Am 27.10.17 wollen wir, das Bündnis Cottbus Nazifrei, zusammen mit euch tanzend durch die Cottbuser Stadt ziehen. Bereits in den letzten Jahren etablierte sich die Nacht&Tanz&Demo als fetziger Anlaufpunkt für eine weltoffene, ebenswerte Stadt. Verschiedene Initiativen, Vereine und alternative Strukturen engagieren sich bereits seit vielen Jahren in Cottbus. So hat sich die Initiative “Flumico” als antirassistische Struktur, die sich für Geflüchtete in und um Cottbus einsetzt, etabliert. Auch das Chekov als linker und subkultureller Treffpunkt sind fester Bestandteil der alternativen Szene in Cottbus. Das selbstverwaltete Hausprojekt Zelle79 sichert seit mehr als 15 Jahren soziokulturelle Jugendarbeit. Und auch wir das Bündnis Cottbus Nazifrei haben es geschafft, einen innerstädtischen Diskurs rund um die Bombardierung von Cottbus in einen geschichtlichen Zusammenhang einzuordnen und den geschichtsrevisionistischen Ideen einiger Verwirrter eine klare Abfuhr zu erteilen.
Oben genannte Strukturen können nur durch ehrenamtliches Engagement erhalten bleiben. Ein Problem dieser Initiativen ist der Wegzug erfahrener Aktivist*innen und das Weggehen junger Menschen nach dem Schulabschluss. Leider egnagieren sich immer weniger Menschen aus dem Umfeld der Student*innen, da zunehmend von Berlin nach Cottbus gependelt wird. “Support your local scene” meint, dass es auch in der Provinz jede Menge Zusammenschlüsse gibt, welche gern Unterstützung erfahren. Es gibt viel zu erleben, zu tun und zu genießen, wenn wir es wollen und uns die Oasen der Stadt erhalten und nicht die Flucht ergreifen.
Cottbus rechte Hochburg in der südbrandenburgischen Provinz?
Völkische und nationalistische Tendenzen weiten sich aus. Cottbus ist regelmäßig Schauplatz von neurechten Zusammenhängen. Denn obwohl die NPD in Cottbus an Bedeutung verloren hat, gibt es andere rechte Bewegungen, die in den Straßen Angst und Terror verbreiten. Sei es durch Hetzreden auf Demonstrationen der AfD, mit martialischen Aufmärschen oder mit direkter Gewalt. Aber die Bedrohung kommt nicht nur von Seiten offensichtlicher Faschist*innen, auch Konservative bedrohen den Alltag aller Menschen, die nicht in ihr arisches Weltbild passen. Aus diesem Grund bedeutet Antifaschismus hier nicht nur hipper Lifestyle, sondern gehört zur Überlebensstrategie, sich der Gesamtscheiße zu widersetzen. Deshalb hilft nur, sich zusammenzuschließen und gemeinsam die faschistischen Bestrebungen zu bekämpfen. Leider bietet die Großstadt für viele Aktivist*innen die Verlockung, nicht permanent auf der Hut vor Nazis sein zu müssen. Sie schafft Rückzugsraum und ermöglicht es, gerade jungen Leuten, die in diesem Mileu groß geworden sind, zu sehen, dass es auch anders geht.
Support your local scene
Umso wichtiger, dass gerade in den kleinen Städten und Dörfern,jenseits der großen Zentren, Netzwerke entstehen und bestehenende gestärkt werden. Das antifaschistische Jugendcamp “JWD” im Sommer 2017 in Cottbus war ein Beginn, wie solche Netzwerke aussehen können, was erreicht werden kann, wenn sich Menschen zusammenschließen. Unsere Ideen sind die alternative zum stillen und stummen Folgen! Anstatt Führer*innen und sogenannten “Mächtigen” hinterher zu laufen, schaffen wir unsere eigenen Ideen und bringen diese voran. Es liegt an uns, unsere Welt und unser Umfeld zu ändern. Das beginnt beim Zusammenleben zu Hause, den Umgang mit Menschen, dem Willkommen heißen von vermeindlich “Fremden”, ein Nein zu akzeptieren und auf die Bedürfnisse anderer Rücksicht zu nehmen. Organisiert euch zusammen mit Freund*innen und gestaltet euer Leben und euer Umfeld selbst! Bringt euch in bestehende Projekte ein und schafft Neue! Kommt am 27.10.17 um 18:30 Uhr auf den Campus der BTU Cottbus und tanzt mit uns für diese Ideen durch die Nacht!
Weitere Infos unter www.cottbus-nazifrei.info
SUPPORT YOUR LOCAL SCENE, DON’T MOVE TO BERLIN!
Autor: Simon
INFORIOT — Sommer, Sonne, Antifa – vom 24. bis 27. August fand im Strombad in Cottbus zum ersten Mal das Janz-Weit-Draußen-Camp statt. An vier Tagen haben über hundert Antifaschist*innen diskutiert, sich ausgetauscht, gelacht und entspannt. Auch sowas geht in Cottbus – dem Ort, an dem seit Monaten alle zwei Wochen um die 400 Neonazis und
Rassisten aufmarschieren, beinahe täglich Leute bedroht und geschlagen werden.
In Anlehnung an das in Mecklenburg-Vorpommern seit über 10 Jahren stattfindende alternative Jugendcamp (AJUCA), sollte es diese Form des Zusammenkommen‘s nun auch in Brandenburg geben. Das JWD-Camp wurde durch verschiedene Antifagruppen, linke Projekte und Einzelpersonen organisiert. So fand nach dem Motto: DIY (Do it yourself) vier Tage lang ein von Aktivist*innen selbstorganisiertes Miteinander statt, indem sich Teilnehmer*innen an der Gestaltung des Camps einbrachten und beteiligten.
Vernetzen und zusammen feiern
Aus ganz Brandenburg und darüber hinaus kamen Jugendliche und Erwachsene zusammen und tauschten sich über die regionalen Bedingungen aus. Vereinzelt waren auch aus anderen Bundesländern Leute vor Ort und konnten mit ihren Erfahrungen den Fokus überregional erweitern.
