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Landespräventionsrat will Initiativen bündeln

Bran­den­burgs Lan­despräven­tion­srat will die Krim­i­nal­itäts­bekämp­fung in den Kom­munen forcieren. Staatliche, gesellschaftliche und pri­vate Ini­tia­tiv­en müssten ver­stärkt gebün­delt wer­den, sagte Innen­min­is­ter und Gremi­umsvor­sitzen­der Jörg Schön­bohm (CDU) am Dien­stag in Pots­dam. Polizei, Jus­tiz, Schulen und Sozialein­rich­tun­gen, Eltern und Erzieher soll­ten eben­falls ver­mehrt kooperieren, um die Krim­i­nal­ität zu senken. Schön­bohm reagierte damit auf Ergeb­nisse ein­er Studie der Uni­ver­sität Pots­dam. Die Studie schlägt die Verbesserung von Infra­struk­turen im Freizeit­bere­ich sowie die Stärkung des Rechts- und Wer­te­be­wusst­seins vor. Erfolg ver­sprechend sei neben dem Ein­satz von Street­work­ern auch eine ver­stärk­te Polizeipräsenz in städtis­chen Problemvierteln. 

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Notfalls verklagen wir den Staat”

ALTLANDSBERG. “Wir haben nicht mehr viel Zeit”, sagt Ravin­dra Gujju­la, der Bürg­er­meis­ter von Alt­lands­berg (Märkisch-Oder­land). “Am 4. April endet die Dul­dung für die Fam­i­lie Nguyen, bis dahin muss der Fall gek­lärt sein.” Obwohl die vierköp­fige viet­name­sis­che Fam­i­lie weit­er­hin offiziell keinen Asy­lanspruch hat und von der Abschiebung bedro­ht ist, fordern er und viele Alt­lands­berg­er ein dauer­haftes Bleiberecht für die Familie.
“Es ist unmen­schlich, sie auszuweisen”, sagt Gujju­la. Die Eltern hät­ten Arbeit und seien bestens inte­gri­ert. Am Woch­enende startete er eine Unter­schrifte­nak­tion, mit der er die Abschiebung der Nguyens ver­hin­dern will. 400 Ein­wohn­er unter­schrieben bis Dien­stag. Gujju­la will sich auch beim Auswär­ti­gen Amt und bei Min­is­ter­präsi­dent Man­fred Stolpe (SPD) für die Fam­i­lie ein­set­zen. Sollte der Kampf erfol­g­los bleiben, kündigte die Kirchenge­meinde bere­its an, den Nguyens erneut Kirchenasyl zu gewähren. Ein­mal schon hat­te ein solch­es Asyl die Fam­i­lie vor der Abschiebung bewahrt. “Wir wer­den alle rechtliche Wege gehen, um den Nguyens zu helfen”, sagt Gujju­la. “Not­falls verk­la­gen wir den Staat.”

Die Kinder sind Deutsche”

Fam­i­lie Nguyen lebt seit mehr als zehn Jahren hier. Die Eltern zählen aber nicht zu den viet­name­sis­chen Ver­tragsar­beit­ern in der DDR, die bleiben dür­fen. Die kleine Tochter wurde vor fün­fzehn Monat­en in Alt­lands­berg geboren. Ihr elfjähriger Brud­er Duc Toan ist nicht nur Klassenbester, son­dern auch Klassen­sprech­er. “Die Kinder sind für mich Deutsche”, sagt der gebür­tige Inder Gujju­la. Es sei absurd, dass die Fam­i­lie aus­reisen soll, weil der Vater am Stich­tag für eine Dul­dung keine Arbeit hat­te. “Beim Arbeit­samt hat­te er sie beantragt und auch eine Antwort erhal­ten”, sagt Gujju­la. Das soll jet­zt aber nicht ausreichen.

Die zuständi­ge Kreisver­wal­tung sieht keine Alter­na­tive zur Abschiebung. “Die Geset­zes­lage ist ein­deutig, da gibt es keinen Spiel­raum”, sagt Ver­wal­tungssprech­er Jür­gen Krüger. Die Fam­i­lie sei ille­gal und damit “geset­zes­brecherisch” aus Tschechien ein­gereist. Der Kreis könne dies nicht dulden, ohne selb­st das Gesetz zu brechen. “Nicht wir als aus­führende Ämter sind unmen­schlich, besten­falls sind es die Gesetze.”

Gujju­la sieht das anders und ver­weist auf eine namensgle­iche viet­name­sis­che Fam­i­lie in Guben. “Der Fall ist ähn­lich und auch dort gel­ten diesel­ben Geset­ze”, sagt Gujul­la. “Aber der dor­tige Lan­drat hat­te den Mut, die Geset­ze so men­schlich zu inter­pretieren, dass die Fam­i­lie bleiben konnte.”

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«Menschlich schlimm»

ddp Alt­lands­berg — Die viet­name­sis­che Fam­i­lie Nguyen aus dem bran­den­bur­gis­chen Alt­lands­berg ist von der Abschiebung bedro­ht. Ihr Wider­spruch gegen die Befris­tung der Dul­dung bis zum 3. April wurde abgelehnt, sagte der indis­chstäm­mige Bürg­er­meis­ter Ravin­dra Gujju­la. Dage­gen seien Rechtsmit­tel ein­gelegt wor­den. Die Alt­lands­berg­er Kirchenge­meinde werde im Not­fall Kirchenasyl gewähren. So lange es keine Zusicherung für einen dauer­haften Verbleib der Fam­i­lie in Deutsch­land gibt, sei man darauf vorbereitet.

Der Fall der heute vierköp­fi­gen Fam­i­lie war im Jahr 2000 bekan­nt gewor­den, als Vater und Sohn schon ein­mal bei der Kirchenge­meinde von Dol­gelin im Oder­bruch Asyl fan­den. Es wäre men­schlich schlimm, dies der Fam­i­lie erneut zuzu­muten, sagte Gujju­la. Er habe eine Unter­schrifte­nak­tion ges­tartet, mit der die Alt­lands­berg­er zeigen woll­ten, dass sie hin­ter der seit elf Jahren in Deutsch­land leben­den Fam­i­lie stehen.

Gujju­la warf den zuständi­gen Stellen fehlen­den poli­tis­chen Willen vor. Die «Sturheit» von Innen­min­is­teri­um und Kreis-Aus­län­der­be­hörde ver­hin­dere, dass die Fam­i­lie im Sinne der so genan­nten Alt­fall­regelung ein dauer­haftes Aufen­thalt­srecht erhält. Vater und Mut­ter wür­den bei­de arbeit­en, der elfjährige Sohn sei in der Schule als Klassen­sprech­er voll inte­gri­ert, die 15-monatige Tochter besucht eine Kita. Die Geset­ze soll­ten doch zugun­sten der Men­schen aus­gelegt wer­den, forderte der Bürgermeister.

