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Rechts auf neuen Wegen

Kreis informiert am 2. Novem­ber Amts­di­rek­toren und Bürgermeister

(MAZ, Andreas Vogel) NEURUPPIN Mit ein­er Fach­ta­gung für Bürg­er­meis­ter und Amts­di­rek­toren reagiert der
Land­kreis auf die zunehmende Akzep­tanz von rechtem Gedankengut im Kreis.
“Wir wollen die poli­tis­chen Entschei­dungsträger mit den neuen
Erschei­n­ungs­for­men und Strate­gien der Recht­sex­tremen sowie auf die
Auswirkun­gen auf die Kom­mu­nalpoli­tik ver­traut machen”, sagte gestern
Roswitha Rath­felder vom Jugen­damt des Kreis­es. Die Kom­mu­nalpoli­tik­er hätten
große Ver­ant­wor­tung und müssten das geforderte zivile Engage­ment vorleben.
Erst wenn es dieses Grund­ver­ständ­nis gebe, kön­nten auch begleitende
Pro­gramme gegen recht­es Gedankengut greifen. 

Schirmherr der Tagung, die am 2. Novem­ber um 9 Uhr in Neu­rup­pin begin­nt, ist
Lan­drat Chris­t­ian Gilde. Rath­felder freut sich darüber, dass eben­falls der
SPD-Bun­destagsab­ge­ord­nete Ernst Bahr sowie Ger­rit Große,
PDS-Land­tagsab­ge­ord­nete, ihr Kom­men zuge­sagt haben. Neben Michael Kohlstruck
vom Zen­trum für Anti­semitismus­forschung der TU Berlin und Minette von
Krosigk, Vor­standsmit­glied des lan­desweit­en Aktions­bünd­niss­es gegen
Recht­sex­trem­is­mus, wird zudem mit beson­der­er Span­nung der Wolgaster
Bürg­er­meis­ter Jür­gen Kanehl erwartet. “Wol­gast hat bere­its ein Konzept gegen
Recht­sex­trem­is­mus, an dem man vielle­icht anknüpfen kann”, so Rathfelder.
Außer­dem hofft der Kreis, dass es auch beim Erfahrungsaus­tausch der
Amts­di­rek­toren und Bürg­er­meis­ter neue Ideen gibt. 

Bei der Land­tagswahl am 19. Sep­tem­ber war die recht­sex­treme DVU im Altkreis
Neu­rup­pin mit 5,7 Prozent auf mehr Stim­men als die Bünd­nis­grü­nen (4,2) und
die FDP (3,4) gekom­men. Den größten Zulauf hat­te die DVU dabei in Walsleben
mit neun Prozent, den ger­ing­sten in Rüth­nick mit 3,8 Prozent.

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Über das Erinnern

Die Gedenkstätte Sach­sen­hausen eröffnet am Sonnabend eine neue
Dauer­ausstel­lung “Die Stadt und das Lager. Oranien­burg und das KZ
Sach­sen­hausen”. Darin kom­men Zeitzeu­gen von damals zu Wort. Mit Eva Schott
sprach MAZ-Redak­teurin Mar­lies Schnaibel. 

ORANIENBURG Die Bilder der Kind­heit haben sie bis heute nicht los­ge­lassen. Deshalb hat
sie auch nicht sehr lange über­legt, als in ein­er Zeitungsno­tiz vor drei
Jahren Zeitzeu­gen gesucht wur­den, die darüber bericht­en kön­nen und wollen,
wie die Bewohn­er von Oranien­burg das Konzen­tra­tionslager Sachsenhausen
wahrgenom­men haben. Eva Schott war damals ein Kind und sie erin­nert sich
nicht gern an die dama­li­gen Ereignis­sen, aber sie hält das Erin­nern für
wichtig. “Ich habe mich geärg­ert, wenn Leute gesagt haben, sie hät­ten nichts
gewusst”, sagt sie, denn sie meint: “Das Lager war unübersehbar.” 

Die heute 73-jährige Frau ist kein beson­ders poli­tis­ch­er Men­sch, aber die
Wahrheit soll Wahrheit bleiben. “Wenn wir nicht darüber erzählen, wer soll
es dann noch tun?”, fragte sie sich und meldete sich damals auf die
Zeitungsno­tiz. Die His­torik­erin Andrea Riedle hat­te ihr dann Fragen
gestellt, ein Pro­tokoll aufge­set­zt und schließlich ihre Erin­nerun­gen auf
Ton­band fest­ge­hal­ten. Und weil die Tech­nik nicht funk­tion­ierte, hat Eva
Schott ihre Erin­nerun­gen mehrmals erzählt. 

Das ist ihr nicht leicht gefall­en. Und immer wieder wird ihre Stimme von
Trä­nen erstickt, wenn sie von damals erzählt. Ihre Eltern waren 1935 von
Oranien­burg nach Sach­sen­hausen gezo­gen, als Kind hat­te sie oft am Bahnhof
und in der Nähe des entste­hen­den Lagers gespielt. Dort sah sie zum ersten
Mal Häftlinge in gestreifter Klei­dung, bewacht von bewaffneten SS-Leuten.
“Ich war sehr erschrock­en”, erin­nert sie sich noch heute. “Das sind arme
Men­schen”, erk­lärte ihr ihre Mut­ter. Am Bahn­hof sah sie die
Häftlingstrans­porte ankom­men, in ein­er nahen Ver­tiefung mussten sie sich
sam­meln. “Ih, die stinken”, haben die Kinder damals über die armen Kreaturen
gerufen. “Es war bedrück­end, gruselig, grausam”, spürt Eva Schott noch heute
ihr dama­liges Unbe­ha­gen. Sie sah, wie die abgemagerten, geschun­de­nen Leute
auf Lkw ver­laden wur­den, wie sie mit Gewehrkol­ben gestoßen wur­den. Und nie
wird sie den Zug von entkräfteten Men­schen vergessen, wo die Häftlinge
diejeni­gen mitschlep­pen mussten, die nicht mehr gehen kon­nten. “Zwei Männer
zogen einen drit­ten an den Hän­den. Der ent­glitt ihnen immer wieder, dabei
knallte der Kopf jedes­mal auf das Kopf­steinpflaster. Ich weiß gar nicht, ob
er noch lebte”, schildert sie ihre grausamen Erleb­nis­sen. Drei Tage konnte
sie nicht essen, nicht schlafen. Die Erin­nerung ist sie nie losgeworden. 

