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Vorwürfe gegen KZ-Gedenkstättenstiftung


Staat­san­waltschaft ermit­telt wegen Untreuever­dachts / Stre­it um
geplatzte Theateraufführung

(Berlin­er Zeitung, Mar­tin Kles­mann) RAVENSBRÜCK. Das gab es noch nie: Eigentlich hält die Stiftung
Bran­den­bur­gis­che Gedenkstät­ten in den ein­sti­gen Konzentrationslagern
Sach­sen­hausen und Ravens­brück die Erin­nerung an die na-
tion­al­sozial­is­tis­chen Ver­brechen wach. Doch nun ermit­telt die
Staat­san­waltschaft Berlin gegen die Gedenkstät­ten-Stiftung wegen
Betrugs- und Untreuever­dachts. Pro­jek­t­ge­bun­dene För­der­mit­tel sollen in
den Etat der Stiftung umgeleit­et wor­den sein. “Es liegt eine Anzeige
vor”, sagte Michael Grun­wald, Sprech­er der Staat­san­waltschaft. Die
Anzeige stammt vom Geschäfts­führer und vom kün­st­lerischen Leit­er der
Freien The­at­er­anstalt Berlin — Josef Vollmer und Her­mann van Harten.
Let­zter­er insze­nierte in dem Berlin­er Hin­ter­hof-The­ater am Klausener
Platz das Stück “Ich bin es nicht, Adolf Hitler ist es gewe­sen”, das
dort lange Jahre lief. 

Zum Jahrestag der Befreiung des Frauen-KZ Ravens­brück nun sollte Hermann
van Harten das The­ater­stück “König­in­nen” in der Gedenkstätte aufführen.
Doch nach etlichen Quere­len mit der Gedenkstät­ten-Stiftung ent­zog diese
schließlich Mitte Mai den The­ater­leuten und der kata­lanis­chen Autorin
des Stück­es, Marisa Este­ban, den Auf­trag. “Die Vor­wüfe sind völ­lig aus
der Luft gegrif­f­en”, sagte Stiftungssprech­er Horst Sef­er­ens. “Die
Auf­trag­nehmer waren ihren ver­traglichen Verpflich­tun­gen wieder­holt nich
nachgekom­men.” Offen­bar lag wed­er ein fer­tiges Manuskript vor noch war
sichergestellt, dass der bere­its ein­mal ver­schobene Aufführungstermin
gehal­ten wer­den kann. 

Auch Kata­la­nen gaben Geld

Das The­ater­stück “König­in­nen” wurde mit ins­ge­samt 230 000 Euro
gefördert, allein 100 000 Euro stellte die Wup­per­taler Ertomis-Stiftung.
Das Bun­des­frauen­min­is­teri­um gab 50 000 Euro, auch die katalanische
Region­al­regierung, die Siemens-Stiftung und das Potsdamer
Kul­tur­min­is­teri­um beteiligten sich. Vollmer und van Harten behaupten
nun, dass mehr als die Hälfte der För­der­mit­tel gar nicht für das
The­ater­stück an sich, son­dern für andere Posten ver­wen­det wor­den sein
sollen. So seien der Wer­bee­tat, aber auch der Etat der Pro­duzen­ten aus
ihrer Sicht über­höht gewe­sen “Und allein 15 000 Euro der Fördermittel
sind für Recht­san­walt­skosten aufge­bracht wor­den, was über­haupt nicht
nachvol­lziehbar ist”, sagt Her­mann van Harten. Da die Off-Theater-Macher
hierin eine Verun­treu­ung Pro­jekt-bezo­gen­er För­der­mit­tel sehen, haben sie
die Anzeige erstattet. 

Die Gedenkstät­ten-Stiftung ist nun um ihren guten Ruf besorgt, zumal der
Großteil der För­der­mit­tel bere­its aus­gegeben ist. Die Stiftung teilte am
Mon­tag mit, dass dies mit den Geldge­bern aber bere­its abgerech­net worden
sei. Mehrere Spon­soren hät­ten darüber hin­aus zuges­timmt, dass Restmittel
für andere Pro­jek­te der Stiftung zur Ver­fü­gung stün­den. Das Land
Bran­den­burg aber wird von den 10 000 Euro För­der­mit­teln ohne­hin nichts
mehr wieder­se­hen. “Diese 10 000 Euro Vor­laufkosten sind weg”, sagte
Hol­ger Drews, Sprech­er des Pots­damer Kul­tur­min­is­teri­ums am Montag. 

Die kata­lanis­che Autoren Marisa Este­ban wollte das The­ater­stück in
Ravens­brück ursprünglich selb­st insze­nieren. Dabei soll­ten Schicksale
von Frauen im Mit­telpunkt ste­hen, die sein­erzeit in Ravensbrück
inhaftiert waren. Die geplante Insze­nierung war groß angelegt: Auch jene
Orig­i­nal­busse des Schwedis­chen Roten Kreuzes soll­ten zum Ein­satz kommen,
mit denen sein­erzeit skan­di­navis­che KZ-Häftlinge nach
Geheimver­hand­lun­gen aus dem Lager gebracht wor­den sind. Das Theaterstück
“König­in­nen” sollte zunächst nur fünf Mal in Ravens­brück aufgeführt
wer­den, und das Ensem­ble dann an anderen Orten gastieren. So waren auch
Auf­führun­gen in Barcelona, der Heimat der Autorin, geplant. 

Schließlich aber gab die Autorin die Regie ab und beauf­tragte Hermann
van Harten damit. Dieser legte sich dann offen­sichtlich mit der Stiftung
an, weil er mehr Geld für sein Ensem­ble haben wollte. Die
Gedenkstät­ten-Lei­t­erin von Ravens­brück, Sigrid Jacobeit, wollte das
Stück daraufhin lediglich als Lesung zur Auf­führung kom­men lassen. Der
Stre­it eskalierte.

