Grundsätzlich ließ sich feststellen, dass die BraMM, getreu ihrem aktuellen Trend, weiter geschrumpft ist. Es folgten ungefähr 20 Personen dem Aufruf sich an der Gördenallee/Ecke Wiener Straße zu versammeln. Eine interessante Neuigkeit, neben den theatralischen Redebeiträgen und der Distanzierung von Extremist_innen jeglicher Couleur, war, dass diesmal nicht einmal mehr alle Anwesenden an dem anschließenden Spaziergang teilnahmen. Etwa 10 Personen, einschließlich Totschläger S. Lücke, blieben einfach am Ort der Auftakt- und Abschlusskundgebung stehen. Auch blieb sich das Publikum mit neonazistischen und rassistischen Kleidungsaufdrucken inhaltlich treu.
Zwar war zog der Spaziergang des Städtischen Bündnisses nicht nennenswert mehr Demonstrant_innen an, dennoch zeigt sich in der Entwicklung der BraMM eindeutig, wie wenig anschlussfähig die propagierten Inhalte sind. Der kontinuierliche Gegenprotest, antifaschistisch, wie bürgerlich, und das frühe Bekanntwerden der Republikaner als Drahtzieher der BraMM durch Recherche von Presse und antifaschistischen Strukturen, schafften schwierige Ausgangsbedingungen für die Rassist_innen. Ebenso zeigte sich, dass das Städtische Bündnis wenig kreativ und wenig aktiv handelte. Der Gegenprotest blieb somit auf die reaktionären Gegenkundgebungen auf dem Neustädtischen Markt beschränkt.
Wir werden uns auch in Zukunft entschieden gegen Rassismus aussprechen und entschlossen gegen rassistische Akteure vorgehen!
Autor: Alisha
Am Samstag versammelten sich etwa 50 Neonazis zum “Nationalen Fußballturnier”, das als Benefizveranstaltung für die rechtsextreme “Gefangenenhilfe” stattfand. Getroffen hatten sich die Rechtsextremen in Kloster-Lehnin, doch zum Anstoß kam es nicht. Die Stadt hatte als Eigentümerin des Sportplatzes die Veranstaltung untersagt. Die Polizei nahm die Personalien der Anwesenden auf und untersagte die Nutzung des Platzes.
Im Anschluss begaben sich die rechten Fußballer*innen nach Grabow, dem Wohnort von Maik Eminger, der das Turnier veranstaltete. Eminger ist deutschlandweit als Nazi-Szenegröße bekannt, sein Zwillingsbruder André Eminger wird derzeit im NSU-Prozess wegen Beihilfe zum versuchten Mord und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angeklagt. Maik verweigerte als Zeuge im Prozess die Aussage und unterstrich seine politische Haltung durch das Tragen eines T‑Shirts mit der Aufschrift “Brüder schweigen”, einem Spruch in Anspielung aus das “Treuelied” der SS.
In Grabow konnte das Turnier schließlich auf einem öffentlich zugänglichen Platz stattfinden, die “Gefangenenhilfe” Brandenburg feiert das derzeit als “Sieg auf ganzer Linie” gegen “die Staatsmacht”. Organisations- und parteiübergreifend waren Vertreter*innen aller rechtsextremen Parteien vom III. Weg, über die NPD und deren Jugendorganisation JN bis hin zu “Die Rechte” vor Ort, außerdem kamen zahlreiche Mitglieder freier Kameradschaften.
Fußballturniere schweißen die rechte Szene zusammen
Auf ihrer Website beschreibt die Gefangenenhilfe selbst, wie wichtig derartige Sportveranstaltungen für die rechte Szene sind, das “(…) schweißt uns zusammen und sorgte nicht zuletzt zu unserem Fußballturnier für einen starken Rückhalt”. Auch der brandenburgische Verfassungsschutz wertet diese Turniere als identitätsstiftend. Der letzte bekannt gewordene Fußballwettbewerb fand in Wünsdorf statt und wurde von der neu gegründeten JN Brandenburg veranstaltet. “Mit solchen Veranstaltungen sollen neue Mitglieder gewonnen sowie Interessenten und ´Freie Kräfte´ an die JN gebunden werden”, schreibt der Verfassungsschutz.
In Grabow ging es jedoch auch darum, Geld für die Unterstützung von rechtsextremen Straftäter*innen zu sammeln. Deren “Gefangenenhilfe” scheint als Nachfolgeorganisation der 2011 verbotenen “Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V.” (kurz “HNG”) zu fungieren. Die sammelt Spenden und unterstützt Rechtsextreme, nach einer Verurteilung aufgrund von Gewalt- oder Propagandadelikten, klärt aber auch über die aktuelle Rechtslage auf und sichert juristische Unterstützung zu, wenn die Ermittlungen noch laufen. Darüber hinaus nutzen Neonazis Gefängnisaufenthalte um ihre rassistische und rechtsextreme Propaganda zu verbreiten. Nicht selten radikalisieren sich rechte und rassistische Gewalttäter*innen im Gefängnis und werden nach der Haftentlassung gefeiert.
