow-Str. 9–13

14467 Potsdam 

Sehr geehrter Herr Minister, 

ich wende mich an Sie mit einem drin­gen­den Appell. Der togole­sis­che Asyl­be­wer­ber Ora­bi Mamavi aus Rathenow soll am 4. Sep­tem­ber 2003 abgeschoben wer­den. Herr Mamavi, der seit neun Jahren in Rathenow lebt, wurde in den Jahren 1997 und 2002 Opfer frem­den­feindlich motiviert­er Gewalt­tat­en. Noch
heute ist er von den Angrif­f­en trau­ma­tisiert. Aus Angst vor weit­eren Angrif­f­en und auf­grund des frem­den­feindlichen Kli­mas in Rathenow war seine Bewe­gungs­frei­heit erhe­blich eingeschränkt. 

Ich bin wegen der dro­hen­den Abschiebung von Her­rn Mamavi sehr besorgt. Ich appel­liere an Sie, in diesem Fall Ihre beson­dere Ver­ant­wor­tung für ein Opfer
frem­den­feindlich­er Gewalt wahrzunehmen und Her­rn Mamavi aus poli­tis­chen und human­itären Grün­den ein Bleiberecht zu gewähren. 

Den frem­den­feindlichen Angrif­f­en liegt die Moti­va­tion der Täter zugrunde, Aus­län­dern ein Aufen­thalt­srecht in Deutsch­land gewalt­tätig zu bestre­it­en. In Rathenow haben Recht­sradikale eine weit­ge­hende Vertrei­bung von Ausländern
aus dem öffentlichen Raum erre­icht. Ich würde es als ein beson­deres Unrecht betra­cht­en, wenn der Staat den frem­den­feindlichen Täter den Gefall­en täte, den Betrof­fe­nen abzuschieben. 

Nach mein­er Überzeu­gung hat Herr Mamavi ein Bleiberecht als Aus­gle­ich für die Angriffe und ihre bedrück­enden psy­chis­chen und sozialen Fol­gen verdient.
Damit wür­den Sie ein Zeichen der Sol­i­dar­ität mit Opfern rechtsextremer
Gewalt set­zen, das auch als eine deut­liche Äch­tung des Ras­sis­mus verstanden
würde. Die Wirkung der Angriffe würde damit umgekehrt, als ein klares Signal
an die Täter, dass sie ihre men­schen­ver­ach­t­en­den Ziele nicht erreichen. 

Sehr geehrter Herr Schön­bohm, Sie haben die Befug­nisse, in diesem Fall das
Unrecht ein­er Abschiebung zu ver­hin­dern. Ich fordere Sie auf, entsprechend
ein­er human­itär ver­stande­nen Gerechtigkeit zu entscheiden. 

hochachtungsvoll 

[Datum und Unterschrift] 


So wirds gemacht

Schickt den Brief mit dem oben ste­hen­den Text an die angegebene Adresse des Innen­min­is­teri­ums oder entwerft einen eige­nen Brief. Vergesst nicht Euren Namen, Eure Anschrift und Eure Unterschrift. 

Oder: schickt ein Fax an die Num­mer 0331 866 2666 (Innen­min­is­teri­um Potsdam)
Auf fol­gen­den Web­sites kön­nt Ihr kosten­los Faxe verschicken: 

fax­en-online,

TCP-Fax,

deno­tos (nur 480 Zeichen),

Harz­ER­mo­bile

Mailt unbe­d­ingt eine Kopie Eures Briefes oder Fax­es an die Opferperspektive.
Gebt bitte in der Mail an uns an, ob Ihr ein­ver­standen seid, dass Euer Name
und Euer Wohnort in einem öffentlichen Appell an den Innenminister
veröf­fentlicht wird. Schickt bitte das Fax oder den Brief so schnell wie möglich. Die Zeit drängt. 

Für Rück­fra­gen ste­hen wir unter 0171 1935669 gerne zur Verfügung. 

Das Team der Opferperspektive 

www.opferperspektive.de


Frem­den­feindlich motivierte Angriffe auf Ora­bi Mamavi

Ora­bi Mamavi lebt seit 1994 in Rathenow und ist in dieser Zeit mehrfach Opfer frem­den­feindlich motiviert­er Gewalt­tat­en gewor­den. Über die unmit­tel­bare Schädi­gung der Angriffe hin­aus wirk­ten diese Angriffe in Rich­tung auf eine Ver­drän­gung und Vertrei­bung der ganzen Gruppe der Asyl­be­wer­ber aus dem öffentlichen Raum in Rathenow. 