Auch nicht die an die leise Stimme des Häftlings, der ihr eines Tages am
Lagerza­un beim Holzsam­meln half und um Zigaret­ten bettelte. 

Auch nicht die an das Geklap­per, das die Holz­pan­ti­nen der Gefan­genen auf den
Straßen erzeugten, und den erzwun­genen Gesang der Häftlinge dazu. 

Auch nicht die an den Geruch von ver­bran­ntem Men­schen­fleisch, der sich vom
Kre­ma­to­ri­um über den Ort verbreitete. 

“Und deshalb soll kein­er sagen, er hätte nichts gewusst”, sagt Eva Schott
noch ein­mal. Sich­er, die Dimen­sion des Lagers oder aller Lager, die kannten
die Anwohn­er nicht. Das haben sie erst nach 1945 erfahren. Zu DDR-Zeit­en ist
Eva Schott mehrmals in der Gedenkstätte gewe­sen. “Aber, das waren mehr so
Pflichtver­anstal­tun­gen”, schränkt sie ein. Nun wird sie erneut in das Lager
gehen. Und da wird sie auch auf sich selb­st tre­f­fen, denn die Historikerin
Andrea Riedle hat aus ihren Erin­nerun­gen und denen von anderen
Oranien­burg­ern ein Hörstück für die Ausstel­lung “Die Stadt und das Lager”
gemacht.

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Öffentlich bedienstete Foltermägde

Auf­se­herin­nen im KZ — eine Ausstel­lung in Ravens­brück zeigt Lebenswege der
Täterinnen

RAVENSBRÜCK. Stolz blickt die kleine, kräftige Frau mit den der­ben Hän­den in
die Kam­era. Ihre Bewer­bung war erfol­gre­ich. Soeben hat Anna Enser­er im KZ
Ravens­brück ihre Uni­form erhal­ten. Sie ist nun Auf­se­herin im größten
Frauen-Konzen­tra­tionslager des Deutschen Reich­es. Es ist das Jahr 1940, Anna
Enser­er ist 21 Jahre alt. 

For­t­an bewachte sie in Ravens­brück die Häftlinge — einen scharf
abgerichteten Schäfer­hund an der Leine. Die KZ-Auf­se­herin­nen ließen die
Häftlinge stun­den­lang in der Kälte stramm­ste­hen, sie nah­men auch an
Mord-Selek­tio­nen teil. Ruth Neudeck, die Ober­auf­se­herin des Sterbelagers
Uck­er­mark, zog die zur Ermor­dung bes­timmten Frauen mit einem Stock mit
Sil­berk­nauf aus den Rei­hen der Häftlinge her­aus. Die Auf­se­herin­nen “tobten
mit den Häftlin­gen herum”, wie eine KZ-Auf­se­herin in
jugendlich-leicht­fer­tiger Sprache aus Ravens­brück berichtete. Gemeint war:
Sie schlu­gen und schikanierten die weib­lichen Häftlinge, sie trieben die
Häftlinge zur Zwangsar­beit an. Allein in Ravens­brück star­ben Zehntausende -
Jüdin­nen, Kom­mu­nistin­nen, Ander­s­denk­ende aus ganz Europa. Anne Enser­er, die
zuvor unter anderem als Kell­ner­in in einem öster­re­ichis­chen Kurbad
gear­beit­et hat­te, wurde 1942 in das Ver­nich­tungslager Auschwitz ver­set­zt und
arbeit­ete dort als Blockführerin. 

Erst­mals in Deutsch­land beschäftigt sich die KZ-Gedenkstätte Ravens­brück in
ein­er eige­nen Ausstel­lung mit dem weib­lichen Bewachungsper­son­al in den
Konzen­tra­tionslagern. Die Ausstel­lungs­mach­er fol­gen damit dem allgemeinen
Trend der NS-Forschung, näm­lich hin zur “Täter­forschung”. Selb­st in der
Lit­er­atur war dem Autor Bern­hard Schlink mit dem Roman “Der Vor­leser”, der
eben­falls eine KZ-Täterin in den Mit­telpunkt stellt, ein Welterfolg
beschieden. Alle diese Auf­se­herin­nen wur­den in Ravens­brück für ihren
gnaden­losen Dienst angel­ernt. Besol­det wur­den sie nach dem öffentlichen
Dienstrecht. 

Gezeigt wird die Ausstel­lung in einem der acht spitzgiebe­li­gen Häuser, in
denen die Auf­se­herin­nen unterge­bracht waren — in kleinen Woh­nun­gen mit
Schrankwand und Tis­chlein in der Stube. 

