(epd) SCHWEDT. Fünf Tage nach einem fremdenfeindlichen Überfall auf zwei Asylbewerber aus Nigeria und Sierra Leone in Schwedt hat die Polizei einen Tatverdächtigen festgenommen. Der 27-Jährige, der die beiden Afrikaner beschimpft und geschlagen haben soll, werde dem Haftrichter vorgeführt, teilte die Polizei am Freitag mit. Die beiden 26-jährigen Opfer hatten bei dem Angriff Platz- und Schürfwunden erlitten. Beleidigungen durch den Tatverdächtigen lassen auf ein rassistisches Motiv schließen.
Kranz der DVU entfernt
(MAZ) ORANIENBURG Die KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen hat einen gestern früh von der rechtsextremen DVU am zentralen Obelisken niedergelegten Kranz entfernt. Ausschlaggebend sei die Aufschrift der Schleife gewesen, hieß es zur Begründung. Der Text zeige, dass die DVU die Opfer der Nationalsozialisten für ihre “revisionistische Propaganda” missbrauche, sagte ein Sprecher der Gedenkstätte. Dort würden die Opfer des NS-Konzentrationslagers mit denen des späteren sowjetischen “Speziallagers” vermengt.
Auf dem Kranz war zu lesen: “Allen Opfern des KZ Sachsenhausen — auch Edmund Stadtler, Karl Heinrich, Horst Graf von Einsiedel, Heinrich George, Emil Unfried, Otto Nerz, Erich Nehlhans. DVU- Fraktion im Landtag Brandenburg”. Die Genannten waren in den kommunistischen Speziallagern inhaftiert. Nach Kriegsende 1945 wurden dort außer Nationalsozialisten Oppositionelle und Regimegegner festgehalten.
Überlebende des KZ Sachsenhausen bezeichneten die Aufschrift als “Verhöhnung der Opfer”. Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten erklärte: “Durch ihr Bündnis mit der NPD lässt die DVU keinen Zweifel daran, dass sie die Verbrechen des Nationalsozialismus mit dem Ziel verharmlost, Rassismus, Fremdenhass und Nationalismus in Deutschland wieder salonfähig zu machen.” Der Text sei die Kurzform der DVU-Erklärung vom Mittwoch. Dieser Text hatte der rechtsextremen Partei ein Hausverbot für die Gedenkfeier zur Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz vor 60 Jahren eingebracht. dpa/MAZ
DVU sorgt für Eklat in Sachsenhausen
Gedenkstätte lässt Kranz mit provozierendem Text wieder entfernen
(Martin Klesmann und Marlies Emmerich; BZ) POTSDAM/ORANIENBURG. Am Freitagmorgen kamen sie doch. Der DVU-Landesvorsitzende Sigmar-Peter Schuldt und der DVU-Landtagsabgeordnete Markus Nonninger legten in der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen einen Kranz nieder. Die Inschrift auf der Kranzschleife zeugt von kalkulierter Provokation: “Allen Opfer des KZ Sachsenhausen” steht da. Und dann werden zusätzlich sieben Namen aufgeführt — darunter ist der Name des Schauspielers Heinrich George, des Vaters von Götz George, und auch der Name von Erich Nehlhans, dem ersten Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Berlins nach dem Krieg. Alle Genannten waren nach Kriegsende im sowjetischen Speziallager Sachsenhausen interniert und kamen dort um, Nehlhans starb nach der Deportation in einem sibirischen Lager. Die Sowjets betrieben ihr Lager auf dem Areal des einstigen Konzentrationslagers.
Die DVU verfolgt mit diesem angeblichen Gedenktext eine perfide Strategie: Während die Welt der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz vor 60 Jahren gedenkt, relativiert die DVU die grausame Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Konzentrationslager und verweigert den Opfern des deutschen KZ-Terrors auch noch eine namentliche Ehrung. Albert Meyer, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Berlins sagte: “Es ist für einen Juden weder körperlich noch psychisch zu ertragen, dass die DVU im Zusammenhang mit dem Gedenktag an Auschwitz überhaupt in Erscheinung tritt.”
