Mit der Besetzung der Gutenbergstr. 67 am Abend des 21.09.2018 gelang es uns als BesetzerInnen des Hauses kurz vor der Bürgermeisterwahl ein Thema auf die Tagesordnung zu bringen, dass in Potsdam gerne beiseitegeschoben wird.
Die am Tag darauf stattgefundene Demonstration mit um die Tausend TeilnehmerInnen hat eindrucksvoll gezeigt, dass es einen klaren Widerspruch zur Stadtpolitik gibt, der sich letztendlich am Wahlsonntag durch das gute Abschneiden Lutz Boedes als Oberbürgermeisterkandidat der Fraktion „Die Andere“ gezeigt hat.
Der jahrelange Ausverkauf öffentlichen Eigentums, ist genauso wenig akzeptabel, wie die unterschiedliche Behandlung kultureller Einrichtungen und das Rumtaktieren, wenn es um Prestigeprojekte, wie der Umgestaltung der Innenstadt und den Wiederaufbau der Garnisonkirchenkopie geht. Diesen Widerspruch auf der einen Seite seit Jahren abzutun und kleinzureden, und auf der anderen Seite Pleiteprojekte, wie den Wiederaufbau durch direkte und indirekte öffentliche Förderung möglich zu machen, zeigt sehr gut den Schwerpunkt der Stadtpolitik.
Inhaltlich treibt die Menschen eher die Sorge um, ob sie in einigen Jahren noch in Potsdam leben können, als eine Stadtsilhouette aus dem Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts wiederherzustellen.
Wenn es um die Rekonstruktion geht, sitzt das Geld sehr locker… Das auf der anderen Seite in städtischen Betrieben z. T. keine Tariflöhne bezahlt werden, das unsere überteuerten Mieten bei der ProPotsdam und der Gewinn aus Stadteigenen Betrieben genutzt werden, um komische Träume eines Bürgermeisters und seinem Klientel zu finanzieren, macht uns mehr als wütend. Bei all diesen Projekten wird kommunales Eigentum privatisiert und z.T. mit Höchstrendite vermarktet. Wer, wie am Brauhausberg ein Grundstück für 27 Millionen Euro verkaufen will, legt fest welche soziale Gruppe dort wohnen wird. Das ist ein weiterer klarer Versuch der Vertreibung alteingesessener MieterInnen. Nebenbei weiß niemand, wer der „Investor“ ist und was er dort bauen will.
Der Höchstpreis wird in diesem Zusammenhang diskutiert, als müsse das Areal so vermarktet werden, um die Stadtwerke als Besitzer vor der drohenden Pleite zu schützen. Das angesichts dieser Argumentation ernsthaft darüber diskutiert wurde und wird, das Mercure Hotel für ca. 20 Millionen Euro zu kaufen und abzureißen, um eine Wiese anzulegen, zeigt den Wahnsinn und die Taktiererei der Stadtverwaltung und des Rathauses. Jedes Argument ist recht um die eigenen Ziele durchzusetzen.
Dass wir Hausbesetzen als Mittel der politischen Intervention nutzen, liegt auch daran, dass politische Strukturen so gestaltet werden, dass Einflussnahme fast nicht möglich ist. In den letzten Jahren hat es eine Reihe von Bürgerbeteiligungs- und Werkstattverfahren gegeben, bei denen offensichtlich war, dass das Ergebnis im Vorhinein schon feststand. Dabei werden gutbezahlte Verwaltungsprofis gegen BürgerInis und Proteste in Stellung gebracht, deren Mitglieder unbezahlt neben ihrer Arbeit und oft Familie Zeit aufbringen, um sich einzumischen. Im Ergebnis bleiben diese Verfahren allesamt nur Alibiveranstaltungen für die Linie der Stadtpolitik. Als Beispiel stand im Werkstattverfahren zum Rechenzentrum nie zur Debatte, das Haus nicht abzureißen, obwohl es die nahe liegendste Variante wäre, auch wollte aus Jakobs Umfeld nie jemand darüber diskutieren, ob der Bau des Garnisonkirchenturms angesichts des Widerstands gestoppt werden müsse. usw. usw
Unsere Mittel bleiben Demonstrationen, Besuche bei Prestigeveranstaltungen und Besetzungen. Unser Widerspruch würde sonst untergehen und wir haben nebenbei keine Lust uns in Laberforen und Alibigremien an einer Stadtpolitik abzuarbeiten, die wir komplett ablehnen. Wir wissen, dass diese Ablehnung der Stadtpolitik in der Bevölkerung präsent ist, verschiedene Bürgerbegehren haben das deutlich gezeigt. Wir gehören nicht zum reicheren Teil der Stadtgesellschaft und wenn wir es objektiv zu betrachten versuchen, entspricht der Ausverkauf des öffentlichen Eigentums nicht unserem Interesse, denn es wird etwas privatisiert, um Mieten möglich zu machen, die wir uns nicht leisten werden können. Mit dem Gewinn soll u.A. eine Kirchenkopie wiederaufgebaut werden, die geschichtlich so eindeutig erzkonservativ, militaristisch und nationalsozialistisch geprägt ist, dass wir das als AntifaschistInnen nur ablehnen können.