“Die Auf­se­herin­nen waren meist Frauen zwis­chen 20 und 30 Jahre alt. Viele
waren zum ersten Mal ohne die soziale Kon­trolle durch ihre Eltern”, sagte
die Ausstel­lungsku­ra­torin Simone Erpel. Die KZ-Auf­se­herin­nen gin­gen in ihrer
Freizeit gerne in Fürsten­berg ins Kino. Dort beka­men sie einen
Preis­nach­lass. Wie fanatisch die Frauen waren, zeigt das Fotoal­bum einer
22-jähri­gen Auf­se­herin, das von handge­mal­ten SS-Runen durch­set­zt ist. Viele
der jun­gen Frauen kamen aus ein­fachen Ver­hält­nis­sen, hat­ten als
Haushalt­shil­fen, in der Land­wirtschaft oder eben als Kell­ner­in­nen gearbeitet
wie Anna Enserer. 

Mit Anna Enser­er hat sich die Kura­torin Simone Erpel in diesem Jahr in
Öster­re­ich getrof­fen. Dort lebt die ein­stige KZ-Auf­se­herin heute. Eine
offen­bar verärg­erte Ver­wandte hat­te zuvor die Adresse von Anna Enserer
mit­geteilt. Die ein­stige Auf­se­herin ließ sich schließlich für die
Ausstel­lung inter­viewen, stellte auch die Fotos zur Verfügung. 

Kura­torin Simone Erpel fand in der ein­sti­gen KZ-Auf­se­herin Enser­er eine Frau
vor, die sich selb­st heute als Opfer stil­isiert. Sie beklagte sich darüber,
dass sie nie habe einen Rentenantrag stellen kön­nen. “Weil in meinem
Rente­nausweis drin ste­ht, dass ich Auf­se­herin in Ravens­brück und Auschwitz
war”, sagte sie. Und sie behauptet, dass sie nach Auschwitz strafversetzt
wor­den sei, was Kura­torin Erpel als reine Schutzbe­haup­tung zurückweist. 

Ohne Schuld sieht sich auch die zweite noch lebende KZ-Auf­se­herin, die sich
der Ausstel­lung zur Ver­fü­gung gestellt hat: Mar­garete Barthel, die heute im
Ruhrge­bi­et lebt, hat­te sich vor Jahren bei einem Besuch in Ravensbrück
selb­st gegenüber der Gedenkstät­ten-Lei­t­erin Sigrid Jacobeit als einstige
KZ-Auf­se­herin offen­bart. Die Frau war von ihrer Fir­ma, der Ruhrchemie, 1944
als Frei­willige nach Ravens­brück geschickt wor­den. Sie hoffte auf
Anerken­nung in der Fir­ma. In ihrem Auf­se­herin­nen­haus schlief sie bald in
sei­den­er Bet­twäsche. “Von franzö­sis­chen Juden”, so Barthel im Interview. 

Als Gedenkstät­ten­lei­t­erin Jakobeit die ältere Dame zu Hause besuchte, war
sie ver­wun­dert. “Frau Barthel hat­te bes­timmt zwei Meter KZ-Lit­er­atur im
Wohnz­im­mer, die Ver­gan­gen­heit ließ sie nicht los”, sagte Jacobeit. Aber sie
habe kein Unrechts­be­wusst­sein entwick­elt, wollte stattdessen ihre Firma
verk­la­gen, bei der sie auch nach dem Krieg wieder arbeit­ete. Sie sei
unschuldig schuldig gewor­den, sagte Mar­garete Barthel, obwohl sie dabei war,
als 1945 dann auch in Ravens­brück das Kre­ma­to­ri­um auf Hoch­touren lief. Sie
saß bei offen­em Fen­ster in der Auf­se­herin­nen-Woh­nung und rief zu ihrer
Mit­be­wohner­in: “Riech mal, Leni, die ver­bren­nen da Men­schen, na ja,
Leichen.” 

Ein geringer Teil der etwa 3 500 KZ-Auf­se­herin­nen wurde nach dem Krieg vor
Gericht gestellt, manche hin­gerichtet wie Ruth Neudeck. 

Die Ausstel­lung in Ravens­brück lässt sin­voller­weise nicht allein die
Täterin­nen zu Wort kom­men, son­dern kon­trastiert diese mit den Aus­sagen der
Opfer. So verdichtet sich die Darstel­lung. Und doch bleibt der Besucher
rat­los zurück: Die KZ-Auf­se­herin­nen waren keine ent­men­scht­en “SS-Bestien”,
son­dern Frauen, die plöt­zlich zu öffentlich bedi­en­steten Folter­mäg­den wurden
und die das später ihr Leben lang zu ver­drän­gen versuchten. 

Im Gefolge der SS: Auf­se­herin­nen des Frauen-KZ Ravens­brück. Dien­stags bis
son­ntags, 9 bis 17 Uhr, in der Gedenkstätte Ravens­brück (Fürsten­berg, Straße
der Nationen).

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Ich lebe gegen euer Verdikt!”