Ursprünglich wollte die DVU einen Kranz mit dieser die Verbrechen der Nazis relativierenden Inschrift bereits während der offiziellen Gedenkveranstaltung am Donnerstag ablegen — zwischen die Kränze der anwesenden Opferverbände und Überlebenden des Konzentrationslagers. Um einen Eklat zu vermeiden, hatte Gedenkstätten-Leiter Günter Morsch der gesamten DVU-Landtagsfraktion Hausverbot für die Dauer der Gedenkveranstaltung erteilt, Polizei stand bereit. Nun kamen sie also einen Tag später, legten den Kranz am Obelisken mitten auf dem einstigen KZ-Gelände ab. Die Gedenkstätten-Leitung beriet daraufhin stundenlang mit Opferverbänden, ob man den DVU-Kranz entfernen sollte. Am frühen Nachmittag wurde der Kranz dann weggeschafft. “Die DVU missbraucht die Opfer, um die revisionistische Propaganda der Partei zu verbreiten”, sagte Gedenkstätten-Sprecher Horst Seferens.
Für SPD-Landesgeschäftsführer Klaus Ness ist klar, dass die DVU sich mit solchen Aktionen an der NPD orientiert, die durch gezielte Provokationen auffallen will — zuletzt im sächsischen Landtag, als sie sich weigerte, der Opfer des NS-Holocaust zu gedenken. “Auch in Brandenburg kann die NPD die DVU bald dominieren”, so Ness. Denn zur Bundestagswahl 2006 trete die NPD auch mit einer offenen Liste an. Ness hält es auch für möglich, dass DVU-Mitglieder zur breiter organisierten NPD überlaufen.
Die SPD ist besorgt, dass eine rechtsextreme Partei das wachsende Protestpotenzial in den Randregionen des Landes aufnimmt Die krass überalterte PDS könne jene Menschen ohne Berufsperspektive bald nicht mehr absorbieren, fürchtet Ness. “In der Sächsischen Schweiz ist die NPD heute schon Volkspartei.” Ähnliches drohe an Orten in Brandenburg.
Die SPD prüft nun, ob der DVU-Fraktion der Oppositionszuschlag gekürzt werden kann — in Brandenburg erhält nämlich bisher jede Oppositionspartei auf den üblichen Grundbetrag für Fraktionsmitarbeiter noch einen 25-prozentigen Zuschlag aus Steuermitteln. Derzeit erhält die DVU fast genau so viel wie die PDS, die aber fünfmal so viele Abgeordnete hat. SPD- und CDU-Fraktion wollen zudem Rechtsextremen das Demonstrationsrecht an Gedenkorten wie dem Soldatenfriedhof von Halbe entziehen. Und SPD-Fraktionschef Günter Baaske bemüht Studien der Uni Halle: Die Forscher weisen nach, dass Rechtsextremismus Unternehmen fern hält.
(Michael Mara) Potsdam — Die SPD hat vor jeder Verharmlosung der rechtsradikalen DVU gewarnt. Die bei der Wahl im vorigen Jahr erneut in den Landtag eingezogene Partei sei im Vergleich zur NPD nicht die “bessere und nettere” rechtsextreme Partei, als die sie sich darzustellen versuche, sagte Landesgeschäftsführer Klaus Ness. Eine Studie der SPD-Landtagsfraktion über die DVU weise nach, dass diese das gleiche “rechtsextremistische Gedankengut” wie die NPD verbreite. Laut Ness gibt es “enge Vernetzungen” mit der NPD. Auch falle auf, dass die DVU in Brandenburg – offenbar nach dem Vorbild der sächsischen NPD – inzwischen “offensiver und provokativer” agiere.
Als Beispiel nannte Ness eine gestern von der DVU-Landtagsfraktion “nachgeholte” Kranzniederlegung im früheren Konzentrationslager Sachsenhausen. Am Donnerstag hatte Gedenkstättendirektor Günter Morsch auf Anregung von Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) der DVU für die offizielle Gedenkfeier anlässlich des 60. Jahrestages der Befreiung des KZ Auschwitz Hausverbot erteilt. Obwohl die DVU die Teilnahme an solchen Feiern bisher ablehnte, legte sie nun am Freitag demonstrativ einen Kranz mit der Inschrift nieder: “Allen Opfern des KZ Sachsenhausen, auch Edmund Stadtler, Karl Heinrich, Horst Graf von Einsiedel, Heinrich George, Emil Unfried, Otto Nerz, Erich Nehlhans”, die alle nicht von den Nazis, sondern nach dem Krieg dort interniert wurden. Die Gedenkstättenleitung ließ den Kranz wieder entfernen, weil die DVU die Toten für ihre “revisionistische Propaganda” missbrauche. Sie vermenge Opfer des KZ mit denen des späteren sowjetischen Speziallagers.
