(NDR) Finsterwalde: Bundeskanzler Schröder ist erneut mit einem Ei beworfen worden. Der Zwischenfall in der brandenburgischen Stadt ereignete sich, als Schröder ein Volksfest eröffnete. Das Ei verfehlte jedoch sein Ziel. Bei dem Täter dürfte es sich um einen Gegner der Arbeitsmarkt-Reform Hartz IV handeln. Zuvor war bereits eine SPD-Wahlveranstaltung im brandenburgischen Senftenberg von Reformgegnern massiv gestört worden. Auch gegen Ministerpräsident Platzeck wurden Eier geschleudert. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hat vor einer Zunahme gewalttätiger Übergriffe in Zusammenhang mit Hartz IV gewarnt. Sozial- und Arbeitsämter klagten schon seit längerem über zunehmend agressives Verhalten Betroffener, sagte der stellvertretende BDK-Vorsitzende Bernsee.
Monat: August 2004
Am Vormittag des 13. August 2004 begleitete Joseph R., ein 45-jährige Asylbewerber aus Afghanistan, seinen Sohn zum Potsdamer Arbeitsamt im Horstweg. Auf der Rückfahrt nach Teltow kam es zwischen seinem 16-jährigen Sohn
und zwei Fahrkartenkontrolleuren zu einem Streit. Ein junger Mann mischte sich auf aggressive Weise ein und stieß den Vater zu Boden, der sich verletzte und heftig an der Nase zu bluten begann. Sein Sohn griff ein, es kam
zu einer Rangelei, bei der auch die Kontrolleure den Sohn schlugen. Beide, Vater und Sohn, rannten aus der Straßenbahn, verfolgt von dem jungen Mann.
Am Abend desselben Tages verstand der Vater die Welt nicht mehr. Als er kurz nach 20 Uhr vom Joggen in seine Wohnung in Teltow zurückkam, war die Tür aufgebrochen. Polizeibeamte führten eine Hausdurchsuchung durch. Einen Hausdurchsuchungs-Beschluss habe er, so Joseph R., nie zu sehen bekommen. Auf die Frage nach dem Grund hätten die Beamten gesagt: “Die Kripo darf das.” Dann wurde er auf die Polizeiwache Potsdam Mitte gebracht. Auch dort keine Erklärung, stattdessen habe er sich bis auf Unterhose und Unterhemd entkleiden müssen und sei anderthalb Stunden in eine Zelle gesperrt worden. Nach einer erkennungsdienstlichen Behandlung sei er um Mitternacht auf
die Straße gesetzt worden.
Joseph R. kann das Verhalten der Polizei nicht verstehen. “Die Polizei hat das nur so gemacht, weil ich Ausländer bin”, so seine Vermutung. Mittlerweile hat sein Anwalt gegen die Polizei Anzeige wegen Hausfriedensbruch und Freiheitsberaubung gestellt. Auch der Verein
Opferperspektive erhob eine Dienstaufsichtsbeschwerde.
Kay Wendel vom Verein Opferperspektive merkt dazu an: “Sollte sich der Verdacht erhärten, dann wäre Herr R. wie ein rechtloses Objekt polizeiliche Willkür behandelt worden. Und das, obwohl er es war, der von einem
Schläger angegriffen und verletzt wurde. Wir fordern eine umfassende und unvoreingenommene Aufklärung des ungeheuerlichen Geschehens.”
Potsdam, 26.8. — In Brandenburger Gefängnissen hat es mehrfach Übergriffe von
Justizbeamten gegeben, denen erst jetzt nachgegangen wird. Das
Justizministerium bestätigte am Mittwoch, dass derzeit 23
staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen Bedienstete von
Justizvollzugsanstalten wegen Körperverletzung im Amt oder unterlassener
Hilfeleistung laufen. Zum Teil handelt es sich dabei um ältere Fälle, die im
Rahmen einer bis 1994 zurückgehenden Überprüfung bekannt geworden sind und
jetzt neu aufgerollt werden. Insgesamt waren rund 200 frühere Strafanzeigen
von Gefangenen gegen Wärter erneut untersucht worden.
PDS-Justizsprecher Stefan Sarrach erklärte nach dem Eingeständnis des
Ministeriums, das von “Einzelfällen” spricht: “Es ist ein Skandal, wenn
Bedienstete Gewalt eskalieren lassen und die Gefängnisleitung das deckelt.”
Nun sei offenkundig, dass Justizministerin Barbara Richstein (CDU) früheren
Hinweisen auf Missstände und Übergriffe nicht nachgegangen sei.
Die Überprüfung hatte Richstein veranlasst, nachdem die
Justizvollzugsanstalt Brandenburg an der Havel im Mai bundesweit als
“Folter-Knast” in die Schlagzeilen geriet. Tatsächlich hat sich in jenen
beiden Fällen, über die das RBB-Magazin “Klartext” damals berichtet hatte,
der Verdacht gegen Bedienstete zumindest teilweise erhärtet. Zwar fanden
sich keine Anhaltspunkte, dass ein “vermummtes Prügelkommando” einen
tobenden herzkranken Häftling im Januar 2004 mit Gummiknüppeln
zusammengeschlagen haben soll. Die Ermittlungen gegen drei Bedienstete
wurden eingestellt. Doch war am Tag nach dem Vorfall bei dem Häftling, der
in der Nacht vergeblich um medizinische Hilfe gebeten hatte, ein Herzinfarkt
diagnostiziert worden. Gegen den Anstaltsarzt und einen Pfleger wird
weiterhin wegen unterlassener Hilfeleistung ermittelt, “weil der Verdacht
einer zögerlichen Behandlung fortbesteht”, so Justizsprecherin Dorothee
Stacke.
Noch gravierender ist nach Tagesspiegel-Recherchen der Fall D., der
ebenfalls in der JVA Brandenburg im Frühjahr 1999 mehrfach von einem Wärter
misshandelt worden sein soll. Verletzungen sollen sogar aktenkundig sein.
Gegen den Bediensteten ermittelt die Staatsanwaltschaft, nachdem ein
früheres Verfahren eingestellt wurde.
Brauner Arzt weiß gewaschen
(MAZ, Ulrich Wangemann) Sein Name steht für die finstersten Stunden der Stadt: Hans Heinze, Leiter
der Landesanstalt Görden von 1938 bis 1945. Mindestens 1200 Kinder ließ der
Arzt während seiner Amtszeit in der Anstalt als “lebensunwert” töten.
Nun ist dem schrecklichen Arzt, den ein sowjetisches Militärtribunal nach
dem Krieg zu sieben Jahren Haft verurteilt hatte, posthum eine unerwartete
Ehre zuteil geworden: Die russischen Behörden haben ihn rehabilitiert. Wie
das Nachrichtenmagazin “Der Spiegel” in seiner Online-Ausgabe berichtet,
stellte die Moskauer Militärstaatsanwaltschaft bereits 1998 formell die Ehre
nrechte des Massenmörders wieder her.
Deutscher Forscher gab Anstoß
Was daran besonders verstört: Es geschah auf Antrag des Historiker
Klaus-Dieter Müller, damals Mitarbeiter am renommierten Dresdener
Hannah-Ahrendt-Institut für Totalitarismusforschung — im Dienste der
Wissenschaft, sagt Müller: “Der Rehabilitierungsantrag war der einzige Weg,
an Informationen zu kommen.”