Statt das städtische Eigentum zu verzocken und Fantasieprojekte durchzudrücken, sollte der städtische Wohnungsbestand genutzt werden, um die Mieten auf realistisches Niveau zu drücken. Statt Häuser und Grundstücke an immer dieselben Immobilienhaie zu verkaufen, müssen in Zukunft MieterInnen oder Genossenschaften bevorzugt werden. Anstatt den Brauhausberg und jede Einflussnahme an den nächsten Investoren abzugeben, sollte die Gewoba dazu verpflichtet werden dort ein lebendiges Viertel mit bezahlbaren Mieten zu errichten. Das Minsk können wir uns dort sehr gut als Stadtteilzentrum und Kindergarten vorstellen. Die Stadt muss den Bedürfnissen der sie bewohnenden Menschen nachkommen und öffentliche Räume zur Verfügung stellen, anstatt immer wieder leere Versprechungen zu machen, wie beispielsweise nach der Schließung der Skatehalle, den mehrmaligen Zugeständnissen für Proberäume, etc. und allen voran, der zuletzt im Rahmen der Wahl zum neuen Stadtoberhaupt plötzlich viel propagierten ‚Stadt für alle‘.
Wir sind nicht aus der Welt! Wir werden die evtl. anstehenden Prozesse wegen der Besetzung nutzen, um der Stadtpolitik weiter auf den Füßen rumzustehen. Auch das Besetzen sehen wir als adäquates Mittel um in den neoliberalen Ausverkauf zu intervenieren und Räume zu schaffen, in denen wir ergebnisoffen mit allen die es wollen Alternativen diskutieren und schaffen. Wir möchten zuletzt noch allen UnterstützerInnen Vorort und den so zahlreich erschienenen TeilnehmerInnen der Demo Danke sagen für ihr Engagement und ihre Solidarität.
GEGEN DEN WEITEREN AUSVERKAUF DER STADT!
SOFORTIGER STOPP DER PRIVATISIERUNG ÖFFENTLICHEN EIGENTUMS!
WIR WERDEN UNS NEHMEN WAS UNS ALLEN GEHÖRT!
ANTIKAPITALISTISCHE FREIRÄUME ERKÄMPFEN!
Am 20. September fand in Berlin das Wohnungspolitische Forum statt. Gegen die Interessen der Immobilienlobby, die man durchaus mit den Interessen der bundes-regierenden Parteien gleichsetzen kann, wurden hier Konzepte erarbeitet, mit denen die Spekulation eingedämmt und das Risiko des Wohnungsverlustes gemindert werden kann. Gerade für Potsdam wären solche Konzepte hilfreich. Hat sich hier der Effekt des „reichen Nordens“ und des „armen Südens“ für dessen Benennung seinerzeit Oberbürgermeister Platzeck schon viel Kritik einstecken mußte, unter seinem Nachfolger Jakobs doch politisch gewollt weiter verstärkt und beschleunigt.
Natürlich hängt vieles an der Gesetzeslage der Bundesrepublik und deren konsequenter Umsetzung. Daß Boden ein endliches Gut ist und damit nicht als unbegrenzte Ware zu behandeln, wurde höchstrichterlich bereits in den 60er Jahren in Westdeutschland erkannt und in den 90ern nochmal bestätigt. Es interessiert nur niemanden. (In der DDR war Boden konsequent billig, um Stadtplanungen nicht an dieser Komponente auszurichten.)