An den Abenden gab es dann ein entspanntes Zusammenkommen mit “Mukke aus der Dose” oder auch verschiedene Liveact‘s. So waren am Freitag Lena Stoehrfaktor, Pöbel MC und Yansn vor Ort und am Samstag die Liedermacher Atze Wellblech.
Sich bilden und gemeinsam diskutieren
In den Tagen gab es ein thematisch weit gefächertes Bildungsprogramm, welches sich sowohl inhaltlichen Fragen widmete als auch praktische Angebote bereit hielt. Ein Fokus lag dabei auf dem Austausch der unterschiedlichen Generationen, der zu dem Camp angereisten Teilnehmer*innen. So ging es z.B. um die Frage nach der Gestaltung von politischer Arbeit mit Kind und wie es weiterhin möglich ist, neben der doppelten
Belastung, auch politisch aktiv sein zu können. In einem anderen Workshop diskutierten die Teilnehmer*innen das Problem des dominantes Verhalten und Männlichkeit in politischen Zusammenhängen und suchten gemeinsame Lösungsansätze.
Am letzten Abend gab es mit der Buchvorstellung „30 Jahre Antifa in Ostdeutschland“ auch nochmal einen zeitlichen Abriss, welcher Veränderungen der Bewegung aufzeigte und Berichte von Forscher*innen und Aktivist*innen preis gab.
Highlights
Eines der Highlights des Wochenendes war definitiv das sommerliche Wetter, das Gelände des Strombads, welches direkt an der Spree liegt und dort mit Strand und selbst gebautem Floß, eine entspannte Atmosphäre schaffte.
Darum Cottbus
Das Camp ausgerechnet in Cottbus zu organisieren, kommt nicht von ungefähr: Im Vergleich zu anderen Gegenden Brandenburgs gibt es hier eine beständig gewalttätige Neonaziszene, die gemeinsam mit einem breiten Spektrum an Rassisten von AfD bis Zukunft Heimat, rechten Fußballhooligans und anderen Neonazis alle zwei Wochen in der Stadt
demonstrieren. Aus dieser Drohkulisse heraus fanden Angriffe auf Gegendemonstrant*innen statt, die sich einreihen in eine Vielzahl von rassistischen Übergriffen in der Region. Umso wichtiger ist ein solches antifaschistische Camp als starkes Signal gegen die rechte Straßengewalt und organisierte Neonaziszene.
Umso mehr ist dieses Camp in Südbrandenburg ein wichtiges politisches Zeichen gewesen, welches als erfolgreich zu werten ist: Support your local Antifa.
Miete? Stopp! JETZT!
Sie leisten sich eine Stadt.
Was haben Müller, Jerhad, Nguyen und Jankowski gemeinsam?
Sie können sich diese Stadt nicht mehr leisten.

Die Einen bauen für Millionen neue Häuser oder kaufen alte und sanieren sie teuer. »Ihr neues Anlageobjekt« steht dann meist an den großen Bauschildern – nicht »Ihre neue Wohnung«, denn die können sich die Anderen nicht leisten.
Parallel spenden Jauch, Plattner und Co. Millionen, um sich eine Kopie ihres barocken, feudalen Potsdams zu bauen. Für Müller und Co. bleibt der Blick auf TouristInnen und Kulissenarchitektur, welche die Stadt noch ein bisschen teurer machen. Die Einen freuen sich, dass Preise bei Neuvermietungen und neu gebauten Wohnungen »unter 10 €/qm« nicht mehr möglich sind, die Anderen stellen fest, dass bei 50 % Mietanteil an ihrem Gesamteinkommen endgültig eine Schmerzgrenze erreicht ist.
Die städtische Politik der sogenannten Rathauskoalition lädt daraufhin zu Diskussionsrunden unter den Titeln: »Wohnungspolitisches Konzept« oder »Bürgerbeteiligung«. Am Ende stellen sie fest, dass die Ergebnisse eigentlich nur Empfehlungen seien, an die sich noch nicht einmal städtische Gesellschaften wie die Pro Potsdam halten müssen – Kirsch und Groth sowieso nicht. Die besprechen lieber bei sogenannten »Investorentreffen« mit dem Oberbürgermeister und Bauamt direkt, wie weitere Investitionen nach Potsdam geholt werden können, ohne andere mit einzubeziehen.
Am Ende steht eine der »teuersten Städte der neuen Bundesländer« – Tendenz steigend. Die Einen freuen sich über ihre Rendite, die Anderen ziehen weg. Politische Reaktionen: »Da ist nichts zu machen«, »Der Markt bestimmt nun mal den Preis«, und: »Städtische Politik hat da sowieso nur begrenzten Einfluss«.
Wehren wir uns! Dies ist unsere Stadt! Wir sind Müller, Jerhad, Nguyen und Jankowski und wir lassen uns nicht länger verdrängen, entmieten und luxussanieren!
Schon lange brodelt es in vielen Teilen der Stadt: Die MieterInnen der Tuchmacherstraße haben sich ihr eigenes Haus von der Pro Potsdam erkämpft – trotz Höchstgebotsverfahren entgegen den »Empfehlungen« des »Wohnungspolitischen Konzeptes«, MieterInnen am Brauhausberg fordern endlich echte Bürgerbeteiligung und nehmen die Zukunft ihrer Häuser in die eigene Hand. Heidesiedlung, Staudenhof, Behlertkarree, Musikerviertel – an immer mehr Orten werden MieterInnen aktiv. Die Kreativen im Rechenzentrum werden keinem Nachbau einer Militärkirche weichen und der Kampf um den Erhalt der Fachhochschule ist noch lange nicht vorbei!
Gehen wir jetzt auf die Straße! Zeigen wir Jauch, Kirsch, Groth und Co, dass wir die Stadt sind und wir ihre Zukunft gestalten.
