Fehrbellin (Ostprignitz-Ruppin) Am Freitag gegen 10.30 Uhr wurde in Fehrbellin am dortigen Postplatz von einer Gruppe Jugendlicher, im Alter von 15–16 Jahren, mehrfach fremdenfeindliche Parolen gerufen. Des weiteren wurde der rechte Arm zum sogenannten Hitlergruß erhoben. Eine Anzeige wurde aufgenommen, die Ermittlungen dauern an.
Ruhe-Ordnung-Sauberkeit in Belzig
(FRED HASSELMANN, MAZ) BELZIG Die in den vergangenen Wochen durchgeführten Kontrollen von jugendlichen Schülern auf dem Busbahnhof — Ziel war das Unterbinden der Rauch- und Trinkgewohnheiten vor allem von unter 16-Jährigen in der öffentlichkeit sowie das Eindämmen von Vandalismus und Pöbeleien — haben erste Wirkung gezeigt. Dieses Fazit zogen die Mitglieder der Interessengemeinschaft “Jugendschutz” — darunter Vertreter des städtischen Ordnungsamtes, der Polizei und von Schulen — auf ihrer jüngsten Zusammenkunft.
“Es wurde nicht nur registriert, dass da was passiert, sondern unter den Schülern auch darüber diskutiert”, sagte Gesamtschulleiter Gerd Ulbrich. “Es hat uns geholfen, dass wir Hilfe aus den Reihen von Polizei und Ordnungsamt bekommen haben”, meinte Lehrer Jürgen Gottschalk. Er forderte die Stadt auf, ihre Stadtordnung in punkto Ordnung und Sicherheit weiter zu konkretisieren, um eine exakte Handhabe gegen Sünder zu besitzen. Ihm schwebt eine Art Bußgeldkatalog vor.
In jedem Fall wollen Ordnungsamt und Polizei, unterstützt von Pädagogen des Fläming-Gymnasiums und der Gesamtschule, auch künftig in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen das Terrain am Busbahnhof “unter die Lupe” nehmen, um präventiv und erzieherisch auf die Sünder einzuwirken, die in der Vergangenheit immer wieder gegen das Jugendschutzgesetz verstoßen haben. Nach dem MAZ-Beitrag “Bier als Grundnahrungsmittel” vom 6. Dezember 2004 hat sich inzwischen auch ein Kamerateam des Fernsehsenders RBB für das Problem am Busbahnhof interessiert, wie Ordnungsamtsleiterin Brigitte Radon berichtete. Die Fernsehleute begleiteten die Amtschefin gleich bei zwei Kontrollen.
“Einige Jugendliche wollten uns austricksen und ihr wahres Alter verschleiern”, erzählt Brigitte Thiele von der Belziger Polizeiwache. Einmal sei ihr sogar statt des Personalausweises eine Anglerkarte gezeigt worden. Ihr Kollege Ulrich Krienke, Leiter des Sachgebiets Prävention im Schutzbereich Brandenburg/Belzig, relativierte die von vielen Jugendlichen gemachte Aussage, ihre Eltern wüssten, dass die Kinder rauchen und trinken und mit ihrem Taschengeld machen dürften, was sie wollen. “Unsere Erfahrungen besagen, dass jemand ganz still wird, wenn wir Zigaretten oder Alkohol einziehen und sagen, dass sein Vati sich das Zeug bei der Polizei abholen kann. Oder aber, wenn wir ihn auffordern, die mit Alkohol verdünnte Cola wegzukippen oder die Schachtel Zigaretten zu vernichten”, meint der Beamte.
Bernd Ganschow, Schulleiter des Fläming-Gymnasiums, berichtete, dass er an seiner Einrichtung Stichproben machen und die Papierkörbe und Abfalleimer auf Alcopop-Reste und Ähnliches kontrollieren ließ. “Das Ergebnis war erfreulich negativ”, sagte er.
In einer zweiten Phase will sich die Interessengemeinschaft “Jugendschutz” nun auch in Diskotheken und Jugendklubs sowie auf öffentlichen Veranstaltungen um die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes kümmern. Erste Gespräche gab es bereits zwischen Polizei und den Betreibern des “Flash” sowie dem Ordnungsamt und den Verantwortlichen im Jugendfreizeitzentrum “Pogo” sowie des Burgkellers. Anfang April schließlich soll eine weitere Zusammenkunft der Interessengruppe stattfinden.
