Der Dienstagabend in Rathenow stand einmal mehr im Fokus verschiedener politischer Versammlungen. Das rechte „Bürgerbündnis Havelland“ führte wieder seinen kontinuierlichen Aufzug auf dem Märkischen Platz durch, das zivilgesellschaftliche Aktionsbündnis dazu eine Protest- und Diskussionsveranstaltung auf dem August-Bebel-Platz. Geringe Teilnehmer_innenzahlen
Insgesamt lässt das Interesse der Rathenower an den Versammlungen jedoch immer weiter nach. Während die Zivilgesellschaft immerhin mit gleichbleibend 70–80 Menschen für eine Stadt der Weltoffenheit und Menschlichkeit einsteht, verliert das „Bürgerbündnis“ weitere Sympathisant_innen. Waren vor drei Wochen dort noch 350 Personen mitmarschiert, versammelten sich heute höchstens 200 Bündler_innen auf dem Märkischen Platz. An dem anschließenden so genannten Abendspaziergang des „Bürgerbündnisses“ beteiligten sich sogar nur ca. 150. Kaiser will Bürgermeister werden
Dennoch scheint das Selbstbewusstsein beim „Bürgerbündnis“ derzeit ungebrochen, insbesondere bei Bündler-Chef Christian Kaiser. Dieser kündigte nämlich während seines Redebeitrages auf dem Märkischen Platz eine Kandidatur bei den nächsten Bürgermeister_innenwahlen, die voraussichtlich 2018 stattfinden, an. Ob der Kfz-Mechatroniker aus Rathenow-West dabei ernsthafte Chancen haben wird, bleibt fraglich. Er hofft anscheinend auf einen weiteren Erfolg der AfD, der er sich in jüngster Vergangenheit politisch angenähert hat. Zumindest hat die Partei, möglicherweise auch durch ihren Erfolg bei den jüngsten Landtagswahlen, bei den Anhänger_innen des „Bürgerbündnisses“ nicht überhörbare Sympathien. Diese wurde bei der nachfolgenden Rednerin ebenso deutlich, wie bei Redner Ralf Maasch. Der Hartz-4-Empfänger aus Rathenow, gab sich am Dienstagabend sogar als einer der glühendsten AfD Verehrer. Dass diese Partei aber sein momentanes „Einkommen“ de facto abschaffen will, stört ihn dabei anscheinend nur wenig. Im Gegenteil, Maasch forderte in seinem „Redebeitrag“ sogar selber die Abschaffung von Hartz‑4. Fotos: hier
Unter dem Motto: „Es reicht: Grade machen gegen Nazis & Rassisten“ haben am späten Samstagnachmittag bis zu 150 Menschen in Neuruppin „gegen rassistische Hetze & rechte Gewalt“ demonstriert. Zu der Versammlung aufgerufen hatte die „Antirassistische Initiative Neuruppin“. Neben vielen jugendlichen Antifas beteiligten sich aber auch das zivilgesellschaftliche Bündnis „Neuruppin bleibt bunt“, die Partei DIE.LINKE und Flüchtlinge aus der örtlichen Unterkunft an der Demonstration.
Der Aufzug begann gegen 16.30 Uhr mit einer Auftaktkundgebung auf dem Schulplatz und folgte dann der angemeldeten Demonstrationsroute in der Karl-Marx-Straße. Vor einer dort ansässigen Immobilienvermittlungsfirma folgte eine erste Zwischenkundgebung. In einem Redebeitrag wurde dabei das Engagement eines dort integrierten Maklers gegen Flüchtlinge kritisiert. Gemäß dem Redner, soll der Immobilienvermittler unter der Bezeichnung „Bürgerbündnis“ Versammlungen mit bis zu 600 Sympathisant_innen im havelländischen Rathenow organisieren und auf diesen massiv gegen Asylsuchende und die Presse hetzen.
Anschließend setzte sich die Demonstration wieder in Bewegung und zog weiter zum Fontanedenkmal in der Karl-Marx-Straße Ecke Franz-Künstler-Straße. Dort gab es einen Redebeitrag einer Initiative aus Brandenburg an der Havel, die für eine in ihrem Wirkungsort stattfindende „Gay Pride“ im April 2016 warb.
