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Datenschützer warnen vor “Big Brother” auf den Straßen

POTSDAM. Der Test war erfol­gre­ich, und sofort regt sich Protest: Das Pots­damer Innen­min­is­teri­um hat von Juni bis August 2003 auf Bran­den­burgs Straßen ein Sys­tem getestet, mit dem Kennze­ichen vor­beifahren­der Autos ges­can­nt und über­prüft wer­den kön­nen. “Diese Tech­nik kann ein wichtiges
Mit­tel zur Gewährleis­tung der inneren Sicher­heit sein”, sagte Min­is­teri­umssprech­er Heiko Hom­burg. Kön­nte man doch über die Num­mern­schilder gestoh­lene Autos oder flüch­t­ende Krim­inelle auf­spüren. Daten­schützer fürcht­en aber, dass langfristig ein flächen­deck­endes Überwachungsnetz
aufge­baut wird, mit dem alle Fahrten reg­istri­ert und so genan­nte Bewe­gung­spro­file erstellt wer­den könnten. 

Keine Spe­icherung von Daten

Dem wider­spricht Hom­burg mit Blick auf den Test in Bran­den­burg: “Es wur­den keine Dat­en gespe­ichert, son­dern Kennze­ichen von Polizeiau­tos ein­pro­gram­miert, als wären sie zur Fah­n­dung aus­geschrieben.” Wenn die Autos an den Scan­nern vor­bei­fuhren, schlug das Sys­tem Alarm. Das Sys­tem soll nur einge­führt wer­den, wenn sich auch andere Bun­deslän­der beteiligen. 

Bun­desweit wird seit Wochen über Sinn und Zweck eines Sys­tems disku­tiert, das Kennze­ichen erfasst und mit Fah­n­dungscom­put­ern des Bun­deskrim­i­nalamtes abgle­icht. Die Scan­ner wur­den in Hes­sen, Bay­ern und Thürin­gen getestet. 

“Es ist Tech­nik, die darauf abzielt, alle — auch unbescholtene Verkehrsteil­nehmer — zu beobacht­en und zu erfassen”, sagt Bran­den­burgs Daten­schutzbeauf­tragter, Alexan­der Dix. Der Ein­satz der Tech­nik lasse sich
nicht effek­tiv begren­zen. “Ein­mal einge­führt, weckt das Sys­tem neue Begehrlichkeit­en und wird zur Blanko­voll­macht für die per­ma­nente Fah­n­dung”, sagte er. Bish­er sei es ein Grund­satz des Rechtsstaates, dass unbescholtene
Bürg­er eine Dauer­beobach­tung durch den Staat nicht hin­nehmen müssen. Dies sei nun gefährdet. “Es ist kaum vorstell­bar, dass so teure Tech­nik nur genutzt wird, um Autodiebe zu schnap­pen”, sagte Dix. 

Auch der ein­stige SPD-Innen­min­is­ter von Nieder­sach­sen und Chef des dor­ti­gen Krim­i­nol­o­gis­chen Forschungsin­sti­tuts, Chris­t­ian Pfeif­fer, glaubt nicht, dass das Sys­tem nur für einzelne Fah­n­dun­gen einge­set­zt wird. “Es ist sehr
prob­lema­tisch, wenn über Tech­nik disku­tiert wird, die die Dat­en von Bürg­ern erfassen kann, ohne dass ein konkreter Tatver­dacht vor­liegt”, sagt er. “Das läuft auf eine Qualtiät der Bürg­erkon­trolle hin­aus, die sich Orwell in
seinen schlimm­sten Alp­träu­men nicht aus­ge­malt hat”, sagte Pfeiffer. 

Der innen­poli­tis­che Sprech­er der CDU-Land­tags­frak­tion, Sven Petke, vertei­digte die Tests. “Nie­mand denkt an die Spe­icherung von Dat­en”, sagte er. Aber mit dem anste­hen­den Weg­fall der Kon­trollen an der Gren­ze zu Polen müssten die Kon­trollen im Lan­desin­neren ver­stärkt wer­den — auch mit Hil­fe der Scan­ner. Wenn dafür eine Änderung des Lan­despolizeige­set­zes nötig sei, würde das die CDU mit­tra­gen. Die SPD bleibt zurück­hal­tend. “Das Ganze ist
nicht mehr als eine Idee”, sagte Innen­ex­perte Wern­er-Sieg­wart Schip­pel. “Aus finanziellen und Geset­zes­grün­den gibt in dieser Leg­is­latur keinen Hand­lungs­be­darf.” Auf keinen Fall werde die SPD der Erstel­lung von
Bewe­gung­spro­filen zus­tim­men. Die PDS-Poli­tik­erin Ker­stin Kaiser-Nicht hält es für beden­klich, dass das Min­is­teri­um noch nicht ein­mal den Innenauss­chuss über die Tests informiert hat. “Die Tech­nik kann in Einzelfällen vielleicht
nüt­zlich sein, aber eine flächen­deck­ende Überwachung wäre
unver­hält­nis­mäßig”, sagte sie. 

Der Sprech­er des Innen­min­is­ters ver­ste­ht die Aufre­gung der Kri­tik­er nicht. “Der Daten­schutz spielt dabei gar keine Rolle”, sagte Hom­burg. Das Sys­tem funk­tion­iere so, als würde ein Polizist mit einem Fer­n­glas die Straßen nach
Kennze­ichen von Fah­n­dungswa­gen absuchen. Auch aus finanziellen Gründe sei im Land kein fächen­deck­endes Scan­ner-Netz geplant, son­dern der mobile Einsatz
der Tech­nik. “Einen Miss­brauch wird es nicht geben, denn jed­er sollte davon aus­ge­hen, dass sich Polizis­ten rechtsstaatlich ver­hal­ten”, sagte er.

