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Das Jahr 2008 bei der NPD BUM (Teil 2)

Pin­now — Mit dem Ver­schwinden des NPD Weblogs “Nationales Net­z­tage­buch­es” und der Entsorgung des gesamten Archivs geht der Webge­meinde eine Quelle nation­al­sozial­is­tis­ch­er Unbe­darftheit ver­loren. Begleit­et von aus­giebi­gen anti­semi­tis­chen Tiraden, lieferte das Weblog doch immer inter­es­sante Aspek­te über die Entwick­lung der NPD im Barn­im und der Uck­er­mark. (Teil 2)

Im August 2008 wurde der NPD-Orts­bere­ich in Schwedt (Uck­er­mark) reak­tiviert. Auf der Ver­samm­lung in Schwedt wurde Mike Neu­mann von 15 der anwe­senden Schwedter NPD-Mit­gliedern zum Vor­sitzen­den des Orts­bere­ich­es gewählt. Als Ziel wurde aus­gegeben, in den näch­sten Jahren einen eige­nen Kreisver­band Uck­er­mark aufzubauen. Etwa in dieser Zeit ver­lor Mike Sandow seinen Posten als Kreisvor­sitzen­der. Mar­co Rohde, bish­eriger Organ­i­sa­tion­sleit­er, über­nahm das Amt. Erkennbar war das an ein­er Impres­sum­sän­derung im „Nationalen Netztagebuch“.

In den frühen Mor­gen­stun­den des 26.08.2008 ver­nichtete ein bren­nen­der Car­port in Biesen­thal den Fuhrpark der Fam­i­lie Sandow fast voll­ständig. Zwei PKWs und zwei Fahrräder wur­den Opfer der Flam­men, zwei Kinder­fahrräder erhe­blich beschädigt, hieß es im „Nationalen Net­z­tage­buch“. Die NPD spricht von Bombe­nan­schlä­gen, die Polizei ging von Brand­s­tiftung aus und bemerk­te in ihrer Pressemit­teilung: „Für das angren­zende Wohn­haus und die darin befind­lichen Per­so­n­en bestand keine Gefährdung.“

Am Nach­mit­tag des­sel­ben Tages kam es in Biesen­thal zu ein­er Sol­i­dar­itäts­demon­stra­tion von 150–200 Anhängern der NPD, DVU und freien Kräfte. Der NPD Bun­desvor­sitzende Udo Voigt und der NPD-Lan­desvor­sitzende Klaus Beier waren eben­falls herbeigeeilt.

Im Sep­tem­ber wurde bekan­nt, dass ein ehe­ma­liges Stasige­bäude in Biesen­thal, das zulet­zt als Asyl­be­wer­ber­heim genutzt wurde, die Begehrlichkeit der NPD geweckt hat­te. Mit­tler­weile ist klar, dass Gebäude und Gelände von ein­er Dev­as­ta GmbH in Grün­dung gepachtet wor­den sind. Geschäfts­führer dieser Fir­ma ist der Ex NPD-BUM Chef Mike Sandow.

Kreistagswahlen

Die NPD hat­te ent­ge­gen der Ein­schätzung des Ver­fas­sungss­chutzes doch die Absicht in der Uck­er­mark zur Kreistagswahl am 28. Sep­tem­ber antreten. Die Partei hat­te kurzfristig Unter­stützer-Unter­schriften in Pren­zlau, Schwedt, Anger­münde und Tem­plin gesam­melt und alle notwendi­gen Unter­la­gen rechtzeit­ig eingereicht.

Am 27. Sep­tem­ber 2008 feierte man in Tem­plin einen Tag vor dem Urnen­gang ein Demokratiefest als eine Reak­tion auf die Ermor­dung des Arbeit­slosen Bernd K. durch zwei Tem­plin­er Recht­sex­trem­is­ten. Auf diesem Fest zeigte sich der NPD-Kan­di­dat für den Wahlkreis Tem­plin, Ste­fan Schulz, mit Ange­höri­gen ein­er neuen Kam­er­ad­schaft, den „Hate­core War­riors Uck­er­mark“. In dieser Gruppe „Autonomer Nation­al­is­ten“ waren teil­weise auch rechte Schläger aus Tem­plin eingebunden.

Bei den Kreistagswahlen in der Uck­er­mark erre­ichte die NPD vier Prozent der Stim­men und erhielt zwei Abge­ord­neten­man­date. Gewählt wur­den die 72-jährige Irm­gard Hack aus Uhlen­hof und der 22-jährige Schwedter Andy Kucharzewsky.

Im Barn­im wurde Mike Sandow in die Stadtverord­neten­ver­samm­lung von Biesen­thal und auf der DVU-Liste in den Barn­imer Kreistag gewählt. Seine erste Anfrage in der Stadtverord­neten­ver­samm­lung galt kon­se­quenter Weise auch dem Zus­tand des Erich-Müh­sam-Weges. Das ist die Zugangsstraße zum ehe­ma­li­gen Stasikom­plex, den die Dev­as­ta GmbH i. G. gepachtet hat.

Im Nor­dosten der Uck­er­mark, in Gebi­eten mit dem Zuzug pol­nis­ch­er Bürg­er, die meist in Stet­tin arbeit­en und hier kostengün­sti­gen Wohn­raum find­en, erre­ichte die NPD im Durch­schnitt acht Prozent. Es gab Dör­fer mit 36 Prozent (Wollin) und 19,6 Prozent (Bagemühl). Dem Recht­sex­trem­is­ten Christoph Ziese gelang es ohne Prob­leme zum Wahlvor­stand im Wahllokal von Wollin (Gemeinde Randow­tal) ernan­nt zu werden.

Für die Uck­er­mark lässt sich sagen, dass die jun­gen Män­ner aus dem Kam­er­ad­schaft­sum­feld jeden Fleck­en zwei Mal anfuhren und dort Wahlwer­bung verteil­ten, die gegen den Zuzug von pol­nis­chen Bürg­ern agi­tierte: „Zunehmend find­et beson­ders in den gren­z­na­hen Regio­nen zu Polen ein geziel­ter Bevölkerungsaus­tausch statt, indem jun­gen deutschen Arbeit­slosen anger­at­en wird, in die west­lichen Bun­deslän­der oder gar ins Aus­land zu gehen, um Arbeit zu bekom­men, gle­ichzeit­ig wer­den vor­wiegend pol­nis­che Arbeitssuchende in diesen Gebi­eten ange­siedelt.“ So erk­lärte sich auch das NPD-Wahlplakat mit der Auf­schrift „Wir bleiben hier!“

Schein­siege

Im Okto­ber startete die NPD Barn­im-Uck­er­mark eine Mit­glieder-Wer­bekam­pagne. Sie schöpfte Hoff­nung aus den Ergeb­nis­sen bei den Bran­den­bur­gis­chen Kommunalwahlen.

