(15.04.05)POTSDAM Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hat sich für die weitere
Intensivierung des Kampfes gegen den Rechtsextremismus ausgesprochen. Nach
dem Aufruf des Parlaments, stärker gegen rechte Gruppen vorzugehen, müssten
Taten folgen, sagte Schönbohm gestern im Landtag. Sollten die Grundlagen
dafür vorliegen, werde das Land weitere Vereine verbieten. Der Einfluss
rechtsextremer Kräfte auf die Jugend sei äußerst hoch. Zahlreiche Jungwähler
hätten bei der Landtagswahl 2004 Rechtsextreme gewählt. Schönbohm begründete
das jüngst erfolgte Verbot der Neonazi-Kameradschaft “Hauptvolk” und deren
Untergliederung “Sturm 27” mit neonazistische Propaganda und zahlreichen
Straftaten.
Monat: April 2005
(15.04.05) POTSDAM Um 15 Uhr sollte die Protestaktion “Grabsteinlegung” gegen die
Garnisonkirch-Grundsteinlegung beginnen, auf der anderen Seite der Breiten
Straße, Ecke Dortustraße. Doch da war noch nicht viel: ein Lancaster-Bomber
aus Pappmaschee, einige Flugblattverteiler, etliche Polizisten, dazwischen
Plakate wie “Mit Brecht gegen die Nazis” oder jenes, auf dem ein
sowjetischer und ein britischer Bomberpilot sich im Fluge die Hände reichen,
während ihre Bomben in Berlin einschlagen.
15.03 Uhr sauste ein Polizeikonvoi mit Blaulicht die Breite Straße entlang.
Um 15.05 Uhr erste Kostümierte in Uniformen, eine aus der Zeit Friedrichs
II., eine aus dem Kaiserreich, eine Wehrmachtsuniform, womit die Kontinuität
des preußischen Militarismus verkörpert sein sollte, wie bei den Darstellern
zu erfahren war. Lutz Boede von der Kampagne gegen Wehrpflicht kam mit einer
Mütze der DDR-Volksmarine und versicherte, dass er nur als Gast da sei. Um
15.12 Uhr gingen die Propeller des Papp-Bombers an, kurz darauf ein
Kassettenrecorder. Zu hören waren Sirenen, Flugzeugmotoren, Pfeifen,
Explosionen. “Fliegeralarm” stand als Titel auf der dazugehörigen
Kassettenhülle. Zu den Uniformierten hatte sich jetzt ein Mann in
Bundeswehrmontur gesellt mit einem Schild, auf dem “Vorsicht, Satire” stand.
Um 15.23 Uhr lupften sie das Tuch, das einen Grabstein aus Gussbeton
verhüllt hatte, in den das Wort “Versöhnung” eingraviert war. Um 15.28 Uhr
dann kam Musik vom Band: Variationen auf die Melodie “Üb immer Treu und
Redlichkeit”. Die Performance hatte begonnen. Sie begann damit, dass zwei
Leute mit Leichenmasken sich die Hand schüttelten. Unaufhörlich, in
unverkennbarer Anspielung auf den Händedruck Hitlers und Hindenburgs am Tag
von Potsdam. Dann trugen sie den Grabstein in kleiner Prozession auf die
andere Straßenseite, setzten ihn vor dem Fahrradladen ab in knapper Distanz
zur rasant wachsenden Festgesellschaft, die gleich den Grundstein feiern
sollte.