Im Umkreis des Fontanedenkmals als auch in der Junckerstraße fielen zu dem mehrere A4 Zettel auf, die Unbekannte offenbar im Vorfeld der Demonstration dort angebracht hatten. Auf den Zetteln wird die „Nachbarschaft“ über den Neuruppiner Stadtverordneten Dave Trick informiert. Der NPD Mann wird darin als „führende Person“ des lokalen Neonazimilieus dargestellt, der Neonaziaufmärsche organisiert und durch gewalttätige Übergriffe auffällt.
Nach der Zwischenkundgebung setzte sich die Demonstration über die Junckerstraße bis ins Neubauviertel am Ruppiner Einkaufszentrum fort. Hier fand dann die Abschlusskundgebung, bei der u.a. Flüchtling aus der örtlichen Unterkunft einen Redebeitrag hielt, statt. Fotos: hier
Am Samstagnachmittag veranstaltete die neonazistische Kleinpartei „Der dritte Weg“ mehrere Versammlungen im brandenburgischen Landkreis Uckermark. Einer kleineren Aktion in der Stadt Angermünde folgte eine größere Kundgebung in Templin. Zu letzt genannter wurde unter dem Motto „Asylflut stoppen“ auch im Internet aufgerufen. Der dritte Weg konsolidiert sich
Die Versammlung in Templin wurde auf dem Marktplatz vor dem historischen Rathaus abgehalten. Dem Aufruf im Internet folgten zwischen 40 und 50 Personen aus dem gesamten Land Brandenburg und Berlin. Die meisten Teilnehmer_innen waren bekannte Neonazis. Sie können den drei brandenburgischen Parteistützpunkten in Potsdam, Potsdam-Mittelmark und Uckermark sowie dem in Berlin existierenden zugeordnet werden. Darüber hinaus waren auch Personen aus Brandenburgs Landkreisen Teltow-Fläming und Oder-Spree angereist, in denen noch keine offiziellen Strukturen des „dritten Weges“ existieren. Hauptthema: Hetze gegen Flüchtlinge
Ähnlich wie viele PEGIDA-ähnliche Initiativen, die AfD und die NPD versucht sich auch der dritte Weg mit Ressentiments gegen Asylsuchende, mitunter aber auch durch deftigen Rassismus in der gesellschaftlichen Debatte zur Aufnahme bzw. zur Ablehnung von Flüchtlingen zu profilieren. Auch am Samstagnachmittag in Templin wurde dies, beispielsweise durch Plakate und Banner mit Parolen wie „Kriminelle Ausländer raus“ und „Asylflut stoppen“, offensichtlich. Allerdings kann der dritte Weg mit solchen Slogans kaum noch provozieren. Selbst die vermeintlich gemäßigten Rechtspopulist_innen von der AfD schlagen momentan mitunter härtere Töne an. Der dritte Weg als Alternative zur NPD?
Dennoch ist die weitere Entwicklung des dritten Weges beobachtenswert. Hier sammelt sich nämlich das militante Neonazimilieu, also Personen, die bereits in der Vergangenheit durch schwere Gewaltstraftaten auffielen. Der dritte Weg bietet diesen Leuten ferner eine straff organisierte Aktionsplattform und vor allem die bundesweite Vernetzung mit ähnlich gesinnten Kräften. Die Partei empfiehlt sich somit einmal mehr als radikalere Alternative zur in Brandenburg (milieuintern) dominierenden, aber verbotsbedrohten NPD. Diese hatte übrigens erst in der vergangenen Woche eine Versammlung in Templin abgehalten. Ungefähr 60 NPD Sympathisant_innen aus ganz Brandenburg sollen an dieser teilgenommen haben. Allerdings protestierten auch 150 Menschen dagegen. Geringe Außenwirkung
Auch bei der Kundgebung des „dritten Weges“ gab es einzelne Protestbekundungen. Sympathisant_innen der Partei „Die Grünen“ und Antifas bekannten sich mit einem Plakat und einer Fahne gegen Neonazis und für „Hilfe statt Hass“. Eine offizielle Gegenkundgebung gab es jedoch nicht. Bürger_innen, die mit dem „dritten Weg“ spontan sympathisierten und sich deren Kundgebung anschlossen aber auch nicht. Eine ähnliche Erfahrung hatte bereits die NPD in der vergangenen Woche gemacht. Fraglich ist allerdings, ob dies beim kommenden ersten „Abendspaziergang (für eine angemessene Asylpolitik)“ so bleibt, wenn eben nicht offensichtlich erkennbare Neonazis gegen Flüchtlinge hetzen, sondern vermeintlich bürgerliche „Asylkriter_innen“. Fotos: hier
INFORIOT Der 12. März war wieder ein aktionsreicher Tag in Brandenburg: In der Uckermark hielt die Partei „Der III.Weg“ mehrere Kundgebungen ab und in Neuruppin versammelten sich Antifaschist_innen und Antirassist_innen zu einer kraftvollen Demonstration. Kundgebungstour des „III. Wegs“
Am Vormittag organisierte die Partei „Der III. Weg“ zwei Kundgebungen in Angermünde und eine Versammlung in Templin. Die Kundgebungen richtete sich gegen Asyl. Angeführt wurden die Versammlungen durch Matthias Fischer. An der Kundgebung in Templin nahmen etwa 50 Neonazis der Partei und örtlichen Neonazis teil. Die Stadt ist Fischers Geburtsort, derzeit soll er in der Nähe von Angermünde wohnen. Von hier aus versucht Fischer einen Stützpunkt des „III. Wegs“ aufzubauen, welcher am 12. Dezember 2015 gegründet wurde. In mehreren Reden hetzten er, Pascal Stolle und Robin Liebers gegen Asylsuchende, die Politik, gegen die USA und Israel.