Drei ehe­ma­lige Ravens­brück-Häftlinge bericht­en über die Tat­en der
KZ-Aufseherinnen

(Anke Dworek, MAZ, 18.10.) FÜRSTENBERG Wie kon­nte in solch lieblich­er Land­schaft eine Stätte des Grauens entstehen?
Wie kon­nten Frauen, die Müt­ter sind oder wer­den soll­ten, zu willigen
Gehil­finnen von Nazi-Ver­brech­ern wer­den? Bis heute find­et die 87-jährige
Irma Trk­sak keine befriedi­gende Antwort auf diese Fra­gen. Die Wiener­in kam
1941 in das Frauen-KZ Ravens­brück, war reg­istri­ert als Häftling mit der
Num­mer 14177. Anlässlich der Eröff­nungsver­anstal­tung zur Ausstel­lung “Im
Gefolge der SS: Auf­se­herin­nen des KZ Ravens­brück” berichtete sie: “Die
Auf­se­herin­nen behan­del­ten uns als let­zten Abschaum der Men­schheit. Die
ersten Tritte im Lager bekam ich, weil ich die Pan­ti­nen in die Hand nahm und
bar­fuß ging. Wis­sen Sie, wie es ist, in Pan­ti­nen mil­itärisch gehen zu
müssen?” Irma Trk­sak war Stubenäl­teste im Siemens-Lager, als sie Anfang 1945
zur Ober­auf­se­herin Dorothea Binz (im ersten Ravens­brück-Prozess von einem
britis­chen Mil­itärg­ericht zum Tode verurteilt, 1947 hin­gerichtet) beordert
wurde. Sie “ver­set­zte” Irma Trk­sak in das Jugend­lager “Uck­er­mark”, das in
diesen Tagen zum Ver­nich­tungslager mit Gaskam­mer wurde. Dort herrschte die
Ober­auf­se­herin Ruth Neudeck (im drit­ten Ravens­brück-Prozess zum Tode
verurteilt, 1948 hin­gerichtet), an die sich Irma Trk­sak nur zu gut erinnern
kann: “Sie war bru­tal und skru­pel­los. Bei den unzäh­li­gen Zäh­lap­pellen ließ
sie alle Frauen antreten, auch jene, die krank waren, und wenn sie nicht
gehen kon­nten, wur­den sie aus der Baracke her­aus geschleppt. Ich erinnere
mich an einen Fall, wo wir eine Ster­bende auf zwei Ses­sel gelegt haben und
Neudeck ging vor­bei und stieß sie bru­tal mit dem Stiefel runter und
beschle­u­nigte somit den Tod dieser Frau.” 

Ein lange ver­drängtes Thema

Großes Inter­esse an Ausstel­lung über Auf­se­herin­nen des KZ Ravensbrück

FÜRSTENBERG Nicht mal die Steh­plätze im Kinosaal der Gedenkstätte Ravens­brück reichten
gestern aus, um alle Besuch­er an der Eröff­nungsver­anstal­tung der Ausstellung
“Im Gefolge der SS: Auf­se­herin­nen des Frauen-KZ Ravens­brück” teil­haben zu
lassen. Das öffentliche Inter­esse an der ersten Expo­si­tion einer
KZ-Gedenkstätte zum The­ma “Täter­forschung” war sehr groß. Neben den drei
Ravens­brück­erin­nen Irma Trk­sak (Öster­re­ich), Edith Spar­mann (Deutsch­land)
und Bat­she­va Dagan (Israel) sprachen Bran­den­burgs Kul­tur­min­is­terin Johanna
Wan­ka (CDU) und Alfred Harten­bach, Par­la­men­tarisch­er Staatssekretär bei der
Bun­desmin­is­terin der Justiz. 

Sigrid Jacobeit, Lei­t­erin der Gedenkstätte, betonte, dass es sich nicht
schlechthin um eine neue Ausstel­lung han­dele, son­dern um eine, die sich
einem ganz großen The­ma ver­suche zu näh­ern: der men­schlichen Natur. “Wer bin
ich?” und “Wo komme ich her?” — diese Fra­gen in Bezug auf die
KZ-Auf­se­herin­nen zu beant­worten bedeutet, ihre soziale Herkun­ft, den
Ein­fluss der Gesellschaft auf ihr Han­deln und ihre Spiel­räume zu beleuchten.
Simone Erpel als Lei­t­erin sowie Johannes Schwartz und Jeanette Tou­s­saint als
Mitar­beit­er des Pro­jek­tes haben die Ausstel­lung in einem der ehemaligen
Auf­se­herin­nen­häuser inhaltlich so gestal­tet, dass eine differenzierte
Auseinan­der­set­zung möglich ist. Sie holen — vor allem mit­tels der Aussagen
über­leben­der Häftlinge — das weib­liche Bewachungsper­son­al aus dem Bereich
der Dämon­isierung in den von han­del­nden Menschen. 

Zusam­men mit dem Schutzhaft­lager­führer Schwarzhu­ber und dem SS-Arzt Treite
selek­tierte Neudeck mehrmals wöchentlich Frauen für die Gaskam­mer. Irma
Trk­sak sagte als Zeu­g­in in den Ravens­brück-Prozessen gegen Binz und Neudeck
aus. 

Edith Spar­mann aus Dres­den hat­te die Häftlingsnum­mer 8291. Sie gehörte von
1941 bis 1945 zum Kom­man­do “Frisier­stube”, weil sie diesen Beruf erlernt
hat­te, und musste den Auf­se­herin­nen die Haare machen. “Das war natürlich
kein Ver­hält­nis wie zwis­chen Kunde und Dien­stleis­ter. Wir wussten
schließlich, wie sich diese Auf­se­herin­nen gegenüber den Häftlingen
ver­hal­ten. Inner­lich dacht­en wir ständig Du Biest!, wenn sie vor uns
saßen. Unsere Arbeitswerkzeuge waren spitz, heiß und scharf. Nach
Maßregelun­gen und Bestra­fun­gen erforderte es von uns übermenschliche
Anstren­gun­gen, mit dem Rasier­mess­er in der Hand Gle­ichgültigkeit zu mimen”,
beschreibt Edith Spar­mann die Nervenanspannung. 