Ness sagte, dass die DVU sich zwar “unverdächtiger” als die NPD gebe. Doch sei hinter den Kulissen die “Vereinigung” “schon in vollem Gange”. So nähmen die DVU-Fraktionsvorsitzende Liane Hesselbarth und Landeschef Sigmar-Peter Schuldt an Veranstaltungen der NPD im sächsischen Landtag teil. Auch habe Schuldt am 16. Januar auf einer “Reichsgründungsfeier” der brandenburgischen NPD aus Anlass des Jahrestages der Reichsgründung von 1871 gesprochen.
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass es DVU und NPD durch ihre Kooperation punktuell gelingen könne, “weitere parlamentarische Erfolge zu feiern”. Als Konsequenz fordert Ness, die Aufklärung über die Hintermänner, Methoden und Ziele der DVU zu verstärken. Allerdings betonte er, dass es im Landtag nur wenige inhaltliche Punkte gebe, wo die Konfrontation mit der DVU lohne. Deshalb sollte es dort bei der Taktik bleiben: “Ignorieren, wo möglich, und angreifen, wo nötig.” Auch Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) warnte gestern, man dürfe nicht jede Regung der DVU “so überhöhen, dass sie aufgewertet” werde. Ness sagte, dass die Auseinandersetzung auch geführt werden müsse, um die Vernetzung von DVU und NPD offen zu legen.
Da es in Teilen der DVU Vorbehalte gegenüber der NPD gebe, sei eine Spaltung nicht auszuschließen: “Prinzipiell scheint es möglich, den Spaltpilz in die DVU-Fraktion zu tragen.” Thema der Auseinandersetzung müsse zudem sein, wie die Rechtsextremen “dem Land schaden”. Ness verwies auf Umfragen, wonach Fremdenfeindlichkeit und rechte Gewalt in Ostdeutschland Unternehmensentscheidungen beeinflussten: Bei 11 Prozent der befragten Firmen sei das bereits der Fall gewesen, 28 Prozent schlössen es nicht aus.
Polizei konfiszierte Gedenkkranz
Donnerstag 11 Uhr. Ein Gruppe Jugendlicher bewegt sich mit einem Kranz zur
«Gedenkstätte für die Opfer von Diktatur und Gewaltherrschaft und dem
Mahnmal für Freiheit, Demokratie und Gerechtkeit» wie das einstige
VVN-Ehrenmal am Springbrunnen in Finsterwalde offiziell heißt. Auf weißer
Schleife steht in goldenen Buchstaben: «Zum Gedenken den Opfern von
Faschimus und staatlichem Terror.» Der 60. Jahrestag der Befreiung des
Konzentrationslagers Ausch-witz ist, so sagen die acht jungen Leute, die
sich «Autonome Antifa Finsterwalde» nennen, auf RUNDSCHAU-Nachfrage, ihnen
Anlass, der Opfer zu gedenken, aber auch darauf aufmerksam zu machen, dass
die Gefahr bestehe, dass «all die Geschehnisse im Zusammenhang mit dem
Nationalsozialismus in Vergessenheit geraten.» Sie verweisen auf die
NPD-Auftritte im sächsischen Landtag und fordern mehr Aufklärung und
staatliche Restriktionen gegen rechte Propaganda. Allerdings: Die acht
jungen Leute sind «aus Selbstschutz» , wie sie sagen, vermummt und erwecken
so öffentliche Aufmerksamkeit. «Ein Bürger hat uns informiert» , sagt später
Polizeisprecherin Ines Filohn und erklärt damit, dass am Ende der
Kranzniederlegung die Polizei einschreitet. Den jungen Leuten wird ein
Verstoß gegen das Demonstrations- und Versammlungsrecht und gegen das
Vermummungsverbot vorgeworfen. Alain Mundt, Berliner Rechtsanwalt eines der
jungen Männer, sieht das anders. «Das war gar keine Versammlung» , und damit
könne auch kein Verstoß gegen das Versammlungsrecht vorliegen. Auch ein
Vermummungsverbot gelte nur für Versammlungen. Für besonders skurill und
«völlig überzogen» hält Mundt, dass die Beamten den Gedenkkranz konfisziert
haben. Ein von der Polzei begründeter «Anfangsverdacht wegen Verunglimpfung
des Staates» , wie Polizeisprecherin Ines Filohn das begründete, sei nicht
nachvollziehbar. Mundt will bei Gericht gegen das von der Polizei
angekündigte Strafverfahren vorgehen.