Der Angriff 1997

1997 wurde Ora­bi Mamavi zum ersten Mal Opfer ein­er schw­eren frem­den­feindlich motivierten Gewalt­tat. An einem Sam­stag Abend, es war entwed­er im April oder im Sep­tem­ber, die Angaben darüber gehen auseinan­der, war er zusam­men Noure­dine I., Kom­lan M. und Assouma R., drei weit­eren togole­sis­chen Asyl­be­wer­bern, in der Diskothek “Lemuria” in Rathenow. Die Auseinan­der­set­zung begann, als ein Recht­sradikaler I. durch einen feind­seli­gen Blick provozierte und ihm ins Gesicht spuck­te. Ein zweit­er Recht­sradikaler kam hinzu und schub­ste I. Als die drei anderen Togole­sen ihrem Lands­mann zu Hil­fe eilen wollen, ver­wies die Secu­ri­ty sie des Lokals. Am Ein­gang umringte eine Menge von etwa 20 recht­sradikal ori­en­tierten jun­gen Män­nern die Gruppe der Asyl­be­wer­ber. Diese ver­sucht­en, die Recht­sradikalen zu beschwichti­gen, doch als M. auf sein Fahrrad stieg, um zu fliehen, trat ihm ein Recht­sradikaler in die Seite, so dass er auf den Boden fiel. Mamavi, I. und Kom­lan M. ver­sucht­en wegzu­laufen, was R. wegen ein­er Gehbe­hin­derung nicht möglich war. Er wurde von einem Recht­sradikalen geschla­gen. Eine Angestellte der Diskothek brachte ihn in Sicher­heit und rief die Polizei, die jedoch etwa eine halbe Stunde brauc
hte, um am Tatort einzutr­e­f­fen. Die drei anderen wur­den auf ihrer Flucht von den Ver­fol­gern am Ein­gang der Diskothek einge­holt, Mamavi und Kom­lan M. wur­den geschla­gen. Mamavi erlitt eine Prel­lung im Brust­bere­ich, Kom­lan M. ein Hämatom am Auge. Doch es gelang ihnen, sich freizu­machen und auf die Straße zu laufen. Die Gruppe der Recht­sradikalen ver­fol­gte sie auch da. Mamavi traf auf der Flucht zwei türkische Asyl­be­wer­ber aus dem Heim Hei­de­feld. Ein­er nahm Mamavi auf dem Fahrrad bis zum Bahn­hof mit, von wo aus Mamavi weit­er zu Fuß bis Hei­de­feld ran­nte. Am näch­sten Mor­gen um 7 Uhr gin­gen Mamavi, I. und Kom­lan M. zusam­men mit den bei­den türkischen Asyl­be­wer­bern zurück zur Diskothek, um ihre Fahrräder abzu­holen, die sich auf der Flucht zurück­lassen mussten. In Höhe Kau­fland schnitt ihnen ein mit vier Män­nern beset­zter VW Golf den Weg ab. Die Insassen set­zen zum Angriff auf die Asyl­be­wer­ber an, doch diese kehrten fluchtar­tig um, zurück zum Heim. 

Obwohl die Heim­leitung von den Angrif­f­en unter­richtet wurde, wur­den diese Straftat­en von der Polizei offen­bar nicht ver­fol­gt. Es fan­den keine Vernehmungen der Opferzeu­gen statt. Die Wieder­auf­nahme der Ermit­tlun­gen im Juni 2003 endete mit ein­er Ein­stel­lung wegen Verjährung. 

Für viele Asyl­be­wer­ber in den Rathenow­er Heimen war die Ver­fol­gungs­jagd des 25. April 1997 ein gravieren­der Ein­schnitt. Kon­nten sie sich bis dahin noch rel­a­tiv frei in der Stadt bewe­gen oder in die Diskothek gehen, so wurde seit­dem ihre Bewe­gungs­frei­heit durch Angst vor neuen Angrif­f­en erhe­blich eingeschränkt. Viele gin­gen nur noch in das Stadtzen­trum zum Einkaufen, und das auch nur in Grup­pen. Nach eige­nen Aus­sagen lebten viele Asyl­be­wer­ber seit diesem Zeit­punkt in Rathenow “wie in einem Gefängnis”. 

Wieder­holte Pöbeleien und Bedrohungen

Dass sie selb­st beim Einkaufen bei Tages­licht nicht sich­er sind, mussten Mamavi und I. im Früh­som­mer 2001 erfahren, als sie beim “Mul­ti­store” von ein­er Gruppe von vier bis fünf Recht­sradikalen mit “Hey, Neger” angepö­belt wur­den. Ein tätlich­er Angriff, zu dem die jun­gen Män­ner schon ange­set­zt hat­ten, kam es nur nicht, weil drei weit­ere Afrikan­er Mamavi und I. zu Hil­fe kamen. 


Vor weni­gen Monat­en wurde Mamavi erneut Opfer ein­er frem­den­feindlich motivierten Gewalttat.

Der Angriff von 2002

Am Vor­mit­tag des 23.12.2002 war Mamavi zusam­men mit dem togole­sis­chen Asyl­be­wer­ber Tro­nou D. zu Schneeräu­mar­beit­en in der Berlin­er Straße einge­set­zt. Ein junger Mann kam auf sie zu und beschimpfte sie als “Scheiß-Neger”. Als sich die bei­den von ihm ent­fer­n­ten, fol­gte er ihnen und fuhr mit den Beschimp­fun­gen fort. Er redet in aggres­sivem Ton auf sie ein: “Was machst du hier? Geh zurück in dein Land! Wie viel kriegst du für diese Scheiß-Arbeit? Sag mal! Sag mal!” Dann trat er D. gegen das Knie und schlug Mamavi mit der Faust drei Mal ins Gesicht. Der Angreifer stürzte mit Mamavi auf den Boden, wo eine Rangelei begann, aus der Mamavi sich jedoch befreien kon­nte. Als Mamavi Polizei rief, ent­fer­nte sich der Mann. Mamavi trug von den Schlä­gen Prel­lun­gen im Gesichts­bere­ich und ein Hämatom am Auge zu. Eine schon vor der Tatzeit beste­hende Augen­erkrankung wurde so ver­schlim­mert. Der Täter, der 26-jährige Mar­co D. aus Rathenow, wurde am 22.07.2003 wegen Kör­per­ver­let­zung und Belei­di­gung zu ein­er Haft­strafe von vier Monat­en auf Bewährung und ein­er Geld­buße von 500 Euro verurteilt. 

Zusam­mengestellt nach Infor­ma­tio­nen der Betroffenen.

www.opferperspektive.de

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Familie spielt in der Spaßgesellschaft keine Rolle”

(Berlin­er Zeitung, 14. August 2003) Jörg Schön­bohm hat mit seinen 65 Jahren das Alter erre­icht, in dem andere
Men­schen in Rente gehen. Doch Innen­min­is­ter Schön­bohm, zugle­ich märkischer
CDU-Lan­deschef, denkt nicht ans Aufhören. 2004 zieht er noch ein­m­mal in den
Land­tagswahlkampf. Nun mis­cht sich der Ex-Gen­er­al auch in die Debat­te um die
Gen­er­a­tio­nen­gerechtigkeit ein. 