Vor zwei Jahren war Bat­she­va Dagan aus Israel — der Schutzhäftling mit der
Num­mer 45 554 — in einem der ehe­ma­li­gen Auf­se­herin­nen­häuser. Das inspirierte
sie zu einem offe­nen Brief an die Auf­se­herin­nen. In dem heißt es sinngemäß:
“Ich lebe und gehe auf dem sel­ben Weg und sehe die üppi­gen Bäume. 25
Auf­se­herin­nen wohn­ten in jedem der acht Häuser. Jede hat­te ein eigenes Bett;
ich schlief mit zwei anderen Häftlin­gen auf einem Stroh­sack. Sie hat­ten ein
Nachthemd an; ich einen Lumpen. Sie aßen sich satt; ich hat­te 200 Gramm Brot
und eine dünne Suppe.” 

“Ich lebe gegen euer Verdikt!” ist Bat­she­va Dagans Rache für die Tat­en der
Auf­se­herin­nen. Die 79-Jährige ist glück­lich darüber, wie die ehemaligen
Auf­se­herin­nen­häuser heute genutzt wer­den: “Geseg­net sind die Ini­tia­toren der
Jugend­her­berge, der Inter­na­tionalen Begeg­nungsstätte und des Muse­ums. Für
mich hat sich damit ein Kreis geschlossen, was mich mit Genug­tu­ung erfüllt:
Das Lager hat sein bös­es Geheim­nis offen gelegt.” Erst sehr spät habe sich
die Wis­senschaft mit dem The­ma Frauen in der NS-Zeit befasst, konstatierte
der Staatssekretär im Bun­desjus­tizmin­is­teri­um, Alfred Harten­bach. Die Mahn-
und Gedenkstätte Ravens­brück habe großen Anteil an den Forschun­gen und vor
allem an der Auseinan­der­set­zung mit dem The­ma, denn die Jus­tiz könne dieses
Feld nur zum Teil abdecken. 

Die Rechtssprechung sei auf Tat und Schuld aus­gerichtet, was Gren­zen setze.
Zu viele Täter seien nie gefasst und verurteilt wor­den. Die strafrechtliche
Ver­fol­gung gehe aus biol­o­gis­chen Grün­den ihrem Ende zu. Anhand von Prozessen
sei es also nicht mehr möglich, die Geschichte von Opfern und Tätern in der
NS-Zeit aufzuzeigen. Das Ler­nen in der Schule, in Gedenkstät­ten und Museen
wird daher immer größere Bedeu­tung gewin­nen. Auch daraus erwachse die
gesamt­ge­sellschaftliche Auf­gabe, die Gedenkstät­te­nar­beit zu unterstützen,
betonte Bran­den­burgs Kul­tur­min­is­terin Johan­na Wan­ka. In den näch­sten Jahren
müsse dafür gesorgt wer­den, dass die Gedenkstät­ten vernün­ftig ausgebaut
wer­den. Für Sach­sen­hausen seien neun Mil­lio­nen Euro akquiri­ert wor­den, damit
kön­nen dort die baulichen Pro­jek­te zum Abschluss gebracht wer­den. Für
Ravens­brück müsse das notwendi­ge Geld noch gefun­den werden.

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Fortsetzung der Zeugenvernehmung

Amts­gericht Rathenow, Bahn­hof­str. 19, 14712 Rathenow am 18.Oktober ab 09.00
Uhr

Am kom­menden Mon­tag, dem 18.10. wird am Amts­gericht Rathenow der Prozess
gegen zwei Asyl­be­wer­ber der örtlichen Flüchtling­sun­terkun­ft am Birken­weg 2
weit­erge­führt, der am 11. März eröffnet wurde und in der breiten
Öffentlichkeit viel Aufmerk­samkeit erregte. 

Die bei­den Heim­be­wohn­er wur­den wegen Urkun­den­fälschung, Ver­leum­dung und
übler Nachrede vom Heim­be­treiber der Arbeit­er­wohlfahrt, Kreis Havel­land und
der dama­li­gen hau­seige­nen Sicher­heits­fir­ma Zarnikow angeklagt. Ihnen wurde
laut Anklageschrift der Staat­san­waltschaft vorge­wor­fen, im Juli 2002 ein
Mem­o­ran­dum ver­fasst zu haben, in dem sie Ein­griffe in die Pri­vat­sphäre und
die strik­te Überwachung im Heim anprangerten. In dem Mem­o­ran­dum waren die
wegen recht­sex­tremer Umtriebe ins Visi­er des Brandenburgischen
Ver­fas­sungss­chutz ger­ate­nen und bald darauf abgelösten Wach­schützer als
„Ex-Neon­azis“ dargestellt worden.

Obwohl die Staat­san­waltschaft die Klageschrift auf­grund des öffentlichen
Druck­es schon vor Prozess­be­ginn wesentlich reduzierte und die vom
Ver­fas­sungss­chutz bestätigte Ver­flech-tung der Zarnikow-Sicherheitskräfte
mit der recht­sradikalen Szene vor Ort ohne Kon­se­quen-zen als Anklagepunkt
fall­en ließ, haben die Kläger (AWO und Zarnikow) die skan­dalöse An-klage
bish­er nicht zurückgezogen.
Zur eigentlichen Ver­hand­lung kam es am 11. März allerd­ings nicht, da die
Staat­san­walt-schaft ver­suchte, den absur­den Prozess in einem Deal mit den
bei­den Flüchtlin­gen kurz vor-her einzustellen, wobei den Angeklagten die
Kosten des Ver­fahrens aufge­bürdet wer­den sollte. Dies lehn­ten sie aber ab,
weil für sie nur eine Ein­stel­lung ohne Aufla­gen (und vor al-lem ohne
Schuldeingeständ­nis) in Frage kam. 