Brücke soll Asylbewerberheim mit Perleberg verbinden / Abstand zwischen
Bewohnern und Bürgern bleibt
(MAZ, Andreas König) PERLEBERG Die Adresse lautet Eichhölzer Weg, und das ist wohl der
freundlichste Name, der dem Asylbewerberheim in Perleberg gegeben wird. Der
Awo-Sachbereichsleiter Migration Gerd Bielefeldt, der auch das Heim im Wald
leitet, und die Prignitzer Ausländerbeauftragte Bärbel Schmidt wissen das.
Sie sitzen im Büro des Heimleiters und versuchen, sich die Begriffe ins
Gedächtnis zu rufen, mit denen das neue Zuwanderungsgesetz Ausländer und
ihre Probleme bezeichnet.
Gerd Bielefeldt hätte sich gewünscht, dass der erste Entwurf des
Zuwanderungsgesetz durchgegangen wäre. “Da hätte man bessere Chancen zur
Integration der Ausländer gehabt”, meint er. Nun aber trage das Gesetz die
Handschrift der CDU und biete vor allen bei den Deutschkursen für Ausländer
weniger Möglichkeiten. Vor allem die Unterscheidung zwischen
Asylberechtigten — nach neuer Lesart Aufenthaltsberechtigte — und
Asylbewerbern schaffe Probleme, weil erstere zur Teilnahme an einem
Integrationskurs berechtigt sind und die Asylbewerber nicht. “Wir bieten
über die Regionale Arbeitsstelle für AUsländerarbeit bieten schon seit
Jahren einen kostenlosen Deutschkurs für Asylbewerber im Perleberger an und
wollen das auch künftig tun”, sagt Bärbel Schmidt. “Aber gewollt ist das
nicht.”
Dieser Satz könnte als Motto über der Ausländerpolitik in Deutschland,
Brandenburg und der Prignitz stehen. Es vergeht kaum ein Gespräch über die
schwierige wirtschaftliche Lage, in dem nicht beklagt wird, was für die
Ausländer alles getan wird und für die Deutschen nicht. Selbst die
Notwendigkeit der Spenden für die Flutopfer wird angezweifelt. “Natürlich
ist das ungerecht”, meint Gerd Bielefeldt. “Aber durch die Hartz-IV-Gesetze
wird die Neiddiskussion noch stärker geschürt.” Und die Ausländerbeauftragte
ergänzt: “Viele glauben doch, die Asylbewerber haben hier draußen goldene
Wasserhähne.”
Was aber bekommen die Bewohner denn nun wirklich?
“Zunächst einmal erhält der Haushaltsvorstand oder allein stehende
Asylbewerber nur Warengutscheine”, erläutert Gerd Bielefeldt. Das sind zwei
Gutscheine monatlich zu 80 und 75 Euro. Hinzu kommen zweimal 20 Euro
Taschengeld. “Das dient aber dazu, am Asylverfahren mitzuwirken, also
Passbilder machen zu lassen, Übersetzungen anzufordern, zu Kopieren, Faxen
und Telefonieren.” Alles in allem bekommt ein Asylbewerber 80 Prozent des
ehemaligen Sozialhilfesatzes. Für Essen und Trinken, Kleidung und Wäsche
müssen die Heimbewohner selbst aufkommen. Hinzu kommt die Residenzpflicht ,
mit der die Asylbewerber an den Landkreis Prignitz gebunden sind.
Unerlaubtes Verlassen wird mit Ordnungsstrafen von rund 50 Euro geahndet, im
Wiederholungsfall ermittelt der Staatsanwalt. Und was ist mit dem Vorwurf,
sie nähmen den Deutschen die Arbeit weg? “Das geht gar nicht. Mal davon
abgesehen, dass es ja kaum Arbeit gibt”, meint Bärbel Schmidt, “sie erhalten
eine Arbeitserlaubnis frühestens nach 36 Monaten, aber nur, wenn sie ein
Schreiben vom potenziellen Arbeitgeber vorlegen können, und wenn kein
Deutscher, kein EU-Bürger oder Asylberechtigter für die Stelle zur Verfügung
steht, also praktisch nie.”
Gerd Bielefeldts Büro im baufälligen Plattenbau besitzt eine Tür, die von
außen nur per Schlüssel zu öffnen ist, die Wohnungstür besteht aus Metall.
Ihm ist bewusst, dass die Lage im Wald nicht dazu beiträgt, die Bewohner zu
integrieren. Aber er gewinnt dem auch etwas Gutes ab. “Die Asylbewerber
fühlen sich hier sicher. Die einsame Lage ist auch ein gewisser Schutz.” Der
Bau der Fußgängerbrücke diene vor allem dazu, dass die Bewohner gefahrlos
über die Autobahn ähnliche Schnellstraße gelangen.
