
Eine öffentliche Stadtverordnetenversammlung ist am frühen Donnerstagabend völlig eskaliert. Dutzende Sympathisanten der Bürgerinitiative „Zukunft Nauen“ hatten durch die permanente Unterbrechung der Sitzung und das Skandieren von ausländerfeindlichen Parolen die Räumung des Publikumsbereich im Sitzungssaal provoziert. Außerhalb des Gebäudes sammelten zudem NPD Funktionäre, die auch ein Banner der „Nein zum Heim“ Kampagne mit sich führten, sowie Sympathisanten der „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ weitere Personen um sich und versuchten die Stadtverordnetenversammlung von draußen, durch das Schlagen gegen die Scheiben sowie das Rufen von Losungen zu stören.
Ausgangssituation
Hintergrund des Tumults war die geplante Abstimmung der Stadtverordneten zum Verkauf eines Grundstückes am Nauener Waldemardamm an den Landkreis Havelland, damit dieser dort eine Unterkunft für Asylsuchende bauen kann.
Eine erste Abstimmung zu dem Fall war bereits am 26. Januar 2015 gescheitert, da einige Abgeordnete das Vorgehen der Stadt als intransparent kritisierten. Anschließend wurde ein neuer Termin auf den heutigen Tag verlegt.
Allerdings fand die heutige Sitzung, nicht wie sonst üblich, im Rathaus statt, sondern wurde aufgrund des erheblichen öffentlichen Interesses in den Evangelischen Gemeindesaal in der Hamburger Straße verlegt.
Außerdem lud der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung, Hartmut Siegelbert (SPD), die Bürgerinitiativen „Nein zum Heim in Nauen“ und „Zukunft Nauen“ bzw. deren Sprecher ein, um in einer geplanten Bürgersprechstunde mit ihnen in Dialog zu treten. Diese Initiativen hatten ihr kommen im Vorfeld ohnehin durch eine massive Plakataktion am vergangenen Samstag angekündigt. Allerdings war offenbar niemand aus der Stadt auf eine so rege Anteilnahme von Bürger_innen vorbereitet. Lediglich 150 Personen konnten deshalb nur, neben den Stadtverordneten, hereingelassen werden. Die übrigen 50 Bürger_innen blieben vor der Tür und versammelten sich dann vor der Fensterfront des Sitzungssaales.
Ablauf der Sitzung
Dann begann die eigentliche Stadtverordnetenversammlung mit der Einleitungsrede des Bürgermeister Detlef Fleischmann (SPD). Da der Stadt im Hinblick auf die Suche nach einem geeigneten Grundstück für den Bau einer Unterkunft für Asylsuchende Intransparenz vorgeworfen wurde, erläuterte Fleischmann den bisherigen Entscheidungsprozess sehr detailliert. Seinen Angaben zu Folge habe die Stadt Nauen weder Wohnraum noch geeignete Gebäude für die Unterbringung von Asylbewerber_innen. Deshalb wurden alle in Frage kommenden Liegenschaften hinsichtlich der Pro- und Kontrakriterien geprüft. Dabei handelt es sich um insgesamt 16 Grundstücke: u.a. der Sägewerksplatz, das ehemalige Gaswerk, der Bahnhofsvorplatz, der Goetheweg, die Oranienburger Straße, Am Bahndamm, der Waldemardamm, der Lietzowplatz, das Gewerbegebiet Nauen-Ost, zum Kirchberg (im OT Berge), die Gäertnerei (im OT Groß Behnitz), in Quermathen (im OT Groß Behnitz), der Brennereiweg (im OT Ribbeck), die Brieselanger Straße (in der Waldsiedlung) sowie der Falkenberg (ebenfalls Waldsiedlung).
Als geeignetsten hatte die Stadt dann den Standort Waldemardamm 20 ausgewählt.
Bei seiner Ausführung wird der Bürgermeister immer wieder vom Publikum unterbrochen. Ein vernünftiges referieren ist kaum noch möglich, doch Fleischmann macht weiter. Er wirkt hilflos, versucht beschwichtigend auf die Provokateure im Publikum einzugehen. Doch die haben anscheinend gar kein Interesse an einem vernünftigen und sachlichen Sitzungsablauf. Draußen vor dem Fenster ist die dort postierte Menge ebenfalls unruhig. Angestimmt vom Neuruppiner Stadtverordneten Dave Trick (NPD) und dem ehemaligen Nauener Stadtrat Maik Schneider (NPD) sowie Sympathisanten der „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ werden dort nun Parolen, wie „Nein zum Asylantenheim“ und ähnliches skandiert. Dazu schlagen die draußen befindlichen Personen im Takt ihrer Losungen mit den Fäusten gegen die Fensterfront, so dass diese droht aus der Verankerung zu fallen. Maik Schneider zeigt zu dem ein Banner mit der Aufschrift: „Asylbetrug ist kein Menschenrecht – Nein zum Heim“.
Nur mit Mühe kann Detlef Fleischmann dann seinen Vortrag kurzzeitig fortsetzen. Als er aber von seiner Idee einer gelebten Willkommenskultur spricht, wird er wiederum vom Publikum in unfleglicher Weise unterbrochen.
Anschließend versuchte der Havelländische Landrat Burkhard Schröder (SPD) seinen Redebeitrag zu halten. Doch auch er hat mit dem ungemütlichen Nauener Publikum zu kämpfen. Selbst als Schröder erklärt kein „Gutmensch“ zu sein und hier – im Hinblick auf die Aufnahme von Flüchtlingen – nur seine Pflicht zu tut, lässt ihn keiner ausreden. Immer wieder wird dazwischen geredet. Schröder will nun mit den positiven Erfahrungen im Landkreis Havelland punkten, als er wieder unterbrochen wird: „Alle Einrichtungen…“. „…werden abgefackelt“, murmelt eine Bürgerin vor sich hin. „…machen keine Probleme“, beendet der Landrat seinen Satz.
