Der Kleinbus des Nauener Mikado e.V. wurde in der Nacht zum 17. April möglicherweise gezielt von Rassist_innen angegriffen. Am Morgen fand ein Vereinsmitglied das Fahrzeug mit zerstochenen Reifen vor. Hinter dem Scheibenwischer war eine Art Bekennerbrief geklemmt. Er war offenbar in drohender Absicht an die Vereinsmitglieder gerichtet: “Liebe Asylantenfreunde, Tröglitz ist auch hier! Bis bald!”.
Am gestrigen Abend haben in Nauen ungefähr 120 Personen einen „Aufmarsch“ unter dem Motto „Nein zum Heim“ durchgeführt. Die Veranstaltung war zuvor vom ehemaligen NPD Abgeordneten Maik Schneider angemeldet worden und richtete sich gegen Planungen des Landkreises Havelland am Rande der Stadt eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge und Asylsuchende zu errichten. Der Rassismus der sich eigentlich dahinter verbirgt äußerte sich auf der Versammlung recht freimütig, durch Schilder mit Aufschriften wie „Nauen bleibt weiss“. Gegen den Aufzug protestierten ungefähr 130 Menschen, in Hör- und Sichtweite, am Rathausplatz. Bunte Proteste
Eine Initiative hatte im Socialmedia kurz nach dem Bekanntwerden der „Nein zum Heim“ – Veranstaltung unter dem Motto: „Keine Stadt für Nazis! Rassistischen Aufmarsch in Nauen bei Berlin verhindern!“ zu Gegenprotesten aufgerufen. An der Kundgebung am Rathausplatz nahmen u.a. auch die stellvertretende Bürgermeisterin Marion Grigoleit und der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Hartmut Siegelberg teil. Weiterhin unterstützten verschiedene Initiativen aus dem gesamten Havelland und Brandenburg an der Havel die Proteste.
Im Gegensatz zur der Versammlung von „Nein zum Heim“ blieb die Gegenveranstaltung allerdings nur stationär. Zweimal zog allerdings der Aufzug der Heimgegner_innen in unmittelbarer Nähe an vorbei. Dabei wurden die Sympathisant_innen von „Nein zum Heim“ lautstark ausgepfiffen und ausgebuht.
Zu einer kurzen Spannungssituation kam es als der rassistische Aufmarsch zum zweiten mal an der Gegenkundgebung vorbeilief. Der vorangehende Block des Aufzuges der Heimgegner_innen machte plötzlich kehrt, bewegte sich auf die Protestierer zu und suchte mindestens die verbale Auseinandersetzung. Polizei und Versammlungsleitung brachte die Situation jedoch schnell unter Kontrolle. NPD markiert Revier
Trotz des gestrigen Protestes sieht sich das neonazistische Milieu in Nauen jedoch durch die aktuelle Asyldebatte offenbar klar im Aufwind. Während einer Stadtverordnetenversammlung am 12. Februar 2015, bei der über den Verkauf des Grundstückes für die künftige Gemeinschaftsunterkunft abgestimmt werden sollte, gelang es einigen NPD Funktionären einen großen Teil des Publikums aufzuwiegeln und anschließend derart zu stören, dass Saal und Grundstück polizeilich geräumt werden mussten. Die Veräußerung des zukünftigen Heimgeländes konnte durch die Tumulte indes jedoch nicht verhindert werden.
Dennoch scheint sich „Nein zum Heim“ bzw. die dahinter steckenden Neonazis damit nicht abfinden zu wollen. Der gestrige Aufzug, der explizit sogar als „Aufmarsch“ beworben wurde, war absehbar, zumal die NPD und ihre Jugendorganisation JN in anderen Städten und Gemeinden bereits ähnliches versuchten.