Die Brückenbauarbeiter aus Havelberg wissen schon, wie der Eichchölzer Weg
genannt wird: “Bimbostraße”. Manchmal können fehlende Sprachkenntnisse ein
Segen sein.
(Berliner Zeitung, Katrin Bischoff) Genau 32 Kränze lagen auf den sechs Massengräbern gleich neben dem
ehemaligen Krankenrevier des einstigen Konzentrationslagers Sachsenhausen.
Vertreter der Länder Brandenburg und Berlin, von Parteien und
Opferorganisationen haben sie dort am Donnerstag niedergelegt — zum Gedenken
an die Opfer des nationalsozialistischen Rassenwahns und des Völkermordes.
Blumengebinde gab es auch von den brandenburgischen Landtagsfraktionen von
SPD, PDS und CDU. Ein Kranz aber fehlte: der der rechtsextremen DVU. Die
Mitglieder der Fraktion durften nicht dabei sein.
Noch am Mittwoch waren alle Abgeordneten des brandenburgischen Landtages zu
der offiziellen Gedenkfeier anlässlich des 60. Jahrestages der Befreiung des
KZ Auschwitz eingeladen worden. Auch die sechs DVU-Parlamentarier, die
jahrelang die Teilnahme an dieser Veranstaltung verweigert hatten, sagten
nun zu und verkündeten, “dass die KZ-Barbarei mit dem Untergang der
NS-Diktatur nicht vorbei war”.
Doch kurz darauf erhielt die DVU-Fraktion ein Schreiben. “In Ausübung
unseres Hausrechts sprechen wir Ihrer Fraktion, in Absprache mit dem
Präsidenten des Landtages, ein Hausverbot für die Gedenkstätte aus”, zitiert
die DVU mit Genugtuung aus dem vom Direktor der Gedenkstättenstiftung,
Günter Morsch, unterzeichneten Schreiben. Dessen rechtliche Korrektheit ist
in der Tat strittig — üblich sind Hausverbote nur für einzelne Personen und
nicht für eine ganze Fraktion.
Angeregt hatte das Verbot Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) mit
Unterstützung der PDS und CDU. Fritsch hatte offenbar Angst vor einem Eklat,
wie ihn die NPD im sächsischen Landtag mit der gegenteiligen Strategie
provoziert hatte. Dort hatten die Neonazis vor der Schweigeminute für die
Opfer des NS-Regimes den Landtag verlassen. Es sei nicht auszuschließen
gewesen, dass wegen der Teilnahme der DVU Opferverbände die
Gedenkveranstaltung in Sachsenhausen verlassen hätten, fürchtete Fritsch.
Bis zuletzt war unklar, ob Mitglieder der DVU-Fraktion nun trotzdem
versuchen würden, an der Kranzniederlegung teilzunehmen. Polizisten standen
vor den Toren der Gedenkstätte bereit, um einzugreifen. Gekommen ist
niemand. Doch auch durch ihr Fernbleiben hat die DVU ihr Ziel erreicht. Sie
wollte Aufmerksamkeit erregen. Das ist ihr gelungen.
DVU musste draußen bleiben
Hausverbot für rechtsextreme Partei in Sachsenhausen nach Provokation
/Gedenkveranstaltungen im ganzen Land
(MAZ, Stephan Breiding) POTSDAM/SACHSENHAUSEN Wer bislang glaubte, der dumpf-nationale Populismus der DVU sei der
militanten Fremdenfeindlichkeit der NPD immer noch vorzuziehen, musste in
den letzten Tagen feststellen, dass der seit Monaten praktizierte
Schulterschluss der beiden rechtsextremen Parteien die Unterschiede immer
mehr verwischt. Die DVU driftet immer mehr zu radikalen NPD-Positionen ab.
In der vergangenen Woche sorgte die NPD im sächsischen Landtag für einen
Eklat, als sie anlässlich des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus
auch an die “Opfer des alliierten Bomben-Holocaust” erinnerte. Die hiesige
DVU nahm sich daran ein Beispiel und kündigte an, bei den gestrigen
zentralen Gedenkveranstaltungen des Landes anlässlich der Befreiung des
Vernichtungslagers Auschwitz vor 60 Jahren auch der Opfer der
Gewaltherrschaft nach 1945 gedenken zu wollen. Ein provozierter Affront, für
den sie umgehend von den Feierlichkeiten ausgeladen wurden — um sich
daraufhin larmoyant zu beschweren, dass “gewählte DVU-Volksvertreter per
Hausverbot daran gehindert werden, KZ-Opfern die Ehre zu erweisen”.