Schließlich geht die Versammlung nun direkt in eine Bürgersprechstunde über, bei der zunächst der Bürger Dennis Naumann von der Bürgerinitiative „Zukunft Nauen“ das Wort ergreift. Er weiß, dass er die Mehrheit, der im Saal sitzenden Bürger_innen, hinter sich hat und zeichnet ein sehr dramatisches Bild. Schule, Kindergarten, Wohngebiet, Kleingartenanlage, Garagen – alles wäre angeblich zu Nahe an der künftigen Unterkunft für Asylsuchende. Das Grundstück sei damit untragbar für das Umfeld und schaffe nur „soziale Brennpunkte“. Kräftiger Applaus hallt durch den Saal. Die Stimmung ist angespannt, das emotionale Hoch der Heimgegner_innen ist deutlich zu spüren.
Der Bürger Heiko Kürchner, ebenfalls von der Bürgerinitiative „Zukunft Nauen“, versucht anschließend daran anzuknüpfen und die heutige ausführliche Information der Stadt zum Heim als den Erfolg seiner Initiative darzustellen. Wiederum wird applaudiert. Dann wird Kürchner frech und versucht den Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung gegen den Bürgermeister auszuspielen. Beide versuchen sich dann auch noch zu rechtfertigen und geben kein gutes Bild als Entscheidungsträger ab.
Schließlich wird die Veranstaltung völlig zur Farce als ein junger Mann das Mikrofon ergreift und fragt: was ihm die Asylbewerber_innen eigentlich brächten. „Die kriegen Begrüßungsgeld und fahren alle Mercedes“, glaubt er zu wissen. Nun werden alle Klischees bedient, ein Mann raunt im Publikum, dass die Flüchtlinge nur Krankheiten bringen, eine Bürgerin beschwert sich, dass sie andern die Arbeit wegnehmen würden.
Diesem und ähnlichen „Argumenten“ will eine junge Frau begegnen, die sich zwischenzeitlich das Mikrofon geschnappt hat. „Asylsuchende bekommen gar keine Arbeitserlaubnis“, versucht sie der aufgewühlten Sympathisantin zu entgegnen. Doch die Bürgerin reagiert ablehnend, will sich nicht belehren lassen. Stattdessen wird nun die junge Frau heftig verbal attackiert. Außerdem werden nun auch im Saal lauthals Parolen, wie „Ausländer raus“ oder „Wir wollen kein Asylantenheim“, gegrölt.
Dann hat auch der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung die Nase voll und ordnet an den Sitzungssaal für die Öffentlichkeit zu räumen. Doch auch hier mangelt es an Durchsetzungsfähigkeit. Erst nach langem überreden, erst durch den Wachschutz, dann durch zwei Polizeibeamt_innen und schließlich dem Bürgermeister selber, sind die letzten Sympathisanten der Bürgerinitiative bereit den Saal zu verlassen.
Sie gesellen sich zu den anderen Personen, welche die ganze Zeit über draußen waren und immer noch vor der Fensterfront stehen. Abermals werden Parolen gebrüllt.
Erst als die Polizei Verstärkung erhält, gelingt es die Störer zu zerstreuen. Als erstes wurde dabei der mutmaßliche Rädelsführer Maik Schneider des Grundstückes verwiesen. Dann folgten die restlichen Störer, darunter auch Dave Trick und weitere Neonazis aus den „Freien Kräften“.
Sie sammelten sich noch kurz vor dem Tor und pöbelten gegen Journalist_innen, bis sie schließlich verschwanden.
Stadtverordnetenversammlung stimmt für Grundstücksverkauf
Die Stadtverordneten tagten inzwischen unter Ausschluss der Öffentlichkeit weiter. Bei der Abstimmung über den Verkauf des Grundstücks für die künftige Asylsuchendenunterkunft an den Landkreis sprachen sich schließlich 13 Abgeordnete dafür aus, zehn enthielten sich, ein Abgeordneter stimmte dagegen.
Die NPD ist übrigens mit ihrem Abgeordneten Erik Brüning in der Nauener Stadtverordnetenversammlung vertreten.
Fotos: hier
Kategorie: (Anti-)Rassismus
Anlässlich der geplanten Kundgebung von Neonazis und Rassist_innen am kommenden Samstag rufen das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ und andere städtische Initiativen zu einer Demonstration unter dem Motto „Für die Freiheit – für das Leben! Solidarität mit Geflüchteten“ auf. Die Auftaktkundgebung mit Musik und Redebeiträgen
beginnt um 10:00 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz. Im Anschluss wird der Demonstrationszug lautstark und bunt durch die Innenstadt laufen, um ein entschlossenes Zeichen gegen Rassismus und Ausgrenzung zu setzen. An der Friedensglocke werden die Proteste durch Solidaritätserklärungen und ein kulturelles Rahmenprogramm begleitet.
In Zeiten, in denen das ohnehin schon marginale Recht auf Asyl und die UN-Menschenrechtskonvention wieder öffentlich in Frage gestellt werden, ruft das Bündnis alle Bürgerinnen und Bürger guten Willens auf, ein deutliches Zeichen für demokratische Verantwortung zu setzen. Flucht und Migration sind, im Gegensatz zu Rassismus, kein Verbrechen! Geflüchtete haben ein Recht – auch über die symbolische Solidarität am kommenenden Samstag hinaus – auf praktische Unterstützung sowie demokratische und kulturelle Teilhabe.
Das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ setzt auf den zivilgesellschaftlichen Schulterschluss von zahlreichen Initiativen und allen demokratischen Kräften für den kommenden Samstag. „Frankfurt ist mit seiner Anbindung nach Polen eine weltoffene und tolerante Stadt. Frankfurt ist kein Platz für Nazis. Ich freue mich, das ein breites Bündnis aus der Stadt dazu aufgerufen hat, dieses Signal auszusenden und unterstütze dieses Anliegen. Deshalb werde ich am Samstag auch selbst in Frankfurt sein.“, so beispielsweise der stellvertrende Ministerpräsident
Helmuth Markov.