Enkelmann fordert Verbot der NPD
POTSDAM (dpa/MAZ) Nach dem jüngsten Eklat um die rechtsextreme NPD im sächsischen Landtag hat sich die brandenburgische PDS- Landtagsfraktionsvorsitzende Dagmar Enkelmann für ein neues Verbotsverfahren ausgesprochen. “Man sollte es tun”, sagte Enkelmann gestern. “Ein neuer Anlauf muss aber wesentlich gründlicher vorbereitet werden als beim letzten Mal.”
SPD-Fraktionschef Günter Baaske zeigte sich besorgt über das Wahlbündnis von DVU und NPD. NPD-Abgeordnete hatten am Freitag im sächsischen Landtag die Bombardierung Dresdens 1945 als “Bomben-Holocaust” und die britisch- amerikanischen Luftangriffe als “kaltblütig geplanten, industriellen Massenmord” bezeichnet. Das erste Verbotsverfahren gegen die NPD war 2003 vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. Sachsens PDS-Fraktionschef Peter Porsch hatte sich für ein neues Verfahren ausgesprochen.
Im Potsdamer Landtag ist die DVU mit sechs Abgeordneten vertreten. “Wir dürfen die DVU nicht unterschätzen”, warnte Enkelmann. “Das sind Rechtsextremisten.” Das neue Zusammenspiel mit der NPD und den Republikanern werde die Ziele und Positionen der DVU klarer hervortreten lassen. “Es scheint sich in Brandenburg eine ähnliche Entwicklung wie in Sachsen anzubahnen”, so Enkelmann. Die DVU versuche, sich eine Basis in den Kommunen zu schaffen, statt sich wie bislang nur im Landtag zu verbarrikadieren. Am Samstag hatte sich der DVU-Kreisvorsitzende Dieter Mann an einem Aufmarsch von rund 45 Anhängern des rechtsgerichteten “Nationalen Bündnisses Preußen” in Bernau beteiligt. Laut Polizei sei auch eine DVU-Fahne geschwenkt worden.
Enkelmann sagte, das Auftreten der DVU in Brandenburg sei zwar subtiler als das der NPD in Sachsen, grenze aber an Volksverhetzung.
Ähnlich äußerte sich SPD-Fraktionschef Günter Baaske über die DVU-Abgeordneten. “Sie stellen sich bisher als Biedermänner dar, doch sie sind Wölfe im Schafspelz.” Ebenso wie Enkelmann äußerte sich Baaske besorgt über das rechte Wahlbündnis.
Neues bezüglich Bombodrom
Struck kündigt neues Lärmgutachten für “Bombodrom” an
(RBB online) Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) hat ein neues Lärmgutachten für den geplanten Truppenübungsplatz bei Wittstock (Ostprignitz-Ruppin) angekündigt.
Er gehe davon aus, dass es “die jetzt ins Spiel gebrachten Vorwürfe zur Lärmbelästigung” entkräften werde, sagte er am Freitag in Berlin. Es sei “nicht unser Ziel”, an den Plänen für den Schießplatz in Brandenburg etwas zu ändern, sagte Struck.
Ende 2004 hatte Brandenburgs Oberverwaltungsgericht “erheblichen Zweifel” an den Lärmberechnungen des Verteidigungsministeriums für den Flugbetrieb angemeldet. Gegen den Schießplatz sind mehrere Klagen bei Gericht anhängig. Bis zur Entscheidung in der Hauptsache darf die Bundeswehr den Übungsbetrieb nicht aufnehmen.
Zuvor hatten jahrzehntelang sowjetische Kampfflieger über dem Gelände ihre Bomben zu Übungszwecken abgeworfen. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Abzug ihrer Streitkräfte aus Ostdeutschland übernahm die Bundeswehr das Gelände, um es weiter für Bomben- und Artillerieübungen zu nutzen.
Dagegen regt sich seit langem öffentlicher und politischer Widerstand in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.
“Bombodrom”: Gegner zeigen sich optimistisch
(MAZ) NEURUPPIN Die Gegner des Bombenabwurfplatzes in der Kyritz-Ruppiner Heide gehen optimistisch in die anstehenden Prozesse gegen die Bundeswehr. Seit 1995 habe die Bundeswehr in dieser Sache alle 19 Gerichtsverfahren vor Verwaltungsgerichten in allen Instanzen verloren, sagte der Sprecher der Unternehmensvereinigung “Pro Heide”, Thomas Marquard, am Samstag. Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) hatte zuvor bekräftigt, er halte dennoch an den Plänen für den Übungsplatz fest.