Der “III. Weg” in Templin. Matthias Fischer hielt dort mehrere Reden. Bild: Ney Sommerfeld.
Unterstützen fanden die Brandenburger Aktivisten um Fischer durch Neonazis aus Berlin. Der Berliner Stützpunkt der Partei um Franziska Grunhold waren anwesend. Zudem nahmen die Mitglieder des Berliner Stützpunktes der Kleinstpartei „Die Rechte“ um Patrick Krüger und Bodo Dreisch an der Kundgebung in Templin teil. Technische Unterstützung bekam die Kundgebung außerdem von dem Ehepaar Franziska und Peer Koss. Koss trat sogar erstmals mit einer Jacke des „III.Wegs“ auf, was seine Mitgliedschaft in der Partei nahelegt. Rechts am Transparent: Peer Koss mit “III. Weg”-Jacke. Bild: Ney Sommerfeld.
Templin ist derzeit nicht nur für Fischer und seine KameradInnen interessant, erst letzte Woche Samstag veranstaltete die NPD eine Kundgebung. Und am kommenden Freitag, den 18. März, soll der erste sogenannte „Abendspaziergang“ in Templin stattfinden. Alle drei Versammlungen richteten bzw. richten sich gegen die Asylpolitik. Bilder: hier und hier. 120 bei antifaschistischer Demonstration in Neuruppin
An einer Demonstration gegen rassistische Hetze und rechte Gewalt, die am Samstagnachmittag in Neuruppin stattfand, nahmen knapp 120 Menschen teil. Unterstützt wurde die Demonstration durch das Aktionsbündnis „Neuruppin bleibt bunt“. Die Demonstration führte vorbei an mehreren Neonazi-Wohnungen und dem Maklerbüro des Rathenowers Nico Tews. In einem Redebeitrag wurde Tews als Organisator der rassistischen Aufmärsche in Rathenow thematisiert. Erst letzte Woche veranstaltete Tews eine Demonstration mit etwa 600 Neonazis und RassistInnen durch Rathenow. Sein Ziel war es diverse rassistische „Bürgerinitiativen“ zu vereinen, aus Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen waren diverse Organisationen und Vereinigungen angereist. Die Demonstration endete im Wohngebiet um das REIZ-Einkaufszentrum, wo es zu einer kleinen Provokation von zwei mutmaßlichen Neonazis kam. Antifaschistische Demonstration in Neuruppin. Bild: Ney Sommerfeld. Bilder: hier und hier.
INFORIOT “Keep your fuckin’ politics out of metal!”, fordert das “Under the black sun”-Festival auf seiner Homepage. Seit 1998 findet die jährliche Metalparty im Land Brandenburg, in Helenenau in der Nähe von Bernau statt. Auch wenn “Under the black sun” als Anspielung auf das Nazisymbol der Schwarzen Sonne verstanden werden kann, will das Festival nichts mit Politik oder gar mit Neonazismus zu tun haben.
Werbung für das “Under the black sun” Festival 2016
Allerdings: Wenn das Festival in diesem Jahr vom 30. Juni bis zum 2. Juli stattfindet, soll eine mehr als zweifelhafte Band auftreten. Angekündigt ist nämlich ein Konzert der lettischen Pagan-Metalgruppe Skyforger.
