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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Vergessen ist die Erlaubnis zur Wiederholung

Am 27. Jan­u­ar 2013 jährt sich der Jahrestag der Auschwitz-Befreiung zum 68. Mal. Zum 68. Mal wer­den von unter­schiedlichen Vere­ini­gun­gen Gedenkver­anstal­tun­gen durchge­führt. Das Gedenken an den Nation­al­sozial­is­mus soll die Erin­nerung an die Opfer wach hal­ten und die Bezwinger ehren. Vor allem aber soll durch das Wach­hal­ten der Erin­nerung an die ein­ma­li­gen Ver­brechen der Deutschen eine Wieder­hol­ung ver­hin­dert wer­den, denn das Vergessen ist die Erlaub­nis zur Wiederholung.

An die deutschen Ver­brechen zu erin­nern, aus der Geschichte gel­ernt zu haben, dazu beizu­tra­gen, dass nichts ähn­lich­es mehr sich wieder­hole, ja gar ein Beispiel zu sein für andere Län­der, wie man mit »schwieriger Geschichte« umzuge­hen habe, das beansprucht die staatliche und offizielle Erin­nerungspoli­tik Deutsch­lands mit ihren Denkmal­sein­wei­hun­gen, Ausstel­lun­gen und Gedenk­feiern auch für sich.

Doch was ist dieses Gedenken wert, in einem Land, das 68 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz weit­er­hin ver­sucht die Entschädi­gung von Opfern auf inter­na­tionaler Ebene zu ver­hin­dern, während es über seine eige­nen Gren­zen hin­aus Renten für die mörderischen Dien­ste der Täter zahlt?

Diesen und anderen kri­tis­chen Fra­gen wollen wir während unser­er Ver­anstal­tungsrei­he vom 13. bis 27. Jan­u­ar 2013 nachge­hen. Außer­dem wer­den wir ver­suchen einen eige­nen, emanzi­pa­torischen Umgang mit dem Gedenken an die Auschwitz-Befreiung zu finden.

»Wie wollen wir zukün­ftig Gedenkpoli­tik gestal­ten?«
13.01. – 19 Uhr • Frei­land Café

In Koop­er­a­tion mit der [a]alp laden wir alle Grup­pen und Einzelper­so­n­en ein, die sich mit uns zusam­men Gedanken über die zukün­ftige Gedenkpoli­tik in Pots­dam machen wollen. Nach ein­er kurzen Ein­stim­mung ins The­ma mit Hil­fe eines Films wollen wir im Rah­men eines offe­nen Aus­tausches neue Ideen find­en Gedenkpoli­tik zu gestalten.

»Anti­to­tal­i­taris­mus und Gedenken in Pots­dam«
15.01. – 19 Uhr • KUZE

Seit einem Jahr gibt es in Pots­dam erbit­terte Auseinan­der­set­zun­gen um den Umgang mit der Geschichte des 3. Reich­es und der DDR. Dieser Kon­flikt entzün­det sich vor allem an den Gedenkstät­ten in der Leis­tikow­straße und in der Lin­den­straße. Unter ein­er SPD-geführten Stadt­spitze und ein­er rot-roten Lan­desregierung wird mas­siv ver­sucht, die Gle­ich­set­zung vom 3. Reich und der SBZ/DDR, von Holo­caust und stal­in­is­tis­ch­er Repres­sion in der städtis­chen Geden­k­land­schaft zu ver­ankern. Mit mas­sivem materiellem und poli­tis­chem Aufwand soll Pots­dams Gedenkstät­ten­land­schaft anti­to­tal­itär neu aus­gerichtet wer­den. Wer da was warum betreibt soll an diesem Abend analysiert wer­den. Referent_in: VVN-BdA Potsdam

Infover­anstal­tung zu jüdis­chem Wider­stand in der NS-Zeit
16. Jan­u­ar 2013 – 20 Uhr • Spartacus

Ob Geschwis­ter Scholl oder Gen­er­al von Stauf­fen­berg. In Deutsch­land kur­sieren ver­schiedene, oft ide­al­isierte Bilder von Widerstandskämpfer_innen gegen den Nation­al­sozial­is­mus. Demge­genüber zeich­net sich ein Bild der pas­siv­en Opfer, Juden und Jüdin­nen, die sich viel zu oft wider­stand­s­los ver­fol­gen und umbrin­gen ließen. Doch von der Ret­tung jüdis­ch­er Kinder bis zur ›Liq­ui­dierung‹ von Gestapospitzeln, von der Her­stel­lung falsch­er Papiere bis zum Trans­port von Waf­fen und Infor­ma­tio­nen: von Frankre­ich bis Polen engagierten sich Jüdin­nen und Juden aktiv im Wider­stand gegen die deutsche Besatzung und die Poli­tik der ›Endlö­sung‹. Diese Ver­anstal­tung wird den jüdis­chen Wider­stand beleucht­en und stellt beson­ders jüdis­che Frauen in den Fokus.

»Hafner‘s Paradies« (Film)
18.
Jan­u­ar 2013 – 19 Uhr • Café 11line

Umgeben von seinen Naz­ifre­un­den lebt der frühere Schweinezüchter, ruinierte Erfind­er, Holo­caustleugn­er und ehe­ma­lige Waf­fen-SS-Offizier Paul Maria Hafn­er in Spanien und träumt vom kom­menden Vierten Reich. Im Laufe des Filmes führt er den Zuschauer in seine dun­kle und groteske Welt ein, die er sich nach seinem eige­nen Gut­dünken zurecht­gelegt hat. Fotos und Film­doku­mente über Konzen­tra­tionslager tut er als Fälschun­gen ab. Unter anderem durch ein Gespräch mit einem Über­leben­den aus Dachau wird auch er von der Real­ität eingeholt.