Um das Hausverbot scherte sich die rechtsextreme Partei ohnehin nicht. Der
DVU-Landtagsabgeordnete Michael Claus musste gestern von Ordnern der
Gedenkstätte zum Verlassen des Geländes aufgefordert werden. Und
Fraktionssprecher Thilo Kabus machte klar, dass der Kranz zum Gedenken an
“alle KZ-Opfer” auf jeden Fall in der Gedenkstätte abgelegt werde. Die
Selektion von KZ-Opfern in solche, die erinnerungswürdig und solche, die zu
vergessen sind, zeuge “von moralischer Verkommenheit”, ließ DVU-Bundeschef
Gerhard Frey entrüstet per Pressemitteilung erklären.
Für Horst Seferens, Sprecher der Gedenkstätte Sachsenhausen, war klar, dass
die DVU nicht wirklich gedenken, sondern nur provozieren wollte. “Mit ihrer
Presseerklärung haben sie deutlich gemacht, dass sie die Gedenkveranstaltung
für ihre revisionistische Propaganda missbrauchen wollten.” Ein Auftritt der
DVU hätte die Gefühle von Überlebenden und Hinterbliebenen schwer verletzt,
so Seferens.
Im Übrigen sei die Unterstellung der DVU, dass der Opfer von sowjetischer
Willkür nicht gedacht werde, eine Unverschämtheit, ärgert sich Seferens.
Seit 2001 gebe es auf dem Gedenkstättengelände ein neu erbautes Museum, das
auf 600 Quadratmetern über die Geschichte des “Sowjetischen Speziallagers
Sachsenhausen” von 1945 bis 1950 informiere. Und mit dem 16. August gebe es
auch einen Gedenktag, an dem speziell der Opfer dieses Lagers gedacht werde,
so Seferens.
Dabei müsse man gerade bei dem Speziallager genau unterscheiden, wer Opfer
und wer Täter war. So seien nach Kriegsende wahllos kleine und mittlere
NS-Funktionäre, angebliche Werwolfmitglieder und auch völlig Unschuldige vom
sowjetischen Geheimdienst NKWD interniert worden.
Allerdings hätten im “Sowjetischen Speziallager” in Sachsenhausen auch
Angehörige des Reservepolizeibataillons 9 gesessen, die während des Krieges
an Massenerschießungen von Juden in Ost€pa beteiligt gewesen waren. Ein
prominenter Gefangener war auch Medizinprofessor Hans Heinze, der als Leiter
der Psychiatrischen Landesanstalt Brandenburg-Görden zwischen 1938 und 1945
maßgeblich an der Planung und Durchführung der “Kinder-Euthanasie” beteiligt
war.
Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) verwies bei der Kranzniederlegung
gestern auf die Einstimmigkeit, mit der alle “demokratischen Parteien des
Brandenburger Landtags” den Ausschluss der DVU von den Feierlichkeiten mit
tragen würden. CDU-Generalsekretär Sven Petke nannte das Hausverbot einen
“folgerichtigen Schritt”. “Mit einer Kranzniederlegung will die
rechtsextreme Partei über ihre wahren politischen Absichten unter der
Deckmaske der Bürgerlichkeit hinweg täuschen.” An der zentralen Feier in der
Gedenkstätte Sachsenhausen nahmen mehr als 300 Menschen teil, darunter
Abgeordnete der Parlamente von Brandenburg und Berlin, Hinterbliebene und
Überlebende des Nationalsozialismus.
In einem ehemaligen Zellenbau des Konzentrationslagers Sachsenhausen wurde
die Sonderausstellung “Persönlicher Gefangener Adolf Hitlers” über den
evangelischen Theologen Martin Niemöller eröffnet. Niemöller war dort von
1938 bis 1941 in Einzelhaft. Sein Sohn, Heinz Hermann Niemöller, sagte:
“Heute kann man von meinem Vater noch lernen, sich auch dann für seine
Mitmenschen einzusetzen, wenn man formell nicht betroffen ist.”
Landtagspräsident Fritsch nannte Niemöller eine der herausragendsten
Persönlichkeiten des vorigen Jahrhunderts, “da er als Opfer des Nazi-Regimes
sich auch die Frage der Mitschuld gestellt hat”.
Auch im ehemaligen Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück wurde der
Befreiung von Auschwitz gedacht. Gottesdienste und Gedenkveranstaltungen gab
es auch in Kyritz, Rathenow, Brandenburg/Havel, Neuruppin und Luckenwalde.