Lassen wir uns von der unsäglichen Rathauskoalition nicht länger mit Diskussionsrunden abspeisen, sondern fordern ganz konkret:
- Städtische Flächen und Gebäude erhalten,
- weg mit dem Höchstgebotverfahren,
- gemeinschaftliches und nichtkommerzielles Wohnen fördern,
- Rechenzentrum, Staudenhof und Fachhochschule stehen lassen.
Die Häuser denen, die drin wohnen!
Am 05.09. findet eine interne Podiumsdiskussion der AfD mit dem ehemaligen tschechischen Ministerpräsidenten Václav Klaus in der Messe Cottbus (Vorparkstr. 3) statt. Die Diskussion steht unter dem Motto „Wohin geht Deutschland? Wohin geht Europa?“ und beginnt um 19 Uhr (Einlass ist um 18 Uhr).
Die Veranstaltung ist nicht öffentlich angekündigt, die interne Einladung liegt jedoch Perspektive Online vor. Darin bestehen die Organisatoren Marianne Spring-Räumschlüssel und Klaus Groß auf Anmeldungen, da sie „die Störenfriede der linken Gruppierungen (ANTIFA) fern halten wollen“.
Václav Klaus bekleidete über Jahrzehnte die höchsten Staatsämter der Tschechischen Republik: Von 1992 bis 1998 war er Premierminister, von 1998 bis 2002 Vorsitzender des Abgeordnetenhauses und von 2003 bis 2013 Ministerpräsident.
In dieser Zeit hat er die neugegründete Tschechische Republik strikt kapitalistisch organisiert. So hatte Klaus verkündet, er stehe nicht für soziale Marktwirtschaft, sondern für Kapitalismus pur, „ohne Adjektiv“. Ehemalige Staatsbetriebe wurden privatisiert und – ähnlich wie bei der „Treuhand“ in der DDR – an Großunternehmer ausverkauft.
Klaus ist ein glühender Anhänger des wirtschaftsliberalen Kapitalismus-Theoretikers Friedrich August von Hayek. Er ist auch gern gesehener Gast bei der Friedrich-August-von-Hayek-Gesellschaft, in der auch die AfD-Spitzenpolitikerinnen Beatrix von Storch und Alice Weidel Mitglieder sind und die gleiche Ideologie wie Klaus vertreten.
Darüber hinaus bekennt sich Klaus offen zur Korruption in der Politik. So hatte Klaus aus gegebenem Anlass erklärt, für ihn mache es keinen Unterschied, ob investiertes Geld sauber oder schmutzig sei.
Dementsprechend hat er auch kurz vor Ende seiner letzten Amtszeit 2013 rund 1000 Menschen – meist Wirtschaftskriminelle, die den Staat um Dutzende Milliarden bestohlen hatten – per Dekret begnadigt. Darauf beschloss der Senat des Parlaments der Tschechischen Republik, Klaus vor dem Verfassungsgericht der Tschechischen Republik wegen Hochverrats anzuklagen.
Für die AfD scheint der Ex-Staatschef dennoch ein willkommener Gast zu sein – und Klaus folgt den Einladungen der AfD gern. Doch in Tschechien selbst scheint er sie als Rivalen zu betrachten. So hatte sich vor kurzem die „Alternative für Tschechien“ als Kleinpartei in seinem Heimatland gegründet, die sich „zu den gleichen Werten, Zielen und der gleichen Politik, wie sie die Alternative für Deutschland den deutschen Bürgern anbietet“ bekennt. Klaus hat sich öffentlich gegen die AfD-Kopie im eigenen Land ausgesprochen. „Das würde ich auf keinen Fall unterstützen“, schimpfte er.
Die AfD Cottbus ließ in ihrer Einladung verlauten, sie freue sich bereits auf den „prominenten Politiker“.
Interne Veranstaltung der AfD Cottbus mit Václav Klaus: 05.09., 19:00, Messe Cottbus
Potsdam, am 27.08. einem schönen, sonnigen Sonntag:
Die „Bürgerinitiative MITTESCHÖN“ hatte am Sonntag zu einem Dinner auf dem Alten Markt eingeladen. Die bourgeoise Initiative sprach sich dabei für den Abriss des FH-Gebäudes und die weitere Privatisierung der Stadtmitte aus. Der Dinnereinladung folgten überwiegend ältere Menschen, die wahrscheinlich die komplette historische Rekonstruktion nicht mehr erleben werden. Zu den Gästen zählten auch als Zombies verkleidete Aktivist_innen, diese gesellten sich zu den realen Politzombies beim Dinner. So speiste eine illustre Runde aus altbekannten Erzreaktionären von der Traditionsgemeinschaft Preußisches Glockenspiel mit Zombies eher neueren Kalibers wie Herbert Heider von der AfD. Fröhlich vereint, mit den sich als Mitte der Gesellschaft verstehenden Vertreter_innen von Mitteschön.
Mitteschön und die fehlende Abgrenzung zur AfD.
Bei der Besetzung der FH Potsdam wurde Herbert Heider, derzeit Pressesprecher der AfD Potsdam (der geneigten Potsdamer Öffentlichkeit schon seit längerem bekannt als die rechte Hand vom derzeit untergetauchten Christian Müller sowie der Pressesprecher des Rassist_innenzusammenschlusses Pogida) durch antifaschistisches Engagement noch in seine Schranken verwiesen. Beim Mitteschön Dinner konnte er die „tolle“ Atmosphäre genießen und einfach er selbst sein, umgeben von Joop, CDU-Hinterbänklern wie Marius Amfalder oder der umtriebigen Saskia Hünecke von den sogenannten „Grünen“.
AfD und Bündnis 90/Grünen Hand in Hand für die historische Innenstadt?
Dass sich auf einer Veranstaltung, wo unter anderem auch Spenden für die preußische Militärkirche gesammelt wurden, Neonazis und Rassist_innen sammeln ist nicht verwunderlich. Potsdam wurde am 14.04.1945 von den Alliierten bombardiert und die Zerstörung der Innenstadt kann nur als ein Baustein zur Befreiung angesehen werden. Es ist nicht überraschend, dass die Rekonstruktion der preußischen Stadt und der Wiederaufbau der Garnisonkirche dazu führen, dass sich Neonazis wieder in Potsdam wohler fühlen.