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Rechtsextreme wegen Anschlags vor Gericht

Pots­dam 30. August ap Wegen ver­sucht­en Mordes und Brand­s­tiftung müssen
sich seit Mon­tag drei junge Recht­sex­trem­is­ten vor dem Landgericht
Pots­dam ver­ant­worten. Den Angeklagten zwis­chen 19 und 21 Jahren wird
vorge­wor­fen, im ver­gan­genen Feb­ru­ar aus frem­den­feindlich­er Gesinnung
her­aus einen Dön­er-Imbiss im bran­den­bur­gis­chen Brück angezün­det zu
haben, um den türkischen Inhab­er und dessen Mitar­beit­er aus der Stadt zu
vertreiben. Dabei sollen sie den Tod des Imbiss­be­sitzers bil­li­gend in
Kauf genom­men haben. 

Der Anklage zufolge haben die jun­gen Män­ner am 6. Feb­ru­ar gegen 3 Uhr
nachts einen Molo­tow-Cock­tail durch das Schaufen­ster des Imbisses
gewor­fen. Dabei hät­ten sie gewusst, dass der Betreiber des Geschäftes
regelmäßig in dem Gebäude über­nachtete. Die Flam­men hät­ten sich schnell
im Gas­traum aus­ge­bre­it­et und eine Jalousie, eine Vit­rine sowie einen
Zeitungsstän­der erfasst. Der türkische Imbis­s­wirt sei von dem Lärm
aufgewacht und habe das Feuer löschen kön­nen. Dabei soll er sich jedoch
Ver­bren­nun­gen an den Hän­den sowie von auf dem Boden liegenden
Glass­cher­ben Schnit­twun­den an den Füßen zuge­zo­gen haben. Das Urteil soll
am 13. Sep­tem­ber gesprochen werden.

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Autofahrer von maskierten Rechtsextremisten überfallen


In Rathenow wur­den in der Nacht zum 23.08.2004 vier Linke von
ver­mummten Neon­azis über­fall­en, ein Opfer wurde schw­er verletzt.

Für Flo­ri­an E. war es der zweite Über­fall in diesem Jahr. Der
18-Jährige, der sich offen gegen Recht­sex­trem­is­mus engagiert, war
schon im März in Göt­tlin bei Rathenow in einen Hin­ter­halt ger­at­en. Ein
Mob betrunk­en­er Recht­sradikaler demolierte sein Auto, an dem ein
Schaden von 2000 Euro ent­stand. In der Nacht zum 23.08.2003 fuhr er
gegen 1:15 Uhr mit drei Fre­un­den die Bam­mer Land­straße ent­lang, als
ein Auto hin­ter ihm Lichthupe gab. Sie stiegen aus, und schon stürmten
vier mit Has­s­masken ver­mummte Neon­azis auf Kom­man­do auf sie los.
Flo­ri­an und ein Fre­und wur­den mit Totschlägern geschla­gen, konnten
aber flücht­en. Nicht jedoch ein 26-jähriger Fre­und, den die Neonazis
schw­er zusam­men­schlu­gen. Er musste mit Kopf­platzwun­den ins Krankenhaus
gebracht wer­den. An Flo­ri­ans Auto wur­den alle Scheiben eingeschlagen,
der Innen­raum war voller Blut. 

Hin­ter­grund des Über­falls war offen­bar, dass die Rechtsextremisten
ger­ade eine Het­z­jagd auf Per­so­n­en ver­anstal­teten, die angeblich
Wahlplakate der DVU beschädigt haben sollen. Dabei erkan­nten die
Neon­azis Flo­ri­an, der mit seinem Auto zufäl­lig vor­bei kam. Bei den
Tätern soll es sich um das Umfeld der neon­azis­tis­chen Kameradschaft
“Hauptvolk” aus Rathenow handeln. 

Kay Wen­del vom Vere­in Opfer­per­spek­tive merkt dazu an: “Die
Gefährlichkeit der recht­en Szene in Rathenow scheint unge­brochen. Im
Umfeld der Kam­er­ad­schaft Hauptvolk wer­den immer wieder äußerst
bru­tale Gewalt­tat­en verübt, allein zwölf im let­zten Jahr. Wie sich
hier Neon­azis als Wahlkampfhelfer der DVU betäti­gen, das allerdings
wirft ein Licht auf die Ver­wandtschafts­beziehun­gen im braunen Sumpf
Bran­den­burgs. Per­sön­lich ver­ant­wortlich sind die Täter, die
hof­fentlich bald zur Rechen­schaft gezo­gen wer­den, moralisch
ver­ant­wortlich sind aber auch die recht­en Phrasendrescher
von der DVU.”

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Neonazis im Wahlkampf

Nach dem sich von den recht­sex­tremen Parteien im West­havel­land zunächst die
DVU durch mas­sive Plakatierun­gen anlässlich der Bran­den­burg­er Landtagswahlen
am 19.September im Raum Rathenow — Prem­nitz — Rhi­now her­vor­tat­en, rück­te die
weitaus kleinere recht­sex­treme Wäh­lerini­tia­tive “Ja zu Bran­den­burg” aus
Pritzwalk jet­zt mit eige­nen Aktio­nen nach. 

Am ver­gan­genen Sam­stag­mor­gen verteil­ten mehrere zum Teil namentlich bekannte
Neon­azis aus den west­havel­ländis­chen Kam­er­ad­schaften “Hauptvolk” und “Sturm
27″ Flug­blät­ter von “Ja zu Bran­den­burg” als Post­wurf­sendung in Rathenow und
Premnitz. 