Führung KZ Sach­sen­hausen
19.
Jan­u­ar 2013 – 14 Uhr • Tre­ff­punkt Hbf. 12 Uhr

Die ca. zwei stündi­ge Führung durch das ehe­ma­lige Lagergelände set­zt sich sowohl mit dem Auf­bau und der Struk­tur des Lagers als auch mit dem All­t­ag der Häftlinge auseinan­der. The­men­schw­er­punkt wer­den hier­bei die Wider­stand­sprax­en der Häftlinge im KZ Sach­sen­hausen sein. Selb­st­be­haup­tung, Sol­i­dar­ität und Wider­stand der Häftlinge gehörten auch zum All­t­ag eines Konzen­tra­tionslagers. Daran gilt es zu erinnern!

»Kalt­land. Eine Samm­lung« (Lesung)
19.
Jan­u­ar 2013 – 19 Uhr • Sputnik

Ein Lese­buch, dass es so noch nicht gab, erzählt die unbe­que­men Kapi­tel der let­zten 20 Jahre deutsch­er Geschichte. Es han­delt vom ganz nor­malen Wahnsinn und den blind­en Fleck­en im nicht mehr ganz so neuen und vere­inigten Deutsch­land. Im deutschen Gedenkmarathon der let­zten drei Jahre bei dem der soge­nan­nten friedlichen Rev­o­lu­tion gedacht wurde, gin­gen einige Facetten der Ereignisse vor 20 Jahren unter. Viele Geschehnisse wie Ros­tock-Licht­en­hagen oder Hoy­er­swer­da oder auch bes­timmte Opfer­grup­pen wer­den ein­fach aus­geklam­mert. Ver­schiedene Autor_innen schrieben zu diesen The­men, welche im Buch »Kalt­land« gesam­melt wurden.

Führung Jüdis­ches Muse­um
22.
Jan­u­ar 2013 – 18 Uhr • Tre­ff­punkt Hbf. 16.30 Uhr

An diesem Tag wollen wir mit euch das Jüdis­che Muse­um in Berlin besuchen. Ihr kön­nt Fra­gen nach eurem Inter­esse ein­brin­gen und diese in der Gruppe diskutieren.

»Deutsche Macht­poli­tik in Europa und Entschädi­gungsver­weigerung« (ange­fragt)
24.
Jan­u­ar 2013 – 19 Uhr • KUZE

Anfang 2012 entsch­ied der Inter­na­tionale Gericht­shof in Den Haag, dass in Griechen­land und Ital­ien ergan­gene Urteile, die die Bun­desre­pub­lik verurteil­ten Schadenser­satz zu zahlen für die Ver­wüs­tun­gen die deutsche Trup­pen dort während des Zweit­en Weltkrieges verur­sacht hat­ten, für Massen­mord und das Abbren­nen von Dör­fern, nicht voll­streckt wer­den kön­nen. Sei­ther kann sich Deutsch­land sich­er sein: die Geschichte ist abgeschlossen, gezahlt wer­den muss im Großen und Ganzen nicht mehr. Was bedeutet dies für den Umgang mit der Geschichte und was bedeutet dies für die Stel­lung Deutsch­lands in der Welt heute? (AK Distomo)

Gedenkkundge­bung
27. Jan­u­ar 2013 – 18 Uhr • Platz der Einheit

An diesem Tag wollen wir am Platz der Ein­heit und anschließend am Bass­in­platz an die Befreiung von Auschwitz erinnern.

Adressen
Frei­land Café & Spar­ta­cus (Friedrich-Engels-Str. 22)
KUZE (Her­mann-Elflein-Str. 10)
Café “11line” (Char­lot­ten­str. 119)
Sput­nik (Char­lot­ten­straße 28)

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Amadeu Antonio unvergessen.

Don­ner­stag, 6. Dezem­ber 2012, 17 Uhr

an der Gedenk­tafel für Amadeu Anto­nio in Eber­swalde, Eber­swalder Str. 26

2012 wurde in Eber­swalde sehr viel über das Gedenken an Amadeu Anto­nio und über Ras­sis­mus disku­tiert. Bei aller Unter­schiedlichkeit in den Mei­n­un­gen, entwick­elte sich Einigkeit darüber, dass dieses Gedenken und die The­ma­tisierung von Ras­sis­mus weit­er­hin nötig sind. 

Der Afrikanis­che Kul­turvere­in Palan­ca e.V., die Barn­imer Kam­pagne „Light me Amadeu“ und das Jugend­bünd­nis F.E.T.E. laden daher zu diesem Gedenken demokratisch gesonnene Men­schen jeglich­er Couleur und jeden Alters ein. 

Das halb­stündi­ge Gedenken wird musikalisch umrahmt, erin­nert an Amadeu Anto­nio, der im August 50 Jahre alt gewor­den wäre, the­ma­tisiert in kurzen Beiträ­gen Ras­sis­mus und das Engage­ment dage­gen. In Ruhe kön­nen dann Blu­men, Kränze und Kerzen niedergelegt werden. 

Ehe­ma­lige Arbeit­skol­le­gen von Amadeu Anto­nio sagen: 

Es gibt ein Recht auf Erin­nerung und es gibt auch eine Pflicht zur Erin­nerung. Vergesslichkeit wird in Deutsch­land indi­vidu­ell als Krankheit gefürchtet, viele set­zen Gehirn­jog­ging und anderes dage­gen. Gesellschaftliche Vergesslichkeit kön­nen wir uns ohne weit­ere Schä­den nicht leis­ten. Set­zen Sie mit Ihrer Tel­nahme, set­zt mit Eur­er Teil­nahme am Gedenken ein Zeichen gegen Ras­sis­mus und für eine lebenswerte Zukun­ft in Eber­swalde und überall.“ 

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Gedenken an Opfer der Reichspogromnacht