Maik Eminger ist Führungskopf der regionalen Neonazi-Szene
Zentrale Figur des Wochenendes war Maik Eminger, der sich für die Veranstaltung des Turniers verantwortlich zeigte. Er ist regionaler Hauptakteur der “Gefangenenhilfe”, die im vergangenen Herbst in Brandenburg an der Havel unter dem Motto “Solidarität gegen staatliche Repressionen” demonstrierte. Anmelderin war damals zwar die NPD, organisiert wurde die Kundgebung laut Verfassungsschutz jedoch von der neonazistischen Rechtshilfe-Organisation. Hauptredner war Maik Eminger. Beide Eminger Brüder traten auch auf Veranstaltungen der PEGIDA-Ableger in Brandenburg, Leipzig und München in Erscheinung, weil man sich in diesem Rahmen besonders gut “gegen die Asylpolitik des herrschenden Systems erheben” könne. In Leipzig erschien Maik Eminger mit einem Transparent der Kampagne “Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung”, die besonders in Brandenburg präsent ist und auch auf Facebook gegen vermeintlich zu hohe Zahlen von Asylsuchenden hetzt. Offenbar ist die Kampagne Teil des Versuchs, PEGIDA für die Neonaziszene zu reklamieren.
Rechtsextreme Kontinuität im Fußball
Das Benefizspiel am Wochenende war das erste seiner Art für die “Gefangenenhilfe”, weitere sollen folgen. Dass Neonazis den Fußball für ihre Zwecke nutzen, ist leider nichts Neues. Schon in den 1980/90er Jahren brachten sich Rechtsextreme aktiv in den Fankurven ein, rechte Parteien rekrutierten in der Fanszene. Die Anschlussversuche wurden bis heute an den meisten Standorten der Profivereine gut unterbunden. Jedoch zeigt sich eine rechtsextreme Kontinuität meist bei unterklassigen Vereinen und mit der Gründung eigener Spielgemeinschaften, wie in Sachsen-Anhalt mit dem 1. FC Ostelbien Dornburg, der beständigen Nutzung des beliebten Sports für die Verbreitung rechter Ideologie. Dem gilt es entschieden entgegen zu treten.
Lieber zum Antirassistischen Fußballturnier?
20. Juni, Affi-Cup der Antifaschistischen Fußballfan-Initiative in Chemnitz
20. Juni, Keine Eintracht mit Nazis-Turnier in Braunschweig
04. Juli, Antirassistisches Fußballfest StandUp! Cup in Düsseldorf
11. Juli, Antira-Cup des Akubiz e.V. in Lohmen bei Pirna
… to be continued
Wir, die Asylsuchenden und Geduldeten von Hennigsdorf und im ganzen Landkreis Oberhavel, erhalten noch immer einen Großteil der Sozialleistungen in Form von Gutscheinen. Gutscheine sind diskriminierend und machen es uns unmöglich, frei zu wählen, was wir
benötigen und erschweren die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben. Deshalb können sie auch krank machen.
Die politisch Verantwortlichen, Landrat Schröter, Kreistagsvorsitzender Schröder und die Kreistagsfraktionen, werden in dem Brief dazu aufgefordert, die Zusage der Bundesregierung und des Bundesrats, die Sozialleistungen für Asylsuchende und Geduldete zukünftig vorrangig in Form von Geldleistungen auszuzahlen (Protokollerklärung des Bundesrat 19.09.2014), umzusetzen. Die kooperierenden Supermärkte werden gebeten, die Zusammenarbeit mit SODEXO zu unterlassen, um zu mehr Gleichberechtigung beizutragen.
Wir sind Sarrazins Alptraum
Das Bernauer Netzwerk für Weltoffenheit lädt am Donnerstag, den 18.09.14 ab 18 Uhr zu einer Kundgebung gegen die Lesung von Thilo Sarrazin in der Stadthalle Bernau ein. Sarrazin stellt zeitgleich sein aktuelles Buch “Der neue Tugendterror” vor. Das Netzwerk wünscht ihm für seine Lesung: “Gegenwind statt Schweigen, Protest statt zahlendem Publikum” und lädt alle demokratisch gesonnenen Menschen ein zu kreativen, friedlichen und humorvollen Protesten unter dem Motto “Wir sind
Sarrazins Alptraum — lauter Kopftücher!”. Ab 18 Uhr, Kundgebung am Steintor / Hussitenstraße.
