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Antifaschismus

PEGIDA in Potsdam läuft nicht — Polizei dreht frei

Die Demon­stra­tion von POGIDA/BÄRGIDA am 11. Jan­u­ar 2016 in Pots­dam wurde ver­hin­dert. Etwa 1.500 bis 2.500 Men­schen stell­ten sich dem ras­sis­tis­chen Auf­marsch entgegen.
Nach einem HipHop-Konz­ert und Break­dance auf dem Bass­in­platz gab es im Anschluss laut­starken Protest, Block­aden und entschlossene Gegen­wehr gegen den dreis­ten Ver­such von Pogi­da in Pots­dam zu demon­stri­eren. Den etwa 100 Rassist_innen und “besorgten Bürger_innen” blieb nichts anderes übrig, als sich auf dem fin­steren Bass­in­platz die Beine in den Bauch zu ste­hen. Während­dessen sorgten hun­derte Demonstrant_innen im Umfeld des Platzes dafür, dass die zwei angekündigten BÄRGI­DA-Busse samt Insass_innen aus Berlin nur mit heftiger Verzögerung und Glas­bruch ankamen.
Antifaschis­tis­che Block­aden rund um den Bass­in­platz stell­ten sich­er, dass es zu kein­er Demon­stra­tion seit­ens der Rassist_innen kom­men kon­nte. Um etwa 22:15 Uhr wur­den diese dann durch die Polizei unter mas­siv­en Protesten zum Haupt­bahn­hof geleitet.
Der Abend war geprägt von wüten­der und direk­ter Gegen­wehr gegen Rassist_innen, “besorgte Bürger_innen”, Neon­azis und andere Men­schen­feinde. Aber auch mas­sive Polizeige­walt, der unkon­trol­lierte Ein­satz von Pfef­fer­spray und
Prügelorgien gegen linke Demonstrant_innen war Teil dieses Abends. Ohne Ein­satzkonzept und offen­bar men­tal über­fordert sorgten die einge­set­zten Beamt_innen für zusät­zlichen Frust bei den Block­ieren­den, kein Wun­der, dass sich dieser regelmäßig durch gezielte Wut entlud.
Alyssa Schmidt, die Sprecherin des ak_antifa sagt zum heuti­gen Abend: “Wir haben den Rassist_innen von Pogi­da heute genau die Bla­m­age bere­it­et, die wir gestern angekündigt haben. Offen­siv­er Antifaschis­mus ist und bleibt ein
bewährtes Konzept in Potsdam.”

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Sonstiges

Babelsberger Fußballfans rufen zur Teilnahme an Antifa-Demo auf


Babels­berg­er Fußball­fans rufen in einem Aufruf zur Teil­nahme an der antifaschis­tis­chen Demon­stra­tion in Brandenburg/Havel und zu stärk­erem poli­tis­chen Engage­ment auf. Dazu gibt es in den näch­sten Tagen und Wochen reich­liche Möglichkeiten.
Aufruf zur Teil­nahme an der Antifa-Demo in Brandenburg/Havel
Fußball und Poli­tik – passt das zusam­men? Klar, denn poli­tis­che Debat­ten gibt es ja auch im Fußball. Ange­fan­gen bei der Aus­län­der­regelung mit der Begren­zung aus­ländis­ch­er Fußballer im Fußball­be­trieb, über den Nation­al­hype zu den Welt­meis­ter­schaften bis hin zu Debat­ten über die Kom­merzial­isierung des Fußballs gibt es poli­tis­che Diskurse, die auch von Fans der Klubs mit­ge­tra­gen wer­den, die son­st aber anti­ras­sis­tis­ches Engage­ment als zu poli­tis­che Ein­mis­chung in den Fußball sehen. Babels­berg ist da anders, auch wenn der Vere­in wegen sein­er aktiv­en und poli­tis­chen Fans nicht von Diskursen wie „Fußball ist unpoli­tisch“ befre­it ist.
Das Fußball­sta­dion ist ein Spiegel der Gesellschaft, demzu­folge gibt es hier gesamt­ge­sellschaftliche Anschau­un­gen, Mei­n­un­gen und Welt­bilder. Während eine deutsche Fußballmehrheit sich die Poli­tik aus dem Sta­dion wün­scht, ihren nation­al­is­tis­chen, sex­is­tis­chen oder ras­sis­tis­chen Ver­hal­ten aber hem­mungs­los hingeben, nutzen oft­mals jedoch organ­isierte Nazis und deren Sym­pa­thisan­ten die anonyme Masse, um im män­ner­do­minierten Fankon­text ihre poli­tis­chen Vorstel­lun­gen und Stim­mungen zu ver­bre­it­en. Für antidiskri­m­inierende Anschau­un­gen, wie Anti­semitismus, Ras­sis­mus und Sex­is­mus kom­men ihnen der Fußball und das Sta­dion wie gerufen.
Natür­lich hat sich in den let­zten zwei Jahrzehn­ten im Fußball- und Fankon­text vieles zum Guten gewan­delt. Vor­bei sind die Zeit­en, als Hooli­gans per se Nazis waren, Fußball­fans nur kon­sum­ierende und unpoli­tis­che Mitläufer und Fankur­ven Orte von rechter Hege­monie. Stattdessen gibt es immer mehr Fankur­ven und organ­isierte Fan­szenen, die sich in poli­tis­chen und sozialen Pro­jek­ten engagieren. Klar, es gibt rechte Fan­grup­pen – und noch immer viel zu viel. Aber viel häu­figer haben jedoch die Grup­pen von sich Reden gemacht, die sich klar gegen Faschis­mus und Ras­sis­mus posi­tion­ieren. Hierzu zählt nicht nur Babels­berg 03, son­dern mit dem BSC Süd 05 gibt es auch in Brandenburg/Havel eine Fan­szene die mit antifaschis­tis­chen State­ments auf sich aufmerk­sam gemacht hat.
Auch wir in Babels­berg haben seit zwei Jahrzehn­ten die Erfahrun­gen mit rechter Gewalt im Fußball- und Fankon­text gemacht. Als linke Fan­be­we­gung eines unbe­deu­ten­den Vere­ins in den Niederun­gen der bran­den­bur­gis­chen Fußbal­li­ga, die sich in den 1990er Jahren aus eini­gen alter­na­tiv­en Per­so­n­en her­auskristallisierte, entwick­elte sich schließlich eine linke Kurve eines Vere­ins mit vie­len jun­gen Gesichtern. Diese linke Kurve bzw. deren Fans wur­den immer wieder Feind­bild von anderen Fan­grup­pen. Auf der anderen Seite gab es inner­halb von Babels­berg bun­desweit und inter­na­tion­al viel Anerken­nung für die poli­tis­che Aus­rich­tung und die poli­tis­che Arbeit.
Wir in Babels­berg befind­en uns in ein­er respek­tablen Sit­u­a­tion. Das Sta­dion ist ein öffentlich­er Raum, in dem men­schen­feindliche Ein­stel­lun­gen keine Chance haben. Im Gegen­teil: Das Sta­dion und die Kurve ist ein Schutzraum für Men­schen, die son­st Diskri­m­inierun­gen und Gewalt aus­ge­set­zt sind. Die Fans und der Vere­in engagieren sich gegen Homo­pho­bie, Ras­sis­mus und Sex­is­mus. Wur­den vor zwei Jahrzehn­ten Babels­berg­er Fußball­fans inner­halb der linken Szene noch belächelt, ist die Kurve nun Teil der alter­na­tiv­en und antifaschis­tis­chen Bewe­gung in Pots­dam. Bis in die 1990er Jahre waren die Linke und der Sport noch zwei Dinge, die nicht so recht zueinan­der passen woll­ten. In Babels­berg bzw. in Pots­dam hat sich das Blatt schon lange gewandelt.
Mit poli­tis­chen State­ments, nicht nur im Sta­dion, son­dern darüber hin­aus, wur­den der Vere­in und die Stadt maßge­blich geprägt. Die Kurve ist so, weil die linke Szene ein wesentlich­er Bestandteil der Stadt war und auch noch immer ist. Doch sollen wir uns darauf aus­ruhen, dass wir in Babels­berg und in Pots­dam eine kom­fort­able Sit­u­a­tion geschaf­fen haben? Soll­ten wir nicht Sol­i­dar­ität über den Sta­dion­za­un und über die Stadt hin­aus zeigen? Sind wir es nicht, die klar gegen das „Unpoli­tis­che“ Stel­lung beziehen? Sind wir es nicht, die sich gegen Kom­merzial­isierung und Kon­sumver­hal­ten posi­tion­ieren? Warum also abseits des Fußballs damit aufhören?
Antifaschis­tis­che Sol­i­dar­ität zu zeigen heißt eben auch, den Arsch hoch zu bekom­men. Gesellschaftlich­es Engage­ment heißt eben auch, mal ein paar Stun­den sein­er Freizeit abzuknipsen oder sein Vier­tel und seine Stadt für ein paar Stun­den zu ver­lassen. Hin­ter dem Teller­rand gibt es auch eine Welt, die gefördert und unter­stützt gehört. Unsere Sol­i­dar­ität muss sich auf ver­schiedene Pro­jek­te und auch auf die ländlichen Regio­nen über­tra­gen. Darum wird der Anfang am 20. Feb­ru­ar 2016 in Brandenburg/Havel zur antifaschis­tis­chen Demon­stra­tion gemacht! Für eine alter­na­tive und antifaschis­tis­che Jugend­kul­tur – in Brandenburg/Havel, in Pots­dam und überall!
Antifaschis­tis­che Demon­stra­tion in Brandenburg/Havel »fight­ing for 20 years« am 20. Feb­ru­ar 2016 um 11 Uhr (Haupt­bahn­hof Brandenburg/Havel)
Zugtr­e­ff­punkt in Pots­dam für den RE1 10:30 Uhr
Antifas und Ultras aus der Nord­kurve Babelsberg
Ter­mine:
Mon­tag, 11.01.2016, 20 Uhr, Bass­in­platz Pots­dam: Nazis stören und aus der Stadt vertreiben!
Fre­itag, 15.01.2016, 18 Uhr, Lust­garten Pots­dam: Alter­na­tives Gedenken an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg
Mittwoch, 27.01.2016, 18 Uhr, Platz der Ein­heit Pots­dam: Antifaschis­tis­che Gedenkkundge­bung in Erin­nerung an die Opfer der Shoa und die Befreiung von Auschwitz
Sam­stag, 20.02.2016, 11 Uhr, Brandenburg/Havel: Antifaschis­tis­che Demon­stra­tion »fight­ing for 20 years«
Anbei ein etwas älter­er, aber dur­chaus aktueller Text der Ultra­gruppe „Filmstadtinferno´99“ aus Babelsberg:
Unpoli­tisch macht Hirn­tot! – Warum Fußball und Poli­tik untrennbar sind
Uiuiui, was schreibt der denn da! Fußball und Poli­tik kann man nicht tren­nen? Dabei beze­ich­nen sich die meis­ten Fans und Ultras doch als unpoli­tisch. Jaja, das ich nicht lache! Als erstes empfehle ich, die Rubrik „Ultra“ auf dieser Seite zu lesen. Da ste­ht näm­lich schon einiges über dieses The­ma drin. Wer allerd­ings nicht glaubt, das gegen Ver­sitz­platzung, Kom­merz und Sicher­heitss­chika­nen vorzuge­hen auch automa­tisch heißt, poli­tisch zu sein, dem empfehle ich diesen Artikel zu über­sprin­gen. Und wer auch noch was dage­gen hat, dass wir, das FI99, gegen Ras­sis­mus, Kom­merz und so manch anderen Schwachsinn sind, der sollte lieber die Inter­net­seite wechseln.
Der Men­sch ist in seinem ganzen Han­deln poli­tisch. Er ver­tritt eine Mei­n­ung, er macht sich Gedanken um bes­timmte gesellschaftliche und poli­tis­che The­men und er ver­sucht sein Wesen nach außen hin so gut wie möglich darzustellen. Hier­bei kommt es darauf an, dass seine Inter­essen anderen gegenüber vertreten wer­den. Dies passiert sowohl in der Schule, wenn man sich beispiel­sweise vom Lehrkör­p­er ungerecht behan­delt fühlt, als auch in der Aus­bil­dung, weil der Poli­er einen wieder mal herumkom­mandiert oder auf der Arbeit, weil man selb­st eine andere Auf­fas­sung vom Arbeit­en hat als der Chef. Dort wird über­all pro­biert, seine eige­nen Inter­essen darzule­gen und/oder durchzusetzen.
So ist es im gesamten Leben, ob beru­flich oder pri­vat. Der Men­sch kann denken und sinnbe­wusst danach han­deln, er hat also gewisse (mehr oder wenige) poli­tis­che Auf­fas­sun­gen in seinem Leben. Beim Fußball ist es natür­lich genau­so. Wir lassen beim Betreten des Sta­dions ja nicht unser Gehirn draußen. Zwar gibt es beim Fußball einen gemein­samen Nen­ner, das Team erfol­gre­ich spie­len zu sehen und neben­bei Fre­unde zu tre­f­fen und Spaß zu haben. Doch im Fußball, als Bestandteil und Spiegel­bild der Gesellschaft, prallen auf­grund der vie­len Men­schen auch viele Mei­n­un­gen aufeinan­der. Und wieder wird ver­sucht, die Inter­essen einer/m anderen gegenüber klar zu machen. Seien es nun die Gäste­fans, das eigene Team der/die Nachbar/in oder den Ordnungskräften.
Jed­er von uns hat sich schon mal über die Bier­preise in einem Sta­dion aufgeregt. Vielle­icht war auch der Ein­tritt viel zu unangemessen, den du mal zahlen musstest. Die Ord­nungskräfte haben jemand willkür­lich aus dem Block gezo­gen, oder dich so behan­delt, dass du dich in deinen per­sön­lichen Recht­en eingeschränkt sahst (BSP.: Kon­trolle am Ein­gang, Videoüberwachung während des Spiels). Das Team spielt seit Wochen beschissen Fußball, obwohl die Spiel­er eine Menge Kohle ver­di­enen. Dein/e Nachbar/in hat einen aus­ländis­chen Spiel­er voll­gepö­belt, was dir tierisch auf den Keks ging. Alles Sit­u­a­tio­nen, welche vielle­icht nicht zu dein­er eige­nen poli­tis­chen Ein­stel­lung oder zu deinen Inter­essen passten. Der/die eine will kif­f­en, der/die andere keine Ras­sis­ten mehr in der Kurve sehen, die anderen wollen Pyro zün­den und wiederum andere wollen kosten­los Alk aus­geschenkt bekom­men. Jede/r hat so seine Vorstel­lung beim Fußball. Unpoli­tisch gibt es also nicht!
Dies trifft für den all­ge­meinen Sta­dionbe­such­er, wie für Fan­grup­pen genau­so zu. In der Gruppe find­en sich Per­so­n­en zusam­men, die alle auf ein gemein­sames Ziel hin arbeit­en, bzw. diesel­ben Inter­essen haben. Im FI99 ist es halt an erster Stelle die best­mögliche Unter­stützung der Mannschaft. Neben­bei wer­den unter anderem auf human­is­tis­che Grun­de­in­stel­lun­gen wie Anti­ras­sis­mus oder Gewalt­frei­heit wert gelegt, let­z­tendlich müssen sie den meis­ten Mitglieder/innen rel­a­tiv sym­pa­thisch sein oder dür­fen diesen ange­sproch­enen Werten nicht allzu weit ent­fer­nt sein (Mehr dazu gibt es in der Vorstel­lung der Gruppe zu lesen.). Gibt es nun Per­so­n­en im Sta­dion oder in der Gruppe, die ander­weit­ig auf­fall­en, oder die sich nonkon­form mit den Werten der Gruppe ver­hal­ten, dann kann es zu Auseinan­der­set­zun­gen kom­men (z.B. ver­bal, kör­per­lich, Ausschluss).
Der Fußball ist nun mal, wie der gesamte Leben­sprozess, kein Bere­ich der unpoli­tisch ist. Poli­tis­che Grun­de­in­stel­lun­gen und Entschei­dun­gen sind natür­lich und wichtig, und natür­lich wichtig, ger­ade in Zeit­en, wo ras­sis­tis­che und faschis­tis­che Ten­den­zen vor keinem Fußballplatz halt machen und die Fußball­fans in ihren Per­sön­lichkeit­srecht­en mehr und mehr eingeschränkt werden.
Wir wer­den auch weit­er­hin z.B. gegen total­en Sicher­heitswahn, Ver­sitz­platzung, Kom­merz und Ras­sis­mus kämpfen.
Warum? Weil wir es für nötig halten!

https://www.ultras-babelsberg.de
facebook.com/nordkurvebabelsberg

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Flucht & Migration

Oranienburg: “Abendspaziergang” driftet in die Verschwörungstheorien ab

INFORIOT Erneut marschierten Neon­azis und Rassist_innen durch Oranien­burg. Bei dem neun­ten sog. “Abendspazier­gang” nah­men am gestri­gen Fre­itag etwa 250–300 Demonstrant_innen teil. Ent­ge­gen der Behaup­tung von “Nein zum Heim in Oranien­burg” stieg die Zahl der Demon­stri­eren­den nicht exor­bi­tant an son­dern blieb nahezu kon­stant, obwohl der Ter­min auf einen Fre­itag ver­schoben wurde. Ein Dutzend Antifaschist_innen ver­sucht­en auf die Route zu gelan­gen, wur­den jedoch durch die Polizei daran gehindert.

