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Endlich die richtigen Schlüsse ziehen…

Nun ist es wieder soweit: Nach mehrjähriger Absti­nenz demon­stri­ert die NPD wieder ein­mal in Frank­furt (Oder) und besucht die selb­ster­nan­nte Kleist­stadt am Gren­zfluss mit ihrem nationalen Straßen­zug. Monate zuvor ent­deck­ten die “aufrichti­gen Demokrat­en” durch die anti­semi­tis­che Gedenkstein­schän­dung am 9. Novem­ber die braune Gefahr. Allen voran schwadroniert nun der Ober­bürg­er­meis­ter der Stadt, Mar­tin Patzelt (CDU), mit Blick auf den 27.1. lau­thals von Blockaden.

Mit­tler­weile kön­nen wir aber nichts mehr vom „Stadt­vater“ erwarten. Allein im Jahr 2006 hat ihn wed­er der Fre­itod eines Hartz‑4 Empfängers, die Ermor­dung eines Obdachlosen, noch der Fen­ster­sprung mit darauf fol­gen­der Quer­schnittsläh­mung eines Migranten geschockt. Eine öffentliche Diskus­sion über die Ursachen hat nie stattgefunden.

Auch mit den Prob­le­men des Recht­sex­trem­is­mus wur­den die Opfer alleine gelassen. Nazi­ak­tiv­itäten in der Stadt wur­den ver­harm­lost oder tot­geschwiegen. Die Reor­gan­i­sa­tion der NPD sowie die Formierung recht­sex­trem­istis­ch­er Ultras rund um den Fußbal­lvere­in FFC Vik­to­ria Frank­furt (Oder) wurde zu keinem Zeit­punkt ernst genommen.

Stattdessen wur­den Antifaschist_innen zu jed­er erden­klichen Möglichkeit krim­i­nal­isiert und mit Repres­sio­nen über­zo­gen. Eine alter­na­tive Jugend­szene wurde in ihren Anfän­gen erstickt. Beispiele dafür gibt es viele: Die Haus­be­set­zung der „Vil­la Rosa“ im Jahr 2005 wurde mit SEK-Ein­satz been­det, in der radikalen Linken wurde ein Spitzel instal­liert und gegen Antifas wird zur Eröff­nung eines Ver­fahrens zur Bil­dung ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung ermit­telt. Erst kür­zlich wurde durch die veröf­fentlichte Doku­men­ta­tion eines Anwer­bev­er­suchs durch den Ver­fas­sungss­chutz deut­lich, was Vater Staat vom antifaschis­tis­chen Engage­ment wirk­lich hält.

Seit der Schän­dung des Syn­a­gogenge­denksteines im Stadtzen­trum zeigen sich die Lokalpolitiker_innen geschockt über die anti­semi­tis­chen Kräfte in der Stadt. Schnell wurde über Konzepte und Möglichkeit­en gere­det, die den „Ewiggestri­gen“ ein Ende set­zten sollen. Auch die Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen ste­ht dabei zur Debatte.

Zudem war es offen­sichtlich, dass z.B. der Ober­bürg­er­meis­ter das Prob­lem nicht beim Recht­sex­trem­is­mus an sich sah, son­dern viel mehr bei dem bun­desweit­en Imagev­er­lust und den damit ent­stande­nen Schaden am Wirtschafts­stan­dort Frank­furt (Oder). Solange aber nicht der Anti­semitismus mehr zu bekla­gen ist, als irgendwelche Wirtschaftss­chä­den, sind die Reden des OB für eine demokratis­che und tol­er­ante Gesellschaft nur als pure Heuchelei zu beze­ich­nen. Es ist der Ver­such, aus Scheiße Gold zu machen – mehr nicht.

Worin liegt unser Prob­lem? Die Stad­to­beren scheinen bei ihrem Gerede für Demokratie und Tol­er­anz zu vergessen, dass die Ursachen für den Recht­sex­trem­is­mus tief in der Gesellschaft ver­ankert sind: 45% der in Bran­den­burg leben­den Men­schen denken, dass es hier zu viele Ausländer_innen gebe. Para­dox­er­weise liegt die Immigrant_innenquote in Bran­den­burg nur knapp über 2%.
Zugle­ich erliegt ein Großteil der Deutschen einem nationalem Super­hype: 30% ver­lan­gen ein hartes Durch­greifen gegenüber dem Aus­land, um deutsche Inter­essen durchzuset­zen. Über 28% sehen das ober­ste Ziel deutsch­er Poli­tik darin, der BRD inter­na­tion­al die Macht und Gel­tung zu ver­schaf­fen, die ihr zuste­ht. Auch wenn sich knapp 15% der Deutschen von Natur aus anderen Völk­ern über­legen fühlen, denken mehr als 38% der deutschen Bevölkerung, dass man doch endlich mehr Mut zu einem starken Nation­al­ge­fühl haben sollte. Da über­rascht es wenig, dass mehr als 10% der Deutschen auch gute Seit­en im Nation­al­sozial­is­mus sehen kön­nen. Bei stark­er Arbeit­slosigkeit seien doch bitteschön die Ausländer_innen wieder in ihre Heimat zu deportieren, darin sind sich 35% der deutschen Staatsbürger_innen einig.* Soviel also zu Sätzen wie: „Aus der Geschichte wurde gel­ernt, blabla…“

Auch die CDU, der Mar­tin Patzelt als Frank­furter OB ange­hört, provoziert durch Leitkul­tur­de­bat­ten und Patri­o­tismuskam­pag­nen und ist so mitver­ant­wortlich für ras­sis­tis­che Ten­den­zen in der Mitte der Gesellschaft. Durch sie wurde das Recht auf Asyl prak­tisch abgeschafft. Islam­o­phobe Gesin­nun­gen sind durch die Debat­te um den Türkei-Beitritt erkennbar gewor­den: Ein Land mit islamis­ch­er Reli­gion sei nicht mit der abendländis­chen, christlichen Kul­tur vere­in­bar und gehöre deshalb nicht in die EU, habe deshalb also auch kein Anspruch auf den €päis­chen Lebens­stan­dart. Auf das Brück­en bauen zwis­chen zwei Kul­turen wird verzichtet und somit auch auf die Chance, einen Dia­log mit der ara­bis­chen Welt eröff­nen zu können.

Auch Anti­semitismus ist der CDU nicht fremd: Nor­bert Blüm, ehe­ma­liger Arbeitsmin­is­ter, spricht von einem „hem­mungslosen Ver­nich­tungskrieg“ Israels und set­zt damit deutsche Kriegsver­brechen mit dem Recht auf Selb­stvertei­di­gung — für die Exis­tenz — des jüdis­chen Staates gle­ich. So wird deutsche Geschichte rel­a­tiviert, gle­ichge­set­zt und ver­harm­lost. Deutsch­land sei damals nicht anders gewe­sen, wie andere Län­der, beson­ders Israel, also das Land der dama­li­gen Opfer, heute.

Nun find­et am 27.1.2007 der Lan­desparteitag der CDU in Frank­furt (Oder) statt. Dies ist zugle­ich der Anlass für die NPD eine Demon­stra­tion vor Ort durchzuführen. Natür­lich ver­sucht sie durch die Anlehnung an den CDU Parteitag ihr anti­semi­tis­ches Anliegen zu ver­schleiern, um so ein möglich­es Ver­bot des Auf­marsches zu umge­hen. Doch es ste­ht nicht außer Frage, dass das Datum, der 27.1.07, für die NPD sym­bol­is­chen Wert hat und damit der eigentliche Grund der Demon­stra­tion ist. Es ist der Befreiungstag des Konzen­tra­tionslagers Auschwitz, welch­es Sinnbild für den Ver­nich­tungskrieg der Deutschen ist. Es ist der Ort, an dem die Deutschen ohne Gewis­sens­bisse ihr bes­tialis­ches Werk, die Endlö­sung der Juden­frage, zu real­isieren dro­ht­en. Dort richteten sie auf unvorstell­bar­er Weise u.a. sechs Mil­lio­nen unschuldige Jüdin­nen und Juden hin, egal ob Frau, Mann, egal ob jung oder alt. Aber nicht nur sie wur­den dort ver­gast, auch Kommunist_innen, Homo­sex­uelle, Sin­ti und Roma, die pol­nis­che Intel­li­genz sowie christliche Gegner_innen des Regimes vie­len dort dem Größen- und Ver­nich­tungswahn des nation­al­sozial­is­tis­chen Deutsch­lands zum Opfer.

Mit­tler­weile ist der 27.1. zum inter­na­tionalen Gedenk­tag für die Opfer des Nation­al­sozial­is­mus gewor­den. Die NPD wird indes bei der Demon­stra­tion in Frank­furt (Oder) ein­mal mehr ver­suchen, die Ver­brechen für ihre Poli­tik umzudeuten. Damit wer­den die Opfer ver­höh­nt und verspot­tet. Zudem wird es die NPD als einen Erfolg ver­buchen, wenn es gelingt, eben an diesem Tag über­haupt demon­stri­eren zu dürfen.

Auf der anderen Seite erscheint es frag­würdig, warum die Lan­des-CDU sich genau diesen Tag aus­sucht, um ihr zukün­ftiges Pro­gramm und diverse Per­son­al­fra­gen zu disku­tieren. Sie selb­st beschreibt sich als christ­demokratisch, doch wür­den wirk­liche Demokrat_innen den Tag nutzen, um den Opfern angemessen zu gedenken, statt partei­in­terne Machtkämpfe auszu­tra­gen. Dass dabei sog­ar die tra­di­tionelle Gedenkver­anstal­tung für die Auschwitzbe­freiung umziehen muss, weil eben genau die CDU an diesem Ort, dem Kleist­fo­rum, ihren Parteitag abhal­ten will, ist eine weit­ere zu kri­tisierende Tatsache.

Wir fordern dich deshalb auf, den Kampf für ein selb­st­bes­timmtes Leben hier in Frank­furt (Oder) und ander­swo zu unter­stützen. Versperre der NPD den Weg, um ihre Demon­stra­tion so zum Scheit­ern zu brin­gen. Der NPD den Weg zu block­ieren muss aber auch heißen, kon­se­quent die deutschen Ver­hält­nisse anzu­greifen, um den seit Jahrzehn­ten aufk­om­menden Nation­al­is­mus zu stop­pen, die Emanzi­pa­tion des Men­schen zu ermöglichen und aus der deutschen Schuld die richt
igen Schlüsse zu ziehen. Sechs Mil­lio­nen Juden sind wir das schuldig.

Also: seid keine Deutschen, seid Men­schen! Kom­mu­nis­mus statt Volkstümelei!

ISKRA Frank­furt (Oder) — www.iskra-ffo.de

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Zwischen Olympia und Nirwana

Die aufge­flo­ge­nen VS-Spitzel im Berlin­er Sozial­fo­rum, eben­so wie der jüngst bekan­nt gewor­dene Anwer­bev­er­such in Frank­furt (Oder) zeigen: Die Schlap­phüte der Lan­desämter und des Bun­de­samtes bere­it­en sich auch ihrer­seits auf den bevorste­hen­den G8-Gipfel in Heili­gen­damm vor. Um die Arbeitsweise des VS bei Infor­man­te­nan­wer­bun­gen genauer ken­nen zu ler­nen, ließ man sich zum Schein in der Oder­gren­zs­tadt auf das “Spiel” ein. Seit Som­mer 2006 ver­suchte der Ver­fas­sungss­chutz eine Per­son aus der linken Szene der Stadt für Infor­man­ten­di­en­ste anzuwer­ben. Neben Infor­ma­tio­nen über die lokale Antifa-Szene und deren Verbindun­gen inter­essierten den VS vor allem die Mobil­isierung gegen den G8-Gipfel in Heili­gen­damm. Veröf­fentlicht hat diesen Bericht die Soli­gruppe Frank­furt (Oder). Sie hat sich im Herb­st 2005 gegrün­det, um aktiv und wirk­sam auf das Bedro­hungsszenario eines möglichen §129-Ver­fahrens gegen lokale AntifaschistIn­nen reagieren zu kön­nen. Mehr Infos: www.soligruppe-frankfurt.de

Seit Som­mer 2006 ver­sucht­en Agen­ten des Ver­fas­sungss­chutzes (VS) in Frank­furt (Oder) eine Per­son aus der linken Szene für Infor­man­ten­di­en­ste anzuwer­ben. Infor­ma­tio­nen soll­ten nicht nur über die Autonome Antifa Frank­furt (Oder) und ihre Verbindun­gen in andere Städte gesam­melt wer­den. Auch das dissent!-Netzwerk sollte auss­pi­oniert wer­den, das die G8-Gipfel­proteste mit vor­bere­it­et. Die Per­son wurde aufge­fordert, an Vor­bere­itungstr­e­f­fen des dissent!-Netzwerkes teilzunehmen und sich in Mail­verteil­er einzuschreiben. Ihr Ein­satz sollte sich dabei nicht auf die Region Bran­den­burg beschränken. Die Teil­nahme an Ver­anstal­tun­gen in anderen Bun­deslän­dern war aus­drück­lich vorge­se­hen. Als Gegen­leis­tung wink­ten bis zu 500 Euro monatlich.