Inhaltlich wird in dem verteil­ten Pro­pa­gan­da­ma­te­r­i­al in triv­ialer Weise mit
der Poli­tik der großen Parteien SPD, CDU und PDS abgerech­net. Das
“lebens­feindliche” und “asoziale” Sys­tem der BRD sei aber der eigentliche
Fehler. Alter­na­tiv­en dazu wer­den aber nicht ange­boten. Lediglich die
Forderung nach ein­er “Neuen Ord­nung” wird gestellt. 

Eine “Bewe­gung Neue Ord­nung” wurde bere­its am 1.Februar 2004 unter Führung
des ehe­ma­li­gen NPD — Lan­desvor­sitzen­den Mario Schulz in Vetschau gegründet.
Zufäl­lig zeich­net sich Schulz auch für die Flug­blät­ter von “Ja zu
Bran­den­burg” ver­ant­wortlich und kan­di­diert auch für die Wäh­lerini­tia­tive im
Wahlkreis I (Prig­nitz). Ein weit­er­er nicht unbekan­nter Kan­di­dat für “Ja zu
Bran­den­burg” ist Mar­tin Win­ter­lich aus Zer­nitz — Lohm. Win­ter­lich, der für
den Wahlkreis 4 (Havel­land III — Neustadt/Dosse, Rhi­now, Rathenow,
Premnitz)als Direk­tkan­di­dat antritt, zeich­nete sich unlängst für Flugblätter
ver­ant­wortlich, die ein “Bund Nationaler Sozial­is­ten” aus Pritzwalk
anlässlich des Todestages des NS — Kriegsver­brech­ers Rudolf Heß u.a. in
Rathenow und Neu­rup­pin verteilte. 

Antifaschis­tis­che Grup­pen im Westhavelland

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Welcher Ton schwingt über dem märkischen Sand?

Bran­den­burg vor der Wahl — Das schwierige Deuten von Stimmungen

(Fre­itag, 20.8., Mari­na Achen­bach) Alle Tis­che ein­schließlich des Küchen­tischs sind mit neuesten Artikeln über Bran­den­burg bedeckt. Die demoskopis­che Befra­gung, die so viele Kom­mentare, auch Gehäs­sigkeit­en aus­löste, ist erst fünf Tage alt: sie ergab, dass die Bran­den­burg­er die PDS zur stärk­sten Partei machen wür­den, wenn an diesem August-Son­ntag Wahlen wären. Sie wer­den in gut vier Wochen, am 19. Sep­tem­ber, stat­tfind­en. 29 Prozent für die PDS, 28 für die SPD und 26 für die CDU, sagt die Umfrage. Diese drei Parteien eröff­nen ger­ade jew­eils ihren Wahlkampf. Mitte der neun­ziger Jahre begann im Land ein ökonomis­ch­er Abstieg. Die Zuwach­srat­en sind inzwis­chen die kle­in­sten im Osten. Dabei gehörten die Bran­den­burg­er 1991 noch zu den im Durch­schnitt wohlhabend­sten Ost­bürg­ern. Haben sie nicht nach dem Lan­des­vater Stolpe den jun­gen, beweglichen Min­is­ter­präsi­den­ten Matthias Platzeck bekom­men? Dazu den Gen­er­al a.D. Jörg Schön­bohm von der CDU, den selb­st­be­wussten Law-and-Order-Mann, bei­de seit 1999 in ein­er Koalition? 

Der S‑Bahnzug Rich­tung Pots­dam, vor­bei am Wannsee, ist am Sam­stag voller Aus­flü­gler. Sie ste­hen gedrängt, fast ist es wie in einem alten real­is­tis­chen Berlin-Film: die Leute erhitzt, Kinder rutschen müde von den Schößen ihrer Müt­ter, Jack­en wer­den aus­ge­zo­gen, Män­ner in Unter­hem­den, die Fen­ster fan­gen an zu beschla­gen. Plöt­zlich die Ansage, der Zug müsse auf ein­er Zwis­chen­sta­tion gewech­selt wer­den. Aus den Wag­gons wälzt sich eine Menschenlawine. 

In Pots­dam zieht sich inner­halb von Minuten der Him­mel zu und ein Wolken­bruch rauscht nieder. Ich erre­iche die Schirme eines Edel­restau­rants. Das Wass­er spritzt in dün­nen Fontä­nen vom Pflaster hoch, die Gäste wer­den nach innen evakuiert. Ein Kell­ner mit Zopf, der kaum Deutsch spricht, bringt einen Espres­so und ste­ht still da, als genieße er die unver­hoffte Ruhe. Auf ein­mal wirkt alles ein­sam wie auf ein­er Insel, wie in einem Nie­mand­s­land, und wenn das geschieht, weiß man, dass man auf ein­er Reise ist, selb­st wenn sie nicht weit weg führt. Und man ist bere­it, alles zu reg­istri­eren, was um einen geschieht, ohne Vor­wis­sen und Erwartung. 

In der Stadt Bran­den­burg an der Hav­el startete die SPD mit einem Wahlparteitag. Protestierende sam­meln sich vor dem Gebäude. Das hät­ten die Ver­sam­melten gern ver­mieden. Es irri­tiert sie auch Schröders Schärfe. Er nimmt sich PDS und CDU als “abar­tiges Bünd­nis” gle­ichzeit­ig vor und steigert sich bis zu dem Satz: “Wenn man diese neue Volks­front und ihren gnaden­losen Pop­ulis­mus sieht, dann kann einem wirk­lich übel wer­den.” Platzeck hinge­gen schlägt einen mit­füh­len­den Ton an. Er wirbt um Ver­ständ­nis für die Hin­ter­gründe der Massen­proteste: “Da bricht sich ein Gefühl der Zweitk­las­sigkeit Bahn. Das ist der Frust von 14 Jahren!” Von der S‑Bahn aus, die nach Pots­dam fährt, sah man schon die ersten Wahlplakate mit dem Platzeck-Porträt: “Ein­er von uns. Für Sie. Für uns. Für Brandenburg.” 