Nach dem zweit­en und drit­ten Prozesstag wur­den auf­grund verschiedener
Zeu­ge­naus­sagen die Argu­mente der Asyl­be­wer­ber noch deut­lich­er, trotzdem
ver­weigerte das Gericht einen Freis­pruch und bot stattdessen erneut eine
Ein­stel­lung des Prozess­es ‑dies­mal allerd­ings ohne Aufla­gen an die
Angeklagten- an.
Am kom­menden Mon­tag wer­den erneut wichtige Zeu­gen auftreten, welche weitere
Vor­fälle im Heim beschreiben. Wichtig wird die direk­te Kon­fronta­tion der
Heim­leitung mit den Aus­sa-gen der gelade­nen Zeu­gen sein. 

Die poli­tis­che Instru­men­tal­isierung, Diskri­m­inierung und Kriminalisierung
der Asyl­be­wer­ber durch den AWO-Lan­desver­band, Zarnikow unter Bil­li­gung der
Staat­san­waltschaft muß auf-hören.
Wir fordern die AWO auf, ihre Klage zurück zu ziehen, sich für die
Ver­leum­dung der Asyl­be­wer­ber zu entschuldigen, die Sam­melun­terkun­ft am
Birken­weg als „Heim“ zu führen und die Men­scherechte sowie den
Per­sön­lichkeitss­chutz in ihren Häusern zu garantieren.
Die Ver­strick­ung des AWO-Lan­desver­ban­des mit recht­sradikalen Expo­nen­ten im
Land Bran­den­burg muß rest­los aufgek­lärt wer­den –hierzu soll die
Staat­san­waltschaft ihre Kräfte ein­set­zen, wie es sich für einen Rechtsstaat
gehört. 

Wir bit­ten die Presse und alle Unterstützer/innen zu der Zeu­gen­vernehmung am
18.10., ab 09.00 Uhr zum Amts­gericht Rathenow zu kommen! 

Flüchtlingsini­tia­tive Brandenburg

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Klimakatastrophe

(LR, Klaus Alschn­er) Was wird von der zurück­liegen­den Woche in Cot­tbus in Erin­nerung bleiben? Vor
allem ein hässlich­er brauner Schand­fleck. Recht­sradikale ver­prügeln einen
16-Jähri­gen, zwin­gen ihn, sich niederzuknien und urinieren dann auf ihr
Opfer. Kein Zeuge greift ein — aus Angst. 

Als die couragierte Mut­ter die Neon­azis zur Rede stellt, sind sie so
unver­schämt, sie zu bedrohen. 

Auch wer die Nazi-Zeit nicht miter­lebt hat, fühlt sich an Schilderungen
erin­nert, wie SA-Schlägertrup­ps Angst und Schreck­en ver­bre­it­eten und
Beobachter sich stumm abwandten. Vielle­icht wären die neuen Cottbuser
Recht­en auf diesen Ver­gle­ich sog­ar stolz. 

Eine solche Atmo­sphäre der Ein­schüchterung darf sich der Rechtsstaat nicht
bieten lassen. Die Jus­tiz sollte sich darauf besin­nen, dass nicht nur die
Wiedere­ingliederung des Täters, son­dern auch der Schutz der Öffentlichkeit
vor Ver­brechen zu ihren Auf­gaben gehört. Was sich in dieser Woche in Cottbus
zuge­tra­gen hat, war keine Bagatelle. Der Hin­weis, die Täter seien eigentlich
unpoli­tisch und woll­ten mit ihrem recht­en Gehabe nur provozieren, ist als
Ent­las­tung untauglich. 

Genau am Tag der men­schen­ver­ach­t­en­den Tat forderte der Präsi­dent der BTU in
einem Vor­trag vor dem Wirtschaft­sauss­chuss ein «immi­gra­tions­fre­undlich­es
Kli­ma» in Cot­tbus. Denn angesichts der sink­enden Ein­wohn­erzahl benötige die
BTU in der Zukun­ft ger­ade auch Aus­län­der, um die gewün­schte Stu­den­ten­zahl zu
erre­ichen. Gestern beze­ich­nete Pro­fes­sor Ernst Sig­mund Rechtsradikalismus
als «eine Katas­tro­phe» . Er wirke sich nach außen ver­heeren­der aus als in
den Mauern der Stadt, denn die BTU lebe vor allem von der
Mund-zu-Mund-Pro­pa­gan­da. Einem jun­gen Mann aus dem Sene­gal sei von der
Groß­fam­i­lie abger­at­en wor­den, in Cot­tbus zu studieren — aus Furcht vor
Aus­län­der­feindlichkeit und Über­grif­f­en. Mit diesem Image kann und darf sich
Cot­tbus nicht abfinden.

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Mehr rechte CDs auf Verbotsliste

Weit­ere CDs mit recht­sex­trem­istis­chem Inhalt ste­hen auf der Verbotsliste.
Die 7 Scheiben mit Titeln wie “Rachefeldzug” und “Radio Wolf­ss­chanze” dürfen
nicht mehr an Kinder und Jugendliche verkauft wer­den, teilte das Potsdamer
Innen­min­is­teri­um mit. Damit habe Bran­den­burg 2004 die Indizierung von bisher
66 CDs und 2 DVDs bei der Bun­de­sprüf­stelle für jugendge­fährdende Medien
beantragt. Unter­dessen wurde bekan­nt, dass die Neon­azi-Gruppe Märkischer
Heimatschutz (MHS) am Woch­enende eine Berlin­er Sek­tion gegrün­det hat. Der
MHS sei nach der NPD die zweit­stärk­ste recht­sex­trem­istis­che Organ­i­sa­tion in
der Mark, berichtete die Berlin­er Zeitung. In Berlin gebe es 2.400
Recht­sex­treme. Sie seien aber anders als Bran­den­burg nicht straff
organisiert.