Bran­den­burg ist bald das Bun­des­land mit der durch­schnit­tlich ältesten
Bevölkerung in Deutsch­land. Bere­its 2015 wird jed­er vierte Brandenburger
über 65 Jahre alt sein. Kann da das Gemein­we­sen noch funktionieren?

Ich denke ja, aber das ver­langt Mut zu Verän­derun­gen. Mit der Überalterung
geht eine erhe­blich Abwan­derung der Bevölkerung in Teilen Brandenburgs
ein­her. Das ist das eigentliche Prob­lem, denn das hat Kon­se­quen­zen für die
Schul­ver­sorgung, für Kranken­häuser, für die Feuer­wehr und für die Sicherheit
der Bürg­er. Diese Entwick­lung wird forciert durch eine rot-grüne
Bun­de­spoli­tik, die dafür sorgt, dass sich die Schere zwis­chen Ost und West
seit Jahren wieder öffnet. 

Hört in den Berlin-fer­nen Regio­nen der Staat bald auf Staat zu sein, weil er
sich dort ein­fach nicht mehr flächen­deck­end organ­isieren kann?

Diese Gefahr sehe ich nicht. Der Staat wird seine Auf­gaben wie Sicherheit
und Schul­bil­dung aufrecht erhal­ten. Aber er muß seine Bürg­er zuweilen mehr
in die Ver­ant­wor­tung nehmen. 

Den­noch: Verteilungskämfe zwis­chen den Regio­nen des Lan­des, auch zwischen
Jung und Alt sind pro­gram­miert. Bil­dungsauf­gaben wer­den kün­ftig womöglich
gegen die zunehmenden Kosten für die Altersver­sorgung aufgerech­net. Der
Vor­sitzende der Jun­gen Union, Philipp Mißfelder, hat bere­its öffentlich
darüber nachgedacht, ob die Krankenkasse einem 85-Jähri­gen noch ein
kün­stlich­es Hüft­ge­lenk bezahlen soll…

Mißfelders Aus­sagen sind töricht und zynisch. Die Diskus­sion um die
Gen­er­a­tio­nen­gerechtigkeit ist über­fäl­lig, aber jet­zt wird sie emotional
über­lagert und dadurch nicht forciert, son­dern ver­hin­dert. Ältere Mitbürger
sagen zu Recht, wir waren Flüchtlinge und wir haben Deutsch­land wieder
aufge­baut, und jet­zt wollt Ihr uns noch nicht ein­mal einen würdigen
Lebens­abend genehmigen. 

Ihr alter Parteifre­und Kurt Biedenkopf ist da ander­er Mei­n­ung. Er hat den
Jung­poli­tik­er Mißfelder in einem Inter­view gelobt.

Klar ist: Das jet­zige Sozial­sys­tem ist an sein­er Leis­tungs­gren­ze. Doch es
ist ethisch nicht zu recht­fer­ti­gen, das Hüft­ge­lenk des 85jährigen gegen die
Zahn­be­hand­lung des 23jährigen aufzurech­nen. Es darf nicht sein, dass
Men­schen ab einem bes­timmten Alter keine medi­zinis­chen Leis­tun­gen mehr
bekom­men. Die Men­schen, die in der DDR gelebt haben, wis­sen ja noch, dass
die medi­zinis­che Ver­sorgung sehr stark davon abhing, wie alt man war. Über
65 gab es keine Dial­yse-Behand­lung mehr. 

Muss nicht auch die ältere Gen­er­a­tion in der jet­zi­gen Lage stärk­er Verzicht
üben?

Sich­er. Vielle­icht muss aber auch die jün­gere Gen­er­a­tion weniger Ansprüche
stellen. Ich bin zu ein­er Zeit zur Schule gegan­gen, da gab es kein
Kindergeld und kein Bafög. Ich habe mir in der Ober­stufe mein Geld während
der Ferien auf dem Bau ver­di­ent. Die nach­fol­gen­den Gen­er­a­tio­nen hingegen
machen eine län­gere Aus­bil­dung und kriegen finanzielle Unter­stützung vom
Staat. 

Worauf wollen Sie hinaus?

Wir alle müssen mehr leis­ten und weniger fordern. Wir wer­den diesen
Wohl­stand nicht mehr durch­hal­ten: Möglichst wenig arbeit­en, möglichst viel
Freizeit und Geld. Das ist nicht mehr drin. 

Viele junge CDU-Poli­tik­er bekla­gen eine gewisse Vol­lka­sko-Men­tal­ität der
älteren Gen­er­a­tion. Zu Recht?

Nein. Ich gehöre auch der älteren Gen­er­a­tion an. Ich glaube, dass ein großer
Teil der jün­geren Gen­er­a­tion eine viel größere Vol­lka­sko-Men­tal­ität hat. Im
West­en wird die Renten­ver­sicherung seit Mitte der 50er Jahre vom
Gen­er­a­tio­nen­ver­trag getra­gen. Damals hat man es nicht für möglich gehalten,
dass die Geburten­rate der näch­sten Gen­er­a­tion wesentlich niedriger ausfallen
wird. Ich habe ja selb­st drei Kinder zwis­chen 30 und 40 Jahren. 

Was sagen die dazu?

Die sagen, sie müssen sich pri­vat ver­sich­ern, weil sie nicht mehr daran
glauben, dass dieser Gen­er­a­tio­nen­ver­trag funk­tion­iert. Während mein­er Zeit
als Offizier hat darüber nie­mand geredet. 

Hat die Poli­tik ger­ade in West­deutsch­land das Kinderkriegen in den
ver­gan­genen Jahrzehn­ten zu wenig begünstigt?