Ans Licht brachte den Fall die Berliner Historikerin Annette Weinke,
Mitarbeiterin an einem Forschungsprojekt zur Geschichte Brandenburgischer
Heil- und Pflegeanstalten. “Mich hat stutzig gemacht, dass der
wissenschaftliche Zweck die Mittel offenbar heiligt”, sagte die 41-Jährige
gestern dem Stadtkurier. Es sei “lange überfällig, dass diese Praktiken
diskutiert werden.”
Anstalts-Belegschaft ist empört
Empört reagierte auch die Landesklinik: “Wir sind überrascht und bestürzt”,
sagte Verwaltungschefin Dorit Zahn. “So weit darf ein Forscher nicht gehen.”
Es sei schlimm, dass die Sache so lange geheim geblieben sei. Die Fakten
sprächen allerdings eine klare Sprache. Der Euthanasie-Arzt sei nicht nur
für die Toten verantwortlich. “Wir wissen, dass Heinze mindestens 1900
Patienten hat zwangssterilisieren lassen”, so Zahn. Die Anstalt hat sich
intensiv mit ihrer Vergangenheit auseinander gesetzt. Im Juni eröffnete eine
Dauerausstellung zu dem Kindermord hinter den Backsteinmauern.
Forscher Müller ist selbst ein wenig erschrocken, was er ins Rollen gebracht
hat. “Es tut mit Leid, wenn ich Menschen in ihrem Ehrgefühl verletzt habe”,
sagt der Historiker, der heute bei der Stiftung Sächsischer Gedenkstätten
arbeitet. “Ich hätte es vermutlich nicht getan, wenn ich geahnt hätte, dass
die Rehabilitierung durchkommt”, sagte der Historiker gestern.
Müller hat Erfahrung mit dieser besonderen Art der Recherche. Er hat
Hunderte von Rehabilitierungsanträge für andere Forscher, Privatleute und
öffentliche Institutionen gestellt. Wer beim Auswärtigen Amt eine solche
Auskunft erwirken will, wird in der Regel an den erfahrenen Forscher
verwiesen.
Im Fall Heinze habe er fest mit einer Ablehnung des
Rehabilitierungsbegehrens gerechnet — in einem solchen Fall geben die
Behörden dennoch Informationen heraus. Dass es dennoch anders gekommen sei,
bedauere er. Sarkastische Bemerkungen wie die seines Historikerkollegen Götz
Aly, nun könne man ja Straßen nach Hans Heinze benennen, empfindet Müller
als “aus der Luft gegriffen”. Das Wissen über die Verbrechen Heinzes sei
überwältigend. Auch seien allein mit der Rehabilitierungsurkunde keine
Wiedergutmachungsforderungen von Angehörigen möglich.
Ein mulmiges Gefühl hat der Streit um Heinze bei Joachim Harbrecht
hinterlassen. Der Anstaltsleiter hatte Harbrechts an Epilepsie leidende
Schwester Inge 1940 in den Gastod geschickt — sie war sechs Jahre alt. Ihr
Gehirn ließ der Doktor sezieren und schickte das Präparat zum
Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung nach Berlin. “Offenbar ist nichts
unmöglich”, sagte gestern der Rentner, der in der Nähe von Bremen wohnt.
Unlängst erst hatte er erfahren, dass das Hirnpräparat seiner Schwester 1990
in München beerdigt worden war. Gestern erst schickte Harbrecht einen Brief
nach München mit der Bitte , ihm ein Foto vom Grabstein zu schicken. “Ich
dachte, ich könnte die Akte schließen”, sagte Harbrecht. Die Vergangenheit
kommt auch nach 64 Jahren nicht zur Ruhe.
Gegen Abschiebung und Ausgrenzung.
Eisenhüttenstadt ist eine normale Stadt.
Hier im Grenzgebiet werden Menschen wegen ihrer Hautfarbe angegriffen, Flüchtlinge werden in Heimen zusammengepfercht, ihnen wird freie Bewegung versagt… Der ganz normale, alltägliche Rassismus – den man in jeder deutschen Stadt nden wird.
Eisenhüttenstadt ist keine normale Stadt! In Eisenhüttenstadt benden sich eine Außenstelle des „Bundesamts für die Anerkennung politischer Flüchtlinge“, die zentrale Erstaufnahmestelle
(ZASt) und die zentrale Abschiebehaftanstalt (ZAB)des Landes Brandenburg auf demselben Gelände. Eisenhüttenstadt ist Inbegriff des deutschen
Abschiebesystems!
Das Rassismus-Puzzle
Menschen, die Deutschland als Flüchtlinge betreten, werden in ein Geecht diskriminierender Gesetze und Institutionen
gedrängt.
Legal ist die Einreise lediglich über den Luftweg möglich, nur so gibt es überhaupt eine minimale Chance nicht sofort in einen „sicheren Drittstaat“ abgeschoben zu werden. Durch Abkommen mit Flughafenbehörden anderer Staaten schwindet auch diese geringe Chance zunehmend. Modelle für Auffanglager vor
den Grenzen Europas werden diskutiert, geprobt und schrittweise legalisiert. Das Schengener Informationssystem SIS und das €päische Fingerabdruck-Identizierungssystem EURODAC speichern biometrische Daten
von AsylbewerberInnen zentral bzw. gleichen die Datenbankbestände der EUStaaten ab. In absolut fragwürdigen
Schnellverfahren werden viele Asylanträge bereits am Flughafen abgelehnt – ausreichend rechtliche Information,
Übersetzungen und psycho-soziale Unterstützung für Traumatisierte sind meist nicht gewährleistet.
Diejenigen, die den illegalen Weg der Einreise versuchen, werden von den Grenzschutzpolizeien Europas empfangen, die mit modernster Technik ausgestattet sind.
Im Land erwarten Flüchtlinge diskriminierende Gesetze wie die Residenzpicht und ein weitgefächertes, dezentrales Internierungssystem von Erstaufnahmestellen, Flughafenknästen, Heimen verschiedenster Ausrichtung, Abschiebeknästen, Ausländerbehörden und Meldestellen.
Verdachtsunabhängigen Kontrollen durch Polizei und Grenzschutz unterworfen zu werden, gehört für (vermeintlich) Nichtdeutsche zum Alltag.
Die deutsche Öffentlichkeit und ihre selektive Wahrnehmung
Die Debatten um die Toten an der
Mauer, die durch DDR-Grenzsoldaten starben,
schlugen einstmals hohe Wellen.
Um die Fluchttoten der Gegenwart legt
sich allgemeines Schweigen. An den EUAußengrenzen
sind in den letzten zehn
Jahren allein im Mittelmeer nach ofziellen
Angaben rund 1000 Flüchtlinge ertrunken,
Pro Asyl schätzt die Zahl auf 5000. An der
Oder-Neiße-Grenze allein starben mehrere
hundert.
In der Öffentlichkeit wird die Einwanderung
von Flüchtlingen vor allem als kriminelles
Phänomen verhandelt. Organisierte Fluchthelfer
werden generell als „Schlepperbanden“
denunziert, die individuellen Gründe
zu iehen, werden als „Wirtschaftsucht“
delegitimiert.