Spitze der Demonstration. Bild: Sören Kohlhuber
Spitze der Demon­stra­tion. Bild: Sören Kohlhuber

NPD dominiert die Organisation
Bei der gestri­gen Demon­stra­tion zeigte sich wieder ein Mal deut­lich, dass die sog. “Abendspaziergänge” durch die örtliche NPD ges­teuert und aus­gerichtet wer­den. Bere­its zum Beginn der Demon­stra­tion verteilte der Vel­tener NPD-Stadtverord­nete Robert Wolin­s­ki Ban­ner und Schilder an die Teil­nehmenden. Auch das NPD-Ban­ner “Asyl­be­trug macht uns arm” war wieder auf der Demon­stra­tion vertreten. Auf der Auf­tak­tkundge­bung kündigte der Anmelder Car­lo-Eik Christopeit an, dass neben Tee auch “freie Lek­türe” ange­boten wird. Bei diesen “freie Lek­türe” han­delte es sich um die Zeitung “Deutsche Stimme”, die durch den NPD-Bun­desvor­stand her­aus­gegeben wird. Robert Wolin­s­ki verteilte die “Deutsche Stimme” auf der Auf­tak­tkundge­bung und drum herum. Das mut­maßliche JN-Mit­glied Mar­tin Ulbrecht sprach wieder auf der Demonstration.
Die Ord­nertätigkeit­en wur­den eben­falls weitest­ge­hend von NPD- und NPD-nah­nen Aktivis­ten über­nom­men, darunter Robert Weg­n­er und Maik Neu­ber. Neu­ber hat bere­its in Vel­ten die “Abendspaziergänge” am 6. Novem­ber 2015 und am 7. Jan­u­ar 2016 angemeldet. Bei der let­zten Demon­stra­tion in Vel­ten nah­men etwa 300 Rassist_innen und Neon­azis teil. Außer­dem ist Neu­ber Ober­feuer­wehrmann bei der “Frei­willige Feuer­wehr Mar­witz 1909 e.V.”. Seine Parteizuge­hörigkeit bzw. Gesin­nung soll der Feuer­wehr in Mar­witz schon länger bekan­nt sein.
Asylfeindliches Banner bei der Demonstration in Oranienburg. Foto: Sören Kohlhuber
Asylfeindlich­es Ban­ner bei der Demon­stra­tion in Oranien­burg. Foto: Sören Kohlhuber

Mit Ver­schwörungs­the­o­rien gegen Geflüchtete
Die Reden zeugten erneut von flüchtlings­feindlich­er Het­ze, antimus­lim­is­chem Ras­sis­mus, Anti­semitismus und krud­er Ver­schwörungs­the­o­rien. Der erste Red­ner, der sich unter den Namen “Sven” vorgestellt hat, sprach von ein­er “laufend­en Umvolkung” und ein­er “gelenk­ten Inva­sion” von sog. Flüchtlingsströ­men, der einen ange­blichen “Bevölkerungsaus­tausch” vorantreiben würde. Ange­blich wer­den Moscheen auch in den ländlichen Gebi­eten entste­hen und die “moslemis­che Kul­tur” (Fehler im Orig­i­nal) soll die Deutsche ver­drän­gen. Eine der­ar­tige Rhetorik gle­icht der Losung des sog. “Volk­stodes”, die viele neon­azis­tis­che Grup­pen propagieren. Nach Ansicht des Red­ners soll eine “schle­ichende Auflö­sung der deutschen Eth­nie dro­hen”, auch so soll die “ganze Flüchtlings­geschichte auf ein­er Lüge aufge­baut sein”. In einem Atemzug erk­lärte er Geflüchtete zu Tätern, “die bei uns die Chance wit­tern ihre krim­inellen Machen­schaften bess­er und erfol­gre­ich­er zu betreiben”.
Redner "Sven" bei der Auftaktkundgebung. Bild: Sören Kohlhuber.
Red­ner “Sven” bei der Auf­tak­tkundge­bung. Bild: Sören Kohlhuber.

Im weit­eren Ver­lauf sein­er Rede driftete er ab in krude Ver­schwörungs­the­o­rien. So soll die “Massen­e­m­i­gra­tion eine der Auswirkun­gen der Schaf­fung der soge­nan­nten Neuen Wel­tord­nung (NWO)” sein, so “Sven”. Die NWO wird in ver­schiede­nen Ver­schwörungs­the­o­rien beschrieben als ein geheimes Bestreben der Eliten, bzw. der USA, um eine autoritäre, supra­na­tionale Wel­tregierung zu schaf­fen. Im ras­sis­tis­chen Duk­tus kon­stru­ierte der Red­ner “Sven”, dass die NWO mit den ange­blichen Zus­trom von Geflüchteten die Sou­veränität der Staat­en negieren, Nation­al­staat­en auflösen und die Regierun­gen abschaf­fen wür­den und eine Auflö­sung “der Völk­er als homo­gene Eth­nien” forcieren. Die “homo­ge­nen Eth­nien” sollen den ange­blichen Plä­nen der NWO im Weg ste­hen, die “deutschen Nation­alvölk­er” sollen sich daher gegen die Bestre­bun­gen wehren. Zum Schluss rief er zu einem “zivilen Unge­hor­sam” und einem “Gen­er­al­streik nach Artikel 20 Absatz 4”, die gle­ichen Forderun­gen, die auf den recht­en Mon­tagsaufmärschen in Berlin, bei Bärgi­da, geäußert werden.
Verzweifelt um “friedlich­es” Bild bemüht
Zu Beginn der Demon­stra­tion wies Robert Wolin­s­ki die Teil­nehmenden an in Auf­stel­lung zu gehen, wobei er expliz­it Frauen vorschick­te, um ein eher “harm­loseres” Bild der Demon­stra­tionsspitze zu zeich­nen. Nicht nur er war bemüht um ein friedlicheres Bild der Demon­stra­tion. Auch der Anmelder Car­lo-Eik Christopeit wies die Demonstrant_innen an sich ruhig zu ver­hal­ten und sich nicht provozieren zu lassen, nach­dem es bei der let­zten Demon­stra­tion mehrere Über­griffe von sog. “Abendspaziergän­gerIn­nen” auf Gegendemonstrant_innen gab. Den­noch pöbelte ein Teil der Demon­stra­tion in Höhe der Fis­ch­er­straße gegen die Gegenkundge­bung der Linksju­gend [’sol­id] Ober­hav­el, die sich auf dem Park­platz vor Ross­mann ver­sam­melt hatten.
Näch­ste Demon­stra­tion mit promi­nen­tem Islamhasser
Zu Beginn der Demon­stra­tion verkün­dete der Anmelder Car­lo-Eik Christopeit den Ter­min der näch­ste Demon­stra­tion an. Am 26. Feb­ru­ar soll der zehnte “Abendspazier­gang” vor dem Schloss in Oranien­burg stat­tfind­en. Als Red­ner kündigte er den Islamhas­s­er Michael Mannheimer an. Hin­ter dem Pseu­do­nym “Michael Mannheimer” ste­ht der rechte Blog­ger Karl-Michael Merkle, der als Autor und Ref­er­ent für den recht­spop­ulis­tis­chen Blog “Polit­i­cal­ly Incor­rect” (PI) tätig ist und als Red­ner bei diversen PEGI­DA-Ablegern im süd­deutschen Raum geladen war. Merkle soll die virtuelle Pranger­seite “Nürn­berg 2.0” betreiben. “Nürn­berg 2.0” ver­ste­ht sich laut Eige­nangabe als “Erfas­sungsstelle zur Doku­men­ta­tion der sys­tem­a­tis­chen und rechtswidri­gen Islamisierung Deutsch­lands” und der “grundge­set­zfeindlichen Ent­demokratisierung, der Entrech­tung des Bürg­ers und der Straftat­en link­er Faschis­ten zur Unter­drück­ung des Volkes”. Auf der Seite wer­den Namen von Journalist_innen, Politiker_innen und Künstler_innen veröf­fentlicht, die durch ein “Tri­bunal” bestraft wer­den sollen. Unter seinem Pseu­do­nym hat Merkle dort und auf seinen Blog zu “bewaffneten Wider­stand” gegen die ange­bliche “Islamisierung Deutsch­lands” aufgerufen.
Zudem ergriff Chris­t­ian Müller aus Saar­mund das Mikrophon am Ende der Ver­anstal­tung und warb für den Auf­marsch am 11. Jan­u­ar in Pots­dam. Er stellte sich als Anmelder der Demon­stra­tion in Pots­dam vor und gab an, dass der Berlin­er PEGI­DA-Ableger, Bärgi­da, sich eben­falls den Auf­marsch, der gegen 20 Uhr auf dem Bass­in­platz begin­nen soll, anschließen würde. Das Bünd­nis “Pots­dam beken­nt Farbe” meldete eine Gegen­ver­ansaltung am Alten Markt an. Weit­ere Proteste sollen folgen.
Mehr Bilder: hier.
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Chronologie neonazistischer und rassistischer Aktivitäten in Brandenburg an der Havel im Jahr 2015