Die Poli­tik hat sich viel zu sehr an die Spaßge­sellschaft angebiedert.
Kinder und Fam­i­lien spie­len darin keine Rolle. Aktive Bevölkerungspolitik
wurde in Deutsch­land lange Zeit tabuisiert — wegen des Nationalsozialismus
und dem damit ein­herge­hen­den Mut­terkult. Es gab die dum­men Sprüche wie
Kinder für den Führer. In der west­deutschen Umbruchssi­t­u­a­tion von 68 und
danach ist dann eine Insti­tu­tion ver­teufelt wor­den, die mit Kindern doch
sehr viel zu tun hat: Die Fam­i­lie. Heutzu­tage heißt es nun, dass die
Kindertages­be­treu­ung nicht aus­re­icht. Wenn das zuträfe, müsste Brandenburg
dank seines Betreu­ungsange­bots ger­adezu einen Baby­boom erleben, doch die
Geburten­rate steigt nur langsam wieder an. Die Frage ist für mich vielmehr,
ob nicht die Fam­i­lie mehr im Mit­telpunkt der Poli­tik ste­hen muss. Die
Investi­tion in Kinder ist wirk­lich das Wichtig­ste, aber dabei geht es nicht
nur um Geld, son­dern auch um per­sön­lich­es Engagement. 

Sie wür­den lieber ein wesentlich­es höheres Fam­i­lien­geld zahlen als das
herkömm­liche Kindergeld?

Ja. Wir haben eine unglaublich hohe Kitagläu­bigkeit. Eltern lieben ihre
Kinder mehr als Erzieherin­nen — warum sollen sie dann nicht die finanzielle
Frei­heit erhal­ten, für ihre Kinder die richtige Betreu­ungs­form auszuwählen?
Heutzu­tage ist mir vieles zu beliebig. Wenn etwa der Regierende
Bürg­er­meis­ter von Berlin sich out­et, ist das seine Sache. Wenn er aber beim
Christo­pher Street Day demon­stra­tiv auf dem ersten Wagen mit­fährt, ohne
dafür zu sor­gen, dass in Berlin auch mal etwas anderes geschieht, nämlich
ein Fest für die Fam­i­lien, dann halte ich das für falsch. Hier wird
missver­standene Tol­er­anz und Akzep­tanz ja bald zum Pflicht­pro­gramm. Auch die
Homo-Ehe halte ich in diesem Zusam­men­hang für nicht richtig, weil sie die
Fam­i­lie als Ver­ant­wor­tungs­ge­mein­schaft von Eltern und ihren Kindern
untergräbt. 

Das Gespräch führten Mar­tin Kles­mann und Andrea Beyerlein.

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Das Bollecamp lädt ein

Vom 29. bis zum 31. August find­et auf dem Kessel­berg das Bolle Camp statt. Dort sollen — so die Organ­isatorIn­nen (“zwis­chen Green­peace und Antifa”) neue Ideen besprochen, Pro­jek­te ges­tartet, ver­net­zt und disku­tiert werden. 

Ange­sprochen wer­den sollen sozial, ökol­o­gisch und poli­tisch engagierte Jugendliche. So heißt es im Aufruf: 

Ob du nun Bäume pflanzt oder den Cas­tor block­ierst; ob du dich gegen Globalisierung
ein­set­zt, mit deinem Jugend­klub ein Solikonz­ert für Chi­a­pas organ­isierst oder mit
Tauschring und Food Coop ein Stück weit Alter­na­tiv­en zu leben ver­suchst; ob du den
alltäglichen Ras­sis­mus bekämpf­st oder ein­fach nur das Gefühl hast, daß in dieser Welt vieles nicht so bleiben kann wie es ist: Dann komm zu Bolle.

Geplant sind auf dem Camp unter anderem Work­shops und Diskus­sio­nen. Natür­lich soll auch genug Raum für Musik, Vokü und die Selb­stor­gan­i­sa­tion des Cam­plebens bleiben. Welche The­men Schw­er­punkt des Camps wer­den ist weit­ge­hend offen gehal­ten, das Inter­esse und Engage­ment der Teil­nehmerIn­nen ist also gefragt. 

Mit einem ähn­lichen, sehr offe­nen Konzept fand das Bol­le­camp bere­its im let­zten Jahr am Stad­trand von Krem­men statt. Damals nah­men nur wenige Men­schen teil. 

Alle nöti­gen Infos zur Mit­machen und zur Anmel­dung gibt es auf der Web­seite www.bollecamp.de. Die Num­mer des Infotele­fons lautet (0331) 95.11.971. Ort des Geschehens ist — wie erwäh­nt — der Kessel­berg in Neu Zit­tau in der Nähe von Erkner.

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Homos in Brandenburg

Das schwulles­bis­che Mag­a­zin “Siegessäule” aus Berlin wid­met seine aktuelle Aus­gabe ganz dem Land Bran­den­burg. In fünf Reporta­gen wird etwa über eine Les­ben-WG in Pots­dam, die schwulles­bis­che Szene in Cot­tbus, eine Frauenko­op­er­a­tive in der Land­wirtschaft oder über das schwierige Com­ing Out in der Kle­in­stadt Wolters­dorf berichtet. Ergänzend gibt es Veranstaltungs‑, Aus­geh- und Aus­flugstipps sowie Inter­views und eine Samm­lung von Webadressen. 

Der Bran­den­burg-Schw­er­punkt der Siegessäule ist auch im Inter­net ein­se­hbar: www.siegessaeule.de.

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Bilder und Video vom Frierock-Festival

Das Umbruch Bil­darchiv aus Berlin war beim Frie­rock-Fes­ti­val vor Ort und hat Fotos geschossen sowie ein Video gedreht. Unter der Webadresse www.umbruch-bildarchiv.de ist das Mate­r­i­al abruf­bar. Weit­ere Bilder gibt es auf den Seit­en des Dos­tos aus Bernau unter www.dosto.de. Das DIY-Fes­ti­val find­et nun­mehr seit vier Jahren statt, auch in diesem Jahr wur­den über das Woch­enende mehrere hun­dert BesucherIn­nen gezählt.