Am 28. Okto­ber fand die kon­sti­tu­ierende Sitzung des Kreistages des Land­kreis­es Uck­er­mark statt. Die 72-jährige NPD-Abge­ord­nete Irm­gard Hack hat­te als an Leben­s­jahren älteste Kreistagsab­ge­ord­nete die Auf­gabe, den Kreistag zu eröff­nen und ihn bis zur Wahl des oder der neuen Vor­sitzen­den zu leit­en. Es gelang ihr nicht, eine poli­tis­che Rede zu hal­ten, und sie verzichtete unter Protest auf die Eröffnung.

Christoph Ziese schien während der Sitzung einiges zu tun gehabt zu haben. Er ran­nte rum, hat­te standig sein Handy am Ohr und ver­suchte sog­ar mit Poli­tik­ern von die Linke ins Gespräch zu kom­men. Neben den Schwedter NPDlern waren einige junge Recht­sex­trem­is­ten aus Wollin erschienen: Steven Geißler, Chris­t­ian Karstädt, Erik Linke. Dazu die „Hate­core War­riors“ Franziska Sam­bors­ki, Nadine Neise und Kevin Müller. Es ging das Gerücht um, dass die recht­en Kam­meradIN­Nen ein Trans­par­ent mit der Auf­schrift „Linken Ter­ror stop­pen“ vor­bere­it­et hatten.

Viel zu feiern — wenig zu lachen

Am 13. Dezem­ber feierten etwas 25 Nazis aus Berlin, Meck­len­burg-Vor­pom­mern und Bran­den­burg eine vorge­zo­gene Win­ter­son­nen­wend­feier in den Räu­men eines Pren­zlauer Sportvere­ins. Für den Garten von Frau Hack war es den Recht­en wohl zu kalt. Vielle­icht wollte man auch der Polizeipräsenz aus dem Wege gehen, denn Frau Hack meldet Ver­anstal­tun­gen auf ihrem Grund­stück als Brauch­tums­feiern beim Ord­nungsamt an. In diesem Fall war der Raum unter dem Vor­wand “Wei­h­nachts­feier” angemietet wor­den. Da die alko­holis­chen Getränke den Kam­er­aden nicht reicht­en, wollte sich ein Penkuner Nazi bei ein­er Nach­barver­anstal­tung bedi­enen, was für Stre­it sorgte und die Polizei auf den Plan rief, die dann die rechte Ver­anstal­tung beendete.

Am 21. Dezem­ber 2008 ließ es ein Autor des “Nationalen Net­z­tage­buch­es” noch ein­mal richtig krachen. Stinkig, weil die Polizei eine Win­ter­son­nen­wend­feier von 70 Per­so­n­en in Althüt­ten­dorf (Barn­im) wegen eines Kel­tenkreuzes auf dem Feuer­holzhaufen gesprengt hat­te, wurde sie von den Nazis verspot­tet und dif­famiert. “Übri­gens … während den Repres­sion­s­maß­nah­men gegen die Feiern­den hat­te der Triebtäter Wern­er K. im Nach­barort Joachim­sthal alle Möglichkeit­en seine Triebe auszuleben. Seine Dauer­be­wachung wurde in dieser Zeit abge­zo­gen.”, wurde in dem Erleb­nisauf­satz über die Polizeiak­tion in Althüt­ten­dorf fälschlich­er Weise behauptet.

Jeden­falls war seit Jahres­be­ginn 2009 der Erleb­nisauf­satz über Althüt­ten­dorf aus dem “Nationalen Net­z­tage­buch” ver­schwun­den. Stattdessen empf­ing man den Welt­net­z­be­tra­chter so richtig undeutsch: “Not Found. Sor­ry, but you are look­ing for some­thing that isn’t here.”, getreu dem Mot­to des NN: “Wenn Lüge Wahrheit ist, wird Aufk­lärung zur Pflicht”.

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Nazi-Veranstaltung in Wietstock – SS Angehöriger eingeladen

Infori­ot – Am Sam­stag, den 16. Mai fand eine Nazi-Ver­anstal­tung in Wiet­stock nähe Lud­wigs­felde (Tel­tow-Fläming) statt. Ein­ge­laden war ein ehe­ma­liges Mit­glied der SS, das über seine Tätigkeit­en während des Nation­al­sozial­is­mus bericht­en sollte. Geplant war außer­dem die Vorstel­lung eines Buch­es mit dem Titel „Alles nur getürkt“, in dem die „Lügen“ von Mölln, Solin­gen und Ros­tock Licht­en­hagen „ent­tarnt“ wer­den soll­ten. In diesen Städten fan­den Anfang der 90er Jahre Pogrome und Bran­dan­schläge auf Woh­nun­gen von Migrant_innen und so genan­nte Asyl­be­wer­ber­heime statt, wobei mehrere Men­schen starben.

Aus Angst vor Repres­sion und Gegen­protesten, wurde die Ver­anstal­tung nicht öffentlich bewor­ben: Es wurde stattdessen zu einem inter­nen Schleusungspunkt nach Blanken­felde, dem Wohnort des Organ­isators Dirk Rei­necke, geladen. Geschniegelt in Anzug und mit blauem VW-Bus nahm Rei­necke diejeni­gen in Empang, die sich an den Aus­führung des Alt­nazis inter­essiert zeigten. Von Blanken­felde aus, ging es dann in eine Gast­stätte im ca. 12 km ent­fer­n­ten Wiet­stock. Der Wirt der Gast­stätte „Stixx Wiet­stock“ soll nach Aus­sage Rei­neck­es „ein­er von uns“ – also ein Nazi — sein.

Etwa 60 bis 80 Teil­nehmer kamen schließlich um den SS-Vet­er­an zu erleben: Viele aus Tel­tow Fläming, u.a. Denis Här­tel von den Freien Kräfte Tel­tow Fläming, aber auch aus Berlin und weit­en Teilen Bran­den­burgs: Brandenburg/Havel und den Land­kreisen Dahme-Spree­wald, Oder-Spree, Pots­dam-Mit­tel­markt, Barn­im und Havel­land. Bei der Ver­anstal­tung war auch Alfred Zutt aus Waren an der Müritz (Meck­len­burg Vor­pom­mern). Er betreibt dort gemein­sam mit sein­er Frau Doris den Naziladen „Zutts Patri­o­ten­tr­e­ff“. Die NPD´lerin Doris Zutt trat in Waren bere­its vor Jahren zur Wahl der Ober­bürg­er­meis­terin an. Auch der Lan­deschef der Berlin­er NPD, Jörg Häh­nel, nahm an der Ver­anstal­tung teil. Bere­its im März 2009 sollte im „Stixx Wiet­stock“ ein Lieder­abend mit Häh­nel stat­tfind­en.
Auch die Polizei war heute vor Ort und nahm die Per­son­alien aller Anwe­senden auf, ohne die Ver­anstal­tung jedoch zu beenden.