Am Freitagabend hatte Kläger-Anwalt Rainer Geulen bei einer Veranstaltung in Neuruppin eine Zwischenbilanz gezogen. Demnach sind noch neun Klagen von Kommunen, Naturschutzorganisationen und Privatleuten aus Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern anhängig. Die Bundestagsabgeordneten Ernst Bahr (SPD) und Winfried Nachtwei (Grüne) erklärten, sie hätten genügend Unterzeichner für ihren Gruppenantrag gegen den Übungsplatz gesammelt. Damit könne der Bundestag noch vor der Sommerpause entscheiden. MAZ/dpa
“Wenn die Bundeswehr Prügel braucht …”
Freie-Heide-Anwalt Reiner Geulen plauderte in der Pfarrkirche aus dem Nähkästchen
(TOBIAS FELSCH, MAZ) NEURUPPIN Die Vorlage aus Berlin kam den Gegnern des Wittstocker Übungsplatzes wie gerufen: Verteidigungsminister Peter Struck hatte am Freitag angekündigt, “die jetzt ins Spiel gebrachten Vorwürfe zur Lärmbelästigung” mit einem neuen Lärmgutachten auszuräumen. Wenige Stunden später versammelten sich in der Neuruppiner Pfarrkirche 200 jener Menschen, die diese Vorwürfe äußern — seit gut 13 Jahren.
Vertreter der Bürgerinitiativen “Freie Heide” und “Pro Heide” hatten die Ruppiner zu einer Info-Veranstaltung rund um das Bombodrom geladen. Als Experte saß ein Mann auf dem Podium, den Freie-Heide-Sprecher Benedikt Schirge schlicht als “Dr. Reiner Anwalt” vorstellte: Reiner Geulen, seit 1993 Anwalt der Bürgerinitiative. Außerdem berichteten die Bundestagsmitglieder Ernst Bahr und Winfried Nachtwei (Grüne) über ihren geplanten Gruppenantrag im Berliner Parlament.
19 Verhandlungen hat Geulen bislang in der Sache Bombodrom bestritten — 19 Gerichte gaben seiner Argumentation recht: “Es gibt kein Verfahren, das die Bundeswehr gewonnen hat. Und um das Gelände zu nutzen, müsste sie jedes einzelne gewinnen.”
Dass Struck ein neues Gutachten fordert, verwundert Geulen nicht: “Das alte wurde der Bundeswehr vor Gericht um die Ohren gehauen.” Der Gutachter, ein Angestellter des Rüstungskonzerns EADS ohne wissenschaftliche Kenntnisse, habe den Schall auf dem Übungsplatz gemessen: “Die Dörfer daneben hat er nie betrachtet und kam deshalb zu dem Ergebnis, niemand werde belästigt. Auf dem Bombodrom lebt ja niemand.”
Geulen gestand ein, der Konflikt könne nur von politischer Seite endgültig gelöst werden: “Aber wenn die Bundeswehr noch mehr Prügel braucht, sind wir dazu bereit.”
Veranstaltungen am 27. Januar
Fürstenwalde (MOZ) Anlässlich des 60. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz finden auch in Fürstenwalde mehrere Gedenkveranstaltungen statt. Um 15 Uhr beginnt am Museum ein Antifaschistischer Stadtspaziergang. Um 17 Uhr sind alle Fürstenwalder zur offiziellen Kranzniederlegung der Stadt am Ottomar-Geschke-Platz eingeladen. Ein halbe Stunde später wird in der Dachetage der Kulturfabrik eine Ausstellung über jugendlichen Widerstand im nationalsozialistischen Deutschland eröffnet. Um 20 Uhr beginnt am gleichen Ort ein musikalisch-literarisches Programm, mit dem an die Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung jüdischen Lebens erinnert werden soll.