Der in den Institutionen xierte Rassismus
harmoniert mit dem des alltäglichen
Lebens und er befördert ihn. Der Tritt des
Nazistiefels, der Hass auf der Straße gegen
das vermeintlich Fremde und Andere, die
Einigkeit einer Möchtegern-Weltoffenen-
Neu-Friedlich-und-Wir-sind-wieder-wer-
Nation, haben etwas gemeinsam: sie
können ungesteuerte Einwanderung nicht
ertragen.
Die unterste Klasse…Rassismus und
Ökonomie
Das weltweite Geldtransferunternehmen
Western Union wirbt in großen Plakatkampagnen
mit MigrantInnen, die aus den
Industrieländern Geld zu ihren Familien
schicken. Gezeigt wird, was der Werbeagentur
selbstverständlich erscheint. Die
Zielgruppe der Werbung soll wissen:
„Ich bin hier, um Geld nach Hause zu
schicken.“ Ein neuer Lebensmittelpunkt soll
in Deutschland nicht gefunden werden.
Die Aussage der Werbung negiert die
Realität, in der es für fast alle Nichtdeutschen
unmöglich ist, einen Job zu nden
und unter derartig guten Bedingungen zu
leben, dass Geld „nach Hause“ geschickt
werden könnte.
Aus den weltweiten Wohlstandsgefällen in
Folge des Kolonialismus, aus Migration
und Flucht lässt sich Kapital schlagen.
Gleichzeitig aber wird die sogenannte
Wirtschaftsucht als eine niederträchtige
Handlung dargestellt. Das Verlassen des
Landes, weil es einem woanders besser
geht, sei unsolidarisch gegenüber der „Heimatnation“,
egoistisch und geradezu luxusversessen.
Dass der/die Durchschnitts€päerIn permanent
aus Spaß und Freude an Exotik
Urlaub macht, wo es ihm oder ihr
beliebt, dass die €päische Wirtschafts-
ucht bzw. die Suche nach dem besseren
Leben – das sogenannte Auswandern bzw.
Aussteigen — nach Kanada, Australien oder
Südafrika oder wohin auch immer Dauerbrenner
sind, kommt dabei niemandem in
den Sinn.
Auch das Abschiebesystem selbst ist ein
Geschäft — im privaten wie im öffentlichen
Sektor. Wohlfahrtsverbände, Sicherheitsdienste
und Fluggesellschaften verdienen
daran. Andererseits wendet der Staat
extrem viele nanzielle sowie organisatorische
Mittel auf, um die gesamte Struktur,
die eine ausgegrenzte Unterschicht von
Rechtlosen produziert, am Leben zu erhalten.
Flüchtlingen wird das Recht, sich zu bilden
oder zu arbeiten, versagt. Sie werden in
die Illegalität getrieben und zugleich Opfer
im Kampf gegen sogenannte „Schwarzarbeit“.
Selten interessieren
sich Gewerkschaften
dafür, wenn sie nicht
sogar wie im Fall der
IG Bau in Hetzkampagnen
gegen illegale
Beschäftigung mit einstimmen.
Die Bewerbungsmechanismen
bei den
Behörden, um einer
legalen, bezahlten
Tätigkeit nachgehen zu dürfen, sind langwierig
und demütigend — die Maxime ist,
dass der Flüchtling ganz unten steht: nur
Jobs, die kein Deutscher, kein EU-Bürger
machen will, dürfen an Flüchtlinge vergeben
werden.
Das Internierungslager verdammt zu
Lethargie und Untätigkeit – auch selbstorganisiertes
Arbeiten, politisches Engagement
werden mißtrauisch beäugt,
denunziert und systematisch
verunmöglicht.
Arbeit zu suchen oder zu arbeiten bedeutet
für Flüchtlinge das Risiko ihrer Abschiebung
zu erhöhen.
Die Fixierung der Machtlosigkeit von
Papierlosen, sogenannten Nicht-Deutschen,
Nicht-EU-Bürgern, die Erhaltung
dieser Klasse der Rechtlosen ist eines der
Ziele der Abschiebe- und Internierungsmaschinerie.
Die Schikanierung, Isolation und
permanente Demütigung bricht Unzählige
auf immer psychisch, gekoppelt mit der
Gefahr, dass am Ende die Abschiebung
stehen könnte.
SCHLUSS DAMIT – IN EISENHUETTENSTADT
UND ÜBERALL –
Vom 2. bis 5. September wollen wir
im Rahmen der Anti-Lager-Tour in
Eisenhüttenstadt gegen die Einsperrung
und Ausgrenzung von Flüchtlingen protestieren.
Die Tour wird Station an diversen Orten
der Internierung in der ganzen Bundesrepublik
machen. Der Name der Tour richtet
sich gegen „Lager“ – gemeint ist jenes
bereits beschriebene dezentrale System
aus verschiedensten geschlossenen (z.
B. Abschiebeknäste) sowie halboffenen
Internierungseinrichtungen wie Einreise‑,
Ausreisezentren und Heimen. Die Beschreibung dieser Struktur als „Lager“ ist innerhalb
des Vorbereitungsbündnisses nicht
unumstritten. Jener Begriff spielt, gewollt
oder ungewollt, immer mit der Assoziation
an die Lager der NS-Zeit und legt Gleichsetzung
nahe, dort, wo Differenzierung an
erster Stelle stehen müsste.
Der deutsche Begriff des Lagers öffnet Tore
für die Relativierung von Geschichte. Es
soll daher festgehalten werden, dass es
nicht darum geht, eine solche Gleichsetzung
zu betreiben.
Die Repressionen und die Unmenschlichkeit
des Systems der Ausgrenzung
und Abschiebung sprechen eine deutliche
Sprache. Unsere Kritik muss die bestehenden
Verhältnisse anprangern, ohne
denen zuzuarbeiten, die die Singularität
des nationalsozialistischen Vernichtungsprogrammes
zu leugnen versuchen.
Wir sind die Guten?
Es ist nicht der erste Versuch einer bundesweiten
Mobilisierung gegen die bundesdeutschen
Zustände. Seit 1998 gab
es jedes Jahr große No-Border-Camps in
Deutschland, die von breiten Bündnissen
organisiert wurden. Dabei hat sich gezeigt,
dass auch der Protest gegen Rassismus
von Ereignissen begleitet wurde, die sich
nicht wiederholen dürfen. Es ließ sich in
den letzten Jahren immer wieder beobachten,
wie unter den Protestierenden
unsägliche rassistische, sexistische sowie
antisemitische Äußerungen auftraten,
wobei letztere zum Beispiel auf einem
Workshop zum Nahostkonikt mit mit
körperlichen Angriffen einhergingen. So
sollten sexistische Übergriffe, die
Verdrängung eigener Rassismen sowie der
Versuch, etwa in Strasbourg 2002 eine
jüdische Synagoge zu beschmieren, Anlass
genug sein, die Wiederholung von Derartigem
zu verhindern. Auf dem Camp in
Eisenhüttenstadt ist kein Platz für Sexismus,
Rassismus und Antisemitismus!
Eisenhuettenstadt — ein Musterbeispiel
deutscher Internierung
Die ehemalige Industriestadt
Eisenhüttenstadt wurde Anfang der 50er
als Arbeiterstadt des Eisenhüttenkombinats
Ost gegründet – damals noch als Stalin
stadt. Auf einem ehemaligen NVA-Gelände
entstanden seit 1990 mehrere Einrichtungen
des beschriebenen Internierungssystems.