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Los Wochos: Die Entscheidung

(Polizeikon­troll­stelle) Trotz der Zwangspause unser­er Inter­net­seite wegen des Umzugs auf einen anderen Serv­er haben uns doch einige Zuschriften zu den Bran­den­burg­er Daten­wochen erre­icht. Obwohl uns in den let­zten Wochen immer noch Briefe erre­ichen, möcht­en wir die Aktion nun auch offiziell abschließen. 

Am besten haben uns die fol­gen­den drei Ein­sendun­gen gefall­en. Sie geben präg­nant und unmißver­ständlich wieder, was die von uns betreuten Polizei‑, Strafver­fol­gungs- und Geheim­di­en­st­be­hör­den vom Grun­drecht auf Aktenein­sicht und Infor­ma­tions­frei­heit halten. 

In den näch­sten Tagen ver­trauen wir der Post die Preise an die Einsender/innen der veröf­fentlicht­en Fälle an: 

— einen Verkehrsstab der Volkspolizei,

— ein Paket mit Fach­lit­er­atur zum Polizeirecht sowie

— eine Medaille “25 Jahre Helfer der Volkspolizei” 

Fall 1: Auskun­ftsver­schlep­pung aus Datenschutzgründen

Frau A beantragte bei der Gen­er­al­staat­san­waltschaft in Brandenburg/Havel Auskun­ft über die zu ihrer Per­son dort gespe­icherten per­sön­lichen Dat­en. Die Behörde forderte sie daraufhin auf, ihre Iden­tität unter Vor­lage von Per­son­alausweis oder Reisep­aß in der Gen­er­al­staat­san­waltschaft in deren Sprechzeit­en nachzuweisen. Zur Begrün­dung ver­wies sie auf “die beson­dere Sen­si­bil­ität der Dat­en”. Frau A. erkundigte sich daraufhin, ob ihr Fahrtkosten und Ver­di­en­staus­fall erstat­tet wer­den, wenn sie aus ihrem Wohnort Bernau extra nach Bran­den­burg reist, um dort ihren Ausweis vorzuzeigen. Sie legte dem Brief eine Kopie ihres Per­son­alausweis­es bei und regte an, die Dat­en per Ein­schreiben zuzusenden. Doch auch damit war die Besorg­nis der Gen­er­al­staat­san­waltschaft um die sen­si­blen Dat­en noch nicht aus­geräumt. Sie teilte Frau A mit: “Die Übersendung der Kopie des Per­son­alausweis­es reicht deshalb als Nach­weis Ihrer Iden­tität nicht aus, weil jeden­falls die Möglichkeit, dass eventuell auch eine unberechtigte Per­son die Gele­gen­heit hat­te, in den Besitz Ihres Per­son­alausweis­es zu gelan­gen und sich davon Kopi­en zu fer­ti­gen.” Auf die Möglichkeit, die Dat­en per Ein­schreiben mitzuteilen, ging die Behörde nicht ein. Allerd­ings bot sie nun an, daß der Ausweis auch bei den Staat­san­waltschaften in Franfurt/Oder oder Pots­dam vorgelegt und die Auskun­ft vom dor­ti­gen Behör­den­leit­er erteilt wer­den kön­nte. Frau A. schlug daraufhin vor, die Dat­en an die Bernauer Polizei­wache zu schick­en, wo sie sie per­sön­lich abholen kann. 

Fall 2: Die Tak­tik der Notlüge

Herr B. hat­te vor eini­gen Jahren vor dem Ver­wal­tungs­gericht Pots­dam Klage gegen den Ver­fas­sungss­chutz erhoben, um die Löschung sein­er dort gespe­icherten per­sön­lichen Dat­en zu erhal­ten. Der Ver­fas­sungss­chutz teilte daraufhin mit, daß die strit­ti­gen Dat­en gelöscht wor­den seien. Daraufhin stellte das Gericht das Ver­fahren ein und erlegte Her­rn B. die Kosten des Ver­fahrens auf.

Wenig später beantragte Herr B. beim Ver­fas­sungss­chutz erneut Auskun­ft über gespe­icherte Dat­en. Nach mehreren Monat­en erfol­glosen Wartens, erhob er Untätigkeit­sklage gegen die Behörde. Daraufhin erteilte der Ver­fas­sungss­chutz die ver­langte Auskun­ft. Unter den gespe­icherten Dat­en befan­den sich fast auss­chließlich solche, von denen der Ver­fas­sungss­chutz im ersten Ver­wal­tungs­gerichtsver­fahren behauptet hat­te, daß sie gelöscht wor­den seien.
Inzwis­chen hat Herr B. erneut Klage ein­gere­icht, um die Löschung der gespe­icherten Dat­en durchzuset­zen. In der Klageer­widerung behauptet der Ver­fas­sungss­chutz, daß die Dat­en nicht gelöscht wer­den mußten, weil sie zum Zeit­punkt der Löschungs­bestä­ti­gung nicht zur Per­son gespe­ichert waren und erst später aus all­ge­meinen Sachak­ten in die per­sön­liche Akte Her­rn B.s abgelegt wurden. 

Fall 3: Präven­tive Löschung(sbehauptung)

Herr C hat­te beim Ver­fas­sungss­chutz Auskun­ft über die dort gespe­icherten per­sön­lichen Dat­en beantragt. Nach der Ein­gangs­bestä­ti­gung passierte erst ein­mal gar nichts. Drei Monate später bat der Ver­fas­sungss­chutz um Ver­ständ­nis, daß es “wegen erhöht­en Arbeit­san­falls zu Verzögerun­gen in der zeit­na­hen Bear­beitung” gekom­men sei und kündigte eine baldige Antwort an. Nach weit­eren drei Monat­en erfol­glosen Wartens legte der auskun­ft­shun­grige Bürg­er durch eine Recht­san­wältin beim Ver­wal­tungs­gericht Klage ein, um das Land Bran­den­burg zur Erteilung der Auskun­ft zu verpflicht­en. Dies brachte offen­bar Dynamik in die Sache. Zwei Wochen später kam der Bescheid, der 32 Spe­icherun­gen (darunter die Anmel­dung ein­er Demon­stra­tion und eine Äußerung bei ein­er öffentlichen Podi­ums­diskus­sion) enthielt und einen Dunkel­bere­ich zu dem die Auskun­ft ver­weigert wurde. (Damit war die Klage gegen­stand­los gewor­den. Die Kosten erlegte das Gericht aber dem Ver­fas­sungss­chutz auf, der die Klage voraus­sichtlich ver­loren hätte.) 