Im Fol­gen­den wird der über knapp sechs Monate laufend­en Anwer­bev­er­such detail­liert chro­nol­o­gisch doku­men­tiert. Damit soll nicht nur der sich anfangs als Jour­nal­ist aus­gebende VS-Beamte, der sich offen­sichtlich auch in anderen Städten Bran­den­burgs wie Bernau und Pots­dam vorstellte, aus der Anonymität geholt wer­den, auch soll ver­sucht wer­den, einen Ein­blick in die Arbeitsweise des VS bei Infor­man­te­nan­wer­bun­gen zu geben.

Der rel­a­tiv lange Zeitraum von knapp sechs Monat­en, über den der Kon­takt zu den VS-Beamten bestand, mag zunächst ver­wun­dern, ist es doch emp­fohlen und rat­sam, Anwer­bev­er­suche sofort öffentlich zu machen und damit erfol­g­los zu been­den. Die Entschei­dung, zunächst Inter­esse an ein­er Mitar­beit zu bekun­den und dadurch einen län­geren Kon­takt einzuge­hen, wurde bewusst in Abstim­mung mehrerer Per­so­n­en getrof­fen und hat seine Ursache in den derzeit­i­gen Repres­sio­nen gegen die radikale Linke in Frank­furt (Oder). Vom Tag der ersten Begeg­nung an bis zum Tag dieser Veröf­fentlichung war jedes zwis­chen der Per­son und dem VS gewech­selte Wort trans­par­ent. Jedes Tre­f­fen wurde inten­siv vor- und nach­bere­it­et sowie doku­men­tiert. Der Kon­takt wurde an dem Punkt abge­brochen, an dem das erste Mal Infor­ma­tio­nen an den VS gelangt wären, über die er bis dato noch nicht ver­fügt hatte.

23. Juni 2006: Die erste Kon­tak­tauf­nahme durch den VS. Der junge Aktivist, der vom VS für eine mögliche Zusam­me­nar­beit aus­gewählt wurde, wird an einem Fre­ita­gnach­mit­tag auf offen­er Straße in der Nähe seines Arbeit­splatzes ange­sprochen. Offen­bar haben die Beamten auf seinen Heimweg gewartet. Ein sich als Jour­nal­ist aus­geben­der Mann stellt sich als Björn Klopp­stock aus Berlin vor. Er wolle mit dem Aktivis­ten ein Inter­view machen. The­ma soll die ökonomis­che Glob­al­isierung sein.

Auf die Frage des Aktivis­ten, woher Klopp­stock ihn kenne und warum er ger­ade mit ihm ein Inter­view führen wolle, antwortet Klopp­stock, ein Bekan­nter aus Berlin hätte ihm von ihm erzählt. Klopp­stock möchte gern die Mobil­tele­fon­num­mer oder E‑Mail-Adresse des jun­gen Aktivis­ten haben, um mit ihm in Kon­takt treten zu kön­nen. Er ver­weigert das allerd­ings. Stattdessen lässt er sich die E‑Mail-Adresse des ver­meintlichen Jour­nal­is­ten geben. Sie lautet der_tempelritter@web.de. Der Aktivist sagt, er würde sich melden, falls sein­er­seits Inter­esse an einem Inter­view bestünde. Die bei­den ver­ab­schieden sich.

30. August 2006: Das erste Tre­f­fen. Nach intern­er Rück­sprache mit Fre­un­den schickt der junge Aktivist eine E‑Mail an Klopp­stock. Darin bekun­det er sein Inter­esse an einem Tre­f­fen. Bere­its einige Tage danach meldet sich Björn Klopp­stock per Mail bei dem jun­gen Aktivis­ten und schlägt vor, sich zu einem Gespräch am 30. August um 18.30 Uhr zu tre­f­fen. Tre­ff­punkt: der Ein­gang des Kleist-Muse­ums in der Faber­straße 7. Ein innen­stadt­na­her Ort in Odernähe, der jedoch kaum fre­quen­tiert und sehr ruhig gele­gen ist.

Kaum fre­quen­tiert­er, ruhig gele­gen­er Treffpunkt

Bere­its 20 Minuten vor der vere­in­barten Zeit taucht min­destens ein Mann Mitte 30 mit ins Gesicht gezo­gen­er Kapuze auf, der nun bis 18.30 Uhr die umliegen­den Straßen abläuft und dabei sorgfältig die Umge­bung mustert. Als der Aktivist ein­trifft, greift er zum Mobil­tele­fon und tele­foniert. Keine fünf Minuten später erscheint Klopp­stock zu Fuß. Nach fre­undlich­er Begrüßung fragt er, ob sie sich zu einem griechis­chen Restau­rant begeben wollen, das er ger­ade gese­hen habe. Zu Fuß geht es in das nahe gele­gene Restau­rant “Olympia” in der Großen Schar­rn­straße 60.

Klopp­stock erzählt zunächst von einem Urlaub in Island, von Schaf­sköpfen und Hákarl (Grön­land­hai) als regionale Delikatesse und erkundigt sich nach dem Urlaub des Aktivis­ten. Die Gespräch­sat­mo­sphäre ist sehr lock­er, es wird viel gelacht. Der VS-Mann zeigt sich an dem schulis­chen Werde­gang des Aktivis­ten inter­essiert. Auf die Frage des Aktivis­ten, was er gemacht hätte, erzählt Klopp­stock von seinem Abitur auf dem zweit­en Bil­dungsweg. Er hätte in der DDR die Poly­tech­nis­che Ober­schule besucht, dann kurz eine Lehre gemacht und schließlich auf dem zweit­en Bil­dungsweg Abitur. Danach hätte er Ver­wal­tungswis­senschaften studiert, eine Mis­chung aus Poli­tik, BWL und Jura, wie er meint. Zwis­chen­zeitlich wird bestellt. Klopp­stock wählt einen Bauern­teller. Dazu ein Wass­er mit Sprudel und eine Tasse Kaffee.

Nun wolle er noch mal sein Ansin­nen als Jour­nal­ist erläutern, hob der VS´ler an. Grund­sät­zlich gehe es ihm in sein­er Arbeit, die schw­er­punk­t­mäßig auf den Osten konzen­tri­ert sei, um geis­te­spoli­tis­che Entwick­lun­gen inner­halb der recht­en Szene, beispiel­sweise zum The­ma Glob­al­isierung. Harte Fak­ten wie Mobil­isierungspoten­ziale wären nicht ganz so wichtig, spiel­ten aber auch eine Rolle. Es gin­ge ihm vielmehr um eine Prog­nose in Form ein­er Analyse, um Lage­bilder, die authen­tisch sein soll­ten. Seine weit­ere Spezial­isierung neben dem Recht­sex­trem­is­mus wäre der Nahe Osten, wo er sich ganz gut auskenne. Daher würde ihn inter­essieren, wie sich die radikale Rechte mit dem The­ma auseinan­der set­ze, welche Ansätze sie ver­fol­gen würde und wie ern­sthaft sie seien. Er brauche das für seine Arbeit beim Bun­desmin­is­teri­um des Innern. So weit seine Kurz­darstel­lung. Auf die anschließende Frage, für wen genau er arbeite, das Bun­desmin­is­teri­um des Inneren sei ja groß, erk­lärt er, direkt beim Bun­de­samt für Ver­fas­sungss­chutz ange­siedelt zu sein.

Pi mal Dau­men sind 400 bis 500 Euro drin

Der Aktivist stellt daraufhin die Frage, was Klopp­stock konkret von ihm erwarte, was er von ihm wis­sen wolle. Der ent­geg­net, er müsse erst­mal sehen, ob der Aktivist über­haupt etwas zu sagen habe. Klopp­stock erzählt von Demon­stra­tio­nen der palästi­nen­sis­chen Szene zu den israelis­chen Mil­itärak­tio­nen im Libanon, die er in Berlin beobachtet hätte. Während dabei Recht­sex­trem­is­ten ganz klar Posi­tion für die Palästi­nenserIn­nen beziehen wür­den, was er aus ein­er anti­semi­tis­chen Kom­po­nente für nachvol­lziehbar halte, hätte er auf dem Nebengleis
beobachtet, wie Leute aus der Antifa Prob­leme hät­ten sich zu posi­tion­ieren. Er könne nun nicht ver­ste­hen, wie Leute aus der Linken qua­si aus Reflex zu der Flagge des Staates Israel greifen. Er wolle dem Aktivis­ten nicht zu nahe treten und meine es auch nicht per­sön­lich, aber wären die Recht­en für Israel, wären die Linken dann für die Palästi­nenserIn­nen, nur um nicht zufäl­lig das gle­iche The­ma zu beack­ern? Das ver­stünde er ein­fach nicht und würde sich über eine Erk­lärung freuen. Ob das über­haupt eine Rolle spiele oder The­ma sei, würde ihn inter­essieren. Und habe der Aktivist sich in dieser Auseinan­der­set­zung auch selb­st positioniert?

Mit den schwammi­gen Antworten und der fehlen­den Zuord­nung des Aktivis­ten offen­bar unzufrieden, fragte der VS´ler nach dessen Selb­stver­ständ­nis. Da der Aktivist sich als lib­ertären Men­schen beze­ich­net, inter­essiert Klopp­stock nun, ob er sich mit klas­sis­chen The­men wie Arbeit­er­be­we­gung und Ökonomie befasse. In der Folge kommt es zu einem Gespräch rund um Reich­tum und Hartz IV. Klopp­stock bringt an, das The­ma Hartz IV würde eben­so von links wie von der NPD bear­beit­et und ob man da nicht par­tiell gemein­sam marschiere. Seine Beiträge wer­den zunehmend pro­vokan­ter, er ver­sucht aber immer wieder, seine fre­undliche Absicht her­vorzuheben: Für ihn sei das eine per­sön­liche Debat­te. Auch Antifas könne er nicht so ganz ver­ste­hen. Zwar sei er selb­st Antifaschist, aber er sehe hin­ter jed­er Glatzkopf­fratze auch einen Grun­drecht­sträger. Und was wür­den Antifas über­haupt tun, wenn es keine Neon­azis mehr gebe? Hät­ten sie dann über­haupt noch etwas zu tun?

Nach­dem ihm die Notwendigkeit von Antifa-Arbeit, auch aus eige­nen Erfahrun­gen mit Angrif­f­en, erk­lärt wird, zeigt er sich an der Organ­isierung inter­essiert. Gebe es eine Opfer­hil­fe und was könne man Angrif­f­en ent­ge­genset­zen? Wie sen­si­bil­isiert sei die Bevölkerung? Er will auch wis­sen, ob der Aktivist selb­st in irgen­deinem Ver­band organ­isiert oder eher Einzel­gänger sei. Der Aktivist antwortet mit der Frage, was Klopp­stock für die Infor­ma­tio­nen anzu­bi­eten habe, ob es Dinge gebe, die das Gespräch mit ihm inter­es­san­ter machen kön­nten. Klopp­stock antwortet nach kurzem Schweigen mit ja. Auf die Nach­frage, worum es dabei gehen kön­nte, fordert er den Aktivis­ten auf, einen Vorschlag zu machen. Der fragt nach Geld. Klopp­stock zeigt sich über­rascht und spricht nun langsam und konzen­tri­ert. Er habe ein­fach nicht darüber nachgedacht irgen­det­was anzu­bi­eten, zumal das auch noch nicht die Infor­ma­tio­nen wären, die ihn inter­essieren wür­den. Er wolle mal gle­ich klarstellen, dass er sich ungern linken lasse, indem er jet­zt Stoff biete. Er könne nicht ein­schätzen, wie ernst es dem Aktivis­ten sei, dazu kenne er ihn bish­er zu wenig. Auf den Ein­wurf des Aktivis­ten, sie hät­ten halt bei­de ihre Inter­essen, zeigt sich Klopp­stock jedoch zuver­sichtlich, sie zusam­men­brin­gen zu kön­nen. Das wäre vielle­icht leichter möglich, wenn der Aktivist erläutere, was er so konkret mache und mit welchen The­men er sich beschäftige. Klopp­stock selb­st kenne sich da halt nicht so aus, da er sich mit Glob­al­isierungs­geschicht­en nur in Zusam­men­hang mit Rechts befasst hätte. Sie kom­men nun auf die The­men Anar­chosyn­dikalis­mus, G8 und soziale Gerechtigkeit zu sprechen und disku­tieren über die Arbeits­be­din­gun­gen in Chi­na und die Lebens­be­din­gun­gen im Kongo.