Wo Preise für Mieten steigen, gibt es höhere Dividende. Und wenn, wie politisch befördert, hohe Mieten zum Hauskauf führen, freut sich auch die Kreditwirtschaft. In den Jahren 2008/09 führte die geplatzte Immobilienblase weltweit zur Krise in der Bankenwirtschaft. Deutschlands Mietwirtschaft war recht gut dagegen gesichert. Die nächste Immobilienblase werden wir auch in Deutschland spüren.
Nicht alle wollen Spekulation und die Folgen als Naturgesetz akzeptieren und fordern Lösungen, die Wohnungswirtschaft aus dem System der Gewinnmaximierung herauszulösen. Was gar nicht so revolutionär ist, weil es das vor einigen Jahrzehnten in Westdeutschland noch gab. Wichtig wären heute umfassende Konzepte. Der erkennbare Wille, eine Lösung herbeizuführen, die den Wohnungsmarkt und Mieter entlastet.
Heute kann ein Mietrückstand durch überzogene Mietminderung oder Zahlungsverzug bereits ohne Mahnung zur Kündigung führen. Gefordert wurde am 20. September daher, daß man dem Mieter (wieder!) die Möglichkeit geben muß, dem Kündigungsgrund abzuhelfen, wenn ein Gericht das in einem Urteil so bestimmt. Ähnliches gilt bei Mietverzug. Sind bisher auch die Jobcenter mit einer Vorauszahlung eingesprungen, um einen Wohnungsverlust zu vermeiden, ist diese Art Unterstützung heute lange keine Garantie mehr, daß die Kündigung aufgehoben wird.
Andere üble Geschichten durch weitere Teilnehmer des alternativen Wohnungsforums waren schnell zur Hand. Als einzelner Mieter ist man oft nur noch den Profitinteressen im Wege, die eine regelmäßige Neuvermietung mit entsprechender „Mietanpassung“ ermöglicht. Die Ahndung von Kleinigkeiten und überzogene juristische Prozesse gegen die Mieter werden dann zur wirtschaftlichen Notwendigkeit, zermürben aber den einzelnen.
Die Forderungen für politische Besserungen wurden in verschiedenen Arbeitsgruppen verfaßt, um sie dann vor dem Wohnungsgipfel der Bundesregierung am 21.09.18 als konkrete Vorschläge zu unterbreiten. Natürlich sind weder SPD noch CDU soziale Parteien, die so etwas in ihr Programm übernehmen würden. Doch könnte der Druck der Straße etwas gegen die massive Lobbyarbeit der Immobilienwirtschaft ausrichten?
Auch die Kommunen können durchaus ihren Beitrag leisten, starke Fehlentwicklungen lokal zu verhindern. Hierzu gehört, daß städtischer Boden nur in Erbpacht vergeben wird, auf keinen Fall aber verkauft. Es sind nur in dem Fall überhaupt die Grundstücke der Kommunen abzugeben, wenn darauf Aufgaben erfüllt werden, zu welchen die Kommune sich selbst nicht in der Lage sieht. Hierzu gehören vor allem soziale Einrichtungen. Ein kommunaler Vermieter hat dämpfend und nicht treibend auf den Mietspiegel einzuwirken und auf keinen Fall Teile seines Bestandes zu verkaufen. Auch eine werterhaltende Sanierung, die nicht gleich Luxussanierung mit Luxuspreisen bedeutet, ist kommunalen Vermietern durchaus zuzumuten. Die Mieter in kommunalen Vermietern müssen ein verbindliches Mitbestimmungsrecht haben, gleichzeitig muß die Kommune als Eigentümer politisch Einfluß auf ihr Unternehmen ausüben. Die Kommune hat außerdem neue Grundstücke, soweit es die Spekulationspreise sinnvoll erscheinen lassen, wieder zu erwerben. Und wo schon Mietspiegel sein müssen, sollen Wohnungen aus dem Luxus-Segment keinen Einfluß darauf nehmen. Auf die Weise ließen sich schon die größten Preistreiber ausklammern.
In Potsdam läßt sich beobachten, wie es nicht zu sein hat. So günstig wie die städtischen Filetgrundstücke am Jungfernsee und anderswo abgegeben wurden, wird man sie nicht mehr in die öffentliche Hand bekommen. Statt dessen wird verkauft, was noch da ist, die Preisschraube für Mieter zieht weiter an, die Spaltung des Stadtgebietes in Arm und Reich geht erkennbar weiter. Auch in Potsdam befinden sich leider keine sozialen Parteien in der Regierungsverantwortung.