Die Gruppe betont ebenfalls, mit Politik nichts am Hut zu haben, verhält sich allerdings seit Jahren widersprüchlich. Im Bandlogo war jahrelang ein Hakenkreuz eingearbeitet. Die Band erklärt inzwischen, dieses Logo nicht mehr einzusetzen, weil es immer wieder zu “Missverständnissen” deswegen gekommen sei. Eigentlich sei das im Logo abgebildete Symbol kein Hakenkreuz, sondern ein Donnerkreuz, ein angeblich altes lettisches Zeichen. Und, das erwähnt die Band nicht — die “Donnerkreuzler” waren am Anfang des 20. Jahrhunderts zeitweise die führende faschistische Partei in Lettland. Auf der offiziellen Internetseite der Band werden Fanartikel mit den Hakenkreuzlogo weiter zum Verkauf angeboten. Weiterhin verkauft Skyforger Fanartikel mit dem Hakenkreuzlogo (Screenshot 11.3.2016)
Die Band spielte in ihrer lettischen Heimat auch Konzerte zu Ehren der lettischen Waffen-SS-Verbände. So trat sie 2012 im Rahmen des Programms des “Legionärstages” im Riga auf. Mehrere tausend Rechte gedachten an diesem Tag bei einem Gedenkmarsch der vorgeblichen Heldentaten der Waffen-SS, abends gab es ein ergänzendes Konzert mit “Skyforger” vor Hunderten Fans.
Mehrfach traten Skyforger mit der litauischen Neonaziband “Diktatura” auf, welche schon die Bühne mit den deutschen Neonazirockstars der Lunikoff-Verschwörung die Bühne teilten.
Vermutlich handelt es sich bei den Musikern von Skyforger nicht um Neonazis und es ist nicht bekannt, dass sie ihre Konzerte für agitatorische Reden nutzen. Sie geben sich allerdings offenbar gern für Waffen-SS-Propaganda her, scheuen die Nähe zu Neonazis keineswegs, sondern treten für ein solches Publikum und mit entsprechenden Bands auf. Die Band verkauft — entgegen anderslautenden Behauptungen — weiterhin Fanartikel mit Hakenkreuzen. Man darf wohl meinen: Wenn das “Under the black sun”-Festival keine “Politics” haben will, dann haben sie mit “Skyforger” eine denkbar ungeeignete Band gebucht.
Der geplante Auftritt von Skyforger ist jedoch beileibe nicht die erste fragwürdige Bandbuchung in der Geschichte des “Under the black sun”. 2004 durfte dort zum Beispiel die finnische Neonaziband “Satanic Warmaster” spielen. Die schwulenhassenden und NS-Parolen “zur Provokation” singenden “Impaled Nazarene” durften beim Festival bereits mehrmals auftreten. Und auch “Skyforger” hatten schon einmal einen Auftritt, im Jahr 2006. Mehr über “Skyforger” ist in einem Artikel bei “Berlin Rechtsaußen” zu erfahren.
Am 29. Februar 2016 hat Innenminister Schröter das Ersuchen der Härtefallkommission für ein Bleiberecht der Familie Novakovic abgelehnt. Vor dreieinhalb Jahren reiste das Ehepaar Novakovic mit ihren drei Kindern nach Deutschland ein und beantragte Asyl. Als Roma sind die Kinder in Serbien in der Schule immer wieder massiv angefeindet und angegriffen worden. Auch nach wiederholten Interventionen der Eltern hat die Familie von Verantwortlichen jahrelang keinen Schutz oder Hilfe erfahren. In der Folge konnten die Kinder die Schule nicht mehr besuchen. Um eine Zukunft für die Kinder ohne Gewalt und Diskriminierung zu finden, floh die Familie nach Deutschland.
Der neunjährige Kristijan ist der jüngste der drei Geschwister. Er ist wegen seiner traumatisierenden Erfahrungen seit über einem Jahr in jugendpsychiatrischer Behandlung. Sollte die Familie abgeschoben werden, wird er die dringend notwendige Behandlung aller Voraussicht nach nicht fortsetzen können. Roma werden in Serbien grundlegende soziale Rechte verwehrt, viele leben weit unter dem Existenzminimum. Den Novakovics droht bei Rückkehr unmittelbar die Obdachlosigkeit. Die Kinder würden wieder dem gleichen Umfeld und Bedingungen ausgesetzt sein, die sie bereits vor ihrer Flucht nach Deutschland aus der Schule getrieben haben. Das Recht auf Bildung, auf geistige Entwicklung und eine “normale” Kindheit in einem sicheren Umfeld wären ihnen verwehrt.