Ross und Reit­er nen­nen: Gewollt sind harte Facts

Nach der Bestel­lung eines Ouzo und nach über einein­halb Stun­den Gespräch macht Klopp­stock ein konkretes Ange­bot: Der Aktivist mache einen pos­i­tiv­en Ein­druck auf ihn, wen­ngle­ich er auch noch ein wenig mis­strauisch auf Grund der Geld­forderung sei. Der Aktivist ent­geg­net, er sei mit dem Gefühl in das Gespräch gegan­gen, ein Inter­view zu geben, und dann habe sich Klopp­stock als Mitar­beit­er ein­er Behörde aus­gegeben. Eine Hand wasche halt die andere. Klopp­stock sichert nun Abklärungs­be­mühun­gen zu, was die Finanzen ange­ht. Der Aktivist müsse es dann aber auch wirk­lich ernst meinen. Zum näch­sten Tre­f­fen würde er dann sagen kön­nen, was er sich erwarte und was der Aktivist erwarten könne. Bei dem Geld komme es darauf an, wie tief er ein­steigen wolle. Pi mal Dau­men wären aber 400 bis 500 Euro im Monat drin.
Auf die Frage des Aktivis­ten, worum es denn dann konkret the­ma­tisch gehen würde, da er nicht zu allen The­men etwas sagen könne, weicht Klopp­stock aus. Er müsse sich selb­st erst­mal sein The­men­feld Recht­sex­trem­is­mus erweit­ern, was aber kein Prob­lem wäre. Um genaueres zu sagen, müsse er sich noch weit­er ein­le­sen und mit Analy­sen befassen. Mit dem The­ma Glob­al­isierung könne man aber sich­er etwas anfan­gen. Allerd­ings müsse es dann auch um Ross und Reit­er gehen. Also auch harte Fak­ts wie Per­so­nen­zahlen, Finanzen, Struk­turen und Gebäude. Der Aktivist solle authen­tis­che Sachen liefern, die man nicht in der Zeitung lesen könne. Seine Auf­gabe würde ein­er jour­nal­is­tis­chen Recherc­hear­beit gle­ichkom­men, die bun­desweit wäre. Und auch seine eigene Mei­n­ung wäre mitunter nicht uninteressant.

Klopp­stock hat Angst, immer noch zu all­ge­mein zu sein und bringt ein Beispiel: Inter­es­sant wäre es beispiel­sweise, wenn sich 100 Leute aus Deutsch­land zu ein­er Kon­ferenz zusam­men­find­en. Was würde dort besprochen und welche Ansätze wür­den ver­fol­gt? Wie ernst schätzte er die Ansätze selb­st ein? Auf die Frage, ob er sich eher für die PDS oder autonome Kreise inter­essiere, spricht Klopp­stock von den unor­gan­isierten Kreisen. Die PDS inter­essiere ihn nicht, obwohl es nicht von Schaden für sie sei, dass sie in den VS-Bericht­en auf­tauche. Eines liegt Klopp­stock dann noch sehr auf dem Herzen. Mit der Polizei wolle er nicht zusam­me­nar­beit­en. Er mei­de die Polizei wie der Teufel das Wei­h­wass­er. Über Kon­tak­te des Aktivis­ten mit der Polizei, gle­ich ob neg­a­tiv­er oder pos­i­tiv­er Art, wolle er alles wis­sen, da dies entschei­dend sei, um die Arbeit abzu­sich­ern. Beste­he eine Art Zusam­me­nar­beit, kämen sie nicht ins Geschäft. Der Aktivist solle sich auch keinen Kopf darüber machen, ob er eventuell nicht in der Lage zu dieser Recherc­hear­beit sei. In die Lage ließe er sich ohne Weit­eres ver­set­zen, wenn der Wille da wäre. Ein biss­chen dürftig sei es nur, wenn er von seinen Hauereien mit Neon­azis erzählen würde. Die inter­essierten weniger.

Grund­satz der Zusam­me­nar­beit wäre absolute Ver­traulichkeit. Die Geschichte gehe nur sie bei­de etwas an. Wed­er das poli­tis­che Umfeld noch Strafver­fol­gungs­be­hör­den sollen etwas mit­bekom­men. Der Aktivist solle sich das nun rei­flich über­legen, während er bis zum näch­sten Tre­f­fen inhaltliche und finanzielle Aspek­te abkläre. Anson­sten würde er gerne im E‑Mail-Kon­takt bleiben. Der Aktivist ent­geg­net unmissver­ständlich, sich bere­its entsch­ieden zu haben. Die Sache wäre ins­ge­samt nichts für ihn. Er wäre nicht der Richtige. Leute verpfeife er nicht. Klopp­stock ent­geg­net sehr über­rascht, der Aktivist habe ihn wohl falsch ver­standen, und fragt, ob er ihn doch noch mal bei all­ge­meinen Fra­gen per E‑Mail kon­tak­tieren könne. Der Aktivist willigt ein.

Bei­de ver­lassen nun den Griechen. Bevor sie sich tren­nen, erkundigt sich Klopp­stock noch im fre­undlichen Smalltalk über die Arbeit des Aktivis­ten. Sie ver­ab­schieden sich nach zweiein­halb Stun­den Gespräch.

Am 25. Sep­tem­ber 2006 geht um 16.33 Uhr wieder eine E‑Mail von Björn Klopp­stock ein. Sie ist kurz. Falls der Aktivist nochmals Zeit und Lust habe, würde er sich gern mit ihm tre­f­fen. Es gebe noch einige The­men, zu denen er gern seine Mei­n­ung erfahren würde. Er schlägt vor, sich Mittwoch oder Don­ner­stag der darauf fol­gen­den Woche zu treffen.
Da keine Reak­tion erfol­gt, meldet sich Klopp­stock am 4. Okto­ber 2006 um 15.25 Uhr noch ein­mal per E‑Mail. Er bedauert, dass der
Aktivist noch nicht reagiert habe, und erkundigt sich, ob er kein Inter­esse an einem weit­eren Gespräch habe oder nur nicht online gewe­sen sei.
Am Dien­stag, dem 10. Okto­ber 2006, taucht Klopp­stock gegen Mit­tag unver­mit­telt auf der Arbeitsstelle des Aktivis­ten auf. Er bit­tet um ein sofor­tiges Gespräch, das der Aktivist allerd­ings aus Zeit­grün­den ablehnt. Sie vere­in­baren, sich zwei Tage später, am 12. Okto­ber 2006, um 18 Uhr wiederum am Kleist-Muse­um zu treffen.

12. Okto­ber 2006: Das zweite Tre­f­fen. Wie besprochen find­et sich der Aktivist am Don­ner­stag um 18 Uhr vor dem Kleist-Muse­um ein. Noch während des Ein­tr­e­f­fens bemerkt er eine männliche Per­son mit­tleren Alters, die die Umge­bung nach Auf­fäl­ligkeit­en über­prüft und dann sin­ngemäß in ihr Mobil­tele­fon spricht: “Alles klar hier unten.” Der Mann hat kurzes Haar, trägt einen Ruck­sack und ist am Ohr verk­a­belt. Der VS hat wiederum nichts dem Zufall über­lassen. Wenig später trifft Klopp­stock zu Fuß ein. Auf die Frage des Aktivis­ten, wo sie sich heute unter­hal­ten wollen, nen­nt Klopp­stock wieder das griechis­che Restau­rant “Olympia” in der Großen Schar­rn­straße. Der Aktivist schlägt zur Abwech­slung das indis­che Restau­rant “Nir­wana” in der­sel­ben Straße und ähn­lich ruhig gele­gen vor. Klopp­stock geht darauf aber nicht ein, offen­bar weil nur das Restau­rant “Olympia” durch den VS in Augen­schein genom­men wurde.

Unin­ter­es­sant: Berichte von Hauereien mit Nazis

Auf dem Weg zum Griechen find­et Smalltalk zwis­chen den bei­den statt. Der Aktivist erzählt von der Frank­furter Kneipen­land­schaft und dem wirtschaftlichen Nieder­gang der Stadt nach dem Zer­fall der Hal­blei­t­erindus­trie. Klopp­stock berichtet im Gegen­zug über das Pro­jekt Car­go Lifter in Brand. Nach vier Minuten sind sie im Restau­rant angekom­men. Klopp­stock stellt weit­er im Smalltalk Fra­gen zur Arbeitsstelle des Aktivis­ten. Die Getränke wer­den bestellt. 

Klopp­stock wählt erneut ein Wass­er und einen Kaf­fee. Sie unter­hal­ten sich darüber, ob man auch Leitungswass­er trinken könne und welche Qual­ität­sun­ter­schiede es dabei gibt. Dann erkundigt sich Klopp­stock nach den unbeant­worteten Mails. Er sei nicht rechtzeit­ig dazu gekom­men, sie zu lesen, da er ver­reist gewe­sen sei, so der Aktivist. Nun inter­essiert Klopp­stock, wo er gewe­sen sei und ob er dort Ver­wandte oder Fre­unde habe.

Der Aktivist macht Klopp­stock deut­lich, dass er ihn nicht mehr auf der Arbeit besuchen solle, da das unan­genehm wer­den könne. Klopp­stock zeigt sich äußerst ver­ständ­nisvoll. Wenn so etwas sei, solle er es ihm immer gle­ich sagen. Zukün­ftig würde wieder der diskrete Weg über E‑Mail benützt. Die Getränke wer­den gebracht. Klopp­stock bestellt den Kro­nos-Teller mit Reis. Es fol­gt ein Gespräch über Veg­e­tari­er und Fleis­ch­pro­duk­tion. Die Atmo­sphäre ist sehr locker.

Nach kurzem Schweigen ergreift Klopp­stock das Wort. Es geht um die Frage des Aktivis­ten, wie Klopp­stock auf ihn gekom­men sei. Der VS´ler meint sehr unscharf, sein Name sei im Zusam­men­hang mit ein­er Haus­be­set­zung in Frank­furt (Oder) im Som­mer 2005 aufge­taucht. Dort sei sein Name in irgen­dein­er Region­alzeitung erwäh­nt gewe­sen, der der Aktivist ein Inter­view gegeben hätte. Als der abstre­it­et, in diesem Zusam­men­hang ein Inter­view gegeben zu haben, meint Klopp­stock, es kön­nte auch eine Pressemit­teilung oder ähn­lich­es gewe­sen sein. Anson­sten könne auch er sich nicht wirk­lich erin­nern, da sein Kol­lege das immer für ihn her­aus­suche und ihm dann nur die Angaben weit­ergebe. Klopp­stock wirkt sehr unsich­er und macht viele Pausen. Der Aktivist erkundigt sich, wie er ihn auf der Straße beim ersten Ansprechen erken­nen kon­nte. Habe Klopp­stock ein Bild von ihm? Woher käme das Bild? Klopp­stock wirkt weit­er verun­sichert. Er meint, vor der Arbeitsstelle des Aktivis­ten gewartet und beobachtet zu haben, wie der Aktivist abschloss. Da könne es sich nur um ihn gehan­delt haben. Sein Name wäre ja auch nicht so weit verbreitet.

Jedes Tre­f­fen ist von VSlern abgesichert

Klopp­stock fragt anschließend nach der Haus­be­set­zung im Som­mer 2005 und gibt sich vol­lkom­men unwis­send. Er will wis­sen, ob die Beset­zung in Frank­furt stattge­fun­den habe, um welch­es Objekt es sich über­haupt gehan­delt habe und wer eigentlich der Eigen­tümer gewe­sen sei. Auch von der Räu­mung wisse er nichts, beze­ich­net es dann als Schwachsinn dazu ein Son­dere­in­satzkom­man­do (SEK) her­anzube­ordern. Und er merkt an, dass es wohl auch in Pots­dam und in der Berlin­er York­straße noch beset­zte Häuser gebe, das habe er aber nur am Rande mitbekommen.

