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Ku-Klux-Klan-Anhänger zogen durch Neuruppin

NEURUPPIN. Rund zehn als Anhänger der ras­sis­tis­chen Organ­i­sa­tion Ku-Klux-Klan (KKK) verklei­dete Jugendliche sind am Fre­itagabend durch den Neu­rup­pin­er Stadt­teil Treskow gezo­gen. Nach Infor­ma­tio­nen der linken Inter­net­seite infori­ot zogen die Jugendlichen zu Hal­loween mit ein­er KKK-Fahne und einem Holzkreuz von Haus zu Haus und ver­langten Süßigkeit­en. Andern­falls dro­ht­en sie, bren­nende Holzkreuze in die Vorgärten zu stellen. Die Polizei in Neu­rup­pin bestätigte am Mon­tag den Vor­fall. Es seien die Per­son­alien von acht Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren fest­gestellt und Platzver­weise aus­ge­sprochen wor­den, sagte Polizeis­precherin Beat­rix Kühn. Derzeit werde geprüft, ob die Jugendlichen wegen der Bil­dung ein­er krim­inellen Vere­ini­gung zur Rechen­schaft gezo­gen wer­den kön­nen. (kbi.)

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Antifa-Gedenken in Halbe verboten

(„Ini­tia­tive gegen Heldenge­denken in Halbe”, Pressemit­teilung 3.11.) Das zuständi­ge Ord­nungsamt des Lan­des Schenken­länd­chen hat die geplante Mahn- und Gedenkver­anstal­tung zu Ehren der ukrainis­chen Zwangsar­beit­erlnnen am 15. Novem­ber 2003 auf dem Wald­fried­hof in Halbe verboten. 

In der Begrün­dung heißt es, die Ver­anstal­tung zum Gedenken an die Zwangsar­bei­t­erIn­nen sei eine poli­tis­che Ver­anstal­tung und somit „nicht mit dem Ziel und Zweck des Fried­hofs vere­in­bar, im Gegen­teil, sie laufe diesem ger­adezu zuwider”. 

Die Exis­tenz von Gräbern ukrainis­ch­er Zwangsar­bei­t­erIn­nen auf dem Wald­fried­hof in Halbe ist das Ergeb­nis von Poli­tik, und zwar deutsch­er Poli­tik während der NS-Zeit. Und somit muss das Gedenken an die Opfer des deutschen Faschis­mus zwangsläu­fig poli­tisch sein. 

Den Hin­weis in der Ablehnungs­be­grün­dung des Ord­nungsamts „… Weit­ere Besuch­er des Fried­hofs wären an diesem Tag durch diese Ver­anstal­tung in ihrer Trauer und in ihrem stillen Gedenken an die Toten gestört …“, hal­ten wir für sehr mak­aber, da sich ger­ade Alt- und Neon­azis für diesen Tag als Besuch­er ankündi­gen, um die gefal­l­enen SS-Divi­sio­nen, die bei der Kesselschlacht von Halbe umgekom­men sind, zu ehren. 

Alt- und Neon­azis wollen am 15. Novem­ber an das nation­al­sozial­is­tis­che „Heldenge­denken” zwis­chen 1933 bis 1945 anknüpfen. Neben den 57 als Deser­teure verurteilte und hin­gerichtete Sol­dat­en und ukrainis­che Zwangsar­bei­t­erIn­nen, die während des Krieges in den umliegen­den Gemein­den und Fir­men aus­ge­beutet wur­den und an den Fol­gen von Hunger und Entkräf­tung star­ben liegen auf dem Fried­hof haupt­säch­lich im Krieg gefal­l­ene deutsche Wehrmachtsoldaten. 

Zu dem geplanten Auf­marsch und Heldenge­denken rufen ein­schlägige recht­ster­ror­is­tis­che Grup­pierun­gen aus dem Kam­er­ad­schaftsspek­trum der Freien Nation­al­is­ten sowie der „Fre­un­deskreis Halbe e. V.” und das „Ehrenkomi­tee 8. Mai” unter dem Mot­to „Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsol­dat­en“ auf. Mit dieser revi­sion­is­tis­che Parole ver­her­rlichen sie ein­deutig die Ver­brechen der Wehrma­cht und des Nationalsozialismus. 

Ein Bünd­nis von Antifaschis­tis­chen Grup­pen aus Berlin/Brandenburg und VVN-BdA Berlin rufen zur massen­haften Beteili­gung an den antifaschis­tis­chen Gegen­ver­anstal­tun­gen in Halbe am 15.11.2003 ab 11°° Uhr am Wald­fried­hof Halbe und zur Mahn- und Gedenkver­anstal­tung zu Ehren der ukrainis­chen Zwangsar­bei­t­erIn­nen ab 12°° Uhr auf dem Wald­fried­hof auf. 

Es ist eine Brüskierung der Opfer, wenn auf dem Fried­hof in Halbe Neon­azis im Angesicht der
Gräber der Opfer ein „Heldenge­denken” für die deutschen Täter durch­führen wollen. Dies gilt es am
15.11.2003 zu ver­hin­dern. Die größte Ehrung der Opfer des deutschen Faschis­mus ist die
Bekämp­fung von Neon­azis und deren Aufmärsche.
Weit­ere Infor­ma­tio­nen unter: 

Mehr Infos auf der Infori­ot-Son­der­seite und unter www.redhalbe.de.vu.

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Nazis spuken an Halloween durch Neuruppin

Am Abend des 31. Okto­ber zogen ca. 10 als KuK­luxK­lan- Anhänger verklei­dete Glatzen durch den Neu­rup­pin­er Ort­steil Treskow ( Vorort- Sied­lung). Mit KKK- Fahne und Holzkreuz bewaffnet zogen die Nach­wuch­snazis von Haus zu Haus und ver­langten nach Süßigkeit­en. Wer nichts geben wollte, bekam die Dro­hung dann später ein bren­nen­des Holzkreuz im Vor­garten zu finden.
Ca. zwei Stun­den kon­nten sie ungestört durch den besagten Ort­steil ziehen, bevor sie sich ver­mut­lich zum Weit­er­feiern in eine Bun­ga­low- Sied­lung zurückzogen. 

 

Eben­so wider­liche Dinge spiel­ten sich in der sel­ben Nacht am Boll­w­erk ( seit langem beliebter Naz­itr­e­ff­punkt am Rup­pin­er See/ Nähe Innen­stadt) ab. Mehrere Betrunk­en „Volk­shelden“ standen am dor­ti­gen Spielplatz. Schein­bar war die Gruppe dabei sich aufzulösen, als in mil­itärischem Ton „ Stillge­s­tanden! Und Abtreten mit eine Sieg Heil…“ gebrüllt wurde. Daraufhin riefen mehrere Per­so­n­en laut­stark ein paar Mal hin­tere­inan­der „Sieg Heil“ und zeigten den Hitlergruß.
Erst als Men­sch auf­forderte das Maul zu hal­ten und andro­hte die Polizei zu rufen, liefen sie eiligst davon.
Pas­san­ten die sich eben­falls am Boll­w­erk aufhiel­ten, reagierten darauf gar nicht. 

 

Bei bei­den Vor­fällen han­delte es sich um 14- 17-jährige Jugendliche mit diversen äußer­lich erkennbaren Nazi- Sym­bol­en („White- Pow­er“- Aufnäher, Fascho- Skin­head- Outfit). 

 

Hal­tet die Augen offen! Ver­hin­dert faschis­tis­che und ras­sis­tis­che Übergriffe!!!
Kein Fußbre­it den Faschis­ten!!! Schlagt zu wo ihr sie trefft!!! 

 

Auch vor dein­er Haustür!