“Ein­er von uns” — das nimmt die CDU als Fehde­hand­schuh auf und unter­stellt der SPD, sie schüre ins­ge­heim Ani­mositäten gegen ihren Spitzenkan­di­dat­en Schön­bohm als Wes­si. Der hat sich vor einem hal­ben Jahr selb­st schon lau­thals als kom­menden Min­is­ter­präsi­den­ten angekündigt. Da sahen die Umfrage-Ergeb­nisse für ihn gün­stiger aus. Die CDU präsen­tiert sich auf Plakat­großflächen mit niedlichen Babys: “Made in Bran­den­burg”. Schön­bohm poltert: Wir kämpfen für Bran­den­burg, die SPD aber nur um den Machter­halt für Platzeck. Schon sinkt ten­den­ziell das Niveau. 

Beim Volks­fest, mit dem die PDS ihren Wahlkampf eröffnet, haben sich die Besuch­er nach dem Wolken­bruch zurück auf den nun nassen Rasen begeben, der Him­mel ist schon wieder blau, ger­ade wird das Haupt­wahlplakat in Groß­for­mat enthüllt. Die Spitzenkan­di­datin Dag­mar Enkel­mann lacht darauf, sie zeigt ihre weißen Zähne und ihr rosa Zah­n­fleisch. Das Mot­to: “Als Mut­ter von drei Kindern weiß ich, worauf es ankommt: gerecht muss es zuge­hen im Leben.” Sie ist 47, pro­movierte His­torik­erin, sie ste­ht im rot-schwarzen Kleid auch selb­st vor der Plakat­wand, blond, schlank, einst, als es im Bun­destag noch eine PDS-Frak­tion gab, pein­lich­er Weise, wie sie fand, zur Miss Bun­destag auserko­ren. Der Mod­er­a­tor sagt: Wir hof­fen auf ihre Tatkraft, Intel­li­genz — und mit ver­legen­em Lachen: auch auf ihre Attrak­tiv­ität. Neben ihr Lothar Bisky, dem ihre Unbe­fan­gen­heit und gute Laune offen­bar wohltun und es ihm leicht machen, mit ihr im Wech­sel die poli­tis­chen State­ments abzugeben. Bisky zeigt sich erle­ichtert darüber, dass die PDS ihren Abstieg gestoppt habe. Mehr sei es noch nicht, aber immer­hin. Bei­de ver­wahren sich in ein­er Art Über­druss gegen den Pop­ulis­mus-Vor­wurf, der plöt­zlich unisono von über­all tönt. Sie waren nun mal von Anfang an gegen Hartz IV. Andere, die darüber mit abges­timmt hät­ten, wür­den sich jet­zt plöt­zlich in ihrer Kri­tik gegen­seit­ig übertr­e­f­fen. Eine sehr unan­genehme Vorstel­lung sei es, auf ein­er Demo plöt­zlich auf Schön­bohm zu tre­f­fen. Immer wieder beto­nen bei­de: Die PDS habe präzise Vorschläge für Bran­den­burg vorgelegt, und sie bit­ten die Medi­en und Parteien fast darum, sich mit diesen Konzepten auseinan­der­set­zen. “Wir haben einen anderen Poli­tik-Stil”, sagt Bisky, “wir reden über Inhalte.” 

Und dann erzählt er nach Auf­forderung noch eine frische Anek­dote: Von Jörg Schön­bohm in Gestalt des CDU-Vor­sitzen­den Bran­den­burgs bekam er einen Brief: die SED habe doch Mil­liar­den ver­steckt, die möge er jet­zt den Men­schen in der Not zur Ver­fü­gung stellen. Dieses Schreiben hat er dem Innen­min­is­ter des Lan­des, Jörg Schön­bohm, weit­erg­ere­icht, mit dem Hin­weis, da wisse vielle­icht ein­er etwas über die seit 15 Jahren beschwore­nen und gesucht­en Gelder. 

Es hat gute Gründe, dass Platzeck den Wahlkampf vor­sichtig ange­ht, denn — wie alle, die jet­zt über Bran­den­burg, über den Osten ins­ge­samt, reden — weiß er: irgen­det­was hat sich verän­dert, die Lage ist unberechen­bar. “Hier in Ost-Deutsch­land dro­ht etwas ins Rutschen zu ger­at­en”, so sagt er es. Das Volk jet­zt nicht reizen! Aber zur PDS fällt ihm nur ein: Falls sie eine Mehrheit bekomme, ste­he er als Min­is­ter­präsi­dent nicht zur Ver­fü­gung. Wieder dieser öde Reflex, diese ererbte und immer weit­er gere­ichte poli­tis­che Angsthal­tung in Deutsch­land, die vor allem die SPD ver­leit­et, sich von Link­eren als sie selb­st schon weit im Vor­feld zu dis­tanzieren. Diese ewige Selb­stschwächung und Äch­tung ander­er Auf­fas­sun­gen, als gäbe es dafür irgend­woher ein Lob. Und so ban­gen manche PDS-Anhänger schon: Wir dür­fen keine Mehrheit wer­den, son­dern müssen unter­halb der SPD liegen, son­st geht sie wieder eine Koali­tion mit der ungeliebten CDU ein. 