Unbequemer Zeitzeuge
CDU Brandenburg will den Widerstandskämpfer Peter Gingold nicht als Redner zum Gedenktag für die Opfer des deutschen Faschismus am 27. Januar
(jW, Hans Daniel) Während auch Spitzenpolitiker der CDU/CSU verbale “Entrüstung” verlautbaren lassen über die jüngsten Vorgänge im CDU-regierten Bundesland Sachsen, demonstriert die CDU-Führung des Landes Brandenburg ihre ganz spezielle Art des “Kampfes gegen rechts”. Sie greift massiv die Verwaltung von Frankfurt/Oder an, weil die den international renommierten Widerstandskämpfer Peter Gingold als Redner zur städtischen Gedenkveranstaltung am 27. Januar eingeladen hat. Der 89jährige ist Mitglied des Auschwitz-Komitees und einer der Sprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes VVN-BdA. Die Landes-CDU halte die Einlandung “für einen Fehler und lehnt sie ab”, äußerte deren Geschäftsführer Sven Petke. Er beruft sich dabei auf den skandalösen Tatbestand, daß die VVN-BdA als größte bundesweite Organisation ehemaliger Widerstandskämpfer gegen den Faschismus und Verfolgter des Naziregimes im Verfassungsschutzbericht immer noch als “linksextremistisch” bezeichnet wird. Es dominierten nach wie vor “Kommunisten orthodox-kommunistischer Ausrichtung”. Von der Pressesprecherin des “Verfassungsschutzes” ließ sich die CDU bei ihrer Attacke gegen die Stadt zuarbeiten, diese Einschätzung “gilt auch im Januar 2005”. Wie die Märkische Oderzeitung in der vergangenen Woche berichtete, habe die Sprecherin “aus datenrechtlichen Gründen” keine Angaben zur Bedeutung von Peter Gingold machen können.
Die Angaben wären unter anderem bei der französischen Regierung einzuholen, die Gingold wegen seiner Teilnahme am Kampf der französischen Resistancé und seiner Mitwirkung an der Befreiung von Paris im August 1944 mit der Verleihung des Befreiungsordens von Paris (“Medaille de la Liberation”) ausgezeichnet hat. Als Frontbeauftragter der “Bewegung freies Deutschland” nahm er in Frankreich und in Italien am bewaffneten Kampf gegen den Faschismus teil. Zwei seiner Geschwister und sieben weitere Angehörige kehrten nicht aus Auschwitz zurück.
Ein Zeitzeuge erste Güte also, der wie wenige berufen ist, über den deutschen Faschismus und über die zu sprechen, derer am 27. Januar, am Gedenktag für alle Opfer der NS-Regimes, gedacht werden soll. Das war auch der Grund, warum ihn der Frankfurter Vorbereitungskreis, dem unter anderem die Stadtverwaltung, die Jüdische Gemeinde und der Bund der Antifaschisten angehören, für die Veranstaltung vorgeschlagen hatte. Wie die Stadt durch ihren Pressesprecher Hans-Dieter Wahl am Freitag mitteilen ließ, hält sie an der Einladung Peter Gingolds fest.
Stadt verteidigt Einladung von Peter Gingold
(MOZ) Die Stadt hält an ihrer Einladung von Peter Gingold (89), der die Gedenkrede am 27. Januar halten soll, fest. Das teilte am Freitag Frankfurts Pressesprecher Heinz-Dieter Walter mit. Von der Landes-CDU wird der Auftritt abgelehnt, da Peter Gingold Bundessprecher der von Verfassungsschützern als linksextremistisch eingestuften Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes — Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) ist.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz ordnet die VVN-BdA in seinem aktuellen Bericht als linksextremistisch ein. Nach wie vor “dominieren in den Vorständen Kommunisten orthodox-kommunistischer Ausrichtung”. “Die Organisation bewertete die Aktivitäten gewaltbereiter ‚Antifaschisten” weiterhin positiv” und arbeite mit “gewaltbereiten Linksextremisten zusammen”, berichtete am Freitag eine Pressesprecherin der Behörde. “Diese Einschätzung gilt auch im Januar 2005”, sagte sie. Zur Bedeutung von Peter Gingold könne sie aus datenrechtlichen Gründen keine Angaben machen.
CDU-Politiker Volker Starke, der als Stadtverordnetenvorsteher die Veranstaltung leiten wird, sagte zunächst, dass er über die linksextremistische Einstellung des Verbandes nichts wisse. Wie Rathaussprecher Heinz-Dieter Walter berichtete, war im vorbereitenden Arbeitskreis vorgeschlagen worden, als Zeitzeugen Peter Gingold auftreten zu lassen. Zum Vorbereitungskreis gehören neben der Stadt u. a. der Bund der Antifaschisten, der ökumenische Rat, die Jüdische Gemeinde sowie die Plattform gegen Rechts. In der Runde habe es gegen eine Einladung an Peter Gingold “keine Bedenken” gegeben, sagte Walter. “Seine Zugehörigkeit zur VVN spielte dabei keine Rolle.”