Am Deserteursdenkmal auf dem Platz der Einheit gedachte zur selben Zeit eine
Gruppe von gut 100 Jugendlichen auf ihre Weise des 60. Jahrestages der
Bombardierung Potsdams. Mit Transparenten wie “Alles Gute kommt von oben”
oder “Dank den Alliierten” und dazu passender Musik wie “TNT” von AC/DC,
später auch dem NDW-Klassiker “Erschießen” von Ideal: “Komm, wir lassen uns
erschießen…”
Der Wiederaufbau beginnt
(15.04.05) (Berliner Zeitung) POTSDAM. Altbundespräsident Richard von Weizsäcker, der Modeschöpfer
Wolfgang Joop mit seinen Eltern und auch Bundesverkehrsminister Manfred
Stolpe (SPD), die notorischen Preußenfans also, saßen in der ersten Reihe
mitten auf einer Potsdamer Hauptverkehrsschneise. Insgesamt waren etwa 400
Potsdamer zu einem kirchlichen Festakt erschienen. Dazu schrien hinter der
Polizeiabsperrung fünfzig zumeist minderjährige Autonome “Nie wieder
Preußen, nie wieder Deutschland.” In diesem Rahmen legten am Donnerstag
Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), Vize-Regierungschef Jörg
Schönbohm (CDU) und Wolfgang Huber, Ratspräsident der Evangelischen Kirche,
den Grundstein für den Wiederaufbau der Garnisonkirche — genau am 60.
Jahrestag der Zerstörung Potsdams durch britische Bomber.
Vorausgegangen war ein jahrelanger Streit über die Vergangenheit des
Kirchenbaus. Entstehen soll die neue, alte Garnisonkirche nun als
Versöhnungszentrum, in dem über Friedenspolitik debattiert werden soll, und
als offene Stadtkirche. In zwölf Jahren erst, zum 500. Jahrestag der
Reformation am 31. Oktober 2017, soll die einstige Hof- und Garnisonkirche
der preußischen Hohenzollern wiederaufgebaut sein.
In Verruf gekommen ist der barocke Kirchenbau vor allem wegen des “Tages von
Potsdam”, den die Nationalsozialisten dort im März 1933 inszeniert hatten.
Damals gaben sich Adolf Hitler und Reichspräsident Paul von Hindenburg in
einer von NS-Propagandaminister Goebbels inszenierten Zeremonie die Hand.
Das sah für viele so aus wie ein Schulterschluss zwischen Preußentum und
Nationalsozialismus.
Obwohl die Kirche 1945 ausgebrannt war, fanden in der Kapelle des Kirchturms
bald wieder Gottesdienste statt — bis Spezialisten des Magdeburger
Autobahnkombinates die beschädigte Kirche auf Geheiß der SED-Spitze
sprengten. Im selben Jahr wurde auch die Leipziger Universitätskirche in die
Luft gejagt woran Bischof Huber noch einmal erinnerte.
Noch aber ist die Garnisonkirche ein Phantom. Nicht nur, weil zunächst ein
auf ihrem alten Standort errichteter DDR-Plattenbau teils abgerissen werden
muss. Vor allem nämlich müssen 65 Millionen Euro aufgetrieben werden. So
viel kostet der Wiederaufbau. Dafür hat Hans-Peter Rheinheimer, Chef des
Potsdamer Industrie-Clubs, eine Fördergesellschaft ins Leben gerufen. Die
Spendenaktion nach dem Vorbild der Dresdner Frauenkirche läuft nun an — so
sollen Ziegel mit Spendernamen verbaut werden.
Erschwert wird das Vorhaben durch Querelen mit der erzkonservativen
Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel, die schon vor Jahren mehr als
fünf Millionen Euro für den Wiederaufbau gesammelt hat. Die Vereinigung
ehemaliger Bundeswehroffiziere lehnt einen Wiederaufbau als
Versöhnungszentrum inklusive der Beratung von Kriegsdienstverweigerern
strikt ab. Gerade haben die Eltern des Modeschöpfers Joop die
Traditionsgemeinschaft aufgefordert, die von ihnen eingezahlte Spende an die
neue Fördergesellschaft zu überweisen.
Grundstein für die Garnisonkirche
Bis 2017 soll das einstige Wahrzeichen der Stadt wieder aufgebaut werden -
Kurze Störung durch linke Demonstranten
(BM)Potsdam — Horst Günther hatte als junger Mann vor 60 Jahren den 88 Meter hoh
en Turm der Garnisonkirche brennen sehen. Gestern nahm der Uhrenfabrikant
aus Pforzheim und einer der Hauptspender für die Dresdner Frauenkirche an
der Grundsteinlegung für die Potsdamer Garnisonkirche teil. Als Geschenk
brachte er große Uhren mit, die künftig für die Garnisonkirche als
Versöhnungszentrum werben sollen. Ein langer Weg, der viel Unterstützung
braucht: Der Bau soll bis 2017, dem 500. Jahrestag der Reformation, wieder
stehen. Finanziert werden soll der Aufbau über Spenden.