“Angebliche Tugend- und Meinungsterrorist_innen, Kopftuch tragende Mädchen und Jungs jeglichen Alters, politisch korrekte Wortakrobaten und Gutmenschen jeglicher Couleur begrüßen den schein-heiligen T.S. an der Stadthalle, “bewaffnet” mit Plakaten, Infos und Büchern, mit Bibel- und Koranzitaten, mit meinungsterrorverdächtigen Sprüchen von Geistlichen,
Künstler_innen, Zugewanderten und anderen für T.S. unmaßgeblichen Leuten” sollen ihren Protest gegen die rassistische Stimmungsmache zeigen, heißt es im Aufruf des Netzwerkes.
Im Rahmen der Gegenproteste lädt das Netzwerk für Weltoffenheit außerdem am Montag, den 22.09. um 19.30 Uhr zu einer Buchlesung ein:
Montag, 22.09., 19:30 Uhr Buchhandlung Schatzinsel, Alte Goethestraße 2:
literarisch + radikal: “Die Ungehaltenen”: Romanlesung und Gespräch mit Deniz Utlu über Migration, Erinnern und die politische Bedeutung von Trauer. Deniz Utlu wurde 1983 in Hannover geboren, lebt in Berlin, schreibt. Er gründete das Kultur- und Gesellschaftsmagazin freitext, studierte VWL in Berlin und Paris. “Die Ungehaltenen” ist sein erster Roman.
Hintergrund:
UN rügt Deutschland — Thilo Sarrazins Aussagen waren rassistisch
Deutschland hat seine Bevölkerung nicht ausreichend vor rassistischen Äußerungen von Thilo Sarrazin geschützt. Das entschied der Antirassismus-Ausschuss der UNO. Die Gesetzeslage müsse auf den Prüfstand gestellt werden, fordern Menschenrechtler und Oppositionspolitiker.
“Ich finde es peinlich und beschämend, dass wir das nicht im eigenen Land feststellen können, sondern warten müssen, bis die UNO uns rügt”, schreibt Bülent A. auf Facebook. Unter seinem Kommentar ein Verweis auf einen Artikel im Tagesspiegel. “Deutschland ist vom Antirassismus-Ausschuss der Vereinten Nationen gerügt worden, weil es Thilo Sarrazin dessen umstrittene Äußerungen zu Türken und Arabern hat durchgehen lassen”, heißt es dort.
Gemeint ist das Interview von Thilo Sarrazin in der Zeitschrift “Lettre International” im Herbst 2009.
Über die türkischen und arabischen Migranten äußerte er wörtlich: “Die Türken erobern Deutschland genauso, wie die Kosovaren
das Kosovo erobert haben: durch eine höhere Geburtenrate. […] Integration ist eine Leistung dessen, der sich integriert. Jemanden, der nichts tut, muss ich auch nicht anerkennen. Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert. Das gilt für 70 Prozent der türkischen und 90 Prozent der arabischen Bevölkerung in Berlin.”
CERD Beschluss
Daraufhin hatte der Türkische Bund in Berlin-Brandenburg (TBB) Strafantrag wegen Volksverhetzung und Beleidigung bei der Staatsanwaltschaft gestellt. Das Verfahren wurde eingestellt, zu einer strafrechtlichen Anklage kam es daher nicht. Damit war die Sache für die hiesige Justiz erledigt, die Aussagen Sarrazins freie Meinungsäußerung.
Der TBB gab nicht nach und wandte sich an den Antirassismus-Ausschuss der Vereinten Nationen (CERD). In dessen Beschluss 2013 steht: “Der Ausschuss kommt […] zu dem Schluss, dass das Versäumnis einer effektiven Untersuchung […] durch den Vertragsstaat […] eine Verletzung der Konvention (über die Beseitigung jeder Form von Rassismus) darstellt.” Kurz: Die
Aussagen von Sarrazin waren rassistisch, Deutschland hätte strafrechtliche Ermittlungen einleiten müssen.
Am 17. September trifft sich in Eberswalde der Sozialausschuss des Barnimer Kreistages. Dieser Ausschuss ist u.a. zuständig für alle Fragen rund um die Unterbringung der Flüchtlinge im Barnim.
Wir wollen den Ausschuss besuchen und davor mit einer Kundgebung unsere Forderungen öffentlich machen. Die Flüchtlinge sollen weiterhin vorrangig in Wohnungen untergebracht werden. Wohnungen und Flüchtlingsheime sollen in Orten liegen, die eine geeignete Verkehrsanbindung und Infrastruktur bieten. Die Orte müssen groß genug sein, damit sich zivilgesellschaftliche Willkommens-Iniativen bilden können, die die Flüchtlinge unterstützen können.