Organ­isator Dirk Rei­necke ist bekan­nt als so genan­nter Reichs­bürg­er und Holo­caustleugn­er u.a. durch Prozesse in Bernau. Hier hat­te Rei­necke 2004 zusam­men mit Gerd Wal­ter, Rain­er Link und Wolf­gang Hack­ert vor ein­er Schule in Bernau Flug­blät­ter verteilt und darin den Holo­caust geleugnet. Unter­stützt wur­den sie während der Prozesse durch den bekan­nten Holo­caustleugn­er Horst Mahler und Sylvia Stolz, die vor kurzem den Hit­ler­gruß zeigte, als sie zu ein­er Haft­strafe verurteilt wurde. Die Reichs­bürg­er sehen sich als „kom­mis­arische Reich­sregierung“, des für sie noch exis­ten­ten deutschen Reich­es. 2008 wur­den Rei­necke und co für die Leug­nung des Holo­caust zu Geld­strafen und Bewährungsstrafen verurteilt.

 

Här­tel, Aktivist der Freien Kräfte Tel­tow Fläming, ist Anmelder ein­er geplanten Neon­azi-Demon­stra­tion am kom­menden Sam­stag in Luck­en­walde. Ein Bünd­nis aus linken Grup­pen plant mit diversen Aktio­nen und ein­er Gegen­demon­stra­tion am 23. Mai gegen den recht­en Aufzug vorzuge­hen. Weit­ere Infor­ma­tio­nen unter www.linker-flaeming.de.vu

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Am 23.05.: Gemeinsam gegen Nazis in Luckenwalde

Am 23.Mai, dem Tag des Grundge­set­zes, wollen Neon­azis aus dem mil­i­tan­ten
Spek­trum der freien Kam­er­ad­schaften eine Demon­stra­tion in Luck­en­walde,
wenige Kilo­me­ter südlich von Berlin durch­führen. Diese faschis­tis­che
Demon­stra­tion ist der vor­läu­fige Höhep­unkt ein­er beson­ders
aktion­sori­en­tierten mil­i­tan­ten Neon­aziszene in Tel­tow-Fläming. Nach­dem am
Anfang des Jahres die Freien Kräfte Tel­tow-Fläming mehrfach
Gedenkver­anstal­tun­gen zur Shoah in der bran­den­bur­gis­chen Kle­in­stadt Zossen
gestört haben und durch mehre Sprühereien auf sich aufmerk­sam gemacht
haben, wollen sie nun ihre men­schen­ver­ach­t­ende Ide­olo­gie nach Luck­en­walde
tra­gen. Unter dem Mot­to „60 Jahre Lüge sind genug! Schluss mit diesem
Volks­be­trug“ mobil­isieren die freien Kräfte bun­desweit. Der Aufruf, der
vom ange­blichen „Betrug am deutschen Volk“ schwadroniert, ent­larvt die
anti­semi­tis­che und geschicht­sre­vi­sion­is­tis­che Wah­n­welt der Neon­azis, und
belegt außer­dem die enge Zusam­me­nar­beit zwis­chen jun­gen Neon­azis und den
ein­schlägig bekan­nten Berlin­er Reichs­bürg­ern Rain­er Link und Gerd Wal­ter,
die sich eben­falls in Berlin­er Umland niederge­lassen haben. Angemeldet
wurde die Demon­stra­tion, die vom Bahn­hof Rich­tung Innen­stadt und wieder
zurück­ge­hen soll von dem bekan­nten Neon­azi und Mit­glied der Freien Kräfte
Den­nis Här­tel. Dieser geht derzeit von 300 Teil­nehmern aus, die in
Luck­en­walde ihr Unwe­sen treiben wollen.

Aus diesem Grund hat sich das spek­trenüber­greifende antifaschis­tis­che
Bünd­nis „Link­er Fläming Unit­ed“ gegrün­det, welch­es sich unter dem Mot­to:
„Gemein­sam gegen Nazis – Kein Ort für die Ver­drehung der Geschichte!“ den
Neon­azis an diesem Tag ent­ge­gen­stellen will.

Wir kön­nen Sie aufhal­ten! Lassen wir es nicht zu, dass sich Neon­azis im
Berlin­er Hin­ter­land bre­it machen! Lassen wir es nicht zu, dass die Freien
Kam­er­ad­schaften in Bran­den­burg in aller See­len­ruhe ihre
men­schen­ver­ach­t­ende Ide­olo­gie ver­bre­it­en kön­nen. Set­zten wir ihnen aktiv­en
und bre­it­en Wider­stand ent­ge­gen und putzen wir die Nazis auch von
Luck­en­walden­er Straßen.

Kommt deshalb alle am 23.Mai um 11 Uhr nach Luck­en­walde! Beteiligt euch
dort an unser­er großen Bünd­nis­de­mo und nutzt die dezen­tralen
Kundge­bung­sorte, um euren antifaschis­tis­chen Protest Aus­druck zu
ver­lei­hen!

Kein ruhiges Hin­ter­land für Faschis­ten!
Am 23.Mai Neon­azis kreativ und offen­siv entgegentreten!

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Urteil im Mordprozess: Gericht bestätigt rechtsextremes Motiv

Neu­rup­pin — Am Dien­stag, den 5. Mai verkün­dete Gert Weg­n­er, Vor­sitzen­der Richter am Landgericht Neu­rup­pin, das Urteil im Tem­plin­er Mord­prozess. Die Kam­mer
sprach nach zwölf Ver­hand­lungsta­gen den Angeklagten Sven P. des Mordes
schuldig und verurteilte ihn zu ein­er Jugend­frei­heitsstrafe von zehn
Jahren. Der Mitangeklagte Chris­t­ian W. wurde der Bei­hil­fe zum Mord durch
Unter­lassen für schuldig befun­den und erhielt eine Gesamt­frei­heitsstrafe
von neun Jahren und drei Monaten.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die bei­den jun­gen Män­ner den
55-jähri­gen Fam­i­lien­vater Bernd K. in der Nacht vom 21. zum 22. Juli
2008 bru­tal mis­shan­delt und zu Tode geprügelt hat­ten, weil sie ihn
auf­grund seines sozialen Sta­tus als Alko­ho­lik­er ver­achteten. Das »völ­lig
wehrlose« Opfer sei nicht zufäl­lig gewählt wor­den, so das Gericht;
vielmehr habe das »neon­azis­tis­che Men­schen­bild« der Täter eine wichtige
Rolle gespielt. Der Haupt­täter Sven P. habe zudem aus Mord­lust gehandelt.

Bis zum Schluss hat­te die Vertei­di­gung in Abrede gestellt, dass die
recht­sex­treme Ein­stel­lung der Täter Ursache für die bru­tale Tat gewe­sen
sein kön­nte. Die neon­azis­tis­che Überzeu­gung der Bei­den hat­ten sie
verniedlichend als »ver­queres Welt­bild« beze­ich­net. Wie die Kam­mer das
Motiv der Tat bew­erten würde, war während des Ver­fahrens nicht abse­hbar.
Zwis­chen­zeitlich hat­te der Vor­sitzende Richter geäußert, er könne kein
recht­sex­tremes Tat­mo­tiv erken­nen, son­dern gehe von ein­er »typ­is­chen Tat
im Trinker­m­i­lieu« aus.