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«Das ist wie ein plötzlicher Tod in der Familie»

(LR, 01.11.) Die seit Jahren in Deutsch­land lebende Fam­i­lie Cikaj aus dem Koso­vo wird am
5. Novem­ber defin­i­tiv nach Pristi­na abgeschoben. Das hat die
Aus­län­der­be­hörde des Land­kreis­es Spree-Neiße der im Forster Asylbewerberheim
unterge­bracht­en Fam­i­lie am Don­ner­stag mit­geteilt. Der Ter­min war seit
Sep­tem­ber mehrfach ver­schoben wor­den. Cika­js müssen nun zurück in ein Land,
das die Kinder kaum kennen. 

Vater Iljaz Cikaj (42) floh vor zehn Jahren vor dem Krieg auf dem Balkan.
Drei Jahre später fol­gten ihm Ehe­frau Dusha (40) mit ihren damals drei
Kindern Jeton (18), Mir­lin­da (14) und Rexh (10) nach Berlin. In der
Haupt­stadt kam Jet­mir (6) zur Welt. Seit gut zwei Jahren lebt die
sech­sköp­fige Fam­i­lie in Forst. Die drei jün­geren Kinder besuchen die Schule.
Der 18-Jährige hat in diesem Jahr die 10. Klasse abgeschlossen. 

«Zur Aus­reise ab Berlin-Schöne­feld» habe sich die Fam­i­lie am 5. Novem­ber um
7 Uhr «mit Reisegepäck» in der Aus­län­der­be­hörde einzufind­en, wurde Cikajs
vorgestern erk­lärt. Ein Dien­st­fahrzeug des Land­kreis­es werde sie zum
Flughafen bringen. 

«Wir kön­nen es nicht fassen» , ringt der älteste Sohn nach Worten. Doch er
weiß: «Alle rechtlichen Mit­tel sind aus­geschöpft.» Das Verwaltungsgericht
sieht keinen Anspruch auf Dul­dung der Fam­i­lie in Deutsch­land. Auch ein neues
psy­chol­o­gis­ches Gutacht­en änderte nichts an der Auf­fas­sung des Gerichts. 

«Für uns ist das eine Katas­tro­phe» , sagt Jeton Cikaj. «Das ist wie ein
plöt­zlich­er Tod in der Fam­i­lie, den kein­er begreifen kann.» Wed­er seine
Fre­unde und Sportkam­er­aden im Forster Fußbal­lvere­in noch die Mitschüler
sein­er Geschwis­ter wür­den die Entschei­dung ver­ste­hen. Wenn Jeton mit seinen
Eltern und Geschwis­tern näch­sten Mittwoch in Pristi­na lan­den wird, «dann
ste­hen wir vor dem Nichts» , fürchtet der 18-Jährige. «Wir wis­sen nicht,
wohin es ab Pristi­na geht, ob wir eine Unterkun­ft erhal­ten.» Dies sei mit
Blick auf den nahen­den Win­ter beson­ders erschüt­ternd. Die Fam­i­lie habe auch
nicht das nötige Geld für einen Neuan­fang. «In Forst lebten wir von
Gutscheinen.» Und dass er im Koso­vo arbeit­en gehen kann, glaubt der junge
Mann auch nicht. «Die Arbeit­slosigkeit ist dort sehr hoch.» 

«Unsere Kinder ken­nen ihren Geburt­sort nicht. Für sie ist Forst der zweite
Geburt­sort» , sagt Vater Iljaz. «Meine Heimat ist hier» , ergänzt die
14-jährige Realschü­lerin (Durch­schnitt 2,3) Mirlinda. 

«Ich muss es erst ein­mal ver­dauen» , meint auch Heim­leit­er Andreas Halla.
«Ich habe nicht damit gerech­net, dass die Abschiebung so schnell vollzogen
wird.» Er müsse die Entschei­dung jedoch akzep­tieren, wen­ngle­ich es «von der
men­schlichen Seite» nicht nachvol­lziehbar sei. Die Dra­matik beste­he darin,
dass die Fam­i­lie im Koso­vo kaum eine Grund­lage für den Auf­bau ein­er Existenz
habe, so Hal­la. Die hier ange­wandte «beson­ders große Härte» stelle im
Ver­gle­ich zu anderen Fam­i­lien eine «ungerecht­fer­tigte Behand­lung» dar. 

Ursprünglich soll­ten Cika­js schon vor einem Jahr abgeschoben wer­den, nachdem
das Bun­de­samt für die Anerken­nung aus­ländis­ch­er Flüchtlinge den Asylantrag
abgelehnt hat­te. Sie kon­nten zunächst bleiben, um dem ältesten Sohn den
Schu­la­b­schluss zu ermöglichen. Seit August 2003 erhiel­ten Cika­js insgesamt
vier­mal eine kurzfristige Ver­längerung ihrer «Gren­züber­tritts­bescheini­gung»
. Auch dies­mal suchen sie «krampfhaft nach einem Ausweg» , so Heimleiter
Hal­la. «Aber den wird es wohl nicht geben.»

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Der Feind wird gemacht

Im Prozess um die Ermor­dung von Mar­i­nus Schöberl in Pot­zlow sind die Urteile gesprochen. Die Täter sind »ganz nor­male« Rechtsextremisten.

(Jun­gle World, 45/2003, Jens Thomas) Sebas­t­ian F. hat gut lachen. Mit ein­er Plas­tik­tüte in der einen Hand und ein­er Zigarette in der anderen ver­lässt er grin­send den Gerichtssaal. Der 18jährige muss wegen sein­er Beteili­gung an der Ermor­dung des 16jährigen Mar­i­nus Schöberl im ver­gan­genen Jahr im bran­den­bur­gis­chen Pot­zlow nur für zwei Jahre nach dem Jugend­strafrecht hin­ter Git­ter, die Haft kann er später antreten. Das Gericht wirft ihm lediglich »gefährliche Kör­per­ver­let­zung« und »Nöti­gung« vor. 

Seinen Mit­tätern dage­gen ist das Lachen ver­gan­gen. Regungs­los nah­men Mar­cel S. und sein Brud­er Mar­co S. ihre Urteile ent­ge­gen. Der Haup­tangeklagte Mar­cel S., wie Sebas­t­ian F. heute 18 Jahre alt und zum Tatzeit­punkt noch min­der­jährig, wird für acht Jahre und sechs Monate wegen »Mordes« und »schw­er­er Kör­per­ver­let­zung« in Haft müssen, sein 24jähriger Brud­er Mar­co S. wegen »ver­sucht­en Mordes« und »schw­er­er Kör­per­ver­let­zung« für 15 Jahre. 

Die Urteile im Pot­zlow-Prozess sind am ver­gan­genen Fre­itag vor dem Landgericht Neu­rup­pin ver­hängt wor­den. Bis zu dem Mord war das kleine Dorf Pot­zlow in der Uck­er­mark ein unbekan­nter Fleck auf der Land­karte. Das änderte sich, als Mar­i­nus Schöberl tot in ein­er Jauchegrube aufge­fun­den wurde. In der Nacht zum 13. Juli 2002 bracht­en die drei nun verurteil­ten jun­gen Män­ner den 16jährigen auf bes­tialis­che Weise um. Sie schlu­gen ihn, sie urinierten auf ihn, und sie zwan­gen den Jun­gen, sich als Juden zu beze­ich­nen. Mar­cel S. sprang ihm beim »Bor­d­stein­kick« auf den Kopf und warf anschließend zweimal einen Stein auf den Schw­erver­let­zten, bis er tot war. 