Potsdam erhalte mit der Kirche seine gesellschaftliche Mitte zurück, sagte
Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) im Beisein von
Hunderten prominenten Gästen, darunter Alt-Bundespräsident Richard von
Weizsäcker und Prinz Georg Friedrich von Preußen. Gekommen waren auch einige
linksautonome Störer. Mit Rufen wie “Nazis raus” und “Heuchler”
protestierten mehr als einhundert junge Leute gegen die als liturgische
Feier angelegte Veranstaltung. Sie wurden von Polizeibeamten abgedrängt.
Dann konnte der Bischof und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in
Deutschland, Wolfgang Huber, das rund 65 Millionen Euro teure Bauvorhaben
als Zeichen für einen Bewußtseinswandel in Bezug auf Kirchen und für ein
steigendes Interesse an Religion würdigen. Bürgerschaftliches Engagement,
kirchliche Verantwortung und städtisches Selbstbewußtsein hätten das Projekt
ermöglicht. Das Nutzungskonzept sieht Gottesdienste und Andachten zu
besonderen politischen, gesellschaftlichen und kirchlichen Anlässen vor.
Seit Jahren wird um das Projekt gestritten. Ende März gab es einen
Rückschlag, als die von Ex-Bundeswehroberstleutnant Max Klaar geleitete
Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel (TPG) ihre Mitarbeit
einstellte, weil sie den originalgetreuen Aufbau der Kirche inklusive
Preußenadler auf dem Turm zur Bedingung machte. Innenminister Jörg Schönbohm
(CDU) dankte Klaar, auf dessen Initiative hin der Nachbau des Glockenspiels
anläßlich der 1000-Jahr-Feier Potsdams im Jahr 1993 auf der Plantage
aufgestellt worden war, und gab seiner Hoffnung Ausdruck, daß sich viele
Spender künftig für das Vorhaben engagieren.
Zu den ersten Unterstützern zählt auch die Familie Joop. Die Eltern von
Modedesigner Wolfgang Joop haben ihre an die TPG gezahlte Spende von 2000
Euro inzwischen zurückgefordert, um sie der von Hans Rheinheimer geleiteten
Fördergemeinschaft zur Verfügung zu stellen.
Skandal im Brandenburger Landtag
(15.04.05)(MAZ)POTSDAM Die rechtsextreme DVU hat bei einer wichtigen Abstimmung im Landtag
überraschend zwei Stimmen aus dem Lager der demokratischen Parteien
erhalten. Bei der Wahl der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK), die
den Verfassungsschutz kontrolliert, bekam der DVU-Abgeordnete Michael Claus
acht Stimmen. Die DVU hat aber nur sechs Abgeordnete. Zwei Parlamentarier
aus SPD, PDS oder CDU müssen bei der geheimen Wahl für die DVU gestimmt
haben. Später sprachen Abgeordnete von einem “Skandal” und von “Dresdner
Verhältnissen”. Erinnert wurde an Stimmen aus demokratischen Parteien für
den NPD-Kandidaten bei der Wahl des Ministerpräsidenten in Sachsen im
vorigen Jahr.
SPD-Fraktionschef Günter Baaske sagte: “Das ist kein Ruhmesblatt für den
Landtag.” CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek sprach von “zwei Irregeleiteten”.
Die PDS-Fraktionschefin Dagmar Enkelmann sagte, es sei “erschreckend”, dass
die DVU nicht nur außerhalb, sondern auch im Landtag wählbar ist. Alle drei
Fraktionschefs schlossen aus, dass die DVU-Stimmen aus ihren Reihen kommen.
Am Vortag war nach langem Hin und Her ein Antrag gegen Rechtsextremismus von
SPD, CDU und PDS verabschiedet worden. In die PKK wurden vier Abgeordnete
gewählt: Die SPD ist zweimal, PDS und CDU sind einmal vertreten.