Was bleibt, sind Mieterinitiativen. Und Stiftungen, welche die Wohnungen aufkaufen, um sie gemeinsam mit den Mietern zu betreiben und der Profitwirtschaft zu entziehen. Auch deren Vertreter waren in Berlin anwesend. Und auch diese sind bereits in Potsdam aktiv. Wo es die Rathausspitze nicht mehr schafft, bezahlbaren Wohnraum zu erhalten, haben sich längst Initiativen zusammengefunden, um genau das zu erstreiten.
Grundsätzlich wurden beim alternativen Wohnungsforum in Berlin auch die Wohnungsgenossenschaften hervorgehoben, deren Ziel satzungsgemäß in der sozialen Pflege und dem Ausbau ihres Bestandes liegt. Es ist natürlich schon bekannt, daß das Management mancher Genossenschaften das inzwischen anders sieht und dazu übergeht, „unwirtschaftliche“ Langzeitmieter zu verdrängen. Die satzungsgemäße Pflicht zur demokratischen Beteiligung der Mieterschaft in Wohnungsgenossenschaften kann bei entsprechender Solidarisierung der Genossenschaftsmitglieder jedoch vieles verändern – auch das Management selbst.
- Die große Stärke des alternativen Wohnungsforums offenbarte auch gleichzeitig seine Schwächen. Es war eine Leistung, bundesweite Akteure in ein Haus zu bekommen, von Erfolgen zu hören und Handlungsvorschläge zu erarbeiten. – Und es ist betrüblich, wenn schon Vertreter der Kreuzberger Initiative nicht von Potsdam wissen und entsprechend Vorschläge mit auf den Heimweg gaben, die allesamt schon längst verwirklicht sind. (Einbindung von Kunst, alternative Medien abseits der offiziellen Jubelpresse, intensive Vernetzung verschiedenster stadtpolitischer Akteure etc.) Nicht überall hat der öffentliche Druck den gleichen Erfolg. Und in Potsdam bedarf es noch sehr viel mehr Anstrengungen, um das zu erreichen, was gegen unbestreitbare Widerstände in Hamburg, München und Kreuzberg bereits geglückt ist. So zeigte der 20. September in Berlin, was in Potsdam eigentlich schon alles auf die Beine gestellt wurde. Und wie viel noch zu tun ist, um die berechtigten Belange der Bürger auf die Agenda der Rathauspolitik und der beiden Tageszeitungen zu heben. Daß der Oberbürgermeister Jakobs nun nicht mehr Teil der Altherrenriege zusammen mit Semmelhaack, dem GEWOBA-Chef, dem Stadtwerkechef, dem Luftschiffhafen-Chef und ähnlichen ist, die in Hinterzimmern Demokratie simulieren, stimmt optimistisch. Tatsächlich fand zuletzt nur noch die Gewoba dankbare Worte für den scheidenden Oberbürgermeister. Sie hat ihn auf die Titelseite ihrer Mieterzeitung gesetzt und sogar eigens für ihn den Jann-Jakobs-Preis erfunden und ihm verliehen. Es bleibt jedoch auch ohne ihn noch harte Arbeit, aus Potsdam eine Stadt zu machen, in der das Wohnen wieder Grundrecht ist und kein teurer Luxus-Artikel.
Unser Autor ist vor Neonazis weggelaufen und er war mit Rechten befreundet. In den Neunzigern in Ostdeutschland ging das zusammen. Und heute?
Die eigene Hässlichkeit kann ein Rausch sein. Wenn man sie umarmt und das Grauen in den Gesichtern derer sieht, die einen beobachten und verachten, aber sich nicht an einen herantrauen, dann strömt Macht durch die Adern wie elektrischer Strom.
Als ich bei über hundert Kilometern pro Stunde einem BMW hinter uns auf die Motorhaube pisse, spüre ich diese Macht. Als ich da im Dachfenster stehe, die Hose bis zu den Oberschenkeln heruntergelassen, sehe ich das große weiße Gesicht des Fahrers: Die Augen geweitet, vor Schreck, Entsetzen, Empörung, bläht es sich auf wie ein Ballon, ich würde gern mit einer Nadel hineinstechen.
Ich bin neunzehn, ich bin zehn Meter groß und acht Meter breit, ich bin unverwundbar.