Im Mai dieses Jahres begann der Prozess gegen die drei Angeklagten. Seit­dem ver­sucht­en ihre Anwälte stets, das Straf­maß zugun­sten der Täter zu min­dern. Immer wieder wurde behauptet, die Tat sei nicht poli­tisch motiviert gewe­sen, von Anti­semitismus könne keine Rede sein, Alko­hol sei im Spiel gewe­sen. Der Anwalt des Haup­tangeklagten Mar­cel S. forderte darum max­i­mal acht Jahre, sein Brud­er Mar­co solle mit ein­er Haft »deut­lich unter zehn Jahren« bestraft wer­den. Sebas­t­ian F.s Anwalt wollte gar, dass auf eine Haft­strafe für seinen Man­dan­ten gän­zlich verzichtet werde. Stattdessen sollte es lediglich eine »Verurteilung zu Erziehungs­maß­nah­men« geben. 

Dabei ste­ht fest, dass alle drei Täter Mar­i­nus Schöberl als »Juden« beschimpften, ihn als »Unter­men­schen« und als »nicht lebenswert« ver­achteten. Denn er stot­terte, trug HipHop-Hosen und hat­te blondierte Haare. Mar­co S., der Älteste der drei, war ein stadt­bekan­nter Neon­azi, er schlug nur kurze Zeit nach dem Mord einen Mann aus Sier­ra Leone bru­tal zusam­men. Sebas­t­ian F. besaß Nazide­vo­tion­alien und recht­sex­treme CDs. Die Liste ließe sich fortsetzen. 

Trotz­dem soll die Tat in den Augen der Anwälte und auch der meis­ten Dorf­be­wohn­er nicht poli­tisch rechts motiviert gewe­sen sein. Ein­er der Anwälte erk­lärte, Mar­cel S. habe aus einem »Reflex« gehan­delt. Obwohl das Opfer stun­den­lang gequält wurde. Wie lange soll ein »Reflex« dem­nach dauern dürfen? 

Trotz sein­er außergewöhn­lichen Grausamkeit ist vieles an dem Mord von Pot­zlow typ­isch für das Ver­hal­ten recht­sex­tremer Täter heutzu­tage. Charak­ter­is­tisch ist zum Beispiel, dass sie eher als »lose Gesel­lun­gen« agieren, wie es der Recht­sex­trem­is­mus­forsch­er Richard Stöss nen­nt, mit teil­weise dif­fusen, nicht immer klas­sisch recht­sex­tremen Welt­bildern. Sie sind kaum noch organ­isiert, vielmehr han­deln sie in grup­pen­dy­namis­chen Prozessen, meist unter Alko­hole­in­fluss. In über 80 Prozent der recht­en Über­griffe spielt Alko­hol eine große Rolle, fand der Tri­er­er Sozi­ologe Hel­mut Willems in ein­er Studie her­aus. Und 90 Prozent der ras­sis­tis­chen Tat­en wer­den auf­grund spon­tan­er Entschlüsse began­gen; eine unge­plante Sit­u­a­tion eskaliert, oder organ­isierte Recht­sex­trem­is­ten stiften andere an, ohne dass man sie später als Täter iden­ti­fizieren kann. 

Die Rich­terin Ria Bech­er hat­te Recht, als sie in der Begrün­dung des Urteilsspruchs sagte, die recht­sex­treme Ein­stel­lung der Jugendlichen sei ein Tat­mo­tiv gewe­sen, sie hät­ten darum aus »niederen Beweg­grün­den« gehan­delt. Zu »niederen Beweg­grün­den« zählen eben­so beispiel­sweise Rach­sucht oder Eifersucht. 

Der Begriff der »recht­sex­tremen Tat« ist in jedem Fall irreführend. »Recht­sex­trem­is­mus« ist ein intern­er Arbeits­be­griff der Ver­fas­sungss­chutzämter, kein Rechts­be­griff, und er ist in der Wis­senschaft nicht ein­heitlich definiert. Meist wird er jedoch in Anlehnung an den Ver­fas­sungss­chutz benutzt, der ihn seit 1974 verwendet. 

Dadurch beschränkt sich die Sichtweise meist zu sehr auf den Nach­weis der Mit­glied­schaft eines Täters in ein­er recht­sex­tremen Partei oder Organ­i­sa­tion. Ein Ver­di­enst des Biele­felder Erziehungswis­senschaftlers Wil­helm Heit­mey­er ist es – trotz aller berechtigter Kri­tik an seinen Stu­di­en –, den Blick auf rechte Täter deut­lich erweit­ert zu haben. Heit­mey­er spricht bere­its von ein­er recht­sex­tremen Ori­en­tierung, wenn eine »Ide­olo­gie der Ungle­ich­heit, Gewal­takzep­tanz und Gewal­tan­wen­dung« vorhan­den ist. 

Der Über­gang vom »nor­malen« Dor­fju­gendlichen zum Recht­sex­trem­is­ten ist heute oft­mals fließend. Darum ist die Argu­men­ta­tion, ins­beson­dere viel­er Pot­zlow­er Dorf­be­wohn­er, es han­dle sich bei den Verurteil­ten doch um ganz nor­male Jugendliche, nicht außergewöhnlich. 

In einem Punkt aber hat­ten die Anwälte der drei Angeklagten Recht: Die Beweg­gründe seien nicht auf eine poli­tis­che Tat zu reduzieren, son­dern die Ursachen lägen tiefer. Dage­gen ist nichts einzuwen­den. Auch bei ein­er Verge­wal­ti­gung oder einem Amok­lauf spie­len immer mehrere Ein­flüsse eine Rolle. Das hil­ft allen­falls, eine Tat zu erk­lären, entschuldigt aber gar nichts. 

Der Mord in Pot­zlow war ein­er der grausam­sten recht­sex­tremen Morde seit der Wende. Beson­ders grausam auch deshalb, weil die Täter sich ihr Opfer gewis­ser­maßen selb­st gestal­teten. Mar­i­nus Schöberl war ein guter Bekan­nter der Mörder, und wenn die Feind­bilder, die von der Gesellschaft mit­pro­duziert wer­den, fehlen – in Pot­zlow gibt es so gut wie keine Migranten –, dann schafft man sich eben eigene. Mar­i­nus Schöberl wurde das zum Verhängnis. 

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my Brandenburg — ein Steppenland?

www.mybrandenburg.net

“Bran­den­burg, Bauen, Fontane …” sind die ersten Key­words, mit denen das Land Bran­den­burg die Seit­en, die sie die offizielle Inter­net­präsenz des Lan­des Bran­den­burg nen­nen (brandenburg.de), beschreiben. Joachim Kaiser, Seniorkri­tik­er der “Süd­deutschen Zeitung”, wählt die Head­line “Das ist doch alles Cot­tbus” für seinen Artikel im Spiegel (14/2001), der über das intellek­tuelle Niveau der Berlin­er Repub­lik berichtet. Offen­sichtlich betra­chtet er Cot­tbus als das Syn­onym für Prov­inzial­ität. Gle­ichzeit­ig warnte die AWO Berlin im Jahr 2001 vor Fahrten ins grüne Bran­den­burg für Men­schen, die keine weiße Haut­farbe haben. 

Was ist denn nun eigentlich dieses Bran­den­burg? Wie sieht es in diesem Land aus? Wie sehen Leute, die hier tagtäglich wohnen, ihren Alltag? 