Pots­dam- Zum 74. Jahrestag der Reich­s­pogrom­nacht ver­sam­melten sich rund 50 Antifaschist_innen aus Pots­dam und Umge­bung, um den Opfern der Reich­s­pogrom­nacht zu gedenken. Mit mehreren Rede­beiträ­gen, Rosen und Kerzen wurde an die schreck­lichen Zustände während den Novem­ber­pogromen in ganz Deutsch­land erin­nert: Syn­a­gogen standen in Flam­men, jüdis­che Geschäfte wur­den geplün­dert und Men­schen ermordet. Dieser vor­läu­fige Höhep­unkt stellte jedoch keineswegs eine spon­tane Aktion dar, son­dern war ein geplanter Gewal­takt der NSDAP und ihrer faschis­tis­chen Anhänger_innen.
Ins­ge­samt wur­den während der Pogrome über 400 Men­schen in den Tod getrieben und hun­derte Weit­ere inhaftiert. Die Pogrome markierten den Über­gang zwis­chen nation­al­sozial­is­tis­ch­er Pro­pa­gan­da und der direk­ten Ver­fol­gung aller Men­schen, die nicht in das krude Welt­bild der Nazis pass(t)en, dem Holo­caust. Ab dem 10. Novem­ber wur­den etwa 30.000 Jüd_innen in die Konzen­tra­tionslager Buchen­wald, Dachau und Sach­sen­hausen ver­schleppt.
Auch heute spielt der Anti­semitismus, der damals zu den Pogromen und dem Holo­caust führte, noch weltweit eine tra­gende Rolle. Dies zeigt beispiel­sweise die Char­ta der Hamas, in der es heißt, dass die “Juden bekämpft und getötet wer­den müssen” oder aber auch der Angriff auf einen Rab­bin­er in Berlin im August diesen Jahres. Auch in Pots­dam wurde Ende Feb­ru­ar 2000 der jüdis­che Fried­hof von Neon­azis geschän­det.
Dass Anti­semitismus dur­chaus mehrheits­fähig und von großen Teilen der Gesellschaft getra­gen wird, wird auch in Ver­schwörungs­the­o­rien deut­lich, in denen das „auser­wählte Volk“ für die Übel der Welt ver­ant­wortlich gemacht wird. 

Damals wie heute gilt es, Anti­semitismus zu bekämpfen!
Remem­ber­ing means Fighting!

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Mahnwache in Schwedt

Schwedt (ipr) Ver­gan­genen Fre­itag fand in Schwedt als Reak­tion auf die her­aus­geris­se­nen und entwen­de­ten Stolper­steine eine Mah­nwache statt. Ein Dutzend Schwedter ver­sam­melten sich am Tatort, stell­ten dort Lichter auf und legten Blu­men nieder.

In der Nacht zum Don­ner­stag der ver­gan­genen Woche hat­ten bis­lang Unbekan­nte am Boll­w­erk, zwis­chen den Uck­er­märkischen Büh­nen Schwedt und Haus “Polderblick” vier Gedenksteine mit Mess­ing­plat­te aus dem gepflasterten Gehweg her­aus­geris­sen und drei davon entwen­det. Die Steine erin­nerten an eine jüdis­che Fam­i­lie, deren Ange­hörige Anfang der 1940er Jahre wor­den waren.

Die Steine waren mit Beton­schlämme im Gehweg einge­fasst gewe­sen. Krim­inal­tech­niker der Inspek­tion Uck­er­mark kamen zum Ein­satz und sicherten Spuren am Tatort. Die weit­eren Ermit­tlun­gen hat der Staatss­chutz der Direk­tion Ost übernommen.

Die Schän­dung des Gedenko­rtes fand im Vor­feld ein­er poli­tis­chen Aktion gegen Nazis statt, die sich gegen rechte Graf­fi­ti und Aufk­le­ber richtete. Vertreter des Bünd­niss­es gegen Frem­den­feindlichkeit, Poli­tik­er und Kün­stler hat­ten zu der Putza­k­tion “Fit” gegen Nazis aufgerufen. Daran beteiligten sich Don­ner­sta­gnach­mit­tag etwa 70 BürgerInnen.

Hans-Rain­er Har­ney zog gegenüber der Märkischen Oderzeitung die Verbindung zu den gestohle­nen Stolper­steinen: “Ich gehe davon aus, dass das eine gezielte Hand­lung von Recht­en war.” Zusät­zlich fand man im Vor­feld der Putza­k­tion auch Unmen­gen von NPD-Wer­bezetteln an der Stelle. In der Nähe hiel­ten sich drei Nazis auf, die bei der Putza­k­tion zuschauen woll­ten. Die Polizei erteilte ihnen Platzverweise.

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(Anti-)Rassismus Geschichte & Gedenken

20 Jahre Pogrom in Cottbus

Mit ein­er Kundge­bung erin­nerten am 31. August, trotz strö­menden Regens, ca. 100 Men­schen an die pogro­mar­ti­gen Auss­chre­itun­gen vom 28. bis 31. August 1992 in Cot­tbus-Sach­sendorf. Damals hat­ten mehrere hun­dert Neon­azis das Flüchtling­sheim in Cot­tbus ange­grif­f­en. Mit dem Mot­to der Ver­anstal­tung “Gedenken reicht nicht — Ras­sis­mus tötet immer noch!” wollen sie darauf hin­weisen, dass Aus­gren­zung und Ras­sis­mus auch heute noch in der Bevölkerung vorhan­den sind — auch unbe­wusst. Auf der Kundge­bung wurde ein Kranz für die von Neon­azis ermorde­ten am Platz des ehe­ma­li­gen Flüchtling­sheims niedergelegt.


Die Ver­anstal­ter werten es als Erfolg, dass die Vor­fälle über­haupt wieder in das Licht der Öffentlichkeit gerückt wur­den. Allein im Inter­net informierten sich mehr als 20.000 Men­schen über die Hin­ter­gründe der pogro­mar­ti­gen Auss­chre­itun­gen. Die Vor­fälle müssen in der Stadt zunächst Teil des kollek­tiv­en Gedächt­niss­es wer­den um eine Aufar­beitung über­haupt zu ermöglichen. Ger­ade sie zeigen, dass es neben ver­fes­tigten Neon­azi-Struk­turen auch einen unter­schwelli­gen Ras­sis­mus in der Gesellschaft gibt, der die dama­li­gen Ereignisse erst ermöglichte. 