Zum einen dient die Zentrale
Erstaufnahmestelle (ZASt) als erzwungener
erster Anlaufpunkt für Asylbewerberinnen
in Brandenburg, zum anderen bendet
sich direkt daneben die Zentrale Abschiebehaftanstalt
des Landes. Ferner bendet
sich dort eine Außenstelle des „Bundesamts
für die ‚Anerkennung’ politischer
Flüchtlinge“. Einzigartig in Deutschland
sind diese Einrichtungen des dezentralen
Lagersystems auf einem Fleck.
Einem Fleck mit einer traurigen
Geschichte: 1992 eskalierte wie in vielen
anderen deutschen Städten pogromartig
die Gewalt gegen die Menschen in der
ZASt. Brandsätze wurden von Nazis auf
die Gebäude geworfen. Seitdem sind auch
in den späteren Jahren immer wieder
gewalttätige Übergriffe auf AsylbewerberInnen
dokumentiert worden.
Allein in den Jahren 1996 – 2002 zählte
der Verein Opferperspektive 46 Übergriffe,
die in der Presse bekannt wurden. Die
Dunkelziffer dürfte um einiges höher sein.
Im Jahre 2000 gab es einen weiteren
Skandal. Das Europäische Antifolterkomitee
forderte die Entfernung von vier in den
Boden eingelassenen Metallringen, die zur
Fesselung von Flüchtlingen im Neubau der
Abschiebehaftanstalt angebracht worden
waren. Noch heute werden Inhaftierte mit
„besonders hohem Aggressionspotential“
dort teilweise über mehrere Tage gefesselt
– nur jetzt mit einem Gurtsystem der
Firma Segux.
Menschen werden vor ihrer Abschiebung
in Abschiebknästen maximal bis zu anderthalb
Jahren festgehalten. Ihr einziges Verbrechen
ist, dass die Ausländerbehörde
vermutet, sie könnten untertauchen.
Auch die Zustände in der Erstaufnahmestelle
sind schlecht. Es gibt nur einen veralteten
Rechtsberatungslm, der Menschen
angeboten wird, die in einer völlig neuen
Situation, möglicherweise traumatisiert, oft
hilos und nicht mit ihren Rechten vertraut
sind. Angebote verschiedener Organisationen,
wie des Deutschen Anwaltsvereins,
Beratungsgespräche vor Ort anzubieten
oder Schautafeln mit rechtlichen Hinweisen
für die Flüchtlinge aufzustellen, wurden
vom Innenministerium immer wieder abgelehnt.
Für die Stadt ist all das ofziell weder
ein Thema, noch ein Problem. Seit 2003
bemüht man sich mit dem Standort-Projekt
„Eisenhüttenstadt 2030“ um die Behebung
der Probleme von Abwanderung und
Überalterung der Bevölkerung. Probleme
mit Rassismus gibt es ofziell nicht –
immerhin hat man sich im Zuge des
Aufstands der Anständigen im März des
Jahres 2000 um Lippenbekenntnisse
gegen Rassismus bemüht. Die Stadtverordnetenversammlung
beschloss mit
Zweidrittelmehrheit die Ergreifung „aller
erforderlichen Maßnahmen, um jeder
Art von Diskriminierung in der Stadt
Eisenhüttenstadt entgegenzuwirken“. Übrig
geblieben ist von alldem die Aktion Courage,
die sich momentan vor allem mit
sich selbst beschäftigt. Die Flüchtlinge in
Eisenhüttenstadt leben dort weiter isoliert.
Besuche im Abschiebeknast nden vorrangig
von Berlin oder Frankfurt/Oder aus
statt.
Wir kommen nicht, um uns zu
beschweren!
Gerade weil die Verhältnisse zum Verzweifeln
sind, wollen wir genau dies nicht tun.
In den vier Tagen in Eisenhüttenstadt gilt
es den Verantwortlichen in der Abschiebehaftanstalt
und bei der Ausländerbehörde
zu zeigen, dass sie nicht unbeobachtet
handeln.
Wir wollen Kontakte zu denen herstellen,
die in Eisenhüttenstadt eingesperrt sind. Es
lohnt, sich zu wehren und es lohnt sich,
die Erfahrungen, die anderswo gemacht
wurden, weiterzugeben.
Auch in Eisenhüttenstadt gibt es Einzelne,
die sich mit den Verhältnissen nicht abnden
wollen. Zusammen mit ihnen wollen
wir versuchen, Diskussionen in der Stadt
anzustoßen.
Für die Abschaffung der
Residenzpicht! Schluss mit Abschiebungen! Jeder Mensch hat das Recht, zu leben, wo er will. Für Bewegungsfreiheit.
Anti-Lager-action-Tour:
Gegen Abschiebung und Ausgrenzung,
2. bis 5. September 2004 in Eisenhüttenstadt.
Eier-Würfe auf den Kanzler
Kein freundlicher Empfang für Kanzler Schröder in Wittenberge — “Wir sind das Volk” riefen die DemonstrantInnen, die gegen Hartz IV protestierten
(INFORIOT, 24.8.) Als Bundeskanzler Gerhard Schröder am Montag den sanierten Bahnhof in Wittenberge einweihte, wurde er von wütenden DemonstrantInnen empfangen. Die rund 600 Protestierenden machten ihrem Ärger über den Hartz-IV-Sozialabbau unter anderem mit Eierwürfen auf den Kanzler Luft. Die Eier verfehlten ihr Ziel und trafen Journalisten und einen Polizisten. Angeblich habe es auch einen Steinwurf auf die Regierungs-Limousinen gegeben. Die DemonstratInnen reifen nach Presseberichten “Wir wollen Arbeit” und “Wir sind das Volk”. Auch Brandenburgs Ministerpräsident Platzeck wurde ausgepfiffen, als er sich bei einer Wahlkampf-Veranstaltung in Fürstenwalde Hartz-IV-GegnerInnen gegenüber sah.
Generall lässt sich festhalten, dass sich im Vergleich zur Vorwoche die Montagsproteste im Land Brandenburg stabilsiert haben. Gingen am 16. August rund 10.000 in 17 Städten auf die Straße so waren es diesmal mindestens 12.000 in 21 Städten. Bundesweit stiegen die Zahlen laut der Netzplatform Indymedia auf 120.000 in 140 Städten.
Zur “Ersten Eberswalder Montagsdemo” in Eberswalde hatten unter anderem der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Volkssolidarität und Attac aufgerufen. Unter dem Motto “Hartz IV muss weg” forderten 1000 TeilnehmerInnen die Rücknahme von Hartz IV und eine sozial gerechte Politik. “Hartz IV ist ein Irrweg. Die Gesetze sind unsozial und menschenfeindlich”, sagte einer der Redner. In Kyritz, wo ebenfalls erstmals demonstriert wurde, wurde darauf hingewiesen, dass allein im Landkreis Ostprignitz-Ruppin zirka 10.000 BürgerInnen von Hartz IV betroffen sein werden — weil sie zu lange arbeitlos sind und Sozialhilfe beziehen. “Wir werden hier politisch verarscht”, sagte Andreas Kahnert von der IG Metall in Königs Wusterhausen. “Das ist keine Reform, das ist Sozialabbau in allen Klassen der Republik”, rief er unter dem Beifall der Zuhörer. Eine weitere Rednerin erklärte, Hartz IV beweise, dass “den Parteien die Bevölkerung offenbar gleichgültig geworden ist.” Ralf Schulz von Attac warnte, Hartz IV sei “erst der Anfang” und forderte zum Widerstand gegen “diese Politik” auf. “Sie haben unser Land verkauft und unsere Ehre. Wir sind Menschen!”, so Schulz. In Potsdam kamen mit 700 Leuten etwas mehr Menschen zusammen als in der Vorwoche. Die VeranstalterInnn kündigten an, in der kommenden Woche vor die SPD-Zentrale zu ziehen, In den Wochen geht es dann zu den Zentralen von CDU und den Grünen.