Insofern ist es auch nicht verwunderlich, dass neben einigen „Bürger_innen“ aus Nauen, auch bekannte Gesichter des brandenburgischen Neonazimilieus aus dem Havelland, Potsdam-Mittelmark und Teltow-Fläming sowie Einzelpersonen aus Berlin bei dem Aufzug mitmarschierten.
Bereits am 14. März 2015 hatten 80 Neonazis aus dem gesamten Land Brandenburg eine erste Kundgebung gegen die geplante Gemeinschaftsunterkunft durchgeführt. 30 Menschen, darunter auch einige Vertreter_innen der lokalen Linkspartei, protestierten damals dagegen. Die entsprechende Antwort erfolgte offenbar dann aber postwendend in der Nacht vom 24. zum 25. März 2015, als Unbekannte versuchten die Scheiben des Ortsbüros der Partei „DIE.LINKE“ einzuschlagen.
Ähnliches hatten die versammelten Neonazis möglicherweise bereits während der erwähnten Stadtverordnetenversammlung am 12. Februar im Sinn, als sie auf die Fensterfront des Tagungsortes eindroschen und so die dortigen Tumulte zusätzlich anstachelten.
Einer der damaligen Rädelsführer war übrigens der Anmelder der heutigen Versammlung, Maik Schneider. Gegen ihn soll diesbezüglich inzwischen auch die Polizei ermitteln.
Schneider war gestern übrigens auch nicht der einzige namhafte Parteifunktionär auf der Veranstaltung. Weiterhin nahm u.a. auch Frank Kittler, Abgeordneter der NPD in der Gemeindeversammlung Brieselang, teil. Dieser trug die einzige Parteifahne während des Aufzuges.
Weiterhin nahm auch der brandenburgische Landesvorsitzende der JN, Pierre Dornbrach aus Baruth/Mark, am Aufmarsch teil. Nach dem Abspielen eines Songs des linksradikalen Rappers Holger Burner hielt er auch die Hauptrede während einer Zwischenkundgebung in einem Plattenbauviertel von Nauen. Hierbei versuchte Dornbrach, 14 Tage vor dem 1. Mai, die Asyldebatte ideologisch mit völkischer Antikapitalismuskritik zu verknüpfen. Roter Faden seiner Rede blieb jedoch, die klare Ablehnung von „Asylantenheimen“.
Ein Bekenntnis, dass offenbar auch im Interesse der so genannte Bürgerinitiative „Zukunft Nauen“ lag, die sich zuvor eher von organisierten Neonazis fernhielt. Gestern liefen jedoch beide offiziellen Ansprechpartner der Initiative nicht nur beim Aufmarsch mit, sondern warben dort auch für ihre Unterschriftenaktion gegen die geplante Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge und Asylsuchende. Ein freundschaftliches Verhältnis von Mitgliedern der Bürgerinitiative „Zukunft Nauen“ zu den anwesenden Neonazifunktionären war erkennbar. Berührungsängste gab es offenbar nicht. Nächstes Neonazievent in Planung
Bereits am 20. April beabsichtigen Neonazis erneut in Nauen aufzumarschieren. Vorgeblicher Grund könnte dann das 70 jährige Gedenken an einen Bombenangriff während des Zweiten Weltkrieges sein. Allerdings zelebrieren Neonazis an diesem Tag auch regelmäßig den Geburtstag Adolf Hitlers.
Die Nauener Zivilgesellschaft ruft deshalb in der Zeit von 14.00 bis 18.00 Uhr zur Teilnahme an einem bunten Familienfest im Bereich Lindenplatz / Marktecke / Gartenstraße auf. Ab 18.30 Uhr soll es zu dem eine Kundgebung am Lindenplatz /Gartenstraße geben. Fotos: hier
Remembering means Fighting!
Rassismus und Faschismus entgegentreten — damals wie heute
Nahezu genau 70 Jahre nach der Befreiung Frankfurts vom Nationalsozialismus durch die Rote Armee wollen Neonazis und Rassist*innen erneut ihre Hetze gegen Geflüchtete verbreiten. Die Gruppe “Frankfurt/ Oder wehrt sich” organisiert bereits zum dritten Mal eine rassistische Aktion in der Stadt.