Dazu sagt Jascha Nowak, Pressesprecherin der Emanzipatorischen Antifa Potsdam [EAP]: „Es ist mittlerweile landauf landab bekannt, dass menschenverachtende Ideologien wie Revisionismus, Sozialchauvinismus und Rassismus ein großes Problem in der Mitte der Gesellschaft sind. Dank der tatkräftigen Bemühungen von Mitteschön wird Potsdams Mitte bald wieder zu einem Pilgerort für Neonazis, Rassist_innen und Preußenfans”.
Morgen geht das JWD-Camp in Cottbus los! Vier Tage Bildung, Vernetzung, Spaß und Erholung warten auf euch. Bevor es aber richtig losgehen kann, gibt es einige Sachen zu beachten.
So wie es der Zufall will, befindet sich das JWD-Camp in unmittelbarer Nähe zum Stadion der Freundschaft des FC Energie Cottbus. Über die Hintergründe der Cottbuser Fanszene haben wir bereits gestern knapp berichtet. Weitere Artikel finden sich hier und hier. Am Sonntag, den 27. August, wird in Stadion ein Heimspiel gegen den thüringischen Verein ZFC Meuselwitz austragen. Aufgrund dieses Umstandes und der speziellen Lage in der Stadt wollen wir euch einige Hinweise mit auf dem Weg geben.
Was muss ich beachten, wenn ich zum JWD-Camp fahre?
- Anreise: Am 24. August könnt ihr ab 16 Uhr eure Zelte auf unseren Gelände aufschlagen.
- Bitte reist möglichst NICHT alleine an! Schnappt euch eure Freund*innen und bildet eine Reisegruppe.
- Wir bieten einen Shuttle an. Ab Donnerstag ist dieser erreichbar. Die Nummer lautet: 0152 146 724 22. Bitte meldet euch mindestens eine halbe Stunde bevor ihr in Cottbus seid bei dem Shuttle und sagt bescheid, wie viele ihr seid.
- Während des Camps: achtet auf einander und bewegt euch in Gruppen durch die Stadt.
- Auf mögliche Eventualitäten während des Camps sind wir vorbereitet. Bitte achtet auf Ankündigungen der Orga und vermeidet Alleingänge!
- Abreise: niemand muss allein abreisen! Insbesondere wegen des Fußballspiels am Sonntag empfehlen wir euch größeren Reisegruppen anzuschließen.
Der Weg zum Camp:
Was muss ich mitnehmen?
- Camping: Zelt, Isomatte, Schlafsack, das Kuschelkissen, also alles, was ihr zum Schlafen braucht
- Personalausweis, Geld und wichtige Medikamente, die ihr braucht
- Geschirr (zur Sicherheit)
- Falls ihr Minderjährig seid, lasst unbedingt einen Elternzettel durch eure Erziehungsberechtigten unterschreiben. Unseren Muttizettel gibt es hier: http://www.jwd-camp.org/faq/elternzettel/
- Badesachen, wenn ihr wollt
- Sonnencreme (es ist bestes Wetter angekündigt!)
- Mückenspray (wir befinden uns am Wasser und die Biester sind hartnäckig)
Ansonsten haben wir alles wichtige in unseren FAQs zusammengefasst: http://www.jwd-camp.org/faq/
Wir freuen uns auf euch!
JWD-Camp 2017
www.jwd-camp.org
facebook.com/jwdcampbb
Von 24. bis 27. August wollen wir gemeinsam eine gute Zeit beim JWD-Camp im Strombad in Cottbus verbringen. Cottbus liegt im Süden Brandenburgs und ist wahrscheinlich für viele Antifaschist*innen im Bundesland als Nazihochburg bekannt. Aber auch das Bündnis Cottbus Nazifrei! dürfte einigen ein Begriff sein. Es gibt also Leute, die sich kümmern und auch wenn Rassismus in Cottbus alltäglich ist, gibt es hier viel Schönes zu entdecken.
Kurz notiert…
Cottbus ist, seitdem in den letzten Jahren vermehrt Geflüchtete die Stadt als Wohnort wählten, wieder eine Großstadt. Es leben dort ca. 100 000 Einwohner*innen. Bestimmend für die Region ist der Kohleabbau. Diese Großindustrie wird im Zuge des Strukturwandels hin zu umweltfreundlicheren Energien wegbrechen, was für die Stadt eine große Herausforderung darstellen wird. Schon jetzt gibt es für junge Menschen kaum Perspektive. Obwohl es eine Universität und andere Bildungseinrichtungen gibt, ziehen sie weg, um woanders zu studieren oder zu arbeiten, weil die Bedingungen andernorts besser sind. Ein recht typisches Phänomen für den Osten Deutschlands nach der Wiedervereinigung.
Viele Nazis, aber…
Schon vor der Wende begannen sich Neonazis hier zu organisieren. Die Partei Deutsche Alternative stellte eine führende Kraft dar. Sie war maßgeblich für die pogromartigen Ausschreitungen im Stadtteil Sachsendorf, einem Plattenbauviertel im Süden der Stadt, wo auch das Geflüchtetenheim war, verantwortlich. Aber es entstanden auch linke und alternative Strukturen, wie z.B. das Hausprojekt Zelle 79 mit dem Verein für ein multikulturelles Europa e.V., welches bis heute besteht.
So wie es immer eine recht große und militante Nazisszene in Cottbus gab, organisierten sich auch Menschen, um ihnen etwas entgegen zu setzen. Zudem trugen sie ihre Vorstellungen von einem schönen Leben abseits von Leistungszwang und Selbstoptimierung in die Gesellschaft, so dass in Cottbus einige subkulturelle Angebote zu finden sind. Da gibt es den alternativen Club Chekov, der an das Campgelände angrenzt und in dem wir auch feiern werden. Im Nordkiez findet ihr die Galerie Fango, wo junge Menschen ehrenamtlich Ausstellungen organisieren und eine Bar betreiben, und den Kost-Nix-Laden, der auch mit einem Stand auf dem Camp vertreten sein wird.