Konkret liegen folgende Zahlen für Brandenburger Orte vor: Brandenburg/Havel (400 TeilnehmerInnen), Eisenhüttenstadt (600), Gransee (300), Königs Wusterhausen (350), Kyritz (300), Neuruppin (180), Oranienburg (700), Perleberg (100), Potsdam (700), Pritzwalk (500), Senftenberg (2000), Spremberg (1000), Teltow (100), Wittenberge (600), Wittstock (300), Jüterbog (200), Eberswalde (1000), Frankfurt/Oder (1200), Finsterwalde (300), Forst (600), Cottbus (2000). Bislang ist wie in der Vorwoche nichts über die Teilnahme von organisierten Rechtsextremen bei den Protesten im Land bekannt geworden. In Oranienburg war vergangenen Montag jedoch die Schillpartei vertreten. Übrigens fällt auf, dass in einigen Städten die TeilnehmerInnen-Zahlen eher rückläufig scheinen — die höhere Gesamtsumme kommt durch die neu dazugekommenen Proteste in anderen Orten zustande.
Update 25.8.:
Auch in Bernau gab es eine Demonstration gegen Hartz IV. Nach Angaben lokaler Antifas beteiligten sich an der schlecht besuchten Aktion neben der Schillpartei auch stadtbekannte Neonazis. Am Protest in Fürstenwalde nahmen ebenfalls Neonazis teil, traten aber nicht offen als solche in Erscheinung. So ist es jedenfalls auf rechten Webseiten zu lesen.
Proteste gegen Hartz IV jetzt in 25 Orten
Mehr Demonstranten in Brandenburg
(Berliner Zeitung, 25.8.) POTSDAM. In 25 brandenburgischen Orten sind am Montag insgesamt 17 000 Menschen gegen die Hartz IV-Arbeitsmarktreform auf die Straße gegangen, teilte die Polizei am Dienstag mit. Im Gegensatz zum Bundestrend stieg damit in Brandenburg die Zahl der Demonstranten im Vergleich zur Vorwoche noch einmal um rund 7 000 Personen an. Die größte Demonstration fand mit 2 500 Teilnehmern wieder in Senftenberg statt. In Potsdam fanden sich 700 Menschen ein, in Brandenburg/Havel 400 Personen, und in Königs Wusterhausen waren 350 Demonstranten unterwegs. Eine Hochburg der Anti-Hartz-Proteste war schon vor dem Kanzlerbesuch in Wittenberge die strukturschwache Prignitz. Dort folgten in mehreren Städten insgesamt 1 500 Teilnehmer den Aufrufen. Vertreter der Familienpartei, die die Demonstration in Potsdam angemeldet hatten, kündigten für den nächsten Montag einen Protestmarsch zur SPD-Landeszentrale in der Friedrich-Ebert-Straße an.
Der Potsdamer Verfassungsschutz warnte jetzt davor, dass Rechtsextremisten die Proteststimmung ausnutzen, um fremdenfeindliche Parolen zu verbreiten. So hatte auch die rechtsextreme DVU zur Montagsdemonstration in Senftenberg aufgerufen. Resonanz fand sie aber offenbar nicht.
(Bernauer AntifaschistInnen auf Indymedia
Am 23.08.2004 demonstrierten die rechtspopulistische “Pro Brandenburg/Bürger Rettet Brandenburg” Hand in Hand mit der Neo-Nazigruppe “Nationales Bündnis Preußen” in Form einer Montagsdemo gegen Hartz IV und Arbeitslosengeld II.
Wie in vielen anderen Städten fand auch in Bernau diese Woche eine Montagsdemo statt. Hier trafen, wie überall, soziale Friedensstifter zusammen, vorwiegend Symphatisanten der Bürgerinitiative “Pro Brandenburg/Bürger rettet Brandenburg” des stadtbekannten Rechtspopulisten Dirk Weßlau(ehemals Schillpartei). Als wenn das nicht genug wäre, war außerdem mit dem Auftreten von Neonazis zu rechnen.
Deshalb schauten auch wir mal vorbei um entsprechend zu agieren.
Am Kundgebungsort angekommen erwartete uns ein widerlicher Cocktail von ca. 25 Sympathisanten der Bürgerinitiative des Herrn Weßlau und sieben Neonazis des “Nationalen Bündnis Preußen” um den ehemaligen NPD-Funktionär Roy G. und den Anführer der “Nationalen Jugend Barnim” Sebastian H. (der allerdings sofort das Weite suchte).
Die kleine Neonazigruppe führte zwei Transparente mit sich, die inhaltlich gegen Hartz wetterten, ohne die eigene menschenverachtende Ideologie zu outen.
Die Initiatoren der Demo, Dirk Weßlau und Thomas Streese, sahen es nicht als Notwendigkeit an, diese von der Demonstration zu verweisen. Vielmehr verteidigten sie den Nazipöbel bzw. bekannten sich ausdrücklich zu diesen, um gemeinsam mit ihnen gegen die anwesenden Antifaschisten zu wettern. Auf Anfrage von uns stellte sich heraus, dass die Neonazis Teil des Bündnisses der Montagsdemo sind.
Spontan stellten sich Antifas (20–25) mit Transparenten vor die Nazis und deckten mit Sprechchören den gesamten Mob ein.
Die Demo setzte sich in Bewegung wobei immer wieder versucht wurde den Nazis die Transparente abzunehmen bzw. sie am weitergehen zu hindern. Der Aufmarsch endete nach etwa zehn Minuten wieder am Auftaktort. Die Nazis, die im Laufe der Veranstaltung noch Verstärkung von einigen Kameraden bekamen, durften dann in einer Bullenwanne nach Hause fahren. Schließlich befürchteten die mit der Situation völlig überforderten Polizisten Schlimmeres.
Am Ende der Veranstaltung trafen die Herren Weßlau und Grassmann Absprachen für die nächste Montagsdemo, wobei Herr Grassmann gebeten wurde mehr Kameraden zu mobilisieren.
Im nachhinein kündigte Thomas S. (ehemals Schillpartei) an gerichtlich gegen die anwesenden Antifaschisten vorzugehen.
Für uns gibt es nur eine Antwort darauf:
See you next monday!
Rechtspopulisten bekämpfen!
Kein öffentlicher Raum für Neonazis!
Kapitalismus abschaffen!
Bernauer AntifaschistInnen
»Wir haben uns zunächst verschätzt«
(Jungle World, 24.8.04, Ivo Bozic) Thomas Nord ist Landesgeschäftsführer und Mitglied des Landesvorstands der PDS in Brandenburg. Der 47jährige Kulturwissenschaftler aus Berlin arbeitete zuvor als Wahlkreismitarbeiter des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Wolfgang Gehrcke. Er trägt gerne Lederjacken und hat einen kurzen Draht zu Gregor Gysi und Lothar Bisky. Am 19. September finden in Brandenburg und Sachsen Landtagswahlen statt.