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Verfassungsschutz unterstützt eBay


Fol­gende Mel­dung find­et sich auf den Seit­en des Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzes bezüglich der jüng­sten Kon­tro­verse um eBay — das Inter­net-Auk­tion­shaus mit Sitz in Bran­den­burg war in die Kri­tik ger­at­en, da auf seinen Seit­en pro-nazis­tis­che Artikel ange­botenw wer­den konnten/können.

Ver­fas­sungss­chutz unter­stützt eBay

Die Arbeit­skon­tak­te zwis­chen eBay und dem Ver­fas­sungss­chutz Bran­den­burg tra­gen erste Früchte. Das Inter­net-Auk­tion­shaus hat inzwis­chen eine Vielzahl recht­sex­trem­istis­ch­er Artikel von seinen Ange­bots­seit­en ent­fer­nt, vor allem ver­botene oder indizierte Ton­träger recht­sex­trem­istis­ch­er Skinheadbands. 

Die im bran­den­bur­gis­chen Europarc Dreilin­den in Klein­mach­now ansäs­sige eBay GmbH war Mitte Jan­u­ar durch einen Bericht des ZDF-Mag­a­zins “Frontal 21” in die Kri­tik ger­at­en. Das Mag­a­zin hat­te berichtet, auf den Ange­bots­seit­en von eBay werde massen­weise recht­sex­trem­istis­ches Pro­pa­gan­da­ma­te­r­i­al angeboten. 

Auch dank den Hin­weisen des Ver­fas­sungss­chutzes ist das jet­zt nicht mehr der Fall. 

Das Online-Unternehmen hat ein Hil­f­sange­bot des bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutzes prompt akzep­tiert und zeigt sich sehr koop­er­a­tiv. Anfang Feb­ru­ar kam es zu einem ersten Arbeit­str­e­f­fen zwis­chen Vertretern der Behörde und eBay. Jet­zt hat der Ver­fas­sungss­chutz, wie vere­in­bart, dem Unternehmen umfan­gre­iche Lis­ten von ein­schlägi­gen Bands, Fanzines (zusam­menge­set­zt aus “Fan” und “Mag­a­zin”) und Labels zur Ver­fü­gung gestellt. Eine weit­ere Liste mit Codewörtern, die das Her­aus­fil­tern der uner­wün­scht­en Pro­duk­te erle­ichtern soll, ist in Vor­bere­itung. Der Ver­fas­sungss­chutz hat dem Unternehmen auch zuge­sagt, Mitar­beit­er der “Com­mu­ni­ty-Watch” zu schulen, damit die frei­willige Selb­stkon­trolle von eBay noch effek­tiv­er wird. 

Denn immer wieder ver­suchen Recht­sex­trem­is­ten, eBay als Inter­net-Plat­tform für ihre Pro­pa­gan­daange­bote zu miss­brauchen. Dabei geben sie sich nicht immer offen zu erken­nen und ver­wen­den häu­fig nur Eingewei­ht­en geläu­fige Sym­bole und sprach­liche Codes. 

Weit­ere Arbeit­str­e­f­fen mit eBay wer­den in regelmäßi­gen Abstän­den folgen. 

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Eine Jugend in Neuruppin

(TAZ/Henning Kober) Es ist ein kalter Tag und der Nebel, der vom Rup­pin­er See her­aufzieht, hat sich noch nicht aufgelöst. In dem trüben Licht sehen die Häuser der Alt­stadt Neu­rup­pins far­b­los aus, obwohl viele frisch saniert sind. In ein­er Seit­en­straße befind­et sich das selb­st ver­wal­tete alter­na­tive “Café Mittendrin”. 

Drin­nen ist es warm und die Strahler der Lam­p­en wer­fen auf die orange­far­be­nen Wän­den ein angenehmes Licht. An der Wand hängt ein überdi­men­sion­ales Plakat, das an den Tod Car­lo Giu­lia­n­is erin­nert, den die ital­ienis­che Polizei im let­zten Som­mer beim G‑8-Gipfel in Gen­ua erschoss. In den drei Räu­men sitzen, lüm­meln, liegen Schüler, meist Gym­nasi­as­ten, auf Stühlen und aus­rang­ierten Ses­seln, trinken, rauchen und unter­hal­ten sich. 

Unauf­fäl­lig, harm­los ste­ht neben einem der Fen­ster zur Straße ein Stück Pappe, in der ein großes Loch klafft. “Das war vor vier Wochen, da haben sie uns mal wieder die Scheiben ent­glast”, erk­lärt Miri­am, als sei dies das Nor­mal­ste der Welt. Miri­am, die im ver­gan­genen Jahr Abitur gemacht hat, erzählt feix­end von dem typ­is­chen Besuch­er aus Berlin, der zu einem der Punkkonz­erte ins “Mit­ten­drin” kommt: “Die erste Frage ist, ob auch genug Leute da sind, um den Laden im Not­fall gegen die Nazis zu vertei­di­gen.” Dann lehnt sich Miri­am in das rote Sofa zurück, zün­det sich eine Zigarette an und dreht an ein­er braunen Haarsträhne. Zusam­men mit Maik und Hannes, die neben ihr sitzen, gehört sie zu den Aktivsten der Jugendantifa. 

Vor drei Jahren haben sie die Gruppe gegrün­det. “Nazistress an der Schule war für uns alltäglich gewor­den”, sagt Hannes und zieht die Ärmel seines Kapuzen­pullovers über die Hände. Ins “Mit­ten­drin” kom­men Leute, die ähn­lich denken und von denen etwa ein Dutzend im Alter zwis­chen 16 und 22 zur Jugen­dan­tifa gehören. Wenn es ums Plakatek­leben oder ‑sprühen geht, sind es auch mehr, und wenn es bei Demos gegen die Recht­en geht, machen fast alle “Mittendrin”-Besucher mit. Nicht mehr allein zu sein mit der täglichen Angst in der Schule oder auf dem Nach­hauseweg, ist das Motiv, das die Gruppe zusam­men­hält. Auch viele unpoli­tis­che Skater, Kif­fer, Nor­ma­los fühlen sich in dem Jugend­club zu Hause und beteili­gen sich dann an den Demos. Skater, Kif­fer, Nor­males, Rechte, Linke — die Jugendlichen in Neu­rup­pin benutzen diese Begriffe häu­fig und kat­e­gorisieren sich damit selb­st, vielle­icht, weil es etwas Sicher­heit gibt. 

Inzwis­chen sei es ein biss­chen bess­er gewor­den mit den Recht­en, seit der Schließung des “Bunkers”, sagt Miri­am und kor­rigiert sich gle­ich wieder, weil ihr Fos­si ein­fällt, den erst vor ein­er Woche sechs Recht­sradikale bedro­ht und ange­spuckt haben. Recht­sradikalis­mus gehört zur Real­ität der 32.000-Einwohner-Stadt.