Im Jahr 2015 nah­men neon­azis­tis­che und ras­sis­tis­che Aktiv­itäten in Bran­den­burg an der Hav­el zu. Es gab ins­ge­samt fünf Demon­stra­tio­nen, zwei Kundge­bun­gen und sechs­mal wurde das Ver­wen­den von Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organ­i­sa­tio­nen zur Anzeige gebracht. Des Weit­eren nah­men bei vier Infor­ma­tionsver­anstal­tun­gen zu geplanten Geflüchtete­nun­terkün­ften Neon­azis teil. Sie ver­hiel­ten sich jedoch immer auf­fäl­lig ruhig. Während eines Gedenkspazier­ganges am 21. Feb­ru­ar für den ermorde­ten Sven Beuter, provozierten fünf Neon­azis, unter ihnen der verurteilte Totschläger Beuters, die Teil­nehmenden. Des Weit­eren gab es drei zur Anzeige gebrachte und nach­weis­lich ras­sis­tisch motivierte Über­griffe auf Geflüchtete. Es gab noch min­destens zwei weit­ere Über­griffe, bei denen Men­schen mit Migra­tionsh­in­ter­grund Opfer waren, ob es sich hier­bei um ras­sis­tisch motivierte Angriffe han­delt ist noch nicht abschließend gek­lärt. Hinzu kom­men drei Ver­hand­lun­gen gegen Neon­azis am Amts­gericht der Havelstadt.
Ins­ge­samt wur­den im Laufe des Jahres drei ras­sis­tis­che Face­book­seit­en gegrün­det: »Nein zum Heim in Kirch­mös­er«, »Nein zum Heim in Bran­den­burg« und »Bran­den­burg sagt NEIN zur aktuellen Flüchtlingspolitik«.
Im ver­gan­genen Jahr rück­te auch wieder der »Hof Märkische Hei­de«, er befind­et sich im Besitz des »Bun­des für Got­terken­nt­nis«, in den Fokus, denn dieser warb öffentlich für ein Sem­i­nar­woch­enende im März. Hier­bei wur­den krude Ver­schwörungs­the­o­rien und Geschicht­sre­vi­sion­is­mus ver­bre­it­et. Nach eigen­er Aus­sage find­en dort jew­eils im Früh­jahr und im Herb­st Sem­i­nar­woch­enen­den statt.
Im Fol­gen­den wer­den einige Akteure und ihre Aktio­nen in der Havel­stadt näher beleuchtet.
BraMM und Frei­heitliche Liga
Die Bran­den­burg­er für Mei­n­ungs­frei­heit und Mitbes­tim­mung (BraMM) sind eine Grup­pierung, die sich die Ziele der PEGI­DA-Bewe­gung zu eigen machte und sie auf das Land Bran­den­burg zu über­tra­gen ver­sucht. Bevor sie ihren ersten selb­stor­gan­isierten »Spazier­gang« durch­führten, nah­men sie mit einem Hochtrans­par­ent mit der Auf­schrift »Bran­den­burg­er für Mei­n­ungs­frei­heit und Mitbes­tim­mung« an den Mon­tags­demon­stra­tio­nen in Dres­den im Jahr 2014 teil.
Zu Beginn des Jahres 2015 begann das Organ­i­sa­tion­steam der BraMM mit der Mobil­isierung für einen »Spazier­gang« am 26. Jan­u­ar in der Havel­stadt. Sie ver­sam­melten sich an der Ecke Steinstraße/Hauptstraße. Nach ein­er Kundge­bung vor cir­ca 150 Per­so­n­en set­zten sie sich in Bewe­gung. Die Route führt ein­mal durch die Ste­in­straße und endete auf dem Trauer­berg mit ein­er kleinen Abschlusskundge­bung. An den drei darauf­fol­gen­den Mon­ta­gen organ­isierte die BraMM weit­ere »Spaziergänge«. Die Teilnehmer_innenzahlen nah­men dabei kon­tinuier­lich ab, sodass bei der vierten Ver­anstal­tung nur noch cir­ca 70 Per­so­n­en teil­nah­men. Im Anschluss ver­anstal­teten die Organisator_innen in anderen Städten weit­ere »Spaziergänge« mit unter­schiedlichem Erfolg. Am 01. Juni wurde ein weit­er­er »Spazier­gang« in der Havel­stadt, dies­mal nicht im Zen­trum son­dern im Stadt­teil Gör­den, angemeldet. Dem Aufruf fol­gen nur cir­ca 20 Per­so­n­en. Am sich anschließen­den »Spazier­gang« nahm nur noch die Hälfte dieser teil. Sei­ther ist die BraMM in der Havel­stadt nicht mehr aktiv.
Der Organ­i­sa­tion­skreis set­zt sich primär aus Mit­gliedern und Sympahtisant_innen der Partei »Die Repub­likan­er« zusam­men. Der Lan­desvor­sitzende Heiko Müller trat nach dem Bekan­ntwer­den sein­er parteipoli­tis­chen Aktiv­itäten aus der Partei aus und wid­mete sich nun auss­chließlich der BraMM. Die Spaziergänge zogen neben ras­sis­tis­chen Bürger_innen zahlre­iche Neon­azis aus Bran­den­burg an der Hav­el und den umliegen­den Land­kreisen an. Sie stell­ten zwis­chen 25 % bis 50 % der Teilnehmer_innen. Es nah­men Per­so­n­en aus fol­gen­den neon­azis­tis­chen Grup­pierun­gen teil: NPD, III. Weg und Ein Licht für Deutsch­land. Lediglich die let­zt­ge­nan­nte Grup­pierung viel durch ein eigenes Trans­par­ent und Schilder auf, die andern bei­den hiel­ten sich mit ihren Parteiem­ble­men zurück. Diese Tak­tik ist bei zahlre­ichen asylfeindlichen Demon­stra­tio­nen im Land Bran­den­burg zu beobacht­en: Neon­azis­tis­che Grup­pierun­gen stellen oft­mals Tech­nik, Ordner_innen und Redner_innen, die sich häu­fig als Anwohner_innen insze­nieren, und dominieren so verdeckt die Kundge­bun­gen und Demonstrationen.
Obwohl die BraMM mit­tler­weile offizieller PEGI­DA-Ableger im Land Bran­den­burg ist, wurde sie von der PEGI­DA-fre­undlichen Alter­na­tive für Deutsch­land bei ein­er Kundge­bung am 23. Sep­tem­ber in Pots­dam nicht her­zlich emp­fan­gen. So wurde auf der BraMM-Face­bookpräsenz geschrieben, dass die BraMM-Mit­glieder vom Ver­anstal­ter nur geduldet wur­den, bis sie das BraMM-Ban­ner entroll­ten (Der Post wurde mit­tler­weile gelöscht, die Bilder sind jedoch noch online, eine Bild­schirmkopie vom Post existiert). Das AfD Land­tagsmit­glied Stef­fen Königer ver­suchte das Ban­ner zu verdeck­ten und fordert die BraMM-Mit­glieder auf es wieder einzurollen und bekräftigte dies, in dem er über die Laut­sprecher­an­lage verkün­den ließ das man sich »gegen eine Vere­in­nah­mung der Demon­stra­tion durch bei­de Seite (gemeint sind »Linke, Grüne und die üblichen Antifan­ten«)« ver­wehre. Damit ord­nete Königer die BraMM als rechts von der AfD ste­hend ein. Ein Schul­ter­schluss zwis­chen BraMM und AfD scheint somit vor­erst nicht realistisch.
Neben der Grün­dung der BraMM, grün­dete der gle­iche Per­so­n­enkreis noch die Frei­heitliche Liga. Am 19. Juni 2015 postete diese auf ihrer Face­bookpräsenz ein Bild mit dem Text: »Die Ein­tra­gung im Vere­in­sreg­is­ter ist nun endlich geschafft und die Frei­heitliche Liga kann ihre Arbeit aufnehmen!«. Neben dem Per­so­n­enkreis ist auch der poli­tis­che Inhalt der gle­iche, denn auf der Web­site der Frei­heitlichen Liga wird sich auf die »Grundgedanken der BraMM-PEGI­DA« bezo­gen. Vor­sitzen­der ist Heiko Müller, stel­lvertre­tender Vor­sitzen­der Patrick Holler, weit­ere Beisitzer sind Detlef Stamm, Peter Klee­mann und Andreas Jahnke. Alle fünf Män­ner fan­den sich vor der Grün­dung der Frei­heitlichen Liga auf zahlre­ichen Bildern der Face­bookpräsenz der Partei »Die Repub­likan­er Bran­den­burg«. Ob sie nun alle Mit­glieder waren, kann nicht sich­er gek­lärt wer­den. Peter Klee­mann wird auf der Inter­net­seite der Partei immer noch als Beisitzer des Lan­desvor­standes genannt.
Bei­de Labels ver­fü­gen jew­eils über eine Inter­net­seite und eine Face­bookpräsenz, wobei die primäre Aktiv­ität bei der Face­book­seite liegt. Während auf der Seite der Frei­heitlichen Liga haupt­säch­lich Bilder von Infor­ma­tionsver­anstal­tun­gen und Stammtis­chen zu find­en sind, find­en sich auf der BraMM-Seite wahl­los Onlinezeitungsar­tikel die neg­a­tiv über Geflüchtete bericht­en. Hinzu kom­men die Aufrufe zu ihren Demonstrationen.
Zusam­men­fassend lässt sich sagen, dass die Partei »Die Repub­likan­er« die Zeichen der Zeit erkan­nt hat, näm­lich das die Partei in der Bedeu­tungslosigkeit versinkt und soge­nan­nte Bürg­er­be­we­gun­gen auf dem Vor­marsch sind. Aus diesem Grund her­aus grün­de­ten sie, beziehungsweise Per­so­n­en aus dem Parteium­feld, die BraMM und die Frei­heitliche Liga um weit­er­hin poli­tisch wirken zu kön­nen. Während das BraMM-Label primär für Demon­stra­tio­nen und Kundge­bun­gen benutzt wird, wird das der Frei­heitlichen Liga für die Bewer­bung von Infor­ma­tions- und Bil­dungsver­anstal­tun­gen ver­wen­det. Bei­de Labels schließen sich jedoch nicht aus, sodass bei den Demon­stra­tio­nen auch das Ban­ner der Frei­heitlichen Liga auf­taucht und umge­dreht. Zwar schaf­fen sie es immer wieder mehrere hun­dert Leute zu ihren Demon­stra­tio­nen zu bewe­gen, ein wirk­lich­es poli­tis­ches Ziel, beispiel­sweise ein Hinar­beit­en auf Man­date in poli­tis­chen Par­la­menten ist bish­er nicht zu erkennen.
Der III. Weg
Am 18. April führte der III. Weg unter anderem in der Havel­stadt eine Kundge­bung durch. An diesem Tag verkün­de­ten Parteim­it­glieder die Grün­dung des Ver­ban­des »Potsdam/Mittelmark«. In den darauf­fol­gen­den Monat­en taucht­en wieder­holt Aufk­le­ber und Plakate der Partei im Stadt­ge­bi­et auf. Zusät­zlich wer­den in unregelmäßi­gen Abstän­den Fly­er in Briefkästen gesteckt. Sowohl Fly­er als auch Plakate konzen­tri­eren sich hier­bei im Bere­ich der Innen­stadt. Einige Neon­azis aus der Havel­stadt nehmen regelmäßig an Kundge­bun­gen des III. Weges im ganzen Land Bran­den­burg Teil und tra­gen dabei T‑Shirts der Kle­in­st­partei. Auch reis­ten einige Neon­azis aus der Havel­stadt am 01. Mai zur Demon­stra­tion nach Saalfeld, bei der es zu Auseinan­der­set­zun­gen zwis­chen den Neon­azis und der Polizei, als auch zu Über­grif­f­en auf Antifaschist_innen, kam. Min­destens drei Neon­azis aus Bran­den­burg an der Hav­el nah­men am Som­mer­fest der Partei in der Uck­er­mark teil, es macht somit den Anschein, dass ver­sucht wird die lokalen Neon­azis für die Partei zu wer­ben und zu inte­gri­eren. Dies bleibt auch vom Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutz nicht unbe­merkt, denn dieser machte bei einem Mit­glied der Partei, das in Bran­den­burg an der Hav­el wohnt, einen soge­nan­nten Anquatschver­such, der, laut der Inter­net­präsenz des III. Weges, erfol­g­los blieb.
Ins­ge­samt ist die Partei in der Havel­stadt nur mäßig aktiv. Die Aktivist_innen vor Ort beschränken sich auf die Teil­nahme an Kundge­bun­gen und Demon­stra­tio­nen. Eigene Ver­anstal­tun­gen wer­den nicht organ­isiert. Es scheint an ein­er lokalen Führungs­fig­ur zu fehlen. Der Ein­fluss inner­halb der lokalen Szene scheint auch nur ger­ing zu sein, denn die Aktivist_innen nehmen an allen neon­azis­tis­chen Ver­anstal­tun­gen in der Havel­stadt teil, egal ob BraMM, NPD oder der III. Weg diese organ­isiert. Auch übernehmen die Neon­azis aus der Havel­stadt vor­erst keine wichti­gen Auf­gaben (Ordner_in, Redner_in). Die Fly­erverteilak­tion wer­den entwed­er aus Werder/Havel oder aus dem Raum Bad Belzig ges­teuert, wo es jew­eils sehr aktive Mit­glieder der Partei gibt, welche regelmäßig durch ihre Teil­nahme an Kundge­bun­gen und Demon­stra­tio­nen, sowie Fly­er verteilen auf­fall­en. Der III. Weg scheint auf­grund sein­er starken Ori­en­tierung am Nation­al­sozial­is­mus, der hohen Aggres­siv­ität bei Kundge­bun­gen und Demon­stra­tio­nen und des engen Kam­er­ad­schafts­geist, der durch eigene T‑Shirts, Jack­en, etc. man­i­festiert wird, für die lokale Szene am inter­es­san­testen zu sein.
Die NPD
Die NPD ver­liert auch in Bran­den­burg an der Hav­el nach und nach an Ein­fluss. Ein aktiv­er Stadtver­band existiert nicht und alle Aktio­nen inner­halb der Stadt wer­den primär vom Kreisver­band Hav­el-Nuthe koor­diniert. Dieser organ­isierte gemein­sam mit dem Stadtver­band Bad Belzig am 29. Okto­ber eine Kundge­bung auf dem Neustädtis­chen Markt. Ins­ge­samt haben an dieser 29 Men­schen teilgenom­men. Aus der Havel­stadt kamen unge­fähr zehn Per­so­n­en. Unter diesen waren auch Neon­azis, die wieder­holt beim Verteilen von Fly­ern des III. Weges beobachtet wur­den. Seit der Kundge­bung im Okto­ber find­en sich ver­mehrt Aufk­le­ber in der Innenstadt.
Auch bei der NPD fällt auf, dass sie keine feste Struk­tur in der Havel­stadt besitzen, stattdessen wer­den die Aktio­nen von außer­halb ges­teuert. Des Weit­eren nah­men zahlre­iche NPD-Aktivist_in­nen bei den Demon­stra­tio­nen der BraMM in der Havel­stadt teil, jedoch ohne die Ver­wen­dung von Partei­wer­bung. Sie ist auf poli­tis­ch­er Ebene in Bran­den­burg an der Hav­el von sehr geringer Bedeutung.
AfD
In der Havel­stadt existiert ein Parteibüro der AfD, welche mit drei Per­so­n­en in der Stadtverord­neten­ver­samm­lung vertreten ist. Nach­dem Skan­dal um den ehe­ma­li­gen Kreisver­bandsvor­sitzen­den ist dieser zurück­ge­treten und sei­ther ist es extrem ruhig um die AfD gewor­den. Von den BraMM-Spaziergän­gen nah­men sie Abstand und woll­ten diese nach eige­nen Aus­sagen erst ein­mal beobacht­en. Auf­grund der Tat­sache, dass sie bei keinem der Spaziergänge teil­nah­men, ist davon auszuge­hen, dass sie sich nicht mit den Zie­len der BraMM iden­ti­fizieren oder sie die hohe Neon­azipräsenz, die deut­lich medi­al the­ma­tisiert wurde, abschreck­te. Als ein weit­er­er Grund kann das AfD-Land­tagsmit­glied Stef­fen Königer ange­führt wer­den, dessen Parteibüro sich in der Havel­stadt befind­et. Der gemäßigte Königer ver­lor vor kurzem bei dem Lan­desparteitag die Wahl zum Stel­lvertreter der Landespartei.
Die lokale AfD gilt es zwar weit­er­hin im Fokus zu behal­ten, momen­tan konzen­tri­ert sich diese jedoch primär auf ihr poli­tis­ches Wirken in der SVV, wo sich kaum Platz für die typ­is­chen Parolen der AfD find­en, son­dern die Abge­ord­neten mit der realen Poli­tik kon­fron­tiert werden.
»Nein zum Heim in…«
Am 27. August, einen Tag bevor die Geflüchteten­no­tun­terkun­ft im Stadt­teil Kirch­mös­er bezo­gen wer­den sollte, ist die Face­bookpräsenz »Nein zum Heim in Kirch­mös­er« gegrün­det wor­den. Diese kann mit­tler­weile 219 Klicks auf sich vere­inen. Dass die Seite nicht von Per­so­n­en aus Bran­den­burg an der Hav­el oder Kirch­mös­er betrieben wird, lässt unter anderem das Titel­bild ver­muten. Es zeigt das Ort­sein­gangss­child des Bran­den­burg­er Stadt­teils. Bei der Eingabe des Wortes »Kirch­mös­er« bei Google, find­et sich auf Seite 3 ein iden­tis­ches Bild, es gehört zu einem Artikel des »SPD-Unter­bezirks Bran­den­burg an der Hav­el« vom 26.06.2007. Schon im Jahr 2014 war zu beobacht­en, dass über­all dort »Nein zum Heim in …«-Seit­en auf­taucht­en, wo es neue Geflüchtete­nun­terkün­fte geben sollte. Häu­fig hat­ten und haben diese ein sich stark ähnel­ndes Ausse­hen, sodass die Ver­mu­tung nahe liegt, dass sie gezielt von ein­er Per­so­n­en­gruppe gegrün­det wur­den. Dafür spricht aus das Posten von zahlre­ichen asylkri­tis­chen Artikeln, die keinen Bezug zum eigentlichen Ort der Seite haben. Diese ist auch auf den Face­book­seit­en zu Bran­den­burg und Kirch­mös­er zu beobachten.
Am 01. Okto­ber wird die Seite »Nein zum Heim in Bran­den­burg« gegrün­det. Sie wurde bish­er von 220 Per­so­n­en geliked. Inhaltlich ist sie nahezu iden­tisch mit der Seite »Nein zum Heim in Kirchmöser«.
Bei »Bran­den­burg sagt NEIN zur aktuellen Flüchtlingspoli­tik« han­delt es sich eben­falls um eine Face­book­seite mit Bezug zur Havel­stadt. Dies kann auf­grund des Titel­bildes, welch­es das Stadt­wap­pen zeigt, ver­mutet wer­den. Sie wurde bish­er von 282 Per­so­n­en geliked und am 30. Sep­tem­ber gegrün­det. Auf dieser wer­den, ähn­lich den bei­den anderen Seit­en, zahlre­iche asylkri­tis­che Beiträge von diversen Inter­net­seit­en und Medi­en­por­tal­en geteilt.
Bis auf einige sel­tene Kom­mentare, scheinen die drei Seit­en lediglich der Ver­linkung von asylkri­tis­chen Tex­ten zu dienen. Aufrufe zu Demon­stra­tio­nen und Kundge­bun­gen wer­den ab und zu, jedoch nicht regelmäßig, geteilt. Ob hin­ter den Seit­en jew­eils die gle­ichen Per­so­n­en ste­hen, bleibt zweifel­haft. Die nahezu zeit­gle­ichen Posts auf den Seit­en von »Nein zum Heim in Kirch­mös­er« und »Nein zum Heim in Bran­den­burg« sprechen jedoch dafür, dass sich hin­ter diesen die gle­iche Per­son oder Per­so­n­en­gruppe verbirgt.
Alle drei Seit­en haben nur einen sehr gerin­gen Ein­fluss in Bran­den­burg an der Hav­el, dies liegt zum einen an den Post­ings, welche sich auf die ganze Bun­desre­pub­lik beziehen und anderen an fehlen­den eige­nen Analy­sen und Stel­lung­nah­men sowie Aktiv­itäten auf der Straße.
Faz­it und Ausblick
Alle größeren Aktiv­itäten wer­den in der Havel­stadt von Grup­pierun­gen außer­halb der Stadt organ­isiert. Zwar nehmen regelmäßig lokale Neon­azis und Rassist_innen an diesen teil, eine aktive Mitar­beit ist jedoch nicht zu beobacht­en. Bei der Betra­ch­tung der die Stadt umgeben­den Land­kreise Pots­dam-Mit­tel­mark und Havel­land, fällt auf, dass ger­ade da NPD (Havel­land/Pots­dam-Mit­tel­mark) und der III. Weg (Pots­dam-Mit­tel­mark) beson­ders stark sind. Dort verteilen sie regelmäßig Fly­er und die NPD sitzt in den lokalen Parlamenten.
Ins­ge­samt kann die neon­azis­tis­che Szene in der Havel­stadt auf zehn bis fün­fzehn Per­so­n­en geschätzt wer­den. Sie wird durch vornehm­lich junge Män­ner dominiert die sich um den verurteil­ten Totschläger Sascha L. grup­pieren, denn wo er auf­taucht, find­en sich die Jung­neon­azis häu­fig auch. Gle­ichzeit­ig hat L. immer noch Kon­takt zu anderen Neon­azis, welche seit den 1990er Jahren aktiv sind oder mit ihm im Knast saßen. L. sorgt immer wieder für Pro­voka­tio­nen, so marschierte er schon im Jahr 2012 bei ein­er NPD-Demon­stra­tion unter Zeigen des Vic­to­ry-Zeichens mit. Während des ersten BraMM-Spazier­gangs wur­den seine Per­son­alien aufgenom­men, weil er den Küh­nen­gruß zeigt, mit­tler­weile wurde er dafür auch verurteilt. Des Weit­eren provozierte er mit weit­eren Neon­azis bei einem Gedenksparzier­gang in Erin­nerung des von ihm ermorde­ten Sven Beuter.
Eine Bedro­hung durch Neon­azis und Rassist_innen ist in der Havel­stadt gegeben, dafür sprechen die zahlre­ichen Kundge­bun­gen und Spaziergänge, der Bran­dan­schlag auf eine geplant, noch nicht bewohnte Notun­terkun­ft für Geflüchtete sowie die Über­griffe und der All­t­agsras­sis­mus gegenüber diesen. Aus diesen Grün­den her­aus ist es wichtig, weit­er kon­tinuier­liche antifaschis­tis­che Arbeit zu leisten.
Neon­azis­tis­che Aktiv­itäten in Bran­den­burg an der Hav­el im Jahr 2015
Demon­stra­tio­nen, Kundge­bun­gen, Über­griffe, Gerichtsverhandlungen