Rechtsextreme Partei erhält Unterstützung
Mitglieder demokratischer Parteien votierten für DVU
(Berliner Zeitung)POTSDAM. Zum wiederholten Mal haben Kandidaten der rechtsextremen DVU im
Landtag auch Stimmen aus den anderen Parteien erhalten. Bei der Wahl der
vier neuen Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission für den
Verfassungsschutz (PKK) erhielt der DVU-Abgeordnete Michael Claus acht
Stimmen. Seine Fraktion verfügt aber nur über sechs Abgeordnete. Auch bei
der Neubesetzung von zwei Beiräten erhielt die DVU Schützenhilfe von außen.
Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) sagte, “es ist eine Schande, wenn
Mitglieder der demokratischen Parteien die rechtsextreme DVU unterstützen”.
Das sei auch eine Schande für das Potsdamer Parlament. Die Fraktionen von
SPD, CDU und PDS regierten entsetzt auf das Ergebnis. Unisono hieß es, die
Stimmen für den DVU-Mann würden keinesfalls aus den eigenen Reihen stammen.
SPD-Fraktionschef Günter Baaske sagte: “Hier will jemand Sand ins Getriebe
streuen.” In der CDU war auch von einer gezielten Provokation der PDS die
Rede, um Unruhe in die Koalition zu tragen.
76 von 88 Abgeordneten hatten an der PKK-Abstimmung teilgenommen. Die
SPD-Kandidaten Britta Stark und Klaus Bochow erhielten je 69 Stimmen, Frank
Werner von der CDU 66. Die in der Union wegen ihrer Stasi-Belastung
umstrittene PDS-Abgeordnete Kerstin Kaiser-Nicht bekam nur 54 Stimmen. Damit
fiel der DVU-Kandidat dennoch durch. Aus Anlass der Wahlerfolge von DVU und
NPD in Brandenburg und Sachsen hatte der Landtag erst am Mittwoch eine
Entschließung gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit mit den
Stimmen von SPD, CDU und PDS verabschiedet. Vorausgegangen waren heftige
Auseinandersetzungen. Die Union hatte eine gemeinsame Initiative mit der PDS
abgelehnt.
Skandal im Landtag um DVU-Stimmen
Erneut wählten Abgeordnete anderer Fraktionen einen Kandidaten der
rechtsradikalen Partei
(Tagesspiegel)Potsdam — Im brandenburgischen Landtag hat es erneut einen skandalösen
Abstimmungserfolg der rechtsextremen DVU gegeben: Bei der Wahl der
Parlamentarischen Kontrollkommission, die den Verfassungschutz kontrolliert,
bekam der von der DVU vorgeschlagene Kandidat acht Stimmen. Die
rechtsextreme Partei, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, stellt aber
nur sechs Abgeordnete. Das heißt, dass zwei Abgeordnete von SPD, CDU oder
PDS für den DVU-Mann votiert haben. Erst am Vortag hatte der Landtag mit den
Stimmen von SPD, CDU und PDS eine Resolution gegen den Rechtsextremismus
verabschiedet. Schon da hatte es ein peinliches Gerangel gegeben, weil die
CDU jedwede Kooperation mit der PDS ablehnte. Fremd-Stimmen hatte die DVU
bereits im vergangenen Jahr bekommen, was Spekulationen über
DVU-Sympathisanten auslöste.
Auch bei der Wahl der Beiräte für die Landesinvestitionsbank und für die
russischen Liegenschaften bekamen die Kandidaten der DVU gestern eine
beziehungsweise zwei Stimmen mehr als die Fraktion Mitglieder zählt. “Das
ist kein Ruhmesblatt für den Landtag”, sagte SPD-Fraktionschef Günter
Baaske. Er lege aber seine Hand dafür ins Feuer, dass die Stimmen für die
Rechtsextremen “nicht von der SPD kamen”. Sein CDU-Kollege Thomas Lunacek
behauptete ebenfalls, dass “die Stimmen nicht aus der CDU stammen”. Er kenne
und vertraue seinen Abgeordneten. “Aber kein Parlament ist vor
Irregeleiteten geschützt.”