In der schon schräg ste­hen­den Sonne macht auf dem Fest der PDS die Gruppe Appa­ratschik ihren Sound­check. Sie treten einzeln ans Mikro, sin­gen eines der rus­sis­chen Lieder ihres Pro­gramms a capel­la, bis der Laut­sprech­er stimmt, dann brechen sie ab, und eine näch­ste Stimme oder die Bal­ala­j­ka, das Akko­rdeon, die Geige, die E‑Gitarre, das Schlagzeug lassen sich hören, nicht halb­herzig, son­dern mit ganzem Ein­satz, eine wun­der­bare Parade der Instru­mente und Stim­men, bis ihr gemein­samer Auftritt begin­nt mit dem vollen Ton und den Rhyth­men, mit denen sie diese tolle Folk­lore verwandeln. 

Ob sich wohl irgend­wo etwas über die Stim­mung in Bran­den­burg mit­teilt oder ver­rät? Wo kön­nte ich sie wahrnehmen? In Sen­ften­berg, wo die Braunkohle-Kumpel ohne Arbeit geblieben sind, weil in der Gegend die K
ohle ganz abge­baut und keine andere Arbeit in Aus­sicht ist? Infrage kämen die Indus­tri­e­s­tandorte, die großen DDR-Pro­jek­te wie Eisen­hüt­ten­stadt und Schwedt, die noch pro­duk­tiv sind. Wären die Ein­drücke authen­tis­ch­er in den Orten ent­lang der Oder, der lan­gen Gren­ze zu Polen? Bran­den­burg ist Gren­z­land zwis­chen Berlin und Polen, und bei­de Rich­tun­gen spie­len eine Rolle im Selbstbild. 

Ein­fach eine Rich­tung wählen. Und keinen Moment vergessen, dass die Ein­drücke vom Tag, von den Kon­stel­la­tio­nen des Augen­blicks, vom eige­nen Vor­wis­sen abhän­gen wer­den. Von Berlin aus stracks nach Osten, durch den grü­nen Spree­wald nach Cot­tbus. Selt­sam, hier gibt nichts irgen­deine poli­tis­che Stim­mung preis. Touris­ten lassen sich in Käh­nen durch die flachen Seit­e­n­arme der Spree stak­sen. Sind genug Gäste da? Andrang herrscht nicht. Auch keine Euphorie, eher eine ver­hal­tene Stim­mung. Nichts summt, nur die Grillen in der Sonne auf den Feldern und Büschen, darüber ein Him­mel mit plas­tis­chen weißen Wolken. Zweis­prachige Orts- und Straßen­schilder tauchen auf, deutsch und sor­bisch, manch­mal auf schmalen Straßen zu schnelle, gereizte Aut­o­fahrer. Wahlplakate der DVU: Deutsches Geld für deutsche Auf­gaben. Oder: Krim­inelle Aus­län­der raus. Oder: Schnau­ze voll. Warum nicht mal was anderes? Dazu ein lächel­ndes Frauengesicht. 

Cot­tbus bietet sich ohne Men­schen dar. Fast ist es unheim­lich. Wo sind sie? Liegt es am Son­ntag? Die Cafés und Lokale sind zwar offen, aber leer. Bei einem großen Ital­iener bleibe ich der einzige Gast. Die zier­liche Kell­ner­in kommt aus Bul­gar­ien, sie studiert in Cot­tbus Ökonomie und Infor­matik in einem kom­plett englis­chen Stu­dien­zweig, erzählt sie. Wo die Leute sind? Sie über­legt. Cot­tbus sei immer so leer im Som­mer, entschuldigt sie sich für die Stadt, sich­er fahren alle weg in den Ferien. Von der Wahlkundge­bung der CDU am Vortag mit Merkel und Schön­bohm, zu der sich 200 Anhänger sam­melten, hat sie nichts mitbekommen. 

So ziehe ich denn eine Tele­fon­num­mer her­vor, die mir vor dem Auf­bruch jemand durchgegeben hat: die eines jun­gen Malers aus Lako­ma, aus einem der Orte, die sich seit langem wehren, der Braunkohle geopfert und abge­bag­gert zu wer­den. Dahin wollte ich schließlich schon länger, seit ich in dem nicht weit ent­fer­nt liegen­den Dorf Hornow war, das ein ähn­lich­es Schick­sal hat. Auch wenn diese Abwehrkämpfe am Ende oft verge­blich sind und diese Verge­blichkeit manche Beobachter schreckt, scheinen die Beteiligten doch zu gewin­nen. Vielle­icht, weil sie anders über Werte nach­denken müssen und über die Bedeu­tung eines gewach­se­nen Ortes. Sie wer­den zu Erhal­tern und Bewahrern, zugle­ich aber entwer­fen sie ständig Konzepte, wie sie ein sin­nvolles, kreatives Leben im Dorf ein­richt­en kön­nten. Sie ler­nen neue Men­schen ken­nen, die sie unter­stützen, aber erfahren auch die Brachial­ge­walt der Indus­trie und den Wankel­mut von Poli­tik­ern. Auf ein­er Seite des Lako­ma-Gebi­ets sind schon die Pump­sta­tio­nen und Riesen­rohre zur 70 Meter tief reichen­den Entwässerung der Gegend instal­liert. Diese Leute erleben Ent­täuschun­gen, ver­lieren Illu­sio­nen, aber sind doch gestärkt. Schw­er abzuschätzen. 