Das sieht auch Bürg­er­meis­ter Otto Theel von der PDS so, den Maik “unseren Otto” nen­nt. “Wir beschäfti­gen uns sehr inten­siv mit dem Prob­lem”, sagt er. Theels Stimme klingt nach­den­klich. “Das ist eine Arbeit, die viel Zeit kostet.” Und Ner­ven. Theel ist 61 und wurde im Novem­ber wiedergewählt. Vor der Wende war er SED-Kreisleit­er für Wirtschaft. Bei ein­er Kundge­bung hat er Recht­sradikalen schon mal eine rote Karte ent­ge­gen­streckt. Aber er würde sich mit Jour­nal­is­ten aus Berlin wohl lieber über das frisch ren­ovierte Rathaus unter­hal­ten oder darüber, dass drin­gend ein Hotel benötigt wird. Lieber jeden­falls als über Wil­helm Lange. 

“Das ist der Nazi-Opa, der hier irgend­wann aus dem West­en aufge­taucht ist und seine unsäglichen Jugend­stun­den abhält.” Das “aus dem West­en” betont Otto Theel. Und ja, gibt der Bürg­er­meis­ter zu, er soll immer noch Anlauf­stelle für junge Rechte sein. 

“Der Herr Lange wohnt im Hin­ter­haus, klin­geln Sie nur”, sagt die Nach­barin lächel­nd. Nach dem Klin­geln zer­reißt lautes Hun­dege­bell die Ruhe der schmalen Alt­stadt­straße. Wil­helm Lange wartet im Hof hin­ter einem Maschen­drahtza­un und sper­rt erst mal den Schäfer­hund in den Zwinger. Der 86-jährige Greis trägt eine grüne Fleck­tarn­hose mit Seit­en­taschen und einen braunen Pullover. Seine Mund­winkel hän­gen tief. Weil das Hun­dege­bell so laut ist, bit­tet er in die Wohn­stube. “Sie müssen laut reden, ich höre schlecht. Kriegsver­let­zung, Kopf­schuss”, schre­it er. So weit es die räum­lichen Ver­hält­nisse zuließen, sagt Lange, betreue er hier Jugendliche. Lange nen­nt sie“seine Jugendlichen”. 20 seien das unge­fähr, die regelmäßig, meist täglich, zu ihm kom­men. “Ich hab da einen Jun­gen, Markus (Name geän­dert), der hat mich vor vier Jahren als Zwölfjähriger auf der Straße ange­sprochen. Der ist heute so fit, dass sich die Lehrer gar nicht mehr trauen, ihn anzus­prechen. Jedes Wort von mir ist bei ihm da drin” — er drückt seine Dau­men gegen die Schläfen und lächelt schief. Aus dem Bücher­re­gal zieht er ein Blatt mit Dog­men für seine Jugend­gruppe. Unter dem Titel “10 Gebote” ist dort zum Beispiel zu lesen: “Wir verkör­pern eine neue, unserem Volke ver­bun­dene Jugend­be­we­gung” oder: “Poli­tisch sind wir nicht rechts oder links, son­dern ein­fach deutsch.” 

Kurz nach der Wende kam Lange aus der Nähe von Wup­per­tal in die Stadt. Zunächst arbeit­ete er als Angestell­ter der Ini­tia­tive Jugen­dar­beit­slosigkeit Neu­rup­pin (IJN), die sich 1990 als gemein­nütziger Vere­in grün­dete und heute mit Arbeit­samt und Lan­desju­gen­damt zusam­me­nar­beit­et. Dort kon­nte er, zunächst unbe­merkt, Jugendlichen sein recht­es Gedankengut nahe brin­gen. Nach­dem bekan­nt wurde, dass er in der Ver­gan­gen­heit mit DVU und NPD zu tun hat­te, musste er den IJN-Vere­in ver­lassen und zog sich schein­bar ins Pri­vate zurück. Heute fällt er öffentlich vor allem dadurch auf, dass er Flug­blät­ter verteilt. 

Mit nach vorne gebeugtem Kopf und leis­er­er, Ver­traulichkeit sug­gerieren­der Stimme erzählt Lange von seinem Leben im Dien­ste der “nationalen Sache” und span­nt den Bogen von sein­er Zeit als HJ-Führer in Rom bis zu den DVU-Abge­ord­neten aus Pots­dam, die regelmäßig zu Besuch kom­men und Langes Jugendliche gern als zukün­ftige Parteim­it­glieder sehen möcht­en. 400 bis 500 Jugendliche seien in Neu­rup­pin auf jeden Fall rechts, erk­lärt Lange, und der Tag, an dem die deutsche Jugend auf­ste­he, komme bestimmt. 

Dann klin­gelt es. In die Woh­nung kom­men Markus, ein klein­er, kräftiger Typ in Bomber­jacke, und kurz darauf vier weit­ere Jugendliche, der Jüng­ste vielle­icht zehn oder elf Jahre alt. Sein Lons­dale-Pullover mit den wichti­gen Buch­staben “NSDA” in Größe S ist an den Ärmeln noch zu lang. Artig geben alle ihrem Gast­ge­ber die Hand. Sie nen­nen ihn Opa Lange. Still und aufmerk­sam lauschen sie, wenn der Mann ihnen erk­lärt, dass Demokrat­en die größten Ver­brech­er seien und Ost­deutsch­land der völ­lig falsche Begriff für das, was eigentlich Mit­teldeutsch­land heißen müsste. 

Warum hören sich die Jun­gen das frei­willig an? Warum gehen sie, wie Markus erzählt, Lange sog­ar bei der Hausar­beit zu Hand, putzen seine Woh­nung, gehen einkaufen? Hannes wird das später im “Mit­ten­drin” so erk­lären: “Mut­ti, Vati arbeit­s­los, Klipp­schule und dann ist da ein­er, der sich um dich küm­mert und dir das Gefühl gibt, du bist wer.” 

Dabei gibt es in Neu­rup­pin dur­chaus Ange­bote für Jugendliche. Das Jugend­freizeitzen­trum, das “Café Fan­ta­sy” im Neubauge­bi­et und natür­lich die Sportvere­ine. Und doch sagt Markus: “Die Freizeit­möglichkeit­en sind sehr begren­zt, wenn wir irgend­wo unser Bier trinken und ein biss­chen rum­feiern, dann kom­men gle­ich die Linken und machen Stunk.” Geschickt schürt Lange bei den Jugendlichen das Gefühl, ungerecht behan­delt zu wer­den. Ihnen habe Bürg­er­meis­ter Theel den “Bunker” weggenom­men, kla­gen sie, und den
Linken gle­ich ein ganzes Haus gegeben. Lange liefert den passenden Sound dazu. Er referiert: “Theel und die “Mittendrin”-Leute, das sind unsere Tod­feinde.” Dabei ist er für die Zukun­ft nicht pes­simistisch, “die Neu­rup­pin­er Polizei ste­ht prak­tisch auf unser­er Seite”, behauptet er, und Pläne, wie man bald wieder an neue Räume kom­men kann, gibt es auch. “Wir sind ger­ade in der Organ­i­sa­tion­sphase”, sagt ein­er der Jugendlichen. 