Wir waren schockiert, als am 17.01.2015 etwa 250 Menschen gegen Geflüchtete und für eine striktere Asylpolitik auf die Straße gingen. Dies war einer der größten rechten Aufmärsche der letzten Jahre in Brandenburg. Die Teilnehmenden stammten größtenteils aus einem Spektrum mit gefestigtem neonazistischen Weltbild. Es gab demnach viele Überschneidungen zu „typischen“ Demonstrationen der Extremen Rechten, die in der Vergangenheit vor allem durch die NPD organisiert und veranstaltet wurden. Etwa 70 Teilnehmer*innen kamen aus Frankfurt (Oder) selbst und sind bzw. waren aktiv in diversen neonazistischen Gruppierungen: von rechten Kameradschaften über gewaltbereite Hooligans
bis hin zu rechten Rockern. Anwesend war beispielsweise Sven Lemke, der 1997 einen Polen mit einem Vorschlaghammer angriff und verletzte. Oder auch diejenigen, die 2007 den Synagogengedenkstein schändeten. Anwesend war auch Alexander Bode aus Guben, der einen Algerier 1999 zu Tode hetzte; sowie Maik Emminger, der Bruder einer der Angeklagten im NSU-Prozess und selbst aktiver Neonazi und Aktivist bei “Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung”. Das hat viele bürgerliche Rassist_innen, die „nur“ ein bisschen PEGIDA spielen wollten, zögern
lassen. Umso erschreckender ist allerdings, dass auch viele junge Frankfurter*innen im Schulalter mitliefen: So wurde der Aufmarsch für die Neonazi-Szene zu einem Event der faschistischen Jugendarbeit.
Am 17.01.2015 waren also rechte Gewalttäter in der Oderstadt unterwegs und konnten ihre Hetze auf die Straße und die Köpfe junger Menschen tragen. Der erneute Versuch der Gruppe „Frankfurt (Oder) wehrt sich“ am 14.02.2015 ist ein Zeichen dafür, das die Neonazis durch den nicht vollends blockierten Aufmarsch vom 17.01.2015 Oberwasser bekommen haben.
Uns bleibt nur eines übrig: Am Samstag werden die demokratischen Kräfte im breiten Schulterschluß zeigen, dass Frankfurt (Oder) kein Ort für Nazis ist und dass Solidarität mit Geflüchteten unsere Antwort auf Rassismus und Faschismus ist. Wir hoffen auf breite Zustimmung in der Bevölkerung!
Treffpunkt ist der Bahnhof um 10:00 Uhr. Wir gehen mit unserer Demonstration „Für die Freiheit! — Für das Leben! Solidarität mit Flüchtlingen“ nach der Auftaktkundgebung durch die Innenstadt und werden uns den Neonazis, welche ihre Kundgebung am Holzmarkt abhalten wollen, lautstark entgegenstellen.
Erneut ist die lokale und überregionale Unterstützung groß: So unterstützen fast 50 Gruppen und Initiativen sowie etliche Einzelpersonen den Aufruf vom Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“. „Wir freuen uns, dass auch der stellvertretende Ministerpräsident des Landes Brandenburg Helmuth Markov den Aufruf zum wiederholten Male unterstützt“, so Janek Lassau, Pressesprecher des Bündnisses.
Über 50 Millionen Menschen sind derzeit weltweit auf der Flucht. 173.000 Geflüchtete beantragten in Deutschland, einem der reichsten Länder der Welt, 2014 Asyl. Nur gut 30 Prozent von ihnen gewährt die Bundesrepublik Schutz. In Frankfurt (Oder) sind es ein paar hundert Menschen, die vorübergehend oder dauerhaft Bürger_innen dieser Stadt sind oder werden. Die Rassist_innen entziehen sich nicht nur der völkerrechtlichen und humanitären Verantwortung gegenüber diskriminierten Minderheiten, politisch Verfolgten sowie Flüchtlingen aus Kriegs- und Krisengebieten. Sie hetzen gegen eine vermeintliche „Asyl-Flut“ und fürchten sich mit ihrem nationalsozialistischen Weltbild vor einer vermeintlichen „Überfremdung“. Durch ihre Hetze bewerten sie Menschenleben in „wertvoll“ und „weniger wertvoll“. So wird deutlich: Rassismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!
Das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ und die beiden städtischen Initativen rufen für den 14. Februar und für die anderen 364 Tage im Jahr zu Solidarität mit Geflüchteten auf. Die drei Frankfurter Organisationen sind überzeugt, dass sich Demokrat_innen aller Couleur und mit
unterschiedlichen Perspektiven, auch über den kommenden Samstag hinaus, gemeinsam für die Rechte und Forderungen von Geflüchteten und einen antifaschistischen Konsens in der Gesellschaft einsetzen können. Ob Asylverfahrensberatung, Rassismuskritik, Deutschunterricht oder psychosoziale Betreuung – eine Frankfurter Willkommenskultur muss sich nach dem breiten zivilgesellschaftlichen Schulterschluss daran messen lassen, wie weit sie die Bedürfnisse der Geflüchteten als gemeinsames Vorhaben begreift.
Gemeinsam mit dem Oberbürgermeister von Cottbus, dem Sprecher des Bündnisses „Cottbuser Aufbruch“, dem Präsident der BTU und dem Sprecher des Studierendenrates der BTU haben wir die Cottbuser Erklärung unterzeichnet! Darin wenden wir uns gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, die bei PEGIDA-Demonstrationen immer wieder an den Tag gelegt werden – die Erklärung im Wortlaut findet ihr unten.
Wer die Erklärung unterzeichnen möchte, schreibt bitte kurz an cottbus-fuer-alle@posteo.de!
COTTBUSER ERKLÄRUNG
Wir wenden uns gegen die Menschenfeindlichkeit, die auf den Demonstrationen von PEGIDA zum Ausdruck kommt. Wir solidarisieren uns mit den (potentiell) Betroffenen und erklären, dass Cottbus eine weltoffene Stadt sein will und z.B. als Universitätsstadt auch sein muss.