Nun wech­selt Klopp­stock das The­ma. Er stellt die fast philosophis­che Frage, wie Linke eigentlich zu Linken wer­den. Wie sei der Aktivist eigentlich dazu gekom­men, sich mit Poli­tik zu befassen? Der Aktivist erzählt vom Geschicht­sun­ter­richt zum €päis­chen Faschis­mus und Pro­jek­ten während der Schulzeit, die am Anfang sein­er Poli­tisierung ges­tanden haben. Er stellt die Frage, wie sich Klopp­stocks Auseinan­der­set­zung mit dem Recht­sex­trem­is­mus gestalte habe. Der erzählt, er hätte die Gefahr des Recht­sex­trem­is­mus früher noch wesentlich schlim­mer emp­fun­den als heute. Er hätte noch miter­lebt, wie zu Sil­vester durch die Haupt­stadt marschiert und das Horst-Wes­sel-Lied gesun­gen wor­den sei. Heute würde da wenig­stens eingeschrit­ten. Die bei­den kom­men nun auf die Verän­derun­gen, vor allem in Hin­blick auf Klei­dungsstil und Auftreten inner­halb der Neon­azi-Szene zu sprechen, sprin­gen dann zu den frühen Aktiv­itäten des Neon­azi-Kaders und NPD-Funk­tionärs Jörg Häh­nel in Frank­furt (Oder), um schließlich bei unmöglichen Ver­gle­ichen zwis­chen dem Islam und dem NS zu lan­den. Das The­men­hop­ping geht weit­er über den Staats­be­such Putins in Frankre­ich und Deutsch­land, moralis­che Ver­w­er­flichkeit­en bei ein­er Zusam­me­nar­beit mit ver­brecherischen Regimes und die Außen­poli­tik von George W. Bush.

Klopp­stock kehrt anschließend zu seinem Anfangs angeschnit­te­nen The­ma zurück und will wis­sen, wie der Aktivist in die Szene gekom­men sei. Sei er ein­fach reingerutscht oder habe er die richti­gen Leute ken­nen gel­ernt? Der Aktivist erzählt von ein­er schulis­chen Postkarten-Verteilak­tion und von einem Nazi-Über­fall auf ihn und seine Fre­unde. Da das vie­len so ergin­ge, habe sich qua­si automa­tisch eine Art Inter­es­sen­ge­mein­schaft gebildet, da man auf Par­tys und in der Freizeit immer wieder Leute getrof­fen habe, denen es ähn­lich ergan­gen sei. Klopp­stock will wis­sen, ob man sich damals Hil­fe von außer­halb geholt habe, sich beispiel­sweise aus­ge­tauscht habe. Der Aktivist erk­lärt, der Antrieb sei eher der eige­nen Fed­er entsprungen.

Nach einem kurzen Aus­tausch über die Gründe für Antifa-Demon­stra­tio­nen in Frank­furt set­zt Klopp­stock an eine Äußerung des Aktivis­ten vom Ende des ersten Tre­f­fens an. Er stellt auf dessen Aus­sage ab, er ver­rate keine Leute. So wäre das auch gar nicht gemeint gewe­sen. Der VS´ler fühlt sich falsch ver­standen. Er fragt, ob der Aktivist an Aktio­nen gegen Nazidemon­stra­tio­nen teil­nehme und sich vorstellen könne, darüber zu bericht­en, wer da so reden und was da gere­det würde. Und wie er das per­sön­lich finde, wie seine Mei­n­ung dazu sei. Auf die Nach­frage, wie das genau ausse­hen solle, kann Klopp­stock nicht antworten. Wie das konkret ablaufen könne, hätte er sich noch nicht über­legt. Als zweites fragt er, ob es möglich sei, linke Glob­al­isierungskri­tik zum Nach­le­sen zu bekom­men. Vielle­icht könne der Aktivist da ja mal was mit­nehmen oder besor­gen, damit er mal was Konkretes schwarz auf weiß nach­le­sen kön­nte. Der Aktivist sichert zu, die Augen offen zu hal­ten, zeigt sich jedoch trotz­dem unzufrieden. Klopp­stock solle ihm sagen, wie ihm geholfen wer­den könne und was er sich von weit­eren Tre­f­fen erwarte. Ihm gin­ge es erst­mal ein­fach um die Mei­n­ung des Aktivis­ten, so Klopp­stock. Eigentlich st&a
uml;nden bei­de ja auf der gle­ichen Seite, der Weg wäre nur unter­schiedlich gestal­tet. Und genau das inter­essiere ihn. Da Stu­di­en auswiesen, die Jugend im Osten bestünde zu 30 Prozent aus NPD-Sym­pa­thisan­tInnen, wäre es inter­es­sant nach Frank­furt zu gehen und sich das mal anzuschauen.
Die Polizei wird gemieden wie vom­Teufel das Weihwasser
Er sehe aber auch, dass man ihm the­o­retisch und ganz prak­tisch helfen könne, so der VS´ler. Dazu müsse man sich halt auf einen Stun­den­lohn eini­gen. Zehn Euro pro Stunde könne man da dur­chaus ver­an­la­gen, wobei er bei Demon­stra­tio­nen die An- und Abreise nicht unbe­d­ingt in Rech­nung stellen würde. Wenn es aber beispiel­sweise um den Nazi-Auf­marsch in Wun­siedel gin­ge, könne man wegen der Ent­fer­nung sich­er über gewisse Sachen reden. Aber das müsse er alles erst abklären. Er sei sich auch noch nicht im klaren darüber, was der Aktivist neben Demobericht­en zu leis­ten im Stande wäre. Klopp­stock schlägt vor, ein the­o­retis­ches Spiel zu spie­len, in dem Grup­pen­na­men und ähn­lich­es frei erfun­den seien. Angenom­men der Aktivist wäre Mit­glied in der Rev­o­lu­tionären Jugend­vere­ini­gung Frank­furt (Oder), die sich darauf spezial­isiert habe, deutsch­landweit etwas auszus­pi­onieren. Inter­es­sant wäre nun der Auf­bau dieser Truppe, wie sie arbeite, ob ein­fach nur zum Selb­stzweck gear­beit­et würde, sich­er auch wie sie sich finanziere, wie sie sich z.B. Fotoap­pa­rate leis­ten könne. Let­ztere Infor­ma­tion wäre nun vielle­icht schon ver­han­del­bar. Aber solche Infor­ma­tio­nen wären gut. Der Aktivist solle aber wis­sen, das Klopp­stock mit den gewonnenen Erken­nt­nis­sen wed­er etwas für noch gegen ihn tun könne. Wenn er auf Polizeibeamte Hand­granat­en werfe, gin­ge er dafür halt in den Bau. Er wolle klar sagen, dass es ihm nicht um Straftat­en gin­ge. In erster Lin­ie wäre er an ein­er poli­tis­chen Analyse interessiert.

Genaue Recherchean­weisun­gen möchte Klopp­stock erst­mal nicht geben. Er will, dass der Aktivist in Ruhe darüber nach­denke und sich dazu auch mehr als eine Nacht Zeit nehme. Klopp­stock würde sich dann in ein­er Woche per E‑Mail melden und hören, was er sage. Während dessen würde er The­ma­tis­ches abklären. Der Aktivist müsse wis­sen, dass sie — mehr oder weniger — eine Forschungs- und Entwick­lungsabteilung hät­ten, die ein­schätze, was bes­timmte Sachen Wert seien. Nach einem Blick auf die Uhr merkt Klopp­stock an, dass es inzwis­chen spät gewor­den sei. Während sie auf die Rech­nung warten, begin­nt Klopp­stock erneut einen Smalltalk über die Arbeit des Aktivis­ten. Die Rech­nung wird auf einem Teller gebracht und auf dem Tisch gelegt. Die Bedi­enung geht wieder. Der Aktivist weist Klopp­stock darauf hin, dass es üblich wäre, das Geld ein­fach auf den Teller zu leg­en und zu gehen. Dieser find­et, dass sechs Euro Trinkgeld dann doch zu fett seien, und wartet lieber auf das Rückgeld.

Nach der Bezahlung erkundigt sich Klopp­stock im Gehen, ob der Aktivist grund­sät­zlich flex­i­bel sei, also auch reisen könne. Klopp­stock ver­rät noch, dass er pas­sion­iert­er Läufer sei. Nach genau zwei Stun­den tren­nen sich die bei­den vor der Tür des Restau­rants “Olympia”. Der Aktivist läuft in Rich­tung Innen­stadt und wird dabei von min­destens zwei dun­klen Lim­ou­si­nen mit Berlin­er Kennze­ichen ver­fol­gt. Als sie ihn ver­lieren, fahren sie noch eine län­gere Zeit die Karl-Marx-Straße und die Schul­straße ab. Eine der Lim­ou­si­nen hat das Kennze­ichen B‑J 832.

2. Novem­ber 2006: Das dritte Tre­f­fen. Am Don­ner­stag tre­f­fen sich Klopp­stock und der Aktivist wie vere­in­bart zum drit­ten Gespräch. Tre­ff­punkt ist erneut das Frank­furter Kleist-Muse­um. Dies­mal sieht der VS´ler kein Prob­lem darin, in das schon beim let­zten Tre­f­fen vorgeschla­gene Restau­rant “Nir­wana” am Mark­t­platz zu gehen. Auf den ca. zehn Minuten Fußweg dor­thin find­et Smalltalk statt. Nach­dem sie gewählt haben, kreist das Gespräch zunächst um das Rauchen und den Zigaret­ten­schmuggel aus Polen über die Stadt­brücke in Frank­furt (Oder).

Nach­dem die Bestel­lung aufgenom­men wurde, kommt Klopp­stock sofort zum The­ma. Er wäre mit seinen Abklärun­gen so weit durch und habe nun noch mehrere kurze Fra­gen, die ihm sehr wichtig seien. Zuerst erkundigt er sich, wie alt der Aktivist sei. Dann fragt er nach dem Schu­la­b­schluss des Aktivis­ten und danach, was er job­mäßig jet­zt mache, ob er als Stu­dent eingeschrieben sei oder das vor habe. Dann will Klopp­stock wis­sen, wie die Job-Pla­nun­gen des Aktivis­ten ausse­hen, ob er in Frank­furt (Oder) ansäs­sig sei und vor habe hier zu bleiben. Er will wis­sen, wie die finanzielle Sit­u­a­tion des Aktivis­ten aussieht, ob er Schulden habe und wie hoch sein Einkom­men sei. Let­z­tendlich inter­essiert ihn auch, ob der Aktivist liiert sei oder Sin­gle, ob er Verpflich­tun­gen oder son­stige Bindun­gen habe.

Nach­dem Klopp­stock mit den Fra­gen durch ist, berichtet er von seinen Abklärun­gen. Eine Recherc­hear­beit des Aktivis­ten wäre gewollt und Klopp­stock selb­st könne sie auch betreuen. Die Arbeit würde sich auf zwei The­men­felder beziehen, wovon das eine Glob­al­isierung sei. Das andere The­ma wäre Antifa und deren Kap­i­tal­is­muskri­tik. The­ma­tisch wolle er aber noch nicht detail­liert­er wer­den, da für ihn noch immer unklar sei, was genau der Aktivist leis­ten wolle und könne. Für ihn sei immer noch schw­er nachzu­vol­lziehen, wo der Aktivist dabei sei und was er da so machen würde. Vom finanziellen Rah­men wäre grund­sät­zlich alles möglich. 400 Euro wäre so in etwa die Marke, auf die der Aktivist hof­fen könne. Nach oben wäre das aber offen. Da könne er Flex­i­bil­ität ver­sprechen. Wie viel es let­z­tendlich werde, hänge von der Arbeit­szeit und dem Wert der Infor­ma­tio­nen ab. In der Prax­is laufe das unbürokratisch. Das Geld würde er cash bekom­men. So ein­mal im Monat, also nicht bei jedem Tre­f­fen der beiden.
Der Aktivist erkundigt sich noch ein­mal nach den Bew­er­tungskri­te­rien für eine Infor­ma­tion. Daraufhin erk­lärt Klopp­stock, es wären vor allem Infor­ma­tio­nen inter­es­sant, die nicht in der Zeitung zu find­en seien. Er würde im Zweifels­fall immer etwas sauer sein, wenn er fest­stelle, dass der Aktivist Infor­ma­tio­nen als eigene verkaufe, die aber nur abgeschrieben seien. Der Aktivist solle davon aus­ge­hen, dass Klopp­stock auch andere Sachen bekomme, wodurch er so etwas ganz gut ein­schätzen könne. Neben dem Kri­teri­um des Infor­ma­tion­swertes wären der Zeitaufwand und das Risiko, um an die Infor­ma­tion zu gelan­gen, weit­ere Bew­er­tungskri­te­rien. Im Großen und Ganzen müsse für 500 Euro im Monat aber schon etwas But­ter bei die Fis­che kom­men, meint Kloppstock.