Beide Fraktionschefs äußerten den Verdacht, dass “jemand Sand ins Getriebe
streuen will”. Das wurde im Landtag als Anspielung auf die PDS verstanden.
Lunacek hatte die PDS schon früher verdächtigt, der DVU Stimmen gegeben zu
haben, “um einen Keil in die Koalition zu treiben”. Die PDS hat diese
“aberwitzigen Verdächtigungen” scharf zurückgewiesen: “Die Freunde der DVU
sitzen in der CDU.” Gestern nannte es PDS-Fraktionschefin Dagmar Enkelmann
einen “wirklichen Skandal, dass es keine Gemeinsamkeit der Demokraten gegen
Rechtsextremismus gibt”. Dies habe sich schon am Vortag im Landtag gezeigt.
Der DVU-Landeschef und parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion,
Sigmar-Peter Schuldt, triumphierte: “Offensichtlich gibt es in den anderen
Fraktionen zwei Kollegen, die unsere Arbeit so positiv einschätzen, dass sie
ihre Stimme der DVU gegeben haben.” Er glaube, so Schuldt, dass “ihre Zahl
noch zunehmen” werde. Im vergangenen Herbst hatte die
DVU-Fraktionsvorsitzende Liane Hesselbarth bei der Wahl der G‑10-Kommission,
die für die Genehmigung von Telefonabhörungen zuständig ist, insgesamt fünf
Stimmen aus anderen Fraktionen bekommen.
Der Fall Ziegenhals und kein Ende
(15.04.05) POTSDAM Eigentlich hatte sich das Landratsamt Dahme-Spreewald im Fall
Ziegenhals Diskretion verordnet. “Wir haben uns mit öffentlichen Äußerungen
zurückgehalten, weil die Gerichte über die Ernst-Thälmann-Gedenkstätte
entscheiden werden”, erklärte Landrat Martin Wille (SPD) gestern auf einer
Pressekonferenz, mit der er jener Zurückhaltung nun ein Ende setzte.
Gemeinsam mit Baudezernent Stephan Loge und dem Leiter des Amtes für
Denkmalschutz, Jörg Schrager, wollte Wille die Umstände erläutern, die am
23. Februar zur umstrittenen Abrissgenehmigung für die Gedenkstätte in
Ziegenhals geführt haben. Wille betonte, dass es sich dabei nicht um eine
politische Entscheidung handle, sondern um einen Verwaltungsakt, dem “keine
persönlichen Sympathien oder Antipathien gegenüber dem Eigentümer” zugrunde
liegen. Man habe lediglich die Bestimmungen des im August 2004 novellierten
Denkmalschutzrechts angewandt. Mit dem neuen Gesetz ging die Erteilung von
Abrissgenehmigungen vom Land auf die Kreise über.
“Wir kannten den Ort und wir kannten die Befindlichkeiten”, begründete Wille
seine Entscheidung. Er hatte die Abrissgenehmigung mit der Auflage
verbunden, das denkmalwerte Inventar zu dokumentieren und einzulagern. Der
Eigentümer des Grundstücks, auf dem die Gedenkstätte liegt, hatte daraufhin
Klage gegen diese Forderungen eingereicht. Ausschlaggebende für die
Abrissgenehmigung sei der Nachweis des Eigentümers gewesen, dass die
öffentliche Nutzung der Gedenkstätte für ihn wirtschaftlich unzumutbar sei,
so der Landrat.
Zur gleichen Zeit beschäftigte sich gestern auch der Landtag in Potsdam mit
dem Thema Ziegenhals. Die PDS-Abgeordnete Kerstin Osten hatte eine
Stellungnahme der Obersten Denkmalschutzbehörde verlangt. In ihrer Antwort
bemerkte Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) zunächst, dass der Abbruch
eines Denkmals immer ein gravierender Vorgang sei, bei dem öffentliches und
privates Interesse abzuwägen seien. Wanka verteidigte das Vorgehen der
Behörden mit dem Hinweis, dass diese Abwägung unter Beteiligung des
Landesamtes für Denkmalpflege erfolgt sei.