Die UN-Kinderrechtskonvention – von der Bundesrepublik im Jahr 2010 ratifiziert — bestimmt, dass Kinder nicht als Anhängsel ihrer Eltern behandelt werden dürfen, sondern eigene Menschenrechte haben. Sie
verpflichtet Behörden, bei jeder Entscheidung den Vorrang des Kindeswohls zu garantieren. Zum Weltkindertag im September letzten Jahres stellte das Deutsche Institut für Menschenrechte unmissverständlich klar, dass staatlichen Behörden auf Bundes- , Landes- und kommunaler Ebene zur Beachtung der Kinderrechte aus der UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet sind und dass diese Rechte für
alle Minderjährigen, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, ihrem aufenthaltsrechtlichen Status oder dem ihrer Eltern gelten.
Die psychische Situation der Geschwister Novakovic hat sich in den Jahren ihres Aufenthalts in Brandenburg stabilisiert und sie haben begonnen Wurzeln zu schlagen. Die Familie hat inzwischen viele
UnterstützerInnen, gute FreundInnen und NachbarInnen gefunden. Beide Eltern arbeiten geringfügig. Frau Novakovic spricht fünf Sprachen und unterstützt ehrenamtlich andere Flüchtlinge als Dolmetscherin und Integrationslotsin. In Forst sind die Kinder bestens in der Schule integriert. Sie gehen motiviert, gerne und regelmäßig zur Schule, so dass eine Lehrerin in einem der vielen Unterstützungsaufrufe schrieb: “Soll ihnen das alles wieder genommen werden? Wie lange kann ein Kind eine ’solche Kindheit’ noch verkraften?”
In diesem Sinne sind zahlreiche Schreiben von LehrerInnen, NachbarInnen, Kirchenmitgliedern, der Arbeitgeberin, SozialarbeiterInnen und Menschen aus Initiativen und Verbänden verfasst worden. Alle appellierten an die Regierung, der Familie ein dauerhaftes Bleiberecht zu gewähren, denn in Forst und Umgebung werden sie als Vorbild für soziale Integration angesehen.
Die Härtefallkommission war im November 2015 zu dem sehr deutlichen Ergebnis gekommen, dass im Falle der Familie Novakovic dringende humanitäre und persönliche Gründe vorliegen, die – insbesondere im
Interesse der Kinder – die weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erforderlich machen. Innenminister Schröter setzte sich darüber hinweg und entschied gegen das Ersuchen der Kommission.
“Mit seiner Entscheidung sendet Innenminister Schröter ein fatales Signal in die Gesellschaft und an all diejenigen, die sich für die Aufnahme und Integration von Familie Novakovic und anderer Flüchtlinge vor Ort engagieren. Die Entscheidung ist ein Affront gegen die Bemühungen der Menschen in Forst, Familie Novakovic in ihrer Mitte aufzunehmen und sie missachtet das Kindeswohl der betroffenen Kinder” sagte Ivana Domazet vom Flüchtlingsrat Brandenburg.
Der Flüchtlingsrat fordert die Landesregierung und den Innenminister auf, der Familie Novakovic ein dauerhaftes Bleiberecht zu gewähren und sie nicht aus dem Kreis ihrer neuen FreundInnen und NachbarInnen zu reißen. Die Kinder dürfen nicht aus der Schule und ihrem gewohnten Umfeld genommen und nach Serbien ins Elend abgeschoben werden, wo sie wieder Diskriminierung und Anfeindungen ausgesetzt wären und ihnen das Recht auf Bildung und Entwicklung verwehrt bliebe.