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Rechte Schmierereien

(Tagesspiegel) Lehnitz (ddp/PNN). Mit rech­tex­trem­istis­chen Schmier­ereien sind in Lehnitz bei Oranien­burg Gebäude- und andere Flächen besudelt wor­den. Wie die Polizei gestern mit­teilte, sind mit grün­er und sil­bern­er Sprüh­farbe Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organ­i­sa­tio­nen auf Straßen­beläge, Verkehrsze­ichen, Gedenksteine, Wer­betafeln, Stromver­sorgungskästen, in den Durch­gang des S‑Bahnhofes Lehnitz sowie an Hauswände gesprüht wor­den. Hin­weise auf die
Täter fehlen. 

Recht­sex­trem­istis­che Schmierereien

(BM) Lehnitz — Bish­er unbekan­nte Täter haben in Lehnitz (Ober­hav­el) Straßen, Verkehrsze­ichen, Gedenksteine, Wer­betafeln, Stromver­sorgungskästen, Flächen
im Durch­gang des S‑Bahnhofes sowie Hauswände mit Farbe besprüht. Nach Angabe der Polizei wur­den recht­sex­trem­istis­che Sym­bole dargestellt.

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Koalitionsspekulationen ohne Substanz

Zu den am Woch­enende bei CDU und FDP aus­ge­broch­enen Speku­la­tio­nen über mögliche Koali­tio­nen nach der Land­tagswahl im Herb­st sagt der Lan­desvor­sitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, JOACHIM GESSINGER

“Die am Woch­enende von CDU und FDP in die Öffentlichkeit gebracht­en Speku­la­tio­nen über mögliche Regierungskoali­tio­nen nach der Bran­den­burg­er Land­tagswahl sind ohne Sub­stanz. Die Aus­sicht für Schön­bohm, in Bran­den­burg keines­falls Min­is­ter­präsi­dent wer­den zu kön­nen, gle­ich wie SPD und CDU abschnei­den wer­den, hat ihn offen­sichtlich so verun­sichert, dass ihm jed­er Sinn für poli­tis­che Real­itäten im Land abhan­den gekom­men ist.” 

“Solange Schön­bohm und seine Partei bei jed­er sich bietenden Gele­gen­heit bürg­er­liche Frei­heit­srechte beschnei­den und staatliche Repres­sion erhöhen wollen, ist für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine wie auch immer geart­ete poli­tis­che Zusam­me­nar­beit auf Lan­desebene aus­geschlossen. Die FDP will ihrer Tra­di­tion fol­gend mit jedem (im
Augen­blick noch außer der PDS) pak­tieren, um irgend­wie mit in die Regierung zu kom­men und hält eine Koali­tion mit der CDU für eine real­is­tis­che Möglichkeit. Ein ver(w)irrter Gen­er­al und Wirtschaft­slib­erale, die die Grun­drechenarten nicht beherrschen — die Wäh­lerin­nen und Wäh­ler soll­ten ihnen das Fell über die Ohren ziehen, das sie schon zer­legen wollen, bevor über­haupt zur Jagd geblasen wurde.”

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Da hängt mein Herzblut dran”

Forster RAA-Stan­dort «teil­weise still gelegt» / Karl-Heinz Brax­ein nun bei Kreisjugendring

«Es tut mir leid, das hier aufzugeben. Es war wirk­lich eine wichtige
Auf­gabe» , sagt Karl-Heinz Brax­ein. Bis Ende 2003 war er so zial
päd­a­gogis­ch­er Leit­er bei der Regionalen Arbeitsstelle für Ausländerfragen
(RAA) in Forst. Doch seit 1. Jan­u­ar gibt es diese Arbeitsstelle nicht mehr.
Kürzun­gen zwän­gen die RAA, ihre Außen­stelle in Forst teil­weise aufzugeben,
heißt es von der Geschäfts­führung. Bis Ende März soll sich entschei­den, ob
der Stan­dort ganz geschlossen wer­den muss. 

«Es sitzen keine fest angestell­ten Mitar­beit­er mehr in Forst» , berichtet
Johan­na Funke, die seit Anfang Jan­u­ar das neu ein­gerichtete Regionale Büro
für Inte­gra­tion und Tol­er­anz (BIT) in Cot­tbus leit­et. Von dort aus werden
nun die RAA-Pro­jek­te für Cot­tbus und die Kreise Spree-Neiße, Elbe Elster und
Ober­spree­wald-Lausitz geplant. Bis­lang arbeit­eten im Forster RAA-Büro außer
Karl-Heinz Brax­ein eine Lehrerin, die für einige Stun­den pro Woche von ihrer
Schule dor­thin abge­ord­net war, und ein Mitar­beit­er mit ABM-Stelle. 

Johan­na Funke war bis Ende ver­gan­genen Jahres sozialpädagogische
Mitar­bei­t­erin der Nieder­las­sungsstelle in Lübbe­nau. Dieser Stan­dort wurde
geschlossen. Es gibt aber noch eine Ansprech­part­ner­in, die im Lübbenauer
Kul­turhof unterge­bracht ist. 

Die RAA befind­et sich in ein­er groß angelegten Umstruk­turierung — bedingt
durch Kürzun­gen im Etat der Aus­län­der­beauf­tragten. «Aus diesem Etat wurden
bis­lang unsere Per­son­alkosten finanziert» , erläutert Alfred Roos,
Geschäfts­führer der RAA-Brandenburg. 