Vor diesem Hin­ter­grund müssen wir uns alle fra­gen, warum wir alle diese Vor­fälle nicht ver­hin­dert haben, warum große Teile der Gesellschaft pas­siv waren.” erk­lärt Adri­an Stahlberg. Die Stim­mung in der Gesellschaft war gegen Flüchtlinge gerichtet, die damals vor allem aus Jugoslaw­ien kamen. Und so endete beispiel­sweise ein Artikel in der Lausitzer Rund­schau vom 31. August 1992 zu den Auss­chre­itun­gen bezüglich der Flüchtlinge mit dem Satz “Das natür­lich bringt auch den bravsten Deutschen in Rage.”


Die von Neon­azis ini­ti­ierten Pogrome waren somit eben nicht nur Tat­en einzel­ner unter­priv­i­legiert­er Men­schen in den neuen Bun­deslän­dern — sie fan­den in einem poli­tis­chen Umfeld statt, das fak­tisch zur Abschaf­fung des Asyl­rechts im Jahr 1993 führte. Ergeb­nis sind bis heute ein strenges Gren­zregime (Fes­tung Europa) mit jährlich tausenden toten Flüchtlin­gen im Mittelmeer.

Wenn es den Molo­tow-Cock­tail-wer­fend­en Men­schen in erster Lin­ie um ihre soziale Lage gegan­gen wäre, dann hät­ten sie ja eine Art Klassenkampf gegen die Treuhan­danstalt oder das Arbeit­samt geführt — sie aber führten einen Rassenkampf gegen Flüchtlinge.” so Adri­an Stahlberg. 

 

Darüber hin­aus ist es skan­dalös, dass ein­er der Organ­isatoren des dama­li­gen Pogroms, Frank Hüb­n­er, seit 2008 für die NPD in der Stadtverord­neten­ver­samm­lung in Cot­tbus sitzt.


Hin­ter­grund:

Vom 28.–31. August grif­f­en mehrere hun­dert Neon­azis, organ­isiert mit Funkgeräten und bewaffnet mit Steinen und Molo­tow-Cock­tails das Flüchtling­sheim in Cot­tbus an (heute Lipezk­er Str./ Schopen­hauer Str.). Die Angreifer wur­den damals von der Polizei zurück gedrängt.

 

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Rassismus tötet immer noch!

INFORIOT Das lokale Bünd­nis „Cot­tbus Naz­ifrei“ und „Ras­sis­mus Tötet“ hat­ten für Fre­itag zu ein­er Kundge­bung in Cot­tbus aufgerufen. Rund 70 Antifaschist*innen nah­men teil und gedacht­en den pogro­mar­ti­gen, ras­sis­tis­chen Auss­chre­itun­gen von 1992 in Cottbus-Sachsendorf.

In den Nächt­en vom 29.08. bis zum 31.08. 1992 ver­sucht­en mehrere hun­dert Neon­azis, die Wohn­blöcke des Asyl­be­wer­ber­heimes in Sach­sendorf mit Molo­tov­cock­tails anzu­greifen. Bewaffnet mit Brand­sätzen, Base­ballschlägern, Messern und Steinen woll­ten sie die dort leben­den 1000 Bewohner*innen des Asyl­be­wer­ber­heims vertreiben. Über CB-Funk wurde der Angriff koor­diniert — was darauf schließen lässt, dass es kein spon­tan­er Akt, son­dern ein geplantes Vorge­hen organ­isiert­er Neon­azistruk­turen war.

Tat­säch­lich beteiligten sich an dem Pogrom Mit­glieder der am 10. Dezem­ber 1992 ver­bote­nen Deutschen Alter­na­tive (DA). Diese zün­de­ten Autos und Mope­ds in der Nähe des Wohnkom­plex­es an und hin­derten die Feuer­wehr daran, die Brände zu löschen. Obwohl die Polizei den Funk der Neon­azis abhören kon­nte, reagierten sie nur zöger­lich und mussten im Zuge der Auseinan­der­set­zun­gen zeitweilig selb­st ins Heim flücht­en, um sich vor den Angrif­f­en der Neon­azis zu schützen. Den­noch gelang es Feuer­wehr und 300 Beamt*innen schließlich, die Angreifer*innen zurück­zu­drän­gen. Die Täter*innen kamen meist ohne Kon­se­quen­zen davon, die Strafver­fol­gung erwies sich eben­falls als mangelhaft.

Eine wichtige lokale Neon­azi­größe dieser Zeit war der DA-Kad­er und heutige NPD-Stadtverord­nete Frank Hüb­n­er. Bere­its 1984 wurde Hüb­n­er wegen Ver­suchs der Grün­dung ein­er ille­galen Wehrsport­gruppe in Cot­tbus inhaftiert und als poli­tis­ch­er Häftling von der Bun­desre­pub­lik freigekauft. Nach dem Fall der Mauer baute er die DA in Cot­tbus auf. Mit dem Ver­bot der DA engagierte es sich weit­er inner­halb der Gesin­nungs­ge­mein­schaft der Neuen Front (GdNF) und der Nazi-Sam­mel­partei „Die Nationalen“.

Bei den Kom­mu­nal­wahlen in Cot­tbus 1993 erzielte Hüb­n­er 0,5% als Wahlka­n­di­dat der Deutsche Liga für Volk und Heimat (DL). Des Weit­eren war er im sel­ben Jahr in der Berlin Bran­den­burg­er Zeitung, dem Zen­tralor­gan der Nationalen, tätig. Seit 2008 sitzt Hüb­n­er in der Stadtverord­neten­ver­samm­lung für die NPD. Zulet­zt sorgte er im Jan­u­ar 2012 für Empörung, als er bei der Handze­ichen-Abstim­mung zur Genehmi­gung eines des mul­ti­kul­turellen Festes „Cot­tbus beken­nt Farbe“, den Hit­ler­gruß zeigte.