(Die Quel­lenangabe beziehen sich nicht auss­chließlich auf Artikel, son­dern auf Fotos, welche zahlre­iche Journalist_innen online frei zur Ver­fü­gung stellen.)
25. Jan­u­ar
In der Nacht vom 24. zum 25. Tram­peln Unbekan­nte drei Hak­enkreuze, zweimal den Schriftzug »Hitler« und ein­mal »Adolf« in den Schnee. Der Tatort find­et sich unweit des Über­gangswohn­heims für Geflüchtete Men­schen in der Flämingstraße.
(Meet­ing­point Bran­den­burg, 25. Jan­u­ar 2015)
26. Jan­u­ar
150 Per­so­n­en, darunter zahlre­iche organ­isierte Neon­azis aus der Havel­stadt und der Umge­bung, nehmen an einem soge­nan­nten Spazier­gang der »Bran­den­burg­er für Mei­n­ungs­frei­heit und Mitbes­tim­mung« (BraMM) teil. Etliche Neon­azis stam­men aus der Havel­stadt, ein­er von ihnen war als Ord­ner tätig. Der Totschläger des von Sven Beuter, der beken­nende Neon­azi Sascha L. wurde kurzzeit­ig ver­haftet, da er einen ver­bote­nen Gruß gezeigt hat.
(Press­eser­vice Rathenow, 26. Jan­u­ar 2015; MAZ, 27. Jan­u­ar 2015; AG Antifa, 29. Jan­u­ar 2015; MAZ 31. Jan­u­ar 2015)
02. Feb­ru­ar
Cir­ca 100 Per­so­n­en nehmen an einem Spazier­gang der BraMM teil. Unter den Teilnehmer_innen befind­en sich cir­ca 40 Neon­azis. Etliche von diesen stam­men aus Bran­den­burg an der Havel.
(Press­eser­vice Rathenow, 02. Feb­ru­ar 2015; AG Antifa, 03. Feb­ru­ar 2015; MAZ 04. Feb­ru­ar 2015)
05. Feb­ru­ar
Bei ein­er Infor­ma­tionsver­anstal­tung der SPD zum The­ma Geflüchtete in der Havel­stadt nimmt min­destens ein Neon­azi teil.
(Antifa Jugend Brandenburg)
09. Feb­ru­ar
Cir­ca 80 Per­so­n­en fol­gen dem BraMM-Aufruf zu einem drit­ten Spazier­gang. Der Anteil der Neon­azis wächst auf 50 Per­so­n­en, unter ihnen zahlre­iche Men­schen aus Bran­den­burg an der Havel.
(Press­eser­vice Rathenow, 09. Feb­ru­ar 2015; AG Antifa, 22. Feb­ru­ar 2015; MAZ 10. Feb­ru­ar 2015)
16. Feb­ru­ar
70 Per­so­n­en nehmen an einem Spazier­gang der BraMM teil. 50 bis 60 Teil­nehmende sind dem neon­azis­tis­chen Spek­trum zuzurech­nen, darunter zahlre­iche Per­so­n­en aus der Havelstadt.
(Press­eser­vice Rathenow, 16. Feb­ru­ar 2015¸ AG Antifa, 17. Feb­ru­ar 2015)
20. Feb­ru­ar
Während eines antifaschis­tis­chen Gedenkspazier­gangs zu Erin­nerung an den ermorde­ten Sven Beuter provozieren fünf Neon­azis, darunter der Totschläger von Beuter Sascha L., die Teilnehmenden.
(Press­eser­vice Rathenow, 20. Feb­ru­ar 2015; AG Antifa, 22. Feb­ru­ar 2015)
21. Feb­ru­ar
Bei ein­er Kundge­bung der neon­azis­tis­chen Partei der »III. Weg« in Eisen­hüt­ten­stadt, nehmen zwei in Bran­den­burg an der Hav­el wohn­hafte Neon­azis und der Totschläger Sascha L. teil.
(Press­eser­vice Rathenow, 21. Feb­ru­ar 2015; MAZ, 23. Feb­ru­ar 2015)
09. März
Am Abend wird ein Keni­an­er in der Straßen­bahn belei­digt und, nach­dem er an der Hal­testelle in der Nähe der Gör­den­brücke aus­gestiegen ist, ins Gesicht geschlagen.
(MAZ, 10. März 2015)
14. März
Bei ein­er NPD-Kundge­bung in Nauen nimmt ein in Bran­den­burg an der Hav­el wohnen­der Kad­er der Freien Kräfte Neu­rup­pin und Osthavel­land (FKN) gemein­sam mit sein­er Fre­undin teil.
(Press­eser­vice Rathenow, 14. März 2015)
14.–15. März
Am Sam­stag und Son­ntag führt der »Hof Märkische Hei­de«, er befind­et sich im Besitz des »Bun­des für Got­terken­nt­nis«, ein Sem­i­nar­woch­enende durch.
(AG Antifa, 15. März 2015; MAZ, 19. März 2015)
25. März
Eine Parteim­it­glied des neon­azis­tis­chen »III. Wegs« wurde vom Ver­fas­sungss­chutz Bran­den­burg ange­sprochen und sollte für eine zukün­ftige Zusam­me­nar­beit gewor­ben werden.
(Antifa Jugend Brandenburg)
28. März
Ein in der Havel­stadt wohn­hafter Neon­azi und Kad­er von FKN nimmt an ein­er Demon­stra­tion in Wittstock/Dosse teil. Begleit­et wird er dabei von sein­er neon­azis­tis­chen Freundin.
(Press­eser­vice Rathenow, 28. März 2015)
28. März
Ein Neon­azi aus Frankfurt/Oder wird zu drei Jahren Gefäng­nis verurteilt. Während eines Fußball­spiels der WM 2014 skandierte er im Audi­max der Fach­hochschule wieder­holt neon­azis­tis­che Parolen. Ein Zuschauer ver­suchte dies zu unterbinden. Nach­dem Spiel wurde er von dem Neon­azi bru­tal zusammengeschlagen.
(MAZ, 29. März 2015)
14. April
Ein betrunk­en­er 43 Jahre alter Neon­azi ruf am Haupt­bahn­hof wieder­holt »Sieg Heil«. Des Weit­eren zer­schlug er zwei Bier­flaschen auf dem Boden. Der Mann ist wegen ähn­lich­er Delik­te schon vorbe­straft. Die Polizei ermit­telt wegen des Ver­wen­dens von Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organisationen.
(MAZ, 15. April 2015)
18. April
Bei Kundge­bun­gen des neon­azis­tis­chen »III. Wegs« in Werder/Havel und Bran­den­burg an der Hav­el nehmen unteran­derem fünf Neon­azis aus Bran­den­burg an der Hav­el teil. Unter den Teil­nehmenden ist auch der Totschläger Sascha L. Sie erhal­ten auf der Kundge­bung Fly­er, welche sie am 19. April im Bere­ich der Bahn­hofsvorstadt und der Neustadt verteilen.
(Press­eser­vice Rathenow, 18. April 2015; AG Antifa, 20. April 2015)
19. April
Zwei bekan­nte Neon­azis verteilen Fly­er des neon­azis­tis­chen »III. Wegs« in der Bahn­hofsvorstadt und in der Innenstadt.
(Antifa Jugend Brandenburg)
25. April
Bei einem ras­sis­tis­chen Auf­marsch in Frankfurt/Oder nimmt unter anderem der Totschläger Sascha L. teil.
(Press­eser­vice Rathenow, 25. April 2015)
01. Mai
Bei der 1. Mai-Demon­stra­tion des neon­azis­tis­chen »III. Wegs« in Saalfeld nehmen der Totschläger Sascha L. und min­destens zwei weit­ere Neon­azis aus Bran­den­burg an der Hav­el teil.
(Antifa)
11. Mai
Der in Bran­den­burg an der Hav­el wohn­hafte Kad­er der Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland wird wegen Land­friedens­bruch zu ein­er Haft­strafe von vier Monat­en verurteilt. Diese ist auf zwei Jahre Bewährung aus­ge­set­zt. Am 12. Okto­ber 2013 stachelte er in Viereck cir­ca 100 Neon­azis auf, eine Polizeikette zu durch­brechen und die Beamt_innen mit Flaschen und Steinen zu attack­ieren. Bei dem Ver­such, wur­den mehre Polizist_innen ver­let­zt. Der Beschuldigte hat Rechtsmit­tel ein­gelegt, das Ver­fahren ist fol­glich noch nicht abgeschlossen.
(Gegenrede.info, 12. Mai 2015; MAZ, 12. Mai 2015; MOZ, 19. Mai 2015)
15. Mai
Ein in Bran­den­burg an der Hav­el wohn­hafter Kad­er der Freien Kräfte Neu­rup­pin und Osthavel­land nimmt gemein­sam mit sein­er Fre­undin an ein­er ras­sis­tis­chen Demon­stra­tion in Nauen teil. Er fungiert sowohl als Ord­ner und Redner.
(Press­eser­vice Rathenow, 15. Mai 2015)
01. Juni
Die BraMM ruft zu einem weit­eren Spazier­gang auf. An diesem nehmen nur noch 20 Per­so­n­en teil, unter ihnen min­destens vier Neon­azis aus der Havel­stadt und der Totschläger Sascha L.
(Press­eser­vice Rathenow, 01. Juni 2015; AG Antifa, 02. Juni 2015)
05. Juni
Eine junge Frau wird auf­grund ihrer sex­uellen Ori­en­tierung von einem Mann bedro­ht. Er belei­digt sie und ver­sucht sie zu schla­gen. Dies kann sie abwehren.
(Opfer­per­spek­tive)
06. Juni
Min­destens drei Neon­azis aus der Havel­stadt, darunter ein Kad­er der Freien Kräfte Neu­rup­pin und Osthavel­land und seine Fre­undin, nehmen an der Demon­stra­tion »Tag der deutschen Zukun­ft« in Neu­rup­pin teil. Der Kad­er ist unter anderem als Red­ner tätig.
(Press­eser­vice Rathenow, 06. Juni 2015)
26. Juni
Ein in Bran­den­burg an der Hav­el wohn­hafter Kad­er der Freien Kräfte Neu­rup­pin und Osthavel­land nimmt an ein­er neon­azis­tis­chen Kundge­bung in Wittstock/Dosse teil. Er ist hier als »Anti-Antifa«-Fotograf und Red­ner tätig.
(Press­eser­vice Rathenow, 26. Juni 2015)
30. Juni
Der Totschläger Sascha L. wird wegen des Zeigens des »Küh­nen­grußes« zu ein­er Frei­heitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung und zu ein­er Geld­strafe von 300 € verurteilt.
(Press­eser­vice Rathenow, 30. Juni 2015; MAZ, 02. Juli 2015)
01. Juli
Während ein­er antifaschis­tis­chen Gedenkkundge­bung in Neu­rup­pin provozieren cir­ca 20 Neon­azis. Unter diesen befind­et sich ein in der Havel­stadt wohnen­der Kad­er der Freien Kräfte Neu­rup­pin und Osthavel­land und seine Fre­undin. Er ist hier als »Anti-Antifa«-Fotograf tätig.
(Press­eser­vice Rathenow, 01. Juli 2015)
06. Juli
Vor dem Amts­gericht in der Havel­stadt wird gegen den ehe­ma­li­gen NPD-Abge­ord­neten und jet­ziges Parteim­it­glied des neon­azis­tis­chen »III. Weges« wegen des Ver­wen­dens von Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organ­i­sa­tio­nen ver­han­delt. Der Angeklagte wird zu ein­er Geld­strafe von 900 € verurteilt.
(Press­eser­vice Rathenow, 06. Juli 2015; MAZ 15. Juli 2015)
10. Juli
Ein in der Havel­stadt wohnen­der Kad­er der Freien Kräfte Neu­rup­pin und Osthavel­land und seine Fre­undin nehmen an ein­er Kundge­bung der NPD und Freien Kräfte in Nauen teil. Der Kad­er ist als Red­ner, die Fre­undin als Fah­nen­hal­terin aktiv.
(Press­eser­vice Rathenow, 10. Juli 2015)
24. Juli
Nach­dem ein Mann einen 29-jähri­gen Tune­si­er ras­sis­tisch und sex­uell diskri­m­inierend belei­digt, schlägt er auf ihn ein.
(Polizei)
01. August
Bei Kundge­bun­gen des neon­azis­tis­chen »III. Weges« in Dams­dorf und Zossen nehmen min­destens drei Neon­azis aus der Havel­stadt und der Totschläger Sascha L. teil.
(Press­eser­vice Rathenow, 01. August 2015)
06. August
Als Polizist_innen in einem Streifen­wa­gen die Hal­testelle »Fouqès­traße« passieren, hob ein wartender Mann den Arm zum »Küh­nen­gruß«. Die Beamt_innen nah­men die Per­son­alien des 26-Jähri­gen Bran­den­burg­ers auf und erstat­ten Anzeige. Die Kripo ermit­telt wegen des Ver­wen­dens von Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organisationen.
(Polizei, 26. August 2015)
09. August
Min­destens drei Neon­azis aus Bran­den­burg an der Hav­el nehmen an dem Som­mer­fest des neon­azis­tis­chen »III. Weges« in der Uck­er­mark teil.
(Antifa Jugend Brandenburg)
14. August
Im Veilchen­weg skandierte eine Gruppe von Per­so­n­en strafrechtlich rel­e­vante neon­azis­tis­che Parolen. Polizeibeamte nah­men die Per­son­alien auf und erstat­teten Anzeigen.
(Polizei, 14. August 2015)
24. August
Bei ein­er Ver­samm­lung zu ein­er geplanten Notun­terkun­ft für Geflüchtete im Stadt­teil Kirch­mös­er, nimmt min­destens ein Neon­azi teil.
(Antifa Jugend Brandenburg)
27. August
Im Laufe des Tages wird die Face­book­seite »Nein zum Heim in Kirch­mös­er« gegründet.
(Antifa Jugend Brandenburg)
29. August
In der Nacht vom 28. zum 29. August pöbeln zwei Män­ner vor der Notun­terkun­ft in Kirch­mös­er. Die her­beigerufene Polizei kann die Täter nicht ergreifen.
(Antifa Jugend Brandenburg)
29. August
Ein in der Havel­stadt wohnen­der Kad­er der Freien Kräfte Neu­rup­pin und Osthavel­land und seine Fre­undin nehmen an Kundge­bun­gen der NPD in Wusterhausen/Dosse, Wittstock/Dosse und Rheins­berg teil. Der Kad­er ist als »Anti-Antifa«-Fotograf und Red­ner, die Fre­undin als Ban­ner­hal­terin aktiv.
(Press­eser­vice Rathenow, 29. August 2015)
12. Sep­tem­ber
Bei ein­er Kundge­bung der NPD in Bad Belzig nimmt min­destens ein Neon­azi aus der Havel­stadt teil.
(Press­eser­vice Rathenow, 12. Sep­tem­ber 2015)
16. Sep­tem­ber
Bei ein­er Bürger_innenversammlung im Stadt­teil Hohen­stück­en nimmt min­destens ein Neon­azi aus der Havel­stadt teil. The­ma­tisch ging es bei der Ver­anstal­tung um die Errich­tung ein­er Notun­terkun­ft für Geflüchtete.
(Antifa Jugend Brandenburg)
28. Sep­tem­ber
Die Frei­heitliche Liga führt einen Info-Stammtisch in der Havel­stadt durch.
(Antifa Jugend Brandenburg)
30. Sep­tem­ber
Im Laufe des Tages wird die Face­book­seite »Bran­den­burg sagt NEIN zur aktuellen Flüchtlingspoli­tik« gegründet.
(Antifa Jugend Brandenburg)
01. Okto­ber
Im Laufe des Tages wird die Face­book­seite »Nein zum Heim in Bran­den­burg« gegründet.
(Antifa Jugend Brandenburg)
12. Okto­ber
Bei ein­er Ver­anstal­tung zur Errich­tung ein­er Notun­terkun­ft auf dem Gelände der Regat­tas­trecke nimmt min­destens ein Neon­azi teil
(Antifa Jugend Brandenburg)
31. Okto­ber
Die NPD führt mit 29 Per­so­n­en eine Kundge­bung auf dem Park­platz am Neustädtis­chen Markt durch. Unter diesen waren min­destens sieben Per­so­n­en aus der Havelstadt.
(Press­eser­vice Rathenow, 31. Okto­ber 2015)
01. Novem­ber
Der Totschläger Sascha L. nimmt an ein­er asylfeindlichen Demon­stra­tion in Frankfurt/Oder teil. Er trägt das Ban­ner der neon­azis­tis­chen Organ­i­sa­tion »Ein Licht für Deutschland«.
(Presse­di­enst Frankfurt/Oder, 01. Novem­ber 2015)
13. Novem­ber
Ein Jour­nal­ist des Stadtkanals Bran­den­burg wird Auf­grund sein­er Berichter­stat­tung über eine asylkri­tis­che Kundge­bung in Rathenow eingeschüchtert.
(Antifa Jugend Brandenburg)
21. Novem­ber
An ein­er Neon­azidemon­stra­tion in Rema­gen, Rhein­land-Pfalz, nimmt ein in der Havel­stadt wohnen­der Kad­er der Freien Kräfte Neu­rup­pin und Osthavel­land mit sein­er Fre­undin teil.
(Antifa Jugend Brandenburg)
23. Novem­ber
Der AfD-Land­tagsab­ge­ord­nete Stef­fen Königer nimmt an einem »Zukun­fts­di­a­log« zum The­men­bere­ich der Geflüchtete­nun­ter­stützung teil.
(Antifa Jugend Brandenburg)
27. Novem­ber
Auf eine geplante Notun­terkun­ft wird in der Nacht vom 26. auf den 27. Novem­ber ein Bran­dan­schlag verübt.
(MAZ, 27. Novem­ber 2015)