Für weitere parlamentarische Nachfragen sorgten dann angebliche Äußerungen
des Grundstückseigentümers und Referatsleiters im Bauministerium, Gerd
Gröger. Der Parlamentarische Geschäftsführer der PDS-Fraktion, Heinz Vietze,
zitierte aus einem Beitrag des ZDF, in dem Gröger seinem Unmut über die
Vorgänge in Ziegenhals mit den Worten “in diesem Scheißland wundert mich gar
nichts mehr” Ausdruck verliehen haben soll. Weder die Kulturministerin Wanka
noch das Bauministerium wollten sich dazu gestern äußern.
Neben der Unteren und der Oberen Denkmalschutzbehörde nahm in dieser Woche
auch der Leiter des Amtes für Denkmalpflege, Detlef Karg, Stellung zum
geplanten Abriss. Er habe der Entscheidung nichts mehr entgegenzusetzen,
sagte Karg der MAZ. Ihm gehe es nicht um den Ort, sondern um die Darstellung
von Geschichte. Jetzt sei das Gemeinwesen in der Pflicht, die
Ausstellungsstücke zu erhalten. “Wenn wir diese einfach von der Bildfläche
verschwinden lassen, wird das auf uns zurückfallen”, so Karg.
Im Gasthaus Ziegenhals hatten sich im Februar 1933, kurz nach Hitlers
Machtübernahme, 40 KPD-Funktionäre, darunter Ernst Thälmann, Wilhelm Pieck,
Walter Ulbricht und Herbert Wehner, versammelt. Kurz bevor die Polizei das
geheime Treffen auflösen konnte, gelang den Teilnehmern die Flucht. In
Erinnerung an dieses Ereignis entstand 1958 an gleicher Stelle eine
Gedenkstätte, die zu DDR-Zeiten jährlich viele tausend Besucher zählte.
(15.04.05)Potsdam — In Brandenburg wird an diesem Wochenende mit mehreren
Veranstaltungen des Kriegsendes vor 60 Jahren und der Befreiung Deutschlands
von der Nazi-Diktatur gedacht. Rund 850 Überlebende der Konzentrationslager
Sachsenhausen und Ravensbrück sowie 440 Angehörige nehmen als Gäste der
Landesregierung Brandenburg und der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten
an den Veranstaltungen teil.
Die Gäste werden bis zum 19. April in der Gedenkstätte und dem Museum
Sachsenhausen in Oranienburg sowie in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück
in Fürstenberg/H. erwartet. In diesen Tagen erinnern die Gedenkstätten mit
Ausstellungen, Buchpremieren, Filmvorführungen, Konzerten und Begegnungen an
die Befreiung der Häftlinge in den Konzentrationslagern im April 1945.
In Seelow wird am Sonnabend im Rahmen einer Gedenkveranstaltung an die
Schlacht um die Seelower Höhen erinnert, bei der im April 1945 die Rote
Armee nach tagelangen Angriffen den Durchbruch in Richtung Berlin erzielte.
Bereits gestern sind in der brandenburgischen Kriegsgräberstätte in Halbe 38
gefallene Soldaten beigesetzt worden. Die Überreste der Kriegstoten wurden
in den vergangenen drei Monaten gefunden.
Gedenkstein für KZ-Außenlager
(15.04.05)KÖNIGS WUSTERHAUSEN Anlässlich des 60. Jahrestages der Befreiung des KZ
Sachsenhausen findet am Montag in Königs Wusterhausen ein “Tag der
Erinnerung” statt.
In der Stadt befand sich vom September / Oktober 1944 bis zum Kriegsende ein
Außenlager des KZ Sachsenhausen, in dem jüdische Häftlinge so genannte
Behelfsheime für Ausgebombte bauen mussten. Diese Häftlinge wurden vom
letzten noch auf polnischem Gebiet befindlichen Ghetto in Lodz im Herbst
1944 nach Königs Wusterhausen transportiert. Etwa 600 dieser Schicksale sind
Bürgermeister Stefan Ludwig zufolge historisch belegt.