Als am 27. August 2018 Männer meiner Generation, so um die vierzig, in Chemnitz einen „Trauermarsch“ veranstalten und einige ihre nackten Hintern in die Kameras halten, wie man es bei YouTube sehen kann, denke ich an meine Autobahnfahrt. Als schwere Männer Hitlergrüße zeigen und Menschen angreifen, deren Hautfarbe ihnen nicht passt, als die Polizisten nicht einschreiten, bin ich paralysiert, als würde etwas Dunkles hochkommen, von dem ich dachte, ich hätte es hinter mir gelassen. Aber ich erinnere mich auch an diesen Machtrausch, den Kick, wenn du jemandem klarmachst: Regeln? Und was, wenn ich auf deine Regeln scheiße, mein Freund? Was dann?
Ich sehe Chemnitz und frage mich: Was habt ihr mit mir zu tun? Was ich mit euch?
Den Artikel weiterlesen auf http://www.taz.de/!5536453/
Umstrittenes Bayerisches Polizeiaufgabengesetz als Blaupause
Die Landesregierung in Bayern hat vorgemacht, wie schnell Grundrechte mit einem Polizeigesetz grundlegend in Frage gestellt werden können. Nun plant neben anderen Landesregierungen auch in Brandenburg der Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) ein neues Landespolizeigesetz, das rechtsstaatliche Prinzipien wie die Unschuldsvermutung und die Gewaltenteilung angreift.
Polizei oder schon Geheimdienst?
Der mit dem Referentenentwurf im Juli veröffentlichte Duktus der Gesetzesnovelle ist eindeutig: im Gewand der Terrorabwehr soll die Polizei neue Befugnisse bekommen, die eine lange Liste von Grundrechtseinschränkungen beinhalten. Das als Lehre aus dem Faschismus eingeführte verfassungsrechtliche Trennungsgebot für geheimdienstliche und polizeiliche Methoden wird immer weiter ad absurdum geführt. Mit der „Online-Durchsuchung“ können Ermittler*innen vollständig auf die elektronische Kommunikation eines Menschen (und dessen Mitmenschen), die Aufenthaltsorte, die Fotos, die Notizen und weitere gespeicherte Daten zugreifen. Weiterhin soll die Polizei mit Spionagesoftware, auch Staatstrojaner genannt, verschlüsselte Kommunikation überwachen können („Quellen-TKÜ“). Diese geplanten polizeilichen Befugnisse gehen weit über bereits legalisierte Angriffe auf die Persönlichkeitsrechte wie z. B. Hausdurchsuchungen oder Lauschangriffe auf Wohnungen hinaus und bedrohen unsere Privatsphäre auch im digitalen Bereich.
Straftatenwahrsagerei statt Unschuldsvermutung
Die neue Qualität des Brandenburgischen Polizeigesetzes spiegelt sich nicht nur in den neuen Überwachungs- und Repressionsmethoden wider. Ähnlich wie der von der bayerischen Gesetzesinitiative bekannt gemachte Begriff der „drohenden Gefahr“ führt das neue Polizeigesetz mittels diffusen und unbestimmten Begriffen eine Gefahrenabschätzung durch die Polizei ein. Danach können Menschen überwacht werden, in Präventivhaft genommen oder Fußfesseln angelegt bekommen, auch wenn diese Menschen noch nicht konkret verdächtig sind. Der Begriff einer „drohenden Gefahr“ untergräbt das rechtsstaatliche Prinzip der Unschuldsvermutung und eröffnet der Polizei eine „Straftatenwahrsagerei“, die einer demokratischen Gesellschaft unwürdig und somit in keiner Weise akzeptabel ist.
Von der „Terrorismusabwehr“ zur Uferlosigkeit von Grundrechtseinschränkungen
Dass die geplanten weitgehenden Grundrechtseinschränkungen nicht im Feld der Bekämpfung von „Terrorist*innen“ verbleiben, ist schon jetzt eine Frage der politischen Definitionsmacht, die sich mit der Zeit und anderen politischen Kräfteverhältnissen schnell verändern kann.
Andere Neuerungen im Brandenburgischen Polizeigesetz zeigen, dass schon mit dem jetzigen Entwurf nicht nur der „Terrorismus“ im Fokus von präventiver Überwachung und Repression ist. Die mit der Gesetzesverschärfung geplanten Meldeauflagen ermöglichen der Polizei allein zu entscheiden, wer sich bis zu einem Monat regelmäßig bei einer Polizeistation melden muss. Die Meldeauflagen werden explizit im Rahmen des Versammlungsgesetzes. vor allemfür politisch aktive Menschen, vorgesehen.