Kategorien
Antifaschismus Flucht & Migration

»Which side are you on?«


Wir sind keine Gruppe von erfahre­nen Anti­ra- Aktivist*innen, son­dern trafen uns vor Kurzem im Zuge der »Willkom­mense­uphorie« und merk­ten schnell, dass uns vor lauter »Helfen« die poli­tis­chen Entwick­lun­gen über­roll­ten. Uns wurde klar, dass ohne eine poli­tis­che Debat­te mögliche Analy­sen und Per­spek­tiv­en fehlten. Die brauch(t)en wir aber, da wir plöt­zlich Arbeit­en und Auf­gaben erledigten, die wir mit einem linksradikalen Selb­stver­ständ­nis nicht vere­in­baren konnten.
Deswe­gen luden wir zu einem Kongress ein. Wir woll­ten disku­tieren. Und das vor allem mit den Migrant*innen sel­ber. Wir woll­ten dieser über­he­blichen Per­spek­tive des »Wir helfen euch Armen« ent­fliehen und die ver­gan­genen wie die aktuellen Kämpfe von Migrant*innen, aber auch unsere eige­nen, in den Mit­telpunkt rück­en und nach den Verbindun­gen dazwis­chen fragen.
Let­ztlich waren über den Tag verteilt 100 teils organ­isierte Leute aus Berlin und Bran­den­burg anwe­send. Der Anteil von Migran­tInnen war für unseren Erfahrung­shor­i­zont recht hoch. Inhaltlich bere­it­eten wir The­sen und Work­shops vor, die in zwei Blöck­en über den Tag hin­weg par­al­lel liefen.
Ein­stiegs­the­sen beim Kongress
1. Die Lagerver­wal­tung der „Refugees“ hat zwei Ziele: Selb­st­bes­timmte Mobil­ität von Migrant*innen zu unterbinden, um sie effizient zu reg­istri­eren und zu kat­e­gorisieren. Gle­ichzeit­ig wer­den sie in einen Sta­tus gezwun­gen (Dul­dung), in dem sie selb­st mobil und flex­i­bel jede Arbeit annehmen müssen. Gelingt ihnen das nicht und es fall­en staatliche Kosten an, dro­ht Abschiebung.
2. Vor 25 Jahren gab es bere­its eine Ver­schär­fung der Asylge­set­ze in Deutsch­land. Die dort erprobten Maß­nah­men wur­den 10 Jahre später mit den Hartz-Geset­zen in der Bre­ite umge­set­zt. Was für die dama­li­gen Asylbewerber*innen an Lebens – Arbeits­be­din­gun­gen galt, sollte später für weite Teile der »unteren Beruf­s­grup­pen« (auch viele radikale Linke) gelten.
3. Wed­er gegen die Asyl­recht­sein­schränkun­gen noch gegen die Hartz-Geset­ze gab es erfol­gre­ichen Wider­stand, denn soziale oder beru­fliche Grup­pen kämpften poli­tisch isoliert voneinan­der: Student*innen gegen die Bedin­gun­gen an der Uni, Hausbesetzer*innen in ihren Immo­bilien, die Erzieher*innen & Lehrer*innen in Schule und Kita, die Industriearbeiter*innen in den Fab­riken, die von Hartz IV Drangsalierten mon­tags auf der Straße, der Einzel­han­del im Super­markt, die Bahner*innen auf dem Bahn­hof und die Migrant*innen gegen Res­i­den­zpflicht, Sachgutscheine, Lager­hal­tung und Abschiebungen.
4. Die aktuelle Sit­u­a­tion stellt uns vor eine ähn­liche Entwick­lung mit dem Unter­schied, dass wir es nicht mit bun­des­deutschen, son­dern mit weltweit­en Ver­schär­fun­gen der Lebens- und Arbeits­be­din­gun­gen zu tun haben.
5. Wir müssen aus den let­zten 25 Jahren viel ler­nen. Zwei Dinge ganz beson­ders: Dieser Staat ken­nt nur die kap­i­tal­is­tis­che Logik. Diese zeigt sich über­all: In Waf­fen­ex­porten, Kriegen, unternehmerisch­er Lagerver­wal­tung von Migrant*innen, in den Refor­men des Bil­dungswe­sens und des Arbeits­mark­tes, … Wir müssen uns klar von dieser Logik der Ver­wal­tung und Inwert­set­zung dis­tanzieren. Wir kön­nen nicht als Verwalter*innen für diesen Staat auftreten. Wir kön­nen uns nur auf Augen­höhe begeg­nen, die zunehmende Ver­schlechterung der Lebens- und Arbeits­be­din­gun­gen in den Mit­telpunkt rück­en und wieder gemein­sam kämpfen.
Work­shops
1. »Expe­ri­ences in self-orga­ni­za­tion in Syrian/Kurdistan«
Die »Refugees« sind keine Opfer. Sie sind Sub­jek­te ihrer Geschichte. Die Anschläge in Paris zeigen die Ausweitung des »War on ter­ror« vom Süden in den Nor­den. Lasst uns aus Syrien ler­nen, wie sich in solchen Zeit­en poli­tisch organ­isieren lässt.
2. »Expe­ri­ences in break­ing through the croa­t­ian border«
Die Erfahrun­gen in Pots­dam zeigen, wie schnell wir in staatliche Struk­turen gezo­gen wer­den. Eine anti­s­taatliche Organ­isierung ist nötig. Die Unter­stützung an der kroat­is­chen Gren­ze set­zte sich expliz­it über staatliche Poli­tik hin­weg. Aber hat diese Art von Poli­tik ein Perspektive?
3. »Migrant House occu­pa­tions — a sub­ver­sive answer or institutionalization?«
Haus­be­set­zun­gen eröff­nen meist autonome Räume. Erfahrun­gen aus Ital­ien zeigen jedoch, dass angesichts mas­siv­er Woh­nungsnot diese Räume nicht per se unab­hängig bleiben.
4. »‘Indus­try of wel­fare’ of DRK, Car­i­tas, AWO and Co.«
Viele Leute ver­suchen poli­tis­che Arbeit mit und für »Geflüchtete« zu leis­ten. Prob­lema­tisch ist, dass sie meist gefan­gen sind zwis­chen dem Zwang Geld zu ver­di­enen und der kom­merziellen Ver­wal­tung von »Geflüchteten«. Die poli­tis­che Hand­lungs­fähigkeit in solchen Struk­turen ist stark begren­zt, nicht wenige ver­aus­gaben sich und vereinzeln.
5. »Admin­is­tra­tion of con­cur­rence — ‘Life’ & Work between ‘Dul­dung’ & Deportation«
Lohnar­beit ist für »Geflüchtete« die einzige Chance dem Dul­dungssta­tus zu entkom­men. Andern­falls dro­ht ihnen die Abschiebung. Zu welchen Arbeits­be­din­gun­gen lassen sich die Leute aus­beuten und was hat dies mit den Arbeitsver­hält­nis­sen all­ge­mein zu tun?
6. Inter­re­gion­al Mobi­liza­tion in the Lager
Abschließend stellt sich die fol­gende Frage: Wie lässt sich mit ver­streuten, mehr oder min­der organ­isierten Grup­pen gemein­sam poli­tisch han­deln? Die Lagerver­wal­tung ist ein über­re­gionaler Mech­a­nis­mus, dem wir nur über­re­gion­al begeg­nen können.
Zusam­men­fas­sung des Feed­backs zum Kongress
Der DIY Charak­ter des Kon­gress­es sollte eine Ansage sein. Wir woll­ten ohne Anträge bei irgendwelchen Stiftun­gen auskom­men und auch ver­mei­den, dass wir uns finanziell ein riesiges Gerüst auf­bauen, was uns dann zu bes­timmten For­men zwin­gen kann. Wir woll­ten sagen: »Hey jede*r kann so einen Kongress ins Leben rufen!«
DIY war aber auch eine Notlö­sung. Die Vor­bere­itungs­gruppe blieb sehr klein und die Pots­damer Szene kon­nte trotz ihrer großen Aktiv­ität inner­halb der »Willkom­mense­uphorie« wed­er in die Vor­bere­itung ein­be­zo­gen noch zur Teil­nahme bewegt wer­den. Dies hat zwei Gründe. Die aktiv­en Leute sind mit Arbeit und Ver­ant­wor­tung über­schüt­tet und find­en keine Zeit für eine poli­tis­che Auseinan­der­set­zung. Und unsere Idee die poli­tis­chen Küchen­tis­che zu mobil­isieren, war eine Illu­sion. Wir verzichteten bewusst auf Ein­ladungs­bünd­nisse, die in unseren Augen nur Mar­ket­ing- oder Lip­pen­beken­nt­nisse sind, son­dern sprachen gezielt Wohnge­mein­schaften an. Wir erhoff(t)en uns eine Debat­te unter kri­tis­chen Men­schen und nicht unter Politiker*innen.
Die Über­set­zung während des Kon­gress­es war für uns die größte Her­aus­forderung und hat nur teil­weise geklappt. Wichtig war mehrsprachig einzu­laden und Englisch als Haupt­sprache zu nutzen. Da ger­ade die älteren Brandenburger*innen, zum Teil aber auch Migrant*innen (die die ganze Zeit drangsaliert wer­den Deutsch zu ler­nen) dies nicht gewohnt sind, mussten wir spon­tan auch andere Lösun­gen find­en. Zwei Dinge haben wir dabei gel­ernt: 1. Eine gut vor­bere­it­ete Mod­er­a­tion ist wichtig, die nicht nur einen Blick für den Inhalt, son­dern vor allem für die Leute in der Runde hat. 2. Alle Men­schen soll­ten sich über ihre (nicht) vorhan­de­nen Sprachken­nt­nisse bewusst sein und im Zweifels­fall Freund*innen mit­brin­gen, die mit­tels »stiller« Über­set­zun­gen in Diskus­sio­nen und Work­shops aushelfen können.
Beim Kongress ist sehr deut­lich gewor­den, dass es ein Bedürf­nis zu disku­tieren gibt. Wir waren über­rascht, wie viele Leute bere­its am Sam­stag Mor­gen teil­nah­men. Die Inhalte der Work­shops stießen auf pos­i­tive Res­o­nanz, wobei die ein­gangs gestell­ten The­sen nur teil­weise inhaltlich bear­beit­et wur­den. Dies hat vor­rangig mit dem »Kom­men und Gehen« über den Tag hin­weg zu tun und führte let­ztlich auch zu ein­er Über­forderung im Abschlussplenum. Teil­weise wurde beklagt, dass wir nicht zielo­ri­en­tiert auf­trat­en, son­dern das Tre­f­fen offen for­mulierten. Wir woll­ten keinen großen Kongress mit Per­spek­tive anbi­eten, son­dern einen »Stich ins Wespennest« wagen. Rück­blick­end hät­ten wir es inhaltlich nicht so bre­it fäch­ern müssen. Deswe­gen spitzen wir nun die uns wichti­gen Punk­te zu. Denn es gibt Redebe­darf, es gibt ähn­liche Kon­gresse und es gibt poli­tis­che Entwick­lun­gen, die wir nicht hin­nehmen werden!
Weit­er im Stoff – die »eigene Rolle« hinterfragen
Lager abschaf­fen!
Aus­gangspunkt unser­er Zweifel und Fra­gen waren die spez­i­fis­che Erfahrung und die Beobach­tun­gen, welche wir an unter­schiedlichen Stellen in Pots­dam machen mussten. Hier zeigte sich zuerst inner­halb der haupt­säch­lich von der linken Szene in weni­gen Tagen aufge­baut­en Außen­stelle der Erstauf­nahme, wie schnell wir in staatliche Struk­turen gezo­gen wer­den und uns plöt­zlich in der Rolle der Knas­tauf­se­her wiederfind­en. Kurz darauf bescherte uns die Diskus­sion um die Errich­tung von Leicht­bauhallen auf dem Gelände des alter­na­tiv­en Kul­turzen­trums frei­Land die bit­tere Erken­nt­nis, dass die Stadtver­wal­tung bewusst dieses Gelände gewählt hat, in der nicht unbe­grün­de­ten Hoff­nung, dass sich die dor­ti­gen Aktiv­en als dankenswerte Steigbügelhalter_innen eines repres­siv­en Asyl­sys­tems erweisen wer­den. Ähn­liche Fälle der Unter­bringung in unmit­tel­bar­er Nähe zu linken Zen­tren wur­den auch aus anderen Städten berichtet.
Von Lagern außer­halb Deutsch­lands ver­mit­telte der Work­shop zu Erfahrun­gen an der kroat­is­chen Gren­ze einen Ein­druck. Was als anti­s­taatliche, gren­züber­windende Aktion begann, wurde schnell von soge­nan­nten Sachzwän­gen bes­timmt. Statt poli­tisch frei agieren zu kön­nen, wurde man immer wieder auf eine rein ver­sor­gende Unter­stützung zurück­ge­wor­fen. Zudem ließ sich in den drei vor Ort besucht­en Lagern fol­gen­des Dilem­ma for­mulieren: Während es auf der einen Seite Lager gibt (bspw. Presova/Slowakei), in dem eine chao­tis­che Lage und schlechte hygien­is­che Sit­u­a­tion herrscht, aber die Migrant*innen eine mehr oder weniger uneingeschränk­te Bewe­gungs­frei­heit haben, existieren auf der anderen Seite Lager (bspw. Dobova/Slowenien), in denen eine erstk­las­sige (auch human­itäre) Infra­struk­tur und grundle­gende Ver­sorgung sich­er gestellt ist. Allerd­ings ist dieses Lager kom­plett mil­i­tarisiert und abgeriegelt. Es gibt keine selb­st­bes­timmte Bewe­gungs- und Handlungsfreiheit.
Unab­hängig von den jew­eili­gen Bedin­gun­gen in Lagern und Heimen erweist sich eine poli­tis­che Mobil­isierung in diesen Struk­turen als kaum durch­führbar. Im Work­shop zur inter­re­gionalen Lager­mo­bil­isierung wur­den dies­bezüglich kon­tinuier­liche Anstren­gun­gen und Mis­ser­folge der let­zten Jahre geschildert. Als beson­dere Hin­dernisse wur­den die oft schw­er erre­ich­bare geografis­che Lage, die Zugangsver­weigerung durch die jew­eili­gen Betreiber, die starke Fluk­tu­a­tion der Bewohner*innen sowie deren prekäre Leben­sum­stände benannt.
Als nahe­liegende Alter­na­tive zur Schaf­fung von freiem, kollek­tivem Wohn­raum gab/gibt es in Pots­dam die Idee leer ste­hende Objek­te ein­er sin­nvollen Nutzung zuzuführen. Dafür wollen wir an bere­its gemachte Erfahrun­gen anknüpfen.
Häuser beset­zen!
Nicht nur in Ital­ien und Frankre­ich wer­den seit Jahren wieder Häuser beset­zt, auch in der BRD gibt es wieder Beset­zun­gen. Die Moti­va­tion hier­für ist jedoch sehr unter­schiedlich. Der Nen­ner scheint die Migra­tion zu sein. Uns war es wichtig, aus der jün­geren Ver­gan­gen­heit zu ler­nen, das »Rad nicht neu zu erfind­en« und vor allem nicht bere­its began­gene Fehler zu kopieren. Hier­für haben wir Erfahrun­gen von ital­ienis­chen Haus­be­set­zun­gen gesam­melt und Leute von der Beset­zung in der Ohlauer Straße (Berlin) eingeladen.
Die ital­ienis­chen Erfahrun­gen lassen sich in drei Strän­gen fassen. 1. Die alten beset­zten Struk­turen sind über­fordert oder existieren nicht mehr. Migrant*innen nutzen seit Jahren die Räum­lichkeit­en, pri­vatisieren diese aber gle­ichzeit­ig. 2. Neue Beset­zun­gen wer­den meist von Linken ini­ti­iert und dann für die Migrant*innen geöffnet. Meist geht es hier um die Legalen, die in Ital­ien den kleineren Anteil unter den Migrant*innen aus­machen. Die Häuser sind offiziell beset­zt, wer­den geduldet und ital­ienis­che Vere­ine übernehmen dann im Ein­klang mit dem Staat/der Stadt die »Ver­wal­tung« der Leute. Das heißt, es gibt Geld vom Staat für die Inte­gra­tion der Asyl­suchen­den. Dies aber nur über den Umweg ital­ienis­ch­er Träger. Diesen Job übernehmen meist die Besetzer*innen, also Sprachkurse, Recht­shil­fe, Beratung, etc. Hier­bei kommt es auch zu Über­schnei­dun­gen mit der Mafia, die eben­falls daran ver­di­ent. 3. Es gibt Armuts­be­set­zun­gen, die oft mit erst kür­zlich ver­armten Italiener*innen, denen nichts anders übrig bleibt, gemein­sam stat­tfind­en, wobei es wed­er eine kollek­tive noch eine wirk­liche poli­tis­che Per­spek­tive gibt. Die Häuser sind oft gut ver­wal­tet und wer­den von staatlicher/städtischer Seite geduldet.
Die Schulbe­set­zung in der Ohlauer Straße in Berlin ist drei Jahr her. Im Zuge des Protest­camps auf dem Oranien­platz wurde auf­grund der Wet­ter­lage eine leer­ste­hende Schule beset­zt. Es wurde ein festes Gebäude zum Schlafen gebraucht. Die Schule wurde beset­zt, der Bürg­er­meis­ter wurde angerufen und mit dem Käl­teschutz-Argu­ment kon­fron­tiert. Das hat funk­tion­iert. Es war eine Dop­pelbe­set­zung. Der Haupt­teil der Schule war als Unterkun­ft gedacht, ein kleiner­er Teil, ein Pavil­lon als poli­tis­ch­er Aktion­sraum. Die Idee ist jedoch nicht aufge­gan­gen, da plöt­zlich über 300 woh­nungslose Men­schen meist in Fam­i­lien­zusam­men­schlüssen kamen, die keinen Beitrag zum vorheri­gen (oder nach­fol­gen­den) poli­tis­chen Kampf leis­teten. Das hat alle kom­plett überfordert.
Die Beset­zung war keine rechtliche, son­dern eine poli­tis­che Frage. Ein Jahr lang wollte der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg Regeln bes­tim­men und ein­führen. Gle­ichzeit­ig hat der Bezirk auf Zus­pitzung und Eskala­tion geset­zt. Das hat funk­tion­iert, es kam zwangsläu­fig zu Stre­it und einem Toten. Im Zuge dessen gab es mehr Secu­ri­ty auf dem Gelände, die die Leute voneinan­der isolierten, vor allem die Aktivist*innen mit deutschem Pass von denen ohne.
Es sollte ein Haus geöffnet und poli­tis­che Grup­pen ein­ge­laden wer­den. Das hat nicht funk­tion­iert. Denn schnell war der Großteil des Haus­es eine Notun­terkun­ft, in der die indi­vidu­ellen Prob­leme der Leute wichtiger waren als die poli­tis­che Dimen­sion, in der sie entste­hen. Let­ztlich haben die Aktivist*innen mit und ohne Migra­tionser­fahrung sehr darunter gelit­ten, weil sie in eine Sit­u­a­tion rutscht­en, die sie nicht mehr unter Kon­trolle hat­ten, aber auch nicht ein­fach aufgeben kon­nten. Ein ähn­lich­es Beispiel des Aus­geliefert­seins an schein­bare Sachzwänge wurde aus Frankre­ich berichtet, wo die Besetzer*innen eines Haus­es, das als Frauen­schutzraum gedacht war, sich let­ztlich unfrei­willig als 24/7‑Einlasskontrolleur*innen wieder­fan­den. Faz­it: Es muss sofort von Anfang an um poli­tis­che Stan­dards gehen. Ein auss­chließlich human­itär­er Anspruch reicht nicht aus! Denn wohin augen­schein­lich »human­itäre« Arbeit ohne poli­tis­chen Anspruch führt, zeigt uns in makabr­er Art und Weise die »Wohlfahrtsin­dus­trie«, die sich derzeit ganz beson­ders an der Ver­wal­tung von Migrant*innen labt.
»Wohlfahrtsin­dus­trie«? Ohne uns!
»Refugees« sind momen­tan ein großes Geschäft: Mil­liar­den Euro fließen in Unter­bringung, Ver­sorgung, Gebäud­ere­ini­gung, Sicher­heits­di­en­ste, Baugewerbe, Ver­wal­tung, Bullen, Aufrüs­tung, Sprachkurse, “Staats-Antifa”, Lehrer*innen, Erzieher*innen, etc.
Viele prof­i­tieren mas­siv von der soge­nan­nten »Flüchtlingskrise«. Viele, nur nicht die Betrof­fe­nen selb­st. Zu den Prof­i­teuren gehören als gemein­nützig eingestufte und pri­vate Träger von »Flüchtlings«unterkünften, z.B. das Diakonis­che Werk, die Arbeit­er­wohlfahrt, die Car­i­tas, das Deutsche Rote Kreuz und andere. Es ist wichtig zu erken­nen, dass es sich hier­bei um Unternehmen han­delt, deren Umsätze in Mil­lio­nen gerech­net wer­den. Jedes einzelne funk­tion­iert mit Hun­dert­tausenden Haup­tamtlichen sowie der Unter­stützung von min­destens eben­so vie­len (meis­tens jedoch mehr) Ehre­namtlichen. Ins­ge­samt arbeit­en für Car­i­tas und Diakonie zusam­men, cir­ca 1 Mil­lion Men­schen. Damit sind sie, nach dem Staat, der zweit­größte Arbeit­ge­ber in Deutsch­land. Dabei schla­gen diese Unternehmen nicht nur aus Frei­willi­gen und Angestell­ten Prof­it, son­dern auch aus den Men­schen, die sie »betreuen«. Solche Ver­bände stellen sich gern als »Wohltäter_innen« dar. Beson­ders aktuell ver­suchen sie als »soziale Versorger_innen« von Migrant_innen zu punkten.
In Bund und Län­dern wer­den derzeit Haushalte über­ar­beit­et, um Geld für die »Bewäl­ti­gung« der soge­nan­nten »Krise« bere­itzustellen. Das Geld wan­dert dann – zumeist über Pauschalen – vom Bund über die Län­der und Kreise zu den Kom­munen. Ver­ant­wortlichkeit­en und Gelder wer­den hin- und hergeschoben bis zur absoluten und schein­bar forcierten Undurch­sichtigkeit. Auch bei der Ver­gabe von öffentlichen Aufträ­gen wird mit­tler­weile auf Auss­chrei­bungs­stan­dards verzichtet. Ein Schelm, wer Vet­tern­wirtschaft unterstellt.
Abge­se­hen von den nur schw­er nachvol­lziehbaren Geld­strö­men fungieren Träger von »Flüchtlings«unterkünften schlicht als ver­längert­er Arm des Staates. Sie erfüllen einen staatlichen Auf­trag, d.h. Lager­hal­tung, Kon­trolle, Repres­sion und Ermöglichung von Abschiebung. Es ist eine Irrtum zu glauben, ein men­schlicher­er Umgang mit den »Geflüchteten« würde daran etwas ändern. Kein*e noch so nette*r Sozialarbeiter*in kann die fehlende Bewe­gungs­frei­heit wett machen oder die Tat­sache kom­pen­sieren, dass Men­schen, die in Deutsch­land als »Geflüchtete« gela­belt wer­den, kaum Rechte haben. Selb­st wenn Men­schen hier im Heim ein paar angenehme Monate haben soll­ten, in Zeit­en von Massen­ab­schiebun­gen ist das nicht von Bedeutung.
Polemisch gesprochen spie­len kom­fort­able Gemein­schaft­sun­terkün­fte mit engagiertem Per­son­al eine noch per­fidere Rolle, denn sie ver­hin­dern im Zweifels­fall, dass sich die Betrof­fe­nen ihrer Ent­mach­tung und Inhaftierung gewahr wer­den und die Kurve kratzen.
Nun ste­hen wir vor ein­er Sit­u­a­tion, in der viele Men­schen, die sich eigentlich linken und linksradikalen Posi­tio­nen verpflichtet fühlen, begin­nen für solche Träger der Wohlfahrtsin­dus­trie zu arbeit­en, in dem Irrglauben, sie täten etwas Gutes.
In diesen Struk­turen ökonomisch abhängig zu arbeit­en, führt zu ein­er krassen Reduk­tion indi­vidu­eller und kollek­tiv­er Handlungsfähigkeit.Ein gle­ich­berechtigtes sol­i­darisches Ver­hält­niss­es der »Betreu­ungsper­son« zu den »zu betreuen­den« Men­schen, in diesem Fall Migrant*innen, ist, struk­turell bed­ingt, nicht möglich.
Neben den ökonomis­chen Vorteilen, welche die staatliche Struk­tur aus den Net­zw­erken von Ehre­namtlichen oder schlecht bezahlten, aber engagierten Angestell­ten zieht, gibt es auch ein großes Inter­esse an dem Wis­sen, das in linken Net­zw­erken und Sup­port­grup­pen vorhan­den ist.
Indem der Staat ehe­mals außer­staatliche oder gar anti­s­taatliche Struk­turen bezuschusst, zum Beispiel durch Pro­jek­t­fonds, und in die regionalen Ver­wal­tungs- oder Bil­dung­spro­gramme ein­bindet, erhält er aus erster Hand Ein­blicke in bes­timmte Zusam­men­hänge, die ihm son­st ver­wehrt bleiben wür­den. Mit der »Staats-Antifa« Ini­tia­tive um das Jahr 2000 wur­den autonome Antifa-Struk­turen ange­grif­f­en und nach­haltig geschwächt. 15 Jahre später haben wir es mit der Neuau­flage dieses Prinzips, sprich mit ein­er »Staats-Antira«-Offensive zu tun.
Die Bild-Zeitung titelt »Refugees Wel­come«, während über Nacht sämtliche Errun­gen­schaften der selb­stor­gan­isierten Kämpfe von Migrant*innen zunichte gemacht wer­den und das repres­sivste Asylge­setz in der Geschichte der BRD ver­ab­schiedet wird. Hun­dert­tausende Frei­willige übernehmen die Erstver­sorgung der Neuank­om­menden und ers­paren den lokalen Behör­den jede Menge Kosten, während die Men­schen von nun an nur entsprechend wirtschaftlich­er Ver­w­ert­barkeit sortiert wer­den sollen. Die Rolle der Sozialarbeiter*innen in diesem Kon­text ist wieder ein­mal Befrieden und Verwertbarmachen.
In der Kon­se­quenz kann die Zielvorstel­lung nur laut­en: Heime und Lager abschaf­fen, Gren­zen öff­nen, Bewe­gungs­frei­heit für alle.
Genau das sind die Forderun­gen, die seit Jahrzehn­ten von selb­stor­gan­isierten Migrant*innengruppen for­muliert wer­den und im gesellschaftlichen Diskurs all­ge­mein, aber auch in inner­linken Debat­ten unge­hört unterge­hen. Viele von uns haben wed­er Ken­nt­nisse über die Selb­stor­gan­i­sa­tion­sstruk­turen noch Kon­tak­te zu Migrant*innen(-gruppen). Demzu­folge muss der erste Schritt auf dem Weg zu einem gemein­samen, sol­i­darischen Agieren jet­zt erst ein­mal die Auseinan­der­set­zung mit den bish­eri­gen migrantis­chen Kämpfen sowie den existieren­den Grup­pen sein.
Wenn sich linke Men­schen trotz­dem entschei­den, in die geschilderte Ver­wal­tungsin­dus­trie einzusteigen, müssen sie sich sowohl der Ver­w­er­tung ihrer Arbeit­skraft und ihres Wis­sens, als auch der möglichen Kon­se­quen­zen für ihre poli­tis­chen Aktiv­itäten bewusst sein. Sozialar­beit ist meis­tens Lohnar­beit zu extrem schlecht­en Bedin­gun­gen, die wiederum zu mis­er­ablen Kon­di­tio­nen in der jew­eili­gen Ein­rich­tung führen. Aus diesem Teufel­skreis kön­nen wir nur aus­brechen, indem die gesamte Logik der staatlichen Flüchtlingsver­wal­tung – und dazu gehört auch die entsprechende Lohnarbeit/Verwertbarmachung des Men­schen – in Frage gestellt wird.
Arbeit ver­weigern!
Hier­bei kom­men wir nicht an der Frage vor­bei: Wie ver­di­ene ich meine Brötchen?
In Vor­bere­itung zu einem Work­shop haben wir Men­schen mit und ohne deutschen Pass zu ihren Möglichkeit­en Geld zu ver­di­enen inter­viewt. Für uns war die These zen­tral: Die Lagerver­wal­tung der »Refugees« hat zwei Ziele: Selb­st­bes­timmte Mobil­ität zu unterbinden, um sie effizient zu reg­istri­eren und zu kat­e­gorisieren. Gle­ichzeit­ig wer­den sie in einen Sta­tus gezwun­gen (Dul­dung), in dem sie selb­st mobil und flex­i­bel jede Arbeit annehmen müssen. Gelingt ihnen das nicht und es fall­en staatliche Kosten an, dro­ht ihnen die Abschiebung.
Wir sprachen länger über das Wech­sel­spiel mit Arbeit­samt und Aus­län­der­be­hörde, welche Arbeitsver­tragszeit­en und Dul­dungszeit­en kop­peln. Teil­weise führt die Bürokratie zu zirkulären Wider­sprüchen, da die Leute ohne Arbeit keine Dul­dung und ohne Dul­dung keine Arbeit bekom­men. Das sind aber nur Ran­der­schei­n­un­gen, konkret geht es darum, dass die Leute alle Jobs annehmen müssen, und die Unternehmen sie jed­erzeit wieder loswer­den kön­nen. Anders als bei Deutschen, die dann ein­fach wieder zum Amt gehen (oft weil sie das Sys­tem auch bess­er ken­nen) sind die Migrant*innen durch ihren Dul­dungssta­tus zur Arbeit gezwun­gen. Ersche­inst du nicht auf Arbeit, wird die Dul­dung nicht verlängert.
Das ist aber nur die eine Seite. Über­raschend und neu waren für uns die Dimen­sio­nen der Ille­gal­ität. Sowohl bei der Reg­istrierung als auch bei der Job­suche. Das ist sicher­lich kein neues Phänomen, aber es drängt sich die Frage auf, die wir auch an uns sel­ber stellen kön­nen. In die Ille­gal­ität zu gehen bedeutet in die völ­lige Vere­inzelung unterzu­tauchen. Eine Tat­sache, die auch Linke, wenn auch auf ein­er anderen Ebene, ken­nen. Wie sollen vere­inzelte Leute kämpfen?
Die Antwort müsste laut­en: Indem sie über ihren All­t­ag über­haupt mal reden!
All­ge­mein glauben die betrof­fe­nen Men­schen, dass sie durch­hal­ten müssen, wenn nötig auch über Jahre, irgend­wann wird es bess­er. Die Deutschen denken dabei oft an Kar­ri­ereleit­ern, Migrant*innen ans schlichte Über­leben und das bedeutet Geld zu verdienen.
Doch dieser Durch­hal­tewil­le ist eine Selb­st­täuschung. Die derzeit­ige Poli­tik von EU und BRD ver­fol­gt keinen vorge­fer­tigten Plan und ist zugle­ich auch kein Ver­sagen gegenüber Krisen­er­schei­n­un­gen. Vielmehr zeigt sich eine Trans­for­ma­tion des poli­tisch-ökonomis­chen Sys­tems, zu der man sich nicht nicht ver­hal­ten kann. Die stat­tfind­en­den Verän­derun­gen drän­gen jede*n von uns zu ein­er klaren Posi­tion­ierung – »Neu­tral­ität« ausgeschlossen.
Es wäre ein guter Zeit­punkt mal wieder gemein­sam nach dem »Oben« und »Unten« zu fra­gen und (ger­ade als Linke) unser Ver­hält­nis zum Staat zu hinterfragen.
Eure Vor­bere­itungs­gruppe »M. Pit­sow« — Jan­u­ar 2016