Gemein­sam mit anderen Men­schen aus Bran­den­burg entste­ht hier ein Reise­führer, der Bran­den­burg so vorstellt, wie wir es ken­nen. Wir, das sind junge engagierte Men­schen, die in Bran­den­burg wohnen oder wohn­ten, die sich in diesem Land für Gle­ich­berech­ti­gung und Emanzi­pa­tion, gegen Ras­sis­mus und Recht­sex­trem­is­mus ein­set­zen. Gle­ichzeit­ig wollen wir keinen abgeschlosse­nen Reise­führer ein­er kleinen redak­tionellen Gruppe erstellen, son­dern diese Seite ist für alle da, die wie wir auch etwas zu diesem Land zu sagen haben. Denn uns geht es näm­lich nicht nur um eine — unsere — Sicht auf das Land, son­dern um eine Kom­mu­nika­tion über unser alltäglich­es Leben und das, was uns umgibt. 

Uns inter­essieren hier Sehenswürdigkeit­en, die wir für sehenswürdig hal­ten, und die Geschicht­en, die wir mit ihnen verbinden. Gle­ichzeit­ig geht es uns aber auch um den Ver­such, über die Entwick­lun­gen, die seit der so genan­nten Wende in den Städten, in denen wir wohnen, vor sich gegan­gen sind, zu reflektieren. 

My Bran­den­burg — ein Steppenland?

Vielerorts gab es in diesem Som­mer in Bran­den­burg Empörung, weil erneut das schlechte Image Bran­den­burgs in den Fokus der Diskus­sion gerückt wurde: Erst warn­ten Wis­senschaftler, dass das Land in weit­en Teilen zu verö­den und zu ver­step­pen dro­ht (wegen der Bevölkerungs­flucht aus den Ran­dre­gio­nen und geringer wer­den­der Nieder­schläge), und kurz darauf erken­nen wiederum andere Wis­senschaftler die Gefahr der „Verblö­dung“ Bran­den­burgs, wie Prof. Ulf Matthiesen vom Insti­tut für Regiona­len­twick­lung und Struk­tur­pla­nung (IRS) in Erkn­er. Auch uns sind bere­its an vie­len Orten Phänomene von Verö­dung, aber vor allem kul­tureller Ver­step­pung aufge­fall­en, und so nah­men wir diese Diskus­sion zum Anlass, um uns zu fra­gen: Ist Bran­den­burg bere­its ein Step­pen­land? Mit diesem Reise­führer wollen wir auf die Spur gehen und Ver­step­pungs­fak­toren vor Ort aus­find­ig machen, aber auch den kreativ­en Poten­zialen der Regio­nen nach­spüren und ein Forum bieten. 

Dieser Reise­führer wird ein Buch über Land und Leute, über Sehenswürdigkeit­en und Sehen­sun­würdigkeit­en, über Orte, die fre­undlich sind, und jene, an denen man sich lieber nicht blick­en lässt. Wir pla­nen zunächst eine Online-Ver­sion, aus der später, wenn genü­gend Mate­r­i­al zusam­menge­sam­m­melt ist, ein Buch entste­hen soll. 

Ein­ge­laden zur Mitar­beit sind all jene, die Lust haben, anderen ihre Sicht auf ihre Stadt oder Gemeinde oder Region mitzuteilen. All diejeni­gen, die span­nende Geschicht­en zu bericht­en haben — egal, ob basierend auf einem his­torischen oder aktuell poli­tis­chen Hin­ter­grund oder ein­fach aus per­sön­lichen Erfahrun­gen. Mit­machen kön­nt ihr unter www.mybrandenburg.net — hier kön­nt ihr ein­fach nur Eure Ein­drücke nieder­schreiben, aber auch mit uns in Kon­takt treten und diskutieren. 

Wir inter­essieren uns bish­er vor allem für: 

+ eine Kurzbeschrei­bung dein­er Stadt;

+ die Stadtgeschichte/ ‑entwick­lung;

+ einen Stadtrundgang und/oder eine Stadtreportage;

+ Sehenswürdigkeiten/ SehensUNwürdigkeiten;

+ alter­na­tive Jugendzentren/ ‑pro­jek­ten;

+ Kulturelles;

+ Restaurants;

+ Übernachtungsmöglichkeiten;

+ Kuriositäten / Anek­doten und

+ lokale Besonderheiten

Mit­machen heisst auch Fotografieren, die Idee des Pro­jek­tes weit­er­erzählen oder Leute suchen, die Inter­es­santes bericht­en kön­nen. Meldet Euch, wenn ihr Lust habt unter info@djb-ev.de oder macht ein­fach auf dieser Seite mit. Reg­istri­ert Euch mit Eur­er E‑mail Adresse, und schon kön­nt Ihr Eure Reiseno­ti­zen und ‑ein­drücke veröffentlichen. 

Demokratis­ches Jugend­fo­rum Bran­den­burg e.V.

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Proteste gegen “Sozialkahlschlag”

Gew­erkschaften und Sozialver­bände rufen am Sam­stag in Berlin zu ein­er Kundge­bung gegen Sozial­ab­bau auf

(RBB) Zu der Demon­stra­tion unter dem Mot­to “Es reicht! Alle gemein­sam gegen Sozialkahlschlag” wür­den min­destens 10 000 Teil­nehmer aus dem gesamten Bun­des­ge­bi­et erwartet, sagte Mitor­gan­isator Pedram Shah­yar vom Koor­dinierungskreis “Attac”.

Die Demon­stra­tion richte sich vor allem gegen die Gesund­heit­sre­form und die Arbeits­mark­tre­for­men der rot-grü­nen Bundesregierung. 

Die Gew­erkschaft Erziehung und Wis­senschaft (GEW) in Berlin rief ihre Mit­glieder auf, sich der Demon­stra­tion anzuschließen. “Diese Gesellschaft kann und muss sich Sol­i­dar­ität leis­ten”, betonte der GEW-Lan­desvor­sitzende Ulrich Thöne. 

In Bran­den­burg wollen ab Mon­tag mehrere Kom­munen gegen die Finanznot der Städte und Gemein­den protestieren. Sie beteili­gen sich damit an der bun­desweit­en Aktionswoche “Refor­men statt Kahlschlag” vom 3. bis 11. November. 

In Pots­dam wird am Mon­tag um 9.30 Uhr vor dem Stadthaus in der Friedrich-Ebert-Straße eine Protest­flagge mit “leerem Stadt­säck­el” hochge­zo­gen. Am Fre­itag ist ein “Tag der geschlosse­nen Tür” geplant, wo sym­bol­isch für eine Stunde die Dien­stleis­tun­gen der Kern­ver­wal­tung der Stadtver­wal­tung Pots­dam, der Stadt- und Lan­des­bib­lio­thek und der Volk­shochschule eingestellt werden. 

Der Ober­bürg­er­meis­ter von Frank­furt (Oder), Mar­tin Patzelt (CDU), hisst am Mon­tag um 11.00 Uhr vor dem Rathaus eine Protest­fahne und gibt damit den Auf­takt für eine Kundge­bung. Zum Abschluss um “fünf vor Zwölf” wird sym­bol­isch das “leere Frank­furter Stadt­säck­el” gehisst. 

In Treuen­bri­et­zen wird es am Mon­tag eine Demon­stra­tion mit Unter­schriften­samm­lung geben. Mehrere Stad­to­ber­häupter wer­den am Mittwoch zur Demon­stra­tion der Bürg­er­meis­ter vor dem Bun­desrat in Berlin reisen.

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Gedenkstein für Marinus Schöberl enthüllt / Tatbeteiligter frei

Pot­zlow: 18-Jähriger bleibt frei

(BM) Neu­rup­pin — Ein­er der drei verurteil­ten Peiniger des ermorde­ten Schülers
Mar­i­nus Schöberl bleibt auf freiem Fuß. Die Staat­san­waltschaft habe ihre
Beschw­erde gegen die Aufhe­bung des Haft­be­fehls zurückgenom­men, sagte gestern
ein Sprech­er des Landgerichts Neuruppin. 