In diesem Sinne lehnen wir die Pläne des Landkreises ab, in Oderberg ein neues Wohnheim für 80 Flüchtlinge zu bauen. Wohnungen und Flüchtlingsheime gehören in die größeren Orte entlang der Bahnlinien von und nach Berlin.
Unsere Kundgebung beginnt um 17:30 Uhr vor dem Paul-Wunderlich-Haus (Am Markt 1) in Eberswalde. Der Sozialausschuss findet dann um 18 Uhr statt.
Es wäre schön, wenn auch Flüchtlinge mit zur Kundgebung kämen und eventuell auch für Gespräche mit der Presse bereit wären.
Barnimer Willkommensiniativen
Wahlprüfsteine
Die „Antidiskriminierunsgberatung Brandenburg“ im Verein Opferperspektive hat die im Landtag vertretenen Parteien mittels
sogenannter Wahlprüfsteine nach ihrem Konzept für die Überwindung rassistischer Diskriminierung befragt. Dabei ging es weniger darum, Bürger_innen eine Wahlempfehlung zu geben, sondern vielmehr darum, einen Überblick über die Konzepte und Haltungen der brandenburgischen Parteien zum Thema rassistische Diskriminierung zu gewinnen und Impulse für fachliche Diskussionen und die zukünftige Politikentwicklung zu geben. Eine Auswertung, wie auch die einzelnen Antworten der Parteien, sind auf der Homepage der Antidiskriminierungsberatung Brandenburg (www.antidiskriminierungsberatung-brandenburg.de) veröffentlicht.
Die meisten der befragten Parteien haben die Wahlprüfsteine ausführlich beantwortet und gezeigt, dass sie sich des Themas annehmen wollen. Es zeigt sich aber auch, dass die Auseinandersetzung über eine effektive Politik gegen rassistische Diskriminierung in Brandenburg trotz Antirassismusklausel in der Landesverfassung erst begonnen hat. Die Auswertung verdeutlicht: In den Parteien ist wenig Expertise zum Thema vorhanden. So wird zum Beispiel auf Konzepte zur Bekämpfung des
Rechtsextremismus verwiesen, die aber dem Phänomen rassistische Diskriminierung auf dem Arbeits- oder Wohnungsmarkt, in der Schule oder durch Behördenpersonal nicht entgegenwirken können.
Die Antidiskriminierungsberatung Brandenburg im Verein Opferperspektive bearbeitet seit nunmehr fast 6 Jahren brandenburgweit Fälle von rassistischer Diskriminierung. Sie unterstützt Betroffene und interveniert in Diskriminierungsfällen. In der täglichen Arbeit werden wir immer wieder mit Fällen von rassistischen Beleidigungen aber auch mit strukturellen Formen rassistischer Diskriminierung konfrontiert: Betroffene werden ohne Anfangsverdacht, nur aufgrund ihres migrantischen Aussehens, von Ladendetektiven kontrolliert. Menschen mit nicht-deutsch-klingenden Namen bekommen keine Wohnungen vermietet, Frauen mit muslimischer Kopfbedeckung erhalten keine Arbeitsstelle, um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Unseren Erfahrungen nach braucht das Land Brandenburg dringend:
ein Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG), dass die Leerstellen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) schließt und darüber hinausgeht;
eine umfassend ausgestattete Landes-Antidiskriminierungsstelle, die als brandenburgweite Beschwerdestelle fungiert und weitreichende Befugnisse hat, wie ein Auskunfts- und Anhörungsrecht;
Maßnahmen gegen Diskriminierung und Aufklärungskampagnen;
eine landesweite Informationskampagne;
umfassend ausgestattete, unabhängige und spezialisierte Beratungsstellen für Betroffene.
Erster Erfolg in Potsdam
Das Amtsgericht Potsdam hat gestern das Bußgeldverfahren gegen eine Person, die sich am 1. Mai 2013 an der Gleisblockade zur Verhinderung einer NPD-Kundgebung in Frankfurt beteiligt hat, in der ersten Hauptverhandlung in Potsdam eingestellt. Auf die Prozesserklärung des Betroffenen, der vor Gericht für die Legitimität von Aktionen des zivilen Ungehorsams gegen Naziaufmärsche eintrat, erklärte die Amtsrichterin, sie müsse Ordnungswidrigkeiten wie das Betreten von Gleisen ohne Ansehen der politischen Motivation der Beteiligten prüfen. Letztendlich stellte sie das Verfahren aber nach § 47 (2) OWiG ein und drückte damit aus, dass sie eine weitere Ahndung nicht für geboten ansehe. Das Verfahren mitsamt Anreise nach Potsdam habe bereits eine „ausreichende Sanktion“ dargestellt, so die Richterin. Die Verfahrenskosten trägt der Staat, eigene Auslagen muss der Betroffene selbst zahlen.