Mit der Gedenkkundge­bung woll­ten die Veranstalter*innen „darauf hin­weisen, dass Aus­gren­zung und Ras­sis­mus auch heute noch in der Bevölkerung vorhan­den sind — auch unbe­wusst“, erk­lärte das Bünd­nis Cot­tbus Naz­ifrei.

Mit der Kundge­bung und den ver­lese­nen Beiträ­gen, woll­ten das Bünd­nis das Ereig­nis wieder in die Öffentlichkeit rück­en und eben­falls auf die The­matik des Asyl­rechts, welch­es 1993 in direk­ter Folge der bun­desweit­en Pogrome fak­tisch abgeschafft wurde, aufmerk­sam machen.

Im Anschluss an die Kundge­bung wurde ein Kranz zur Erin­nerung an die von Neon­azis ermorde­ten Men­schen im vere­in­ten Deutsch­land am Platz des ehe­ma­li­gen Asyl­be­wer­ber­heims hinterlegt.

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Gelände des Grauens

(Zoé Sona, Jun­gle World) Als die Bag­ger­schaufel mit einem laut­en Krachen die grauen Beton­streben zum Ein­sturz bringt, weht eine Staub­wolke über den Platz. Die Anwe­senden applaudieren. Seine sym­bol­is­che Funk­tion hat der Rück­bau rus­sis­ch­er Mil­itär­barack­en, der am 6.?August auf dem Gelände des ehe­ma­li­gen Konzen­tra­tionslagers Uck­er­mark begonnen hat, erfüllt. Unab­hängig vom offiziellen Akt wurde für die Mit­glieder der »Ini­tia­tive für einen Gedenko­rt ehe­ma­liges KZ Uck­er­mark« damit ein wichtiges Zeichen geset­zt. Sie haben sich gemein­sam mit dem Vere­in »Lagerge­mein­schaft Ravensbrück/Freundeskreis« mehr als zehn Jahre lang dafür einge­set­zt, das Gelände in einen Gedenko­rt zu ver­wan­deln. Erst der Abriss der mar­o­den Mil­itär­barack­en erlaubt es, dort eine Gedenkstätte zu erricht­en und sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Während das Land Bran­den­burg und die Stadt Fürsten­berg über Jahre erk­lärten, zunächst die Grundbe­sitzrechte am Gelände klären zu müssen, und damit die Umwand­lung verzögerten, brachte eine Kam­pagne der Ini­tia­tive im Jahr 2009 die entschei­dende Wende. Die Stadt Fürsten­berg wün­schte vor weni­gen Jahren noch, eine Umge­hungsstraße zwis­chen den unmit­tel­bar benach­barten Gedenko­rten Uck­er­mark und Ravens­brück zu bauen. »Das entsprach der Bevölkerungsmei­n­ung«, sagt Robert Philipp, der parteilose Bürg­er­meis­ter von Fürsten­berg, um zu recht­fer­ti­gen, dass trotz Ken­nt­nis von der ehe­ma­li­gen Lager­stätte eine solche Bau­maß­nahme in Erwä­gung gezo­gen wurde. Nun sieht er das ehe­ma­lige Konzen­tra­tionslager, wie auch die Gedenkstätte Ravens­brück als touris­tisch nutzbar an. Das Land Bran­den­burg und der Bund stellen eine Mil­lion Euro bere­it, damit die Lager­hallen der sow­jetis­chen Armee bis Ende des Jahres abgeris­sen wer­den kön­nen. Nach mehreren »Run­den Tis­chen« hat sich zudem eine AG Uck­er­mark gegrün­det, in der sich alle zwei Monate Vertreter aller beteiligten Grup­pen tre­f­fen, um ein Konzept für die kün­ftige Nutzung des Gelän­des zu entwickeln.

Das Jugend­konzen­tra­tionslager wurde 1942 in unmit­tel­bar­er Nähe zum Frauenkonzen­tra­tionslager Ravens­brück errichtet. Über­wiegend waren dort Mäd­chen im Alter von 16 bis 21 Jahren inhaftiert. Sie gal­ten als »asozial«, weil sie sich nicht den Nor­men der nation­al­sozial­is­tis­chen »Volks­ge­mein­schaft« anpassten. Ihnen wurde etwa vorge­wor­fen, sex­uelle Kon­tak­te zu Zwangsar­beit­ern zu haben, ohne fes­ten Wohn­sitz zu sein oder der »Swing-Jugend« anzuge­hören. Auch Alko­ho­lab­hängigkeit der Eltern, Arbeitsver­weigerung sowie poli­tis­ch­er Wider­stand und Ablehnung der soge­nan­nten staatlichen Für­sorge waren Gründe für die Ein­weisung. »Wir gin­gen zu Fuß von Ravens­brück nach Uck­er­mark. Wir wün­scht­en uns, dass es ein so schön­er Ort sei, wie er aus­sah, aber das erwies sich als Illu­sion«, berichtete die Über­lebende Stan­ka Simon­eti über ihre Ankun­ft im KZ Uck­er­mark. Bis 1945 waren über 1?000 Mäd­chen in dem KZ interniert, das die Nationalso­zialisten als »Jugend­schut­zlager« beze­ich­neten. Die Mäd­chen kamen haupt­säch­lich aus Deutsch­land und Öster­re­ich, unter ihnen waren aber auch slowenis­che Par­ti­sanin­nen, die in einem Son­derblock ein­quartiert waren. Offiziell sollte der Aufen­thalt der »Erziehung« der »Zöglinge« dienen. Tat­säch­lich bes­timmten mil­itärisch­er Drill und Schikane den Lager­all­t­ag. Die Mäd­chen lit­ten an Hunger und Kälte, durften nicht miteinan­der reden und mussten unter den widrig­sten Umstän­den Zwangsar­beit in Rüs­tungskonz­er­nen, Klein­be­trieben oder bei Pri­vat­per­so­n­en leis­ten. Ab Jan­u­ar 1945 funk­tion­ierten die Nation­al­sozial­is­ten den Ort in ein Ver­nich­tungslager um. Fast 6?000 Frauen aus dem KZ Ravens­brück wur­den in den let­zten Monat­en vor Kriegsende dor­thin ver­legt und durch Kälte, Hunger oder Gift­spritzen ermordet.