18-Jähriger bleibt frei

Beschw­erde zurückgezogen

(Tagesspiegel) Die Staat­san­waltschaft hat ihre Beschw­erde gegen die Aufhe­bung des
Haft­be­fehls für den 18-jähri­gen Tat­beteiligten zurückgenom­men, sagte ein
Sprech­er des Landgerichts Neu­rup­pin am Don­ner­stag. Der wegen
Kör­per­ver­let­zung zu zwei Jahren Jugend­strafe verurteilte 18-Jährige durfte
direkt nach der Urteilsverkün­dung ver­gan­gene Woche nach Hause gehen. Von
sein­er Strafe hat­te er bere­its elf Monate in Unter­suchung­shaft abgegolten. 

Mit­ten im Dorf

Auf dem Mark­t­platz in Pot­zlow wird ein Gedenkstein für den ermorde­ten Mar­i­nus enthüllt

(Tagesspiegel, Claus-Dieter Stey­er) Pot­zlow. Er hat den besten Platz bekom­men. Der Gedenkstein für Marinus
Schöberl wird auf dem Mark­t­platz des Uck­er­mark­städtchens Pot­zlow ste­hen. Er
soll an den 16-jähri­gen Schüler erin­nern, der ver­gan­ge­nes Jahr von anderen
Jugendlichen bes­tialisch ermordet wurde. 

Am Mark­t­platz muss jed­er irgend­wann vor­bei. Heute Abend wird der Stein aus
hellem Gran­it enthüllt. Die Kirchenge­meinde hat den Mut zu diesem Mahnmal
aufge­bracht. “Man kann doch den armen Jun­gen nicht ein­fach vergessen”, sagt
ein älter­er Mann. “Vielle­icht hil­ft der Stein ja, die Jugend aufzurütteln.”
Das Dorf am Großen Pot­zlowsee wirkt wie aus­gestor­ben. Ab und zu scheint sich
hin­ter den Fen­stern eine Gar­dine zu bewe­gen, manch­mal bellt ein Hund. Das
Licht vom Fernse­her spiegelt sich in eini­gen Scheiben. 600 Men­schen leben
hier, ein Drit­tel ist offiziell arbeit­s­los gemeldet, tat­säch­lich sollen es
mehr als 50 Prozent sein. In einem Hof füt­tert eine ältere Frau ihre Hühner.
Mis­strauisch nähert sie sich dem Frem­den. “Irgend­wann muss doch Schluss
damit sein. Die drei Täter haben doch ihre Strafe bekom­men”, sagt die Frau
und wirft die Haustür zu. Da irrt sie. Nur die bei­den Brüder Mar­cel und
Mar­co aus Pot­zlow sind zu achtein­halb Jahren Jugend­haft beziehungsweise 15
Jahren Haft verurteilt wor­den. Der dritte Tat­beteiligte, ein 18-Jähriger aus
Tem­plin, wurde zu zwei Jahren Jugend­haft verurteilt. Da er bere­its neun
Monate in Unter­suchung­shaft saß, kam er frei. Die Staat­san­waltschaft hatte
zunächst gegen die milden Urteile Revi­sion ein­gelegt, ihre Beschw­erde aber
zurück­ge­zo­gen (siehe Kas­ten). Es scheint, als habe sich in dem Jahr seit
Bekan­ntwer­den der Tat nicht viel verän­dert im Dorf. Damals hat­te sog­ar der
Bürg­er­meis­ter von ein­er “Einzeltat” gesprochen. Die käme in Berlin jeden Tag
vor. Als die antifaschis­tis­che Bewe­gung einen Gedenkmarsch durch Potzlow
ankündigte, gab es einen Auf­schrei im Dorf. Der Prozess vor dem Neuruppiner
Landgericht zeigte, dass etliche Pot­zlow­er schon lange vor der Entdeckung
der Leiche von der Tat gewusst haben. 

Die Tor­tur des Schülers Mar­i­nus Schöberl hat­te in ein­er Woh­nung vor mehreren
Zeu­gen begonnen. Mar­cel S. prahlte später immer wieder mit der Tat. Niemand
unter­nahm etwas — vier lange Monate. Für den Gedenkstein sollen auch die
Eltern der bei­den Brüder Mar­cel und Mar­co S. Geld gegeben haben, erzählt man
im Dorf. Sie selb­st sind nicht zu sprechen. Aus ihrem Wohnzimmerfenster
schauen sie direkt auf den Tatort, wo ihre Kinder den 16-Jähri­gen mit einem
Sprung auf den Kopf töteten. Auch die Eltern von Mar­i­nus wer­den beim Blick
aus dem Fen­ster an den Mord erin­nert. Sie schauen im zehn Kilo­me­ter von
Pot­zlow ent­fer­n­ten Ger­swalde direkt auf den Fried­hof. Dort erin­nert an den
Jun­gen seit eini­gen Wochen endlich ein Grab­stein, für den die Eltern lange
Zeit kein Geld hat­ten. Berlin­er spende­ten schließlich das meiste Geld dafür.

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World Socialist Web Site (WSWS) jagt AntirassistInnen!

Oder: Was geht wirk­lich in den Köpfen des WSWS vor?

In der Nacht zum 16. Sep­tem­ber fand eine Aktion unbekan­nter Anti­ras­sistIn­nen gegen
die Aus­län­der­be­hörde in Frankfurt/Oder statt. U.a. wur­den Türen verklebt, Parolen
gesprüht und Fen­ster eingeschla­gen. Am Tatort fand die Polizei einen Artikel von der
WSWS, der sich kri­tisch mit der Flüchtlingspoli­tik der Bundesregierung
auseinan­der­set­zte. Der Bran­den­burg­er Ver­fas­sungschutz — der angesichts einer
ver­schwindet kleinen linken Szene froh ist über alles was er bericht­en kann und
jedes Umfall­en eines roten Damen­fahrrades zur Rev­o­lu­tion auf­bauscht — diese Behörde,
die haupt­säch­lich durch ihre Verquick­un­gen mit der Neon­aziszene Schlagzeilen machte,
warf der WSWS in der Folge die geistige Urhe­ber­schaft am mil­i­tan­ten Agieren gegen
den ras­sis­tis­chen Repres­sion­sap­pa­rat vor. 

Was nun linken Pub­lizistIn­nen nicht allzu
sel­ten passiert, dass sie und ihre the­o­retis­chen Werke für das prak­tis­che Handeln
ander­er ver­ant­wortlich gemacht wer­den, zeit­igte im Falle der WSWS unerwartete
Fol­gen. Anstatt stolz zu sein (oder sich kri­tisch mit den Machen­schaften des
Bran­den­burg­er VS auseinan­derzuset­zen) veröf­fentlichte die WSWS den Artikel
“Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutz ver­leumdet World Socialis Web Site”. In diesem
Artikel ver­sicherte die WSWS in erster Lin­ie ihre Treue zur bürgerlichen
Recht­sor­d­nung, dis­tanzierte sich umfassend von der Aktion in Frankfurt/Oder,
dif­famierte radikale und mil­i­tante Linke und raunte etwas von ein­er möglicherweise
durch den VS selb­st began­genen Tat. 