Der geladene Antifaschist und die Unterstützer*innen, die mit nach Potsdam gekommen waren, sehen die Einstellung des Verfahrens als ersten politischen Erfolg in Potsdam an. „Die AntifaschistInnen waren auf den Gleisen genau richtig. Denn auf den Gleisen verhinderten sie den Nazi-Aufmarsch. Und hier und heute zeigen sie, dass sie für die Legitimität ihres Widerstands weiter einstehen und kämpfen“, lautete der letzte Satz der Prozesserklärung, die vor Gericht verlesen wurde. Der Ausgang des Prozesses zeigt, dass man sich gegen Bußgeldforderungen in Folge einer antifaschistischen Gleisblockade erfolgreich zur Wehr setzen kann. Laut Frankfurter Rundschau vom 9.9. wurde am Montag außerdem ein zweites Verfahren, das wegen der Blockade am 1. Mai 2013 in Potsdam zur Verhandlung stand, eingestellt.
Was die beiden Einstellungen für die etwa 100 weiteren Verhandlungstermine im Zusammenhang mit der 1. Mai-Blockade bedeuten, die das Amtsgericht Potsdam bis Jahresende angesetzt hat, werden wir auf dem nächsten Soliplenum am kommenden Freitag, 12.9.14, um 19 Uhr im Klapperfeld diskutieren. Alle Personen mit Bußgeldbescheiden sind eingeladen, mitzuentscheiden, wie wir mit den Verfahren weiter umgehen sollen.
PDF: Prozesserklärung vom 8.9.14
Die Familie war im Februar 2013 über Polen nach Deutschland eingereist und hatte hier versucht, einen Asylantrag zu stellen. Zunächst lebte die Familie mit ihren Kindern im Alter von sechs, zweieinhalb und eineinhalb Jahren im Wohnheim an der Alten Zauche in Potsdam. Die älteste Tochter besuchte die Weidenhofgrundschule und den Hort, ihr jüngerer Bruder die Kita Kinderland im Bisamkiez, während die jüngste Tochter noch auf einen Kitaplatz wartete. Anfang dieses Jahres dann durften die Fünf in eine Wohnung am Schlaatz umziehen. Endlich kam Ruhe in die Familie.
Das war dringend notwendig, denn der Familienvater war wegen der Ereignisse in Tschetschenien in psychatrischer Behandlung im Potsdamer Klinikum. Während der gesamten Zeit bereitete das eingeleitete Dublin-Verfahren der Familie große Sorgen. Weil sie, um nach Deutschland zu kommen, durch Polen reisen mussten, forderte Deutschland Polen auf, die Familie zurück zu nehmen und ein Asylverfahren in Polen durchzuführen.
Dabei hätte Deutschland mit Blick auf die familiäre Situation der besonders schutzbedürftigen Flüchtlinge auch selbst den Asylantrag prüfen können. Dass Flüchtlinge in Europa regelmäßig zwischen den Staaten hin- und hergeschoben werden, ohne dass ihre persönlichen Umstände eine Würdigung erfahren, ist unmenschlich und skandalös. Für die Rückschiebung der Familie nach Polen hatte die Ausländerbehörde Gelegenheit bis zum 20. Mai 2014. Nach Ablauf dieser Frist wäre Deutschland automatisch für den Asylantrag zuständig gewesen.
In den frühen Morgenstunden, einen Tag vor Fristablauf, wurde die Familie von der Polizei aus dem Schlaf geholt. Ohne Vorankündigung, ohne die Gelegenheit sich von neuen Nachbarn und Freunden, von Lehrern und Mitschülern zu verabschieden, musste die Familie in aller Eile packen. Der Familie ließ man keine Zeit zur Vorbereitung oder Abwägung, was wichtig sein kann für die nächste, ungewisse Zeit. Ein Gepäckstück pro Person wurde erlaubt, der Kinderwagen für die Jüngste blieb zurück.
Die Nachricht von der Abschiebung der Familie hat mich schockiert. Gerade war eine Ehrenamtlerin gefunden, die der ältesten Tochter regelmäßig Hilfe bei den Hausaufgaben gegeben hätte. Fast auf den Tag genau ein Jahr zuvor waren sie nach Potsdam gekommen, in der Hoffnung, ihre Geschichte erzählen zu dürfen, ein faires Verfahren zu erhalten und vielleicht am Ende Schutz zugesprochen zu bekommen. Die Willkommensbehörde hat dagegen die Frist zur Abschiebung voll ausgeschöpft. Zurück bleiben Freunde, Lehrer, Ehrenamtler, die nicht verstehen, warum man Menschen hin- und herschiebt und Kinder erneut entwurzelt. Schnell hat sich die Nachricht von der Abschiebung einer Familie im Morgengrauen unter den Flüchtlingen herumgesprochen.