Die Debatte um PEGIDA hat nun Cottbus erreicht, auch wenn der Höhepunkt der Demonstrationen vorbei scheint und die „Argumente“ öffentlich ausgetauscht sind. PEGIDA & Co. haben nur einen sehr verschwommenen Forderungskatalog, stellen ihre Demonstrationen aber unter das Motto: „gegen die Islamisierung des Abendlandes“. Wer dort mitläuft, sollte also wissen, dass er oder sie damit Vorurteile und Hass gegen eine religiöse Minderheiten schürt – egal welche sonstigen Forderungen oder Meinungen ihn oder sie dazu bewegt haben, bei PEGIDA zu demonstrieren.
Wir beobachten mit Sorge, dass auf den PEGIDA-Demonstrationen häufig fremdenfeindliche und rassistische Ansichten vorgetragen werden und dass bundesweit auch zahlreiche Neonazis an den Demonstrationen teilnehmen und diese mit organisieren.
Wir wollen dem ein Bild entgegensetzen, was Cottbus für uns bedeutet:
Eine weltoffene Stadt – und keine verschlossene Stadt. Cottbus und die Region sollen sich inspirieren lassen von der Welt da draußen und von den Menschen der Erde, mit allen ihren Facetten.
Niemand unterstützt den islamistischen Terrorismus – aber wir können eben so wenig ausländerfeindliche Übergriffe oder auch nur die Bedrohung oder Diskriminierung unserer Mitmenschen hinnehmen, die nicht aus Deutschland stammen, eine andere Religion haben, eine andere sexuelle Orientierung besitzen oder vielleicht einfach nur „anders“ aussehen.
Wir stehen für eine Stadt, die es ermöglicht, Freiheit und Lebensglück auf je eigenem Wege zu suchen – ohne Vorschriften oder Einschränkungen anderer.
Cottbus für alle! No Pegida!
Erstunterzeichner:
Holger Kelch, Oberbürgermeister von Cottbus
Angelika Müller, Cottbus Nazifrei
Lothar Judith, Pressesprecher Cottbuser Aufbruch und DGB-Vorsitzender Cottbus
Jörg Steinbach, Präsident der Brandenburgischen Technischen Universität
Daniel Kowald, Sprecher des Studierendenrates Cottbusnten.

Während in der Stadtverordnetenversammlung der Kleinstadt Nauen (Landkreis Havelland) noch kontrovers über einen Standort einer Unterkunft für ungefähr 250 Asylsuchende diskutiert wird, haben jetzt offenbar auch Unbekannte die Initiative ergriffen und sich ebenfalls zum Thema positioniert. Im Gegensatz zum schwarze-Peter-Spiel der Abgeordneten, um den geeignetsten Platz, scheinen diese Personen hingegen eine fundamentale Ablehnung zur Aufnahme von Flüchtlingen und Asylsuchenden zu propagieren. Nach einer ersten Banneraktion gegen geplante Unterkünfte am 28. Januar 2015, die auch auf der Internetseite der neonazistischen Vereinigung „Freien Kräften Neuruppin/Osthavelland“ Erwähnung fand, folgten gestern und heute früh weitere gleichartige Aktionen. Am Freitagmorgen war an einem leerstehenden Wohnhaus in der Dammstraße Ecke Hertefelder Straße ein Laken mit der Aufschrift: „Nauen sagt Nein zum Asylantenheim!“ aufgetaucht und am heutigen morgen eines mit der Aufschrift: „Nein Nein Nein zum Asylantenheim“, an der Bahnunterführung B273 (Graf Arco Straße). Beide Banner wurden inzwischen von Passant_innen entfernt, dokumentiert und der Polizei übergeben. Weiterhin waren heute Morgen u.a. in der Dammstraße, in der Gartenstraße, in der Neue Str sowie schwerpunktmäßig im Wohngebiet Karl Bernau Ring / am Bredower Weg / Feldstraße / Kreuztaler Straße / Waldemardamm dutzende A3-Papier-Plakate mit der Aufschrift „Nein zum Heim“ aufgetaucht. Der Waldemardamm 20 gilt übrigens als der wahrscheinlichste Standort des geplanten Asylbewerberheimes. Hierzu will die Stadt, nach einer Abstimmungsverschiebung bei der letzten Stadtverordnetenversammlung am 26. Januar 2015, nun am 12. Februar 2015 Fakten schaffen. Entsprechend waren die genannten A3-Plakate formuliert. „Ganz Nauen“ solle, nach dem Willen einer „Bürgeriniative Nauen“, nun dort erscheinen, um das Heim zu verhindern.
„Zukunft Nauen“
Der plötzlich recht drastische Widerstand kommt überraschend. Bereits am 17. November 2014 wurde die Unterbringung von Asylsuchenden in Nauen erörtert. Die Sitzung im Kreishaus wurde öffentlich beworben, Interessenten seitens eines „besorgten“ Bürgertums gab es jedoch keine. Auch nicht von der neuen Bürgerinitiative „Zukunft Nauen“, welche nun die angeblich spärliche Informierung zum Asylheim anprangert. In einem am 4. Februar 2015 veröffentlichten Positionspapier wird zudem mit den üblichen Vorurteilen gegen derartige Unterkünfte gespielt. Das Heim liege zu nahe an einer Schule, einer Kita und einem Wohngebiet. Zudem befänden sich Garagen und eine Kleingartensparte in der Nähe.
Welches Bild über Asylsuchende wird hier entwickelt? Die üblichen Stereotype: alles Diebe und Kriminelle. Da darf natürlich auch nicht der Hinweis fehlen, dass in einem Asylbewerberheim „Menschen aus völlig unterschiedlichen Kulturkreisen mit komplett verschiedenen Weltanschauungen … unweigerlich aufeinander“ treffen. Als ob dies ein Indiz für kriminelles Verhalten wäre. Der bittere Beigeschmack des Rassismus ist offensichtlich.