2003 ein­schnei­dende Kürzungen

Schon im ver­gan­genen Jahr hat­te es ein­schnei­dende Kürzun­gen bei der RAA
gegeben. «90 000 Euro wur­den 2003 im Bere­ich Per­son­al gekürzt» , sagt Roos.
«Wir haben das teil­weise mit EU-För­der­mit­teln, teil­weise durch
Arbeit­szeitre­duzierung bei unseren Mitar­beit­ern kom­pen­siert.» Aber in diesem
Jahr gehe das nicht mehr, meint der Geschäftsführer. 

«In Forst wird weit­er­hin ein Mitar­beit­er sitzen und sich um das Pro­jekt zur
Aussiedler­ar­beit küm­mern» , sagt Roos. «Alles andere muss zunächst einmal
nach Cot­tbus zu Frau Funke.» 

Noch hofft die RAA auf zusät­zliche Gelder. «Wir haben Fördermittelanträge
beim Bund gestellt und müssen jet­zt abwarten» , so Roos. Er hofft auf
Finanzmit­tel vom Bun­de­spro­gramm Civ­i­tas und vom Bun­de­samt für Migra­tion und
Flüchtlinge. Erst im März könne er sagen, ob die RAA wieder in der Lage sein
wird, eine kom­plette Sozialpäd­a­gogen-Stelle in Forst zu finanzieren. 

«Wenn es irgend­wie geht, wollen wir den Stan­dort in Forst unbedingt
erhal­ten» , betont der Geschäfts­führer. «Aber wenn die Anträge nicht
bewil­ligt wer­den, müssen wir schließen.» 

Brax­ein beim Kreisjugendring

Zunächst ein­mal, resümiert er, werde Forst «halb­wegs still gelegt» . Die
Lehrerin, die im ver­gan­genen Jahr auch noch für die RAA in Forst arbeitete,
ist seit sechs Monat­en in Elternzeit. «Wir suchen aber ger­ade nach einer
Vertre­tung für das näch­ste halbe Jahr» , erzählt Johan­na Funke. 

Für Karl-Heinz Brax­ein, dessen Name für viele Forster wohl als Syn­onym für
die RAA ste­ht, greifen die Verän­derun­gen schon jet­zt. Er arbeit­et ab sofort
für den Kreisju­gen­dring. «Erst ein­mal habe ich dort einen Arbeitsver­trag für
ein halbes Jahr» , sagt er. 

In Gedanken hat er mit der RAA noch nicht abgeschlossen. «Ich habe Angst,
dass die Inte­gra­tionsar­beit zum Erliegen kommt.» Beson­ders die Arbeit mit
Spä­taussiedler-Jugendlichen hält Brax­ein für wichtig. Die RAA sei aber
bemüht, das Pro­jekt fortzuführen. «Ich habe viel Zeit gebraucht, um es
aufzubauen. Da hängt mein Herzblut dran.» 

«Spotkanie» wird weitergeführt

Weit­erge­führt wird von Lehrerin Katrin Knoth der Forster Teil von
«Spotkanie» . «Spotkanie» bedeutet «Begeg­nung» und ste­ht in diesem Fall für
ein bran­den­burg­weites RAA-Pro­jekt, in dem deutsche Schüler-AGs Pol­nisch und
AGs an pol­nis­chen Schulen Deutsch ler­nen und bei­de Seit­en sich auch
regelmäßig tre­f­fen. «Bis­lang gab es das Ange­bot für Schüler der drit­ten und
vierten Klasse. Ab jet­zt soll es zusät­zlich für fün­fte und sech­ste Klassen
ange­boten wer­den» , meint Johan­na Funke. 

Der verbleibende Mitar­beit­er in Forst, Wladimir Nasarow, weiß noch nicht,
wie es weit­erge­ht. «Ich bin erst mal noch zwei Monate hier» , erzählt er.
Seit fast einem Jahr leit­et er ein Inte­gra­tionspro­jekt für die RAA, bei dem
Jugendliche von Aussiedlern und Forstern gemein­sam Sport treiben. «Dreimal
in der Woche tre­f­fen wir uns im Schüler­freizeitzen­trum und machen Kraftsport
oder box­en» , so Nasarow. Doch die ABM-Stelle des ehe­ma­li­gen Box­ers läuft
Ende März aus. 

Von den bis­lang vier Räu­men der Forster Stelle sollen vor­erst zwei
weit­erge­führt wer­den, so Funke. «Noch aber ste­hen wir deswe­gen in Gesprächen
mit der Kom­mune» , berichtet RAA-Chef Roos. 

«In Zukun­ft wer­den wir wohl weniger an Schulen vor Ort sein» , meint Funke.
Bis­lang führten die Mitar­beit­er der RAA auch Pro­jek­t­wochen an Schulen durch.
The­men waren beispiel­sweise die EU-Oster­weiterung oder Rechtsradikalismus.
«Ab jet­zt wer­den wir unseren Schw­er­punkt auf Beratung leg­en, Lehrern dabei
helfen, solche Pro­jek­t­wochen durchzuführen.» 

Net­zw­erkar­beit ausbauen

Die Net­zw­erkar­beit der RAA solle in diesem Jahr ver­stärkt wer­den, so Funke.
«Wir pla­nen, in Zusam­me­nar­beit mit der Aus­län­der­bauf­tragten ein Net­zw­erk zum
The­ma Aus­län­derdiskri­m­inierung aufzubauen.» Und sie fügt hinzu: «Man könnte
sagen, das ist ein Schritt weg von der Basis.»