Dieses Ver­hal­ten wäre poli­tisch kritisierbar,
zeigt es doch wiedere­in­mal das Ver­sagen parteimäßiger Struk­turen bezüglich einer
radikalen Staats- und Recht­skri­tik — ein Pub­lik­machen dieses Agierens der WSWS wäre
nicht erforder­lich. Doch mit ihrem weit­eren Ver­hal­ten erzwang die WSWS, dass ihr
Ver­hal­ten wei­thin pub­likgemacht wer­den muss. In ihrem Artikel “Was geschah wirklich
in Frankfurt/Oder” beschreibt ein Ulrich Rip­pert für die WSWS was die WSWS weiterhin
unter­nahm. Als erstes führte sie Gespräche mit Polizei und Staat­san­waltschaft in
Frankfurt/Oder, kri­tisierte deren schlep­pende Ermit­tlungsar­beit und forderte sie
auf, den gefun­de­nen Text auf Fin­ger­ab­drücke und druck­tech­nis­che Merk­male zu
unter­suchen. Anschließend unter­nahm die WSWS vor Ort eigene Ermittlungen. 

Diese
wer­den in dem Artikel “Was geschah wirk­lich in Frankfurt/Oder” detailliert
beschrieben. Der Schilderung dieser Ermit­tlun­gen unver­mit­telt vor­angestellt sind
zwei Absätze über die soziale Sit­u­a­tion in Frankfurt/Oder, die geprägt ist durch
Arbeit­slosigkeit und Abwan­derung der Bevölkerung. Zur Rolle und Bedeu­tung von
Frankfurt/Oder und dort ansäs­siger Insti­tu­tio­nen für das deutsche Gren­zregime — kein
Wort. In Frankfurt/Oder befragten Leute der WSWS die Anwohn­er in Tatort­nähe über
ihre Beobach­tun­gen zur Tatzeit. Dabei ergab sich sog­ar eine — wenngleich
glück­licher­weise vage — Per­so­n­enbeschrei­bung möglich­er TäterIn­nen, die in dem
Artikel auch detail­liert wiedergegeben wird. Weil die Polizei nach ihrem Eintreffen
am Tatort rel­a­tiv lock­er agierte, zum Beispiel nicht sofort eine umfassende
Nah­bere­ichs­fah­n­dung unter­nahm, und weil die Alar­man­lage der Aus­län­der­be­hörde nicht
ansprang kommt Rip­pert zu dem Schluss, dass es sich um eine Aktion des Brandenburger
VS gehan­delt haben muss, um die WSWS zu diskreditieren. 

Wider­lich an Rip­perts Artikel ist diese Wichtigtuerei, die aus der Aktion eine Art
zweites Kennedy-Atten­tat zu machen ver­sucht. Als ob der Bran­den­burg­er VS es nötig
hätte, einen Anschlag auf die Aus­län­der­be­hörde in FFO zu insze­nieren, wenn er der
WSWS geistige Miturhe­ber­schaft an link­er Mil­i­tanz unter­schieben möchte. Wer weiss,
wie der Bran­den­burg­er VS arbeit­et, wer schon mal eine Pub­lika­tion des Brandenburger
VS über die eigene Gruppe in der Hand hat­te, ken­nt die Mis­chung aus Halbwahrheiten
und Lügen die in den VS-Pub­lika­tio­nen gemein­hin zu find­en ist. 

Nicht nur wider­lich son­dern ger­adezu gefährlich ist die von der WSWS unternommene
eigene Ermit­tlungstätigkeit, eine prak­tis­che Hil­feleis­tung für die Polizei.
Glück­licher­weise haben die von der WSWS befragten Nach­barn nichts Genaueres gesehen
und kon­nten keine detail­lierten Per­so­n­enbeschrei­bun­gen geben. Die WSWS hätte diese
ja der Polizei zugänglich gemacht und dadurch bei der Ergrei­fung der TäterInnen
geholfen. Man kann von der WSWS nicht ver­lan­gen, dass sie die Aktion, ihr Ziel und
ihre Mit­tel gutfind­et. Aber von ein­er sich als links ver­ste­hen­den Organ­i­sa­tion ist
ein Min­dest­maß an Sol­i­dar­ität zu fordern, das darin beste­ht, dass andere Linke (die
man nicht mögen muss) nicht der Polizei aus­geliefert werden. 

Warum hat die WSWS ein Prob­lem damit, sich von ein­er Behörde, die dem Militaristen
Schön­bohm unter­ste­ht und in der sich Nazis ver­schieden­er Couleur tum­meln, als
link­sex­trem beze­ich­nen zu lassen? Ist dem WSWS nicht klar, mit wem es sich gemein
macht, wenn es die Ver­haf­tung der TäterIn­nen fordert? Bloß weil das WSWS in
Verbindung mit Leuten gebracht wurde, die es poli­tisch ver­achtet (undog­ma­tis­chen,
aktivis­tis­chen Linken)? 

Faz­it

Der VS ver­leumdet die WSWS nicht. Im Gegen­teil, er stellt ihr ein unwahres
Leu­mund­szeug­nis aus. Er rückt sie in die Nähe von mil­i­tan­ten Anti­ras­sistIn­nen, gar
Rev­o­lu­tionärIn­nen. Nichts davon ist wahr. Die WSWS — zumin­d­est die Leute die hier
unter diesem Namen agieren — ist ein Zusam­men­schluss para­noi­der, geltungssüchtiger
deutsch­er Spießer, die davon träu­men selb­st ein­mal Polizei spie­len zu dür­fen. Die
WSWS behauptet sozial­is­tisch zu sein. Zumin­d­est diese Leute, die sich hier in
Bran­den­burg für diese trotzk­istis­che Split­ter­gruppe betäti­gen, sind es nicht. Es ist
ein Haufen wider­lich­er Denun­ziantInnen. Die WSWS stellt eine rel­e­vante Gefahr für
die linke Szene da. Wer bere­it ist, nur um sich den >guten Ruf< beim VS nicht zu
ver­sauen der Polizei der­art (zum Beispiel durch das Anstellen eigen­er Ermittlungen
und das Veröf­fentlichen der Ermit­tlungsergeb­nisse) in die Hände zu arbeit­en, der
stellt auch ganz schnell ein­mal Wis­sen über poli­tis­che Zusam­men­hänge, das z.B. in
Bünd­nis­sen gewon­nen wurde, dem Repres­sion­sap­pa­rat zur Verfügung. 

Deshalb:

Anna und Arthur hal­tens Maul — kein Wort zu Bullen, VS und WSWS!

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Was geschah wirklich in Frankfurt/Oder?

(WSWS, Ulrich Rip­pert) Sechs Wochen nach­dem der Ver­fas­sungss­chutz des Lan­des Bran­den­burg einen Anschlag auf die Aus­län­der­be­hörde von Frankfurt/Oder zum Anlass nahm, der World Social­ist Web Site (WSWS) die Förderung von Gewalt­bere­itschaft vorzuw­er­fen und sie in das Umfeld des gewalt­täti­gen “link­sex­trem­istis­chen Spek­trums” zu rück­en, liegen die wirk­lichen Ereignisse jen­er Nacht noch immer weit­ge­hend im Dunkeln. 

Unbekan­nte Täter hat­ten in der Nacht zum 16. Sep­tem­ber die Fen­ster der Aus­län­der­be­hörde in Frankfurt/Oder eingeschla­gen, eine übel­riechende Flüs­sigkeit in die Räume gewor­fen, die Schlöss­er der Außen­türen mit Klebestoff gefüllt und Parolen auf den Giebel gesprüht. Ange­blich hat­ten der oder die Täter einen WSWS-Artikel hin­ter­lassen, der sich kri­tisch mit der Flüchtlingspoli­tik der Bun­desregierung auseinandersetzt. 