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Rechtsextreme Länderfusion

(Tagesspiegel, Jörn Has­sel­mann) Berlin­er und Bran­den­burg­er Recht­sex­trem­is­ten wollen enger zusam­me­nar­beit­en. Der „Märkische Heimatschutz“ (MHS), eine 2001 in der Uck­er­mark gegrün­dete Gruppe, ver­meldet im Inter­net, am ver­gan­genen Woch­enende eine „Berlin­er Sek­tion“ gegrün­det zu haben. Nach eige­nen Angaben will der MHS in Berlin mas­siv plakatieren und Flug­blät­ter verteilen, aber auch „Jugen­dar­beit in den Kiezen“ betreiben. Nach Angaben des Berlin­er Ver­fas­sungss­chutzes wollen die Berlin­er Recht­en von der guten Logis­tik und Organ­i­sa­tion des MHS prof­i­tieren – und die Bran­den­burg­er treibe es ein­fach in die Haupt­stadt, hieß es. Neu ist die Koop­er­a­tion nicht, so ist der MHS kür­zlich mit der Berlin­er Gruppe „Alter­na­tive Südost“, eine der bei­den aktivsten Neon­azi-Organ­i­sa­tio­nen der Stadt, in Oranien­burg aufge­treten. Auch bei der let­ztlich ver­bote­nen NPD-Demo im Wed­ding wollte der Märkische Heimatschutz teil­nehmen, die gute Zusam­me­nar­beit zwis­chen MHS und NPD ist bekannt. 

Wie viele Recht­sex­trem­is­ten die Berlin­er MHS-Sek­tion bilden, kon­nte der Ver­fas­sungss­chutz nicht sagen, in ganz Bran­den­burg sollen es nur 35 Mit­glieder sein. Als Kopf der Gruppe gilt Gor­don R. aus Eber­swalde. Die Polizei hat­te 1999 und im Okto­ber 2003 die Woh­nung des Mannes durch­sucht und seinen Com­put­er beschlagnahmt. Ihm wurde vorge­wor­fen, Dat­en von Polizis­ten und Jour­nal­is­ten gesam­melt zu haben. Das Bran­den­burg­er Lan­deskrim­i­nalamt kon­nte gestern auf Anfrage nichts zum Stand der Ermit­tlun­gen sagen.

In den 90er Jahren hat­te sich Gor­don R. im Stre­it von der Berlin­er NPD getren­nt und war später aus­geschlossen wor­den. Deshalb hieß es gestern auch beim Ver­fas­sungss­chutz: „Mal sehen, wie lange die neue Einigkeit besteht.“

Neues gibt es auch bei der Berlin­er NPD. Wie gestern in einem Teil der Auflage berichtet, ist der bekan­nte Neon­azi Michael Regen­er, Sänger der Band Landser, im Berlin­er NPD-Lan­desver­band als Mit­glied aufgenom­men wor­den. Regen­er, in der recht­en Szene als „Luni“ bekan­nt, genießt ger­adezu Kult­sta­tus wegen sein­er volksver­het­zen­den Texte. Die Berlin­er Polizei hat­te einen angekündigten Auftritt Regen­ers bei der NPD-Demo in Wed­ding als Argu­ment benutzt, die Kundge­bung zu ver­bi­eten. Bis­lang soll Regen­er nur ein­fach­es Mit­glied des mit 150 recht schwachen Lan­desver­ban­des der NPD zu sein.

Im Dezem­ber 2003 war Regen­er vom Berlin­er Kam­merg­ericht zu drei Jahren und vier Monat­en Haft verurteilt wor­den, das Gericht hat­te „Landser“ als krim­inelle Vere­ini­gung eingestuft und Regen­er als ihren Rädels­führer. Doch er ist weit­er­hin auf freiem Fuß: Regen­er hat­te Revi­sion ein­gelegt. Das Urteil ist deshalb nicht rechtskräftig. 

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Brandenburg lässt weitere rechte CDs indizieren

Pots­dam (dpa) Erneut sind CDs mit recht­sex­trem­istis­chem Inhalt auf Antrag
aus Bran­den­burg auf die Ver­bot­sliste geset­zt wor­den. Die sieben Scheiben mit
Titeln wie “Rachefeldzug” und “Radio Wolf­ss­chanze” dür­fen nicht mehr an
Kinder und Jugendliche verkauft wer­den, wie das Pots­damer Innenministerium
am Don­ner­stag mit­teilte. Damit habe Bran­den­burg in diesem Jahr die
Indizierung von ins­ge­samt 66 CDs und 2 DVDs bei der Bun­de­sprüf­stelle für
jugendge­fährdende Medi­en beantragt. 

“Die Recht­sex­trem­is­ten bedi­enen sich zunehmend der Musik, um junge Leute
anzu­lock­en”, warnte Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU). Die vom
Lan­deskrim­i­nalamt ent­deck­ten CDs stam­men nicht alle aus Bran­den­burg, sondern
wur­den beispiel­sweise im Inter­net gefunden. 