Am 23.4.1945 zog die Rote Armee in die Stadt ein und beendete die deutsche Barbarei, für die sich bis zum bitteren Ende Millionen Deutsche eingesetzt hatten. Für uns als Antifaschist*innen ist dieses Datum ein Grund zum Feiern — aber auch zum Kämpfen: 70 Jahre nach dem Ende der NS-Herrschaft sehen wir uns weiter mit Rassismus, Unterdrückung und Menschenverachtung konfrontiert. Lasst uns den Neonazis am 25.4.2015 in Frankfurt (Oder) also zeigen, was wir von ihnen halten! Die rassistischen Zustände in Frankfurt (Oder) müssen benannt und bekämpft werden!
Seit August vergangenen Jahres gibt es in Frankfurt (Oder) eine organisierte rassistische Mobilisierung. Anstoß gab eine rassistisch aufgeladene Debatte um vermeintliche Drogenkriminalität im Lenné-Park. Lokalmedien griffen Gerüchte über dealende Schwarze Personen ungeprüft auf und berichteten ausgiebig. Dramatisierungen und „Flüchtlingsproblematik“-Rhetorik sorgten für weitere Panik. In dieser Dynamik entlud sich der Alltagsrassismus der Frankfurter*innen auf Facebook-Seiten wie „Blaulichtreport Frankfurt (Oder)“, „Bürgerwehr Frankfurt (Oder)“ oder “Frankfurt/Oder wehrt sich”. Für die im Aufschwung befindliche AfD ein gefundenes Fressen. So erhielt sie bei den letzten Landtagswahlen knapp 20% der Frankfurter Stimmen.
Eine erste Demonstration am 17. Januar mit knapp 250 Teilnehmenden war der Höhepunkt der organisierten rassistischen Mobilisierung in Frankfurt (Oder). Zwar versperrten Blockaden dem Aufmarsch den Weg in die Innenstadt und zwangen sie dazu, eine andere Route zu nehmen, doch können die Frankfurter Neonazis das Ganze als Zwischenerfolg verbuchen, war es doch die erste erfolgreiche neonazistische Demo in Frankfurt (Oder) seit 2007. Angezogen hat der Aufmarsch Neonazi-Kader, Hooligans, Rocker oder NPD’ler — darunter circa 70 Frankfurter*innen. Erschreckend war die Anzahl der vielen jungen Menschen, die sich wie selbstverständlich voller Hass und Menschenverachtung in die Menge einfügten und beseelt von der Sehnsucht nach einer „Volksgemeinschaft“ bei den „Wir sind das Volk“-Rufen mit einstimmten.
Am 14. Februar folgte dann eine weitere Kundgebung des rassistischen Mobs, zwar mit geringerer Beteiligung und begleitet von einem breiten Protest und einer antirassistischen Demonstration des Bündnisses “Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)”, aber doch wurde Menschenverachtung auch an diesem Tag eine Bühne geboten.
Und auch wenn es ihnen durch eigenes Unvermögen, ihren offen zur Schau getragenen Neonazismus und mangelnde politische Erfahrung bisher nicht gelungen ist, das vorhandene rassistische Potenzial gänzlich auszuschöpfen und über einen Kreis aus befreundeten Neonazis hinauszukommen, bedeutet dies keineswegs Entwarnung: die Rassist*innen stellen sowohl im Alltag als auch am 25.4. selbst eine Bedrohung für Andersdenkende dar. Als Beispiel sei an dieser Stelle auf einen rassistischen Übergriff auf eine Gruppe syrischer Geflüchteter am 21.3.2015 verwiesen; polizeibekannte Neonazis beleidigten und verfolgten sie zunächst gezielt, um sie dann mit Tritten und Schlägen zu verletzen.