Kurz darauf erschien auf der Online-Seite des Ver­fas­sungss­chutzes Bran­den­burg ein Bericht, der diesen Artikel vom Feb­ru­ar 2001 als Beweis für “den link­sex­trem­istis­chen Hin­ter­grund der Tat” wertete. Der Ver­fas­sungss­chutz behauptet, der Artikel rei­he “sich ein in eine Serie ähn­lich­er Veröf­fentlichun­gen, die in ihrer Summe Gewalt­bere­itschaft fördern oder direkt her­vor­rufen”, und schließt mit den Worten: “Mit solchen Tex­ten ist die Straße zur Straftat gepflastert.” 

Die Redak­tion der WSWS hat diese ver­leumderische Unter­stel­lung in aller Schärfe zurück­gewiesen. (Siehe dazu: “Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutz ver­leumdet World Social­ist Web Site”) 

Seit­dem wurde deut­lich, dass die Ermit­tlun­gen von Polizei und Staat­san­waltschaft äußerst schlep­pend betrieben wer­den. Auf Anfrage der WSWS teilte die Staat­san­waltschaft in Frankfurt/Oder mit, der zuständi­ge Staat­san­walt Ulrich Scherd­ing befände sich im Urlaub und die Ermit­tlungsak­te sei noch immer bei der Polizei, die die Ermit­tlun­gen durch­führe. Der Press­esprech­er des Polizeiprä­sid­i­ums Peter Sal­en­der dage­gen erk­lärte, für Presseauskün­fte in einem schweben­den Ver­fahren sei die Staat­san­waltschaft zuständig. 

Als daraufhin die Redak­tion der WSWS schriftlich mehrere Fra­gen vor­legte, wurde sie zu einem Infor­ma­tion­s­ge­spräch ins Polizeiprä­sid­i­um nach Frankfurt/Oder ein­ge­laden. Doch die Infor­ma­tio­nen blieben äußerst spärlich. 

Frage: Von wem und wann wurde der Anschlag gemeldet? Welche Polizei­di­en­st­stelle hat die ersten Ermit­tlun­gen am Tatort begonnen? Gab es Zeu­gen aus der Nach­barschaft oder zufäl­lige Beobachter? Wur­den Zeu­gen ver­nom­men? — “Aus Ermit­tlungs­grün­den” keine Antwort. 

Frage: Welch­er gesicherte Tather­gang wurde bish­er ermit­telt? Waren mehrere Per­so­n­en an der Tat beteiligt? Gibt es Ermit­tlun­gen gegen Verdächtige? Wurde Strafanzeige gegen Verdächtige oder gegen unbekan­nt erstat­tet? — Keine Antwort. 

Frage: Wer hat den WSWS-Artikel gefun­den? Wann genau und wo genau wurde dieser Artikel gefun­den? Wurde das Schreiben auf Fin­ger­ab­drücke und druck­tech­nis­che Merk­male unter­sucht? Gab es hand­schriftliche oder andere Bemerkun­gen, oder eine Zuord­nung auf dem Schreiben? — Keine Antwort, lediglich der Hin­weis, dass die Ermit­tlun­gen pro­fes­sionell und mit Hil­fe aller zur Ver­fü­gung ste­hen­den krim­inal­tech­nis­chen Mit­tel durchge­führt würden. 

Allerd­ings beste­he für die Polizei kein Zweifel an der Zuord­nung des Artikels, erläuterte Peter Sal­en­der. Der oder die Täter hät­ten ihn am Tatort hin­ter­lassen, um die poli­tis­che Inten­tion ihres Han­delns zu verdeut­lichen, davon gehe die Polizei aus. Worauf sich diese Behaup­tung stütze und wer den Artikel wann und wo gefun­den habe — keine Antwort. 

Nach­barn nicht befragt

Eigene Recherchen der WSWS in Frankfurt/Oder ergaben ein genaueres Bild des Tather­gangs als die dürfti­gen Aus­sagen von Polizei und Staat­san­waltschaft und bestätigten gle­ichzeit­ig den Ein­druck, dass es von Seit­en der Behör­den wenig Inter­esse an der Aufk­lärung des Tather­gangs gibt. 

In der Gren­zs­tadt zu Polen, etwa hun­dert Kilo­me­ter östlich von Berlin, leben knapp 70.000 Ein­wohn­er — Ten­denz fal­l­end. Die wach­senden poli­tis­chen und sozialen Span­nun­gen sind in vie­len Bezirken der ehe­ma­li­gen Indus­tri­es­tadt an der Oder mit Hän­den zu greifen. Immer mehr Men­schen im arbeits­fähi­gen Alter wan­dern in andere Teile der Bun­desre­pub­lik ab. Die Arbeit­slosigkeit nimmt ständig zu. Ende 2001 wies die offizielle Sta­tis­tik 18,1 Prozent Arbeit­slose aus, Anfang dieses Jahres waren es bere­its 22 Prozent. 

Poli­tisch dominierte in der Stadt bish­er die SPD. Bei den Land­tagswahlen vor vier Jahren gaben 65 Prozent der Wäh­ler im Wahlkreis Frankfurt/Oder I der SPD oder der PDS ihre Stimme, während die CDU nur 25,3 Prozent und die recht­sradikalen Parteien Deutsche Volk­sunion und NPD zusam­men 5,3 Prozent erziel­ten. Doch seit­dem hat die Oppo­si­tion gegen die SPD-Poli­tik drama­tisch zugenom­men. Bei den Kom­mu­nal­wahlen am ver­gan­genen Son­ntag erlitt die SPD in Frankfurt/Oder eine ver­nich­t­ende Nieder­lage und sack­te auf 15 Prozent ab. Ver­glichen mit den Kom­mu­nal­wahlen vor fünf Jahren sank die Wahlbeteili­gung von 74,8 auf 38,3 Prozent. Statt über 39.000 Stim­men (1998) erhielt die SPD nur noch knapp 9.000. Auch die PDS, die zwar fast fünf Prozent­punkt hinzu gewann, ver­lor durch die geringe Wahlbeteili­gung 16.000 Wähler. 

Die Aus­län­der­be­hörde, die in den frühen Mor­gen­stun­den des 16. Sep­tem­ber über­fall­en wurde, liegt in einem ver­gle­ich­sweise ruhi­gen Innen­stadt­bezirk. Nur wenige Schritte gegenüber befind­en sich Mietswoh­nun­gen. Mehrere Anwohn­er waren durch das Ein­schla­gen von zwölf Fen­ster­scheiben im Gebäude der Behörde aufgeschreckt worden. 

Ein älter­er Bewohn­er der Bischoff­s­trasse, dessen Woh­nung einen guten Blick auf das Aus­län­der­amt ermöglicht, berichtete der WSWS, dass er zur Tatzeit wach gewe­sen sei und etwa um 3.50 Uhr lautes Krachen und Klir­ren gehört habe. Zwar habe er nie­man­den erken­nen kön­nen, aber er habe deut­lich gehört, wie mehrere Per­so­n­en — “min­destens zwei” — die Straße hin­unter ran­nten. Eine Nach­barin habe die Polizei informiert, die auch wenige Minuten später eingetrof­fen sei. 

Er habe das Gefühl, dass wed­er die Polizei noch die Poli­tik großes Inter­esse daran habe, den Angriff auf die Behörde ern­sthaft aufzuk­lären. Nach­dem in den ersten Tagen in allen Lokalzeitun­gen und sog­ar im Lokalfernse­hen über die Sache berichtet wor­den war, seien keine weit­eren Infor­ma­tio­nen erschienen, berichtete er. Er selb­st sei von der Polizei zu keinem Zeit­punkt in dieser Angele­gen­heit befragt worden. 