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Law & Order

Blockade verhindert Neonaziaufmarsch durch Beeskow

INFORIOT Der erste Auf­marsch im Jahr begann für die Neon­azis in Beeskow mit ein­er großen Pleite. Am let­zten Son­ntag block­ierten Antifaschist_innen die Neon­azidemon­stra­tion. Später hiel­ten sie eine kleinere Kundge­bung am Beeskow­er Mark­t­platz ab. Dabei kam es zu einem Über­griff auf einen Gegendemonstranten.

Blockade in Beeskow lässt Nazis nicht durch die Stadt. Bild: Presseservice Rathenow
Block­ade in Beeskow lässt Nazis nicht durch die Stadt. Bild: Press­eser­vice Rathenow

Brauner Schul­ter­schluss kommt nicht gegen Block­ade an
Unter dem Mot­to “Stopp den Asyl­wahn” hat­te die ras­sis­tis­che Face­book-Ini­tia­tive “Beeskow wehrt sich” für den 3. Jan­u­ar eine Demon­stra­tion durch die Kreis­stadt Beeskow (Oder-Spree) angekündigt. Dem Aufruf fol­gten Neon­azis der Kle­in­st­partei “Der Dritte Weg”, aber auch Vertreter_innen der NPD und der Partei “Die Rechte”. Kurz nach 15 Uhr sollte der Auf­marsch nach ein­er kleinen Ansprache des Anmelders und “Dritte Weg”-Kaders Michael Fis­ch­er vom Bahn­hof Beeskow starten. Dazu kam es jedoch nicht, denn knapp 50 Antifaschist_innen block­ierten in der Bahn­hof­sstraße die Route, die in die Innen­stadt führen sollte. Einige Meter weit­er hiel­ten außer­dem 30 Aktivist_innen vom Bünd­nis “Beeskow gegen Ras­sis­mus” eine Kundge­bung ab.
Der "III.Weg" auf der Auftaktkundgebung der Nazis. Bild: Presseservice Rathenow
Der “III.Weg” auf der Auf­tak­tkundge­bung der Nazis. Bild: Press­eser­vice Rathenow

Auf Grund der Block­ade lösten die Neon­azis ihre Ver­samm­lung nach etwa ein­er hal­ben Stunde am Beeskow­er Bahn­hof auf. Ein Großteil der Demon­stra­tion lief unkon­trol­liert und grölend zur antifaschis­tis­chen Block­ade in der Bahn­hof­sstraße. Es kam zu Pöbeleien. Die Polizei griff jedoch nicht ein. Die Neon­azis ver­sucht­en anschließend auf ver­schiede­nen Wegen in Rich­tung Mark­platz zu gelangen.
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Aggres­sive Kundge­bung auf dem Marktplatz
Gegen 16.30 Uhr hat­ten sich inzwis­chen etwa 30 der zuvor 50 Neon­azis zu ein­er spon­ta­nen Kundge­bung auf den Beeskow­er Mark­t­platz ver­sam­melt. Dort sprach die NPDlerin Manuela Kokott. Kokott nahm kein Blatt vor den Mund und het­zte nicht nur gegen Asyl­suchende, son­dern auch direkt gegen einige Gegendemonstrant_innen, die den Weg zum Mark­t­platz gefun­den hat­ten und ihren Unmut über die ras­sis­tis­chen Aus­fälle der Red­ner­in Kund tat­en. Über das Mikro­fon beschimpfte Kokott einen Gegen­demon­stran­ten und forderte ihn auf, doch “her zu kom­men”. Als sich dieser der Neon­azikundge­bung näherte, wurde er von Kokotts Lebens­ge­fährten Frank Odoy, eben­falls bei der NPD, erst geschubb­st und dann geschla­gen. Weit­ere Naziord­ner strömten in schnelleren Schritt auf den Gegen­demon­stran­ten zu. Die Polizei, die in Beeskow mit ein­er Hun­dertschaft im Ein­satz war, griff nur zöger­lich ein. Der Gegen­demon­strant wurde vom Platz geschickt.
Manuela Kokott auf der späteren Kundgebung auf den Marktplatz. Bild: Presseservice Rathenow
Manuela Kokott auf der späteren Kundge­bung auf den Mark­t­platz. Bild: Press­eser­vice Rathenow