Zudem ist davon auszugehen, dass die Gruppierung um “Frankfurt/Oder wehrt sich” Unterstützung von der Neonazi-Bewegung “Der III. Weg” erhält. Dessen zentrale Figur in der Region und in Brandenburg, Maik Eminger, war bereits auf beiden vorangegangenen Neonazi-Demonstrationen als Redner in der Oderstadt anwesend.
Remembering means Fighting!
Kommt nach Frankfurt und achtet auf Neuigkeiten!
Alerta Antifascista!
Immer wieder tragen Rassist*innen und Neonazis ihre menschenverachtende Hetze auf die Straße – auch in Frankfurt (Oder). Das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ ruft dazu auf, sich dem entgegenzustellen. Wir solidarisieren uns mit Geflüchteten und anderen Betroffenen von rassistischer Hetze und Gewalt: Auch wenn am 25. April erneut Neonazis durch Frankfurt marschieren wollen.
Neonazis wollen „Bürgerbewegung“ in Frankfurt (Oder) aufbauen – ohne uns!
Mit Pegida und deren Ablegern gehen derzeit tausende Menschen auf die Straße, um striktere Abschiebung und ein geringeres Aufnahmekontingent für Flüchtlinge zu fordern. Die Anhänger*innen dieser Gruppierungen sind nicht in der Lage, sich in die prekäre Situation der Geflüchteten hinein zu versetzen. Im Gegenteil – rassistische Vorurteile sind bei ihnen fest verwurzelt.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich stadtbekannte Neonazis versammeln wollen, um ihr rassistisches Menschenbild an die Bürger*innen Frankfurts heranzutragen. Ihr Versuch, sich als bürgerliche Bewegung darzustellen, ist bereits in der Vergangenheit gescheitert. Angestachelt durch die Hetze kam es in der Vergangenheit zu Beleidigungen, Anfeindungen und Übergriffen gegenüber Geflüchteten. Unsere Botschaft: Solidarität mit Geflüchteten – keinen Fußbreit den Rassist*innen und Neonazis!
Bürgerkriege, Terrormilizen, Hungerkatastrophen oder Unterdrückungsregime zwingen jeden Tag Menschen zur Flucht in sichere Länder, da ihnen in ihren Herkunftsländern wirtschaftlicher Ruin, Gewalt, Unterdrückung oder Tod drohen. Es ist an uns Demokrat*innen, Flüchtlinge willkommen zu heißen und eine Gesellschaft, die in „die Deutschen“ und „die Anderen“ geteilt ist, nicht zuzulassen. Menschenverachtung – egal auf welcher Grundlage – dulden wir nicht. Ob im Sportverein, in der Schule oder andernorts: Wir müssen weiter den Kontakt mit Geflüchteten suchen und dazu beitragen, ihnen mehr Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen. Die Rassist*innen wollen Flüchtlingen durch ihre menschenverachtende Stimmungsmache das Recht auf ein Leben in Würde nehmen. Indem sie eine Verschärfung des Asylrechts verlangen, sprechen sie geflüchteten Menschen den Zugang zu Schutz und Sicherheit – und damit ein zentrales Menschenrecht – ab. Dem stellen wir uns ganz entschieden entgegen!
Für eine antirassistische Kultur in Frankfurt (Oder)!