Nach der Befreiung wurde das Lager von den sow­jetis­chen Trup­pen mit Hallen für Trans­port­fahrzeuge bebaut. Für die über­leben­den Häftlinge endete die gesellschaftliche Diskri­m­inierung nicht. Sie trafen in Für­sorgeein­rich­tun­gen oft auf diesel­ben Per­so­n­en, von denen sie zuvor im Lager mis­shan­delt wor­den waren. Während andere Konzen­tra­tionslager zu Gedenkstät­ten umge­wan­delt wur­den, dauerte es in der DDR bis 1970 und in der BRD bis 1972, bis das Lager als KZ und die Häftlinge als Ver­fol­gte anerkan­nt wur­den. 1993 ver­ließen die Trup­pen der GUS, des Bünd­niss­es von Nach­folges­taat­en der UdSSR, das Gelände. Seit­dem lag es brach.

Heute fall­en die vere­inzel­ten Hin­weiss­childer und Markierun­gen, die die Topogra­phie des ehe­ma­li­gen KZ kennze­ich­nen sollen, zwis­chen den Über­resten der grauen Beton­barack­en und wild wuch­ern­den Pflanzen kaum auf. Nur ein Gedenkstein, der durch Spenden von Lagerüber­leben­den und anderen Unter­stützern finanziert wurde, hebt sich deut­lich von der Umge­bung ab: Die Stele aus Basalt ist mit leuch­t­end gel­ben Son­nen­blu­men geschmückt. Ohne die 1997 gegrün­dete Ini­tia­tive zur Errich­tung eines Gedenko­rts wären das KZ und die Ver­fol­gten in Vergessen­heit ger­at­en. Die Mit­glieder sorgten dafür, dass die Fun­da­mente der Barack­en, die alte Lager­straße und der Auf­bau des Lagers ken­ntlich gemacht wur­den. In ehre­namtlich­er Arbeit stell­ten die Teil­nehmerin­nen von fem­i­nis­tis­chen, anti­faschistischen Bau- und Begeg­nungscamps Schilder auf, legten Wege an und errichteten Kunst­installationen auf dem Gelände. Bei Aus­grabun­gen wur­den die Fun­da­mente von mehreren Ba­racken freigelegt und Gegen­stände des Lager­all­t­ags gebor­gen. Bun­desweit trat­en Unter­stützerin­nen für die Erin­nerung an die Geschichte des Ortes ein.

Zu den selb­stor­gan­isierten Bau­camps, die jährlich im Som­mer stat­tfind­en, reisen Men­schen aus der ganzen Welt an. Die Camps dienen nicht nur dem Erhalt der Lager­funde, son­dern auch der Begeg­nung von Über­leben­den und Inter­essierten. Überdies ermöglichen sie Diskus­sio­nen über Möglichkeit­en des Gedenkens und der Öffentlichkeit­sar­beit vor Ort. Sowohl die Camps als auch die Ini­tia­tive ver­ste­hen sich als fem­i­nis­tisch und sind nur für Frauen, Les­ben und Transper­so­n­en offen.

»Viele Mäd­chen wur­den in das Lager eingewiesen, weil sie als sex­uell ver­wahrlost gal­ten. Jun­gen wäre das niemals zur Last gelegt wor­den«, sagt Sabto Schlaut­mann, der der Ini­tia­tive ange­hört. Wichtig sei aber eine Herange­hensweise, die unter­schiedliche Diskri­m­inierungs­for­men nicht hier­ar­chisch begreife. So ist die Auseinan­der­set­zung mit der Stig­ma­tisierung als »asozial« der Ini­tia­tive nicht weniger wichtig. Dieses The­ma find­et sich derzeit auch in der Diskus­sion um »Klas­sis­mus«, die Diskri­m­inierung von Men­schen auf­grund ökonomis­ch­er Unter­schiede und man­gel­nder Reflex­ion von Priv­i­legien wieder. Weil die als »asozial« Ver­fol­gten keine Lob­by haben, hat es lange gedauert, bis das ehe­ma­lige KZ als Gedenko­rt anerkan­nt wurde. »Noch heute trauen sich Über­lebende nicht, über ihre Erfahrun­gen hier zu sprechen, weil sie Angst haben, als soge­nan­nte Asoziale diskri­m­iniert zu wer­den«, berichtet Sylvia Degen, ein weit­eres Mit­glied der Ini­tia­tive. Um über ihre Arbeit zum KZ Uck­er­mark zu informieren, baut die Ini­tia­tive derzeit im Antifaschis­tis­chen Pressearchiv und Bil­dungszen­trum (Apabiz) in Berlin ein Archiv auf, das bere­its für die Öffentlichkeit zugänglich ist.

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Sommer, Sonne, Antifa!”

Som­mer, Sonne, Antifa!“ sollte auch dieses Jahr Mot­to des antifaschis­tis­chen Work­ing-Camps sein, welch­es bere­its zum 3. Mal in der Gedenkstätte Ravens­brück stat­tfind­et. Vom 14. bis zum 21. Juli arbeit­en rund 50 Jugendliche auf dem Gelände des ehe­ma­li­gen Siemens-Zwangsar­bei­t­erin­nen-Lagers. Die Teil­nehmerIn­nen und Teil­nehmer kom­men nicht nur aus Berlin und Bran­den­burg, son­dern auch aus Hes­sen, Sach­sen und Nor­drhein-West­falen. Das Durch­schnittsalter beträgt 18 Jahren.