Wie lässt sich das mit Willkommenskultur vereinbaren? Als Ausländerseelsorgerin frage ich, warum diese Familie derart überfallartig aus ihrem Leben in Potsdam gerissen wurde. Welche Bedeutung wird den Integrationsleistungen dieser Menschen beigemessen? Hätte man diese Abschiebung angekündigt, hätten Menschen Solidarität mit der Familie bekundet. Das hätte die Abschiebung vermutlich nicht verhindert, aber die Familie hätte dennoch Unterstützung und Stärkung erfahren. Für Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen, sind solche Zeichen der Solidarität und Mitmenschlichkeit essentiell. Viele Menschen in unserer Stadt wären dazu bereit gewesen. Die Form dieser Abschiebung weiß solches zu verhindern.
FÜR RÜCKFRAGEN STEHE ICH GERN ZUR VERFÜGUNG.: 0179–9136303 MONIQUE TINNEY
Monique Tinney
Ausländerseelsorge
Gemeindepädagogin Evangelische Kirche in Potsdam
Rudolf-Breitscheid-Straße 64
14482 Potsdam
Fon 0331 7046240
Funk 0179 9136303
Fax 0331 2008382
www.evkirchepotsdam.de
Die „Crème de la Crème“ der Brandenburger Rechten
Waren am Morgen in Falkensee gerade einmal 15 Anhänger_innen der NPD erschienen, deren Kundgebung Michel Müller, der Kreisvorsitzende des KV Havel-Nuthe und Mitglied des Landesvorstandes der NPD ist, wegen des lautstarken Protests abbrechen musste, reisten nach Frankfurt (Oder) am Nachmittag etwa 60 Neonazis an. Vor Ort mussten der Landesvorsitzende Klaus Beier, Anmelder der Kundgebung, und sein Vize Ronny Zasowk feststellen, dass durch Gegendemonstrant_innen ihr eigentlich geplanter Kundgebungsort bereits besetzt war. Die Polizei wies ihnen stattdessen ein Stück auf dem Fussgängerweg in der Karl-Marx-Straße zu, wo sie, hinter Bäumen versteckt und vom Protest umringt, kaum wahrnehmbar waren.
Begleitet wurden die beiden NPDler, die für die Kommunalwahlen am 25. Mai sowie die Landtagswahlen im September antreten, von der „Crème de la Crème“ der Brandenburger Neonaziszene: Aus nahezu allen aktiven Ortsverbänden kamen AktivistInnen. Dabei oblag augenscheinlich den Lausitzer_innenn die Organisation. So übernahmen nicht nur Markus Noack und Alexander Bode aus Guben Ordnerfunktionen. Sie fuhren auch den Transporter, der als Lautsprecherwagen diente. Beide sind Neonazis, die durch ihre extreme Gewaltbereitschaft bekannt sind. Alexander Bode hetzte 1999 in Guben einen algerischen Asylbewerber zu Tode [2], Markus Noack war an einem Angriff auf Gegendemonstrant_innen im vergangenen Jahr in Eisenhüttenstadt beteiligt. [3] Begleitet von sehr aggressiv auftretenden Neonazis, wie Benjamin Weise aus Königs Wusterhausen, trafen etwas verspätet auch Aileen und Andreas Rokohl, Maik Schneider, sowie der Spitzenkandidat für die Europawahlen, Udo Voigt, ein. Unter den Anwesenden war auch Christian Schmidt aus Berlin. Als Anti-Antifa-Fotograf seit längerem bekannt, nutzte er auch in Frankfurt seine Kamera, um Neonazi-Gegner_innen zu porträtieren. Robert Gebhardt, Klaus Mann und weitere Kamerad_innen von Die Rechte bzw. KMOB [4] folgten ebenfalls dem Aufruf nach Frankfurt. Dass Die Rechte sich an einer NPD-Kundgebung beteiligte, zeigt, dass die Neonaziszene in Brandenburg zusammenhält, anders als ihre Gesinnungsgenoss_innen in NRW, wo es sogar zu körperlichen Auseinandersetzungen untereinander kommt. [5] Der Großteil der Kundgebungsteilnehmer_innen kam aber aus dem Oderland. Neben altbekannten Gesichtern, wie Frank Odoy und Manuela Kokott (Spreenhagen), Frank Maar (Erkner) und Florian Stein (Schöneiche) waren auch auffallend viele junge Neonazis, vor allem aus dem Umfeld der JN Brandenburg, anwesend. Pierre Dornbrach, Eric Lademann, Marcel Teske und Alexander Kevin Pieper gehörten zu den bekanntesten Gesichtern an diesem Tag.