Den menschenverachtenden Forderungen der Rassist*innen und Neonazis setzen wir humanistische und demokratische Werte entgegen. Flüchtlinge sollen friedlich und sicher in Deutschland leben können, ohne Angst vor sozialer Kälte, Hass und Gewalt haben zu müssen. Flucht ist kein Verbrechen! Daher fordern wir alle Demokrat*innen auf, sich kreativ, zahlreich und entschlossen am Protest gegen die Veranstaltung der Rassist*innen und Neonazis zu beteiligen. Sollte die Notwendigkeit bestehen, einen rechten Aufmarsch zu verhindern, sind friedliche Massenblockaden das Mittel unserer Wahl. Wir sind solidarisch mit allen, die unser Ziel teilen, sich den rassistischen Aktionen entgegenzustellen. Keinen Fußbreit dem Rassismus! Frankfurt (Oder) bleibt kein Ort für Nazis! Das Bündnis
Das zivilgesellschaftliche Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ besteht seit Ende 2011. Es ist ein Zusammenschluss verschiedener Gewerkschaften, Vereine, Parteien, antifaschistischer
Initiativen und Einzelpersonen. Alle Akteur*innen engagieren sich kontinuierlich für eine demokratische Teilhabe Aller, leisten antirassistische und antifaschistische Arbeit und stellen sich gegen Menschenverachtung und Diskriminierung. Zahlreiche Beispiele der Vergangenheit zeigen, wie erfolgreich Menschen ein Zeichen gegen Rechts setzen können, indem sie gemeinsam zivilen Ungehorsam leisten. Das Bündnis wird sich auch in Zukunft ganz im Sinne dieser Tradition menschenverachtender Ideologie in den Weg stellen.
Die Gruppe FMT*BBG mit einem abgewandelten Zitat von Rosa Luxemburg Quelle: FMT*BBGIn der vergangenen Woche beschäftigte sich Fussball-gegen-Nazis.de mit Sexismus in der Fan- und Ultrakultur des Männerfußballs, Frauen-Ultragruppen als Möglichkeit der Emanzipation und dem Fanblock als Raum für untypische Geschlechterklischees. Dazu haben wir jetzt mit Lotte von der Ultragruppe Frauen*Mädchen*Trans* Babelsberg gesprochen. Die Gruppe kritisierte im letzten Jahr, dass durch “dummdeutsches männliches Prolloverhalten” einiger Ultras das “Bild eines mackrigen, sportlich versoffenen Typen als Vorbild an den Kurvennachwuchs transportiert wird”. Lotte ist seit 14 Jahren in der Nordkurve Babelsberg aktiv.
Von Frederik Schindler FS: Wie kam es zur Gründung der Frauen*Mädchen*Trans*-Gruppe, seit wann existiert ihr und wieviele Menschen organisieren sich ungefähr in eurem Zusammenschluss? FMT*BBG: Unsere Gruppe wurde Anfang 2014 gegründet. Wir haben ja eine relativ überschaubare und familiäre Kurve in Babelsberg. Wir Frauen* haben da ähnliche Erfahrungen gemacht – und nicht nur gute, was natürlich verbindet. Um unsere Kräfte zu bündeln, haben wir uns zusammengeschlossen, momentan sind 7 Frauen* in der Gruppe aktiv. Zum Frauen*kampftag 2014 habt ihr das Karl-Liebknecht-Stadion symbolisch in Rosa-Luxemburg-Stadion umbenannt, erstmals eure Zaunfahne präsentiert und einen Flyer gegen Sexismus und Mackertum in der Kurve verteilt. Wie waren die Reaktionen darauf?
Die Rückmeldungen waren durchweg positiv. Dazu muss allerdings gesagt werden, dass wir eine sehr politische Kurve sind und klar antisexistisch, antihomophob und antirassistisch ausgerichtet sind. Deshalb haben wir keinen massiven Widerstand erwartet, allerdings repräsentiert die Nordkurve Babelsberg auch nicht die Norm der deutschen Ultrakultur. In anderen Kurven wären solche Aktionen leider undenkbar. Wir haben von anderen Gruppen und auch vom Fanprojekt Respekt und Anerkennung bekommen. Allerdings findet auch nicht überall eine Selbstreflexion statt, gerade was das Thema Mackertum angeht. Auch unsere Kurve ist nicht frei von Sexismus und Rassismus, auch hier gibt es sexistische Beleidigungen. Und auch das Verhalten einiger Fans auf Auswärtsfahrten ist problematisch, da werden Frauen* oftmals nicht richtig ernstgenommen. Es gibt in deutschen Fanszenen nur wenige Frauen in Ultragruppen und noch weniger Frauen-Ultragruppen — ihr seid sogar die einzige, die unabhängig von einer offenen Gruppe agiert. Woran liegt das? Was sind in Bezug auf Sexismus die größten Probleme in der Ultraszene?