Hinter „Zukunft Nauen“ soll übrigens der Nauener Heiko K. stecken. Dieser ist auch Administrator der Socialmedia-Präsenz der „Nauener Patrioten gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (PEGIDA Nauen). Ansonsten ist nur recht wenig über ihn bekannt.
„Nein zum Heim in Nauen“
Eine typische NPD Kreation scheint hingegen die Socialmedia-Präsenz „Nein zum Heim in Nauen“ zu sein. Diese ist seit November 2014 online und wird seit dem fortlaufend aktualisiert. In der Regel werden einerseits Presseberichte, andererseits aber auch Artikel und Statements der neurechten Zeitschrift „Junge Freiheit“, der NPD Initiative „Nein zum Heim in Bad Belzig“ oder der NPD selber geteilt. Am 27. Januar 2015 veröffentliche „Nein zum Heim in Nauen“ einen Artikel über eine Zusammenkunft der Nauener Stadtverordnetenversammlung am 26. Januar 2015, der etwas später, am 2. Februar 2015, auch 1:1 auf der Socialmedia-Präsenz der „NPD Havel Nuthe“ als Bericht des Stadtverordneten Erik Brüning (NPD) publiziert wurde. In diesem wurde sich einmal mehr über eine angeblich „mangelnde Informationspolitik“ beschwert. Des weiteren wurde darüber berichtet, dass es zu einer „lautstarken Diskussion zwischen Einwohnern und Bürgermeister“ gekommen sei und „der Saal kurz vor der Räumung durch die Polizei“ stand. Des Weiteren, so „Nein zum Heim in Nauen“, soll „die komplette Fraktion“ von „Bauern- und frischer Wind für Nauen“ sich ablehnend gegenüber des Heimneubaus gezeigt haben, ebenso wie einige Mitglieder von SPD und CDU. Dies trifft allerdings, laut MAZ, zumindest zu letzt genannter Behauptung so nicht zu. Grundsätzlich wurde zunächst erst einmal betont, dass gegen die Aufnahme von Asylsuchenden nichts spricht. Lediglich der Standort, neben einem von der Stadt ausgewiesenen sozialen Brennpunkt, einem Plattenbauviertel am Rande Nauens, mache den ablehnenden Abgeordneten sorgen.
Doch genau auf diese Karte wollem jetzt offenbar auch die „Bürgerinitiativen“ setzen, indem Sympathisant_innen heute an nahezu jedem Hauseingang in diesem Gebiet Plakate, mit dem Aufruf sich am 12. Februar 2015 zur Stadtverordnetenversammlung einzufinden und das Heim zu verhindern, anbrachten.
Fotos: hier
Aufruf zu Antifa-Aktionen am 14. Februar in Frankfurt(Oder)!
Eine Stadt kotzt sich aus — Seit August vergangenen Jahres gibt es in Frankfurt (Oder) eine organisierte rassistische Mobilisierung. Anstoß gab eine rassistisch aufgeladene Debatte um vermeintliche Drogenkriminalität im Lenné-Park. Lokalmedien griffen Gerüchte über dealende Schwarze Personen ungeprüft auf und berichteten ausgiebig. Dramatisierungen und „Flüchtlingsproblematik“-Rhetorik sorgten für weitere Panik. In dieser Dynamik entlud sich der Alltagsrassismus der Frankfurter*innen auf Facebookseiten wie „Blaulichtreport Frankfurt (Oder)“ oder „Bürgerwehr Frankfurt (Oder)“. Für die im Aufschwung befindliche AfD ein gefundenes Fressen. So erhielt sie bei den letzten Landtagswahlen knapp 20% der Frankfurter Stimmen. Die bisher größte Bühne bot sich den rassistisch ‑geneigten Frankfurt*innen dann am 27. November bei einer Einwohner*innenversammlung im Stadtteil West. Informiert werden sollte über bestehende und zukünftige Unterkünfte für Geflüchtete. Hier äußerte sich das Überlegenheitsstreben Frankfurter Ureinwohner*innen in vermeintlichen Ängsten vor Kindeswohlgefährdung, sexuellen Übergriffen, Eigentumsdelikten und Sauberkeit sowie anderen, teils abenteuerlichen, Konstruktionen. Die Demonstration am 17. Januar mit knapp 250 Teilnehmenden war der erneute Höhepunkt der organisierten rassistischen Mobilisierung in Frankfurt (Oder). Zwar versperrten Blockaden dem Aufmarsch den Weg in die Innenstadt und zwangen sie dazu, eine andere Route zu nehmen, doch können die Frankfurter Neonazis das Ganze als Zwischenerfolg verbuchen, war es doch die erste erfolgreiche Demo in Frankfurt seit 2007. Angezogen hat der Aufmarsch Neonazi-Kader, Hooligans, Rocker oder NPD’ler — darunter circa 70 Frankfurter*innen. Erschreckend war die Anzahl der vielen jungen Menschen, die sich wie selbstverständlich voller Hass und Menschenverachtung in die Menge einfügten und beseelt von der Sehnsucht nach einer „Volksgemeinschaft“ bei den „Wir sind das Volk“-Rufen mit einstimmten.
Scheinbar mit Selbstvertrauen ausgestattet, sind für den 14. Februar weitere Aktionen geplant.