Es sind die Älteren, die sprechen. “Wenn du immer provoziert wirst, dann hast du irgend­wann die Fresse voll. Dann schlägst du halt zu.” Je stärk­er sie zum Beispiel bei Arbeit­ge­bern wegen ihres Auftretens auf Ablehnung stoßen, umso enger schließen sie sich zusam­men. “Das Prob­lem ist hier ein­fach, dass man wegen einem bes­timmten Pullover keine Lehrstelle bekommt”, sagt Markus und macht eine Hand­be­we­gung zu sein­er Brust, wo das Lons­dale-Logo prangt. Auch die Jün­geren wer­den das bald erfahren. Ein Teufelskreis. 

Im “Café Mit­ten­drin” ist es ruhig gewor­den. Jemand hat die Musik aus­gemacht, weil Fos­si ger­ade erzählt, wie er und vier Fre­unde nach der Schule von Jungs und Mäd­chen in Springer­stiefeln und Bomber­jack­en bedro­ht und bespuckt wurden. 

Ohne Grund oder konkreten Anlass. “Die woll­ten ein­fach ihre Macht ausüben”, sagt der Neun­tk­lässler in den bre­it­en Hosen. Eigentlich inter­essiere er sich gar nicht beson­ders für Poli­tik. “Angst hab ich trotz­dem nicht”, sagt Fos­si entschlossen. Angst will er nicht haben. “Wir reden dann untere­inan­der und beruhi­gen uns. Fre­unde sind das Wichtig­ste”, sagt Fos­si. Er möchte trotz allem in kein­er anderen Stadt leben. “Neu­rup­pin ist schon ganz in Ord­nung.” Kommt eben nur darauf an, was für ein Tag heute ist. 

taz Nr. 6674 vom 12.2.2002, Seite 5, 259 Zeilen (TAZ-Bericht), HENNING KOBER

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Rathenower Polizistenprozess am Amtsgericht Potsdam

Rathenow­er Polizis­ten­prozess am Amts­gericht Potsdam
Ver­fahren wegen “übler Nachrede” gegen Mitar­beit­er der Opfer­per­spek­tive Vor dem Amts­gericht Pots­dam, Hege­lallee 8, find­et am Dien­stag, den 19. Feb­ru­ar 2002, um 9 Uhr im Saal 304.1 und am Don­ner­stag, den 21. Feb­ru­ar 2002 um 9 Uhr im Saal 201 ein Ver­fahren gegen einen Mitar­beit­er des Vere­ins Opfer­per­spek­tive statt. 

 

Vorge­wor­fen wird dem Vere­in eine Pressemit­teilung vom August 2000. Darin war von einem Angriff auf den britisch-chi­ne­sis­chen Foto­jour­nal­is­ten Justin Jin in Rathenow berichtet wor­den — und von einem Fehlver­hal­ten der Polizei. Die Polizistin­nen hat­ten näm­lich, anstatt den Angreifer festzunehmen, das Opfer, Justin Jin, gegen seinen Willen mitgenom­men und seine drei afrikanis­chen Begleit­er mit ein­er Ansamm­lung pöbel­nder Ras­sis­ten zurückgelassen. 

 

Doch anstatt aufzuk­lären, wie es zu dieser Sit­u­a­tion kom­men kon­nte, reagierte das Polizeiprä­sid­i­um und das Innen­min­is­teri­um mit einem Gege­nan­griff. Sie stell­ten sich vor die bei­den Polizistin­nen, die ent­ge­gen der Darstel­lung der Opfer behaupteten, keine Gewalt ange­wandt zu haben, und bezichtigten einen der afrikanis­chen Augen­zeu­gen der Ver­leum­dung und den Vere­in Opfer­per­spek­tive der üblen Nachrede. Damit sollte offen­bar ein Sig­nal geset­zt wer­den, zukün­ftig jede Kri­tik an polizeilichem Fehlver­hal­ten zu unter­lassen. Offen­sichtlich soll sich hier der Jus­tiz bedi­ent wer­den, um die Seriosität des Vere­ins Opfer­per­spek­tive in Frage zu stellen. 

 

Obwohl alle Opferzeu­gen den Wahrheits­ge­halt der Pressemit­teilung bestäti­gen, wurde über anderthalb Jahre ein gewaltiger Ermit­tlungsaufwand getrieben. Für zwei Ver­hand­lungstage sind elf Zeu­gen geladen. Es ist zu hof­fen, dass sich dieser Prozess in eine Gele­gen­heit wen­det, das polizeiliche Fehlver­hal­ten aufzuklären. 

 

Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen zum Prozess:

Andreas Sch., Mit­glied der recht­sex­tremen Gruppe “Havel­län­der Jungs”, in action 

 

Die umstrit­tene Pressemitteilung:

Britis­ch­er Jour­nal­ist in Rathenow von Skin­head ange­grif­f­en und von Polizei misshandelt

 

Die zweite Pressemitteilung:

“Opfer­per­spek­tive” weist den Vor­wurf der Ver­leum­dung zurück

Anzeige gegen Augen­zeu­gen des polizeilichen Fehlver­hal­tens ver­heerend für Anzeigen­ver­hal­ten von Opfern

 

“Wie ver­hält sich die Polizei nach Über­grif­f­en in Rathenow?”

Junge Welt, 06.09.2000

 

Justin Jins Bran­den­burg-Tage­buch auf deutsch:

Spiegel-Reporter, 30.01.01

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Unterschriftensammeln gegen das neue Zuwanderungsgesetz

Aufruf für eine Unter­schriften­samm­lung gegen das neue
Zuwanderungsgesetz

Gegen das geplante neue Zuwan­derungs­ge­setz plant der Flüchtlingsrat Bran­den­burg, einen offe­nen Brief — u.a. an die Land­tagsab­ge­ord­neten zu ver­fassen. Hier der Aufruf an Euch, Euch zu beteili­gen (gebt dem Flüchtlingsrat Bescheid, dass Ihr mitun­terze­ich­enen wollt!) und der Entwurf des Briefes.

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Fre­undin­nen und Fre­unde des Flüchtlingsrats Brandenburg, 

Der Zuwan­derungs­ge­set­zen­twurf ist nun seit Monat­en in aller Munde. Am Woch­enende fand sich ein Inter­view mit Min­is­ter­präsi­dent Stolpe zu dem The­ma in der Märkischen All­ge­meinen Zeitung, in dem er noch ein­mal Bran­den­burgs Hal­tung zu dem Entwurf arlegte: der Tenor, so muss man es lei­der sagen, lautete u.a. “mehr Fremde verur­sachen auch mehr Fremdenfeindlichkeit”. 