Wenig Beteiligung von Frankfurter Neonazis
Wie marginalisiert die Frankfurter Neonaziszene zu sein scheint, zeigt ihre Beteiligung an der NPD-Versammlung. Gerade einmal fünf Rechte schafften es zur Kundgebung. 2012, als gleich zweimal Neonazis durch die Stadt marschierten, waren es noch deutlich mehr gewesen. [6][7] Dass diese selbst kaum in organisierten Strukturen integriert sind, zeigt ihre Abwesenheit auf allen sonstigen neonazistischen Auftritten in (Ost-)Brandenburg. Nur bei rechten Ereignissen in der Stadt sind sie anwesend. Lediglich Mario Schreiber beteiligt sich noch gelegentlich an Veranstaltungen außerhalb Frankfurts, wie zuletzt am 16. November 2013 bei einer Kundgebung der Partei Die Rechte in Oderberg. [8] Dennoch waren die Fünf nicht die einzigen Frankfurter Neonazis, die sich an diesem Tag im Umfeld der Kundgebung blicken ließen. Am Rande tauchten vereinzelt Menschen auf, die mit der NPD sympathisierten, aber aufgrund des großen Gegenprotests eingeschüchtert waren. Zu ihnen gehörte auch Robert Krause, in der Vergangenheit zum Umfeld der „Autonomen Nationalisten Oder-Spree“ (ANOS) zu zählen. Er beobachtete das Geschehen aus einigen Metern Entfernung.
Gewaltbereitschaft als Stimmenfänger?
Aufgrund des aktuell drohenden Verbotsverfahrens und den anstehenden Wahlen bemüht sich die NPD auch in Brandenburg um ein bürgerliches Image. Dass sie dieses in keinster Weise schafft, zeigte einmal mehr ihr Auftritt in Frankfurt. Kam es anfangs nur zu verbalen Wortgefechten, versuchten nachkommende Neonazis, wie Benjamin Weise und Christian Schmidt, teilweise bewaffnet mit Fahnenstangen auf Neonazi-Gegner_innen loszugehen. Neonazi-Ordner, wie Markus Noack, versuchten nicht einmal, ihre Kamerad_innen zu besänftigen. Beim Abzug der NPD kam es dann zu einem direkten Angriff auf Antifaschist_innen. Ganz vorne mit dabei waren Benjamin Weise und Pierre Dornbrach. Aber besonders Alexander Kevin Pieper stach bei der gewalttätigen Attacke heraus. Bewaffnet mit einer Latte, schlug er mehrmals auf eine Person ein, sodass die Holzleiste zerbrach. Dabei ließ er sich auch nicht von den anwesenden Polizist_innen und zahlreichen Augenzeug_innen stören. Ganz im Gegenteil: So prahlte er beim anschließenden Rückzug noch vor seinen Gesinnungsgenoss_innen mit seiner Tat. Die betroffene Person musste anschließend kurzzeitig im Krankenhaus behandeln lassen.
Das Bild erinnert dabei an einem ganz ähnlichen Vorfall vor ungefähr einem Jahr. Damals war Pieper, bewaffnet mit einer Fahnenstange, ebenfalls auf Gegendemonstrant_innen losgegangen, die einen Kundgebungsort in Eisenhüttenstadt blockierten. Auch damals musste eine Person aufgrund dessen ins Krankenhaus eingeliefert werden. [9]
Nicht ganz unschuldig an dieser Eskalation war auch die Polizei: Obwohl mit genug Kräften vor Ort, versäumte sie es, die offensichtlich aggressiven Neonazis zu ihren Fahrzeugen zu begleiten.
Brown-Town Eisenhüttenstadt
Die dritte Station an diesem Tag war Eisenhüttenstadt. Dort hielt die NPD ihre Kundgebung in unmittelbarer Nähe zur zentralen Aufnahmestelle für Flüchtlinge (ZAST) ab. Gleich zu Beginn wurde Alexander Kevin Pieper aufgrund der Attacke in Frankfurt in Gewahrsam genommen. Ihm droht nun ein Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung. Andere der Angreifer_innen konnte oder wollte die Polizei zu diesem Zeitpunkt nicht ermitteln. Der Auftritt der Neonazis war sodann auch relativ kurz. Nach nicht einmal einer Stunde und zwei Reden von Klaus Beier und Aileen Rokohl beendeten sie die Versammlung. Nicht wenige der Anwohner_innen zeigten ihre Sympathie für das offen rechte Gedankengut. Am Ende konnte die NPD sogar noch Material an Interessierte verteilen.