Urteilsbegründung:

Mit der Urteils­be­grün­dung schloss sich das Gericht weit­ge­hend der
Argu­men­ta­tion von Staat­san­waltschaft und Neben­klage an: Bernd K. wurde
grausam mis­shan­delt und getötet, weil die Täter sich als Her­ren über
Leben und Tod auf­spiel­ten und sich anmaßten, sein Leben als
»min­der­w­er­tig« und »ver­acht­enswert« zu betra­cht­en. Dass Chris­t­ian W. in
den Monat­en vor der Tat ein kumpel­haftes Ver­hält­nis zum Opfer gehabt
hat­te, erscheint nur auf den ersten Blick wider­sprüch­lich. Solange er
sich durch den Kon­takt Vorteile erhoffte – Bernd K. schenk­te ihm unter
anderem ein Fahrrad und teilte Alko­hol mit ihm –, hat­te er nichts gegen
ihn einzuwen­den. Aber schon auf dem Weg zur Werk­statt, in der die Tat
verübt wurde, zeigte sich die tiefe Mis­sach­tung der Per­son des Bernd K.
Chris­t­ian W. war es, der ihn mit ein­er, so das Gericht, »erstaunlichen
Men­schen­ver­ach­tung« als »Pen­ner« und »alten Sack« beschimpfte, mit einem
Tier gle­ich­set­zte und vor sich her trieb.

Während der Mis­shand­lun­gen – über 30-mal soll Sven P. in das Gesicht des
Opfers getreten haben – sah Chris­t­ian W. keinen Grund, sich schützend
vor ihn zu stellen. Ob er sich selb­st in größerem Maße aktiv an der
Gewalt beteiligte, bleibt aus Sicht des Gerichts ungek­lärt. Zugegeben
hat­te er lediglich zwei Schläge und Tritte.

Für die Hin­terbliebe­nen war es erle­ichternd, dass der Prozess nach
vie­len Verzögerun­gen endlich zu Ende ging. Dass die Mor­dan­klage gegen
Chris­t­ian W. fall­en gelassen wurde, bleibt für die Fam­i­lie
unver­ständlich. Angesichts dessen, dass der Fall in den Medi­en und
teil­weise auch vor Gericht als »Schlägerei unter Saufkumpa­nen«
dargestellt wurde, ist die Bedeu­tung, die der neon­azis­tis­chen
Ein­stel­lung der Täter in der Urteils­be­grün­dung beigemessen wurde, von
großer Wichtigkeit.

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Bernd K. : Es gab ein Leben vor dem Tod

Tem­plin — Bernd Ks. Leben ver­lief neben den Schlagzeilen. Erst sein Tod brachte ihn kurzzeit­ig in die Medi­en, machte ihn zum sen­sa­tion­strächti­gen Opfer rechter Gewalt. Erst sein Tod ließ ihn obdach­los wer­den, machte ihn zum arbeit­slosen Alko­ho­lik­er – oder pro­sais­ch­er – zu einem, der am Rande der Gesellschaft lebte. Es passte so schön ins jour­nal­is­tis­che Welt­bild: Zwei Ange­hörige der recht­en Szene Tem­plins töten einen Obdachlosen auf bru­tal­ste Weise. Sie haben ihn zertreten wie man Ungeziefer zer­tritt. Während des Prozess­es um diesen Mord wurde viel über sein Ster­ben gesprochen aber nie über sein Leben.

Hier wohnt Stip­pi“ ste­ht noch heute an der Tür zur ehe­ma­li­gen Böttcher­w­erk­statt seines Vaters, die er Mitte der 90er Jahre von den Geschwis­tern gekauft hat­te. Hier hat­te ihn am frühen Mor­gen des 22. Juli 2008 sein Kumpel Uwe L. auf der Suche nach Alko­hol tot aufge­fun­den. Zu Tode getreten von zwei jun­gen Män­nern. Der eine, Chris­t­ian W., war bere­its am Vor­abend mit Bernd K. unter­wegs und hat­te mit ihm ein paar Bier getrunk­en, der andere, Sven P., stieß zufäl­lig hinzu.

 

Dort drin­nen haben wir immer Ver­steck­en und Fan­gen gespielt. Und Ostereier gesucht,“ erin­nert sich Bernd Ks. Schwest­er Wal­traud. Die 64-jährige res­olute kleine Frau beschreibt die Werk­statt des Vaters als einen Spielplatz sein­er Kind­heit. Nur wenige Schritte ent­fer­nt, an der Müh­len­straße im Wohn­haus der Fam­i­lie, hätte er eigentlich zur Welt kom­men sollen, wenn während der Schwanger­schaft keine Kom­p­lika­tio­nen aufge­treten wären.

Wir Geschwis­ter sind ja alle zu Hause geboren wur­den“, erk­lärt Wal­traud K., „nur bei Stip­pi war das anders. Unsere Mut­ter musste ins Kranken­haus. Sie wäre fast bei der Geburt getorben.”

Am 27. Juli 1952 wurde Bernd K. geboren. Er war das achte Kind, dazu ein Nachzü­gler, ein Nesthäkchen, Liebling der Mut­ter, und der Geschwis­ter, Stip­pi eben. „So hieß er von Anfang an“, bestätigt die Schwest­er. Der Vater habe ihn nicht so gemocht, ergänzt sie: „Weil unsere Mut­ter ihn immer ver­hätschelt hat.“

Wil­helm Pieck, der Präsi­dent der DDR, wurde sein Pate, und der Staat schenk­te ihm ein Spar­buch mit 100 Mark, die er zu seinem 18. Geburt­stag abheben durfte.

Über die Schulzeit weiß die Schwest­er wenig zu bericht­en. Acht Jahre besuchte er die Poly­tech­nis­che Ober­schule in Tem­plin. „Er hätte auch zehn geschafft. Aber er kon­nte die Lehrerin nicht lei­den. Da ist er lieber in die Lehre.“

Er machte seinen Fachar­beit­er für Melo­ration. Er wurde ein­er, der in der Entwässerung tätig war. Ein Bag­ger­führer, und zwar ein geschick­ter. „Er war mit seinem Seil­bag­ger genau­so schnell wie die Kol­le­gen mit den mod­er­nen Hydraulikgeräten.“ erin­nert sich der Schwa­ger. „16 Jahre hat er dort gut Arbeit gemacht.“

Bernd K. wohnte weit­er im elter­lichen Haus. „Er wohnte in Sper­lingslust“, schmun­zelt die Schwest­er, „Hier oben direkt unterm Dach.“

1971 musste er zum Mil­itär­di­enst. Er durfte der DDR in der Nähe Neubran­den­burgs dienen, indem er das Rollfeld des Mil­itär­flughafens Trol­len­hagen fegte. „Da habe ich ihm ein­mal im Monat ein Päckchen geschickt. Gut darin ver­steckt immer eine kleine Flasche Schnaps. Das war ja verboten.“