Und da ist sie plöt­zlich, die andere Welt, die oft nur einen Schritt weit ent­fer­nt liegt. Drei Störche im Nest zeigen ihren Beginn an. Die Straße wird zur hol­pri­gen Sand­piste. Fun­da­mente abgeris­sener Häuser am Rand. Lako­ma ist ein ide­ales Naher­hol­ungs­ge­bi­et für Cot­tbus. Einige Leute kom­men mit Fahrrädern vor­bei. Andreas Wal­ter hat sich mit 18 hier her begeben, vor zwölf Jahren, es war das große Erleb­nis von Frei­heit, sagt er. Es lebten noch mehr Men­schen hier, dann wurde es stiller, ich nehme an, oft war es sehr ein­sam. Er wurde Maler, war Stadtze­ich­n­er von Cot­tbus. Die Leute dort in der Stadt, sagt er, hät­ten Lako­ma längst abgeschrieben. Für ein Leben mit anderen Pri­or­itäten wür­den sich nur wenige interessieren. 

1991 kam noch ein­mal die Hoff­nung auf, die Gegend um Lako­ma trotz der Braunkohle, die darunter liegt, zu erhal­ten, und zwar aus Grün­den des Naturschutzes. An den 24 Teichen haben sich in dieser intak­ten Land­schaft mit ihren klein­räu­mi­gen Struk­turen so viele Tiere und Pflanzen, die auf der “roten Liste” der bedro­ht­en Arten ste­hen, wie nir­gends son­st erhal­ten. René Schus­ter kommt dazu, Sorbe, der Naturschutz und Zoolo­gie studiert hat, Vor­sitzen­der des Vere­ins Lako­ma. Wenn die bei­den sprechen, kann es keinen Zweifel mehr geben, dass sie alle guten Gründe für den Erhalt des Ortes und sein­er Teiche auf ihrer Seite haben. Der Verzicht auf dieses Quan­tum Braunkohle würde nicht die Stromver­sorgung der Gegend gefährden. Noch dazu wird hier sowieso nach weni­gen Metern Schluss mit der Förderung sein. Die Stadt Cot­tbus begin­nt. Es geht hier inzwis­chen um etwas Irra­tionales: um Pres­tige, um das Sich-Durchsetzen. 

Erfahrun­gen wie in Lako­ma gab es seit Jahrzehn­ten an zahlre­ichen Orten in der Bun­desre­pub­lik. Seit 1990 gehören sie vielfach zu den Ost-Biogra­phien, sie sind ein Bestandteil der Stim­mungsän­derung, die reg­istri­ert wird. Eigentlich gehört es zu den scheußlichen Lehren der ver­gan­genen 15 Jahre, dass Massen­stim­mungen gren­zen­los manip­ulier­bar sind. Sollte jet­zt eine Gren­ze erre­icht sein? Oder ist es nur das Angst­bild der einen und das Wun­schdenken der anderen? Vielle­icht richtet sich im Moment die Befind­lichkeit Mil­lio­nen Einzel­ner — wie Eisen­späne unter dem Mag­net­stab — zu ein­er poli­tis­chen Hal­tung aus? So dass sie zählt, bei Wahlen und auch schon vorher, ähn­lich wie die kleine Münze der vie­len Men­schen, die ja in der Summe offen­bar reicht, den Staat zu sanieren, denn son­st würde er wohl nicht so danach greifen.

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Ein Tor für die rechte Szene

Rechte marschieren durchs Bran­den­burg­er Tor — zum zweit­en Mal seit
Kriegsende über­haupt. Nur die Polizei war über­raschen­der­weise überrascht.
Antifa-Ini­tia­tive kri­tisiert Ord­nung­shüter. CDU will Ver­samm­lungsrecht verschärfen

Der erste Mai kommt jedes Jahr — inklu­sive “rev­o­lu­tionär­er Demo” und
Krawallen. Auf bei­des ist die Berlin­er Polizei stets vor­bere­it­et: auf Demo
und Krawalle. Daher wer­den Demon­stran­ten auch nach Auflö­sung der Demo weiter
beobachtet. Am anderen Ende des poli­tis­chen Spek­trums ist die Polizei
weniger weit­sichtig. Zwar war sie auf eine angemeldete Kundge­bung der
recht­en Szene am Mittwochabend vor­bere­it­et, auf die sich anschließende
Pro­voka­tion jedoch nicht: Die Neon­azis marschierten mit Fah­nen und
Trans­par­enten durch das Bran­den­burg­er Tor. 

Ursprünglich hat­ten etwa 70 Neon­azis vor der britis­chen Botschaft nahe Unter
den Lin­den demon­stri­ert. Sie forderten die Veröf­fentlichung der Akten über
den Hitler-Stel­lvertreter Rudolf Heß. Diese Ver­anstal­tung war angemeldet und
genehmigt worden. 

Hin­ter­grund: Heß war 1941 nach Schot­t­land geflo­gen, um mit den Briten zu
ver­han­deln. Er wurde gefan­gen genom­men und nach dem Krieg zu lebenslanger
Haft verurteilt. 1987 erhängte er sich in sein­er Zelle in Span­dau. Rechte
Ver­schwörungs­the­o­retik­er meinen, Heß sei vom britis­chen Geheimdienst
umge­bracht wor­den. Das durften die Demon­stran­ten nicht öffentlich behaupten.
Den­noch gab es auf der angemelde­ten Kundge­bung Trans­par­ente mit der
Auf­schrift: “Mord ver­jährt nie”. 

Gegen 21 Uhr been­de­ten die Neon­azis ihre Ver­anstal­tung. Viele macht­en sich
jedoch nicht auf den Heimweg. In ein­er offen­bar verabre­de­ten Aktion
ver­sam­melten sich rund 60 vor dem Bran­den­burg­er Tor und marschierten
hin­durch. Die Polizei musste von Pas­san­ten informiert wer­den und kam zu
spät, um den Durch­marsch noch zu ver­hin­dern. Die Recht­en flüchteten dann in
den Tier­garten. Die Polizei leit­ete Strafver­fahren wegen des Ver­stoßes gegen
das Ver­samm­lungs­ge­setz ein. Konkrete Hin­weise auf Täter gebe es aber noch
nicht. 