Weiblich gelesene Menschen in der Fanszene müssen sich immer wieder erklären, beweisen und profilieren. Wer da aus der Masse heraussticht – und das machen Frauen* im Männerfußball automatisch – muss auch auf bestimmte Reaktionen gefasst sein, das möchte nicht jede. Gerade, wenn man dann noch Sexismus anprangert, wird man oft belächelt oder stumm gemacht. Viel zu oft gelten Frauen* im Stadion noch als “die Freundin von…”. Was es zudem gibt, ist eine Konkurrenzsituation zwischen aktiven Frauen*, was ein solidarisches Miteinander erschwert. Das ist schade, denn wir profitieren vom Frauen*schutzraum, in dem der auf Frauen* ausgeübte Druck abgebaut werden kann. Leider ist dieses Empowerment nicht in allen Kurven erwünscht. Wir versuchen außerdem, Heteronormativität und Zweigeschlechtlichkeit zu hinterfragen und auch zu thematisieren, dass die Situation von Menschen, die von Rassismus oder Transphobie betroffen sind, noch schwieriger ist. Gibt es denn auch eine Vernetzung mit anderen Gruppen?
Auf persönlicher Ebene gibt es Kontakte zu Frauen* aus Jena, Bremen und St. Pauli. Diese Vernetzung würden wir gerne noch ausweiten und haben deshalb im letzten Jahr am Workshop-Wochenende der Initiative F_in Frauen im Fußball in Neuharlingersiel teilgenommen. Im Juni seid ihr für das nächste, mittlerweile 11. F_in-Treffen verantwortlich. Worum geht es und an wen richtet sich die Einladung?
Es ist ein Netzwerktreffen für Frauen* aus der aktiven Fanszene im deutschsprachigen Raum. Das erste Mal wird es von einer eigenen Frauen*gruppe organisiert, in Zusammenarbeit mit dem Fanprojekt Babelsberg, das mit Tine Stern als Mitarbeiterin eine tolle und engagierte Arbeit leistet. Im Vordergrund steht der Austausch von Erfahrungen, es wird auch Workshops zum Thema Selbstermächtigungsstrategien und Empowerment geben, außerdem referiert Magda Albrecht zum Thema Körpernormierungen. Wir treffen uns vom 19. bis zum 21. Juni in Babelsberg, ein paar freie Plätze gibt es noch!
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“Einfach nur Ultra unter Ultras sein – das wär was!” – Fussball-gegen-Nazis.de über den Ausschluss von Frauen in der Fankultur
Frauen* in die Kurve – alles andere ist Quark! 11. F_in Vernetzungstreffen in Potsdam, 19.–21.6.2015
Arte Tracks über weibliche Ultras – siebenminütiger Fernsehbeitrag DIEWELT fragt sich: Wie schwer haben es Frauen in der Ultra-Szene?
Längerer Beitrag von Nicole Selmer über weibliche Fans im Männerfußball
New Girls in the Block – Frauen in der Ultraszene. Ausführlicher Beitrag von Heidi Thaler
Seit einiger Zeit forciert die neonazistische Splitterpartei „Der III. Weg“ einen Ausbau ihrer Aktivitäten in der Ostzone. Dabei schreckt sie nicht vor der Abwerbung von NPD-Mandatsträgern zurück und konzentriert sich besonders auf die Orte, in denen die NPD in der Vergangenheit versagte. Ein Blick auf die Entwicklung in Berlin und Brandenburg. Der Dritte Weg – ein Exportschlager?