Alter Scheiß weicht neuem Scheiß
Auf den Straßen mussten sich Antifaschist*innen vor Ort jährlich mit den „Trauermärschen“ der NPD am 15. Februar, dem Tag der Bombardierung von Cottbus 1945, herumschlagen. Durch ein breites Bündnis konnten diese Aufmärsche verhindert werden und in diesem Jahr veranstaltete die Partei gar keine Demonstration mehr. Dafür marschiert seit Mai diesen Jahres der asylfeindliche Verein Zukunft Heimat alle zwei Wochen durch die Cottbuser Innenstadt. Auch hier gab es seitens des Bündnis Cottbus Nazifrei! Gegenproteste.
Alltag von Rassismus vergiftet
Mit dem Zuzug von Geflüchteten seit 2015 ist die Stimmung in Cottbus zunehmend von Rassismus bestimmt, welche sich auch in gewalttätigen Übergriffen zeigt. Laut dem Verein Opferperspektive ist Cottbus bzw. Südbrandenburg ein Hotspot für rechte Gewalt. Maßgeblich trägt zu dieser Situation die militante, neonazistische Hooliganszene bei. Inferno Cottbus war, bis zu ihrer Selbstauflösung im Mai 2017, die größte rechte Ultragruppe des FC Energie Cottbus. Das Stadion, indem Inferno zu Hause war, liegt übrigens direkt gegenüber dem Campgelände. Diese Gewalttäter tummeln sich jetzt unter bürgerlichem Anstrich bei Zukunft Heimat, neben Mitgliedern der Identitären Bewegung, welche vor kurzem eine Ortsgruppe Cottbus gründete sowie AfDlern, die ihren Wahlkampf hier führen, allesamt unterstützt durch Pegida Dresden.
Antifaschistisches Camp in Cottbus – yeah!
Gerade weil Neonazis in Cottbus so präsent sind, ist es cool, dass das erste JWD-Camp in Südbrandenburg statt findet. Wir wollen damit ein Zeichen für ein solidarisches Miteinander setzen und Antifaschismus für junge Menschen attraktiv machen. Vor allem möchten wir aber eine entspannte Zeit miteinander verbringen und es uns gut gehen lassen – dafür ist das an der Spree gelegene Strombad ein sehr geeigneter Ort!
Also, kommt zum JWD-Camp vom 24.–27. August im Strombad Cottbus!
Bildung: http://www.jwd-camp.org/programm/bildung/
Kultur: http://www.jwd-camp.org/programm/kultur/
FAQs: http://www.jwd-camp.org/faq/
JWD-Camp 2017
www.jwd-camp.org
facebook.com/jwdcampbb
INFORIOT Vom 24.–27. August findet erstmals in Cottbus ein antifaschistisches Sommercamp, das JanzWeitDraussen (JWD)-Camp, statt. Vernetzung, Bildung und Erholung stehen bei dem JWD-Camp in Vordergrund. Inforiot hat mit den Organisator*innen des JWD-Camps gesprochen.
IR: Hallo, wer seid ihr, stellt euch doch mal kurz vor.
Alex: Ich bin 32 Jahre, mache seid meiner Jugend Politik, angefangen bei klassischer Antifapolitik über Freiraumkämpfe bis hin zu der Auseinandersetzung mit feministischer Theorie.
Hiba: Ich mache gerade Abitur. Ich habe an meiner Schule selbst rassistische Diskriminierung erfahren, mich dann in Schüler*innen-AG‘s angefangen zu politisieren, über Schule ohne Rassismus und sowas, und organisiere nun erstmalig eine größere Aktion mit.
IR: Das sind ja doch sehr unterschiedliche Erfahrungen, die ihr da mitbringt. Wie habt ihr für die Organisation des Camps zueinander gefunden?
Hiba: Ich habe mich an die in meiner Kleinstadt aktive linke Gruppe gewandt, um Unterstützung zu bekommen, neue Leute kennenzulernen und mich auch weiter mit politischen Sachen auseinandersetzen zu können. Das war so ungefähr vor einem Jahr. Zufälligerweise plante diese Gruppe dann auch ziemlich zeitnah das Alternative Jugend Camp (AJUCA) in Mecklenburg-Vorpommern zu besuchen, wo ich mich anschloss. Dort entstand die Idee eine ähnliche Sache in Brandenburg aufzuziehen und so begann das Kontakteknüpfen zu Strukturen in anderen Städten.
IR: Was hat euch genau am AJUCA fasziniert? Was macht die Vorbildfunktion aus und was hat euch dazu bewegt, auch in Brandenburg ein Camp zu machen?
Alex: Das AJUCA ist schon eine ziemlich gut organisierte Nummer. Einmal jährlich die Verbindung von Freizeit und Politik, Theorie und Praxis, Möglichkeiten zur Vernetzung und gute Einstiegsmomente für junge Aktivist*innen. Genau sowas fehlte uns hier in Brandenburg bisher. Vor allem in Flächenländern wie Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, in dnen der Zu- und Wegzug der Menschen aufgrund fehlender Perspektive häufig sehr groß ist, ist Vernetzung ein wichtiger Bestandteil politischer Praxis. Der Austausch hilft einfach auch mit den oft schwierigen Situationen vor Ort besser umzugehen.
IR: Könnt ihr bitte nochmal genauer beschreiben, welche Situationen ihr meint. Über welche Themen benötigt ihr einen Austausch?
Alex: Ich denke, das größte Problem sind Nazis, die sich mit dem vermehrten Zuzug von Geflüchteten, an rassistische Bürgerproteste angedockt haben. Die Hemmschwelle zur Gewaltbereitschaft ist weiter gesunken, Rassismus “normal” geworden. Das haben vermutlich Antifaschist*innen in ganz Berlin und Brandenburg so erlebt und da kann man sich gegenseitig beraten.