Während für OB Martin Patzelt (CDU) und Volker Starke die Kooperation kein Problem ist, kommt aus Potsdam Kritik. “Die Landes-CDU hält die Einladung für einen Fehler und lehnt sie ab”, sagte Landesgeschäftsführer Sven Petke. Es sei falsch, “dass der Sprecher einer Vereinigung, die Gewalt unterstützt, eingeladen wird.” Heinz-Dieter Walter kann diese Ablehnung nicht verstehen. Er verwies darauf, dass Peter Gingold im vergangenen Jahr mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille ausgezeichnet worden war. Peter Gingold war Widerstandskämpfer im besetzten Frankreich und in Deutschland gegen die Nationalsozialisten. Der aus Frankfurt stammende Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) wollte den Vorgang nicht kommentieren, da es nicht seine Veranstaltung sei. CDU-Kreisvorsitzender Stefan Große Boymann sagte, dass für ihn die “Verbindung des Redners mit dem linksextremistischen Verband problematisch ist”. Die Entscheidung liege aber bei der Stadt, die zu der Veranstaltung einlade.
Bernau. Ohne Zwischenfälle verlief am Samstagvormittag eine Demonstration in Bernau, zu der das rechtsextreme “Nationale Bündnis Preußen” aufgerufen hatte. 45 Teilnehmer waren dem Aufruf gefolgt.
Die meisten der Demonstranten waren aus anderen brandenburgischen Regionen und aus Berlin nach Bernau gekommen. Sie trafen bis gegen 9.30 Uhr auf dem S‑Bahnhof in Bernau ein. Mit dem Aufmarsch sollte gegen einen Beschluss der Bernauer Stadtverordnetenversammlung protestiert werden, die für den Jugendklub Dosto ein neues Domizil schaffen wollen. Durch die Polizei wurden vier Strafanzeigen gegen Teilnehmer des Umzugs aufgenommen. Der Aufmarsch erweckte den Eindruck, als stünden die Teilnehmer unter Quarantäne — so dicht begleiteten Polizei und Bundesgrenzschutz den Zug auf den Hauptstraßen einmal um die Innenstadt herum und wieder zum S‑Bahnhof zur Abfahrt.
Der Kräfteeinsatz war richtig, so Polizeisprecherin Martina Schaub. Die öffentliche Sicherheit musste gewährleistet werden. So sicherte die Polizei alle neuralgischen Punkte entlang der Strecke. Die Einhaltung von elf Auflagen wurde kontrolliert. So waren Fahnen und Transparente in Größe und Material beschränkt, Trommeln verboten, das Vermummungsverbot galt auch für Kapuzen und Sonnenbrillen und Reden durften den öffentlichen Frieden nicht stören. Auch als die Gruppe am Dosto vorbeimarschierte — dort hing ein großes Transparent des Bernauer Netzwerks für Toleranz und Weltoffenheit — blieb alles ruhig.
Wesentlich schwieriger zu ermitteln war die Teilnehmerzahl der zeitgleichen Veranstaltung am Steintor, zu der das Netzwerk für Toleranz aufgerufen hatte. Wegen der Fluktuation mögen es bis zu 150 Teilnehmer gewesen sein, so der Veranstalter, die Polizei schätzt die Zahl auf 50. Am Steintor wurde musiziert und gesungen, ein kurzfristig zusammengestelltes Kulturprogramm dargeboten. Das gegen den Aufmarsch gerichtete Motto lautete: “Bernau pflegt die Kultur als Schatz — für Naziblödheit bleibt kein Platz”.
“Wir haben unser Ziel erreicht, wir wollten einen neuen Versammlungsstil ausprobieren”, erklärte der Bernauer Theologe Prof. Carl-Jürgen Kaltenborn die über weite Strecken heitere Stimmung.
Erbost waren die Kundgebungsteilnehmer am Steintor — darunter Landtagsabgeordnete und Stadtverordnete — allerdings über den Versuch der angereisten rechten Jugendlichen, den Beschluss der Bernauer Bürgervertretung, einen neuen Jugendklub zu schaffen, aushebeln zu wollen.