Nach dem Mil­itär besorgte er sich eine MZ. „Unsere Mut­ter hat ihm dafür das Geld geliehen“, weiß die Schwest­er zu bericht­en „Aber er hat in Rat­en zurück­gezahlt.“ Viele Rat­en musste er allerd­ings nicht zurück­zahlen. Öfters ging es am Woch­enende nach Boitzen­burg in die Diskothek, den Fre­und auf dem Soz­ius. Es wurde gefeiert, getanzt und gesof­fen. „In der Woche hat er nie gesof­fen, höch­stens ein Feier­abend­bier getrunk­en“, erk­lärt Wal­traud K. „Aber an den Woch­enen­den, da ging es immer rund.“

Ein­mal war es ein zu kurz­er Schlaf in ein­er Sche­une. Die Fahrt endete im Graben. K. blieb unver­let­zt, der Fre­und starb zwei Wochen später im Kranken­haus. Bernd K. musste für zwei Jahre ins Gefäng­nis. Der Vater verkaufte das Motor­rad, ohne seinen Sohn zu fragen.

Gear­beit­et hat­te er in diesen zwei Jahren in der Häftlings­bri­gade im Stahlw­erk Riesa. Er hat­te es sog­ar zum Brigadier gebracht. Die Truppe arbeit­ete gut. Ihm wurde Bewährung ange­boten. „Das wollte er nicht“, sagt die Schwest­er bes­timmt. „Er wollte die Strafe ver­büßen und danach seine Ruhe haben.“

 

Anfang der 80er fing er an, im Vere­in Tis­chten­nis zu spie­len. Er war nicht schlecht, kämpfte um die Kreis­meis­ter­schaft. Später trainierte er die Jugend­mannschaft. Er fotografierte gern, entwick­elte die Fotos sog­ar selb­st. Er trank aber auch weit­er Alkohol.

1987 wech­selte er als Kraft­fahrer in das Getränkekom­bi­nat. Er wurde Bierkutsch­er. Wann das Trinken in Abhängigkeit umschlug, lässt sich heute nicht mehr klären. Als er 1988 einem Magen­durch­bruch erlitt kam er nur knapp mit dem Leben davon.

Er hat­te riesige Schmerzen, hat­te ja schon Blut im Stuhl. Dann habe ich einen Arzt geholt. Der hat ihn sofort eingewiesen.“ Wal­traud K. erin­nert sich, das sie nach der Oper­a­tion von einem Arzt stark gerüf­felt wurde. „Der war richtig zornig und brüllte mich an. Warum nie­mand gesagt habe, dass ihr Brud­er Alko­ho­lik­er sei.“ Bernd K. hat­te im Kranken­z­im­mer ran­daliert. Die Ärzte erzwan­gen den kalten Entzug. Nie­mand aus seinem Umfeld hat­te das bis dahin gemerkt, dass er alko­ho­lab­hängig war.

Bernd K. war wed­er nüchtern noch betrunk­en aggres­siv. Er wird als fre­undlich­er und lustiger Men­sch geschildert, der sich zurück­zog, wenn es Stre­it gab.

 

Ein Jahr später ver­liebten sich Bernd K. und Car­o­la G. ineinan­der. „Seine gan- ze Art war liebenswert und fre­undlich,“ beschreibt die Witwe Car­o­la K. seine Wesen. Sie zog zu ihm in die Müh­len­staße. Von Alko­hol bemerk­te sie nichts. „Ein Feier­abend- bier, mehr nicht.“ Zwei Töchter, Sarah und Stel­la, wur­den geboren. 1994 heirateten die Bei­den im eng­sten Fre­un­deskreis. „Sein­er Fam­i­lie hat­ten wir nichts davon gesagt“, erin­nert sich die Ehe­frau an den Tag der Hochzeit. “Er ging ein­fach hoch zu Trau­di und sagte, ihr braucht keinen Kaf­fee zu kochen. Der Tisch ist bei uns schon gedeckt. Wir haben uns heute zusam­men­schreiben lassen.“ Nach der Geburt der zweit­en Tochter zog die Fam­i­lie aus der Müh­len­straße aus.

Die Wende brachte das Ende der Kom­bi­nate. Bernd K. wollte mehr Geld ver­di­enen. Er fand eine Anstel­lung als Bau­mas­chin­ist. Bis 2000 hat­te er regelmäßig Arbeit. Danach war er mit kurzen Unter­brechun­gen ständig arbeitslos.

Ohne die Arbeit fing er an, mehr zu trinken. Es war ein schle­ichen­der Prozess,“ erin­nert sich Car­o­la K: „Später bin ich immer durch Tem­plin gefahren und habe ihn gesucht.“ Unzäh­lige Male hat­te sie ihn betrunk­en aufge­le­sen und nach Hause gebracht. Falls die Polizei ihn nicht schon vorher gefun­den hat­te. Drei Mal war er in den fol­gen­den Jahren im Entzug. „Er hat sich immer geweigert, eine Ther­a­pie zu machen“, erzählt Car­o­la K. „Ich lass mir doch mein Bier nicht nehmen, war dann sein Standardsatz.“

Ein Jahr vor seinem Tod löste er seine Lebensver­sicherung auf. Von dem Geld kaufte er sich eine Tis­chten­nis­plat­te, Fotoap­pa­rate und zwei Fahrräder. Es wirk­te wie ein Ver­such, die Erin­nerung an eine schönere Zeit wachzuhal­ten. Vielle­icht war es auch ein Ver­such, dem Leben wieder einen Sinn zu geben. Doch seine Saufkumpa­nen ließen das nicht zu. Die Tis­chten­nis­plat­te war sofort aus der Werk­statt ver­schwun­den. Zwei Fotoap­pa­rate und ein Fahrrad taucht­en nie wieder auf. Und das verbliebene Rad fis­cht­en die Polizis­ten kurze Zeit nach dem Mord aus dem Kanal.

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Geschenktem Gaul ins Maul geschaut

Brüs­sow — Der geschenk­te Gaul wäre wohl zu stör­rig gewe­sen. Anders kann man es sich nicht erk­lären, dass die Mit­glieder des Amt­sauss­chuss­es im Amts­bere­ich Brüs­sow in der let­zten Woche das Ange­bot des „Lokalen Aktion­s­planes Uck­er­mark“ (LAP) ein­stim­mig abgelehnt haben, eine im Rah­men des Bun­de­spro­gramms „Jugend für Vielfalt, Tol­er­anz und Demokratie – gegen Recht­sex­trem­is­mus, Frem­den­feindlichkeit und Anti­semitismus“ finanzierte Sozial­rau­m­analyse im Bere­ich Brüs­sows durchzuführen.