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Kritik an Plänen zur Auto-Videokontrolle

(MAZ, Frank Schau­ka) POTSDAM Die durch die MAZ bekan­nt gewor­de­nen Vor­bere­itun­gen des Innen­min­is­teri­ums zur Ein­führung von Auton­um­mern-Scan­nern an
Verkehrsknoten­punk­ten in Bran­den­burg sind gestern auf mas­sive Ablehnung gestoßen. Die innen­poli­tis­che Sprecherin der PDS-Frak­tion, Ker­stin Kaiser-Nicht, kri­tisierte die Pläne von Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU)
als “weit­eren Schritt auf dem Weg in den Überwachungsstaat”. Die flächen­deck­ende Videoüberwachung des Fahrzeugverkehrs sei “unver­hält­nis­mäßig
und unnötig”. 

Mit vehe­menter Ablehnun­gen reagierten auch die märkischen Grü­nen. “Set­zt die
Lan­desregierung diese Überwachungspläne um, wäre dies ein schw­er­er Eingriff
in Bürg­er­rechte”, erk­lärte Lan­desvor­sitzen­der Joachim Gessinger. Der
Vorschlag rei­he sich ein in eine “Rei­he ander­er absur­der Vorstöße aus der
Union wie Fußfes­seln für Schulschwänz­er und ein spätabendlich­es Ausgehverbot
für Kinder”. 

Beson­dere Empörung haben die mehrwöchi­gen Prax­is­tests mit den
Num­mern-Scan­nern im Som­mer 2003 aus­gelöst. Der vom Innen­min­is­ter “zu
ver­ant­wor­tende, Probe­be­trieb” sei “ein weit­er­er Schritt zurück zum
Überwachungsstaat à la DDR”, so Gessinger. 

Die Abge­ord­nete Kaiser-Nicht kri­tisierte zudem, dass Schön­bohm es “nicht
ein­mal für erforder­lich gehal­ten hat, den Innenauss­chuss des Land­tags über
diesen Ein­stieg in die flächen­deck­ende Videoüberwachung des Fahrzeugverkehrs
zu informieren”. 

Darüber ver­wun­dert zeigte sich auch SPD-Innen­ex­perte Werner-Siegwart
Schip­pel. “Ich hake das unter Wahlkampf ab”, kom­men­tierte er Schönbohms
Pläne gestern distanziert. 

Land bere­it­et automa­tis­che Auto-Kon­trolle vor

(MOZ) Pots­dam (dpa) Eine automa­tisierte Überwachung von Fahrzeu­gen mit moderner
Tech­nik wird jet­zt vom Pots­damer Innen­min­is­teri­um vor­bere­it­et. Entsprechende
Auton­um­mern-Scan­ner seien im ver­gan­genen Som­mer getestet wor­den, bestätigte
Sprech­er Heiko Hom­burg am Fre­itag einen entsprechen­den Bericht der
“Märkische All­ge­meinen”. Die Geräte soll­ten jedoch nur bei konkreten
Fah­n­dungs­maß­nah­men einge­set­zt wer­den, es gehe nicht um eine flächendeckende
Kon­trolle von Aut­o­fahrern. Scharfe Kri­tik kam von PDS, Grü­nen und Jusos. Sie
sprachen von einem “weit­eren Schritt zum Überwachungsstaat”. 

Hom­burg betonte dage­gen, dass daten­schutzrechtliche Belange von dem Einsatz
der Scan­ner nicht berührt wür­den. “Es geht darum, Fahrzeuge, die mit
Straftat­en in Verbindung ste­hen, aus dem Verkehr her­auszu­fil­tern. Alle
anderen vor­bei fahren­den Autos wer­den nicht reg­istri­ert.” Die Tech­nik habe
sich bei den Tests mit Polizei­wa­gen als leis­tungs­fähig erwiesen, allerdings
seien die Geräte noch zu groß und zu schw­er. Hom­burg wies darauf hin, dass
eine Ein­führung der Tech­nik ohne­hin erst geschehen werde, wenn die
Innen­min­is­terkon­ferenz alle rechtlichen Belange gek­lärt habe. 

Mit schar­fen Worten kri­tisierte die innen­poli­tis­che Sprecherin der PDS,
Ker­stin Kaiser-Nicht, die Pläne. Der Ehrgeiz von Innen­min­is­ter Jörg
Schön­bohm (CDU), das Land als Vor­re­it­er ein­er zunehmend repres­siv­en Politik
der inneren Sicher­heit zu präsen­tieren, sei unge­brochen. Sie beze­ich­nete die
vorge­se­henen Überwachungs­maß­nah­men als unver­hält­nis­mäßig. Auch die Jusos
kri­tisierten, dass nun nach der Ein­führung der Videoüberwachung von
öffentlichen Plätzen “im Innen­min­is­teri­um weit­er über die totale Überwachung
nachgedacht” werde. Bran­den­burgs Daten­schutzbeauf­tragter Alexan­der Dix
warnte laut Zeitung vor ein­er “Infra­struk­tur der Überwachung”. 

Bran­den­burgs Bünd­nis 90/Die Grü­nen lehn­ten eben­falls die Pläne ab. Dieser
“weit­ere Schritt zurück zum Überwachungsstaat à la DDR” wäre ein schwerer
Ein­griff in Bürg­er­rechte. Hom­burg erwiderte: “Wer bei recht­staatlich und
geset­zlich ein­wand­freier Ver­brechens­bekämp­fung von einem Überwachungsstaat
spricht, hat möglicher­weise noch nicht ein­mal im Ansatz ver­standen, worum es
geht.” Schön­bohm hat­te kür­zlich betont, dass Scan­ning-Meth­o­d­en es erlaubten,
Straftäter gezielt zu lokalisieren, gesuchte Fahrzeuge aufzus­püren sowie
Men­schen­schmuggel und Dro­gen­han­del wirk­sam zu bekämpfen.