Straftat­en inter­essieren nicht, es geht um poli­tis­che Analysen

Auf die Frage des Aktivis­ten, ob poli­tis­che Ein­schätzun­gen nicht auch auf anderem Wege her­aus zu bekom­men wären, beispiel­sweise durch die Veröf­fentlichun­gen der Grup­pen, und der Aktivist stattdessen wirk­lich Brisantes her­aus­find­en solle, mah­nt Klopp­stock zur Vor­sicht. Ihm gin­ge es um den rohen Fakt, darum das ganz nor­male Tages­geschehen in den Grup­pen mehr oder weniger laufend zu erfahren. Das wäre für ihn schon brisant genug.

Der Aktivist unter­bricht und fragt, ob sich Klopp­stock noch mal bei seinem Kol­le­gen erkundigt habe, wie sie auf seinen Namen gekom­men wären. Das wäre beim let­zten Mal noch nicht genau gek­lärt wor­den. Klopp­stock erzählt, sein Kol­lege hätte ihm gesagt, dass der Aktivist in ein­er Zeitung oder im Inter­net namentlich erwäh­nt wor­den sei. Dabei sei es um eine Beset­zung ein­er Vil­la gegan­gen und er sei namentlich als Press­esprech­er oder irgend­was ähn­lich­es in Erschei­n­ung getreten. Klopp­stock selb­st hätte es aber nicht gele­sen. Auf die Bemerkung, Klopp­stock hätte dann ja qua­si jeden zum Gespräch laden kön­nen, stimmt dieser zu, und bemerkt, dass das der Grund wäre, erst­mal unverbindlich Gespräc
he zu führen. Es hätte ja auch sein kön­nen, dass der Aktivist von Aktiv­itäten rund um die Haus­be­set­zung etwas wisse. Es habe ja auch Vor­fälle dort gegeben, bei denen ver­meintliche Nazis Dresche bekom­men hät­ten. Darüber ist dem Aktivis­ten nichts bekan­nt. Das The­ma ist beendet.

Nun sei der Punkt gekom­men, an dem der Aktivist Klopp­stock mal auf den Stand der Dinge in Frank­furt (Oder) brin­gen solle. Der Aktivist erzählt vom prov­inziellen Hauch der Stadt und dass beim The­ma Glob­al­isierung Frank­furt (Oder) wohl nicht das richtige Forschungs­feld sei. Es gebe zwar Einzelper­so­n­en wie ihn, die zu dem The­ma arbeit­en wür­den. Eine Gruppe wäre ihm da aber nicht bekan­nt. Vielle­icht ein paar Kirchen­leute wären bei dem The­ma ansprech­bar. Klopp­stock schreckt auf. Kirchen­leute wür­den ihn nun über­haupt nicht inter­essieren und Gew­erkschaft und PDS sei für ihn kein The­ma. So was wolle er auch gar nicht wis­sen. Dies inter­essiere ihn nicht die Bohne, hätte ihn auch nicht zu interessieren.

Tabu: Kirchen­leute, Gew­erkschaften und PDS

Klop­stock will wis­sen, wo Glob­al­isierung — grund­sät­zlich gese­hen — besprochen werde, in welchen Grup­pen das bere­det werde und welche Kon­tak­te der Aktivist zu diesen Leuten habe. Dieser ent­geg­net, in der Region sehe es eher mau aus. Er selb­st habe aber an einem Vor­bere­itungscamp zum G8-Gipfel teilgenom­men und da bekomme man natür­lich einiges mit. Klopp­stock will wis­sen, ob er allein gefahren und ob daraus etwas ent­standen sei. Dies sei nicht der Fall, so der Aktivist. Und gefahren sei er tat­säch­lich allein, da er gar nicht von Frank­furt (Oder), son­dern von ein­er Urlaub­sreise direkt zum Camp gefahren sei.

Da es, wie der Aktivist meint, nicht so schw­er ist, an solchen Tre­f­fen teilzunehmen, fragt Klopp­stock, ob er sich so etwas vorstellen kön­nte. Mehr wolle Klopp­stock auch gar nicht. Das wäre ihm schon brisant genug. Ihm wäre wichtig, dass der Aktivist Kon­tak­te auf­baue, um bei solchen Tre­f­fen dabei sein zu kön­nen, sich das mal anzuse­hen. Ihm gin­ge es aber nicht darum, nur den äußer­lichen Ablauf zu erfahren. Der Aktivist solle auch mal ein Gespräch führen, um einen Ein­druck zu gewin­nen, was die Teil­nehmer umtreiben und wie sie dazu kom­men wür­den. In Bezug auf Heili­gen­damm sei er einiger­maßen auf dem Stand, erk­lärt Klopp­stock. Er fragt den Aktivis­ten, ob er in Lage wäre, ein­fach auf ein dissent!-Deutschland-Treffen nach XY zu fahren, ohne dass die ihn komisch anguck­en wür­den. Als der Aktivist erk­lärt, dass dies schon prob­lema­tisch sein könne, will Klopp­stock wis­sen, ob er an irgendwelche Mail­inglis­ten angeschlossen wäre. Der Aktivist verneint, meint aber, das wäre sich­er kein Problem.

Klopp­stock inter­essiert, ob er auf solchen Tre­f­fen Einzelper­so­n­en aus Berlin oder anderen Städten kenne. Dies sei ihm noch nicht ganz klar gewor­den. Man wolle mal bei Berlin bleiben, da das ja das Näh­est­gele­gene wäre. Er fragt, ob der Aktivist denn einen Überblick über die Berlin­er Struk­tur habe, was es da für Antifa­grup­pen gebe, wie die aufgestellt seien, was die so machen und wie sie ide­ol­o­gisch einzuor­den wären. Er fragt, ob der Aktivist sich da bewe­gen und das Ganze ein­schätzen könne. Ob er wisse, dass “Kri­tik & Prax­is” und die AANO so ein biss­chen anti­deutsch ori­en­tiert wären und die ALB, dass die mal aus ´ner Spal­tung der AAB her­vorge­gan­gen sei. Das wäre ihm schon bekan­nt, ent­geg­net der Aktivist. Aber konkrete Leute würde er dort nicht ken­nen. Klopp­stock meint, ihn wür­den die Ver­flech­tun­gen inter­essieren, wer dort wen anleite und wer was rum­schicke. Man könne ja den Ein­druck haben, dass viel Pro­pa­gan­da­ma­te­r­i­al aus Berlin stamme und in Frank­furt (Oder) nur abge­laden werde. Er könne das zwar schw­er ein­schätzen, aber hier würde das wohl kaum hergestellt. Mobil­isierun­gen zu bes­timmten Anlässen, wie z.B. nach Halbe wür­den doch in Berlin stat­tfind­en. Er will auch wis­sen, ob so ein Blättchen wie die Inter­im in Frank­furt (Oder) über­haupt von Bedeu­tung wäre.

Nun kehrt Klopp­stock wieder zu dem Aktivis­ten zurück. Der sprin­gende Punkt wäre für ihn immer noch, wie dessen poli­tis­che Arbeit ausse­he. Was mache man denn so den ganzen lan­gen Tag und in welch­er Gruppe sei er über­haupt aktiv. Er wolle halt eine leb­hafte Vorstel­lung bekom­men. Das wäre ja dann wahrschein­lich eher auf Antifa bezo­gen. Der Aktivist ent­geg­net, es gebe im Moment kein regelmäßiges Tre­f­fen. Das werde je nach Sach­lage vere­in­bart. Klopp­stock will nun wis­sen, wie die Gruppe hieße, und erhält als Antwort “Antifa Frank­furt (Oder)”. Über deren Arbeit will er mehr wis­sen. Er fragt, ob sie sich mehr oder weniger regelmäßig tre­f­fen wür­den, was es im Klar­text bedeute “Dinge öffentlich zu machen”, was der Aktivist dort für eine Stel­lung inne habe, ob es Hier­ar­chien gebe, ob inhaltliche Diskus­sio­nen geführt wür­den oder es eher eine prak­tis­che Zusam­me­nar­beit wäre und ob das qua­si die Heimat­gruppe des Aktivis­ten sei. Ihm gin­ge es um das Zusam­men­spiel in so ein­er Gruppe, wie so was laufe.

Prak­tisch: Gemein­samer Mailac­count incl. Passwort

Nach kurzem Smalltalk über das Essen will Klopp­stock nun wis­sen, wie der Aktivist über die konkrete Gestal­tung der Recherche denke. Er selb­st habe ja nun seine Vorstel­lun­gen geäußert. Er sei eher an dem über­re­gionalen Bezug inter­essiert. Gle­ich­wohl fände er so eine regionale Gruppe, die sich vor Ort mit dem The­ma Antifa beschäftige, als The­ma Num­mer zwei natür­lich gut. Was halte der Aktivist so grund­sät­zlich davon und was würde er leis­ten wollen? Wäre es für ihn vorstell­bar, mal auf ein dissent!-Plenum zu fahren und sich das anzuguck­en? Der Aktivist erwidert, er könne sich das vorstellen, wenn er da reinkäme. Klopp­stock fragt nach, ob das auch für das gelte, was region­al so laufe. Der Aktivist solle davon aus­ge­hen, dass Klopp­stock mehr wisse, als dieser vielle­icht annehmen würde. Per­so­n­en­pro­file wären ihm jet­zt nicht so wichtig, ihn würde inter­essieren, was besprochen wird, wann man sich tre­ffe, wer anwe­send sei und eine Ein­schätzung darüber, wie real­is­tisch das sei, was sie machen. Auch von großen Ple­na solle er die Infor­ma­tio­nen in der Form eines Ich-Erleb­nis­bericht­es liefern. Das wäre für ihn am ein­fach­sten, um zu sehen wo es reiche und wo nicht und was der Aktivist aus dem Ärmel schüt­tele und daher für ihn gar keine Recherche sei.

Nun kommt Klopp­stock nochmal auf den Bere­ich Glob­al­isierung zu sprechen. Finanziell kön­nte der Rah­men sich­er nochmal durch den G8-Bere­ich aus­geweit­et wer­den. Nicht unin­ter­es­sant wäre es, das in Konkur­renz zu den Recht­en zu sehen. In diese Sache müsse sich der Aktivist dann aber wohl geziel­ter rein­hän­gen, weil er das ja bis­lang aus eigen­em Antrieb nicht mache. Dazu müssten dann Kon­tak­te aufge­baut und hier und da auch mal hinge­fahren wer­den. Ein wenig Flex­i­bil­ität, was die Region der Tre­f­fen dann ange­he, müsse der Aktivist schon mit­brin­gen. Die Gren­zen der Aus­la­gen für Fahrtkosten und ähn­lich­es wäre nach oben offen. Wenn eine Zug­fahrt nach Wien 200 Euro hin und 200 Euro zurück kosten würde, dann sei das eben so. Auch wenn er irgend­wo über­nacht­en müsse oder sich verpflege, sei das so. Auch Kosten für ein Mobil­tele­fon wären Kosten, auf denen er nie sitzen bleiben würde. Natür­lich müsse das alles hieb- und stich­fest sein. Das lasse sich ja auch über­prüfen, was das kosten würde. Klopp­stock bestellt noch einen Espresso.

Der Aktivist erkundigt sich, wie die Infor­ma­tio­nen dann eigentlich ver­ar­beit­et wür­den. Klopp­stock meint, er spe­ichere fast 50 Prozent im Kopf und lasse die anderen 50 Prozent in eine Lagebeschrei­bung, seine nor­male Arbeit, ein­fließen. Alles werde anonymisiert. Er würde auch seine eige­nen Formulieru
ngen ver­wen­den. Der Aktivist solle davon aus­ge­hen, dass er auch noch ein paar andere Sachen bekomme und alles in eine große Lage­analyse, die dauer­haft fort­geschrieben würde, mit rein­set­ze. Gele­sen würde so was dann im Innen­min­is­teri­um. Für den Jahres­bericht arbeite er nicht. Son­dern für die aktuelle, die glaub­hafte Poli­tik. Es gehe darum, dauer­haft Input zu geben, um die Leute zu informieren und ihnen Hin­ter­gründe zu liefern, die natür­lich auch Entschei­dun­gen bee­in­flussen könnten.