Das Problem heißt Rassismus
Wie ein Flächenbrand wüten die rassistischen Mobs bundesweit. Etliche Angriffe auf Geflüchtete und Lager paaren sich mit nahezu täglichen Aufmärschen und Kundgebungen. Dazu die alltäglichen Erniedrigungen und Einschüchterungen, auf der Straße, im Amt oder auf der Arbeit. Und nach AfD, PEGIDA und Co. darf nun endlich wieder gesagt werden, was sich lange an die Stammtische verkrochen zu haben schien. Für die Verteidigung des im Wahnsinn der Lohnarbeit erworben Wohlstandes, sowie der eigenen Privilegien als Mitglied der weißen, deutschen Mehrheitsgesellschaft scheint jedes noch so barbarische Mittel Recht. Den vermeintlich „Fremden“ wird jeglicher Funken Lebensqualität abgesprochen. Die Allmachtsphantasien in den sozialen Medien sprechen Bände und sind ein Vorgeschmack auf das, was uns erwarten könnte, wenn wir nicht einschreiten. Wenn der Familienvater mit dem Baseballschläger nachts am Fenster steht und Angst um seine Gartenzwerge hat, dann spricht Max Liebermann uns aus der Seele: „Ick kann jar nich soville fressen, wie ick kotzen möchte.“ Oder um es mit den Worten eines Geflüchteten, der mal in Frankfurt(Oder) lebte und in einer Ausstellung des Utopia e.V. zu Wort kam, zu sagen: „In Frankfurt (Oder) zu leben ist wie ständig Kopfschmerzen zu haben.“
Die Meisten verweigern sich das Problem beim Namen zu nennen und hoffen darauf, dass Bockwürste und Luftballons den um das Image der Stadt besorgten Frankfurter befrieden.
Dennoch: Die Rassist*innen die sich in Frankfurt(Oder) zusammengerauft haben wurden bisher sowohl von den Lokalmedien als auch teilweise von der Stadt und der Zivilgesellschaft als das geächtet was sie am Ende sind: Neonazis. Durch eigenes Unvermögen, ihren offen zur Schau getragenen Neonazismus und mangelnde politische Erfahrung ist es ihnen bisher nicht gelungen das vorhandene rassistische Potenzial gänzlich auszuschöpfen und über einen Kreis aus befreundeten Neonazis hinauszukommen. Damit das auch so bleibt, müssen wir ihnen die Show in zwei Wochen ordentlich vermiesen.
Doch es gibt auch positive Entwicklungen. Bundesweit polarisiert die Diskussion um Flucht und Asyl. Auch in Frankfurt (Oder) beschäftigen sich immer mehr Menschen mit dem Thema, sensibilisieren sich und gründen Willkommensinitiativen und suchen den Austausch, jedoch oft mit paternalistischen und bevormundenden Ansätzen. Im Umgang mit rechten Versammlungen hat auch ein Teil der Zivilgesellschaft dazugelernt. Ziviler Ungehorsam gehört mittlerweile zum Standardrepertoire bei Anti-Nazi Protesten.
“Frankfurt (Oder)” — (k)ein Berliner Randbezirk?
Vieles, was sich seit 6 Monaten in Frankfurt(Oder) abspielt, erinnert stark an vergangene und aktuelle rassistische Mobilisierungen in den Berliner Randbezirken Hellersdorf, Marzahn, Hohenschönhausen oder Buch. Und ähnlich wie bei den Genoss*innen aus der Hauptstadtplatte, brauchen wir momentan einen sehr sehr langen Atem.
„Für die Freiheit – Für das Leben!“ — Antirassistische Demonstration und antifaschistische Aktionen am 14.02.2015
Die rassistischen Zustände in Frankfurt (Oder) müssen benannt und bekämpft werden.
Wenn POC auf der Straße angespuckt werden oder der Eintritt in Frankfurter Clubs verwährt wird und Refugees immer noch im Regionalexpress oder auf der A12 von der Bundespolizei gejagt und eingeknastet werden, ist es höchste Zeit in die Offensive zu gehen!
Das Bündnisses „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ ruft zu einer antirassistischen Demonstration unter dem Motto „Für die Freiheit – Für das Leben! Solidarität mit Geflüchteten!“ am 14.02.2015 um 10:30 Uhr am Hauptbahnhof auf. Zugtreffpunkt für Berliner*innen ist um 09:00 Uhr am Bahnhof Alexanderplatz.
Dieses mal versuchen die Rassist*innen nicht mit einer Demonstration, sondern mit einer Kundgebung direkt an der Oder in der Nähe der Friedensglocke ihre rassistische Propaganda zu verbreiten. Ankündigungen zufolge wollen die Neonazis sich aber am Hauptbahnhof sammeln und als Mob gemeinsam zum Kundgebungsort laufen. Wenn wir der selbsternannten „Bürgerbewegung“ den Wind aus den Segeln nehmen wollen, dann ist der 14.02. die beste Gelegenheit dazu. Wir dürfen den Neonazis keinen Fußbreit der Straße lassen!
Wir verweisen an dieser Stelle auch auf die bisher feststehenden Infoveranstaltungen des Bündnisses:
Mo, 09.02., 18:00
Anarchistisches Infocafé
Mariannenplatz 2 b
10997 Berlin
Mo, 09.02., 18:00
Roter Laden
Feldstraße 4
15517 Fürstenwalde
Di 10.02., 18:00
Rotes Cafe
Lindenallee 12
15890 Eisenhüttenstadt
Mi, 11.02., 20:00
Zielona Gora
Grünberger Str. 73
10245 Berlin
Mi, 11.02., 20:00
AJZ La Casa
Wurzener Str. 6
12627 Berlin
Do, 12.02., 19:00
Projektraum H48
Hermanstraße 48
12049 Berlin
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In Brandenburg an der Havel versammelten sich wiederum mehrere hundert Menschen auf dem Neustädtischen Markt um gegen die ebenfalls dort angemeldete Veranstaltung der „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ (BraMM) zu protestieren. Am Aufzug der von den rechtskonservativen REPUBLIKANERn (REP) gelenkten Initiative beteiligten sich an diesem Montag ungefähr 100 Menschen, 50 weniger als bei ersten Veranstaltung am 26. Januar 2015. Trotz Aufruf der Veranstalter, von der „BraMM“-Demo fern zu bleiben, nahmen auch wieder 40 Neonazis teil.