Der Flüchtlingsrat verurteilt dieses “Vor­preschen” eines SPD-Poli­tik­ers auf das Schärf­ste. Aus diesem Grunde hat der FR einen Aufruf an die Abge­ord­neten des Land­tags und die Mit­glieder des Kabi­netts ver­fasst, in dem wir
dar­legen, was unter anderem an diesem Gesetz men­schrechts­feindlich ist und in dem wir
darum bit­ten, sich noch ein­mal genau klarzu­machen, was die Erfül­lung der Forderun­gen für die Men­schen bedeuten würde, die hier Schutz suchen. 

Wir möcht­en Sie / Euch bit­ten, den anhän­gen­den Brief an die
Abge­ord­neten und das Kabi­nett mit zu unterze­ich­nen. Das kön­nen Sie/könnt Ihr als Einzelper­son oder aber auch als Ver­band, Organ­i­sa­tion etc. tun. 

Bran­den­burg wird auf­grund der Grossen Koali­tion “das Zün­glein an der Waage” bei der Abstim­mung im März im Bun­desrat sein — das Gesetz in dieser ver­schärften Form darf den Bun­desrat nicht passieren! 

Alle weit­eren Infor­ma­tio­nen, warum wir diese Forderun­gen so
verurteilen, find­en Sie aus­führlich in dem Schreiben erklärt. 

Helfen Sie mit, diese unmen­schlichen Forderun­gen und Ausle­gun­gen nicht Wirk­lichkeit wer­den zu lassen! 

Wir danken Ihnen! 

Judith Gleitze
für den FR Brandenburg

Bitte mailen oder fax­en Sie uns Ihren Namen, evtl. Organ­i­sa­tion und
Adresse wenn Sie sich mit unter das Schreiben set­zen möchten. 

Stellen Sie sich eine Fam­i­lie vor, die hier lebt, aber ihr 14-jähriges Kind musste allein im Bürg­erkriegs­land Sier­ra Leone zurück­bleiben, Ein­reise nach Deutsch­land nicht ges­tat­tet — das Nachzugsalter soll auf 12 Jahre
gesenkt wer­den! Das z.B. wäre eine Folge der Verschärfungen! 

Wir möcht­en Sie/Euch ein­laden zu ein­er kleinen Ver­anstal­tung am 22.2.02 in Pots­dam, wo wir mit ein paar kleinen szenis­chen Dar­bi­etung darstellen werden,
was dieses neue Zuwan­derungs­ge­setz bedeuten wird — und was es in der von Her­rn Stolpe geforderten Ver­schär­fung bedeutet.

Wir bit­ten Sie alle, zu dieser Ver­anstal­tung zu kom­men und das Anliegen der Flüchtlinge zu unter­stützen! Bitte opfern Sie ein paar Stun­den Ihrer Zeit, denn wenn dieser Entwurf mit all seinen Ver­schär­fun­gen durch den Bundesrat
geht, dann wer­den die Men­schen, die sich für Flüchtlinge ein­set­zen, unmess­bar viel mehr Zeit benötinge, um ein Men­schen­recht — das recht auf Schutz — noch
durch­set­zten zu können! 

 

 

Offen­er Brief:

An die Abge­ord­neten des Bran­den­burg­er Landtages

An die Mit­glieder des Kabinetts

An Her­rn Matthias Platzeck, Vor­sitzen­der der SPD 

Zur Kenntnisnahme:

An die Aus­län­der­beauf­tragte des Lan­des Brandenburg 

Sehr geehrte Damen und Herren, 

Das Land Bran­den­burg spielt bekan­ntlich eine äußerst wichtige Rolle bei der notwendi­gen Entschei­dung im Bun­desrat zum geplanten Zuwan­derungs­ge­setz. Wir
haben mit Erschüt­terung die Posi­tion des Min­is­ter­präsi­den­ten Stolpe zum geplanten Gesetz aufgenom­men. Die von ihm geforderten Änderun­gen am Geset­zen­twurf wür­den zu noch mas­siv­eren Ver­let­zun­gen von Grund- und Men­schen­recht­en bei Flüchtlin­gen führen und dürften unseres Eracht­ens keines­falls eine Forderung
Bran­den­burgs sein, einem Land, das sich selb­st als “tol­er­ant” bezeichnet. 

Nun wen­den wir uns an Sie mit der Bitte, die Posi­tion Bran­den­burgs pos­i­tiv zu bee­in­flussen. Die Stimme Bran­den­burgs entschei­det über das Leben von Tausenden von Men­schen! Der zur Abstim­mung vor­liegende Geset­zen­twurf wurde bei der Exper­te­nan­hörung am 16.1.02 ein­mütig von allen namhaften Flüchtlings- und Men­schen­recht­sor­gan­i­sa­tio­nen kri­tisiert! Vor allem — so die ein­hel­lige Mei­n­ung — in den Bere­ichen Flüchtlingss­chutz, Inte­gra­tion, Inte­gra­tions­mass­nah­men, Ausweisungss­chutz, soziale Absicherung und für sog. Härte­fälle wurden
unverzicht­bare Nachbesserun­gen einge­fordert (siehe Stel­lung­nah­men von Pro Asyl, ai, UNHCR, dt. Anwaltsvere­in, dt. Juristin­nen­bund, DGB u.a., über FR Bran­den­burg zu
beziehen). 

In aller Kürze wollen wir hier einige wesentliche Ver­schlechterun­gen benennen: 

Für die grosse Zahl der gedulde­ten Flüchtlinge soll es eine neue Regelung geben. Dabei ist aber zu befürcht­en, dass nur ein geringe Anteil der Betrof­fe­nen ihren Aufen­thalt legal­isieren kann. Der viel grössere Teil des Per­so­n­enkreis­es wird durch den Entzug der Dul­dung und dem Ausstellen ein­er “Bescheini­gung” in Aus­reise­lager eingewiesen oder teil­weise in die Ille­gal­ität gedrängt.
Für diesen Per­so­n­enkreis wird es ein Arbeitsver­bot geben. 

Das Leben unter dem physis­chen und sozialen Exis­tenzmin­i­mum wird weit­er die Real­ität für Flüchtlinge bleiben. Nach dem jet­zi­gen Geset­zen­twurf wird der Per­so­n­enkreis, der abge­senk­te Leis­tun­gen (70–80 % eines deutschen
Sozial­hil­feempfängers) in Form von Sach­leis­tun­gen erhält, noch mas­siv ausgeweitet. 

Sub­jek­tive Nach­flucht­gründe sollen bei der Prü­fung der
Flüchtling­seigen­schaft im Fol­gev­er­fahren nicht berück­sichtigt wer­den. Der GKF unterscheidet
dage­gen nicht zwis­chen Vor- und Nachfluchtgründen.
Das Ver­bot des Ver­lassens des zugewiese­nen Aufenthaltsortes
(Res­i­den­zpflicht) gilt nicht nur für Flüchtlinge im Asylver­fahren und Flüchtlinge mit
Bescheini­gung, son­dern wird noch auf Flüchtlinge mit anderen Aufenthaltstiteln
ausgeweitet. 