Einer von ihnen war David Grienstein, den die Stadt am Montag ebenso wie
einen schwedischen und einen polnischen Staatsbürger als Gast erwartet.
Am ehemaligen Ort des Außenlagers vor der EWE-Bezirksmeisterei im Fliederweg
werden die Überlebenden gemeinsam mit dem Bürgermeister um 14 Uhr eine
Gedenktafel enthüllen. Sie trägt die Inschrift: “1944–1945 Außenlager des
Konzentrationslagers Sachsenhausen. Auf diesem Gelände zwischen ehemaliger
Senziger Landstraße und Priestergraben befand sich das KZ Außenlager Königs
Wusterhausen. In diesem Lager mussten jüdische KZ-Häftlinge polnischer und
ungarischer Nationalität Zwangsarbeit leisten.”
Anschließend erhalten Schüler aus allen weiterführenden Schulen der Stadt
die Möglichkeit, ab 15 Uhr im Bürgerhaus “Hanns Eisler” mit den ehemaligen
Häftlingen über den Nationalsozialismus, den Holocaust sowie die
Zwangsarbeit ins Gespräch zu kommen.
Die Gedenktafel wurde über die EWE-Stiftung finanziert. Die Stadt trägt die
Kosten für Aufstellung und Pflege.
Flucht und sinnloses
Sterben / Tausende tote Soldaten und Zivilisten
Spremberg war wie viele andere Städte in der Lausitz im Frühjahr 1945 zur
“Festung” erklärt worden. Die Verteidiger waren jedoch zum großen Teil
Volkssturmmänner und hastig eingezogene Halbwüchsige ohne militärische
Ausbildung.
Viele Zivilisten hatten die Stadt bis zum Angriff am 16. April schon
verlassen. Am nächsten Morgen flohen weitere Menschen, nur etwa 700
Zivilisten blieben in der dann schon brennenden Stadt zurück. Am Abend des
18. April erreichten russische Soldaten der 1. Ukrainischen Front unter
General Iwan S. Konew das Kraftwerk Trattendorf, zwei Tage später war ganz
Spremberg in ihrer Hand.
Einen Tag später, am 21. April, wurden drei deutsche Einheiten, darunter die
Waffen-SS-Division “Frundsberg” und die Führer-Begleitdivision, westlich der
Stadt eingeschlossen. Sie brachen Richtung Kausche aus. Ihr Ziel war es
offenbar, sich von Süden zur Armee Wenck durchzuschlagen, auf deren Hilfe
Adolf Hitler in seinem Berliner Führerbunker vergeblich wartete. Doch die
Rotarmisten schlossen erneut den Umklammerungsring um die sich von Spremberg
zurückziehenden deutschen Truppen bei Kausche. Etwa 15 000 Soldaten und
zahlreiche fliehende Zivilisten gerieten in diesen Kessel. Das Dorf selbst
wurde erbittert umkämpft, von der Roten Armee eingenommen und für Stunden
von den Deutschen zurückerobert.
Am 22. April unternahmen die bei Kausche eingeschlossenen deutschen Truppen
einen Ausbruch aus dem Kessel in Richtung Westen. Bei den Soldaten befanden
sich auch Zivilisten, die zwischen die Fronten geraten waren, aber den
sowjetischen Soldaten um keinen Preis in die Hände fallen wollten. Etwa 5000
deutsche Soldaten und etwa 600 Soldaten und Offiziere der Roten Armee fanden
bei der Kesselschlacht den Tod. Wie viele Zivilisten bei den Kämpfen
zwischen Spremberg und Kausche ums Leben kamen, ist ungewiss. Die
Zerstörungen in den umliegenden Dörfern waren groß.
Über einen Teil des damaligen Schlachtfeldes bei Kausche ist inzwischen der
Tagebau Welzow-Süd hinweggezogen. Kausche selbst wurde umgesiedelt. Gebeine
von Kriegstoten werden immer wieder durch den Bergbau freigelegt. Sie werden
auf dem Spremberger Georgenberg beigesetzt. Dort fanden nach dem Krieg
bereits tote Rotarmisten ihre letzte Ruhe.