Um eine Kundgebung nicht wieder kurzfristig vorbereiten zu müssen, bittet das Netzwerk, dass sich Interessenten für einen Beitrag (Kultur, Imbiss, Technik) unter EvaMaria.Rebs@gmx.net melden.
In der Nacht zu Sonntag wurde gegen 2 Uhr eine Fensterscheibe des Dostos zerstört, vermutlich durch Böller. Die Täter sind noch unbekannt.
In einem Nachbarraum hielten sich zu dieser Zeit 14 Personen auf. Der Raum mit dem zerstörten Fenster war leer.
Brandenburg bei Ökolandbau Spitze
(MOZ, dpa) Berlin. Der Ökolandbau im Land Brandenburg liegt mit einem Anteil von 9,3 Prozent der Landwirtschaftsfläche nach Angaben von Agrarminister Dietmar Woidke (SPD) bundesweit an der Spitze. In der Mark werden 125 155 Hektar (ha) ökologisch bewirtschaftet, 6500 ha seien 2004 hinzugekommen. Der Ökolandbau soll in diesem Jahr die bisher höchste Förderung erhalten, kündigte der Minister am Sonntag auf der Grünen Woche an.
Geplant sei eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 16 Millionen Euro. 2004 wurden Neueinsteiger und bestehende Ökobetriebe laut Ministerium mit 14 Millionen Euro gefördert. Von 1991 bis zum Jahr 2004 seien insgesamt 80,1 Millionen Euro Ökofördermittel geflossen.
“Einziger Wermutstropfen: Wegen des Auslaufens der aktuellen EU-Förderperiode im Jahr 2006 können derzeit keine neuen Anträge für den Einstieg in das fünfjährige Förderprogramm zum Ökolandbau gestellt werde”, heißt es. Dies gelte für alle Agrarumweltmaßnahmen. Wer allerdings im Programm sei, bekomme auch weiterhin sein Geld.
Im vergangenen Jahr hätten den 108 Anmeldungen für den Ökobereich 33 Abmeldungen gegenübergestanden. Die Zahl der Erzeuger, Verarbeitungs- und Handelsunternehmen sei von 654 im Jahr 2003 auf nun 728 gestiegen, erläuterte das Ministerium. Davon seien 631 landwirtschaftliche und gartenbauliche Unternehmen.
Der Anteil der verarbeitenden Betriebe einschließlich Hofverarbeitung mache weniger als 20 Prozent aus. Allerdings würden die letzten Neuanmeldungen ein anderes Bild zeigen. Von den 108 Betrieben seien 31 verarbeitende Unternehmen. Von diesen wiederum sei die Hälfte Unternehmen der Außer-Haus-Versorgung wie Kantinen, Mensen und Caterer.
Studenten sollen zahlen
(MAZ, Rüdiger Braun) POTSDAM Sollten die Karlsruher Verfassungsrichter das bundesweite Verbot von Studiengebühren für das Erststudium am Mittwoch kippen — und danach sieht es aus -, will zumindest Baden-Württemberg sofort ein Gesetz entwerfen, nach dem Studenten vom ersten Semester an zur Kasse gebeten werden. Die Neuregelung könnte laut Stuttgarter Wissenschaftsministerium ab 2007 greifen. 500 Euro pro Semester hat Minister Peter Frankenberg (CDU) vorgeschlagen. Die staatlichen Mittel reichten zur Finanzierung der Hochschulen nicht mehr aus, rechtfertigt er den Vorstoß von sechs unionsgeführten Bundesländern vor dem obersten Gericht.
Allein Baden-Württemberg verspricht sich Gebühreneinnahmen von etwa 168 Millionen Euro im Jahr, die zweckgebunden den Unis zukommen sollen. Und zusätzliche Gelder haben bundesweit alle Hochschulen bitter nötig. Ihre Unterfinanzierung beläuft sich auf inzwischen vier Milliarden Euro jährlich, sagt die bildungspolitische Sprecherin der Union im Bundestag, Katherina Reiche (CDU).