Kri­tik am Vorge­hen der Polizei kommt unter anderem vom Antifaschistischen
Pressearchiv. “Nor­maler­weise bleibt die Polizei an den Teil­nehmern von Demos
dran”, heißt es dort. Wirk­lich über­rascht habe die Polizei nicht sein
kön­nen, schließlich gebe es jedes Jahr Ver­anstal­tun­gen der recht­en Szene zum
Todestag des Hitler-Stellvertreters. 

Die rechte Szene feiert sich unter­dessen selb­st: In Inter­net­foren und auf
Web­sites find­en sich Fotos und Jubel über die Aktion. Erst ein­mal war es
ihnen zuvor gelun­gen, durch das Tor zu ziehen — am 29. Jan­u­ar 2000.

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Imbiss-Täter gefasst

In der Zeit vom 22. bis 24. August wur­den in Wriezen, Neuhard­en­berg und
Letschin in fünf Fällen Sachbeschädi­gun­gen an Dön­er- oder Asia-Imbissständen
fest­gestellt. Zunächst unbekan­nte Täter zer­störten durch Ein­wer­fen oder
Ein­treten Türen und Glass­cheiben. Die Schä­den belaufen sich auf über 9.000
Euro. In einem weit­eren Fall wurde ein Wahlplakat mit verfassungswidrigen
Sym­bol­en beschmiert. In der Nacht zum Fre­itag kon­nte die Polizei drei Männer
im Alter von 18 bis 19 Jahren festnehmen.

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Gastwirt beschimpft und beleidigt

Am Don­ner­stag gegen 22.00 Uhr wurde in Witt­stock, Kirch­gasse, der Gastwirt
eines ital­ienis­chen Restau­rants während sein­er Arbeit­en vor der Gaststätte
durch zwei junge Män­ner mit Aus­drück­en und frem­den­feindlichen Worten
beschimpft. Die jugendlichen Täter benutzten Worte wie “Raus aus
Deutsch­land” und so weit­er. Als sich der Wirt selb­st­ständig in das
Restau­rant zurück­zog, ent­fer­n­ten sich die Jugendlichen in unbekannte
Rich­tung. Ein­geleit­ete Fah­n­dungs­maß­nah­men ver­liefen ergeb­nis­los. Durch die
Krim­i­nalpolizei wer­den Ermit­tlun­gen zum Ver­dacht der Volksverhetzung
geführt. 

Die bei­den Tatverdächti­gen wur­den wie fol­gt beschreiben: 

— männliche Jugendliche im Alter zwis­chen 16 und 18 Jahren 

— zir­ka 165 cm bis 175 cm groß 

Der vor­rangig agierende Täter war mit ein­er blauen Jeans und ein­er dunklen
Jacke bek­lei­det. Die zweite Per­son trug eine helle Hose und einen dunklen
Pullover. 

Die Polizei bitte um Mith­il­fe! Wer kann Hin­weise geben, die mit der Tat in
Zusam­men­hang ste­hen? Wer hat Beobach­tun­gen gemacht, die zur Aufk­lärung der
Tat führen? Wer ken­nt die beschriebe­nen Per­so­n­en oder kann sie näher
beschreiben? Hin­weise nimmt die Witt­stock­er Krim­i­nalpolizei, unter der
Rufnum­mer (03394) 42 30 oder jede andere Polizei­di­en­st­stelle entgegen.

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Gegen rechte Gewalt

(PNN, Mar­i­on Har­tig) Innen­stadt — Mit Sprechchören und Musik demon­stri­erten gestern mehr als 200 Jugendliche aus Pots­dam und Umge­bung gegen rechte Gewalt. Ver­anstal­ter des bis in die Guten­bergstraße hinein friedlichen Auf­marsches durch die City war die AK Antifa Pots­dam, die mit antifaschis­tis­chen Grup­pen aus Berlin und Bran­den­burg und dem Links­bünd­nis Pots­dam kooperierte, wie Andreas Müller und Sabine Klein von der AK Antifa Pots­dam am Rande der von der Polizei geführten Ver­anstal­tung erklärten. 

Mit dem Mot­to „We are not alone“, wir sind nicht alleine, wolle die AK Jugendliche motivieren, etwas gegen die zunehmende rechte Gewalt zu unternehmen. Es gehe darum, dass sich die Jugendlichen gegen rechte Grup­pierun­gen ver­bün­de­ten und sich bewusst wer­den, dass sie faschis­tis­ch­er Gewalt nicht hil­f­los aus­geliefert seien, weil antifaschis­tis­che Ver­bände und Opfer­ver­bände sie unterstützen. 

Sie hät­ten mit mehr Teil­nehmern gerech­net, erk­lärten Klein und Müller. Dass Punks und schwarz gek­lei­dete Linke das Bild des Auf­marsches bes­timmten, habe sich­er abschreck­ende Wirkung auf „Nor­ma­los“ gehabt, dabei ver­suche die AK all­ge­mein gegen Rechts zu mobil­isieren. Die Demon­stra­tion sei haupt­säch­lich antifaschis­tisch und wende sich nicht gegen Deutsch­land und den Kap­i­tal­is­mus, wie es in einem Demo-Aufruf auf der Web­seite des AK heißt. Es gehe vielmehr darum, die Öffentlichkeit wachzurüt­teln. Die Demon­stra­tion sei die erste der Pots­damer AK, die Gruppe habe sich erst vor einem halbem Jahr gegrün­det. Bish­er beste­he sie aus zehn Jugendlichen zwis­chen 16 und 20 Jahren. 