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Antifaschismus

Antifa in der Krise? – Diskussionsbeitrag der Antifa Jugend Brandenburg

In den ver­gan­genen Monat­en lösten sich etliche große Antifazusam­men­hänge auf und es kon­nte viel darüber gele­sen wer­den, dass sich die antifaschis­tis­che Bewe­gung in der Krise befind­et. Nahezu aus­nahm­s­los wird diese Diskus­sion nur in größeren Städten geführt, wobei allen klar sein muss, dass ger­ade außer­halb von Großstädten die Sit­u­a­tion mit der in den Städten nur schw­er ver­gle­ich­bar ist und es für viele Dor­fan­tifas, zu denen wir uns auch zählen, ein Schlag ins Gesicht war.
Die Sit­u­a­tion in den Großstädten aus Sicht der Dorfantifas
Für viele ist ger­ade Berlin oder auch Leipzig ein großes Vor­bild, sobald es neon­azis­tis­che Aktiv­itäten gibt, wird gehan­delt. Neon­azi­aufmärsche wer­den block­iert. Diese Sit­u­a­tion hat sich jedoch in den ver­gan­genen Monat­en deut­lich geän­dert, Neon­azis und Rassist_innen gehen in die Rand­bezirke von Berlin und haben dort immer leicht­es Spiel, denn viele berlin­er Antifaschist_innen ver­lassen die eigene Wohlfüh­lzone, diese endet häu­fig am S‑Bahn-Ring, nur sel­ten. Gle­ichzeit­ig beobacht­en wir, dass zahlre­iche Antifaschist_innen aus dem Land Bran­den­burg nicht nur immer und immer wieder nach Berlin fahren son­dern auch quer durch das Land Bran­den­burg um Proteste gegen Neon­azis und Rassist_innen zu unter­stützen. Dieses sol­i­darische Ver­hal­ten muss sich auf die Men­schen in Berlin über­tra­gen, denn nur durch eine gelebte Sol­i­dar­ität kann ver­hin­dert wer­den, dass die Dör­fer und Städte im Land Bran­den­burg nach und nach aufgegeben wer­den müssen.
Durch die starke antifaschis­tis­che Szene inner­halb des S‑Bahn-Rings und teil­weise gefährliche Sit­u­a­tion in zahlre­ichen Gemein­den und Städten im Land Bran­den­burg, ziehen immer mehr antifaschis­tis­che und links­gerichtete Per­so­n­en nach Berlin. Sie tun dies nicht nur in der Hoff­nung sich­er zu sein, son­dern auch um poli­tisch weit­er voran zu kom­men, das Gegen­teil ist häu­fig zu beobacht­en. Die Men­schen ver­sack­en in den Szenelokalen, während in ihren Heimat­städten wöchentlich Neon­azis und Rassist_innen auf die Straße gehen und Geflüchtete ange­grif­f­en wer­den. Gle­ichzeit­ig lähmt sich die Szene durch interne Rich­tungsstre­it­igkeit­en. Zwar sind Diskus­sio­nen notwendig und müssen geführt wer­den, dies ist jedoch häu­fig ein Priv­i­leg von Großstädten. Wir wollen jedoch die Szenen in Berlin, Leipzig und anderen Städten jedoch nicht all­ge­mein schlecht machen, denn es gibt immer wieder Grup­pen, die regelmäßig die Home­zone ver­lassen und ländliche Struk­turen unterstützen.
Des Weit­eren wurde vor kurzem eine neue Debat­te mit dem Spruch „Die Zeit der Sitzblock­aden ist vor­bei“ aufgemacht. Diese Forderung kann sicher­lich vere­inzelt unter­stützt wer­den, jedoch muss die Wahl der poli­tis­chen Mit­tel auch immer an die Sit­u­a­tion vor Ort angepasst wer­den. Es darf nicht vergessen wer­den, dass ger­ade Sitzblock­aden in vie­len ländlichen Regio­nen eine gute Möglichkeit sind, um effek­tiv gegen Neon­azi­aufmärsche aktiv zu wer­den. Sie bieten gute Anschlussmöglichkeit­en für gemäßigte oder bürg­er­liche Antifaschist_innen, die in Klein- und Mit­tel­städten bei Protesten unverzicht­bar sind.
Die Sit­u­a­tion in Bran­den­burg an der Hav­el und den umgeben­den Gemeinden
Richt­en wir den Blick auf Bran­den­burg an der Hav­el, ein­er Stadt mit rund 71.000 Einwohner_innen, scheint die Sit­u­a­tion nicht unbe­d­ingt schlecht. Es gibt zwar keine wirk­lichen alter­na­tiv­en, selb­stver­wal­teten Häuser oder Räume, wie sie in anderen bran­den­bur­gis­chen Städten zu find­en sind, trotz­dem existiert seit den 1990er Jahren eine kon­tinuier­liche antifaschis­tis­che Bewe­gung. Diese ist zwar nicht auf einem gle­ich­bleiben­den Niveau aktiv, trotz­dem ist sie immer da. Ger­ade durch diese per­ma­nente Arbeit gelang es über die let­zten Jahre hin­weg die ver­schiede­nen neon­azis­tis­chen Struk­turen immer wieder zurück­zu­drän­gen. Zu Beginn des Jahres 2015 waren Antifaschist_innen aus der Havel­stadt mit vier aufeinan­der­fol­gen­den ras­sis­tis­chen Aufmärschen des lokalen PEGI­DA-Ablegers BraMM (Bran­den­burg­er für Mei­n­ungs­frei­heit und Mitbes­tim­mung) kon­fron­tiert und hier zeigte sich ein stark eingeschränk­ter Hand­lungsspiel­raum. Es war eine bit­tere Erken­nt­nis, dass es keine entsprechende Reak­tion auf bis zu 150 Rassist_innen die durch die Straßen marschierten gegeben hat.
Je weit­er wir in die ländlichen Regio­nen fahren, umso schwieriger wird die Sit­u­a­tion. Zum einen wer­den junge Men­schen sel­ten poli­tisiert, da wed­er linke Struk­turen noch etablierte Parteien vor Ort sind und zum anderen find­en sich dort häu­fig Vorurteile gegenüber Geflüchteten und emanzi­pa­torisch­er Poli­tik. Gle­ichzeit­ig dienen kleine Dör­fer häu­fig Neon­azis als Rück­zugsräume. Sich in kleinen Dör­fern als links erken­nen zu geben, geht häu­fig mit Prob­le­men ein­her und eben darum müssen wir genau diese jun­gen Men­schen unter­stützen und ihnen zeigen, dass sie nicht alleine sind.
Eigene Akzente setzen
Wir sind der fes­ten Überzeu­gung, dass es nicht sin­nvoll ist, immer nur den ras­sis­tis­chen und neon­azis­tis­chen Demon­stra­tio­nen und Kundge­bun­gen hin­ter­her zu reisen und auf diese zu reagieren, wenn eine antifaschis­tis­che Inter­ven­tion sowieso keine Aus­sicht auf Erfolg hat. Eine Begleitung dieser Kundge­bun­gen und Demon­stra­tio­nen aus Recherchezweck­en ist jedoch weit­er­hin sin­nvoll und notwendig.
Eine starke antifaschis­tis­che Bewe­gung muss eigene Akzente set­zen, sie muss aktiv Poli­tik betreiben und für inter­essierte Men­schen einen Anlauf­punkt bilden. Um Men­schen wieder in die Szene zu bekom­men, beziehungsweise kon­sumori­en­tierte Antifaschist_innen wieder aus ihrer Wohlfüh­lzone her­auszu­holen, sind poli­tis­che Ange­bote unverzicht­bar. Aus diesem Grund haben wir uns dafür entsch­ieden nicht nur am Todestag von Sven Beuter eine antifaschis­tis­che Demon­stra­tion in der Havel­stadt zu organ­isieren, son­dern diese mit ein­er Kam­pagne zu umgeben. Dadurch wollen wir genau die Leute ansprechen, die sich engagieren wollen, die keine Lust mehr haben ein­fach nur auf der Couch zu sitzen und sich über die aktuellen Zustände zu echauffieren, son­dern aktiv wer­den möcht­en. Wir sehen die Demon­stra­tio­nen als ein klares Sig­nal an alle Dor­fan­tifas nicht aufzugeben und weit­er aktiv für eine bessere Welt zu kämpfen. Wir hof­fen, dass sich anderen Struk­turen im Land dem anschließen und antifaschis­tis­che und linke Poli­tik wieder etablieren.
Aus­blick
Strate­giediskus­sio­nen sind notwendig um angemessen auf neue Entwick­lun­gen reagieren zu kön­nen, doch sie dür­fen nicht dazu führen, dass die Aktions­bere­itschaft, ger­ade im Bezug auf Berlin­er Randge­bi­ete und den bran­den­bur­gis­chen Out­back, sinkt. Neue Strate­gien nutzen nichts, wenn sie nur par­tiell umge­set­zt wer­den, da an anderen Orten ein­fach zu wenig Aktivist_innen vorhan­den sind. Auch die Absage an alte, aber ger­ade auf dem Dorf wirk­same, Aktions­for­men wie Sitzblock­aden, darf nicht abso­lut sein. Es gab und wird wahrschein­lich nie eine Aktions­form geben, die zu jed­er Sit­u­a­tion passt. Flex­i­bil­ität und Sol­i­dar­ität sind pro­bate Mit­tel, die genutzt wer­den müssen. Es kann auch nicht nur darum gehen ein Event zu organ­isieren, damit organ­isierte Grup­pen aus größeren Städten anreisen. Wir brauchen auch Unter­stützung bei Kundge­bun­gen und Mah­nwachen, denn manch­mal sind diese Aktions­for­men diejeni­gen, welche sich für die Gegeben­heit­en vor Ort am besten eignen.
Ger­ade im havel­ländis­chen Rathenow marschieren alle zwei Wochen 500 bis 600 Rassist_innen und Neon­azis. Der bürg­er­liche Protest schafft es ger­ade mal 200 Men­schen zu mobil­isieren. Nun ist es in diesem Fall ein­fach unre­al­is­tisch, Block­aden als Aktions­form zu disku­tieren. Dies liegt haupt­säch­lich an den örtlichen Begeben­heit­en. Gle­ichzeit­ig wäre es ein starkes Sig­nal, wenn organ­isierte Grup­pen gemein­sam mit Men­schen vor Ort eine gemein­same Demon­stra­tion organ­isieren oder die angemelde­ten Kundge­bun­gen unter­stützen. Antifaschist_innen müssen dahin gehen, wo es den Neon­azis und Rassist_innen wehtut und wo es auch gefährlich sein kann, denn Geflüchtete und Dor­fan­tifas leben genau in diesen Städten und Regionen.
Kommt in die Prov­inz und unter­stützt die lokalen Antifaschist_innen!
Sol­i­dar­ität muss prak­tisch werden!

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Law & Order

Oranienburg: AbendspaziergängerInnen gehen auf Gegendemonstrant_innen los

INFORIOT Zum Jahrestag der ras­sis­tis­chen „Abendspaziergänge“ eskalierte es in Oranien­burg. Sowohl aus der Demon­stra­tion her­aus, als auch nach der Demon­stra­tion gin­gen die Abendspaziergän­gen­gerIn­nen auf Gegendemonstrant_innen los.

Rassistische Demonstration in Oranienburg. Bild: Sören Kohlhuber
Ras­sis­tis­che Demon­stra­tion in Oranien­burg. Bild: Sören Kohlhuber

Schein­bar neue Demonstrationsleitung
Mit knapp 200 Per­so­n­en war der heutige achte „Abendspazier­gang“ der schlechtbe­sucht­este Auf­marsch in Oranien­burg. Anders als die Aufmärsche zuvor, änderten die Organ­isatorIn­nen den Ablauf der asylfeindlichen Demon­stra­tion. Anstatt mit den Reden des ver­meintlichen JN Mit­glieds Mar­tin Ulbrecht und des Anmelders Car­lo-Eik Christopeit zu begin­nen, wurde auf die Auf­tak­tre­den verzichtet. Stattdessen begrüßte die Zehdenick­erin Nicol Schwarze die „Abendspaziergän­gerIn­nen“. Schon seit dem let­zten Auf­marsch kur­sierte die Ver­mu­tung, dass die Demon­stra­tionsleitung gewäch­selt hat. Schwarze scheint eine NPD-Sym­pa­thisan­tin zu sein. Auf ihrer Face­book-Seite teilt sie Beiträge der NPD Ober­hav­el und liked gle­ichzeit­ig Beiträge auf der Seite des Kreisver­ban­des. Schwarze trat in der Ver­gan­gen­heit mehrfach als Red­ner­in auf den „Abendspaziergän­gen“ auf.
Nicol Schwarze beim Auftakt der Demonstration. Bild: Sören Kohlhuber.
Nicol Schwarze beim Auf­takt der Demon­stra­tion. Bild: Sören Kohlhuber.

NPD mis­cht weit­er­hin mit 
An der Demon­stra­tion nah­men, wie üblich, eine Vielzahl von NPD-Mit­gliedern und ‑Verord­neten teil. Direkt an dem Front­trans­par­ent lief der Oranien­burg­er Stadtverord­nete Reimar Leib­n­er. Der Ober­havel­er NPD-Kreisvor­sitzende Burkhard Sah­n­er betreute die Tech­nik auf der Abschlusskundge­bung. Auch der Kremmen­er Stadtverord­nete Björn Beuchel lief in der Demon­stra­tion mit, sowie u.a. weit­ere NPDler wie Robert Wolin­s­ki, Robert Weg­n­er, Hen­ry Prang, Mar­co Fichte und Maik Nau­mann. Wie schon die let­zten Demon­stra­tion im Novem­ber hat­te die NPD ein Trans­par­ent mit­ge­führt zur aktuellen asylfeindlichen Kam­pagne „Asyl­be­trug stoppen“.
„Iden­titäre Aktion“ auch in Oranienburg
Erst­mals nahm auch die “Iden­titäre Aktion” an der Demon­stra­tion in Oranien­burg teil. Eine kleinere Gruppe führte eine Fahne der Iden­titären mit sich. Auf der Abschlusskundge­bung hielt eine Per­son der Iden­titären einen Rede­beitrag ab. Die gle­iche Per­son sprach bere­its ver­gan­genen Sonnabend in Straus­berg. Die “Iden­titäre Aktion” hat in einem Pod­cast auf Youtube angekündigt, eine „Märkische Offen­sive“ für das Jahr 2016. In den Städten Luck­en­walde, Neu­rup­pin und Cot­tbus sollen Aktio­nen folgen.
"Identitäre Aktion" in Oranienburg. Bild: Sören Kohlhuber.
“Iden­titäre Aktion” in Oranien­burg. Bild: Sören Kohlhuber.

Unfrei­williger Spendenlauf
Zum zweit­en Mal ver­anstal­tete das Forum gegen Ras­sis­mus und rechte Gewalt Oranien­burg einen Spenden­lauf. Unfrei­willig sam­melten die „Abend­spziergän­gerIn­nen“ mit ihrem Auf­marsch Spenden an Willkom­mensini­tia­tiv­en vor Ort. Anders als bei dem Auf­marsch im Novem­ber, wurde die Aktion in der Öffentlichkeit bre­it­er angekündigt. Bei dem let­zten Spenden­lauf wur­den 900€ gesam­melt. An diesem Mittwoch bastelte das Forum satirische Plakate, die die “Abendspaziergän­gerIn­nen” zum Laufen anfeuern sollten.
Schilder sollten die "AbendspaziergängerInnen" zum Spendenlauf anfeuern. Bild: Sören Kohlhuber,
Schilder soll­ten die “Abendspaziergän­gerIn­nen” zum Spenden­lauf anfeuern. Bild: Sören Kohlhuber,

Aggres­sive Stim­mung eskalierte 
Vor Beginn der Demon­stra­tion zeigten zwei Per­so­n­en, an dem Asia Imbiss gegenüber des Antreteplatz, den Hit­ler­gruß. Nur ein­er davon wurde durch die Polizei zur Ken­nt­nis genom­men. Sie nah­men die Per­son­alien des Mannes auf. Auf der Höhe der Volks­bank in der Bernauer Straße kam es dann zu mehreren Schub­sereien. Aus der Demon­stra­tion her­aus gin­gen die „Abendspaziergän­gerIn­nen“ auf die Gegendemonstrant_innen los und ver­sucht­en ihnen Plakate zu entreißen. Auf den Rück­weg zur Abschlusskundge­bung gab es weit­ere Angriffe auf Gegendemonstrant_innen. An mehreren Stellen, u.a. am Louise-Hen­ri­et­ten-Steg griff die Polizei ein und nahm Per­son­alien der Angreifend­en auf.
Demon­stra­tionsof­fen­sive in Oberhavel
Indes erweit­ern die „Abendspaziergänge“ ihren Aktion­sra­dius im Land­kreis Ober­hav­el aus. Für den kom­menden Fre­itag soll erst­mals in Fürsten­berg eine asylfeindliche Demon­stra­tion stat­tfind­en, nach­dem das neon­azis­tis­che Net­zw­erk bere­its nach Zehdenick und Vel­ten expandiert hat­te. Erst let­zten Fre­itag fand die vierte Demon­stra­tion mit mehr als Hun­dert Teil­nehmerIn­nen in Zehdenick statt. Für den 7. Jan­u­ar ist ein weit­er­er Auf­marsch in Vel­ten angekündigt. Laut der Face­book-Seite der NPD Ober­hav­el sollen außer­dem Aufmärsche in Hen­nigs­dorf und Krem­men folgen.
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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Flucht & Migration

Cottbus 25 Jahre nach der Wende – Willkommen in den 90’ern (?)