Am Vor­mit­tag ste­hen die Arbeit­spro­jek­te auf dem Siemensgelände im Fokus, welch­es bis­lang nicht Bestandteil der Gedenkstätte ist und der Zugang durch Ver­wilderung zunehmend erschw­ert wird. Der Siemens-Konz­ern beschäftigte zur Zeit des deutschen Faschis­mus rund 2.400 Zwangsar­bei­t­erIn­nen auf diesem Gelände und übern­immt bis heute kein­er­lei Ver­ant­wor­tung für das Lager und seine Geschichte. Dem unbeschreib­lichen Leid der ehe­ma­li­gen Zwangsar­bei­t­erIn­nen von Siemens ste­hen riesige Prof­ite gegenüber, die bis heute nicht zurück­gezahlt wurde. Siemens kon­nte seine Stel­lung als weltweit führen­der Konz­ern erst durch die mas­sive Aus­beu­tung von Men­schen behaupten. Ziel unseres Work­ing-Camps ist es, zum Einen darauf aufmerk­sam zu machen, dass  Zwangsar­beit geleis­tet wurde. Zum Anderen wollen wir den Ver­fall dieses Ortes ver­hin­dern, um ein würdi­ges Gedenken zu ermöglichen, aber auch poli­tis­chen Druck auf die Ver­ant­wortlichen aufzubauen.

Um dies zu erre­ichen gibt es ver­schiedene Arbeits­grup­pen, die den Weg von der Gedenkstätte ins Lager zugänglich machen, während Andere die Gleise, Lager­mauer und Fun­da­mente der Mon­tage­hallen von Bewuchs befreien. Durch unsere Arbeit wurde beispiel­sweise ermöglicht, dass Über­lebende wieder mit dem Auto auf das Gelände gefahren wer­den können.

Bish­er kon­nten wir trotz durchwach­sen­em Wet­ter 20m Gleise reini­gen, 200m Weg säu­bern und begr­a­di­gen, sowie eine Lager­mauer, den ehe­ma­li­gen Reit­stall und das Fun­da­ment ein­er Mon­tage­halle frei­le­gen. Zeit­gle­ich wird täglich auf dem Fürsten­berg­er Mark­t­platz ein Lesezirkel ver­anstal­tet, der ver­schiedene antifaschis­tis­che Texte vorträgt und zum Disku­tieren einlädt.

Ergänzend zum prak­tis­chen Teil gibt es am Nach­mit­tag ver­schiedene Work­shops und Infover­anstal­tun­gen. Unter anderem han­delt es sich dabei um Zeitzeug­In­nen-Gespräche oder Vorträge zu The­men wie Täter­schaft und aktuellen Entwick­lun­gen der recht­en Szene. Zum Abschluss find­et wie jedes Jahr ein Aktion­stag statt, der die Arbeit des Camps nach außen trägt und ein öffentlich­es Forum für die The­matik der Zwangsar­beit in der Zeit des Faschis­mus darstellt.

Weit­ere Infos, Bilder und Videos zum Hin­ter­grund wer­den in der näch­sten Zeit im Inter­net unter http://www.antifa-ravensbrueck.de zu find­en sein.

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Antifaschismus Arbeit & Soziales Geschichte & Gedenken

Diskussion um Gedenktafel für Emil Wendland

Neu­rup­pin — Am Don­ner­stag, dem 10.05.2012, tagte der Bauauss­chuss der Stadt Neu­rup­pin und disku­tierte auf der Sitzung über den Textvorschlag des Mit­ten­Drins für die Gedenkplat­te an Emil Wend­land. Dabei enthielt die Sitzungsvor­lage nicht den von uns ursprünglich vorgeschla­ge­nen Text, son­dern eine Ver­sion, in der die let­zten bei­den Sätze gestrichen wur­den. Diese lauten:

Die Tat­sache, dass Men­schen auf der Straße leben müssen, während Häuser leer­ste­hen, ist ein Beweis für die soziale Kälte dieser Gesellschaft. Es liegt an jed­er und jedem von uns, für eine men­schen­würdi­ge Welt einzutreten.

Kritiker_Innen wer­fen uns nun vor, den Tod von Emil Wend­land zu instru­men­tal­isieren und eine Gesellschaft­skri­tik zu for­mulieren, die mit der Sache nichts zu tun hat.

Nun, das sehen wir vol­lkom­men anders!
Wir haben lang und bre­it über den Textvorschlag disku­tiert und es ist unmöglich, sich mit dem Fall von Emil Wend­land auseinan­derzuset­zen, ohne darauf einzuge­hen, in welchem gesellschaftlichen Kon­text der Mord stattfand.

Emil war als Men­sch ohne Woh­nung ein­er per­ma­nen­ten gesellschaftlichen Aus­gren­zung aus­ge­set­zt, so wie heute etwa 230.000 andere Men­schen in Deutsch­land auch. Durch seine Alko­holkrankheit war es Emil Wend­land nicht mehr möglich, aus eigen­er Kraft “wieder auf die Beine zu kom­men”. Es herrscht ein gesellschaftlich­es Kli­ma der Indif­ferenz, des Wegse­hens, oft wird auch die Polizei gerufen, um “Obdachlose” aus dem öffentlichen Raum und damit aus der Wahrnehmung zu ent­fer­nen. Obdachlose Men­schen haben keine Lob­by, keine Inter­essen­vertre­tung sowie kaum Rück­zugs- und noch weniger Schutzräume.

Dabei ist Obdachlosigkeit kein Schick­sal wie Naturkatas­tro­phen, son­dern gesellschaftlich gemacht. Es ist eine bewusste poli­tis­che Entschei­dung, Men­schen, die keine Woh­nung haben, eine solche vorzuen­thal­ten, obwohl es Leer­stand gibt. Und genau diesen Zus­tand wer­den wir niemals akzep­tieren! Die poli­tisch Ver­ant­wortlichen tra­gen eine Mitschuld am Elend der Men­schen ohne Obdach!

Diese Fak­ten beim Gedenken an Emil Wend­land auszuk­lam­mern, würde bedeuten, nicht die Zustände zu kri­tisieren, die den Mord an ihm möglich gemacht haben, son­dern hieße, nicht das Notwendi­ge zu tun, um zu ver­hin­dern, dass sich solche Tat­en in Zukun­ft wiederholen.

Wir wer­den in den näch­sten Tagen weit­ere Texte veröf­fentlichen, die sich mit dem The­ma “Sozial­dar­win­is­tis­che Gewalt” auseinandersetzen.