Lei­der blieben die Gründe für diese Ablehnung bis jet­zt im Dunkeln. Während der Amt­sauss­chuss­sitzung gab es nur wenige Wort­mel­dun­gen zu diesen The­ma: Amts­di­rek­tor Neu­mann teilte mit, dass die Stadt Tem­plin eine Sozial­rau­m­analyse mit Unter­stützung des LAP Uck­er­mark durch Wis­senschaftler der Uni­ver­sität Pots­dam durch­führen lassen wird. Der Vor­sitzende des Amt­sauss­chuss­es Joachim Vöcks erläuterte, dass man ja schon alles in der Bürg­er­meis­ter­runde bere­det habe. „Wir brauchen keine Sozial­rau­m­analyse,“ war eine weit­ere Wort­mel­dung. Zulet­zt gab es noch die Frage, wer denn Zugriff auf das Ergeb­nis der Analyse habe? Antwort: Alle. Danach wurde ein­stim­mig abgelehnt.

Hin­ter­gründe

Im Begleitauss­chuss des LAP Uck­er­mark, ein Unter­auss­chuss des Kreistages, der über die Ver­gabe der Fördergelder im Rah­men des Bun­de­spro­grammes entschei­det, war man übere­in gekom­men, 50 Prozent der Gelder im Jahr 2009 für Sozial­rau­m­analy­sen bere­it zu stellen. Dabei hat­te man zwei Gebi­ete der Uck­er­mark im Auge, die im let­zen Jahr Beson­der­heit­en aufwiesen.

Auf der einen Seite Tem­plin, das in den Jahren 2007 und 2008 von eine Welle rechter Gewalt über­spült wurde und erste einen Mord brauchte, um wachgerüt­telt zu wer­den. Auf der anderen Seite das Gebi­et ent­lang der Randow im Nor­dosten der Uck­er­mark, das bei den Kreistagswahlen im Herb­st let­zten Jahres durch hohe Stim­man­teile für die NPD auf sich aufmerk­sam gemacht hat­te. In Wollin, einem Ort­steil der Gemeinde Randow­tal, hat­te es die NPD auf 34 Prozent gebracht. Dazu war dort der Recht­sex­trem­ist Christoph Ziese als Wahlleit­er im örtlichen Wahllokal einge­set­zt worden.

Der zweite extreme Wert waren die 19,4 Prozent für die NPD im Brüs­sow­er Ort­steil Bagemühl. Dort hat­te ein pol­nis­ch­er Investor die Dor­f­gasstätte über­nom­men, ren­oviert und einige Arbeit­splätze geschaffen.

Diskus­sion

Als Reak­tion auf den im Ver­hält­nis zur gesamten Uck­er­mark hohen NPD Stim­man­teil beschloss die neu gewählte Stadtverord­neten­ver­samm­lung von Brüs­sow eine Res­o­lu­tion gegen Frem­den­feindlichkeit und begrüßte den Zuzug pol­nis­ch­er Bürg­er. Während der Diskus­sion um den Res­o­lu­tion­s­text war man sich sehr uneinig über die Ursache der vie­len NPD Stimmen.

Während einige Leute auf die polen­feindliche Wahl­pro­pa­gan­da der NPD hin­wiesen: „Zunehmend find­et beson­ders in den gren­z­na­hen Regio­nen zu Polen ein geziel­ter Bevölkerungsaus­tausch statt, indem jun­gen deutschen Arbeit­slosen anger­at­en wird, in die west­lichen Bun­deslän­der oder gar ins Aus­land zu gehen, um Arbeit zu bekom­men, gle­ichzeit­ig wer­den vor­wiegend pol­nis­che Arbeitssuchende in diesen Gebi­eten ange­siedelt.“ gin­gen andere Stadtverord­nete zu ein­er beispiel­losen Wäh­lerIn­nenbeschimp­fung über: Die NPD-Wäh­ler seien ja zu blöd, ihren Namen zu schreiben. Aus gle­ichem Munde kam aber auch die Behaup­tung: Die NPD Wäh­ler seien alles nur Protest­wäh­ler. Den Wider­spruch zwis­chen diesen bei­den Aus­sagen wollte man allerd­ings nichts erkennen.

Abtauchen

Über die Ursachen, warum denn die Randowre­gion im Ver­hält­nis zur gesamten Uck­er­mark dop­pelt so viele Schrei­bunkundi­ge oder dop­pelt so viele Protest­wäh­ler hat, wollte und will man bei den Brüs­sow­er Stadtverord­neten von Die Linke, SPD und CDU bess­er nicht nach­denken oder nach­forschen. Denn son­st hätte man ja das Ange­bot ein­er fremd­fi­nanzierten Sozial­rau­m­analyse mit Kuss­hand angenommen.

Im Amts­bere­ich Gram­zow, zu dem die Gemeinde Randow­tal gehört, gab es im Amt­sauss­chuss eine ähn­lich ablehnende Hal­tung zum The­ma Sozialraumanalyse.

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Geplante Nazidemo in Rathenow ist angemeldet

Wie der Inter­net­präsenz der so genan­nten „Nationalen Sozial­is­ten Prem­nitz“ zu ent­nehmen ist, wurde der von der NPD angekündigte Auf­marsch zum Jahrestag der Bom­bardierung Rathenows im Zweit­en Weltkrieg jet­zt auch offiziell als Demon­stra­tion durch das Rathenow­er Stadt­ge­bi­et angemeldet.

Bish­er mobil­isierte näm­lich die regionale NPD Sek­tion, ver­mut­lich aus tak­tis­chen Grün­den, lediglich für eine als Mah­nwache mit anschließen­der Kranznieder­legung aus­gegebene Ver­anstal­tung. Auch scheint inzwis­chen bei der havel­ländis­chen Polizei eine Anmel­dung für eine Demon­stra­tion vorzulegen.

Begin­nen soll der Marsch, nach bish­erigem Ken­nt­nis­stand, am Sam­stag, den 18. April 2009, um 14.00 Uhr am Haupt­bahn­hof in Rathenow. Gemäß der geplanten Route über den Friedrich Ebert Ring, Fontane Straße, Forststraße, Berlin­er Straße und Bran­den­burg­er Straße scheint das Hauptziel der (Neo)nazis ein­mal mehr der evan­ge­lis­che Fried­hof auf dem Wein­berg zu sein, auf dem sich ein Gedenk­feld für die Opfer der bei­den Weltkriege befind­et. Hier will die NPD offen­bar, ähn­lich wie in den Vor­jahren, eine Kranznieder­legung durchführen.

Zu der Ver­anstal­tung erwartet wer­den unge­fähr 100 (Neo)nazis, die ver­mut­lich auch aus anderen Regio­nen anreisen.

Weit­ere Erken­nt­nisse zum geplanten Ablauf der Naziver­anstal­tung sowie zu erwä­gen­den Gege­nak­tiv­itäten wer­den in der näch­sten Woche folgen.