Die PDS ist erst seit ein paar Wochen im Aufwind, obwohl die SPD schon seit weit über einem Jahr in einer fundamentalen Krise steckt. Wie erklären Sie sich, dass die PDS erst jetzt von dem Absturz der Sozialdemokraten profitiert?
Desillusionierungsprozesse dauern wohl etwas länger. Jetzt erfahren relativ viele Menschen sehr konkret, was die Hartz-Reformen für sie bedeuten. Daraus resultieren ganz individuelle Betroffenheiten.
Aber weshalb profitiert die PDS erst jetzt davon? Bisher war es vor allem die CDU.
Die Stimmung gegenüber der SPD war schon länger schlecht. Ich denke aber, dass vielen Bürgerinnen und Bürgern nicht so bewusst war, dass diese Reformen sie persönlich treffen werden. In einer Situation der großen Enttäuschung sucht man nach politischen Alternativen, und da bietet sich die PDS an, weil sie von Anfang an gegen die Agenda 2010 war und gegen Hartz IV.
Bisher profitiert die PDS vor allem im Osten. Dort finden auch die meisten Anti-Hartz-Proteste statt. Woran liegt das?
Auf niedrigem Niveau wirkt sich das auch in den Umfragen im Westen aus. Dort ist die PDS ja bekanntermaßen personell schwach vertreten und nicht so wahrnehmbar. Im Osten ist die PDS natürlich wesentlich stärker in der Gesellschaft verankert.
Im Osten wird auch mehr demonstriert als im Westen.
Die Betroffenheit ist im Osten größer. Hier leben wesentlich mehr Langzeitarbeitslose als in den alten Bundesländern, und für die ist es ja besonders hart, was Hartz IV ihnen zumutet.
In Berlin und Schwerin regiert die PDS und ist somit auch an drastischen Sparmaßnahmen beteiligt.
Die Landesregierungen von Berlin und Mecklenburg-Vorpommern waren die einzigen, die sich gegen Hartz IV ausgesprochen haben.
Aber Hartz IV ist doch nur die Spitze des Eisberges.
Das ist richtig. Wir haben uns als Gesamtpartei von Anfang an gegen die Agenda 2010 ausgesprochen, und das ist auch von den Landesministern mitgetragen und öffentlich vermittelt worden. Dass unsere Ministerinnen und Minister jetzt in der Situation sind, ein von Bundestag und Bundesrat beschlossenes Gesetz mit umsetzen zu müssen, das gehört dazu, wenn man bereit ist, Regierungsverantwortung zu übernehmen.
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hat der PDS vorgeworfen, mit ihrer Anti-Hartz-Mobilisierung auch den rechtsextremen Rand der Gesellschaft zu fördern. Besteht diese Gefahr nicht tatsächlich, wenn man sich die Beteiligung von Neonazis an den Montagsdemonstrationen anschaut?
Wenn hier jemand – wenn auch ungewollt – den Rechtsextremismus befördert, dann ist es die Bundesregierung mit ihrer Gesetzgebung. Der Protest ist ja nicht dadurch zustande gekommen, dass die PDS ihn angeheizt hat, sondern er kommt ja wirklich von den Betroffenen selbst. Die PDS hat schlicht die demokratische Verantwortung, dafür zu sorgen, dass der Protest demokratisch bleibt, antirassistisch und antifaschistisch. Dort, wo wir nicht bereit sind, uns dieser Aufgabe zu stellen, ist es in der Tat so, dass rechtsextremen Kräften Tür und Tor geöffnet wird.
Wieso hat die PDS es nicht geschafft, selber einen solchen Widerstand zu organisieren?
Wir hatten hier in Brandenburg zunächst nicht die Einschätzung, dass die Bürgerinnen und Bürger mit einem solchen Protest reagieren würden. Wir haben uns mit dieser Einschätzung geirrt. Die Betroffenheit ist größer, als wir selber vermutet haben. Jetzt sind wir gefordert, diesen Protest, den wir politisch richtig finden, zu unterstützen.
Die PDS ist zurzeit Umfragen zufolge stärkste Partei in Brandenburg. Doch wenn sie gewinnt, wird die SPD niemals als Juniorpartnerin eine PDS-Ministerpräsidentin stützen. Die einzige Chance der PDS mitzuregieren, ist, die Wahl zu verlieren. Ist das Ihr neues Wahlziel?
Das war nie unsere Strategie und wird es auch nie werden. Von Anfang an haben wir gesagt, unsere Zielstellung ist es, eine andere Politik für Brandenburg durchzusetzen. Das ist unser Maßstab.
Was wäre Ihnen denn lieber, eine rot-rote Regierung mit einer SPD als stärkster Fraktion, oder dass die PDS stärkste Partei wird und CDU und SPD weiterregieren?
Wir können unsere Politik genauso gut in der Opposition vertreten wie in der Regierung. Es war ja auch bis jetzt schon so, dass die große Koalition nicht alle Vorhaben durchsetzen konnte, weil die PDS als Oppositionskraft auf Veränderungen der Regierungspolitik gedrängt hat. Als Beispiel sei das Bombodrom erwähnt. Nur durch die starke Bürgerinitiative und den Kampf in der Region, unterstützt von der PDS im Parlament, haben sich die Positionen bei SPD und CDU verändert.
Es gab Spekulationen, ob die PDS auch einen SPD-Minderheits-Ministerpräsidenten Platzeck mittragen würde. Ist das Thema durch?
Unsere Spitzenkandidatin Dagmar Enkelmann hat erklärt, als Ministerpräsidentin anzutreten, wenn es das Wahlergebnis erfordert. Dahinter steht die PDS Brandenburg.
Ist die neu gegründete Wahlalternative eine Bedrohung für die PDS, gerade im Hinblick auf den Westen und auf die Bundestagswahlen 2006?
Ich sehe darin keine Bedrohung. Ich weiß noch gar nicht so genau, was ich von dieser Wahlalternative halten soll. Sie versteht sich ja gegenwärtig als Sammlungsbewegung für Protest. Die inhaltliche Grundorientierung ist noch ziemlich unklar. Sie fokussieren alles nur auf das Thema Abbau des Sozialstaates. Aber ich glaube, dass Deutschland insgesamt eine andere Politik braucht, auch auf anderen Politikfeldern. Wir brauchen eine andere Innenpolitik, einen anderen Umgang mit Asylbewerberinnen und –bewerbern, wir brauchen einen Abbau der Repressionen, die nach dem 11. September 2001 auch in Deutschland in Gesetze gegossen wurden. Ich vermisse die Bereitschaft der Wahlalternative, sich da klar und deutlich zu äußern. Da möchte man sich wohl herummogeln, weil man glaubt, dass es sonst mit der Einheit dieses Bündnisses sehr schnell vorbei wäre.
Und wenn dort Oskar Lafontaine und Gregor Gysi mitmachen würden, oder wenn die beiden eine eigene Partei aufmachen würden?