Klopp­stock kehrt nochmal zur Zusam­me­nar­beit zwis­chen ihm und dem Aktivis­ten zurück. Er müsse sich daran gewöh­nen, dass Klopp­stock eine gewisse Steuerung vornehme, dass er sage, worauf zu acht­en sei oder wohin er mal fahren solle. Vom Start habe er schon eine konkrete Vorstel­lung. Zunächst wür­den sie mal bei den regionalen Geschicht­en guck­en. Der Aktivist solle ein­fach mal benen­nen, wer das hier von A bis Z bee­in­flusse. Qua­si die fünf Ws. Er solle über das näch­ste Tre­f­fen ein­fach mal einen Erleb­nis­bericht schreiben. Nach der Infor­ma­tion durch den Aktivis­ten, da müsse er erst­mal auf das näch­ste Tre­f­fen warten, springt Klopp­stock über­raschend an. Er habe noch eine konkrete Auf­gabe: Am 10. Novem­ber 2006 finde in Osnabrück ein dissent!-Treffen statt. Mehr wisse er auch nicht. Vielle­icht wäre es auf Grund der Kurzfristigkeit auch nicht möglich daran teilzunehmen. Aber er fragt, ob es zukün­ftig leist­bar wäre, da auch mal nach Osnabrück zu fahren. Dafür wäre dann wegen der hohen Kosten auch eine Vor­fi­nanzierung möglich. Er solle sich ein­fach mal im Inter­net informieren, ob dieses Tre­f­fen für ihn etwas wäre. Ob er da hin könne und wie er dahin komme. Er solle sich ein biss­chen auf den aktuellen Stand brin­gen, so weit das erforder­lich wäre. Klopp­stock emp­fiehlt dem Aktivis­ten, sich inner­halb sein­er regionalen Gruppe als Spezial­ist für Glob­al­isierung zu etablieren, um so Zugang zu bekom­men. Er fragt, ob es ihm möglich wäre, einen Erleb­nis­bericht schriftlich zu ver­fassen und sich­er zu ver­wahren. Der Aktivist schlägt vor, dafür seinen PC zu nutzen, worauf Klopp­stock fragt, ob er den PC als Einziger nutzen würde. Klopp­stock will nun wis­sen, wann das näch­ste Tre­f­fen sein­er Gruppe sei und wie man sich dazu verabrede. Das wäre erst­mal nicht abzuse­hen, meint der Aktivist. Man tele­foniere dann. Klopp­stock schlägt dem Aktivis­ten vor, sich dann erst­mal via Inter­net zum The­ma Glob­al­isierung fit zu machen. Er solle dann ruhig mal auf­schreiben, wie viel Zeit er im Inter­net ver­bringe, um das dann auch zu vergüten.

Nun wolle er noch die Mobil­num­mer des Aktivis­ten, um ihn auch kurzfristig kon­tak­tieren zu kön­nen. Er würde dem Aktivis­ten dann auch seine Num­mer geben. Unter Umstän­den würde auch mal ein biss­chen mehr anliegen und da wäre tele­fonis­che Erre­ich­barkeit schon wichtig. Klopp­stock würde dem Aktivis­ten dann auch nochmal ganz gezielt ein­schlägige Ter­mine raus­suchen. Der Aktivist macht Klopp­stock wenig Hoff­nung, schon am Tre­f­fen am 10. Novem­ber 2006 in Osnabrück teil­nehmen zu kön­nen. Das wäre zu spon­tan. Klopp­stock fragt noch, ob die E‑Mailadresse, über der sie derzeit kom­mu­nizieren, die einzige des Aktivis­ten sei, also ob er sich damit auch bei Mail­verteil­ern ein­schreibe. Als der Aktivist das bestätigt, meint Klopp­stock, das gehe so nicht. Er solle sich für ihre Kom­mu­nika­tion untere­inan­der eine völ­lig neue E‑Mailadresse zule­gen und die alte nur für pri­vate Zwecke nutzen. Der Aktivist solle einen unver­fänglichen Namen wie “Birken­baum” oder “Glass­plit­ter” wählen. Hot­mail sei erfahrungs­gemäß am unsich­er­sten. GMX und WEB.de seien hinge­gen rel­a­tiv sich­er. Wenn er sich mit der neuen E‑Mailadresse bei einem Verteil­er anmelde, solle er das Pass­wort dann ein­fach an ihn weit­ergeben. Mitte der kom­menden Woche werde sich Klopp­stock dann mal per E‑Mail melden. Bis dahin solle der Aktivist seine neue Mailadresse mit Pass­wort an ihn schick­en. Zum Ende fragt Klopp­stock nun nochmal, ob so weit alles mach­bar wäre oder ob es kri­tis­che Anmerkun­gen des Aktivis­ten gebe.

Nach­dem Klopp­stock gezahlt hat, ver­lassen sie nach 1 Stunde und 50 Minuten das Restau­rant “Nir­wana” und gehen getren­nte Wege. Der Aktivist wird jedoch auch nach diesem Tre­f­fen beschat­tet. Eine etwa 40-jährige Frau läuft ihm hin­ter­her. Erst als sich der Aktivist nach langer Zeit umdreht und direkt auf sie zuge­ht, macht auch sie sofort kehrt und verschwindet.

Der Kon­takt wird abge­brochen. Am 8. Novem­ber 2006 um 16.06 Uhr meldet sich der Aktivist per E‑Mail bei Klopp­stock und teilt die absprachegemäß ein­gerichtete neue Mailadresse mit. Er werde sich wieder melden, wenn er etwas zu bericht­en habe. Schon wenige Minuten später um 17.13 Uhr antwortet Klopp­stock und hält den Aktivis­ten an, sich bis dahin zum The­ma Glob­al­isierung im Netz schlau zu machen. Am 17. Novem­ber 2006 meldet sich Klopp­stock erneut per E‑Mail bei dem Aktivis­ten. Er hätte lange nichts mehr von ihm gehört und fragt, ob denn nichts los gewe­sen sei. Es fällt auf, dass Klopp­stock diese E‑Mail mit dem Namen “Jörn” unterschreibt.

Anfang Dezem­ber will Klopp­stock nun einen Ter­min für ein näch­stes Tre­f­fen vere­in­baren. Hier­für benutzt er im E‑Mail-Verkehr die Namen “Björn” und “Jörn”. Dies­mal will sich Klopp­stock jedoch nicht in Frank­furt (Oder) tre­f­fen. Offen­bar scheint ihm das zu unsich­er. Er schlägt als Tre­ff­punkt für das näch­ste Tre­f­fen den Bahn­hof im ca. 30 km südlich von Frank­furt (Oder) gele­ge­nen Eisen­hüt­ten­stadt vor und lässt sich hier­von auch nicht abbrin­gen. Man vere­in­bart schließlich, sich am 13. Dezem­ber 2006 um 15.30 Uhr am Hauptein­gang des Bahn­hofs in Eisen­hüt­ten­stadt zu tre­f­fen. Dieser Ort ist aber­mals mit Bedacht vom VS aus­gewählt, han­delt es sich doch um einen sehr kleinen Bahn­hof mit einem sehr über­schaubaren Vorplatz.

Zum vere­in­barten Ter­min schickt Klopp­stock wieder deut­lich vor der Zeit min­destens drei Per­so­n­en vor, um den Ort abzu­sich­ern. Ein Mit­dreißiger mit auf­fal­l­end sportlich­er Fig­ur wartet im Inneren des Bahn­hofs über eine Stunde lang vergebens auf den Aktivis­ten. Der etwa 1,80 Meter große und mit ein­er dun­klen Jacke bek­lei­dete VS´ler hat die Wollmütze tief ins Gesicht gezo­gen. Ein zweit­er, deut­lich älter­er und etwas dick­lich wirk­ender Mann mit brauner Daunen­jacke hält sich direkt vor dem Bahn­hof auf. Eine dritte Per­son observiert den Bahn­hofsvor­platz mit etwas Abstand zum Bahn­hof­s­ge­bäude. Er bewegt sich großräu­mig vor dem gesamten Bahn­hof. Während Klopp­stock mit seinen Kol­le­gen auch noch nach 16 Uhr am Bahn­hof auf den Aktivis­ten wartet, teilt dieser ihm per E‑Mail mit, dass er an ein­er Zusam­me­nar­beit nicht inter­essiert sei und von Klopp­stock nicht mehr kon­tak­tiert wer­den möchte.

Am näch­sten Vor­mit­tag meldet sich Klopp­stock dann ein let­ztes Mal per E‑Mail. Da die erst kür­zlich ein­gerichtete E‑Mail-Adresse bere­its wieder abgemeldet ist, benutzt er die alte Mailadresse des Aktivis­ten. Er sei einiger­maßen über­rascht ob des Ansin­nens des Aktivis­ten. Natür­lich akzep­tiere er die Entschei­dung. Ihn wür­den aber nichts­destotrotz die Hin­ter­gründe für die ablehnende Hal­tung des Aktivis­ten inter­essieren. Klopp­stock ver­lei­ht sein­er Hoff­nung Aus­druck, nochmals von dem Aktivis­ten zu hören. Vielle­icht liege ja nur ein Missver­ständ­nis vor.

Dieser Text stammt aus der in Ham­burg erscheinen­den Analyse und Kri­tik — Zeitung für linke Debat­te und Prax­is, Num­mer 513 vom 19.1.2007.

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Zwei Parteitage an einem Ort

Mit Über­raschun­gen ist bei der Neuwahl des Lan­desvor­standes der Linkspartei in Blossin am 3. Feb­ru­ar nicht zu rech­nen. Für die her­aus­ge­hobe­nen Ämter des Vor­sitzen­den und sein­er Stel­lvertreterin bewer­ben sich Thomas Nord und Kirsten Tackmann.

Gegenkan­di­dat­en haben sich bis­lang nicht gemeldet und es gibt auch kein­er­lei Anze­ichen dafür, dass noch welche auf­tauchen. Span­nend ist höch­stens, ob Nord mit einem besseren Ergeb­nis als 2005 gewählt wird. Unter dem Strich führte Nord den Lan­desver­band sou­verän und erfol­gre­ich. Vor zwei Jahren gab es ein Hick­hack um die Beset­zung des Chef­postens. Fast bis zulet­zt sah es so aus, als ob vielle­icht doch noch irgend­je­mand eine Kamp­fab­stim­mung erzwingt. Am Ende blieb Nord aber der einzige Kan­di­dat und erhielt 131 Ja- und 35 Nein-Stim­men bei vier Enthaltungen.
In einem Tätigkeits­bericht erin­nert der Lan­desvor­stand unter anderem an das erfol­gre­iche Abschnei­den bei der Bun­destagswahl 2005. Der offen­sive Kampf um zwei Direk­t­man­date in Ost­bran­den­burg sollte dazu beitra­gen, den Einzug ins Par­la­ment zu sich­ern, falls man unter fünf Prozent bleibt. Obwohl sich die Umfragew­erte durch das Zusam­menge­hen mit der Wahlal­ter­na­tive Arbeit & soziale Gerechtigkeit (WASG) erhe­blich verbesserten, hielt man an der Sicherungsleine Direk­t­man­date fest. »Let­ztlich war dies vielle­icht über­vor­sichtig«, ste­ht im Tätigkeitsbericht.

Ent­täuschend ver­liefen die Bürg­er­meis­ter­wahlen in Jüter­bog und Eber­swalde. Als Schlussfol­gerung daraus heißt es, die Pop­u­lar­ität der eige­nen Kan­di­dat­en sei über­schätzt wor­den und »soziale Gerechtigkeit« und »gläserne Rathäuser« seien keine wahlentschei­den­den kom­mu­nalen Themen.

Abge­seg­net wer­den soll eine Vere­in­barung zur Vere­ini­gung von Linkspartei und WASG. Auch die WASG hält am gle­ichen Woch­enende im Jugend­bil­dungszen­trum Blossin einen Lan­desparteitag ab. Sie hat eben­falls Vor­standswahlen auf dem Pro­gramm, wie Press­esprech­er Udo Bern­hard Linde erläutert.