+++ Linksextremismus-Vorwürfe seitens einzelner Stadtverordneter
+++ Spaltung emanzipatorischer Kräfte darf nicht zugelassen werden
+++ Offener Brief als Antwort gegen Vorwürfe von Verein und Bündnis verfasst
Die Stadtverordneten Jürgen Maresch (parteilos, ehem. Die Linke) und Wolfgang Bialas (CDU) haben in der Stadtverordnetenversammlung Linksextremismus-Vorwürfe gegen den Verein für ein
multikulturelles Europa e. V. sowie gegen das Bündnis Cottbus Nazifrei! vorgebracht. Der Verein sah sich daraufhin gezwungen, den Antrag für eine jahrelang gezahlte Unterstützung vom
Jugendamt zurück zu ziehen. Maresch fordert des Weiteren die Stadt dazu auf, die Zusammenarbeit mit dem Bündnis Cottbus Nazifrei! aufzugeben. Beide Initiativen sollen sich vom
„Linksextremismus“ distanzieren, um Sanktionen zu vermeiden. „Wir haben jahrelang eine finanzielle Unterstützung für unsere vielfältigen Projekte seitens des Jugendamtes erhalten. Durch
die Vorwürfe können wir diese Projekte nur noch schwer verwirklichen“, so Maria Schneider vom Multikulti-Verein.
Das Bündnis Cottbus Nazifrei! und der Verein arbeiten eng zusammen und sind für die alternative Jugendkultur in Cottbus unverzichtbar. Im Bezug auf die Arbeit gegen faschistische Strukturen
konnte in Cottbus schon viel erreicht werden. Die Proteste am 15. Februar sind dafür beispielhaft. Die gute Zusammenarbeit mit dem Aktionsbündnis Cottbuser Aufbruch und der Stadt ist zudem ein
landesweites Vorzeigeprojekt. „‘Cottbus bekennt Farbe’ sollte auch weiterhin wegweisend im Kampf gegen Neonazis und rassistische Hetze sein. Wir sind froh, dass in Cottbus eben keine
Sächsischen Verhältnisse herrschen“, meint Luise Meyer von Cottbus Nazifrei!
Besonders in der aktuellen Situation einer erstarkenden Rechten in Deutschland ist es wichtig, diese Zusammenarbeit nicht zu gefährden. Alle demokratischen Kräfte müssen im Kampf gegen Organisationen wie Pegida, die AfD und vermeintlich „besorgte und heimatverbundene Bürgerbewegungen“ zusammen halten und ihre rassistische Hetze sowie Rückwärtsgewandtheit entkräften und aufdecken.
Anlagen: Offener Brief Hintergrundtext zur Entstehung des Offenen Briefs
Weitere Informationen: www.cottbus-nazifrei.info // fb/cottbus-stellt-sich-quer www.zelle79.blogspot.de/
INFORIOT Hauptsache alles so arrangieren, dass sich die NPD wohlfühlt. Dies scheint das Motto der Polizei in der Uckermark zu sein. Am vergangenen Samstag hielt die Neonazipartei eine rassistische Kundgebung in Templin ab. Von Seiten der Stadt wurde darum am historischen Rathaus Plakate mit der Aufschrift “Templin bleibt bunt” angebracht. Der Polizei war das offenbar zu viel und zu eskalierend: Sie ließ die Plakate mit Verweis auf das Versammlungsgesetz entfernen, aus “Deeskalationsgründen”. Die Aufschrift sei geeignet gewesen “die Befindlichkeiten der Veranstalter zu berühren”, also jene der Neonazis. Dies berichtet die Tageszeitung Nordkurier.
So berichtet der Nordkurier über das Handeln der Polizei in der Uckermark (Screenshot)
Von Seiten Templiner Stadtverordneter wird das Polizeihandeln inzwischen als “überzogen” kritisiert.
Es bleibt abzuwarten, ob die uckermärkische Polizei weiter auf solch eine neonazifreundliche “Deeskalation” setzen wird. Mögliche Termine dafür gibt es gleich zwei: Am kommenden Sonnabend will die Neonazikleinpartei “Der III. Weg” aufmarschieren und am Freitag, dem 18. März, plant “Templin gegen Asylmissbrauch” einen rassistischen “Abendspaziergang” durch die Stadt.
In der Uckermark gibt es immer wieder Vorfälle, die ein mehr als zweifelhaftes Licht auf die Polizei werfen. Um nur einige Beispiele zu nennen: In Schwedt verhinderten Polizisten die Strafverfolgung gegen “Sieg Heil”-rufende Neonazis. Ein Polizist nahm an einem Nazi-Gedenkmarsch in Seelow selbst teil. Der Vize-Chef der Polizeiinspektion hatte als Klingelton am Handy “Nachricht von der Ostfront” eingestellt. Eine Polizistin ist mit einem Neonazi verheiratet — bei der Hochzeit posierte dieser mit Hakenkreuzarmbinde.