(14.04.05)POTSDAM Anlässlich der Grundsteinlegung für den Wiederaufbau der Potsdamer
Garnisonkirche, die am Donnerstag als öffentliche Veranstaltung in der
Breiten Straße mit etwa 1.000 Teilnehmern stattfand, waren ca. 250
Polizeibeamte des Schutzbereich Potsdam sowie der Landeseinsatzeinheit im
Einsatz.
Ab 15.20 Uhr erfolgte eine Sperrung der Breiten Straße zwischen
Friedrich-Ebert-Straße und Dortustraße in Richtung Zeppelinstraße für den
Fahrzeugverkehr. Dadurch kam es zu Staubildungen auf der Zeppelinstraße bis
Geschwister-Scholl-Straße und auf der Heinrich-Mann-Allee sowie der
Friedrich-Engels-Straße bis jeweils zur Friedhofsgasse. Die Breite Straße
wurde kurz nach 18 Uhr wieder für den Verkehr frei gegeben.
Auf der gegenüberliegenden Seite der Breiten Straße hatten sich ca. 100
Gegner der Grundsteinlegung eingefunden, die mit lauten Zwischenrufen ihre
Meinungen bekundeten.
Am 13. April gegen 14:50 Uhr fuhren mehrere Einsatzwagen der
Brandenburger Polizei vor dem Gelände des Jugendclubs “Horte” in der Peter-Göring-Straße 25 vor, um die Vereinsräume zu durchsuchen. Hintergrund war ein Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Strausberg aufgrund eines rechten Übergriffs auf das „Horte“ am 22. Januar 2005.
An diesem Tag drangen Mitglieder der rechtsextremen Kameradschaft “ANSDAPO” in die Vereinsräume des AJP 1260 e.V. ein. Nachdem Ihnen ein Vorstandsmitglied ein Hausverbot aussprach, wurde dieses mit einem Nothammer niedergeschlagen. Daraufhin wurden die Angreifer vertrieben.
(MOZ, Berliner Zeitung, Tagesspiegel berichteten).
Es wurde Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung und
Hausfriedensbruch gegen drei unbekannte und zwei bekannte
Rechtsextremisten erstattet, von denen einer zur Zeit wegen
Körperverletzung in Haft sitzt.
Umso überraschender war es für den Träger der freien Jugendhilfe, dass die Beamten fast drei Monate später die Räume des Vereins nach sogenannten “knüppelähnlichen Gegenständen” durchsuchen wollten.
Über 50 schwerbewaffnete Polizisten wollten gegen 15:00 Uhr mit einem Rammbock in die Jugendeinrichtung eindringen, welche an diesem Nachmittag geschlossen hatte. Gerade noch rechtzeitig konnte ihnen von einem Bewohner die Tür geöffnet und Kooperation bekundet werden, bevor größerer Schaden entstehen konnte.
Die Durchsuchung war fast abgeschlossen, als gegen 16:30 Uhr die Rechtsanwältin des Vereins vor Ort erschien. Aus ihrer Sicht ließ der Durchsuchungsbeschluss in Verbindung mit der durchgeführten Maßnahme viele Fragen offen. Schlussendlich wurde alles eingesammelt, was ansatzweise nach “Knüppel” aussah.
Beschlagnahmt wurden unter anderem Gestänge für ein Gartenpavillon, Keulen aus einem Jonglierworkshop, ein Zeitungshalter für Tageszeitungen, eine Feile mit Holzgriff, kaputte Billardqueues und weitere Reste von Möbel.
Es stellt sich die Frage, ob mit dieser Maßnahme wieder mal eine Rufmordkampagne gegen das politisch manchmal unbequeme Projekt gestartet werden soll?
Mit welcher Motivation wird ein lokalpolitisch anerkannter Träger der freien Jugendhilfe in der öffentlichen Meinung kriminalisiert?
Strausberg, 14.04.2005