“Brandenburg wird auf keinen Fall zum Vorreiter bei Studiengebühren”, teilt eine Sprecherin des von der CDU-Ministerin Johanna Wanka geführten Wissenschaftsministeriums in Potsdam mit. Andererseits gibt es im Hause Wanka auch keine grundsätzliche Abneigung gegen Studiengebühren. “Frau Wanka hat Sympathien für ein ganz spezielles Modell”, heißt es. Eine Grundfinanzierung des studentischen Lebensunterhaltes müsse gesichert sein. Bafög und Elternfreibeträge sollten dafür zusammengefasst werden.
Zur Finanzierung des Studiums sei ein Kredit denkbar, mit dem die Gebühren bezahlt werden. Dabei seien 500 Euro pro Semester “eine Variante”. Brandenburg dürfe jedenfalls keinen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Bundesländern haben, die dank Studiengebühren ihre Hochschulen besser ausstatten könnten. Laut Wanka-Ministerium könnte ein neues Gesetz frühestens 2006 vorliegen.
Zumindest Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der gleichzeitig SPD-Landeschef ist, dürfte sich solchen Überlegungen nicht in den Weg stellen. Vergangene Woche war er heftig von Studenten kritisiert worden, weil er sich beim Neujahrsempfang der Universität Potsdam geweigert hatte, noch einmal einen SPD-Beschluss vom August 2004 zu unterschreiben, in welchem sich die Partei gegen Studiengebühren ausspricht.
“Der Ministerpräsident hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass der allgemeine Trend auf Studiengebühren zuläuft”, erklärte SPD-Landesgeschäftsführer Klaus Ness. Platzeck selbst sei jedoch kein Verfechter von Studiengebühren. “Er hat aber Sympathie für Modelle mit nachgelagerten Gebühren.” Besser Verdienende trügen zur sozialen Gerechtigkeit bei, wenn sie einen Teil von dem zurückgeben würden, was ihnen das Studium gegeben habe, sobald sie im Berufsleben stünden. Die SPD lehne aber Modelle ab, die vor allem die Eltern belasteten. “Das kann wirklich zu Gerechtigkeitsproblemen führen”, sagt Ness. Über die mögliche Höhe nachgelagerter Gebühren gebe es noch keine konkreten Vorschläge.
Gerd-Rüdiger Hoffmann, hochschulpolitischer Sprecher der PDS-Fraktion im Landtag, stellt noch einmal klar, dass seine Partei gegen Studiengebühren ist. Das von anderen Parteien vorgebrachte Argument, Gesellen müssten für ihre Meisterausbildung auch zahlen, mag er nicht gelten lassen: “Für mich ist der Bezugspunkt ein anderer. Wenn Pisa etwas gelehrt hat, dann dass der Anteil von Studierenden aus sozial schwachen Schichten geringer wird.” Gerade Brandenburg, wo die Neigung zu studieren gering sei, sollte auf die Einführung von Gebühren verzichten.
Welche Folgen Studiengebühren haben werden, ist umstritten. Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) warnt eindringlich davor. Schon jetzt koste ein Studium durchschnittlich 40 000 Euro. Kämen noch weitere Gebühren hinzu, würden Kinder aus einkommensschwachen Familien vom Studium abgeschreckt. Ihr Anteil an allen Studenten sank dem Deutschen Studentenwerk zufolge seit 1982 bereits von 23 Prozent auf 13 Prozent, während der Anteil der Studierenden aus einkommensstarken Familien von 17 auf 33 Prozent anstieg. Nur acht von hundert Kindern aus ärmeren Haushalten studieren heute noch.
Der Baden-Württemberger Wissenschaftsminister Frankenberg will das so nicht gelten lassen. Die Gebühren sollen sozialverträglich sein. Ein von Frankenberg erstelltes Papier sieht vor, 30 Prozent der Studenten von der 500-Euro-Gebühr aus sozialen Gründen zu befreien. Zudem könnten Einkommensschwache die Studiengebühren durch zinsgünstige Kredite finanzieren, die dann später abhängig vom Einkommen getilgt würden.
Netzwerk ruft für Sonnabend zu Aktionen gegen einen Aufmarsch an der Bernauer Einrichtung »Dosto«
(ND, 22.1., Andreas Fritsche) An diesem Sonnabend wollen in Bernau Neonazis aufmarschieren. Ihre Parole: »Gegen die Neufinanzierung des Dosto, keine Kohle für Chaoten, fördert die deutsche Jugend«.