An einem Aufmarsch der rechten POGIDA-Bewegung in Potsdam haben sich am Mittwochabend ungefähr 60 Personen aus Berlin, Brandenburg und Sachsen beteiligt. Es war die achte Versammlung dieser Art in der Brandenburger Landeshauptstadt. Die Achte, die nur durch ein enormes Polizeiaufgebot aus mehreren Bundesländern und mit schwerem technischem Gerät, darunter zwei Wasserwerfern, gegen den Willen der meisten Potsdamer_innen durchgesetzt wurde. Insgesamt beteiligten sich ungefähr 650–700 Menschen an den Protesten gegen den POGIDA Marsch. Ungefähr 300 Gegendemonstrant_innen hatten sich am Lustgarten versammelt, 200 folgten einer Demonstration aus Babelsberg und 150–200 noch einmal spontan auf der Langen Brücke. POGIDA hatte sich indes am Nordeingang des Potsdamer Hauptbahnhofes versammelt. Ihren Punkt für die Auftaktkundgebung mussten die Organisatoren dieser Veranstaltung aber wieder um 50–100m verlegen, da Unbekannte an zwei Fahrrädern im Eingangsbereich des Bahnhofes Kisten befestigt hatten, in denen ohrenbetäubender Lärm erzeugt wurde. Nochmals wurde offensichtlich das POGIDA in Potsdam offenbar unerwünscht ist. Trotz mehrerer vormaliger Ankündigungen sah Versammlungsleiter Christian Müller, u.a. auch während der Auftaktkundgebung, anscheinend keinen Grund seine Veranstaltungsreihe abzubrechen. Er hätte sich mit ähnlich gesinnten Initiativen aus anderen Städten beraten. Diese hätten ihn zur Fortsetzung seiner Aktivitäten in Potsdam geraten, zumindest so lange bis ein für ihn entsprechender Ersatz gefunden ist. Nach der kurzen Auftaktkundgebung, bei der auch ein Herr aus Dresden zu Wort kam, zog POGIDA dann zum Filmmuseum. Dort sprach Müller erneut, ebenso wie Sebastiano Graziani. Als Frontbanner von POGIDA diente diesmal übrigens ein Stoff-Stück auf dem mit großen Buchstaben: „Wir sind keine Nazis“ zu lesen war. Dies mag inhaltlich für einige „besorgten Bürger_innen“ auf der Versammlung zu treffen, aber eben nicht für einen größeren Teil der Mitläufer_innen. Tatsächlich ist nämlich zu beobachten das einige Kader der „Freien Kräften Neuruppin / Osthavelland“ sowie der lange Zeit inaktiven neonazistischen „Alternative Jugend Potsdam“ immer öfter anlässlich der POGIDA Märsche in Erscheinung treten. Ihnen ist auch das Banner: „Asylhütte in Potsdam? Kannste knicken“ mit dem markanten Slogan: „Wohnraum zuerst für Deutsche“ zuzuordnen. Fotos: hier
Am heutigen Mittwoch fand ein weiterer unsäglich rassistischer Pogida-Aufmarsch, wieder angemeldet vom rastlosen Christian Müller, am Potsdamer Hauptbahnhof statt. Auch wenn im Vorfeld wieder diverse Gerüchte und Aussagen wie „Wenn die Gutmenschen ein weiteres Asylheim am Schlaatz bauen, werde ich dieses abfackeln und zwar mit Insassen!!!“ kursierten, schien es insgesamt, als wäre an alllen Fronten Routine in die wöchentlichen Aufmärsche gekehrt.
Noch vor Beginn der Pogida-Demonstration führte eine antifaschistische Demonstration von Alt-Nowawes über die Lotte-Pulewka-Straße zum Hauptbahnhof. Unter dem Motto „Nu Pogodi, Pogida“ liefen 250 Menschen in Richtung des Neonazi-Aufmarsches, nicht zuletzt, um diesen zu verhindern. Außerdem stellten sich bei den angemeldeten Kundgebungen “Refugees Welcome” auf der langen Brücke und einer Veranstaltung des Bündnisses “Potsdam bekennt Farbe” etwa 500 Menschen dem Irrsinn entgegen.