Als näch­stes wurde Aktenein­sicht beantragt und gewährt. Die Akte enthielt allerd­ings kaum mehr Infor­ma­tio­nen als der Bescheid. Sie war offen­bar aus anderen Akten eigens für den Ter­min zusam­menge­bastelt wor­den. Teil­weise war ersichtlich, daß die Infor­ma­tio­nen aus dem polizei­in­ter­nen Infor­ma­tions­di­enst oder von der Staat­san­waltschaft stammten. 

Nun wurde der Daten­schutzbeauf­tragte angeschrieben und gebeten, zu prüfen, ob z.B. die Spe­icherung ein­er Demon­stra­tionsan­mel­dung gegen das Recht auf Ver­samm­lungs­frei­heit ver­stößt und auf welch­er Rechts­grund­lage die Spe­icherung von Erken­nt­nis­sen beruht, die jede für sich nicht ver­fas­sungs­feindlich im Sinne des Ver­fas­sungschutzge­set­zes sind, weil sie wed­er den gewalt­samen Sturz der frei­heitlich-demokratis­chen Grun­dord­nung noch den Bestand von Bund und Län­dern bezweck­en. Über­raschen­der­weise schrieb der Lan­des­daten­schutzbeauf­tragte nur wenige Wochen später, daß der Ver­fas­sungss­chutz mit­geteilt habe, daß die gesamte Akte gelöscht wor­den sei. 

Inf­ss zum Hin­ter­grund der “Los Wochos” und eine Doku­men­ta­tion der Behör­den-Briefwech­sel zu den prämierten Fällen gibt es auf den Inter­net­seit­en der Polizeikon­troll­stelle unter www.polizeikontrollstelle.de/

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Familie aus Forst soll zurück in den Kosovo

Die seit zehn Jahren in Forst lebende sech­sköp­fige Fam­i­lie Cikaj aus dem
Koso­vo will weit­er in Deutsch­land leben, doch am 4. Sep­tem­ber soll sie nach
Pristi­na abgeschoben werden. 

Nach­dem das Bun­de­samt für die Anerken­nung aus­ländis­ch­er Flüchtlinge den
Asy­lantrag der Fam­i­lie endgültig abgelehnt hat­te und auch das zuständige
Ver­wal­tungs­gericht die Anträge auf Abschiebeschutz zurück­wies, sind alle
rechtlichen Mit­tel für einen Verbleib ausgeschöpft. 

“Meine Heimat ist hier. Meine Mut­ter­sprache ist Deutsch”, sagt die
14-jährige Mir­lin­da und hofft, vielle­icht doch noch in Forst bleiben zu
kön­nen. Ihr sech­sjähriger Brud­er Jet­mir, der hier geboren ist und heute in
Forst eingeschult wird, weiß nicht, wie lange er hier noch zur Schule gehen
kann. Vater Iljaz (42): “Wir ste­hen vor dem Nichts.” 

Vor der Abschiebung noch zum Schulanfang

Koso­vo-Albaner sollen zurück in ein Land, das die Kinder kaum kennen

Für Jet­mir ist heute ein beson­der­er Tag. Der Sech­sjährige ist ein­er der
Abc-Schützen, die in der ersten Grund­schule Forst-Mitte eingeschult werden.
Wie lange der Junge die Schule besuchen wird, ist jedoch ungewiss. Gemeinsam
mit seinen drei Geschwis­tern und seinen Eltern soll er am 4. Sep­tem­ber nach
Pristi­na im Koso­vo abgeschoben wer­den — in ein Land, das er noch nie zuvor
gese­hen hat. Die Aus­län­der­be­hörde sieht für die im Forster Asylbewerberheim
lebende Fam­i­lie Cikaj keine andere Möglichkeit. 

Bei Cika­js liegen die Ner­ven blank. Zehn Jahre, nach­dem Vater Iljaz (42)
vorm Krieg auf dem Balkan nach Deutsch­land flüchtete, und sieben Jahre,
nach­dem ihm Ehe­frau Dusha (40) mit ihren damals drei Kindern Jeton (18),
Mir­lin­da (14) und Rexh (10) nach Berlin fol­gte, sollen sie zurück in den
Koso­vo. «Da ist kein Platz für uns» , sagt Mir­lin­da. Sie war sieben Jahre
alt, als sie das Land ver­ließ. «Wenn wir auf dem Flughafen in Pristina
ankom­men, sind wir völ­lig ori­en­tierungs­los. Wir ste­hen vor dem Nichts» ,
befürchtet die 14-Jährige. «Wir haben dort keine Woh­nung, kein Geld — gar
nichts. Für mich gibt es keine Arbeit. Es ist weit­er ein unsicheres Land» ,
fügt Vater Iljaz an. Hinzu käme, dass es im Koso­vo wed­er für ihn noch für
seine Frau die notwendi­gen Medika­mente gegen ihre Krankheit­en gebe. «Ich
kann kaum noch schlafen» , gibt der 42-Jährige zu. Je näher der Tag rückt,
desto öfter müsse sie weinen, geste­ht Mir­lin­da ein. Ursprünglich sollten
sich die Cika­js schon am 4. August in Schöne­feld in den Flieger set­zen. Sie
sind nur deshalb noch in Forst, weil ihnen der Abschiebeter­min zu
kurzfristig mit­geteilt wor­den sei. 