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Neue Augen für die Polizei

(MAZ, Frank Schau­ka) POTSDAM Nach der Videokon­trolle öffentlich­er Plätze bere­it­et das Innen­min­is­teri­um die automa­tisierte Überwachung von Fahrzeu­gen mit moderner
Kam­er­at­e­ch­nik vor. Mehrwöchige Prax­is­tests mit ver­schiede­nen dig­i­tal­en Auton­um­mern-Scan­nern der Fir­ma Bosch habe es von Juni bis August 2003 gegeben, räumte Min­is­teri­umssprech­er Heiko Hom­burg ein. Brandenburgs
Daten­schutzbeauf­tragter Alexan­der Dix warnte gegenüber der MAZ vor ein­er “Infra­struk­tur der Überwachung”. Es werde “darauf hin­aus­laufen, dass Aut­o­fahrer an Verkehrsknoten­punk­ten flächen­deck­end erfasst wer­den”. Auch der Direk­tor des unab­hängi­gen Krim­i­nol­o­gis­chen Forschungsin­sti­tuts Niedersachsen
(KFN) und frühere Jus­tizmin­is­ter des Lan­des, Chris­t­ian Pfeif­fer, sieht in
der Ein­führung der Scan-Tech­nik einen weit­eren Schritt zum Überwachungsstaat
und erk­lärt besorgt: “Orwell lässt grüßen.” 

Dass Bran­den­burg noch keine Auton­um­mern-Scan­ner angeschafft hat, hat vor
allem tech­nis­che Gründe. Die Geräte seien bish­er “zu groß und zu schwer”
sowie ins­ge­samt “noch verbesserungs­bedürftig”, so Hom­burg. Das Ministerium
hat der Her­steller­fir­ma seine Verbesserungswün­sche schon mehrfach
mit­geteilt — was wohl offenkundig ein ern­sthaftes Kaufin­ter­esse bezeugt.
Bran­den­burg wolle die inno­v­a­tive Fah­n­dung­stech­nik allerd­ings “nicht im
Allein­gang”, son­dern in Abstim­mung mit anderen Bun­deslän­dern einführen,
ver­sichert Hom­burg. Man werde sich am Beratungsergeb­nis ein­er Arbeitsgruppe
der Innen­min­is­terkon­ferenz orientieren. 

Konkrete Vorstel­lun­gen des Pots­damer Innen­res­sorts für den Ein­satz der
Auton­um­mern-Scan­ner gibt es den­noch jet­zt schon. Zunächst ein­mal sollen sie
im Kon­text ein­er Straftat die Suche nach Fahrzeu­gen erle­ichtern. Das Gerät
würde Alarm schla­gen, sobald es ein im Fah­n­dungscom­put­er gestohlen
gemeldetes Auto oder ein anderes Fahrzeug erken­nt, in dem ein Straftäter
ver­mutet wird. 

Darüber hin­aus kön­nten die Scan­ner — wie verdeck­te Ermit­tler — bei einer
ver­dacht­sun­ab­hängi­gen Fah­n­dung im Vor­feld ein­er Straftat, also präventiv
einge­set­zt wer­den. Die Polizei kön­nte frühzeit­ig erken­nen, ob sich
verdächtige Per­so­n­en, die eine Straftat bege­hen kön­nten, bes­timmten Orten
näh­ern. So ließen sich beispiel­sweise kon­spir­a­tive Musiktreffen
recht­sex­tremer Skin­heads leichter auflösen, deren Teil­nehmer oft erst im
let­zten Moment zum Spielort dirigiert wer­den, um die Polizei in die Irre zu
führen. Die Scan­ner kön­nten präven­tiv auch einge­set­zt wer­den, um
Suizid­willige zu lokalisieren, die ihren Fre­itod angekündigt haben. 

Inwieweit die Parteien in Bran­den­burg eine für die Ein­führung der Scanner
erforder­liche Änderung des Polizeige­set­zes mit­tra­gen wür­den, lässt sich noch
nicht genau abschätzen. Keine Wider­stände sind offen­bar von der CDU zu
erwarten. Sven Petke, innen­poli­tis­ch­er Sprech­er der Frak­tion, betont
vielmehr, dass mit dem Weg­fall der Gren­zkon­trollen die Überwachung innerhalb
Deutsch­lands ver­schärft wer­den müsse. Die zwei kriminalgeographischen
Schw­er­punk­te Bran­den­burgs — Berlin und die deutsch-pol­nis­che Grenzregion -
macht­en eine erhöhte Kon­trolle im Innern des Lan­des erforder­lich: auch durch
Autonummern-Scanner. 

Die märkische SPD kön­nte sich eben­falls zu ein­er Gesetzesänderung
durchrin­gen — “wenn es nur um die Erfas­sung von Auton­um­mern geht und
sichergestellt wird, dass die Dat­en von Nicht­be­trof­fe­nen nicht gespeichert
wer­den”, wie der innen­poli­tis­che Sprech­er der SPD-Landtagsfraktion,
Wern­er-Sieg­wart Schip­pel, fordert. “Die Dat­en unbeteiligter Bürg­er müssen so
geschützt wer­den, dass ihre Bewe­gun­gen durch den Staat nicht nachvollzogen
werden.” 

Selb­st Petke und die Polizei ver­lan­gen eine Beschränkung des technisch
Möglichen. “Bewe­gungs­bilder dür­fen nicht erstellt wer­den” — selb­st wenn dies
für Ermit­tler reizvoll wäre, betont der Lan­desvor­sitzende der Gewerkschaft
der Polizei, Andreas Schuster. 