Hiba: Ja, das kann ich nur bestätigen. Ich hatte in dem Ort, aus dem ich komme schön öfters mit Nazis Stress und einige Verwandte finden den rassitischen Kram, den die AfD erzählt, auch ganz geil. Ich wünsche mir da vom Camp vor allem ein paar Basics, wie politische Arbeit funktioniert, möchte gern Gleichgesinnte kennen lernen und und und.
Alex: Für mich steht, abseits vom alltäglichen Antinazikram, die inhaltliche Auseinandersetzung mit Rassismus und Sexismus im Vordergrund, aber auch die Reflexion eigener Verhaltensweisen und Mechanismen und wie mensch sie auflösen kann. Ich freue mich sehr auf den Workshop zu Antifa und Männlichkeit, sowie f_antifa in der Provinz, die Teil des Camp-Programms sind. Außerdem gibt es den Workshop zu Flucht, Asyl und Migration, der einen Einstieg in antirassistische Arbeit ermöglichen soll.
Hiba: Außerdem haben wir in der Vorbereitung viel darüber diskutiert, wie wir Aktivist*innen einen Zugang zum Camp ermöglichen können, die beispielweise in ihrer politischen Arbeit Einschnitte machen müssen. Sei es durch die Kindererziehung oder der Ausschluss von Menschen, die ein Handycap haben. Wir haben daher einen Workshop eingeplant, in dem sich Aktivist*innen mit Kindern über Möglichkeiten und Probleme politischer Organisierung mit Kindern austauschen können. Zudem wird es einen Workshop vom ak_mob (Arbeitskreis mit ohne Behinderung) geben, der sich damit beschäftigt, wie wir unsere Räume und Veranstattungen barrierearm gestalten können. Unser Camp-Gelände ist übrigens auch für Menschen mit Rolli geeignet!
IR: Okay, jetzt haben wir ein bisschen über eure Motivation solch ein Camp zu veranstalten gesprochen. Nun erzählt uns doch mal konkreter was darüber.
Alex: Das JWD-Camp findet dieses Jahr erstmalig statt. Es hat eine klar antifaschistische Ausrichtung. Auch in den nächsten Jahren soll das Camp veranstaltet werden. In diesem Jahr haben wir uns für das Strombad in Cottbus entschieden. Das ist ein altes Freibad direkt an de Spree, ausgestattet mit Badestelle, Sanitäranlagen, Küche – also allem, was für ein Camp nötig ist. Das Chekov, ein alternativer Club, ist direkt mit auf dem Gelände und das Hausprojekt Zelle 79 in der Nachbarschaft.
Hiba: Wir wollen so vielen Menschen wie möglich an dem Camp teilnehmen lassen und dort gemeinsam eine schöne Zeit verbringen. Leider passen auf das Gelände nur 150 zeltende Personen. Die Möglichkeiten sind daher begrenzt. Allerdings rechnen wir beim ersten Mal nicht mit einem Ansturm, weshalb sich gern auch jetzt noch Leute für das Camp anmelden können. Donnerstag beginnt das Camp mit einem großen Plenum. Danach gibt es ein Kneipen-Quiz und Punkrock von der Platte. Der Freitag und Samstag widmet sich dann den Workshops. Mein persönliches Highlight ist das Freitagskonzert mit Lena Stoerfaktor und Pöbel MC.
Alex: Ja und Samstag wollen wir dann das Camp bei Lagerfeuer und Klampfe ausklingen lassen.
Hiba: Achso, und pleniert wird jeden Tag. So können wir gemeinsam unsere Bedrüfnisse und Wünsche austauschen und vielleicht schaffen wir es ja neue Pläne zu schmieden und gemeinsame Aktionen zu starten!
IR: Und warum veranstaltet ihr ausgerechnet in Cottbus solch ein Camp?
Alex: Uns ist es wichtig Berlin, beziehungsweise den Berliner Speckgürtel, zu verlassen. Wir möchten Leute in die vermeintliche Provinz holen, weil das einfach die Orte sind, in denen wir uns im Alltag bewegen. Nix mit Szene-Kiez und Großstadt-Antifa, sondern genau rein ins Geschehen. Daher ist auch der Name JWD-JanzWeitDraussen gewählt. Wir wollen das Camp gern routieren lassen, jedoch weiterhin in Städten oder Orten, die fernab der Großstadt sind.
IR: In eurem Aufruf sprecht ihr davon, dass Antifaschismus für euch eine Überlebensstrategie ist. Erzählt mal was zu der aktuellen Situation in Cottbus.
Hiba: Wenn man bei Inforiot in das Suchfeld “Cottbus” und “Nazis” eingibt, bekommt mensch ein ganz gutes Bild von dem, was da abgeht.
Alex: Ja, Cottbus macht öfters mal Schlagzeilen, was seine sehr ausgeprägte Nazisszene betrifft. Es ist schon paradox, dass Strukturen, denen die NPD früher nicht radikal genug war, nun mit der AfD gemeinsame Sache machen. Statt vom Volkstod sprechen sie nun vom Volksaustausch, aber im Großen und Ganzen die gleiche Suppe. Das ist bei den pegidaähnlichen Demos von Zukunft-Heimat, die seit Mai regelmäßig in Cottbus stattfinden, gut zu beobachten. Durch sowas ist der Alltag in Cottbus von Rassismus vergiftet. Dahingegen wollen wir vor allem jüngeren Leuten zeigen, dass es auch in der Provinz emanzipatorische Strukturen und Möglichkeiten für antifaschistisches Engagement gibt. Das verdeutlichen die Berichte bei Inforiot übrigens auch.
IR: Danke für eure Antworten, wollt ihr noch was ergänzen?
Hiba: Ja kommt vorbei, informiert euch auf unser Homepage www.jwdcamp.org. Da findet ihr in Kürze Teile des Programms, Tipps zur Anreise und auch eine Kontaktadresse, falls ihr Lust habt euch einzubringen oder noch irgendwelche Fragen offen sind.