«Meine Heimat ist hier» , hofft Mir­lin­da darauf, dass ihrer Fam­i­lie die
Abschiebung erspart bleibt. In Forst habe sie Fre­unde und Bekan­nte. «Meine
Mut­ter­sprache ist Deutsch.» Sie könne zwar noch Alban­isch sprechen, «aber
nicht lesen und schreiben» . Mir­lin­das Realschul-Zeug­nis (Durch­schnitt 2,3)
kann mit denen Gle­ichal­triger gut mithalten. 

«Unsere Kinder ken­nen ihren Geburt­sort nicht. Für sie ist Forst der zweite
Geburt­sort» , ergänzt Vater Iljaz. Der zehn­jährige Rexh, der wie sein Bruder
Jeton in Forst Fußball spielt — bei SV Rot-Weiß und Keune, hat eine einzige
Erin­nerung aus dem Koso­vo: «Ich musste weinen, als ich sah, wie ein Schaf
geschlachtet wurde.» Rexh war damals drei Jahre alt. 

«Kaum Exis­ten­z­grund­lage im Kosovo»

«Die Dra­matik beste­ht darin, dass die Fam­i­lie im Koso­vo kaum eine Grundlage
für den Auf­bau ein­er Exis­tenz hat» , schätzt auch Asyl­heim-Leit­er Andreas
Hal­la ein. Anson­sten will er sich zum Fall nicht weit­er äußern, dies sei
Sache der Ausländerbehörde. 

Die wiederum erk­lärt: «Mit den ablehnen­den Beschei­den des Bun­de­samtes für
die Anerken­nung aus­ländis­ch­er Flüchtlinge wur­den die Antrag­steller nicht als
Asyl­berechtigte anerkan­nt. Mit den Beschei­den wurde gleichzeitig
fest­gestellt, dass kein Abschiebungsver­bot für poli­tisch Ver­fol­gte und auch
keine Abschiebung­shin­dernisse vor­liegen. … Die ein­gere­icht­en Anträge auf
Abschiebungss­chutz wur­den vom zuständi­gen Ver­wal­tungs­gericht unanfechtbar
abgelehnt. Spätestens seit März 2002 ist die gesamte Fam­i­lie vollziehbar
ausreisepflichtig.» 

Schu­la­b­schluss ermöglicht

Cika­js hät­ten nur deshalb noch bleiben kön­nen, weil dem ältesten Sohn Jeton
der Abschluss der 10. Klasse ermöglicht wer­den sollte. «Eine Neuankündigung
der Fam­i­lie (im Koso­vo, Anm. d. Red.) zwecks Rück­führung erfol­gte am 5.
August. Die Antwort der zuständi­gen Behör­den bleibt abzuwarten.» 

Hin­ter­grund Asyl­be­wer­ber­heim Forst

Im Forster Asyl­be­wer­ber­heim leben derzeit rund 100 Kinder und Erwach­sene aus
etwa 30 Natio­nen in dem Haus an der Guben­er Straße. Das Heim wird im Auftrag
des Land­kreis­es Spree-Neiße von ein­er pri­vat­en Gesellschaft betrieben. Nach
Angaben von Heim­leit­er Andreas Hal­la sind weit­ere vier Fam­i­lien in der
gle­ichen Sit­u­a­tion wie die Cikajs.

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«Schill» will in Cottbus antreten

Die «Partei Rechtsstaatlich­er Offen­sive» , kurz nach ihrem Grün­der «Schill»
genan­nt, will offen­bar zur Kom­mu­nal­wahl in Cot­tbus antreten. Die Partei des
Ham­burg­er Innense­n­a­tors Ronald B. Schill hat im Cot­tbuser Rathaus die notwendi­gen Unter­la­gen ange­fordert und
die Lis­ten für Unter­stützer-Unter­schriften ausle­gen lassen. 

Bis­lang gibt keine Kan­di­dat­en. Die Schill-Partei hat in Cot­tbus keine
Organ­i­sa­tion, es existiert jedoch ein Lan­desver­band Bran­den­burg mit Sitz in
Bernau. Schill, der bei der Land­tagswahl in Ham­burg Ende 2001 auf Anhieb 20
Prozent der Stim­men erzielte, ist heute Ehren­vor­sitzen­der der Partei. 

Der Cot­tbuser Wahlleit­er Wern­er Press-Maczeizik rech­net mit zehn bis elf
Bewer­bun­gen von Parteien oder Grup­pen für die Wahl am 26. Oktober.
Anmelde­schluss ist der 18. Sep­tem­ber, 12 Uhr. Parteien oder Grup­pen sowie
Einzel-Bewer­ber, die derzeit nicht in der Stadtverordnetenversammlung
vertreten sind, müssen Unter­stützer-Unter­schriften vor­legen — 20
Unter­schriften aus jedem der fünf Wahlkreise. 

Bis­lang geht man im Wahlbüro davon aus, dass die in der
Stadtverord­neten­ver­samm­lung vertrete­nen Parteien wieder antreten: SPDCDU,
PDS, Grüne, FDP sowie auch die Frauen­liste Cot­tbus. Unklar ist, ob sich das
Bürg­er­bünd­nis und die DSU erneut zur Wahl stellen. Bei­de haben bei der Wahl
1998 jew­eils einen Sitz in der Stadtverord­neten­ver­samm­lung errungen. 

«Bis heute haben sich auch zwei Einzel­be­wer­ber angemeldet» , so der
Wahlleiter. 

Neben der «Schill» ‑Partei haben die «Aktiv­en Unab­hängi­gen Bürg­er» (AUB) aus
Cot­tbus erk­lärt, zur Wahl anzutreten (die RUNDSCHAU berichtete). Noch ist
allerd­ings unklar, wer zu diesem Bünd­nis gehört. Nach Sprech­er Sven Pautz
taucht nun in ein­er Pressemit­teilung von gestern auch der Name Jens Wuttke
auf. Wut­tke betreibt einen Spielzeug-Laden in der Stadtpromenade.
Verbindun­gen soll es zur Kahren­er Bürg­erini­tia­tive geben, die gegen den
Ver­lauf der Ort­sumge­hung im Osten protestiert, und zur Gruppe «Bürg­er für
Cottbus».