Wie jedoch die Gren­ze des Mach­baren allmäh­lich zu Gun­sten des
Fah­n­dungser­fol­gs ver­schoben wer­den kann, zeigt der Entwurf zur Änderung des
rhein­land-pfälzis­chen Polizeige­set­zes. Para­graph 27, Absatz 6 gestattet
offenkundig, dass Dat­en durch den Ein­satz tech­nis­ch­er Mit­tel nicht nur zur
Ver­fol­gung von Straftat­en erhoben wer­den dür­fen, son­dern auch zur Verfolgung
von “Ord­nungswidrigkeit­en von erhe­blich­er Bedeu­tung, zur Gefahren­ab­wehr, ins
beson­dere zur vor­beu­gen­den Bekämp­fung von Straftat­en, oder zur Behebung
ein­er beste­hen­den Beweisnot”. 

“Wer mit solchen juris­tis­chen Formeln ver­traut ist, der weiß, dass die
Sicher­heits­be­hör­den auf dieser Basis spe­ich­ern dür­fen, was sie nur wollen”,
kom­men­tierte der innen- und sicher­heit­spoli­tis­che Experte der Süddeutschen
Zeitung und ehe­ma­lige Richter, Herib­ert Prantl, die Pläne der Mainzer
Landesregierung. 

Ähn­lich urteilte KFN-Chef Pfeif­fer. Gegenüber der MAZ erk­lärte er: “Die
rechtsstaatlichen Absicherun­gen reichen mir zur Zeit noch nicht aus.”
Bran­den­burgs ober­ster Daten­schützer spricht sog­ar vor einer
“Blanko­er­mäch­ti­gung für die per­ma­nente Fah­n­dung auf Straßen”, was “in hohem
Maße beden­klich” sei. Schließlich, ver­mutet Dix, werde die Debat­te um den
Ein­satz tech­nis­ch­er Fah­n­dungsmit­tel damit nicht enden. “Es wer­den weitere
Begehrlichkeit­en entste­hen, bald wer­den wir wohl eine ähn­liche Diskussion
zur Gesicht­serken­nung bekom­men.” In Lon­don ist das seit einem Jahr
Wirk­lichkeit: 800 zusät­zliche Verkehrskam­eras erfassen jede Auton­um­mer — und
jedes Gesicht hin­term Lenkrad. 

Erfol­gre­iche Tests

Die Innen­min­is­terkon­ferenz beschäftigt sich seit Ende Juli 2003 mit der
automa­tis­chen Erfas­sung von Auto­kennze­ichen. In mehreren Bundesländern
wur­den Num­mern-Scan­ner in Prax­is­tests schon erprobt. So hat Bay­ern an der
tschechis­chen Gren­ze ein halbes Jahr lang den ein­fahren­den Verkehr
kon­trol­liert. Innen­min­is­ter Gün­ther Beck­stein (CSU) lobte das Ergeb­nis und
kündigte eine für den Dauer­be­trieb erforder­liche Geset­zesän­derung an. Hessen
und Rhein­land-Pfalz bere­it­en durch eine geplante Änderung der Polizeigesetze
die Ein­führung der neuen Tech­nik eben­falls vor. 

Baden-Würt­tem­berg, Nor­drhein-West­falen und Nieder­sach­sen liebäugeln
gle­ich­falls mit dem Sys­tem. Die Lan­desregierung in Han­nover will es nach
erfol­gre­ichen Tests im ersten Quar­tal 2004 ein­führen und zunächst gegen die
organ­isierte Krim­i­nal­ität ein­set­zen. Der flächen­deck­ende Gebrauch soll von
den Erfahrun­gen aus Bay­ern abhängig gemacht werden. 

Einen Skan­dal hat die Tech­nik in Thürin­gen aus­gelöst, wo ange­blich ohne
Wis­sen des CDU-Innen­min­is­ters jedes Fahrzeug, das den Rennsteigtunnel
passierte, ges­can­nt wurde. Europaweit sind etwa 800 000 Auto­kennze­ichen zur
Fah­n­dung ausgeschrieben.

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Videokontrolle von Autokennzeichen weiterer Schritt zum Überwachungsstaat

BÜNDNIS 90/Die Grü­nen lehnen die Pläne des Innen­min­is­teri­ums, den Autoverkehr in Bran­den­burg großflächig mit Videokam­eras zu überwachen, vehe­ment ab. “Set­zt die Lan­desregierung diese Überwachungspläne um, wäre dies ein schw­er­er Ein­griff in Bürg­er­rechte wie Bewe­gungs­frei­heit, Pri­vat­sphäre und informationelle
Selb­st­bes­tim­mung”, sagt der Lan­desvor­sitzende von BÜNDNIS 90/Die Grü­nen”, JOACHIM GESSINGER

“Der von Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm zu ver­ant­wor­tende Probe­be­trieb zur Ein­führung der Videoüberwachung des Autoverkehrs ist ein weit­er­er Schritt zurück zum
Überwachungsstaat à la DDR”, sagt JOACHIM GESSINGER. “Videokam­eras auf Schritt und Tritt, per­ma­nente Fah­n­dung auf der Straße — ist das Schön­bohms und Petkes Vision ein­er Heimatvertei­di­gung Bran­den­burgs? Schon jet­zt laufen die Gedanken­spiele für eine großflächige Videoüberwachung des Autoverkehrs darauf hin­aus, mit dem Abgle­ich von Auto­kennze­ichen mit Dat­en des Polize­icom­put­ers nicht nur nach Straftätern zu fah­n­den, son­dern auch verdächtige Per­so­n­en auszu­fil­tern. Wer als verdächtig gilt,
bes­timmt wohl in Zukun­ft die Polizei — Rechtsstaatlichkeit und Bürg­er­rechte werden
ausgehöhlt.” 