Sächsische PEGIDA bleibt auf Distanz
Ungeachtet der offensichtlichen Imitierung der Dresdener Montagsdemonstrationen des vergangenen Jahres in Brandenburg an der Havel bleibt der Verein „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (PEGIDA) weiterhin auf Distanz zu ihrem Brandenburger Ableger. Die deutliche Einflussnahme einer Partei entspräche nicht den Vorstellungen der Veranstalter_innen der Märsche in Dresden. BraMM zeigte sich davon jedoch relativ unbeeindruckt, verzichtete stattdessen bei der Bewerbung ihrer heutigen Versammlung auf den Namenszusatz „PEGIDA“. Als Mobilisierungshilfe dürfte der Namen ohnehin nicht mehr benötigt werden, seit dem das sächsische Original durch Rücktritte und Spaltungsprozesse schwächelt.
Nährboden der extremen Rechten
Während die Sprachrohre der „frustrierten“ und nur um ihre „Meinung“ bemühten „Bürger_innen“ von der PEGIDA Führungsspitze also mehr oder weniger allein gelassen werden, sind die organisierten Parteien und Vereinigungen der extremen Rechten offenbar nun bestrebt das bestellte Feld zu ernten. Doch selbst die „REPUBLIKANER mit ihrem Landesvorsitzenden Heiko Müller sowie ihrem Jugendbeauftragten Andreas Jahnke als Hauptaushängeschilder der „BraMM“, dürften aufgrund der lokalen Personalschwäche der Partei und ihres geringen Einflusses in derzeitigen rechtskonservativen Parteienlandschaft nicht unbedingt die Hauptprofiteure ihrer eigenen Veranstaltung sein. Denn längst bilden Funktionäre und Sympathisant_innen der NPD und so genannter „freier Kräfte“ einen zahlenmäßigen nicht unerheblichen Anteil an der Brandenburger Demo. Die größten Neonazigruppen stammen dabei aus Brandenburg an der Havel, Bad Belzig, Rathenow und Premnitz. Von den bekannten NPD Funktionären, marschierten wieder die Abgeordneten André Schär und Pascal Stolle mit. Ebenfalls mit dabei war auch wieder Totschläger Sascha Lücke, der erst am letzten Montag einen verboten Gruß gezeigt haben soll. Ansonsten waren eher Neonazis aus der „zweiten Reihe“ anwesend, die in der Vergangenheit vor allem durch Gewalt- und Propagandadelikte auffielen. Auch heute bekannten sich diese Personen wieder recht offen zu ihrer Gesinnung. Eine Begleiterin von Sascha Lücke trug beispielsweise einen Pullover mit der Aufschrift: „NSBM – Töten für W.o.t.a.n.“ (NSBM steht für „National Socialist Black Metal“) und Martin K. aus Rathenow eine Mütze mit dem Slogan „Blod & Ära“ (die schwedische Aussprache für die verbotene Organisation „Blood & Honour“ bzw. der deutschen Inschrift „Blut und Ehre“ im HJ-Fahrtenmesser).
Immerhin war „BraMM“ durch eine zuvor auf ihrer Socialmedia-Präsenz verbreitete Erklärung bemüht im Vorfeld solche Personen von der Teilnahme an der Demo abzuraten, auch wurde ein einzelnes Schild mit einer schwarz-weiß-roten Fahne nicht im Aufzug zugelassen, jedoch im Hinblick auf die immer noch große Anzahl an Verstößen gegen die eigenen Auflagen blieben die Veranstalter gegenüber dem Neonaziblock wenig durchsetzungsfähig.
Pro Integration jetzt doch gegen Flüchtlinge?
Neben den üblichen Verdächtigen, die größtenteils bereits am vergangenen Montag, bei der ersten „BraMM“-Demo mitgelaufen sind, nahm heute auch eine bemerkenswerte Person, Regina R. aus Rathenow, teil. R. ist Mitglied der Rathenower „Bürgerinitiative Pro Integration – Contra Massenunterkünfte“, die im vergangenen Jahr vor allem durch Unterschriftenaktionen gegen das damals geplante, jüngst gebaute und inzwischen fertiggestellte Asylheim am Grünauer Weg in Rathenow, von sich reden machte. Angeblich ginge es der Bürgerinitiative, bei der auch zwei CDU Stadtverordnete mitmachen, hauptsächlich um eine Verhinderung von Containerunterkünften. Vorgeblich natürlich aus edlen Gründen, wie einer Verbesserung der Integration durch die alternative Anmietung von Wohnen. Allerdings haftete „Pro Integration“ schon immer der Geruch der Fadenscheinigkeit und – zumindest in bezug auf die Unterschriftenaktion – die Kooperation mit dem neonazistischen Milieu an, was diese jedoch vehement bestritten. Heute zeigte R., eine der bekanntesten Gesichter der Bürgerinitiative, sich jedoch ganz ungeniert auf der „BraMM“-Demo, wohlgemerkt einer Initiative der rechtskonservativen REPUBLIKANER, mit einem Schild und der offensichtlich gegen die derzeitige Asylpolitik gerichteten Aufschrift: „Macht erst mal das eigene Volk satt.“
Proteste lebhafter
Auch heute wurde natürlich auch gegen BraMM protestiert. Ungefähr 300 Menschen, darunter auch die Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann (CDU), kamen dazu zunächst auf einem etwas abseits gelegenen Teil des Neustädtischen Marktes zusammen und bekannten sich zu einem „bunten“ und „weltoffenen“ Brandenburg an der Havel.
Anschließend begaben sich ungefähr 200 Menschen in unmittelbarer Nähe der „BraMM“-Auftaktkundgebung und bekannten lautstark ihren Unmut über die Versammlung. Der Redebeitrag von Heiko Müller wurde zudem mit Pfiffen übertönt.
Trotzdem will „BraMM“ offenbar weitermachen und hat für den nächsten Montag eine weitere Demonstration angekündigt.