Grundrechte: Opfer eines vermeintlichen Sicherheitsgefühls
Die Verschärfung der Landesgesetze reiht sich ein in einen Sicherheitsdiskurs, der jegliche Fakten und Analysen über Kriminalität oder „Terrorismus“ außer Acht lässt. Auch eignet sich das neue Polizeigesetz nicht zur Straftatenprävention. Vielmehr soll mit der rigiden Gesetzesverschärfung die vermeintliche Erhöhung eines diffusen Sicherheitsgefühls erzeugt werden.
Neues Polizeigesetz: Gefahr für die Sicherheit ganzer Bevölkerungsgruppen
Nicht nur das Sicherheitsgefühl, sondern auch die Sicherheitslage derjenigen Menschen wird massiv gestört, die schon jetzt häufig im Fokus der Polizei stehen. Menschen mit Migrationshintergrund sind besonders betroffen von rassistischen Sicherheitsdiskursen, die Flucht und Migration in einem Atemzug in den Zusammenhang mit Kriminalität und „Terrorismus“ stellen. Das verfassungswidrige „Racial Profiling“, also die anlassunabhängige Polizeikontrolle und Verdächtigungen von beispielsweise als Migrant*innen wahrgenommenen Menschen, ist eine Vorstufe der neuen geplanten gesetzlichen Maßnahmen. Die von Schröter und seinen Innenministerkollegen geplanten Verschärfungen der Polizeigesetze gehen uns jedoch alle an. Egal ob politische Aktivist*innen, Fußballfans, Gewerkschafter*innen, Wohnungslose, Menschen mit psychischer Erkrankung oder auch einfach nur Kapuzenpulli-Träger*innen: die vorgeschlagenen polizeilichen Maßnahmen können und werden bei allen zur Anwendung kommen.
Wir sind ein breites, weltoffenes Bündnis: Wir stehen ein für Grundrechte und Freiheit!
In Bayern, NRW und Niedersachsen wenden sich breite, zivilgesellschaftliche Bündnisse gegen die Verschärfungen der Landespolizeigesetze. Zehntausende demonstrierten gegen den Angriff auf grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien wie die Unschuldsvermutung und die Gewaltenteilung.
Auch in Brandenburg gilt es, unsere Freiheits- und Grundrechte gegen die geplante Gesetzesverschärfung zu verteidigen:
- Wir wollen über die geplanten Maßnahmen aufklären und eine Gegenöffentlichkeit schaffen!
- Wir wollen die Verschärfung im Rahmen des neuen Polizeigesetzes in Brandenburg verhindern! Auch punktuelle Verschärfungen des Polizeigesetzes lehnen wir ab!
- Wir sind ein breites Bündnis von demokratischen Einzelpersonen, Initiativen, Organisationen und Parteien, deren Anliegen es ist, die Grund- und Freiheitsrechte zu schützen. Rassismus und rechte Hetze haben bei uns keinen Platz.
- Wir verstehen uns als Teil des bundesweiten Widerstands gegen die Polizeigesetzesverschärfungen. Wir sind solidarisch mit anderen Initiativen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, die neuen Polizeigesetze in den Bundesländern zu verhindern.
Wir zeigen Widerstand gegen das neue Brandenburgische Polizeigesetz – Überall und solange, bis das Gesetz vom Tisch ist!
Wenn ihr den Aufruf unterzeichnen wollt müsst ihr einfach eine Mail an kontakt@nopolgbbg.de schicken und wir nehmen euch auf die Unterstützer_innenliste! Wir haben uns aus Datenerhebungs- und schutzgründen entschlossen kein Onlineformular bereit zu stellen.
Nach Chemnitz und Köthen hat der Zukunft Heimat e.V. für den „Tag der deutschen Einheit“ auch in Cottbus wieder eine Kundgebung angemeldet. Dieser Verein steht exemplarisch für den rechtsradikalen Eskalationskurs von Teilen der AfD. Dagegen wollen wir von Cottbus Nazifrei! ein Zeichen für ein offenes und solidarisches Cottbus setzen und veranstalten am Mittwoch den 3. Oktober ab 13.30 Uhr eine Kundgebung an der Stadtmauer Ecke Berliner Straße. Sie steht unter dem Motto: “#Ausgehetzt — Rechte Einheit aufbrechen”.