“Der Vorschlag rei­ht sich ein in eine Rei­he ander­er absur­der Vorstöße aus der Union, wie Fußfes­seln für Schulschwänz­er und ein spätabendlich­es Aus­ge­hver­bot für Kinder. Das Duo Schönbohm/Petke will uns weis machen, dass die Beschnei­dun­gen von Frei­heit­srecht­en mehr Sicher­heit brin­gen kön­nte. Wie bedrück­end dies zu DDR-Zeit­en war, haben viele in Bran­den­burg noch gut in Erin­nerung und auch, dass sie dafür gekämpft haben, dass ein der­ar­tiges Staatsver­ständ­nis ein für alle­mal über­wun­den sein sollte.”

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Ermittlung gegen Prügelbeamte

Nach der gescheit­erten Abschiebung eines 17-jähri­gen Kir­gisen ermit­telt die Pots­damer Staat­san­waltschaft gegen mehrere Beamte des Bun­des­gren­zschutzes Berlin wegen des Ver­dachts der Kör­per­ver­let­zung im Amt. Der Flüchtlingsrat
Berlin begrüßte die Ermit­tlun­gen. Da der Kir­gise nach eigen­er Darstel­lung am 19. Dezem­ber ver­gan­genen Jahres mit Schlä­gen von den Beamten trak­tiert wor­den sei, müsse dies ver­fol­gt wer­den. Der Seel­sorg­er des weit­er in Abschiebe­haft sitzen­den Voll­waisen, Dieter Ziebarth, sagte: “Ich habe keinen Anlass, an der Darstel­lung des Kir­gisen zu zweifeln.” Dem­nach hat­te der Jugendliche, der alleine in seine Heimat abgeschoben wer­den sollte, in einer
Mas­chine am Flughafen Schöne­feld gegen die Tren­nung von seinem älteren Brud­er protestiert. Daraufhin hät­ten Beamte — der 17-Jährige spricht laut Ziebarth von vier uni­formierten und zwei zivilen Beamten — ihm unter anderem
auf den Kopf geschla­gen und den Mund zuge­hal­ten. Die Abschiebung sei abge­brochen wor­den, als der Pilot die Beamten des Flugzeuges verwies.

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Elite-Unis: Ohne Fundament keine Höhe

Lan­desvor­sitzen­der JOACHIM GESSINGER warnt vor Klassen­sys­tem im Hochschulsek­tor / “Wir brauchen eine bessere Förderung des vorhan­de­nen Potenzials”

Zur Debat­te um den Auf­bau von “Elite-Uni­ver­sitäten” sagt der Lan­desvor­sitzende von
BÜNDNIS90/Die Grü­nen, Prof. Dr. JOACHIM GESSINGER

“Der Vorschlag, in Deutsch­land Elite-Uni­ver­sitäten einzuricht­en, packt das Problem
vom falschen Ende an. Wir brauchen keine neuar­ti­gen Hochschulen, son­dern eine
bessere Förderung des jet­zt schon vorhan­de­nen Poten­zials an Begabung, innovativem
Denken und wis­senschaftlich­er Kom­pe­tenz. Dazu gehört eine deut­liche Verbesserung der
Stu­di­enbe­din­gun­gen und die Förderung des wis­senschaftlichen Nach­wuch­ses. Hochschulen
dür­fen nicht länger, wie in Bran­den­burg, als nach­ge­ord­nete Lan­des­be­hör­den ohne
Gestal­tungsspiel­raum geführt wer­den, son­dern müssen als eigen­ver­ant­wortliche Akteure
ihre Struk­turen und Inhalte im Rah­men ihres Bil­dungs- und Ausbildungsauftrages
selb­st bes­tim­men können.” 

“Es macht keinen Sinn, wenn die Län­der Hochschulen dauer­haft unter­fi­nanzieren und
der Bund die Förderung des Hochschul­baus herun­ter­fährt — gle­ichzeit­ig aber Geld in
aus­gewählte Uni­ver­sitäten gepumpt wird. Man erzeugt dadurch nur ein
Dreik­lassen­sys­tem im Hochschul­bere­ich — Fach­hochschulen, Masse­nu­nis und
ver­meintliche Nobel­preiss­chmieden. Es wird in Deutsch­land wie schon bei den neuen
Hochschu­la­b­schlüssen nur eine schlechte Kopie der USA geben — keine Ivy League à
la Yale, Har­vard oder Prince­ton, dafür eine Menge deklassiert­er shit halls.” 

“Das Ergeb­nis wird ein weit­er­er Ver­fall der Aus­bil­dungsqual­ität im Hochschulbereich
auf bre­it­er Lin­ie sein”, sagt JOACHIM GESSINGER. “Schon heute sind Studienanfänger
in zunehmender Zahl nicht studier­fähig. Wenn die Investi­tio­nen zum Beispiel in die
Aus­bil­dung von Lehrerin­nen und Lehrern weit­er reduziert wer­den, wird sich dieses
Prob­lem noch ver­schär­fen und die Ein­gangsphase eines Hochschul­studi­ums zur besseren
gym­nasialen Ober­stufe wer­den. In Verbindung mit der gegen­wär­tig laufend­en Verkürzung
des Studi­ums durch Ein­führung der Bach­e­lor-Stu­di­engänge wird dies zu einer
sys­tem­a­tis­chen Senkung der Aus­bil­dungsqual­ität für einen Großteil der
Hochschu­la­b­sol­ven­ten führen.” 