Auch davor habe ich keine Angst. Lafontaine ist nach wie vor Mitglied der SPD, und Gysi ist Mitglied der PDS. Ich kenne auch keine aktuellen Äußerungen von Gregor Gysi, dass er vorhat, mit Lafontaine eine eigene Partei aufzumachen. Im Gegenteil, er macht zurzeit intensiv Wahlkampf für die PDS in Brandenburg und Sachsen. Im Übrigen sind zwei Spitzenpolitiker noch keine Partei, die in der Gesellschaft die nötige Verankerung hat.
Rechnet die PDS mit Gregor Gysi im Bundestagswahlkampf 2006?
Er hält sich diese Frage ja selber noch offen. Da will ich ihm nicht vorgreifen. Ich weiß, dass sich Lothar Bisky sicherlich darüber freuen würde, aber letztlich ist das eine Entscheidung von Gregor Gysi selbst. Und die hat er noch nicht getroffen.
Begegnung aus dem Effeff
In Frankfurt an der Oder folterten Neonazis stundenlang einen Jugendlichen. Die Stadtverwaltung sieht keine politischen Hintergründe der Tat
(Jungle World, 24.8.04, Jessica Konrad) Wenn ein Neonazi einen Autounfall baut, ist das kein rechtsextremer Übergriff. Das meint zumindest der Pressesprecher der Stadt Frankfurt an der Oder, Heinz-Dieter Walter. Mit dieser banalen Feststellung hat er wohl Recht. Er wurde jedoch nicht nach seiner Meinung zu Neonazis, die nicht Auto fahren können, gefragt, sondern zu einem rechten Übergriff, der an Brutalität kaum zu übertreffen ist.
Anfang Juni wurde ein junger Mann im Frankfurter Stadtteil Neuberesinchen von fünf jungen Leuten auf offener Straße entführt, regelrecht »von der Straße weggefangen«, sagt die Frankfurter Staatsanwaltschaft. Er wurde in eine Wohnung gebracht und dort stundenlang schwer gefoltert, misshandelt und vergewaltigt. Er überlebte nur Dank einer Notoperation und musste zunächst in ein künstliches Koma versetzt werden. Inzwischen konnte er das Krankenhaus verlassen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wird er bleibende Schäden davontragen.
Dennoch ist Walter der Meinung, dass man nun wirklich nicht »über jeden Stock springen« müsse, der einem im Zusammenhang mit rechter Gewalt hingehalten werde. Schließlich gelte zunächst die Unschuldsvermutung, sagte er der Jungle World. Und überhaupt sehe er keinen politischen Hintergrund der Tat. Deshalb habe die Stadtverwaltung es auch nicht für notwendig gehalten, sich zu äußern. »Wer behauptet, die Stadt unterdrücke Nachrichten und verharmlose rechte Gewalt, betreibt Brunnenvergiftung«, sagt Walter.
Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen beteiligten sich drei Männer und zwei Frauen an der Folter. Nach Informationen der linken Gruppe Kritik & Praxis Berlin sind zumindest die beteiligten Männer in Frankfurt an der Oder als Neonazis bekannt. Inzwischen konnten drei der mutmaßlichen Tatbeteiligten festgenommen werden, teilte Ulrich Scherding von der Staatsanwaltschaft Frankfurt der Jungle World mit. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen gefährliche Körperverletzung, sexuelle Nötigung und Vergewaltigung vor. Gegen einen weiteren mutmaßlichen Beteiligten, Ronny B., läuft eine bundesweite Fahndung. Über B. könne »man ohne viel Phantasie sagen, dass er ein Rechter ist«, sagte Scherding. Der Staatsanwaltschaft zufolge habe er die »ganze kriminelle Palette« rechtsextremer Straftaten aufzuweisen.
In Frankfurt an der Oder will man aber von einem politischen Hintergrund nichts wissen. Auch deshalb organisierte die Autonome Antifa Frankfurt an der Oder (Aafo) vor zwei Wochen eine Demonstration, an der sich rund 350 Personen beteiligten. Sie richtete sich gegen rechte Gewalt und den Umgang der Stadt mit diesem Problem. »Die Stadtoberen (…) strafen die massiven rechtsradikalen Übergriffe der letzten Zeit immer öfter mit Desinteresse und Ignoranz, ohne sich klar gegen Nazis zu positionieren«, heißt es in dem Aufruf. Der Oberbürgermeister von Frankfurt, Martin Patzelt (CDU), distanzierte sich postwendend in einer Presseerklärung von der Demonstration. Er sei nicht der Meinung, dass der Protest »in erfolgversprechender Art und Weise« rechtsextremem Denken und Handeln begegnen werde.
Besonderen Anstoß nahm er am Motto der Demonstration: »Dem Grauen ein Ende setzen – Während die Anständigen nur aufstehen, greifen wir an.« Hiermit werde zu einem »gewaltsamen Vorgehen« aufgerufen; die DemonstrantInnen setzten sich ins Unrecht. Seit Jahren werde in Frankfurt den Neonazis »mit spürbarem Erfolg« von den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt die Stirn geboten, betonte er. Ein Aktivist der Aafo hingegen sagte der Jungle World, angesichts der zahlreichen Gewalttaten der letzten Zeit stelle sich die Frage, »wo der Erfolg zu sehen sein soll«.
Zwar seien nach Einschätzung der Aafo in Frankfurt die Strukturen der NPD nahezu zusammengebrochen, dafür gebe es eine Organisierung auf der Ebene der neonazistischen Kameradschaften. Allerdings werde der abendliche Gang durch Frankfurt nicht nur wegen organisierter Neonazis oft zu einem Spießrutenlauf. Ebenso machten einem »besoffene Autoprolls« das Leben schwer.
Dass diese rechte Grundstimmung für viele eine generelle Bedrohung darstellt und ein rechter Übergriff nicht erst einer ist, wenn er von einem organisierten, »Sieg Heil« rufenden Neonazi begangen wird, ist bis zu den Verantwortlichen der Stadt offenbar noch nicht vorgedrungen. Über eine der vielen Schlägereien zwischen deutschen und ausländischen Jugendlichen aus der jüngsten Zeit sagt Walter, die Jugendlichen hätten sich »in Wirklichkeit um ein Mädchen gekloppt«.
Die Angst um einen Imageverlust der Stadt ist spürbar. Während der so genannte Aufstand der Anständigen im Sommer 2000 einerseits Projekte gegen rechte Gewalt und Opferberatungen zumindest zeitweise stärkte, war er andererseits auch Ausdruck der Angst von Städten und Unternehmen, dass rechte Umtriebe Investitionen behindern könnten. Frankfurt an der Oder kann sich als deutsch-polnische Grenzstadt und Sitz der Europa-Universität Viadrina einen Ruf als browntown nicht leisten.
Die Stadt hebt in ihrer Selbstdarstellung die Europa-Universität besonders hervor. Dank ihr werde Frankfurt zur »Bildungsbrücke zwischen Ost und West«, was durch die Lage an der Grenze zu Polen begünstigt werde. Gerade dadurch werde die knapp 70 000 EinwohnerInnen zählende Stadt zu einer »€päischen Begegnungs- und Kommunikationsstadt«, die für die gesamte Grenzregion von Bedeutung sei. Die Universität sieht nach eigenem Bekunden eine ihrer Aufgaben darin, das Zusammenwachsen Europas zu fördern.