Alex: Genau, damit wir auch besser planen können, bitten wir noch darum euch oder eure ganze Crew anzumelden, damit wir über die Teilnehmer*innenzahl einen Überblick haben.
Vielen Dank für das Interview!
Mit dem Moped zum Baggersee oder zum Konzert in den selbstverwalteten Jugendclub – das Leben in Brandenburg könnte so schön sein, wenn nicht diese ganzen Wutbürger und Nazis wären. Bunte Haare oder dunkle Haut zu haben oder einfach irgendwie anders zu sein, bedeutet hier aufzufallen und anzuecken. Antifaschismus in der Provinz ist nicht nur hipper Lifestyle, sondern eine Überlebensstrategie. Linke Gruppen und alternative Freiräume kämpfen dabei oft an allen Fronten: gegen Naziangriffe, Willkür der örtlichen Behörden, fehlende Solidarität großstädtischer Strukturen und den Wegzug erfahrener Aktivist*innen. Die Mobilisierung gegen rechte Aufmärsche und die Solidarität mit Geflüchteten hat in den letzten Jahren jedoch auch vielen Projekten neuen Zulauf verschafft.
Wir sind linke Gruppen und Einzelpersonen aus Brandenburg und Berlin. Wir haben uns mit der Idee zusammengeschlossen ein jährliches antifaschistisches Camp zu organisieren. Unser Vorbild ist das Alternativen Jugendcamp (AJUCA) aus Mecklenburg-Vorpommern. Das JWD-Camp ist nicht-kommerziell, selbstorganisiert und soll antifaschistischen Jugendlichen den Raum geben sich zu vernetzen, zu bilden und zu erholen. Auf dem Programm stehen Workshops und Konzerte. Es gibt die Möglichkeit eigene Ideen einzubringen und gemeinsam in entspannter Atmosphäre rumzuhängen.
Als Ort haben wir uns das Strombad in Cottbus ausgesucht. Das Gelände hat einen eigenen kleinen Badestrand an der Spree und ist barrierefrei zugänglich. Hier befindet sich auch der Club Chekov und in unmittelbarer Nachbarschaft das linke Hausprojekt Zelle79. Für alle wird vegan gekocht. Wir wollen auch Aktivist*innen mit Kindern die Teilnahme ermöglichen und bieten deshalb bei Bedarf eine Kinderbetreuung an. Hinter dem JWD-Camp steht keine Partei oder andere große Organisation – wir freuen uns deswegen über jede Unterstützung.
Support your local Antifa.
INFORIOT — Zum 25. Mal jährt sich der Mord an Emil Wendland in Neuruppin. Am 01. Juli soll zum 25. Todestag eine Gedenkdemonstration in Neuruppin stattfinden.

Emil Wendland ist eines der 187 Todesopfer rechter Gewalt in der Bundesrepublik nach 1990. Emil Wendland war obdachlos. Seine Peiniger haben ihn mit dem Vorsatz „Penner klatschen“ zu wollen im Neuruppiner Rosengarten erstochen. Seit mehreren Jahren versuchen Neonazis den Mord an Emil Wendland zu entpolitisieren und dies als eine Verrohungstat darzustellen.
Inforiot hat mit den Initiator_innen des Emil Wendland – Gedenkens über ihr Vorhaben gesprochen.
IR: Zunächst ein Mal würde es uns und unsere Leser_innen interessieren, wer ihr seid. Könnt ihr uns einen kleinen Überblick zu eurer Gruppe geben?
Wir sind ein Teil des JWP MittenDrin. Das MittenDrin ist ein linksalternativer Jugendclub, der nun mehr seit 23 Jahren in Neuruppin existiert. Durch eine Hausbesetzung 1993 durch Jugendliche, die sich einen solchen Freiraum wie wir ihn jetzt haben, wünschten, wurde das Projekt ins Leben gerufen. Die zentrale Arbeit des Vereins ist letztendlich einen Freiraum zu schaffen, zu erhalten und zu erweitern, der frei von Sexismus, Rassismus, Chauvinismus und Fremdenfeindlichkeit ist – so zusagen einen Raum für Alle zu bieten, um sich dort zu treffen, ihre Zeit zu verbringen und sich selbst und ihr soziales Zentrum zu organisieren.
IR: Was hat euch dazu bewegt zu der Kampagne aufzurufen und wie ist der Stand eurer Arbeit?
Seit 2012 gibt es nun bereits dieses Gedenken. Damals setzten sich Menschen mit den Todesopfern rechter Gewalt auseinander und stießen dort auf den 1992 ermordeten Emil Wendland. Der 20. Todestag wurde dann zum Anlass genommen, das Gedenken zu organisieren. Anfänglich gingen wir damals mit einer ganz klaren Forderung in die Kampagne und traten an die Stadt Neuruppin heran und forderten die Umbenennung einer Straße nach Emil Wendland. Letztlich wurde sich nach ewigem Hin und Her und hitzigen Debatten auf eine Gedenktafel geeinigt, die nun heute an dem Platz steht an dem er ermordet wurde. Vor 5 Jahren starteten wir das Gedenken ebenfalls mit einer Demonstration durch Neuruppin. Im Vorfeld gab es viele Informationsveranstaltungen in verschiedenen Läden der Stadt zur Thematik. In den letzten Jahren fand dann ein regelmäßiges Gedenken an seinem Todestag statt, in Form einer kleineren Kundgebung mit jeweils 50 Menschen. Anlässlich des 25. Todestages wollten wir das Thema „Opfer rechter Gewalt“ wieder mal mehr in den öffentlichen Focus der Stadt rücken, die Menschen die zu uns kommen über die Thematik aufklären und allen Opfern gedenken, um zu verhindern, dass niemand vergessen wird.
IR: Wie sah das Gedenken an Emil Wendland in Neuruppin zuvor aus?