Die räum­liche Nähe ist prak­tisch. Lan­des­geschäfts­führerin Maria Strauß schlägt den Delegierten ihrer Linkspartei vor, den Son­nta­gnach­mit­tag zu ein­er »gemein­samen Beratung« über die Entwürfe für eine Satzung und eine Finan­zord­nung zu nutzen.

Am 4. Feb­ru­ar berät die Linkspartei The­sen zu »Rechtsstaatlichkeit und Demokratie«. Hin­ter­grund ist eine Anre­gung des Bun­destagsab­ge­ord­neten Wolf­gang Neskovic. Dieser wün­schte sich, dass das The­ma Rechtsstaat im Leit­bild der Linken für die Entwick­lung Bran­den­burgs ein eigenes Kapi­tel bekommt.

Die Linke-Parteitag im Jugend­bil­dungszen­trum Blossin, 3. Feb­ru­ar ab 10 Uhr, 4. Feb­ru­ar ab 9 Uhr

Aus dem Entwurf ein­er Vere­in­barung zwis­chen Linkspartei und WASG in Bran­den­burg (Parteitags-Antrag):

• Die märkische Linkspartei und die märkische WASG »begrüßen die Absicht der Bun­desver­bände, sich in der Partei Die Linke zu vereinen«.

• Die Linkspartei und die WASG beab­sichti­gen, »in einem fairen und gerecht­en poli­tis­chen Umgang miteinan­der« Lan­desver­band von Die Linke zu werden.

• Grün­dungsparteitag auf Lan­desebene soll am 8. Sep­tem­ber sein.

• »Durch die beab­sichtigte Ver­schmelzung auf Bun­de­sebene am 15./16. Juni 2007 wird die WASG nach diesem Datum for­mal nicht mehr beste­hen.« Deshalb gibt es Regelun­gen, um die Vertre­tung von WASG-Mit­gliedern beim Parteitag am 8. Sep­tem­ber zu sich­ern. Es wird vere­in­bart, dass die märkische WASG vorher einen Parteitag abhält, die Grün­dungs­doku­mente berät und pro vier Mit­glieder einen Delegierten für den Grün­dungsparteitag bestimmt.

• Die WASG-Delegierten bilden vorüberge­hend eine Basisor­gan­i­sa­tion beim Linkspartei-Kreisver­band Bran­den­burg an der Havel.

• Dem Lan­desvor­stand der gemein­samen Partei sollen 20 Mit­glieder ange­hören, davon 20 Prozent ehe­ma­lige WASG-Mit­glieder, von denen ein­er den Posten eines stel­lvertre­tenden Lan­desvor­sitzen­den bekom­men soll. Die WASG nominiert diesen Stel­lvertreter am 2. Juni. 

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Herz und Flamme

Innen­stadt — Am Überbleib­sel des Karl- Liebknecht-Forums, der in den 90er Jahre in den hin­tern Teil des Lust­gartens ver­bracht­en Skulp­tur „Herz und Flamme der Rev­o­lu­tion“ von Theo Balden, traf sich gestern die Pots­damer Linke. Zur Ehrung der bei­den Mit­be­grün­der der KPD Karl Liebknecht und Rosa Lux­em­burg, die am 15. Jan­u­ar 1919 ermordet wor­den waren, hat­ten sich etwa 300 Per­so­n­en eingefunden.

Die jun­gen Josephine Michalke (Sozial­is­tis­che Arbeit­er­ju­gend „sol­id“) und Jens Drusch­ka (Linkspartei.PDS) präsen­tierten sich in ihren Ansprachen als Glob­al­isierungs­geg­n­er und riefen zur inter­na­tionalen Sol­i­dar­ität mit den armen und aus­ge­beuteten Völk­ern der Süd­hal­bkugel auf. Sie verurteil­ten die Diskri­m­inierung von Migranten und Homosexuellen.

Härtere Töne schlug Peter Lud­wig für die Pots­damer Orts­gruppe der KPD an. Er wärmte die These auf, die SPD trage die Hauptschuld daran, dass die Novem­ber­rev­o­lu­tion 1918 scheit­erte. Mit Hil­fe kon­ter­rev­o­lu­tionär­er Trup­pen habe sie den Weg Deutsch­lands in die sozial­is­tis­che Demokratie ver­baut. Es bleibe Auf­gabe der „Kom­mu­nis­ten und Sozial­is­ten“ von heute, sie gegen die herrschen­den Neolib­eralen durchzusetzen.

Lud­wig zog die Ergeb­nisse der Umfrage zum Stan­dort eines neuen Land­tags in Zweifel und erk­lärte, ein dem früheren Stadtschloss angenähert­er Bau in der Mitte Pots­dams bedeute die Ver­schwen­dung von öffentlichen Mit­teln zur Wieder­her­stel­lung von Sym­bol­en des über­holten Preußentums.

Zuvor hat­te der PDS-Kreisvor­sitzende Pete Heuer u.a. an die enge Verbindung Karl Liebknechts mit Pots­dam erin­nert, wo er im so genan­nten Kaiser­wahlkreis in den Reich­stag gewählt wurde und von seinen Genossen den Auf­trag erhal­ten haben soll, gegen die Kriegskred­ite für den Ersten Weltkrieg zu stim­men – was er im Dezem­ber 1914 dann auch als einziger Abge­ord­neter tat. „Wir wollen Rosa Lux­em­burgs und Karl Liebknechts gedenken — und ihren Mut, ihre Grundüberzeu­gung in die heutige Zeit tra­gen“, erk­lärte Heuer.

Alle Red­ner waren sich in der Prog­nose einig, dass die Linke im Aufwind ist und nach der Vere­ini­gung von PDS und WASG die Poli­tik in Deutsch­land wesentlich stärk­er als bish­er mitbes­tim­men wird. Immer wieder wurde auf die Berlin­er Liebknecht-Lux­em­burg-Demon­stra­tion ver­wiesen, an der in der Vor­woche etwa 50 000 Men­schen teilgenom­men hatten.

Zum Abschluss legten Ani­ta Tack und Hans-Jür­gen Schar­fen­berg für die Land­tags- und Stadt­frak­tion der PDS sowie linke Grup­pen und Einzelper­so­n­en am Mah­n­mal Blu­menge­binde nieder.

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Gedenkfeier ohne Störungen

Pots­dam Rund 150 Men­schen haben am Son­ntag der vor knapp 90 Jahren ermorde­ten Sozial­is­ten­führer Rosa Lux­em­burg und Karl Liebknecht gedacht. Die Linkspartei.PDS hat­te zu der tra­di­tionellen Ver­anstal­tung am Mah­n­mal im Pots­damer Lust­garten aufgerufen. Nach Polizeiangaben ver­lief das Gedenken störungs­frei. Lux­em­burg und Liebknecht waren beim Jan­u­a­rauf­s­tand 1919 von Freiko­rpssol­dat­en in Berlin ermordet wor­den dpa 

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Kritik an Einsparungen im Strafvollzug

Der Lan­desvor­sitzende von Bünd­nis 90/Die Grü­nen AXEL VOGEL hat die vorgesehenen
Per­son­aleinsparun­gen im Bran­den­burg­er Strafvol­lzug kritisiert.“Die Über­nahme der
Zuständigkeit für den Strafvol­lzug durch die Län­der darf keine Abwärtsspi­rale von
Vol­lzugs­stan­dards in Gang set­zen.” Mit der angekündigten Per­son­alkürzung bei den
Vol­lzugs­beamten auf rund 1150 Stellen bis 2010 hätte Bran­den­burg 60 Stellen weniger
als selb­st das Jus­tizmin­is­teri­um als abso­lut notwendig erachtet.
AXEL VOGEL sieht hier die Gefahr eines reinen “Wegschlussvol­lzuges” auf Kosten des
Resozial­isierungs­ge­bots. “Die Vor­gabe des Bun­desver­fas­sungs­gericht­es, einen an
wis­senschaftlichen Erken­nt­nis­sen aus­gerichteten Jugend­strafvol­lzug zu schaf­fen, wird
mit diesem Stel­len­schlüs­sel nicht zu machen sein. Es darf nicht sein, dass das
Stel­lendik­tat des Finanzmin­is­ters diese höch­strichter­lichen Leitlin­ien aushebelt.” 

Das Jus­tizmin­is­teri­um musste selb­st ein­räu­men, dass es Verbesserun­gen in der
Freizeit­gestal­tung inhaftiert­er Jugendlich­er, wie es die von Brandenburg
mit­for­mulierte Jugend­strafvol­lzugsnov­el­le fordert, auf­grund knap­pen Per­son­als nicht
geben wird. Dabei muss hier drin­gend gehan­delt wer­den. Derzeit ist beispiel­sweise in
der neuen Jus­tizvol­lzugsanstalt Cot­tbus-Dissenchen an Woch­enen­den nur an jedem
zweit­en Sonnabend Sport möglich. 

AXEL VOGEL begrüßte, dass das bran­den­bur­gis­che Jus­tizmin­is­teri­um die Vor­gabe des
Bun­desver­fas­sungs­gericht­es für den Jugend­strafvol­lzug gemein­sam mit acht weiteren
Bun­deslän­dern schnell geset­zlich regeln will. “Mit dem vor­liegen­den Entwurf wird die
Chance, die Grund­la­gen für einen mod­er­nen und streng am Erziehungsgedanken
aus­gerichteten Jugend­strafvol­lzug zu schaf­fen, jedoch ver­tan. Unter anderem muss in
dem neuen Gesetz der Offene Vol­lzug als Regelvol­lzug fest­geschrieben und
sichergestellt wer­den, dass im Vol­lzug begonnene Ther­a­pi­en nach dessen Ende
fort­ge­set­zt wer­den kön­nen. Zudem muss endlich damit begonnen wer­den, den
Bedürfnis­sen weib­lich­er Jugendlich­er in Haft gerecht zu wer­den, die ihre Haftzeit
derzeit im Erwach­se­nen­vol­lzug ver­brin­gen müssen.”

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Der Tag

PLATTENBURG dpa Unter dem Mot­to “Mit Geist gegen Ungeist — Keine Nazis in der Prig­nitz” wollen Bran­den­burg­er Bürg­er am heuti­gen Sam­stag um 14 Uhr in Plat­ten­burg gegen Recht­sex­trem­is­mus demon­stri­eren. Zur Protestver­anstal­tung wird neben zahlre­ichen Lan­despoli­tik­ern auch Bun­destagsvizepräsi­dentin Petra Pau (Linkspartei) erwartet. Pau werde auch eine Rede hal­ten, sagte die Bürg­er­meis­terin Gudrun Hoff­mann (partei­los). Anlass der Demon­stra­tion ist der mögliche Verkauf eines Grund­stücks im Ort­steil Kleinow an Rechtsextreme.

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Planspiel „Demokratie und Extremismus”

Was passiert, wenn Jugendliche in die Rolle von demokratis­chen Poli­tik­ern, Extrem­is­ten oder Jour­nal­is­ten schlüpfen und miteinan­der über ein heik­les The­ma stre­it­en? Das Refer­at „Ver­fas­sungss­chutz durch Aufk­lärung” wollte es genau wis­sen und erar­beit­ete ein Plan­spiel mit einem solchen Szenario. Im Dezem­ber wurde es in Halbe zum ersten Mal „durchge­spielt” und zeigte verblüf­fende Ergeb­nisse: Der Ver­lauf des Plan­spiels zeigte in vie­len Bere­ichen enorme Ähn­lichkeit­en mit ver­gle­ich­baren Debat­ten in der poli­tis­chen Wirklichkeit. 

Was ist ein Planspiel?

Plan­spiele sind eine „Erfind­ung” des Mil­itärs und der Wirtschaftswis­senschaften. Sie dienen dazu, kom­plexe Sachver­halte durchzus­pie­len, um aus dem Spielver­lauf zu ler­nen. In der Päd­a­gogik dage­gen machen Plan­spiele kom­plexe (zumeist soziale) Zusam­men­hänge sicht­bar und anschaulich. Päd­a­gogis­che Plan­spiele wer­den häu­fig dann einge­set­zt, wenn Schü­lerin­nen und Schüler Entschei­dung­sprozesse in demokratis­chen Struk­turen auf­spüren, erken­nen und in ihrer Wirkung erfahren sollen. 