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Entlastung der Verwaltung auf Kosten von Transparenz?

Presse-Infor­ma­tion des Lan­des­beauf­tragten für den Daten­schutz und für das Recht auf Aktenein­sicht Brandenburg

Das Innen­min­is­teri­um plant, im Rah­men des Zweit­en Geset­zes zur Ent­las­tung der Kom­munen von pflichti­gen Auf­gaben auch das Aktenein­sichts- und Infor­ma­tion­szu­gangs­ge­setz erhe­blich einzuschränken. 

So sollen nicht nur die Gemein­den, son­dern auch die Lan­desver­wal­tung in Zukun­ft nicht mehr dazu verpflichtet sein, die Zus­tim­mung Drit­ter einzu­holen, von der die Aktenein­sicht abhängt. Die Ver­wal­tung soll die Ein­hol­ung der Zus­tim­mung auf den Antrag­steller abwälzen kön­nen, der die Akte ein­se­hen will. Der aber kann gar nicht wis­sen, wessen Zus­tim­mung er ein­holen soll. Damit wird die Ausübung des Aktenein­sicht­srechts in den meis­ten Fällen vere­it­elt, in denen die Akten Dat­en Drit­ter enthal­ten. Will die Ver­wal­tung das ver­mei­den, müsste sie zwis­chen Antrag­steller und Drit­ten, deren Anschriften sie nicht ohne weit­eres her­aus­geben darf, ver­mit­teln, was einen erhe­blich größeren Aufwand bedeutet als nach gel­ten­dem Recht. 

Zudem sollen die Behör­den die Gebühr für die Aktenein­sicht unter Berück­sich­ti­gung der Bedeu­tung und des Nutzens für den Antrag­steller fest­set­zen dür­fen. Damit aber wird der in der Bran­den­bur­gis­chen Lan­desver­fas­sung seit 1992 garantierte Grund­satz in Frage gestellt, ohne Begrün­dung freien Zugang zu den Infor­ma­tio­nen der Ver­wal­tung zu erhal­ten. Es kann nicht Sache der Ver­wal­tung sein, den Nutzen ein­er Infor­ma­tion für den Bürg­er zu bew­erten oder dessen Motive für seinen Wun­sch nach Aktenein­sicht zu erforschen. 

Schließlich lehnt es das Innen­min­is­teri­um ohne nachvol­lziehbare Begrün­dung ab, einen Beschluss des Land­tages vom April 2002 umzuset­zen, in dem das Par­la­ment die Lan­desregierung aufge­fordert hat­te, eine Frist von vier Wochen für die Bear­beitung von Aktenein­sicht­santrä­gen in das Gesetz aufzunehmen, wie dies die Gemein­de­ord­nung für Peti­tio­nen bere­its vorsieht. 

Der Lan­des­beauf­tragte für den Daten­schutz und für das Recht auf Aktenein­sicht, Dr. Alexan­der Dix, wen­det sich gegen die geplanten Ein­schränkun­gen des Akteneinsichtsrechts: 

“Die Finanzprob­leme der Gemein­den kön­nen nicht durch einen Rück­fall in die Intrans­parenz und den Verzicht auf ein Min­dest­maß an Bürg­er­fre­undlichkeit gelöst wer­den. Die geplanten Regelun­gen ver­fehlen zudem das erk­lärte Ziel des Innen­min­is­teri­ums und führen zu mehr Ver­wal­tungsaufwand und Recht­sun­sicher­heit. Stattdessen sollte der Auf­trag des Land­tages zur Ein­führung ein­er angemesse­nen Bear­beitungs­frist endlich umge­set­zt werden.”

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Jugendarrest für fremdenfeindlichen Rheinsberger

RHEINSBERG Die im Rah­men eines vere­in­facht­en Jugend­ver­fahrens härtest­mögliche Strafe sprach das Amts­gericht Neu­rup­pin gestern für einen 17-jähri­gen Rheins­berg­er aus. Er muss einen vier­wöchi­gen Arrest in ein­er speziellen Jugen­dar­restanstalt antreten. Die Anklage lautete auf gemein­schaftlich ver­suchte Brand­s­tiftung und Störung des öffentlichen Friedens durch Andro­hung von Straftat­en. Ein 21-jähriger mut­maßlich­er Rheins­berg­er Mit­täter wurde in Abstim­mung mit der Staat­san­waltschaft Neu­rup­pin wieder aus dem Polizeige­wahrsam ent­lassen. Die Ermit­tlun­gen laufen aber noch.

 

Wie die Polizei mit­teilt, hat­ten sich „die Tatverdächti­gen mit unter­schiedlich­er Tat­beteili­gung sowie erkennbar­er Frem­den­feindlichkeit als Motiv, teil­weise geständig gezeigt.“ Dem­nach sind bei­de für das In-Brand-Steck­en von Zeitungspa­pi­er am Dön­er-Imbiss in der Paulshorster Straße am ver­gan­genen Mon­tag um 23.30 Uhr ver­ant­wortlich. Die Polizei kon­nte den Brand löschen, ohne dass größer­er Schaden entstand.

 

Am Mittwoch erfuhren die Beamten davon, dass Mit­glieder ein­er sich auf dem Kirch­platz tre­f­fend­en neunköp­fi­gen Jugend­gruppe geäußert hät­ten, den Stand erneut anzün­den zu wollen. Eine Ermit­tlungs­gruppe wurde gebildet wurde gebildet. In Zusam­me­nar­beit mit der Staat­san­waltschaft Neu­rup­pin kon­nten die Krim­i­nal­is­ten auch zwei weit­ere Straftat­en aufk­lären, die allerd­ings nicht näher benan­nt werden.

Inforiot