Die Kampagne »FF – Freundliches Frankfurt« soll das klare Bekenntnis der Stadt gegen Rechtsextremismus und Gewalt verdeutlichen. Mit Aufklebern und T‑Shirts der Kampagne könnten Bürgerinnen und Bürger ein »sichtbares Zeichen (…) für Toleranz und Gastfreundlichkeit« setzen, heißt es auf der Homepage der Stadt.
Die Aafo vermutet hinter diesem Engagement allerdings eher Imagearbeit als eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus in der Stadt. Zudem hätten sich bis hin zur PDS Verbände und Initiativen von der Demonstration distanziert. Die städtische Kampagne diene letztlich auch dazu, linksradikale antifaschistische Arbeit zu delegitimieren, meint der Aktivist der Aafo.
Nach wie vor vergeht kaum ein Monat ohne rechte Angriffe in der Stadt. Bei einem der brutalsten Übergriffe prügelten im März 2003 drei Neonazis einen Punk in seiner Wohnung zu Tode. Im April diesen Jahres schlugen acht junge Männer einen Asylbewerber aus Sierra Leone so lange, bis er ins Koma fiel. Die Polizei meldete den Vorfall nicht der Öffentlichkeit, weil sie von einer »harmlosen Kneipenschlägerei« ausging. Der Verein Opferperspektive machte den Vorfall schließlich bekannt.
(nolager.de) Vom 2. bis 5. September 2004 wird in Eisenhüttenstadt
ein antirassistisches Camp stattfinden, das den
Abschluss der Anti-Lager-Tour gegen Abschiebung und
Ausgrenzung darstellt.
Wir verhandeln seit mehreren Wochen mit der
Stadtverwaltung um einen öffentlichen Platz für unser
Camp und um eine Unterstützung unseres Protestes. Die
Stadtverwaltung von Eisenhüttenstadt versucht jedoch,
unser Anliegen durch das Verbreiten von Gerüchten und
Diffamierungen zu unterbinden. Der Grund für unser
Kommen nach Eisenhüttenstadt sei in erster Linie in
der gewollten Randale zu suchen, wie wir es in unseren
Aufrufen ankündigen würden. Dies ist eine bewusste
Überinterpretation. Gleichzeitig wird auf stumpfe
rassistische Stereotypen Bezug genommen, wenn
innerhalb der Verwaltung Gerüchte gestreut werden, wir
würden „Drogen mit nach Eisenhüttenstadt bringen, um
Eisenhüttenstadt als friedliebende und
familienfreundliche Stadt zu zerstören“, wie uns eine
Vertreterin im PDS-Büro am Telefon sagte. Hier wird
auf relativ simplem Niveau auf rassistische
Argumentationsketten wie »Flüchtlinge – Drogen« oder
»Randale – Linke« zurückgegriffen. Gegen diese
Diffamierungen wenden wir uns hiermit öffentlich.
Wir kommen nach Eisenhüttenstadt, weil wir das
Abschiebesystem der Bundesrepublik grundsätzlich
kritisieren, aber auch um gegen die unhaltbaren
Zustände in der Zentralen Ausländerbehörde ZABH zu
protestieren. Wir sind gegen Einrichtungen wie
Sammellager und das mit ihnen einhergehende
gesetzliche Bewegungsverbot (die Residenzpflicht) oder
Abschiebeknäste, die Menschen, die Schutz suchen,
einsperren und sie zu Opfern von Denunziation als
Kriminelle und Schmarotzer herabsetzen. Wir möchten
nicht länger zusehen, dass Menschen in Not als
politische Manövriermasse entmündigt, auf der Straße
angegriffen und über Jahre hinweg psychisch gebrochen
werden. In dieser Hinsicht bewerten wir auch kleine
Lebensverbesserungen der Menschen im Knast und in der
Aufnahmestelle als begrüßenswert. Eisenhüttenstadt hat
in dieser Hinsicht jedoch keine ruhmreiche Geschichte.
Die Zustände in dem Abschiebeknast wurden bereits 1998
von der Europäischen Antifolterkommission als
Folterstätte gebrandmarkt. Zwar wurden die entdeckten
in den Boden eingelassenen Hand- und Fußfesseln
entfernt. Stattdessen gibt es ein in Psychiatrien
gebräuchliches, nicht menschenwürdigeres
Gurtfesselsystem, welches widerständige Flüchtlinge
mit gespreizten Armen und Beinen auf ein Bettgestell
fesselt. Sogenannte Ruhigstellungen für bis zu 42
Stunden am Stück sind keine Seltenheit.
Die wohnlichen Zustände in der Zentralen
Erstaufnahmeeinrichtung sind mehr als dem Lande
Brandenburg unwürdig. Untergebracht in Mehrbettzimmern
ist das gesamte Gebäude verdreckt und die sanitären
Einrichtungen würden keiner unangemeldeten Kontrolle
der Gesundheitsbehörde standhalten. Ähnlich sieht das
in den Küchen aus. Erst langjährige Proteste und die
ausdauernden Nachfragen weniger engagierter Menschen
konnten kleinere Verbesserungen in der medizinischen
Versorgung und den Aufbau einer kirchlichen
Rechtsberatung mit sich bringen.
Wir haben bereits im Vorfeld versucht, die
zivilgesellschaftlichen Strukturen der Aktion Courage
der Stadt Eisenhüttenstadt als Stadt ohne Rassismus
mit in unseren Protest einzubinden. Gerade an Gruppen,
die auch im Rahmen der Aktion Courage arbeiten, haben
wir uns gewandt, die in ihrem Selbstverständnis im
Jahr 2000 einmal formulierten, „ein mutiges Zeichen
gegen Rassismus“ in Eisenhüttenstadt setzen zu wollen.
Die Stadtverordnetenversammlung verpflichtete sich im
März 2000 mit Zweidrittelmehrheit zur Ergreifung
“aller erforderlichen Maßnahmen, um jeder Art von
Diskriminierung in der Stadt Eisenhüttenstadt
entgegenzuwirken”.
Uns geht es darum, das vorherrschende Nichtbeachten
der menschenunwürdigen Zustände in der ZABH zu
skandalisieren und in Zusammenarbeit mit den Menschen
und Strukturen vor Ort dafür zu sorgen, dass es diese
Zustände in naher Zukunft nicht mehr gibt. Dafür
brauchen wir die Unterstützung einer möglichen
Mehrheit in der Stadt Eisenhüttenstadt – wir kommen,
um gemeinsamen Protest und Widerstand gegen die von
Herrn Schönbohm direkt zu verantwortenden Zustände zu
organisieren und nicht, um gegen die Menschen in
Eisenhüttenstadt zu protestieren.
Wir fordern alle zivilgesellschaftlichen und
politischen Kreise der Stadt Eisenhüttenstadt auf,
sich unseren Protest unvoreingenommen zu betrachten
und uns in unserem Anliegen für einen Platz in
Eisenhüttenstadt ohne Rassismus und Lager zu
unterstützen und sich diesem anzuschließen.
Für weitere inhaltliche Gespräche und Diskussionen
stehen wir immer und gerne zur Verfügung. Gleichzeitig
laden wir hiermit noch einmal alle Bürgerinnen und
Bürger der Stadt Eisenhüttenstadt ein, uns auf unserem
Camp zu besuchen, mit uns zusammen zu diskutieren, zu
protestieren und zu demonstrieren mit dem Ziel,
effektive Strategien zu entwickeln, wie den
unhaltbaren Zuständen in der ZABH ein schnelles Ende
bereitet werden kann.