Als Veranstalter Christian Müller seine Versammlung eröffnen wollte, kam es zu einer Störung der Veranstaltung durch eine lärmende Kiste, die am Auftaktort auf einem Fahrrad angebracht war. Die Polizei brauchte mehr als zehn Minuten unterhaltsamer Bemühungen und einen Bolzenschneider, um den Kasten erfolgreich in Gewahrsam nehmen zu können. Die Neonazis entfernten sich unterdessen um hundert Meter und brachten dort ihre Propaganda unter die anwesenden knapp 50 Pogida-Anhänger_innen. Der Dresdner Pogida-“Stargast” Jens Lorek erstattete nach eigenen Aussagen später Anzeige gegen die Polizei, da diese die Pläne des Fahrrades nicht schon vorher durchschaut hatte.
Neben dem bereits bekannten Sebastiano Graziani war die Verschwörungsszene heute mit Jens Lorek prominent vertreten. Lorek erlangte zweifelhafte Berühmtheit, weil er Mitte der 2000er von Aliens entführte Menschen anwaltlich betreute. In der Neonaziszene ist er eher bekannt, weil er als Anmelder von Aufmärschen in Freital und Heidenau in Aktion trat. Antifaschist_innen, wiederum, dürften Jens Lorek kennen, weil er lächerliche “statistische Methoden” anwandte, um die Teilnehmer_innenzahl von Pegida festzustellen.
Ihr kurzer 400 Meter Marsch führte Pogida über die Lange Brücke zum Stadtschloss. Dort hielt Sebastiano Graziani dann eine seiner ewiglich währenden Reden. In dieser beklagte er wie üblich den Bevölkerungsaustausch in Deutschland durch die Geflüchteten, den im 2. Weltkrieg an den Deutschen begangenen “Bombenholocaust” und verstieg sich zudem in einem wirr-rassistischen Vergleich der Situation in Mazedonien, (wo Refugees seit langer Zeit unter menschenverachtenden Bedingungen festsitzen) mit der Belagerung von Konstantinopel (durch das Osmanische Reich im Jahr 1453). Damit war die Spitze des völkisch-rassistischen Eisberges aber noch lange nicht erreicht: Graziani wünschte sich, dass statt syrischen Geflüchteten Wolgadeutsche aufgenommen würden (Historischer Fakt: “Deutsch” sind die “Wolgadeutschen” weil sie vor 1768 im Deutschen Reich lebten, danach zogen sie ins Russische Reich).
Der einzige Lichtblick war hier die Ausdauer der Gegendemonstrant_innen, die die Reden fast restlos übertönten.
Nachdem dieses Elend überstanden war, zog der Aufmarsch über seine kümmerliche Strecke wieder zurück, sie riefen neben dem üblichen “Wir sind das Volk” auch „Hasta la vista antifascista“ und „Linksfaschisten in die Kisten“.
Am Ausgangsort wieder angekommen, nutzte der Aufmarsch-Anmelder Christian Müller die Gelegenheit, munter Gerüchte unter seine Anhänger_innen zu streuen. Er berichtete, dass ihm berichtet wurde, dass ein Taxifahrer berichtet habe, dass es “neulich” am Rewemarkt im Schlaatz zu einer Vergewaltigung gekommen sei. Vor dem Markt hätten “betrunkene Ausländer” gestanden. Er wisse nicht, ob es einen Zusammenhang gäbe, habe aber Angst vor dem Frühling und dem Sommer, weil er sich frage, was dann mit “unseren” Frauen und Kindern passiere. Die Antifa müsse dumm sein und werde außerdem vom Staat bezahlt — das habe neulich ein Antifa-Aussteiger bei dem Bärgida-Aufmarsch berichtet.
Danach verstreuten sich die Pogidas, unter denen sich Gäste aus diversen Ecken Ostdeutschland befanden — so den Vorankündigungen Glauben geschenkt werden will.
Für die nächste Woche plant der Pogida-Müller (der ankündigte, erstmal weiter machen zu wollen) wohl eine Strecke in Babelsberg.
Dann vielleicht mit 40 Leuten, die Woche darauf mit 30, dann…
Selbst wenn Podiga sich abschafft, heißt das nicht, dass irgendetwas besser ist!
Nur wenige Kilometer von Potsdam gibt es Städte, wie Rathenow und Nauen, in denen das Ausmaß an rassistischer Moblilisierung schon lange unerträglich ist.
Noch ein paar Kilometer weiter sterben Menschen an Europas Außengrenzen, die vor beispiellosen Menschenrechtsverletzungen und Krieg fliehen.