Wir wollen die Maskerade des Zukunft Heimat e.V. beenden, denn diese saß ihnen ohnehin nie gut. Egal ob Mediencrew, Ordner oder Demoteilnehmende, überall sind organisierte Neonazis am Werk – darunter auch Mitglieder der verbotenen „Spreelichter“. Dazu meint Luise Meyer: “Die Beteiligung des Zukunft Heimat e.V an der Organisation der rassistischen Aufmärsche in Chemnitz und Köthen haben gezeigt, dass es sich hier nicht um einen harmlosen Heimatverein handelt, sondern um eine Aufmarschagentur, mit dem der völkische Flügel der AfD seine Urheberschaft verschleiern will.”
Luise Meier von Cottbus Nazifrei! sagt dazu weiter: “Selbst die Cottbuser Stadtpolitik lässt sich von der bürgerlichen Fassade des Zukunft Heimat e.V. blenden und treiben. Dadurch werden demokratische Grundwerte über Bord geworfen. Asylpolitik und Kriminalitätsprävention werden zunehmend miteinander vermengt.”
Wir wollen erreichen, dass die Cottbuser Zivilgesellschaft aktiver wird und ein klares Zeichen gegen Rassismus, Ausgrenzung und das Schüren von Hass setzt.
Cottbus Nazifrei! lädt Sie ein, unseren Protest zu dokumentieren.
#cb0310 #ausgehetzt #rechteeinheitaufbrechen #cottbusfueralle #cottbusnazifrei #unteilbar
Am kommenden Donnerstag, den 4. Oktober, sollte vor dem Amtsgericht Prenzlau der rassistische Angriff auf drei Geflüchtete im März 2016 verhandelt werden. Der Termin ist auf den 30.10. verschoben.
Der Verein Opferperspektive ruft auf, sich solidarisch mit den Betroffenen zu zeigen und als Unterstützung den Prozess zu besuchen.
Wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht steht Timm F., der in sozialen Netzwerken offen mit Schwarzer Sonne-Tattoo und „Sturmfront Pommern“ Kleidungsaufdrucken posiert. Aus einer Gruppe von Neonazis sollen er und ein weiterer Angeklagter die drei Geschädigten vor der Disktothek A20 geschlagen haben. Zuvor sei es bereits in der Diskothek unter den Augen der Türstehern zu verbalen Auseinandersetzungen gekommen. Einer der drei Betroffenen musste im Krankenhaus ambulant versorgt werden.
„Leider ist der verhandelte Fall einer von derzeit vielen rassistischen Übergriffen in der Region“, erklärt Jennifer Zachert, Mitarbeiterin der Opferperspektive e.V. „Umso wichtiger finden wir es, dass das rassistische Tatmotiv vom Gericht erkannt wird. Das wäre ein wichtiges Signal für die Betroffenen und auch an die Täter, dass Rassismus nicht geduldet wird.“ Zachert ist Beraterin für Betroffene rechter Gewalt der Opferperspektive und begleitet einen der Geschädigten im Prozess.
Der Prozess beginnt am 09.10., um 9.30 Uhr am Amtsgericht Prenzlau.
Am kommenden Donnerstag, den 4. Oktober, wird vor dem Amtsgericht Prenzlau der rassistische Angriff auf drei Geflüchtete im März 2016 verhandelt. Der Verein Opferperspektive ruft auf, sich solidarisch mit den Betroffenen zu zeigen und als Unterstützung den Prozess zu besuchen.
Wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht steht Timm F., der in sozialen Netzwerken offen mit Schwarzer Sonne-Tattoo und „Sturmfront Pommern“ Kleidungsaufdrucken posiert. Aus einer Gruppe von Neonazis sollen er und ein weiterer Angeklagter die drei Geschädigten vor der Disktothek A20 geschlagen haben. Zuvor sei es bereits in der Diskothek unter den Augen der Türstehern zu verbalen Auseinandersetzungen gekommen. Einer der drei Betroffenen musste im Krankenhaus ambulant versorgt werden.