Das Bran­den­burg­er Plan­spiel „Demokratie und Extremismus”
Das Szenario des vom Ver­fas­sungss­chutz Bran­den­burg ent­wor­fe­nen Plan­spieles hat fol­gende Aus­gangslage: Drei demokratis­che Parteien und drei extrem­istis­che Grup­pierun­gen stre­it­en um den angemesse­nen Umgang mit einem Sol­daten­fried­hof am Rande eines Dor­fes in Bran­den­burg. (Ähn­lichkeit­en zur ver­gle­ich­baren Sachver­hal­ten in Bran­den­burg sind nicht zufäl­lig, son­dern gewollt.) Eine kleine Gruppe von „Jour­nal­is­ten” begleit­et den gesamten Spielver­lauf und gibt alle 30 Minuten eine „Zeitung” im Umfang von ein­er Din-A‑4 Seite heraus. 

In ein­er ersten Spiel­phase entwick­eln die Grup­pen ein Bild von sich selb­st, das sie nach außen vertreten. Sie greifen dabei auf Infor­ma­tion­s­ma­te­ri­alien zurück, die ihnen auch seit­ens des Ver­fas­sungss­chutzes zur Ver­fü­gung gestellt wer­den. Die drei demokratis­chen Parteien ori­en­tieren sich an den Begrif­f­en „Gle­ich­heit”, „Frei­heit” und „Sol­i­dar­ität”, während die drei extrem­istis­chen Grup­pen rechts- bzw. link­sex­trem­istis­che oder islamistis­che Posi­tio­nen vertreten. 

In ein­er zweit­en Spiel­phase bere­it­en sich die Grup­pen auf eine Bürg­er­sitzung vor, die zu dem The­ma „Extrem­istis­ches „Heldenge­denken” auf unserem Fried­hof. Wie wollen wir damit umge­hen?” abge­hal­ten wer­den soll. Sie bemühen sich um Mehrheit­en für ihre jew­eili­gen Stand­punk­te und ver­suchen, wichtige Ämter in der Sitzung (z.B. das des Diskus­sion­sleit­ers) mit ihren eige­nen Leuten zu besetzen. 

Die dritte Spiel­phase beste­ht aus der o.g. Bürg­er­sitzung, an der alle an dem Spiel beteiligten Grup­pen (Presse, Demokrat­en, Extrem­is­ten) teilnehmen. 

Erfahrun­gen in Halbe

Die Durch­führung des Spieles mit ca. 50 jun­gen Erwach­se­nen des Jugen­dar­beit­skreis­es (JAK) des Volks­bun­des Deutsche Kriegs­gräber­für­sorge zeigt in erster Lin­ie, dass ein solch­es Plan­spiel angenom­men wird und den Mit­spiel­ern viel Spaß macht. Es zeigt sich auch, dass die Beteiligten sich im Ver­lauf des Spieles der­maßen in ihre Rollen hinein­denken, dass sie sich am Ende sog­ar wie ihre Pen­dants in der sozialen Wirk­lichkeit ver­hal­ten. So störten z.B. „Recht­sex­trem­is­ten” die Sitzung der­maßen, dass sie durch den eigens ein­berufe­nen „Ord­nungs­di­enst” von der Ver­samm­lung aus­geschlossen wer­den mussten. Kein Wun­der, dass einige Jugendliche noch ger­aume Zeit braucht­en, um die im Spiel angenomme­nen Rollen abzuschütteln. 

Die Res­o­nanz auf das Plan­spiel war ein­deutig pos­i­tiv, wie auch die Mel­dung auf der Web­site des Volks­bun­des Deutsche Kriegs­gräber­für­sorge zeigt: http://www.volksbund.de/presse/im_blickpunkt.

Mehr Infor­ma­tio­nen über das Plan­spiel und die Möglichkeit seines Ein­satzes erhal­ten Sie unter info@verfassungsschutz.brandenburg.de und tele­fonisch unter 0331 8662500.

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Zweieinhalb Jahre Haft für Neonazi

Am Mittwoch nach­mit­tag hat das Amts­gericht Pots­dam gegen drei Neon­azis unter anderem wegen gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung und schw­erem Land­friedens­bruch ver­han­delt. Dan­ny L., Matthias F. und Oliv­er Oe. wurde vorge­wor­fen, im Mai 2005 gemein­sam mit etwa sieben weit­eren Neo­faschis­ten Jugendliche auf dem Pots­damer Stadt­fest »Babels­berg­er Live­nacht« mit Flaschen und Steinen bewor­fen zu haben. Wenige Stun­den später sollen sie eine weit­ere Gruppe Jugendlich­er ange­grif­f­en haben. 

Der Haup­tangeklagte Oe. sitzt bere­its seit über einem Jahr wegen eines anderen gewalt­samen Über­griffs auf Linke in Haft, ist mehrfach vorbe­straft und gehört zum Kern der Neon­aziszene Berlins. Das Gericht verurteilte ihn am Mittwoch zu ein­er Frei­heitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monat­en. Obwohl auch F. bere­its wegen Kör­per­ver­let­zung und Ver­wen­dens von Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organ­i­sa­tio­nen zu Geld­strafen vorverurteilt ist, bekam er wegen seines »fes­ten sozia­len Umfelds« nur sechs Monate auf Bewährung. Das Ver­fahren gegen L. wurde abge­tren­nt, weil der Neben­kläger ver­hin­dert war; es wird ver­mut­lich noch in diesem Monat nachgeholt. 

Die Angeklagten Oe. und F. hat­ten ihre Tat­beteili­gung zuvor ges­tanden. Dem­nach gehörten sie zu ein­er Gruppe ver­mummter Rechter, die am späten Abend des 21. Mai 2005 am Rande des Stadt­festes unver­mit­telt auf mehrere junge Leute zustürmte. Die Angreifer war­fen ohne Vor­war­nung mit Steinen und Flaschen, einige zogen Teleskop­schlagstöcke her­vor. Dabei riefen sie laut Zeu­ge­naus­sage eines Betrof­fe­nen »Scheiß Zeck­en« und »Zeck­en, wir kriegen euch«. Ein­er der Ange­grif­f­e­nen kam zu Fall und bekam mehrere Schläge mit einem Teleskop­schlag­stock auf den Hinterkopf. 

Nur wenige Stun­den später provozierten die Neon­azis eine weit­ere Gruppe Jugendlich­er und bedro­ht­en diese nach ein­er ver­balen Auseinan­der­set­zung unter anderem mit einem Pflaster­stein. Dabei riefen sie »Wir bauen eine U‑Bahn von Jerusalem bis Auschwitz«. Im weit­eren Ver­lauf schlug Oe. einen der Jugendlichen ins Gesicht, zog diesem am Zopf zu Boden und trat mehrfach gegen dessen Kopf.

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Feldbefreier vor Gericht: Ein Gespräch mit Michael Grolm

Ein Gespräch mit Michael Grolm

In der ver­gan­genen Woche sind im bran­den­bur­gis­chen Zehdenick acht ihrer Mit­stre­it­er von »Gen­dreck weg!« wegen Sachbeschädi­gung verurteilt wor­den, weil sie im Juli 2006 an ein­er soge­nan­nten Feld­be­freiung teilgenom­men haben. Sie selb­st müssen sich am heuti­gen Don­ner­stag vor dem Landgericht Neu­rup­pin ver­ant­worten. Wie kam es dazu? 

Ich habe im Vor­feld der Aktion als Press­esprech­er unser­er Ini­tia­tive gesagt, daß ich zusam­men mit anderen das Feld betreten und Gen­maispflanzen her­aus­reißen würde. Dann wurde ich aufge­fordert, eine Verpflich­tungserk­lärung zu unter­schreiben, das nicht zu tun. Anson­sten wurde mir ange­dro­ht, bis zu 250000 Euro zahlen zu müssen oder ein halbes Jahr ins Gefäng­nis zu gehen. Die einst­weilige Ver­fü­gung gegen mich wurde zwar im Namen der Bauerngenossen­schaft Neu­rup­pin beantragt, aber rein zufäl­lig vom Düs­sel­dor­fer Fir­me­nan­walt des Her­stellers von gen­verän­dertem Saatgut Mon­san­to durchge­set­zt. Dadurch ist klar, wer dahin­ter­steckt. Warum soll­ten Bauern aus Neu­rup­pin son­st einen Düs­sel­dor­fer Anwalt kon­sul­tieren? Und obwohl ich dann selb­st nicht an der Feld­be­freiungsak­tion teilgenom­men habe, muß ich jet­zt vor dem Landgericht Neu­rup­pin erscheinen. Die Prozeßkosten von rund 7 000 Euro bleiben wohl in jedem Fall an mir hängen. 

Feld­be­freier berufen sich auf recht­fer­ti­gen­den Not­stand. Welche Gefahren sehen Sie konkret?

Es geht zum Beispiel um die Frei­heit, sich für Pro­duk­te ohne Gen­tech­nik entschei­den zu kön­nen. Als Pro­duzent und als Ver­brauch­er. Diese Frei­heit wird uns genom­men. Es gibt bald keine Pro­duk­te mehr, die null Prozent Gen­tech­nik enthal­ten. Die Unmöglichkeit der Koex­is­tenz zeigen Erfahrun­gen aus Kana­da, wo es durch Auskreuzung und Ver­mis­chung keinen gen­tech­nikfreien Raps und keine gen­tech­nikfreien Sojapro­duk­te mehr gibt. Bio­be­triebe kön­nen dort nicht mehr anbauen. Dadurch wird auch fremdes Eigen­tum beschädigt – weniger durch die Feld­be­freier als durch die Gen­tech­nikkonz­erne. Ich selb­st habe Prob­leme, meinen Honig zu verkaufen. Ein­er mein­er Abnehmer ver­langt bere­its eine Unter­schrift, mit der ich ihm garantiere, daß keine gen­tech­nisch verän­derten Pollen im Honig sind. 

Befür­worter der Gen­tech­nik berufen sich darauf, daß eine Gesund­heits­ge­fährdung durch Gen­food nicht nachgewiesen sei.
Das stimmt schon mal nicht. Gesund­heitliche Risiken wur­den bere­its in Stu­di­en nachgewiesen. Konz­erne wie Mon­san­to haben ver­sucht, das unter Ver­schluß zu hal­ten. Zum Beispiel gab es Blut­bildän­derun­gen bei Rat­ten, die Genpflanzen verzehrt hatten. 

Gibt es nicht auch indi­rek­te Gefahren für Men­sch und Umwelt?

Durch Gen­tech­nik kann es zu Hungerkatas­tro­phen kom­men. Dadurch, daß man heute Saatgut paten­tieren lassen kann, das Bauern Jahrhun­derte lang gezüchtet haben, wird die Land­wirtschaft immer abhängiger, und die Sorten­vielfalt, die bis jet­zt der Men­schheit ihr Über­leben garantiert hat, ist gefährdet. Die Gen­tech­nik bringt auch kurzfristig nicht den Reich­tum, den sie ver­spricht – im Gegen­teil. In Indi­en haben mehrere tausend Bauern Selb­st­mord began­gen, weil sie durch gen­ma­nip­ulierte Baum­wolle einen Tota­laus­fall hat­ten – es fehlten die Resisten­zen gegen einen bes­timmten Wurm. Irakische Bauern dür­fen ihr eigenes Saatgut nicht mehr anbauen, sie wer­den genötigt, es von den US-Amerikan­ern zu kaufen. Das soge­nan­nte »Ter­mi­na­tor-Saatgut« keimt nur ein­mal; im näch­sten Jahr muß wieder Neues gekauft werden. 

Wer­den Sie für Ihren Prozeß Unter­stützung bekommen?

Wir nutzen den Prozeß, um auf unser Anliegen aufmerk­sam zu machen. Imk­er in Beruf­sklei­dung wer­den ab 10 Uhr vor dem Gerichts­ge­bäude demon­stri­eren und den Spieß umdrehen: Aus Bienenkästen wird eine Klage­mauer errichtet, mit der Auf­schrift »Wir kla­gen Mon­san­to an«. Uns liegt viel daran, daß unsere Feld­be­freiun­gen nicht als Lust an der Zer­störung wahrgenom­men wer­den. Das Gegen­teil ist der Fall: Wir wollen etwas bewahren. Deshalb weisen wir auch immer wieder darauf hin, wie aggres­siv diese Tech­nolo­gie ist. Klar kön­nte man solche Feld­be­freiun­gen auch bei Nacht und Nebel durch­führen, ohne erwis­cht und vor Gericht gez­er­rt zu wer­den, aber dann wäre das The­ma nicht in der Öffentlichkeit. 

* Recht­shil­fe Gen­dreck-weg, Kon­to-Nr: 401 687 1300, BLZ: 430 609 67, GLS Bank Bochum, weit­ere Infos: gendreck-weg.de

Inforiot