Gegenprotest war auf den erstenBlick dagegen nicht wahrzunehmen. Die Polizei wies den etwa 120 Gegendemonstrant_innen einen Platz etwa 100m entfernt zu. Ein Durchkommen näher zur NPD-Versammlung war nicht möglich. Für die Neonazis gab es diese Einschränkungen nicht. Ganz im Gegenteil, konnten sie doch direkt zu den Antifaschist_innen laufen, um diesen zu drohen. Auch Danny Zink, Martin Schlechte – beide ehemals ANOS – sowie weitere örtliche Rechte, die sich zuvor an einer nahen Tankstelle versammelten, beobachteten die Gegenkundgebung und versuchten diese abzufotografieren.
Im weiteren Verlauf kam es aber nicht erneut zum einem Angriff wie in Frankfurt (Oder). Die NPD fuhr lieber nach Guben, um dort eine Spontandemonstration durchzuführen, da sie sich in ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung durch die Landesregierung und „Kriminellen“ eingeschränkt fühlte.
Kein Ende in Sicht
Für die kommenden Monate kündigte die NPD Brandenburg weitere Kundgebungen an. Einige haben in den vergangenen Tagen bereits in den Landkreisen Oberhavel [10], Oder-Spree und Märkisch-Oderland [11] stattgefunden. Bei allen Auftritten standen ihnen dabei Gegendemonstrant_innen gegenüber, die zumeist mehr Teilnehmer_innen mobilisieren konnten. Das setzt die Partei immer weiter unter Druck. Denn ohne öffentliche Wahrnehmung und der zunehmenden Konkurrenz durch die rechtspopulistische AfD wird sie sicher geglaubte Stimmen für die Wahl verlieren. Ihre Antworten darauf sind vermehrt Drohungen bis hin zu gezielten Angriffen. Denn im Gegensatz zu Demonstrationen sind auf den stationären Versammlungen weit weniger Polizist_innen im Einsatz. Die Gefahr ist hier inzwischen besonders hoch, direkt Opfer von neonazistischer Gewalt zu werden. Trotz stagnierenden Zahlen bleibt die Gewaltbereitschaft weiterhin auf hohem Niveau. [12]
Es ist also auch in Zukunft wichtig, den Blick auf die kleineren Kundgebungen zu lenken.
Quellen:
[1] Vgl. http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2014/05/02/1mainazifrei-eine-zusammenfassung_15928.
[2] Vgl. http://www.re-guben.de/.
[3] Vgl. https://inforiot.de/artikel/npd-mitglieder-greifen-gegendemonstranten.
[4] Ehemals Kameradschaft Märkisch-Oder-Barnim, nun Kreisverband Märkisch-Oderland und Barnim von Die Rechte.
[5] Vgl. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/streit-unter-rechtsextremisten-npd-greift-die-rechte-an-a-893861.html.
[6/7] Vgl. http://recherchegruppe.wordpress.com/2012/11/20/das-kleeblatt-ist-verdorrt/ und http://recherchegruppe.wordpress.com/2012/05/10/das-war-wohl-nichts/.
[8] Vgl. https://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/10888082883/in/set-72157637730787346 (Bildmitte).
[9] Vgl. https://inforiot.de/artikel/npd-mitglieder-greifen-gegendemonstranten.
[10] Vgl. https://inforiot.de/artikel/npd-tour-floppt-oberhavel.
[11] Vgl. https://inforiot.de/artikel/ob-fuerstenwalde-spree-schoeneiche-oder-strausberg-%E2%80%93-kein-ort-fuer-nazis.
[12] Vgl. http://opferperspektive.de/Home/1189.html.
Die „Garage“, eine Räumlichkeit, die wir seit 5 Jahren für Konzerte, Theaterveranstaltungen und Lesungen genutzt haben, wurde uns für den Oktober dieses Jahres gekündigt. Auch der Kontaktladen, der Raum, in welchem sich der Verein organisiert, Ideen entwickelt und Projekte verwirklicht, ist bedroht.
Daher fordern wir einen selbstverwalteten neuen Freiraum, um weiterhin als linker Akteur Teil der Frankfurter Zivilgesellschaft zu bleiben. Schon jetzt haben uns viele Solidaritätsbekundungen erreicht, u.a. des VVN-BdA Frankfurt (Oder), der Grünen-Kreisverbände LOS und Frankfurt (Oder) oder auch des Linken Netzwerks Viadrina.
In den kommenden Wochen wird der Utopia e.V. mit einer Kampagne auf die prekäre Situation aufmerksam machen und weiter um Unterstützung werben.
Weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten:
http://linkerfreiraumffo.blogsport.eu/
utopia-ffo@riseup.net