Im Fol­gen­den geben wir unsere Ein­schätzung zu den ver­gan­genen zwei Monat­en in Cot­tbus wieder. Unser Text ist zuerst in der Blick­licht (Aus­gabe Dezem­ber 2015) erschienen. Er soll es ermöglichen einen groben Überblick zu bekom­men wie es zur Zeit in Cot­tbus aussieht. Einen Anspruch auf Voll­ständigkeit erheben wir dabei nicht.
Da es momen­tan nicht mehr jede Woche eine rechte Ver­anstal­tung im Stadt­ge­bi­et gibt, scheint die Lage bis zum Jahreswech­sel rel­a­tiv entspan­nt zu bleiben. Wir haben allerd­ings Grund zur Annahme das mit dem neuen Jahr eine neue Welle rechter Mobil­isierung auftreten wird. Organ­i­sa­tio­nen wie die AfD oder Zukun­ft-Heimat wer­den weit­er­hin Süd­bran­den­burg als Spielplatz für ihre Het­ze miss­brauchen wollen.
Antifaschis­tis­ch­er Lage­bericht – Okto­ber und Novem­ber 2015
Cot­tbus am 09. Okto­ber 2015: 400 Leute ver­sam­meln sich auf dem Nor­ma Park­platz in Sach­sendorf und zogen vor die Erstauf­nah­meein­rich­tung in der Poz­nan­er Straße, wo ein Willkom­mensfest stat­tfand. Eine Sit­u­a­tion, die die Erin­nerun­gen an die Pogrome von 1992 wachrief. Unter diesen 400 waren organ­isierte und unor­gan­isierte Neon­azis sowie ein bre­it­er Schnitt durch die Cot­tbuser Gesellschaft. Einige Per­so­n­en bracht­en selb­st ihre Kinder mit.
In den fol­gen­den Tagen wurde vor allem auf Face­book die Stim­mung gegen Geflüchtete weit­er ange­heizt und die NPD meldete für den darauf fol­gen­den Fre­itag ihre erste Demon­stra­tion in Sach­sendorf an. Die Vere­in­nah­mung des Protestes durch die neon­azis­tis­che Partei spal­tete die aufkeimende Bewe­gung. Etwa 400 Per­so­n­en trafen sich am 16.10. um 18 Uhr bei NORMA, an ihre Spitze set­zte sich der Reichs­bürg­er Rico Hand­ta aus Großräschen. Nur etwa die Hälfte von ihnen ver­suchte später um 19 Uhr noch an der NPD-Demon­stra­tion auf der Gelsenkirch­en­er Allee teilzunehmen.
Der Aus­gangspunkt für die neue ras­sis­tis­che Mobil­isierung in Cot­tbus war die Ankündi­gung „1000 Flüchtlinge in 72 Stun­den“ Tat­säch­lich kamen in den näch­sten Tage nicht ein­mal 100 Per­so­n­en. Trotz des schnellen Auf­baus eines bre­it­en Sol­i­dar­ität­snet­zw­erks löste die Kris­enin­sze­nierung bei einem Teil der Cot­tbuser Bevölkerung sehr viel Unruhe und Angst aus.
Seit Anfang Okto­ber wird nun auch hier öffentlich gegen Geflüchtete mobil gemacht. In nicht ein­mal zwei Monat­en wur­den in Cot­tbus und Umge­bung 18 Ver­samm­lun­gen durchge­führt. Die recht­en Parteien NPD und AfD ver­suchen aus der ras­sis­tis­chen Stim­mung Kap­i­tal zu schla­gen und auch ein „Reichs­bürg­er“ ver­sucht die Stim­mung für das eigene Image zu instru­men­tal­isieren. Um nicht den Überblick zu ver­lieren, haben wir im Fol­gen­den eine Über­sicht der Akteure in Cot­tbus erstellt.
NPD
Die NPD ist mit ihren jährlichen als Gedenken getarn­ten Aufmärschen zum 15. Feb­ru­ar in Cot­tbus gescheit­ert und sucht neue poli­tis­che Ent­fal­tungsmöglichkeit­en. Die Partei kon­nte durch langjährige und kon­se­quente antifaschis­tis­che Arbeit immer wieder als Neon­azi-Organ­i­sa­tion offen­gelegt wer­den. Sie hat inzwis­chen einen so schlecht­en Ruf, dass sie ihre Kam­pag­nen „Nein-zum-Heim“ bzw. „Stadt XY wehrt sich“ als ver­meintlich unab­hängi­gen Bürg­er­protest tar­nen muss. Die NPD ver­sucht gezielt über das The­ma „Flüchtlinge“ eine bre­it­ere Masse anzus­prechen. Sie möchte bürg­er­lich und durch das Auftreten ehe­ma­liger JN-Kad­er jünger wirken.
Für Cot­tbus hat der NPD-Kad­er Ron­ny Zasowk das Ziel aus­gegeben, alle zwei Wochen einen Auf­marsch in Sach­sendorf zu machen bis die Erstauf­nah­meein­rich­tung geschlossen wird. Das Equip­ment, die Ordner*Innen und Redner*Innen bei den bish­eri­gen Demon­stra­tio­nen wur­den von auswär­ti­gen NPD-Struk­turen gestellt. Zasowk selb­st stammt zwar aus Cot­tbus, doch ist er vor allem auf Bun­de­sebene aktiv und nur noch sehr sel­ten in Cot­tbus zu sehen. Die Organisator*innen und Red­ner kamen bis jet­zt vor allem von Auswärts. So waren vor allem bekan­nte Gesichter und NPD-Kad­er wie Ben­jamin Mertsch, Markus Noack, Ste­fan Lux, Oliv­er Schier­ack und der verurteilte Neon­azi und Totschläger Alexan­der Bode aus Guben anzutr­e­f­fen. Die stumpfe recht­sradikale Rhetorik und Parolen wie „Wir wollen keine Asy­lanten­schweine“ wirk­ten bei den bei­den ersten Aufmärschen offen­bar schon so abschreck­end auf parteifremde Teilnehmer*innen, dass viele die Demon­stra­tion bere­its vor der Abschlusskundge­bung wieder ver­ließen. Der Gebrauch von Reichs­fah­nen und das teil­weise aggres­sive Auftreten tat­en ihr übriges.
Reichs­bürg­er
Diejeni­gen, die sich mit ihren „Sor­gen“ nicht der NPD anschließen woll­ten, blieben am 16.10. bei NORMA. Hier wur­den sie allerd­ings mit dem Reichs­bürg­er Rico Hand­ta aus Großräschen kon­fron­tiert. Dieser ist u.a. in die Organ­i­sa­tion der selb­ster­nan­nten „Mon­tags­demos“ in Großräschen involviert, wo sich wöchentlich ca. 100–150 Neon­azis und Wut­bürg­er zusam­men find­en. In ein­er ein­stündi­gen Kundge­bung wird dort gegen die beste­hende Asylpoli­tik und gegen den Antifaschis­mus gewet­tert. Hand­ta hat, wie die NPD, das Ziel aus­gegeben, sich alle zwei Wochen Fre­itags in Cot­tbus zu ver­sam­meln, doch ver­legte er mit seinen Anhängern zum 06.11. auf den Alt­markt in die Innen­stadt. Sowohl räum­lich als auch inhaltlich hat er sich von dem ursprünglichen Protes­tanlass schnell gelöst. Ihm geht es vor allem um die Ver­bre­itung der These, dass das Deutsche Reich fortbeste­ht. Seine Ver­schwörungs­the­o­rien ver­mis­chen sich immer wieder mit verkürzter Kap­i­tal­is­muskri­tik und PEGI­DA-Parolen sowie Anek­doten über seinen Umgang mit der Stadtver­wal­tung, wo er sich schein­bar abwech­sel­nd auf Recht der BRD oder des Deutschen Reich­es beruft Hand­ta ist ein umtriebiger Aktivist in der Reichs­bürg­er-Szene und hat schon in der Ver­gan­gen­heit jede mögliche Bühne genutzt. Er selb­st beze­ich­net sich als „links“, doch hält ihn dies nicht davon ab, in Cot­tbus mit Neon­azis zusam­men­zuar­beit­en. Der Per­so­n­enkreis der Demoor­gan­i­sa­tion ist nahezu deck­ungs­gle­ich mit den­jeni­gen, die bere­its im Feb­ru­ar 2015 den Cot­tbuser PEGI­DA-Ableger „Cogi­da“ organ­isiert haben. Eine ein­heitliche und kose­quente poli­tis­che Lin­ie ist bei Hand­ta nicht zu erken­nen. Seine bish­eri­gen Bünd­nis­part­ner lassen allerd­ings den Schluss zu, dass er ein klas­sis­ch­er Vertreter der Quer­front-Strate­gie ist. Preußen- und umge­dreht­en Deutsch­land­fah­nen prä­gen das Bild der 14-tägi­gen Kundge­bun­gen wobei die Mobil­isierung vor allem über Face­book erfolgt.
AfD
Wenn es um Wähler*innenfang mit Ras­sis­mus geht, darf die AfD nicht fehlen. Auch sie kündigte zum ersten Mal am 26.10. einen „Bürg­er­dia­log“ im Stadthaus an, um zum „Wider­stand gegen das Asylchaos“ aufzu­rufen. Dazu wurde die Vor­sitzende der AfD Sach­sen Frauke Petry ange­heuert. Mit einem Auf­marsch am 04. Novem­ber unter dem Mot­to „Asylchaos stop­pen“ ver­suchte die AfD den Anschluss an die „Proteste“ zu schaf­fen und wollte von der sich aufheizen­den Stim­mung in Cot­tbus prof­i­tieren. Der Auf­marsch fand unter der Fed­er­führung des AfD Vor­sitzen­den Alexan­der Gauland statt. An den Aktio­nen der AfD beteiligten sich 150 Men­schen im Stadthaus und rund 500 beim Auf­marsch. Cot­tbus ist für die AfD von strate­gis­chem Inter­esse. So soll der Brück­en­schlag von Dres­den nach Berlin gelin­gen und sich die säch­sis­chen Ver­hält­nisse auch in Bran­den­burg aus­bre­it­en. Cot­tbus wurde als Ort für die „Herb­stof­fen­sive“ der AfD unter dem Mot­to „Heißer Herb­st in Deutsch­land – Heißer Herb­st in Cot­tbus“ aus­gewählt. Nach­dem die radikalen recht­en Strö­mungen inner­halb der AfD die Hoheit erlangt haben, set­zt diese ver­mehrt auf eine offen ras­sis­tiche und nation­al­is­tis­che Rhetorik. Wenn Gauland von „Umvolkung“ und „der Auflö­sung Deutsch­lands in einem Strom fremder Men­schen“ spricht, ist das ein klares Zeichen, dass der bürg­er­liche Man­tel abgelegt wurde. Am 25.11. gab es erneut einen Auf­marsch gegen gefüchtete Menschen.
Unor­gan­isierte Neonazis
Seien es NPD, Reichis oder AfD: im Umfeld der Ver­anstal­tun­gen dieser Kreise find­en sich immer die gle­ichen Gesichter wieder. Alt­bekan­nte und „neue“ Neon­azis, sei es aus dem Fußbal­lum­feld oder vom ver­bote­nen „Wider­stand Süd­bran­den­burg“ sind auf oder in der Nähe dieser Ver­anstal­tung anzutr­e­f­fen. Es liegt nahe, dass ihnen momen­tan eine poli­tis­che Heimat fehlt und sie in den „Protesten“ dur­chaus Anschlusspunk­te erken­nen. Meist sind diese zurück­hal­tend und fall­en beim ersten Blick nicht weit­er auf, jedoch ist das ver­steck­te Gewalt­poten­zial bei genauer­er Betra­ch­tung klar zu erken­nen. Oft sind Kle­in­grup­pen im Umfeld der Aufmärsche und vor allem im Anschluss in den Stadt­teilen unter­wegs auf der Suche nach „Zie­len“. Diese kön­nen im poli­tis­chen Geg­n­er, Flüchtlin­gen oder „nor­malen“ Bürg­er gefun­den wer­den. Seit dem Beginn der „Proteste“ Anfang Okto­ber kam es im Stadt­ge­bi­et wieder ver­mehrt zu recht­en Übergriffen.
Ereignisse
Nach der Demon­stra­tion am 23.10. in Sach­sendorf kam es zu mehreren recht­en Über­grif­f­en im gesamten Stadtgebiet.

– Auf dem Cam­pus der BTU wur­den Studierende ange­grif­f­en und z.T. schw­er verletzt.
– Die Syn­a­goge wurde zweimal ange­grif­f­en und beschädigt. 
– Es sind im gesamten Stadt­ge­bi­et Aufk­le­ber mit recht­sradikalen Inhal­ten zu sehen.
– Es find­en sich beson­ders in der Nähe von Geflüchtete­nun­terkün­ften Schmier­ereien z.T. mit Hak­enkreuzen o. Runen, gegen die Asylpoli­tik und gegen die Geflüchteten selbst.
– Es wur­den mehrfach geflüchtete Men­schen beschimpft, belei­digt, bedro­ht und angegriffen.
– Es kommt immer wieder zu kleineren Zusam­men­rot­tun­gen von betrunk­e­nen und stark aggres­siv­en Rechten.

– Auch im Fußballm­i­lieu bilden sich neue rechte Ableger.
Faz­it
Wenn Staatsver­sagen insze­niert wird und Geflüchtete in den Medi­en vor allem als Prob­lem erscheinen, gibt dies der recht­en Bewe­gung Auftrieb. Auf der einen Seite verkün­den unter­schiedliche Parteien laut­stark, dass „geflüchtete Men­schen willkom­men sind“ und auf der anderen Seite haben sie erst vor kurzem der Ver­schär­fung des Asyl­rechts zuges­timmt. Hier wird die ide­ol­o­gis­che Aufteilung in „legit­ime“ und „ille­git­ime“ Men­schen zugespitzt.
Aber auch die lokale Poli­tik trägt ihren Teil bei, wenn der Cot­tbuser Bürg­er­meis­ter davon spricht, dass „der Hahn zuge­dreht wer­den muss“ und der Präsi­dent von Energie Cot­tbus einen Eltern­brief gegen die vorüberge­hende Unter­bringung von Geflüchteten in Turn­hallen mitini­ti­iert. So bilden die Schreibtischtäter*innen aus Bun­destag und Bun­desrat, sowie lokale poli­tis­che Größen den Nährbo­den für ras­sis­tis­che Hetze.
Unter diesen Bedin­gun­gen fühlen sich Neon­azis, Reichsbürger*innen und Rechtspopulist*innen als Vertreter*innen des „wahren“ Volk­swil­lens und glauben, selb­st die ver­meintlich bedro­hte Deutsche Sou­veränität vertei­di­gen zu müssen.
Nach der ersten Erre­gung hat sich das Protest­poten­zial in Cot­tbus ger­ade etwas abgeschwächt, was sich im Zuge der Anschläge von Paris aber auch wieder ändern kann. Die Konkur­renz unter­schiedlich­er Parteien und Grup­pierun­gen in Cot­tbus zer­split­tert die rechte Bewe­gung. Die Gemein­samkeit ist der pos­i­tive Bezug auf „das Volk“, doch ob damit das Staatsvolk, ein ras­sisch definiertes Volk oder ggf. die staaten­losen Deutschen gemeint ist, da gehen die Sichtweisen schon weit auseinan­der. Eine weit­ere Gemein­samkeit ist „Merkel muss weg“, doch auch hier ste­hen die NPD und die AfD in direk­ter Konkur­renz zueinan­der und es bleibt unklar, ob lediglich bspw. Die Kan­z­leri aus­ge­tauscht wer­den soll, oder aber ein Regime errichtet wer­den soll.
Trotz der Dif­feren­zen der einzel­nen Akteure sehen wir das Resul­tat auf der Straße. Zwar sind in Cot­tbus die pogro­mar­ti­gen Krawalle wie in Hei­de­nau oder Fre­ital aus­ge­blieben, jedoch mehrt sich die Zahl rechter Angriffe doch immens. Weit­er­hin kam es im Süd­bran­den­burg­er Raum zu Bran­dan­schlä­gen, welche einen recht­en Hin­ter­grund sehr nahe legen.
Gegen­proteste kon­nten in Cot­tbus ihre Wirk­samkeit zeigen, indem sich ver­schiedene Grup­pen frühzeit­ig mit den Geflüchteten sol­i­darisierten. Organ­i­sa­tio­nen und Parteien, welche sich für Geflüchtete stark machen, arbeit­en trotz der Kri­tik an poli­tis­chen Entschei­dun­gen der Stadt­spitze (Unter­bringungskonzept) sowie auf Bun­de­sebene (Asyl­rechtsver­schär­fung) zusam­men. Das bedeutet Stärke und Schwäche zugle­ich, da ras­sis­tis­che Ansicht­en und Meth­o­d­en in den staatlichen Insti­tu­tio­nen hin­ter dem Mob, der sich auf den Straßen formiert, unbe­hel­ligt bleiben.
Ins­ge­samt gilt es, dem ras­sis­tis­chen Grund­ton dieser Tage aktiv ent­ge­gen­zutreten und vor allem Alter­na­tiv­en anzu­bi­eten. Dort wo es weit­er­hin Massen­ab­schiebun­gen, immer höhere Grenz­zäune und ver­schärfte Geset­ze gibt, wo der ras­sis­tis­che Mob ang­ste­in­flößend durch die Straßen zieht und Schlip­sträger das ganze legit­imieren, dort brauchen wir Sol­i­dar­ität. Für ein men­schlich­es Miteinan­der bedarf es nicht viel, lediglich dem Ver­ständ­nis und den Respekt gegenüber den Bedürfnis­sen unser­er Mit­men­schen. Ras­simus ist KEINE Alternative.
[Autonome Antifa Cottbus][November ’15]

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Antifaschismus

Strausberg die BUNTE Stadt am See

Miteinan­der, Zusam­men­halt und Sol­i­dar­ität wer­den bei uns großgeschrieben. So kon­nten wir schon eine Menge Auf­gaben lösen, neue Ideen entwick­eln und diese auch umset­zen. Die Ankun­ft viel­er, vor Krieg, Gewalt und Hunger geflüchteter, Men­schen hier bei uns, ist ohne Zweifel eine große Herausforderung.
Die Ver­sorgung und Unter­bringung notlei­den­der Flüchtlinge, das Zusam­men­leben und ihre Inte­gra­tion ver­langt allen Beteiligten viel ab: uns als Ein­wohner­in­nen und Ein­wohn­er, den Gemein­de­v­er­wal­tun­gen, Vere­inen und Ver­bän­den, Unternehmern, den vie­len ehre­namtlich Engagierten. Auch für die geflüchteten Men­schen ist es schw­er, in der Fremde anzukommen.
Unsere Prob­leme, wie z.B. Wartelis­ten bei Kitas, zu große Klassen in Schulen, unzu­ver­läs­sige S‑Bahnen, zu hohe Mieten, Hartz 4 etc. gibt es seit Jahren. Diese Prob­leme sind „made in Ger­many“. Anstatt aber die Prob­leme zu lösen, wer­den „plöt­zlich“ geflüchtete Men­schen dafür ver­ant­wortlich gemacht.
Gegen alle Fak­ten will uns nun die selb­ster­nan­nte „Bürg­er­be­we­gung Heimat­land“ das Gegen­teil einre­den. Mit ver­lo­ge­nen und unmen­schlichen Parolen behauptet sie, sich am 12.12. mit ein­er Demo in Straus­berg-Vorstadt gegen „Asyl­be­trug“ und „Islamisierung“ wehren zu müssen. Sie tun so, als wür­den sie damit unser aller Mei­n­ung vertreten.
Doch Flüchtlinge als Sün­den­böcke auszu­machen, hil­ft kein Stück, unsere Prob­leme zu lösen. Ras­sis­ten und Frem­den­feinde wollen drän­gende Fra­gen nicht beant­worten, son­dern für ihre Zwecke Unsicher­heit schüren und aus­nutzen. Keine einzige plau­si­ble Lösung schla­gen sie vor.
Wir wollen und müssen uns gegen solche Leute und ihre Poli­tik wehren, die frem­den­feindlich, ras­sis­tisch und deutschtümel­nd daherkommen.

Inforiot