Das Arbeit­ser­laub­nis­recht wird für Flüchtlinge noch mehr eingeschränkt, die Lebens­ab­sicherung durch eigene Arbeit fast unmöglich gemacht. 

Diesen Män­geln ste­ht als einziger wirk­lich­er Fortschritt die geplante Berück­sich­ti­gung nicht-staatlich­er und geschlechtsspez­i­fis­che Ver­fol­gung gegenüber,
die der Flüchtlingsrat Bran­den­burg sehr begrüsst. 

1. Nun aber will Min­is­ter­präsi­dent Man­fred Stolpe ger­ade diesen einzigen
unbezweifel­baren Fortschritt ver­hin­dern. Nicht-staatliche Ver­fol­gung dürfe, so
Herr Stolpe, nicht als Asyl­grund anerkan­nt wer­den. Son­st würde Bran­den­burg die
Zus­tim­mung zum Zuwan­derungs­ge­setz ver­weigern. (siehe u.a. MAZ vom 01.02.02)

Worum geht es ? 

Seit Jahren fordern Pro Asyl, amnesty inter­na­tion­al und der UNHCR die
kor­rek­te Anwendung/Umsetzung der Gen­fer Flüchtlingskon­ven­tion (GFK). Anstelle der
Prax­is der Bun­desre­pub­lick Deutsch­land, bei der der Schutz der GFK abhängig
gemacht wurde vom Charak­ter des Täters (Staat), solle endlich der in der GFK
fest­geschriebene vor­be­halt­lose Schutz gel­ten. Das bedeutet, dass die
Schutzgewährung nach der Gen­fer Flüchtlingskon­ven­tion eben nicht vom Täter, sondern
auss­chließlich vom Tatbe­stand der Ver­fol­gung abhängig gemacht wer­den darf. Viele
Men­schen wer­den durch Bürg­erkriegsparteien oder lokale Kriegsh­er­ren in die
Flucht getrieben — aus diesem Grunde bedarf es eines Schutzes, der auch
nicht-staatliche Ver­fol­gung mit einbezieht. 

Mit der jet­zt geplanten Berück­sich­ti­gung der nicht-staatlichen Verf
olgung
sollte nun endlich diese von Flüchtlingss­chut­zor­gan­i­sa­tio­nen jahrelang
geforderte Anpas­sung der deutschen Prax­is an den €päis­chen und internationalen
Stan­dart erfol­gen. Es han­delt sich dabei also keineswegs um eine Ausweitung des
Asyl­rechts, son­dern endlich um die kor­rek­te Anwen­dung der Genfer
Flüchtlingskon­ven­tion. Gle­ichzeit­ig wird hier­mit ein pos­i­tiv­er Beitrag zur
Asyl­recht­shar­mon­isierung in Europa geleis­tet (zu empfehlen hierzu: Stel­lung­nah­men von
amnesty inter­na­tion­al und vom UNHCR zur Exper­te­nan­hörung, über FR Bran­den­burg zu
beziehen) 

Was heißt das ? 

Herr Stolpe will diese Verbesserung radikal stre­ichen und ist der Meinung,
man kön­nte für solche “Fälle” auch “weit­er­hin human­itäre Lösun­gen” (MAZ,
1.2.02) find­en. Wir, die wir täglich mit Flüchtlin­gen arbeit­en, wis­sen, dass es
diese human­itären Lösun­gen schon jet­zt nicht gibt, und dass sie nur in den
wenig­sten, medi­en­wirk­samen Fällen erre­icht wer­den kön­nen. Die Forderung,
nicht­staatliche Ver­fol­gung nicht anzuerken­nen bedeutet, Flüchtlinge aus
Bürg­erkriegs­ge­bi­eten einen legalen Sta­tus in unserem Land zu ver­wehren und sie mit
“Bescheini­gun­gen” in einem Aus­reise­lager zur bald­möglich­sten Aus­reise zu drän­gen. So
gal­ten Flüchtlinge aus Afghanistan jahre­lang nicht als vom Staat verfolgt
und hät­ten nach Her­rn Stolpes Forderung auch keine Chance auf ein
men­schen­würdi­ges Leben in Deutsch­land. Eben­so ver­hält es sich z.B. mit den auch in
Bran­den­burg leben­den Flüchtlin­gen aus Kolumbi­en, deren Ver­fol­gung durch die
Paramil­itärs nicht als staatliche Ver­fol­gung ange­se­hen wird und denen somit ein
wirk­samer Schutz ver­wehrt wird. 

Sollen diese hier Schutz suchen­den Men­schen, die um Leib und Leben fürchten
müssen, wirk­lich ins Aus­reise­lager kom­men und abgeschoben wer­den, nur weil
die Bun­desre­pub­lik Deutsch­land den von der GFK garantierten Schutz unter den
Vor­be­halt stellt, daß der Ver­fol­ger ein Staat sein muß ? 

Wenn Min­is­ter­präsi­dent Stolpe behauptet, die Anerken­nung der
nicht-staatlichen Ver­fol­gung als Asyl­grund würde einen Anreiz zur Flucht nach Deutschland
darstellen, so scheint er die Tat­sachen zu verken­nen: “UNHCR hat auch keine
Anhalt­spunk­te dafür, daß die Flüchtlingsan­erken­nung auf Grund von
nicht­staatlich­er Ver­fol­gung eine uner­wün­schte Sog-Wirkung aus­lösen kön­nte. Die Auswahl des
Aufen­thaltsstaates wird weniger durch die jew­eilige Inter­pre­ta­tion des
Flüchtlings­be­griffs als von Zweck­mäßigkeits­gesicht­spunk­ten (beispiel­sweise die
Erre­ich­barkeit des Ter­ri­to­ri­ums, die Anwe­sen­heit von Familienangehörigen)
bes­timmt.” (UNHCR Stel­lung­nahme vom 14.1.02, S.3 zur Exper­te­nan­hörung). Ebenso
for­muliert amnesty inter­na­tion­al: “Der Ein­wand, die Neuregelung weite den Zuzug
von Aus­län­dern in die Bun­desre­pub­lik stark aus, geht aber fehlt. Es geht darum,
dass die Per­so­n­en, die schon bish­er nach Deutsch­land gekom­men sind, aber
über­wiegend nicht abgeschoben wer­den kon­nten, einen sicheren Aufenthaltsstatus
erhalten.”

2. Eine weit­ere Forderung von Her­rn Stolpe ist die Her­ab­set­zung des
Min­destal­ters für den Fam­i­li­en­nachzug: statt dem geplanten Nachzugsalter von Kindern
bis 14 Jahre ver­langt er eine Fest­set­zung der Alters­gren­ze bei 12 Jahren. 

Worum geht es ? 