(MOZ, 27.1.) Potsdam/Oranienburg (dpa) Die rechtsextreme Brandenburger DVU darf nicht an der zentralen Gedenkfeier des Landtags zur Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz vor 60 Jahren in der Gedenkstätte Sachsenhausen teilnehmen. Das vom Leiter der Gedenkstätte, Günther Morsch, ausgesprochene Hausverbot sei politisch vom Präsidenten des Landtags, Gunter Fritsch und seinem Stellvertreter Lothar Bisky unterstützt, sagte Landtagssprecher Gernot Schmidt. Damit soll eine Störung des Feierlichkeiten am Donnerstag verhindert werden.
“Ein Auftritt der DVU hätte auch die Gefühle von Überlebenden und
Hinterbliebenen schwer verletzt”, sagte ein Sprecher der Gedenkstätte. Die
Provokation einer Auseinandersetzung sei der Erklärung der Partei zu
entnehmen gewesen.
Die Brandenburger SPD begrüßt den Ausschluss der DVU von der
Gedenkveranstaltung. “Die DVU wollte nach dem Vorbild der NPD in Sachsen die
Feier für ihre Zwecke missbrauchen. Dass musste von vornherein unterbunden
werden”, sagte SPD-Sprecher Klaus Ness. Alles andere wäre eine Verletzung
der Ehre, die den Opfern von Auschwitz gebührt.
Auch die CDU sieht in dem Hausverbot einen “folgerichtigen Schritt”. “Mit
einer Kranzniederlegung der DVU will die klar rechtsextreme Partei über ihre
wahren politischen Absichten unter der Deckmaske der Bürgerlichkeit hinweg
täuschen”, sagte CDU-Generalsekretär Sven Petke. Die PDS bezeichnete das
Vorgehen der DVU als “heuchlerisch und skandalös”.
Die DVU hatte am Mittwoch ihre Teilnahme und eine Kranzniederlegung
angekündigt, um den “KZ-Opfern die Ehre zu erweisen”. Zudem wollte die DVU
auch den “Gemordeten des Nachkriegs- KZ gedenken”.
Am frühen Nachmittag wird Landtagspräsident Fritsch die Gedenkworte
sprechen. Dies soll ohne “Provokation” der DVU geschehen, sagte sein
Sprecher. An der Ehrung werden auch Hinterbliebene und Überlebende
teilnehmen.
Strafe für Pullover
(MAZ, Jan Sternberg) PRENZLAU Erstmals hat ein Gericht das Tragen von Kleidung der Modemarke “Thor
Steinar” unter Strafe gestellt. Eine zur Tatzeit 23-Jährige aus der Nähe von
Prenzlau (Uckermark) muss 30 Tagessätze zu je zehn Euro zahlen, weil sie
einen “Thor Steinar”-Pullover in der Öffentlichkeit trug. Die Kleidung ist
bei rechtsextremen Jugendlichen sehr beliebt. Im Logo der Marke, deren
Firmenzentrale in Zeesen (Dahme-Spreewald) sitzt, sind zwei nordische Runen
miteinander verbunden. Die so genannte Tyr-Rune war in der NS-Zeit Abzeichen
der SA-Reichsführerschulen, die Wolfsangel Symbol von SS-Einheiten (MAZ
berichtete).
Das Amtsgericht Prenzlau sah es als erwiesen an, dass das Logo der Marke
“Zeichen nationalsozialistischer Organisationen zum Verwechseln ähnlich
sieht” und dies auch “für Unbeteiligte wahrnehmbar ist”. Ein Verfahren gegen
eine weitere junge Frau aus Prenzlau soll noch in diesem Jahr abgeschlossen
werden. Die meisten Staatsanwälte hielten es bisher für wenig
aussichtsreich, Klagen wegen des “Thor Steinar”-Symbols anzustrengen.
Jetzt könnte Bewegung in die Sache kommen. Gerd Schnittcher, Leitender
Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Neuruppin, hofft auf eine
Signalwirkung des Prenzlauer Urteils. Zurzeit versucht die
Generalstaatswaltschaft in Brandenburg/Havel, zu einer einheitlichen Haltung
der Anklagebehörden zu kommen. Hier war man gestern weiterhin skeptisch. Der
Rechtsstaat übernehme sich, wenn er alle Symbole unter Strafe stelle, die in
der NS-Zeit benutzt wurden, äußerten Mitglieder der obersten Anklagebehörde
hinter vorgehaltener Hand.