Fotos: hier
Am Montag den 02. Februar hat die BraMM, Brandenburger für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung, ihren zweiten Spaziergang durchgeführt. Auftaktort war wieder der Neustädtische Markt. Wie in der vergangenen Woche füllte sich der abgegitterte Platz nur langsam. Schlussendlich folgten dem Aufruf lediglich 85 Menschen. Die Teilnehmer_innenzahl hat sich folglich halbiert. Hierfür können eine Vielzahl von Ursachen zusammengetragen werden.Die Organisator_innen des Spaziergangs haben einen Wandel des Namens vorgenommen. Vergangene Woche hießen sie noch BraMM-PEGIDA, diese Woche nur noch BraMM. Ob Kathrin Oertel, ehemals im PEGIDA-Vorstand, ihre Drohung wahr gemacht hat und rechtliche Schritte gegen sogenannte Trittbrettfahrer eingeleitet hat oder BraMM diesen zuvor kam, bleibt spekulativ.
Nahmen vergangene Woche noch circa 40 bekannte Neonazis teil, waren es diese Woche nur die Hälfte. Diese kamen sowohl aus Brandenburg an der Havel selbst, aus Rathenow, Premnitz und Bad Belzig. Somit waren sowohl die „Freien Kräfte Brandenburg/Havel“ als auch die NPD-Potsdam-Mittelmark vertreten. Hier sei besonders auf die NPD-Kommunahlpolitiker André Schär und Pascal Stolle verwiesen. Möglichweise liegt die Ursache für den Rückgang in der vermeintlichen Distanzierung der BraMM, dort hieß es: „Deshalb laden wir alle Bürger, die sich auf dem Boden der freiheitlichen-demokratischen Grundordnung befinden, zu unserer Demonstration ein. Auf Personen die Krawall machen oder extremistisches Gedankengut absondern, sagen wir ganz klar, bleibt einfach zu Hause.“ Dass sie an einer wirklichen Distanzierung kein Interesse haben zeigte die wiederholte Teilnahme des Totschlägers S. Lücke. Diese kassierte in der vergangenen Woche eine Anzeige nachdem er den „Kühnengruß“ zeigte. Lücke war deutlich an seinem Pullover zu erkennen. Dort prangt auf der Brust der Zahlencode „88“ und auf dem Rücken das Wort „Hass“. Diesen trägt er übrigens bei jeder neonazistischen Kundgebung seit dem Jahr 2012.
Neben der Namensveränderung, der geschrumpften Teilnehmer_innenzahl aus dem neonazistischem Spektrum und der versuchten Distanzierung können noch weitere Gründe angeführt werden: Die gute Arbeit der bürgerlichen Presse und die klaren Worte von der Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann und Walter Paaschen – sie verwiesen jeweils deutlich darauf, dass am Spaziergang zahlreiche Neonazis und Rechtspopulist_innen teilnehmen.
Schon während der Veranstaltung versuchen die Organisator_innen des Spaziergangs diesen als vollen Erfolg zu verkaufen, auch wenn sich die Teilnehmer_innenzahl halbiert hat. Der zum Ende der Kundgebung skandierte Slogan „Wir sind das Volk“ entbehrte jeder Grundlage. Nichtsdestotrotz sind für die kommenden Montage weitere Spaziergänge angekündigt.
Erfolgreiche Gegenkundgebung
Wie schon in der vergangenen Woche fand auch dieses Mal eine Gegenkundgebung unter Federführung der Koordinierungsgruppe für Demokratie und Toleranz statt. Dem Aufruf folgten circa 250 bis 300 Personen. Auch hier lies die Mobilisierungskraft nach. Nachdem die Redebeiträge von den Vertreter_innen der Stadt gehalten wurden, machten sich circa 150 Menschen auf den Weg Richtung Kundgebungsort der BraMM und störten die Redebeiträge dieser massiv. Diese Reaktion der Gegendemonstrant_innen zeigt deutlich, dass sie es die nächsten Montage nicht mehr hinnehmen werden in 100 m Entfernung ihren Unmut kundzutun und im Anschluss den Spaziergang durch die Stadt ziehen zu lassen. Es wird Zeit den stationären demokratischen Protest auf die Straßen der Stadt zu tragen und den kommenden BraMM-Spaziergang Scheitern zu lassen. Nach diesen ersten Schritten, wird es nun zur Aufgabe weniger zu reagieren als zu agieren und den Rassist_innen weder die inhaltliche Hoheit, noch die auf der Straße zu überlassen.
AG Antifa [BRB]
Die neonazistischen Initiatoren der rassistischen Facebook-Seite „Frankfurt/Oder wehrt sich“ versuchen sich in Bürgernähe. Auf der Seite wird dazu aufgefordert, Spielsachen für „deutsche“ Kinder zu sammeln. Dass ausschließlich für „deutsche“ Kinder — beziehungsweise für jene, die die Macher*innen für solche halten – gesammelt wird, sollte hellhörig machen. Hinter den Kulissen wird das ganze von jener Gruppierung organisiert, die bereits einen rassistischen Aufmarsch in Frankfurt (Oder) am 17.01.2015 initiiert hat. Anmelderin dieser Demonstration war Franziska Koss.

Zum Glück fallen nicht alle auf die vermeintlich harmlose Aktion rein. Das Management des Frankfurter Südring Centers weigerte sich, als Abgabeort für die Spenden zu fungieren. In einem Schreiben an die antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder) heißt es: „Für diese Veranstaltung wird es auch vom Südring Center keine Genehmigung geben.“ Christine Toon, die Betreiberin von „Tina’s Partyservice“ hingegen scheint keine Berührungsängste mit den Neonazis zu haben. Mittlerweile präsentieren die besorgten Bürger*innen auf ihrer Facebook-Seite die ersten “Spenden”. T‑Shirts des Neonaziversandes Itsh84u- Streetwear. Dieser wird von Alexander Ulrich aus Karstädt (Prignitz) betrieben.

Rassist*innen bleiben Rassist*innen – auch wenn sie sich kinderlieb geben. Wer sie nicht konsequent isoliert und jegliche Zusammenarbeit mit solchen Organisationen verweigert, begibt sich in die Gefahr, als Feigenblatt für Rassismus und Menschenverachtung zu dienen.