Die Regelun­gen zum Fam­i­li­en­nachzug im Geset­zen­twurf sehen ein abgestuftes
(Un)Recht vor: Nur Hochqual­i­fizierte, Asyl­berechtigte und
Kon­ven­tions­flüchtlinge dür­fen ihre min­der­jähri­gen Kinder bis zum Alter von 18 Jahren nachkommen
lassen . Für andere Fälle war die Nachzugsalters­gren­ze von 16 auf 14 Jahre
abge­senkt wor­den. Diese geplante Regelung war bere­its ein Rückschritt gegenüber
dem Sta­tus Quo, der bis­lang bei 16 Jahren liegt. Und nun will Stolpe noch
weit­er gehen: statt der Alters­gren­ze bei 14 Jahren soll sie auf Brandenburgs
Wirken hin auf 12 Jahre gesenkt wer­den. Men­schen, die hier aus humanitären
Grün­den eine Aufen­thalt­ser­laub­nis erhal­ten haben, soll hier der Familiennachzug
ver­weigert wer­den. Das ist schlicht grundge­set­zwidrig und mit der Vor­gabe in
Art.5 Ziff. 3 EURiliE nicht vere­in­bar (zu empfehlen hierzu: Stel­lung­nah­men des
DGB, des deutschen Juristin­nen­bund, des deutschen Anwaltvere­ins und von Pro
Asyl zur Exper­te­nan­hörung, über FR Bran­den­burg zu beziehen) 

Was heißt das ? 

Es dauert oft viele Jahre, ehe Flüchtlinge ihre Anerken­nung bekom­men und
damit den Sta­tus erlan­gen, der es ihnen ermöglicht, ihre Kinder offiziell zu
sich zu holen. Soll­ten die Kinder in dieser Ver­fahren­szeit älter als 12 Jahre
gewor­den sein, fordert Herr Stolpe die lebenslange Tren­nung der Fam­i­lie — denn
die Kinder dür­fen nicht nach Deutsch­land und den Eltern ist die Rück­kehr in
ihre Heimat ver­wehrt. Richtig stellt Herr Stolpe fest: “ger­ade im Alter
zwis­chen 12 und 18 Jahren find­en wichtige Entwick­lun­gen statt” — will aber den
Eltern ver­wehren, mit ihren Kindern zusam­men zu leben und an diesen Entwicklungen
teil zu haben. 

3. Stolpe macht sich mit seinen Äußerun­gen zum The­ma Zuwan­derung zum
geisti­gen Brandstifter ! 

Wenn Herr Stolpe, wie in der MAZ am 01.02.02 geschehen, einen Zusammenhang
zwis­chen Anerken­nung nicht-staatlich­er Ver­fol­gung und erhöhter
Frem­den­feindlichkeit kon­stru­iert, so ist dies im höch­sten Maße gefährlich. Es ist doch
all­ge­mein bekan­nt, wie wichtig poli­tis­che Entschei­dun­gen für das Mei­n­ungs­bild in
der Bevölkerung sind! Unter­stützt die Lan­desregierung diese
Abschot­tungspoli­tik, so wer­den sich diese Ten­den­zen auch in der Bevölkerung wider­spiegeln. Eine
Gle­ich­set­zung ‘weniger Aus­län­derIn­nen bedeutet weniger Frem­den­hass’ ist Öl
auf das Feuer des Fremdenhasses. 

Ein eben­solch gefährlich­es Kon­strukt ist der im sel­ben Inter­view von Herrn
Stolpe vertretene Zusam­men­hang zwis­chen Masse­nar­beit­slosigkeit und
Zuwan­derung. Wir geben Her­rn Stolpe recht, daß es sich hier um ein psychologischen
Phänomen han­delt: So wird ver­bre­it­et, daß Flüchtlinge Deutschen die Arbeitsplätze
weg­nehmen, denn die Bevölkerung unter­schei­det im All­ge­meinen nicht zwischen
Arbeitsmi­gran­tInnen und Flüchtlin­gen — alle sind Aus­län­derIn­nen. Doch wie
sieht das in Bran­den­burg aus? Bei einem Aus­län­derIn­nenan­teil von etwas mehr als 2
% und ein­er Arbeit­slosigkeit bis zu teil­weise 20% in den Kom­munen kann der
Man­gel an Arbeit­splätzen rein rech­ner­isch unmöglich an den hier lebenden
Aus­län­derIn­nen liegen — das sind Tat­sachen, die öffentlich von PolitikerInnen
vertreten wer­den müssen, um Angst und Hass in der deutschen Bevölkerung
abzubauen! 

Wir möcht­en hier noch ein­mal deut­lich anmerken, dass auch wir für die
Schaf­fung eines Zuwan­derungs­ge­set­zes sind. Der jet­zt vor­liegende Gesetzentwurf
bein­hal­tet aber eine nicht über­schaubare Fülle von Änderun­gen, die in der
Gesamtheit kaum jemand erfassen kann und die nicht aus­re­ichend disku­tiert wurde. Er
ist deut­lich von wirtschaftlichen Inter­essen geprägt, verbessert die Stellung
von hochqual­i­fizierten Arbeit­skräften, ver­schlechtert aber mas­siv die
Sit­u­a­tion der Men­schen, die in unserem Land Schutz suchen. 

Zudem hal­ten wir es nicht für sin­nvoll, eine Geset­zge­bung zur
Arbeitsmi­gra­tion, zur Ter­ror-Bekämp­fung und zum Schutz für Flüchtlinge auf einen
gemein­samen Weg zu brin­gen. Der vor­liegende Entwurf stellt einen ‘Kuh­han­del’ dar:
kon­trol­lierte Zuwan­derung von Arbeit­skräften auf Kosten des Flüchtlingsschutzes. 

Wir möcht­en Sie bit­ten, diese unmen­schliche Poli­tik im Land Brandenburg
nicht zuzu­lassen. Das Land Bran­den­burg sollte wegen der oben genannten
Geset­zesin­halte dem Zuwan­derungs­ge­setz in der jet­zi­gen Form nicht zus­tim­men. Eine
darüber hin­aus gehende Ver­schär­fung, wie Sie von Her­rn Stolpe und Her­rn Schönbohm
gefordert wird, darf durch das Land Bran­den­burg nicht in das
Gesetzgeb
ungsver­fahren einge­bracht wer­den — auch nicht um den Koali­tions­frieden zu retten ! 

Unsere drin­gende Bitte an Sie: 

Wer­den Sie Ihrer Ver­ant­wor­tung für den Schutz von Flüchtlin­gen und
Migran­tInnen ein­er­seits, und Ihrer Ver­ant­wor­tung für ein friedlich­es und respektvolles
Miteinan­der in unser­er Gesellschaft ander­er­seits gerecht! 

Es bedarf ein­er klaren, sachgerecht fundierten Entschei­dung für ein neues 

Flüchtlingsrecht, dieses darf nicht hin­ter dem jet­zt gel­tenden Recht
zurückbleiben! 

Die Koali­tion­seinigkeit darf nicht über den Men­schen­recht­en stehen! 

Treten Sie der Mißach­tung der Gen­fer Flüchtlingskon­ven­tion entgegen — 

Sie soll­ten diesen vom Min­is­ter­präsi­den­ten und Innen­min­is­ter Brandenburgs
geforderten Verän­derun­gen nicht zustimmen! 