Hintergrund ist eine Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung vom 25. November zum Umzug des Jugendklubs Dosto, der bisher in einer maroden Baracke hinter dem Kulturhof an der Breitscheidstraße 43a untergebracht ist. Als neues Objekt ist der nebenan gelegene Sozialtrakt einer alten Fahrzeugfabrik ins Auge gefasst. Kostenpunkt: 250000 Euro. Das Parlament entschied auf eine Initiative der PDS hin mit 28 Ja-Stimmen bei nur zwei Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen, die Stadtverwaltung solle die Standortfrage bis zum 1. März klären und die notwendigen Gelder im Nachtragshaushalt berücksichtigen.
Das Dosto ist ein in der Region rund um Berlin bekannter Treffpunkt linker Jugendlicher. Im Umfeld des Clubs bewegt sich die Alternative Jugendliste Bernau, die mit Christina Wendt eine Vertreterin ins Stadtparlament entsandte.
Die Neonazis möchten eine Runde durch Bernau drehen und dabei provokativ am Dosto vorbeiziehen. Das örtliche Netzwerk für Toleranz und Weltoffenheit lässt sich das nicht bieten und organisiert gemeinsam mit anderen Aktionen unter dem Motto »Bernau pflegt die Kultur als Schatz– für Nazi-Blödheit bleibt kein Platz«. Angemeldet ist eine Gegenveranstaltung von 9 bis 11.30 Uhr auf dem Steintorplatz. Am Sammelplatz der Rechtsextremisten– dem Bahnhofsvorplatz– sollen Transparente aufgehängt werden.
Außerdem werden Zweiergruppen des Netzwerkes den Aufmarsch begleiten und Passanten Handzettel zustecken. Die Zettel klären darüber auf, dass es ein Trugschluss wäre, die wahrscheinlich »ordentlich in Reih und Glied« laufenden Rechtsextremen für harmlos zu halten, wie Eva Maria Rebs am Freitag sagte.
Rebs ist Referentin von Bürgermeister Hubert Handke (CDU) und gleichzeitig im Netzwerk für Toleranz und Weltoffenheit aktiv. Brisant ist bei den Gegenaktionen, dass es schon lange Konflikte zwischen Rebs und einigen Dosto-Besuchern gibt. Jene gehören der Autonomen Jugendantifa Bernau (AJAB) an, die teilweise antideutsche Positionen vertritt.
In der antideutschen Szene wird zum Beispiel die Ansicht vertreten, die Deutschen, die für zwei Weltkriege verantwortlich sind, seien an sich schlecht und müssten über die ganze Welt verstreut werden, damit sie keinen Schaden mehr anrichten können. Geleitet von derartigen Überzeugungen skandierten Jugendantifas bei einer Demonstration im vergangenen Jahr: »Bomber-Harris und die Flut, diese zwei tun Deutschland gut.«
Rebs schüttelt mit dem Kopf: »Die Antideutschen blenden naiv die ökonomischen Ursachen von Kriegen aus.« Krieg sei immer da, wo Öl lagere und wo jemand daran verdiene. Allerdings zog die Referentin mit Blick auf die AJAB auch schon einen unpassenden Vergleich, der für einen kleinen Skandal sorgte: Das Rot von deren Fahne erinnere sie an das Rot der Fahne der NSDAP, erklärte sie im Jahr 2004 auf einer Kundgebung.
Dabei bekennt neben Rebs auch Thomas Janoschka, der Vorsitzende des Dosto-Trägervereins b.i.f., dass es eigentlich darum gehen sollte, dass beide Seiten gegen die Neonazis an einem Strang ziehen. Von der AJAB selbst war keine Aussage zu bekommen. Zwar ist Bernau nach Angaben der Polizei mit 55 registrierten rechtsextremistischen Straftaten im Jahr 2003 keine Neonazi-Hochburg. Man dürfte das Problem aber deswegen nicht kleinreden, warnt b.i.f.-Chef Janoschka.
Für Rebs geht es am Sonnabend nicht nur darum, dem Aufmarsch entgegenzutreten. Es müsse den Bernauer Bürgern auch klar gemacht werden, dass Dosto ein guter Jugendklub sei, der eine wichtige Arbeit leiste. So kommen dieser Tage Jugendliche von einer Exkursion zur KZ-Gedenkstätte Auschwitz zurück. »Wir haben nicht Klubs für Linke und Rechte. Wir haben nur Klubs für demokratische Jugendarbeit und die Rechten sind keine Demokraten«, meint Rebs.