„Man kann das nur unter­stützen, das Jugendliche gegen rechte Gewalt auf die Straße gehen, ganz gle­ich, ob sie rote Haare haben, ob sie Punks sind oder Linke“, meinte eine Mut­ter, die mit ein­er Eiswaf­fel in der Hand mit spazierte. „Man muss was dage­gen tun, dass immer öfter aus faschis­tis­chen Grün­den geschla­gen und diskri­m­iniert wird“, erk­lärte ein Paar. Viele der Jugendlichen „möcht­en sich nicht äußern“, warum sie hier dabei sind. Auch der Junge mit dem Schild „Wees och nicht“ kom­men­tiert seinen Schriftzug nicht. Nur woher sie kom­men ver­rat­en sie, aus Berlin, Krem­nitz und Rathenow. 

(Infori­ot) Auf Indy­media wird von 300 Teil­nehmerIn­nen gesprochen. Die hier zu sehen­den Bilder stam­men nicht aus der PNN son­dern eben­falls von Indymedia.

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Ick habe ooch ringetreten!“

Der Haupt­täter Mar­cel B. (24) hat seine einein­hal­b­jährige Haft­strafe bere­its abge­sessen. Zwei weit­ere Akteure des bru­tal­en Über­falls wur­den zu Bewährungsstrafen verurteilt. Mar­co K. tauchte unter, wurde per Haft­be­fehl gesucht und endlich auch gefun­den. Über dreiein­halb Jahre, nach­dem der damals 16-jährige Ben­jamin G. am 15. Jan­u­ar 2001 von Rechts­gerichteten auf einem Hin­ter­hof der Friedrich-Engels-Straße zusam­mengeschla­gen und ‑getreten wurde, ste­ht nun auch Mar­co K. (24) wegen gemein­schaftlich­er gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung vor dem Richter. 

Der Kurzhaarige weiß nicht mehr viel von den Vor­fällen jenes Win­ter­vor­mit­tages. Das mag der inzwis­chen ins Land gegan­genen Zeit geschuldet sein, aber auch dem Alko­hol. Man habe sich schon in aller Frühe am Haupt­bahn­hof „getrof­fen und gesof­fen“, berichtet der Arbeit­slose. Dann sei man zu einem Kumpel gegan­gen. Dort habe es massen­haft San­gria und Bier gegeben. Ob die Vor­räte zur Neige gegan­gen waren, als sich die Truppe gegen 11.40 Uhr zum Auf­bruch entschloss, ver­mag Mar­co K. – er grün­dete inzwis­chen eine Fam­i­lie – nicht mehr zu sagen. Seine Erin­nerung set­ze erst wieder ein, als er die Polizei­wache ver­lassen durfte. Später habe ihm ein Kumpel erzählt, was dem alter­na­tiv­en Jugendlichen wider­fahren sei. 

„Wir waren mit einem Lehrer unter­wegs. Der wollte in der Friedrich-Engels-Straße 1 etwas abgeben“, meint Ben­jamin G. (inzwis­chen 19), der im Prozess als Neben­kläger auftritt. Während sie im Hof warteten, sei aus ein­er gegenüber­liegen­den Tür ein Trupp junger, offen­sichtlich alko­holisiert­er, Män­ner getreten. Ein­er habe ihn gefragt, ob er sich nicht die Haare schnei­den lassen wolle. „Ich ent­geg­nete, nur die Seit­en, und meinte damit einen Iroke­sen­schnitt.“ Daraufhin seien ihm von eben dieser Per­son mehrere Faustschlag ver­set­zt wor­den, so dass er zu Boden ging. Min­destens zwei weit­ere Rechte hät­ten mit Turn­schuhen, dessen Abdrücke er noch zwei Wochen danach im Gesicht hat­te, und Springer­stiefeln auf ihn einge­treten. „Ich schrie um Hil­fe, aber ein­er sagte nur, Halts Maul, alte Zecke“, erin­nert sich Ben­jamin G. Als Mitschüler den Lehrer informierten und die Polizei zu Hil­fe riefen, seien die Angreifer ver­schwun­den. Ob der Angeklagte dabei waren, kann das Opfer nicht mit Sicher­heit sagen. „Ich war damit beschäftigt, meinen Kopf zu schützen.“ 

„Wir haben ihn auf dem Hin­ter­hof zusam­men­gelegt“, erk­lärt René K. (26) läs­sig. Nach sein­er Ein­schätzung habe die Proze­dur vier bis fünf Minuten gedauert. „Dann hörten wir auf, weil Hil­fe geholt wurde.“ Volk­er Wieder­s­berg, Rechts­bei­s­tand des Opfers, fragt: „Son­st hät­ten Sie weit­er gemacht?“ Die lakonis­che Antwort des Zeu­gen: „Weeß ick nich.“ 

„Eigentlich haben alle getreten, die auf dem Hof waren“, räumt der dama­lige Anführer Mar­cel B. (24) ein. „Ick habe ooch ringe­treten.“ Ob der Angeklagte dabei war, weiß er nicht mit Sicher­heit. „Ick gloobe, zu 70 Prozent nich.“ 

Um Mar­co K. zu verurteilen, hät­ten die Zeu­gen zweifels­frei bekun­den müssen, er sei vor Ort gewe­sen und habe kräftig mit­gemis­cht, betont Amt­srichter Fran­cois Eckardt. Dies sei jedoch nicht der Fall gewe­sen. Daher müsse er freige­sprochen werden.

Inforiot