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Welle in Wallmow: „flur 1“ startet Diskussionsreihe “Miteinander im Gespräch”

Wall­mow — Fre­itagabend let­zter Woche hat­te der Dor­fkrug in Wall­mow zahlre­ichen Besuch. Etwa 50 Wall­mow­erIn­nen – die Hälfte davon unter 30 — waren gekom­men, um sich den Film „Die Welle“ von Den­nis Gansel anzuschauen und hin­ter­her darüber zu disku­tieren, ob “Faschis­mus” in Deutsch­land wieder möglich wäre.

Die sich an den Film anschließende Diskus­sion, die von Eva Wendt mod­eriert wurde, schilderten Anwe­sende als gut, offen, per­sön­lich und sehr nah am Film. Bezüge zum Dorf Wall­mow wur­den allerd­ings kaum gezogen.

Der eigentliche Anlass für die Diskus­sion­srei­he waren nicht näher in Erfahrung zu brin­gende Vor­fälle mit rechtem Hin­ter­grund und Stre­it­ereien, die es im let­zten Jahr um den Wall­mow­er Jugend­klub gegeben haben soll. Auch in diesem Jahr soll es bere­its wieder Ärg­er mit recht­en Jugendlichen gegeben haben.

Das The­ma schien auch ein paar Kam­er­aden aus der recht­en Szene der Uck­er­mark ange­lockt zu haben. Ste­fan Schulz, NPD Kan­di­dat für den Wahlkreis 4 bei den Kreistagswahlen im let­zen Jahr, betrat den Film­saal kurz nach­dem das Licht gelöscht wor­den war. Begleit­et wurde er von dem Wolliner Chris­t­ian Z., der in Pots­dam Ver­wal­tungswis­senschaft studiert, und dem Blondschopf K. aus Wollin (Randow­tal), der erst im Feb­ru­ar auf der Dres­den­er Nazi-Demo im Barn­im-Uck­er­mark Block gesichtet wor­den war. Nach der Auf­forderun­gen, sich doch ein­fach zu set­zen, maulte Schulz zurück, dass er lieber ste­he. Die drei jun­gen Män­ner zogen sich kurze Zeit später in den Schankraum zurück und verzichteten darauf, eine Welle zu machen.

Im April plant die Jugend­kun­stschule “flur 1” eine Gespräch­srunde und zeigt den Film „Der Kick“ von Andres Veiel, der sich mit dem grausamen Mord an einem Jugendlichen in Pot­zlow beschäftigt.

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Mehr (neo)nazistische Propagandadelikte im Landkreis Havelland

Wie der havel­ländis­chen Tage­spresse zu ent­nehmen ist, stellte die regionale Polizeiführung gestern die lokale sta­tis­tis­che Entwick­lung der angezeigten Ver­stöße gegen das Strafrecht für das Jahr 2008 vor. 

Nach dieser Krim­i­nal­sta­tis­tik seien im polizeilichen „Schutzbere­ich Havel­land“ u.a. die durch Anzeigen bekan­nt gewor­de­nen poli­tis­chen Straftat­en im Ver­gle­ich zu 2007 wieder auf­fal­l­end, genauer gesagt um ca. 30 %, angestiegen.

Die pro­gres­sive Entwick­lung von 80 auf 103 Delik­ten führten die Sta­tis­tik­er der Polizei dabei expliz­it auf eine Zunahme der erfassten, (neo)nazistischen „Pro­pa­gan­dade­lik­te“ zurück, während die reg­istri­erten Gewalt­tat­en mit fünf den eher ger­ingfügigeren Teil der Erfas­sung ausmachten.

Zu ein­er ähn­lichen Diag­nose kam bere­its die Recherche(gruppe) West­havel­land in ihrer Doku­men­ta­tion zum lokalen (Neo)nazismus für das Jahr 2008.

Auch aktuell set­zt sich der Trend zu Ver­stößen gegen die Strafrechtspara­graphen 86a (Ver­wen­dung von Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organ­i­sa­tio­nen) und 130 (Volksver­het­zung), ins­beson­dere in der havel­ländis­chen Kreis­stadt Rathenow, weit­er fort.
An min­destens drei Eisen­bahn­brück­en wur­den am ver­gan­genen Woch­enende ins­ge­samt 44 aufge­sprühte oder aufge­malte Hak­enkreuze, drei Dop­pel-Sig Runen (SS — Embleme) und sechs Parolen mit NS ver­her­rlichen­den, volksver­het­zen­den oder ähn­lichem Inhalt festgestellt.

Einen lokalen Schw­er­punkt, der an ander­er Stelle eben­falls in der havel­ländis­chen Tage­spresse the­ma­tisiert wurde, bildete dabei die Bah­nüber­querung der Hav­el, südlich des Wein­berges. Hier befind­et sich im Rah­men des Straßen­baupro­jek­tes zur Ort­sumge­hung der B 188 eine der größten Baustellen Rathenows.
Eine Beach­tung erfuhren die offen­sichtlichen Pro­pa­gan­dade­lik­te jedoch wed­er durch die dort einge­set­zten Arbeit­skräfte noch durch die Bauleitung, obwohl die NS Sym­bole zum Teil in unmit­tel­bar­er Nähe eines Mannschaftscon­tain­ers an einem Brück­en­wider­lager ange­bracht waren.

Antifaschis­ten über­strichen  die Nazisym­bole noch am ver­gan­genen Son­ntag not­dürftig. Auch die Bahn kündigte in der Tage­spresse an, der­ar­tige Schmier­ereien (kün­ftig?) sofort zu entfernen.

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Neues aus dem Prignitzer Spukschloss

INFORIOT Für welche Ide­olo­gien die tra­gen­den Per­so­n­en im so genan­nten „Fürsten­tum Ger­ma­nia“ ein­ste­hen, tritt immer deut­lich­er zu Tage. Wie Infori­ot bere­its berichtete, wurde in der Prig­nitzer Ortschaft Krampfer am 15. Feb­ru­ar ein „Kirchen­staat“ gegrün­det, der den Namen „Fürsten­tum Ger­ma­nia“ trägt. Real han­delt es sich um ein ver­fal­l­enes Schloss, dass zum Jahre­san­fang eigens für die „Staats­grün­dung“ erwor­ben wurde, und von ein­er Hand voll Per­so­n­en bewohnt wird. Getra­gen wird der braune Spuk im Schloss allerd­ings von einem bun­desweit aktiv­en Unterstützungskreis.

Rund 100 Per­so­n­en beim „Pla­nungstr­e­f­fen“ des „Fürsten­tum“

Zu einem „Pla­nungstr­e­f­fen“ im „Fürsten­tum“ am ver­gan­genen Woch­enende reis­ten ins­ge­samt rund 100 Per­so­n­en aus dem gesamten Bun­des­ge­bi­et an. Dort wurde nicht nur an der „Ver­fas­sung“ des „Staates“ gefeilt. Laut einem MAZ-Bericht referierte unter anderem ein Vertreter der „Ger­man­is­chen Neuen Medi­zin“; es wurde gegen Imp­fun­gen gewet­tert und Anhän­gerIn­nen von „Kom­mis­sarischen Reich­sregierun­gen“ stell­ten ihre Ambi­tio­nen vor. Auf die Nach­frage, ob denn der Holo­caust stat­tfand, fiel einem der Fürsten­tüm­ler nur ein: „Das ist ein Tabuthe­ma in Deutsch­land. Wenn man hier sagt was man denkt, riskiert man, ins Gefäng­nis zu kom­men.“ Mit solchen Wen­dun­gen leugnet man den Holo­caust, ohne strafrechtlich in die Bre­douille zu kommen.