„Leider ist der verhandelte Fall einer von derzeit vielen rassistischen Übergriffen in der Region“, erklärt Jennifer Zachert, Mitarbeiterin der Opferperspektive e.V. „Umso wichtiger finden wir es, dass das rassistische Tatmotiv vom Gericht erkannt wird. Das wäre ein wichtiges Signal für die Betroffenen und auch an die Täter, dass Rassismus nicht geduldet wird.“ Zachert ist Beraterin für Betroffene rechter Gewalt der Opferperspektive und begleitet einen der Geschädigten im Prozess.
Der Prozess beginnt am 04.10., um 9 Uhr am Amtsgericht Prenzlau.
“Wir sind Seebrücke”
Im Rahmen der Kampagne „Seebrücke“ veranstaltete das Bündnis „Kein Ort für Nazis Frankfurt (Oder)“ am heutigen Sonntag eine Kundgebung unter dem Motto „Wir sind die Seebrücke“ – für sichere Fluchtwege und ein offenes Europa.
Rund 120 Menschen folgten dem Aufruf und solidarisierten sich mit allen Menschen auf der Flucht. Die Redner*innen auf der Veranstaltung forderten von der deutschen und europäischen Politik sichere Fluchtwege, eine Entkriminalisierung der Seenotrettung und eine menschenwürdige Aufnahme der Menschen, die fliehen mussten oder noch auf der Flucht sind. Des Weiteren forderten sie die Bekämpfung von Fluchtursachen. Ebenso kamen Redner*innen zu Wort, die über Flucht und Integration sprachen und über Erlebnisse auf einem Seenotrettungsschiff, welches Flüchtlinge aus dem Mittelmeer rettete.
Das Bündnis „Kein Ort für Nazis Frankfurt (Oder)“ ging in seiner Rede auf die entstanden Solidarisierungseffekte in der Bevölkerung ein, „doch statt die Solidarität innerhalb der Bevölkerung anzuerkennen, nutzen europäische Politiker*innen wie Seehofer, Salvini und Kurz die Not der Menschen aus, um ihre eigenen Machtkämpfe auszutragen. Das Sterben von Menschen auf den Fluchtwegen nach Europa ist von einem Teil der europäischen Politik gewollt oder wird zumindest billigend in Kauf genommen,“ so Jan Augustyniak in der Rede für das Bündnis, in der er
abschließend forderte, dass diese unfassbare humanitäre Katastrophe gestoppt werden muss.
Wir sind Seebrücke
Im Rahmen der Kampagne „Seebrücke“ veranstaltete das Bündnis „Kein Ort für Nazis Frankfurt (Oder)“ am heutigen Sonntag eine Kundgebung unter dem Motto „Wir sind die Seebrücke“ – für sichere Fluchtwege und ein offenes Europa.
Rund 120 Menschen folgten dem Aufruf und solidarisierten sich mit allen Menschen auf der Flucht. Die Redner*innen auf der Veranstaltung forderten von der deutschen und europäischen Politik sichere Fluchtwege, eine Entkriminalisierung der Seenotrettung und eine menschenwürdige Aufnahme der Menschen, die fliehen mussten oder noch auf der Flucht sind. Des Weiteren forderten sie die Bekämpfung von Fluchtursachen. Ebenso kamen Redner*innen zu Wort, die über Flucht und Integration sprachen und über Erlebnisse auf einem Seenotrettungsschiff, welches Flüchtlinge aus dem Mittelmeer rettete.
Das Bündnis „Kein Ort für Nazis Frankfurt (Oder)“ ging in seiner Rede auf die entstanden Solidarisierungseffekte in der Bevölkerung ein, „doch statt die Solidarität innerhalb der Bevölkerung anzuerkennen, nutzen europäische Politiker*innen wie Seehofer, Salvini und Kurz die Not der Menschen aus, um ihre eigenen Machtkämpfe auszutragen. Das Sterben von Menschen auf den Fluchtwegen nach Europa ist von einem Teil der europäischen Politik gewollt oder wird zumindest billigend in Kauf genommen,“ so Jan Augustyniak in der Rede für das Bündnis, in der er
abschließend forderte, dass diese unfassbare humanitäre Katastrophe gestoppt werden muss.
Fünf Wochen sind vergangen, seit in Chemnitz militante Rechtsextreme gemeinsam mit AfD-Funktionären auf die Straße gingen, seit Gewalttäter dort Polizeiketten durchbrachen, Journalisten angriffen und Menschen jagten, die sie für Ausländer hielten. Die öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema Rechtsextremismus ist seitdem zurückgegangen.
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