Wir fordern weit­er­hin die Benen­nung der Hin­ter­gründe des Mordes, ins­beson­dere auf der Gedenk­tafel, sowie eine klare Posi­tion­ierung für die Unter­stützung gesellschaftlich­er Randgruppen.

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Bernau: 230 Menschen erinnern an Tag der Befreiung

Am Dien­stagabend kamen über 230 Men­schen in Bernau zusam­men, um an die Zer­schla­gung des nation­al­sozial­is­tis­chen Regimes vor 67 Jahren zu erin­nern. Mit­tler­weile hat der 8. Mai in Bernau tra­di­tionell drei Stationen:

Am Sow­jetis­chen Ehren­mal wur­den Blu­men niedergelegt und den sow­jetis­chen Sol­dat­en, die im Kampf gegen die Nazis fie­len, gedacht. Am gegenüber­liegen­den Deser­teur­denkmal wurde an jene erin­nert, die dem Nazisys­tem ver­sagten, Wider­stand leis­teten und Courage zeigten. Abschließend fand ein Festessen auf dem Mark­t­platz statt, um den Abend in gemein­samen Gesprächen ausklin­gen zu lassen und daran zu erin­nern, dass es für viele Ver­fol­gte des Nation­al­sozial­is­mus ein glück­lich­er und befreien­der Tag war.

 

 

Aufruf zur Zivilcourage

Faschis­mus ist ein Sys­tem, das per­vers­er nicht sein kann“, erin­nert ein Vertreter der Linken in einem Rede­beitrag vor dem Sow­jetis­chen Ehren­mal in der Müh­len­straße. Auch heute, haben wir weit­er­hin ein Prob­leme mit Nazis. Es brauche Zivil­courage und ein starkes Bünd­nis gegen rechte Gewalt, mah­nt er. In Bernau gibt es ein solch­es Bünd­nis: Das Net­zw­erk für Tol­er­anz und Weltof­fen­heit. Das über­parteiliche Net­zw­erk ist auch an diesem Abend dabei, sie haben ein­ge­laden zum heuti­gen Gedenken. Auch Hubert Hand­ke, Bürg­er­meis­ter der Stadt Bernau, fol­gte der Ver­anstal­tung und legte als ein­er der ersten Blu­men nieder. Eben­falls anwe­send waren zwei Vertreter der rus­sis­chen Botschaft in Berlin. Der Zuständi­ge für Kul­tur der Rus­sis­chen Botschaft, erk­lärte, er empfinde die Ein­ladung für die Gedenkver­anstal­tung als ein „Zeichen der Sol­i­dar­ität“ und des „Miteinan­ders“.

 

Nach den Rede­beiträ­gen ging es auf die andere Straßen­seite, dort befind­et sich ein Bronz­ere­lief, das allen Deser­teure und Kriegs­di­en­stver­weiger­er gedenkt. In Gedicht­en und Tex­ten wurde auf die Morde des NSU (Nation­al­sozial­is­tis­ch­er Unter­grund) und die „Vergif­tung des Kli­mas“ durch NSU, NPD und Co, aufmerk­sam gemacht. Engagierte Jugendliche und Erwach­sene der evan­ge­lis­chen Kirchenge­meinde riefen auf zu mehr Zivil­courage, denn „Wegschauen und Ver­harm­lo­sung unter­stütze die Recht­en“. Als mah­nen­des Beispiel sprachen sie über Diet­rich Bon­ho­ef­fer, der während des Nation­al­sozial­is­mus Courage zeigte und Wider­stand leistete.

 

 

Gle­ich­set­zung der Opfer von Krieg und Gewalt

Das Net­zw­erk für Tol­er­anz und Weltof­fen­heit, das zum „mah­nen­den Gedenken“ aufrief, hat­te sich zuvor im Aufruf einen Fau­pax erlaubt, der in den Rede­beiträ­gen zum Glück nicht mehr zu hören war . Unter anderem hieße es im Aufruf, man solle nicht jene Men­schen vergessen, „deren Leid erst mit dem 8. Mai begann“ (den ganzen Aufruf des Net­zw­erkes hier). Weit­er heißt es zwar, dass „zugle­ich, der sechs Mil­lio­nen Juden“ gedacht­en wer­den solle, doch stellt ins­beson­dere das „zugle­ich“ im Kon­text des Aufrufes eine Rel­a­tivierung der Ver­brechen des Nation­al­sozial­is­mus dar. Die Opfer des deutschen Ver­nich­tungswahn sind eben nicht gle­ich mit jenen, die aus den östlichen Gebi­eten durch die sow­jetis­che Armee gen West­en gedrängt wur­den. Es verk­lärt eben­so die Umstände der Ver­nich­tung und des Krieges durch die Deutschen.

 

 

Spa­si­bo heißt Danke“

In der Bürg­er­meis­ter­straße lud der Jugendtr­e­ff DOSTO zu Suppe und Kuchen ein. Der 8. Mai ist ein Tag des Gedenkens an die Ermorde­ten der Shoah, die ermorde­ten Homo­sex­uellen, Roma und Sin­ti, Euthanasie-Opfer, „Asozialen“ und poli­tis­chen Gegner_innen des Nation­al­sozial­is­mus. Der 8. Mai ist auch ein Tag des Feierns: Wir feiern die Nieder­lage des deutschen Reich­es, das Ende von Mord und Unter­drück­ung, die Befreiung der Gefan­genen aus den Konzen­tra­tions- und Ver­nich­tungslagern und danken jenen, die dem bru­tal­en Wahn der Deutschen ein Ende set­zten. Die Rote Armee hat­te am 20./21. April 1945 unter Führung des Kom­man­dan­ten Leonid S. Daniljuk die Stadt Bernau auf ihrem Weg nach Berlin ein­genom­men. Nur wenige Tage später kapit­uliert das „Deutsche Reich“ bzw. das was noch vom ihm übrig war.

 

Inforiot