“Spitzen­leis­tun­gen wer­den nicht durch Sah­ne­häubchen auf bröseligem Tortenboden
erzeugt, son­dern durch eine gut struk­turi­erte Aus­bil­dung, die bre­ite Förderung von
Begabun­gen und eine staatlich nicht regle­men­tierte Ent­fal­tung dieser Begabun­gen in
Forschung, Lehre und Ler­nen. Und das fängt, wie Pisa gezeigt hat, beim Kindergarten
an.”

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Aufruhr im Asylbewerberheim

Die Heim­lei­t­erin befürchtete eine Revolte und rief die Polizei um Hil­fe. In mehreren Ein­satzwa­gen rück­ten die Beamten ins Asyl­be­wer­ber­heim in Bahns­dorf ein, hiel­ten mit mas­siv­er Präsenz die Flüchtlinge im Zaum. Platzverweise
wur­den erteilt. Den Aufruhr verur­sacht hat­te die Aus­gabe neuer Wertgutscheine. 

Mon­tag­mit­tag, Asyl­be­wer­ber­heim Bahns­dorf. An Ein­gang­storen Ein­satzwa­gen der Polizei, auf dem Heimgelände Men­gen aufge­brachter Asyl­be­wer­ber und Polizis­ten. Bei Erscheinen der Presse scharen sich die Demon­stran­ten um zwei
RUND­SCHAU-Reporter. Sie schimpfen auf die Wertgutscheine, die ihnen Sozialamtsmi­tar­beit­er des OSL-Kreis­es aushändi­gen woll­ten. «Wir wollen Bargeld, keine Scheine. Wir haben sie zurück­gegeben» , wet­tert in gebroch­en­em deutsch Alfred Lyon­ga aus Kamerun. Lyon­ga und seine Mitbewohner
rei­hen Argu­mente gegen die herrschende Prax­is des Einkaufs mit Warengutscheinen auf: 

Nur in eini­gen Geschäften in Sen­ften­berg, Sedlitz und Räschen wer­den die
Scheine über­haupt angenom­men. Man bekommt für sie nur Lebens­mit­tel, keine
Klei­dung. Es muss genau in Höhe des Schein­wertes eingekauft wer­den, weil die
Kassier­er höch­stens ein Zehn­tel des Schein­werts an Wech­sel­geld rausgeben
dürfen. 

Chuk­wu Sun­day Oko­ro, eben­falls Schwarzafrikan­er, find­et drastis­che Worte:
«Wir sind keine Kinder, die mit Geld nicht umge­hen kön­nen.» Und: «In diesem
Land sind Hunde mehr wert als Men­schen.» Oft würde man von Verkäufern oder
Kun­den schief angeguckt beim Einkauf. Der Besuch öffentlich­er Einrichtungen
wie Diskotheken sei unmöglich. Damit Möglichkeit­en der Inte­gra­tion total
eingeschränkt. Zumal Besuch­er 2,50 Euro zahlen müssen, um das
Asyl­be­wer­ber­heim zu betreten. 

40 Euro Taschen­geld bekomme ein Asyl­be­wer­ber, weiß Tem Cresceni­cia. Viel zu
wenig. Ger­ade an einem so abgele­ge­nen Ort. Allein Zug- oder Bah­n­fahrt zu den
Geschäften in Sen­ften­berg oder Großräschen ver­schlin­gen viel Geld. Wegen
schweben­der Asylver­fahren müsse zudem fast jed­er Heim­be­wohn­er einen
Recht­san­walt bezahlen. Bargeld brauche man auch fürs Tele­fonieren. Arbeiten
dür­fen Asyl­be­wer­ber nicht. Wür­den die 160 Euro an Wertgutscheinen in Bargeld
umge­tauscht — es wäre den Flüchtlin­gen sehr geholfen. 

Umtausch weit unter wert

Nach RUND­SCHAU-Infor­ma­tio­nen ist der Umtausch der Wertgutscheine gegen
Bargeld weit unter Wert gängige Prax­is. Doch die Wertgutscheine, die der
OSL-Kreis seit Mon­tag verteilt, lassen Tauschgeschäfte nicht mehr zu, weil
auf jedem Schein der Name des Besitzers steht. 

Die Kreis-Sozialamt­slei­t­erin Eri­ka Körn­er ver­mutet schwarzafrikanische
Asyl­be­wer­ber aus dem Heim in Sedlitz hin­ter dem Aufruhr: «Wahrschein­lich
haben sie die Mehrzahl der Asyl­be­wer­ber, die ihre Gutscheine friedlich
abholen woll­ten, so unter Druck geset­zt, dass auch sie die Scheine
zurück­gegeben haben.» 

Die Amt­slei­t­erin beruft sich auf Bun­des­ge­set­zge­bung: Laut
Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz hät­ten die Land­kreise Wertgutscheine auszugeben.
Nur wer länger als 36 Monate im Land ist, habe ein Anrecht auf 356 Euro
Bargeld. Dass also die meis­ten Asyl­be­wer­ber 160 Euro in Wertgutscheinen
bekom­men und 40 Euro Bargeld, sei kor­rekt. Den­noch kann Eri­ka Körn­er die
Nöte der Asyl­be­wer­ber nicht nachvol­lziehen: Die Scheine sind so gestückelt,
dass plan­mäßiger Einkauf möglich sei. Klei­dung bekom­men die Flüchtlinge — im
OSL-Kreis sind rund 400 Asyl­be­wer­ber zen­tral in Bahns­dorf und Sedlitz
unterge­bracht — zwei Mal im Jahr. Und weite Fahrten bis in die Geschäfte
müsse auch die Dorf­bevölkerung auf sich nehmen.

Inforiot