Faz­it der MAZ-Repor­terin: Schien das „Fürsten­tum“ zunächst nur als ein etwas ver­sponnenes Eso­terik-Pro­jekt, sei nun deut­lich gewor­den, dass es  „doch nicht harm­los“ sei. Das RBB-Fernse­hen ord­nete das „Fürsten­tum“ gar als „Sek­te“ ein, die ein eigenes „Reich“ erricht­en wolle.


Reichs­bürg­er“ und Holocaust-Leugnung

 

Inzwis­chen gibt es einige Ergänzun­gen zu den – unter anderem vom Por­tal Esowatch sowie von Infori­ot – bere­its pub­lizierten Verbindun­gen des „Fürsten­tum“ in die recht­sex­treme Szene.

Der Berlin­er „Fürstentum“-Aktivist und „Reichs­bürg­er“ Christoph Kastius bewirbt beispiel­sweise auf sein­er pri­vat­en Home­page eine Flugschrift namens „Schmaz“ und stellt diese auch zum Down­load zur Ver­fü­gung. Das zwei­seit­ige Blatt strotzt vor anti­semi­tis­ch­er Het­ze. Pikantes Detail am Rande: Der Strich­code neben dem „Schmaz“-Logo ist aus dem  PDF-Down­load in andere Textpro­gramme ausles­bar. Als reg­ulär­er Text angezeigt, offen­bart sich so, dass dieser Strich­code für „Heil Hitler“ ste­ht. Die Flugschrift selb­st ist ein Pro­dukt des Zossen­er Holo­caust-Leugn­ers Rain­er Link.

 

Christoph Kastius selb­st ste­ht offen­bar schon länger mit dem  Recht­saußen-Eso­terik­er Jo Con­rad in Verbindung (ein­er der bei­den Haupt­fig­uren im „Fürsten­tum“). Ein nun pub­lik gewor­denes Foto zeigt Kastius und Con­rad auf ein­er „Reichsbürger“-Kundgebung im  Juni 2007 in Berlin. In einem Aufruf zu dieser Kundge­bung hat­te es in klas­sis­ch­er anti­semi­tis­ch­er Dik­tion geheißen: „Die ‘Nie­der­ma­chung’ und Aus­plün­derung Deutsch­lands hat Sys­tem. Sie ver­läuft unverkennbar nach einem Men­schen ver­ach­t­en­den Plan, der unter der Über­schrift ‚Pro­tokolle der Weisen von Zion‘ bekan­nt ist.“

Wie Infori­ot bere­its dargelegt hat, ist Jessie Mars­son (neben Jo Con­rad der zweite Haup­tak­teur im „Fürsten­tum“) eben­falls in die Holo­caustleugn­er-Szener­ie verstrickt.

 

Kri­tis­che Infover­anstal­tung am kom­menden Dienstag

Am kom­menden Dien­stag soll in Krampfer ein Infoabend über das „Fürsten­tum Ger­ma­nia“ stat­tfind­en. Kri­tis­che Anwohner­In­nen haben die Ver­anstal­tung organ­isiert und dazu unter anderem das „Mobile Beratung­steam“ (MBT) und die Polizei ein­ge­laden. Die „Fürstentum“-AnhängerInnen wollen, wie aus  einem ihrer Inter­net­foren zu erfahren ist, dort auf­tauchen um die Ver­anstal­tung möglichst zu einem Wer­beevent für sich selb­st umzufunktionieren.

Gabriele Schla­mann vom Neu­rup­pin­er Büro des „Mobilen Beratung­steam“ betonte gegenüber Infori­ot, dass man „das Fürsten­tum nicht auf einen Aspekt beschränken kann.“ Gle­ich­wohl han­dele sich um eine „Gemen­ge­lage von Alter­na­tiv­en, braunen Eso­terik­ern und Holo­caustleugn­ern bis hin zu Leuten, die Verbindun­gen zu ‚kom­mis­sarischen Reich­sregierun­gen‘ haben.“ Unter anderem bei der Ver­anstal­tung am kom­menden Dien­stag in Krampfer wolle sich das MBT „darauf konzen­tri­eren, den Bürg­erin­nen und Bürg­ern zu ermöglichen, sich ein angemessenes Bild der Lage zu machen und die Wirkung des ‚Fürsten­tum‘ auf das Gemein­we­sen zu diskutieren“.

Kirch­lich­er Sek­ten­beauf­tragter inzwis­chen „Fürstentum“-Kritiker

Thomas Gandow, der Sek­ten­beauf­tragte der Evan­ge­lis­chen Kirche in der Region, hat seine ursprüngliche  Ein­schätzung des „Fürsten­tums“  inzwis­chen rev­i­diert. In ein­er ersten Stel­lung­nahme hat­te er davon gesprochen, dass er eher links ange­hauchte Anar­chis­ten am Werke sehe. Auf Nach­frage von Infori­ot äußerte sich Gandow nun fol­gen­der­maßen: „Es war ein Fehler von mir, dem ‚Fürsten­tum‘ einen Per­silschein auszustellen. Ich bedau­re das. Beim ‚Fürsten­tum‘ han­delt sich um einen gefährlichen Vere­in, der genau wegen sein­er ‚alter­na­tiv­en‘ und karneval­sar­ti­gen Tar­nung zu leicht genom­men wird. Genau dies ist mir auch erst passiert. In der Prig­nitz beste­ht die Gefahr, dass dort für Recht­sex­treme und braune Eso­terik eine ‚befre­ite Zone‘ entste­hen kön­nte.“ Die Rede von einem „Kirchen­staat“ sei, so Gandow weit­er, nicht angemessen – das „Fürsten­tum“ ver­folge keine religiösen Ziele.

 

Berechtigtes Unwohl­sein in der Region

Eine Mis­chung aus Anti­semitismus, Ver­schwörungs­the­o­rien und anderen recht­sex­tremen Posi­tio­nen dominiert im „Fürsten­tum“. Das Unwohl­sein viel­er Men­schen in der Region gegenüber ihren neuen Nach­barIn­nen ist also mehr als berechtigt. Die in einem eso­ter­ischen Jar­gon verkün­dete „Offen­heit“ manch­er Fürsten­tum-Anhän­gerIn­nen scheint vor diesem Hin­ter­grund nicht viel mehr als Bei­w­erk zu diesen Inhal­ten zu sein.

Inforiot