Vor unserem Gedenken 2012 fand kein Gedenken an Emil Wendland statt.
IR: Habt ihr im Rahmen eurer Kampagne weitere Recherchen zu Emil Wendlands Leben unternommen? Falls ja, wie gestalteten sich diese und hattet ihr Schwierigkeiten an Informationen zu kommen?
Zu Beginn des Gedenkens recherchierten wir in den Archiven der lokalen Zeitungen nach Meldungen, die seinen Tod aber auch sein Leben betrafen. Viel war jedoch dort nicht zu finden. Es gab um den 1. Juli 1992 nur kurze Meldungen zu seinem Tod. Auch über sein Leben war nur wenig herauszufinden. Wir schalteten Anzeigen, um Personen ausfindig zu machen, die in irgendeiner Art und Weise ihn als Menschen beleuchten konnten. Es fanden sich jedoch nur Einzelpersonen, die nur wenig über Wendland erzählen konnten. Letztlich fanden wir in den Urteilsverkündungen, die notwendigen Information zu seinem Tod.
IR: Im Rahmen des Gedenkens soll nicht nur am 01. Juli eine Demonstration in Neuruppin stattfinden. Was ist von eurer Seite aus alles geplant?
Die Kampagne ist ja jetzt schon bald vorbei. In den letzten 2 Monaten organisierten wir jedoch verschiedenen Informationsveranstaltungen, die jedoch alle möglichen Themengebiete abgriffen. So fand eine Veranstaltung mit LGBTIQ Geflüchteten statt, die über ihr Leben in ihren Ländern und nach der Flucht in Deutschland erzählten. Weiterhin besuchte uns Bernd Langer und erzählte von seinem neuen Buch „Kunst & Kampf“. Eine weitere Veranstaltung zum Thema „Opfer rechter Gewalt“ ist noch geplant und außerdem hängt seit dem 24. Juni die Ausstellung „Todesopfer rechter Gewalt“ der Opferperspektive im Alten Gymnasium in Neuruppin. Im Vorfeld der Demo ist noch eine Podiumsdiskussion geplant, die sich mit der Frage beschäftigen soll, wie ein Gedenken an die Opfer gestaltet werden kann, regionsübergreifend und Hand in Hand mit anderen Gedenkinitiativen.
IR: Seit mehreren Jahren versuchen Neonazis um die Freien Kräfte Neuruppin das Gedenken zu Emil Wendland zu entpolitisieren und den Fall als eine Verrohungstat darzustellen. Wie wertet ihr diesen Vorstoß und ist dieses Jahr mit ähnlichen Störaktionen der Neonazis zu rechnen?
Uns machten deren Aktionen in Bezug auf Wendlands Tod völlig fassungslos. So eine Dreistigkeit zu besitzen und die Umstände so zu verdrehen und als Tat subkultureller Perspektivlosigkeit hinzustellen, macht uns wütend. Schwer zu sagen, wie man so etwas werten soll. Letztlich ist es nur ein weiterer Verzug von ihrer faschistischen Ideologie abzulenken und sich als bürgernah darzustellen, die damaligen Gegebenheiten der 90er Jahre klein zu reden und sich in die Öffentlichkeit zu rücken. Ihre Kundgebungen können jedenfalls nicht als Erfolg anerkannt werden. Fast jedes Jahr gab es gegen ihre Veranstaltungen mehrere Störaktionen. Wir wissen nicht, ob es in diesem Jahr wieder zu Aktionen der Nazis kommen wird – bisher halten sie sich jedenfalls verdeckt. In der Planung der Demonstration berücksichtigten wir die letzten Jahre natürlich und versuchen ihnen den Raum auf dem Schulplatz durch die Route zu nehmen. Flyeraktionen, wie in den letzten Jahren fanden bisher noch nicht statt. Generell sind die Freien Kräfte bis auf kleinere Aktionen in diesem Jahr sehr inaktiv, sowieso richten sie ihren Fokus kaum noch auf Neuruppin, da die meisten ihrer organisierten Demonstration blockiert werden und sie in Neuruppin keinen Fuß fassen konnten.
IR: Lange Zeit galt Emil Wendland als eines der Fälle, die durch die Bundesregierung offiziell nicht als Opfer rechter Gewalt galten. Nachdem eine Studie des Moses-Mendelssohn-Zentrums der Universität Potsdam den Fall untersucht hat und ihn als politisch eingeschätzte, zog dann das Brandenburger Innenministerium nach. Nun gilt Emil Wendland als „anerkannt“. Wie bewertet ihr die Studie und was hat sich mit der Anerkennung des Falls für eure Gedenkarbeit geändert?
Wir sind froh das Wendland nun anerkannt ist und finden es auch äußerst wichtig, dass er nun zu den offiziellen Opfern rechter Gewalt zählt. Letztlich soll es jedoch in unserer Arbeit nicht nur darum geht. Es gibt noch viel zu viele Fälle, die bis heute ungeklärt sind und wie wir denken, viel zu viele Menschen, die von Faschist_innen ermordet wurden und bis heute nicht anerkannt sind. Das machte die Ausstellung der Opferperspektive nun auch nochmal deutlich. Was jedoch eine Anerkennung nicht verhindern kann, ist, dass solche Taten weiterhin geschehen werden, gerade weil sich die Lage immer weiter zuspitzt und es nur eine Frage der Zeit ist, bis wieder Menschen durch Faschist_innen sterben werden. Deshalb ist es wichtig, unser Gedenken fort zuführen und nicht nur auf Emil Wendland zu richten sondern auf alle Opfer. Wir wünschen uns eine Zusammenarbeit mit allen anderen Gedenkinitiativen, so dass die Opfer nicht in Vergessenheit geraten und dieses Thema regelmäßig in der Öffentlichkeit steht.
Vielen Dank für das Interview!
Antifaschistische Demonstration in Gedenken an Emil Wendland:
01.06.2017 | 12:00 | Bhf. Neuruppin-West
Alle Informationen zur Kampagne: hier.