Wir hof­fen auf Sie ! 

Für Nach­fra­gen oder Gespräche ste­hen wir Ihnen jed­erzeit gerne zur
Ver­fü­gung. Wir kön­nen Ihnen ausser­dem die aus­führlichen Stel­lung­nah­men der
Wohlfahrtsver­bände, des UNHCR, divers­er Men­schen­recht­sor­gan­i­sa­tio­nen, des DGB etc. zur
Ver­fü­gung stellen oder Ihnen Inter­net­seit­en nen­nen, auf denen Sie das entsprechende Mate­r­i­al finden. 

Mit fre­undlichen Grüßen 

für den Flüchtlingsrat Brandenburg 

Judith Gleitze, Mar­i­on Wettach

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Jugendherberge auf KZ-Gelände

hajo Fürsten­berg — Auf dem Gelände des früheren Frauen-KZ Ravens­brück bei Fürsten­berg (Kreis Ober­hav­el) entste­ht derzeit eine Jugend­her­berge. Sie soll in den ehe­ma­li­gen SS-Auf­se­herun­terkün­ften unterge­bracht wer­den. Die drei Wohn­häuser ver­fü­gen über 88 Bet­ten. Die Her­berge soll ab April als Jugend­begeg­nungsstätte dienen.

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114 rechtsgerichtete Plakate beschlagnahmt

dpa Pren­zlau — Die Polizei hat in der Nacht zum Mon­tag in Pren­zlau (Kreis Uck­er­mark) 114 rechts­gerichtete Plakate beschlagnahmt. Sie befan­den sich im Besitz von vier Män­nern im Alter zwis­chen 15 und 25 Jahren, teilte die Polizei mit. Die Plakate richteten sich gegen die Wehrma­cht­sausstel­lung des Ham­burg­er Insti­tuts für Sozialforschung.

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Laut gegen Gewalt im Cottbuser Glad-House

Solchen Andrang gabs im Glad-House schon lange nicht mehr: 750 Besuch­er rock­ten am Fre­itagabend Laut gegen rechte Gewalt. Acht Bands spiel­ten fünf Stun­den lang, unter ihnen die Grup­pen Sport­fre­unde Stiller und Such a Surge.
Die Bands erhal­ten keine Gage, alle Ein­tritts­gelder wer­den für Anti-Rechts-Ini­tia­tiv­en gespendet.
Vor dem Ein­gang herrscht ab 19 Uhr dicht­es Gedränge; Fans ver­suchen, noch eine Karte für den Abend zu ergat­tern. Doch Fehlanzeige: Alles war bere­its im Vorverkauf wegge­gan­gen. Drin­nen füllt sich der Konz­ert­saal, als die Gitar­ren erklin­gen: 4Lyn, Emil Bulls, NTS, Fre­iTag und Herz­er spiel­ten jew­eils eine Vier­tel­stunde laut gegen Rechts, eben­so wie die Bre­mer Band Kung­fu mit ihrem melan­cholis­chen Hardrock.
Kallas, Spitz­name des Kung­fu-Sängers, ver­sucht nach dem Auftritt das Tour-Engage­ment der Band zu erk­lären. Ein­fach zeigen, dass wir dage­gen sind. Gegen Rechts. Die Leute sollen nicht wegschauen, son­dern dum­men Sprüchen sofort was ent­ge­genset­zen, sagt der 26-Jährige. Nicht ohne hinzuzufü­gen, dass die wenig­sten Bands poli­tis­che Lieder schreiben. Wir auch nicht. Aber Musik strahle pos­i­tive Energie aus. Und so, gestikuliert der rothaarige Band­leader, wolle man zeigen, dass Aggres­sio­nen nicht nur durch Zuschla­gen abge­baut wer­den kön­nten, son­dern ein­fach durchs Tanzen.
Dies beherzigt das Pub­likum. Spätestens kurz nach 22 Uhr, als die Hitze im Konz­ert­saal auf tro­pis­che Werte steigt und Sport­fre­unde Stiller in die Gitar­ren­seit­en greifen. Am Mikro­fon singt Peter Brug­ger vom Wellen­re­it­en, und einige Besuch­er nehmen ihn beim Wort.
Sie schwim­men über der Men­schen­masse, lassen sich von Armen in der Höhe hal­ten. Zum gefäl­li­gen Gitar­ren-Pop der Sport­fre­unde, die bere­its nach 30 Minuten die Bühne ver­lassen. Umbau­pause. Zeit für die Vere­ine und Ini­tia­tiv­en, die gegen Rechts kämpfen, sich näher vorzustellen. Zeit für die Fans, sich bei küh­lem Getränk zu erfrischen. Super Abend, strahlt Char­lotte Wag­n­er (17), die ger­ade vom Tanzen kommt. Das Mot­to find ich gut, und das Sta­raufge­bot ist klasse. Außer Atem kommt ihre Fre­undin Sabine Gereke (18) hinzu. Ihr sei das The­ma egal, schließlich verän­dere sich ja doch nichts. Aber Haupt­sache, die Par­ty stimmt, resümiert sie.
Dann ist es halb zwölf, der Büh­nen­nebel wird dick­er, die Anspan­nung steigt. In gleißen­dem Schein­wer­fer­licht erklin­gen die ersten Tak­te von Such a Surge und ihrem HipHop-Rock-Stilmix. Der halbe Saal begin­nt, im Takt mitzus­prin­gen, der Boden des Glad-Hous­es bebt. Bei den ruhigeren Titeln Tropfen und Jet­zt ist gut ragt ein Meer von Armen empor, sil­hou­et­ten­haft im lila­far­be­nen Gegen­licht. Eine Stunde lang präsen­tierte die Band einen emo­tionalen Mix aus schweißtreiben­der Energie und wilder Aggressivität.
Die Ham­burg­er Agen­tur Büro-Lärm ver­anstal­tet die Bene­fiz-Tournee, die neben Cot­tbus auch in Ham­burg, Berlin, Halle und Jena gastiert. Wir haben Städte für die Auftritte gewählt, in denen es Prob­leme mit Recht­en, aber auch Gegenini­tia­tiv­en gibt, sagt Ver­anstal­terin Sarah Stro­hbein. Ein deut­lich­es Zeichen solle mit der Tour geset­zt wer­den, dass näm­lich rechte Gewalt in diesem Land keinen Platz hat.
Such a Surge haben mit­tler­weile ihre Zugabe gespielt, zum Abschluss ver­sam­meln sich Bands und Anti-Rechts-Ini­tia­toren auf der Bühne. Packt euch in Grup­pen zusam­men, denn da draußen gibts immer noch genug Nazis, wird skandiert.
Faz­it des Abends: Der Rock­pop-Him­mel strahlte unver­drossen gute Laune aus, der Stern der Zivil­courage schien schwach dazu.

Inforiot