Offiziell wird die Prenzlauer Verurteilung eher tief gehängt. “Dieses Urteil
hat nur eine sehr geringe Indizwirkung”, sagte der stellvertretende
Generalstaatsanwalt Ewald Bröhmer auf Anfrage. “Das ist eine einzelne
Entscheidung eines einzelnen Amtsrichters, die er bei einem Strafbefehl noch
nicht einmal ausführlich zu begründen braucht.” Signalwirkung hätte erst
eine Verurteilung vor dem Oberlandesgericht. Dass die Entscheidung des
Amtsgerichts die rechte Szene verunsichern wird, räumt Bröhmer ein. “Die
Sicherheit, dass Trägern dieser Kleidung nichts passieren kann, schwindet
jetzt.”
Brandenburg gedenkt NS-Opfern
Potsdam – Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten erinnert am kommenden Donnerstag mit mehreren Veranstaltungen an die Opfer des Nationalsozialismus. Vor 60 Jahren war das Konzentrationslager Auschwitz befreit worden. Der Gedenktag wurde 1996 vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog ins Leben gerufen.
Bei der Gedenkveranstaltung (11 Uhr) in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück bei Fürstenberg/Havel erläutern Schüler des Gymnasiums Gransee die Auswirkungen der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz auf das Leben im brandenburgischen Frauenkonzentrationslager Ravensbrück. Angekündigt hat sich der Gesandte der Botschaft des Staates Israel, Ilan Mor. Zum Abschluss werden an der Mauer der Nationen Blumen niedergelegt.
Vor der Befreiung des KZ Auschwitz am 27. Januar 1945 wurden Tausende von weiblichen KZ-Häftlingen von dort in das KZ Ravensbrück deportiert. Die Gedenkstätte Sachsenhausen bei Oranienburg erinnert ab 12 Uhr mit einer Ausstellungseröffnung und einer Kranzniederlegung an Christen, die im KZ inhaftiert waren. Die Ausstellung in Sachsenhausen ist dem Theologen und der Leitfigur der “Bekennenden Kirche”, Martin Niemöller, gewidmet. Er wurde im Juli 1937 verhaftet und schließlich im KZ Sachsenhausen inhaftiert. 1941 wurde Niemöller in das KZ Dachau verlegt, aus dem ihn 1945 amerikanische Truppen befreiten.
Zur Gedenkzeremonie an den Massengräbern im Bereich des Krankenreviers in der Gedenkstätte Sachsenhausen wird unter anderen Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) erwartet. Rund 700 katholische Priester, Ordensmänner und Priesteramtskandidaten waren zwischen 1936 und 1945 ins KZ nach Sachsenhausen gebracht worden. ddp
Potsdam — Im Streit um ein schärferes Versammlungsrecht hat Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) schnelles Handeln gefordert. Seit November 2000 habe die Innenministerkonferenz über einen Gesetzentwurf diskutiert, sagte Schönbohm gestern. Erst im Juni 2002 habe Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) einen neuen Entwurf angekündigt. Seitdem habe er immer wieder das Drängen vieler Länderinnenminister ignoriert. “Ich hoffe, dass wir jetzt rasch zu einem Gesetzentwurf kommen, mit dem wir rechtsextremistische Aufmärsche verhindern können.”
In dem Gesetz sollten auch bestimmte Orte wie das Holocaust-Denkmal und das Brandenburger Tor in Berlin, das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig und der Soldatenfriedhof im brandenburgischen Halbe bestimmt werden, an denen grundsätzlich derartige Demonstrationen verboten sein sollen. Dadurch müssten nicht in jedem Einzelfall Gefahren und Bedenken nachgewiesen werden.
Die Brandenburger PDS forderte eine rechtliche Handhabe im Grundgesetz gegen die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts. Notwendig sei eine antifaschistische Klausel, die die Wiederbelebung solcher Auffassungen für verfassungswidrig erklärt, sagte der PDS-Landesvorsitzende Ralf Christoffers. “Beschämend für die Opfer wie auch für jeden Demokraten ist es, dass den neuen Nazis im Landtag noch nicht einmal juristisch das Handwerk gelegt werden kann.” Der Generalsekretär der Brandenburger CDU, Sven Petke, wies diese Forderung als “schwachsinnig” zurück. So ein Vorschlag sei weder rechtlich noch tatsächlich umsetzbar.
Bundesinnenminister Schily will ein Verbot von Demonstrationen und Versammlungen auch dann durchsetzen, wenn “nach erkennbaren Umständen zu erwarten ist, dass in der Versammlung nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft verherrlicht oder verharmlost wird”.dpa