Ähn­lich äußerte sich eine andere Anwohner­in. Auch sie sei nicht von der Polizei oder anderen Ermit­tlungs­be­hör­den befragt oder ver­nom­men wor­den, obwohl sie einiges zu sagen hätte. In der Tat­nacht sei sie vom Krach der zer­schla­ge­nen Scheiben aufgewacht und habe von ihrem Balkon aus gese­hen, dass wenige Minuten später eine Polizeistreife vorge­fahren sei. Die Polizeibeamten macht­en auf sie einen weit­ge­hend desin­ter­essierten Ein­druck. Vor allem sei sie über­rascht gewe­sen, dass sie nicht die ger­ing­sten Anstal­ten gemacht hät­ten, nach Tätern Auss­chau zu hal­ten oder diese zu ver­fol­gen, obwohl der Anschlag erst wenige Minuten zurück lag. 

Stattdessen hät­ten sie nach einem kurzen Rundgang um das Gebäude “lau­thals und für jeden Anwohn­er hör­bar” über Funk einen Lage­bericht an die Ein­satzzen­trale gegeben. Darin seien die zwölf eingeschla­ge­nen Scheiben genan­nt und die an die Fas­sade gesprühte Parole ver­lesen wor­den: “Deutsch­land deportiert wieder! Wider­stand ist notwendig und mach­bar!” Außer­dem hät­ten die Beamten betont, dass sie ein drei­seit­iges Beken­ner­schreiben vorge­fun­den hät­ten. Wenig spä
ter sei diese Polizeistreife von ein­er zweit­en abgelöst wor­den, die den Tatort abges­per­rt habe. 

Etwa zeit­gle­ich mit diesem polizeilichen Lage­bericht beobachtete diese Anwohner­in, die namentlich nicht genan­nt wer­den will, dass sich im Ein­gang zu ein­er Turn­halle in etwa 100 oder 150 Metern Ent­fer­nung vom Tatort eine männliche Per­son aufhielt, die die Ereignisse zu ver­fol­gen schien. Aufge­fall­en seien ihr sowohl eine Tasche, die der Mann in der Hand hielt, als auch die hellen Hosen, die er trug. 

Wenig später sei eine ähn­liche Per­son, “auch in hellen Hosen”, am Tatort aufge­taucht, doch soweit sie es habe beobacht­en kön­nen, habe die Polizei kein Inter­esse gezeigt, diesen Mann zur Rede zu stellen oder zu vernehmen. “Ich war darüber höchst ver­wun­dert. Immer­hin war es sehr früh am Mor­gen und die Polizei hat­te ger­ade den Tatort abges­per­rt. Da wäre es doch nahe gele­gen den Mann zu befra­gen, zumin­d­est festzustellen, ob er etwas gese­hen hat.” 

Noch etwas sei ihr aufge­fall­en. Sie wohne nun seit fünf Jahren in dieser Strasse, und in dieser Zeit sei die Alar­man­lage der Aus­län­der­be­hörde min­destens drei oder vier Mal los­ge­gan­gen, soweit sie wisse immer Fehlalarm. Aus­gerech­net in dieser Nacht habe kein Alarm stattge­fun­den. “Ist das nicht selt­sam? Wenn Sie mich fra­gen”, erk­lärte die Anwohner­in, “war der Alarm abgeschal­tet, aus welchem Grund auch immer.” 

Auskün­fte des Amtsleiters

Bei dem Gebäude, in dem die Aus­län­der­be­hörde unterge­bracht ist, han­delt es sich um einen typ­is­chen Flach­bau aus DDR-Zeit­en. Im Erdgeschoss befind­et sich ein Ein­wohn­er­meldeamt der Stadt. Die weni­gen Räume der Aus­län­der­be­hörde liegen im ersten Stock. Für das Gebäude gäbe es keinen eige­nen Haus­meis­ter, erk­lärte der Amt­sleit­er, Herr Ter­lach, dem WSWS. Statt dessen kon­trol­liere der Wach­schutz der Stadtver­wal­tung die Behörde, und sie liege auf der Route der Polizeistreife. In welchen Abstän­den die Polizei das Gebäude nachts kon­trol­liere, könne er nicht sagen, erk­lärte Herr Terlach. 

Er wohne außer­halb und sei in der Tat­nacht um 4.30 Uhr von der Polizei informiert wor­den und eine Stunde später am Tatort gewe­sen. Bei sein­er Ankun­ft sei das Gelände bere­its abges­per­rt gewe­sen. Die Polizei habe die Ein­gangstüren nicht auf­brechen wollen und daher auf ihn gewartet. Allerd­ings sei dann fest­gestellt wor­den, dass die Türschlöss­er verklebt waren und erst durch einen Schlüs­sel­dienst geöffnet wer­den kon­nten. Nie­mand sei in die Büroräume einge­drun­gen. Akten und Com­put­er seien wed­er beschädigt noch ent­fer­nt wor­den. Aber durch die eingeschla­ge­nen Scheiben sei eine übel riechende Chemikalie gewor­fen wor­den, die in eini­gen Büros den Tep­pich­bo­den ruiniert habe. 

Auf die Frage nach einem Beken­ner­schreiben antwortete Herr Ter­lach mit dem Hin­weis, dass ihm zwar mit­geteilt wor­den sei, dass ein Text gefun­den wurde. Obwohl er als Amt­sleit­er für die Aus­län­der­poli­tik der Stadt mitver­ant­wortlich sei, habe er das Schreiben aber nie zu Gesicht bekom­men. Später habe er erfahren, dass es sich um einen eher all­ge­meinen und älteren Text han­dle, der sich nicht direkt gegen seine Behörde richte und offen­bar auch nicht von den Tätern ver­fasst war. Außer­dem gab er an, dass er kein­er­lei Infor­ma­tio­nen über den Stand der Ermit­tlun­gen habe. 

Neue Fra­gen

Sechs Wochen nach dem Anschlag stellen sich mehr Fra­gen als am Anfang: Warum ermit­telt die Polizei der­art schlep­pend und desin­ter­essiert? Warum wur­den poten­tielle Zeu­gen nicht befragt? Warum wer­den Ermit­tlungsergeb­nisse, die nicht sicher­heit­srel­e­vant sind, nicht bekan­nt gegeben? Nach sechs Wochen gibt es von den Ermit­tlungs­be­hör­den keine Infor­ma­tio­nen, die über das hin­aus gehen, was am ersten Tag in den Medi­en veröf­fentlicht wurde. 

In deut­lichem Gegen­satz zur Pas­siv­ität der Ermit­tlungs­be­hör­den ste­ht das Vorge­hen des Ver­fas­sungss­chutzes, der den Anschlag auf die Aus­län­der­be­hörde sofort nutzte, um eine sozial­is­tis­che Pub­lika­tion in einen link­sex­tremen und gewalt­täti­gen Zusam­men­hang zu stellen. Und dies obwohl die Ermit­tlungs­be­hör­den bis heute über Täter und Hin­ter­gründe des Anschlags nicht die ger­ing­sten Angaben machen kön­nen oder wollen. Der gegen die WSWS gerichtete Artikel des Ver­fas­sungss­chutzes trägt das Datum vom 16. Sep­tem­ber, dem Tag des Anschlags auf die Frank­furter Ausländerbehörde. 

Angesichts dieser Lage stellen sich die Fra­gen weit­er, die wir bere­its in der ersten Stel­lung­nahme aufwar­fen: Waren Agen­ten des Ver­fas­sungss­chutzes am Anschlag auf die Frank­furter Aus­län­der­be­hörde am 16. Sep­tem­ber beteiligt? Weiß der Ver­fas­sungss­chutz mehr, als er zugibt? Hat­te er bei der Hin­ter­legung des WSWS-Artikels selb­st die Hände im Spiel? 

Siehe auch:
Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutz ver­leumdet World Social­ist Web Site (18. Okto­ber 2003)

Inforiot