Bei den aufge­spürten CDs lasse sich nicht immer fest­stellen, wo eine CD
ent­standen ist, sagte ein Min­is­teri­umssprech­er. “Der größte Teil dürfte aber
zumin­d­est von der Idee her deutsch­er Prove­nienz sein.” Oft wür­den die
Scheiben im Aus­land gepresst. Die Ermit­tler des Lan­deskrim­i­nalamts seien bei
Ein­sätzen in Bran­den­burg und bei Nach­forschun­gen im Inter­net auf die
recht­sex­treme Musik gestoßen. 

Unter­dessen wurde bekan­nt, dass die Neon­azi-Gruppe Märkisch­er Heimatschutz
(MHS) am Woch­enende eine Berlin­er Sek­tion gegrün­det hat. Der MHS sei nach
der NPD die zweit­stärk­ste recht­sex­trem­istis­che Organ­i­sa­tion in der Mark,
berichtete die “Berlin­er Zeitung”. In der Haupt­stadt gebe es 2400
Recht­sex­treme. Sie seien aber im Gegen­satz zu Bran­den­burg nicht straff
organisiert.

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«Ein Beispiel für die Verrohung unter Cottbuser Jugendlichen»

Hin­ter Git­tern sitzt seit gestern ein 19-Jähriger Cot­tbuser: Der Recht­sex­trem­ist hat­te gemein­sam mit zwei anderen Tätern am ver­gan­genen Woch­enende im
Stadtzen­trum einen 16-Jähri­gen über­fall­en (die RUNDSCHAU berichtete). Gegen
einen weit­eren Mann, 20 Jahre alt, wurde eben­falls Haft­be­fehl erlassen. Auf
Weisung der Staat­san­waltschaft wurde ein Drit­ter wegen geringer
Tat­beteili­gung vor­läu­fig aus dem Polizeige­wahrsam entlassen. 

Nach Auskun­ft von Amts­gerichts­di­rek­tor Wolf­gang Rupieper erg­ing der
Haft­be­fehl wegen gemein­schaftlich­er gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung. Der
gestern inhaftierte Mann sei im Feb­ru­ar schon ein­mal verurteilt wor­den. Zur
Tatzeit am Sonnabend habe er unter Alko­hole­in­fluss ges­tanden. «Ihn erwartet
eine Haft­strafe im Rah­men zwis­chen sechs Monat­en und zehn Jahren.» Der
zweite Beteiligte, gegen den die Staat­san­waltschaft Haft­be­fehl beantragte,
halte sich derzeit an unbekan­ntem Ort auf — die Polizei sucht nach ihm. Der
Dritte habe das Opfer nur ein­mal angerem­pelt, sei deshalb von der Polizei
vor­läu­fig ent­lassen worden. 

Für Polizeis­prech­er Berndt Fleis­ch­er ist der Vor­fall ein Beispiel «für die
zunehmende Ver­ro­hung unter Jugendlichen» : Die Täter, junge Män­ner aus der
recht­sradikalen Szene, hat­ten den Jugendlichen geschla­gen, getreten und
schließlich auf ihn uriniert, als er am Boden lag. Zehn weit­ere Jugendliche
schaut­en unbeteiligt zu, nur ein Mäd­chen erk­lärte sich später zur
Zeu­ge­naus­sage bere­it — für Fleis­ch­er eine schock­ierende Tat­sache. «Heute hat
doch fast jed­er Jugendliche ein Mobil­tele­fon, mit dem er kosten­frei den
Polizeinotruf alarmieren kann. Das wäre auch in diesem Fall richtig
gewesen.» 

Als Indiz für das Erstarken der Recht­sex­tremen wertet Mar­ti­na Münch vom
Cot­tbuser Auf­bruch den Über­fall. «Das ist sich­er keine Einzeltat.» Zwar sei
das dreiste Vorge­hen der Schläger, ihr Opfer am hel­l­licht­en Tag und vor
Zeu­gen zu ver­prügeln, ungewöhn­lich. Dro­hun­gen und Rem­peleien rechtsradikaler
Täter seien aber per­ma­nent zu beobacht­en. Beden­klich find­et Münch das
Ver­hal­ten der umste­hen­den Jugendlichen, die dem Opfer wed­er halfen noch die
Polizei riefen. «Die Jugendlichen ver­hal­ten sich nicht anders als der Rest
der Gesellschaft.» Die meis­ten Leute wür­den wegse­hen, wenn in ihrer Umgebung
jemand Opfer von Gewalt­tat­en wird. «Wir hat­ten nach den let­zten Fällen in
Cot­tbus gehofft, dass ein Stim­mungswan­del einge­treten sei» , sagt Münch
bedauernd. Um so wichtiger sei es nun, dem Opfer und anderen Jugendlichen zu
zeigen, dass sie nicht allein sind. Der Cot­tbuser Auf­bruch wolle zur Familie
des 16-Jähri­gen in den näch­sten Tagen Kon­takt aufnehmen, um ihr Mut zu
machen. Dazu müsse aber auch eine wirkungsvolle Ver­fol­gung der Täter
ein­set­zen. «Ver­schweigen bringt solche Vor­fälle nicht aus der Welt.» 

Es geschehe immer wieder, dass Zeu­gen eingeschüchtert wer­den — diese
Beobach­tung macht Amts­gerichts-Direk­tor Wolf­gang Rupieper. Oft passiere es,
dass eine Aus­sage zurück­ge­zo­gen werde, weil die Zeu­gen Dro­han­rufe erhielten
oder zer­stoch­ene Reifen an Auto oder Fahrrad vor­fän­den. Viele Jugendliche
hät­ten Angst und wür­den Plätze mei­den, an denen sich rechte Schläger
tre­f­fen. «Für uns ist es dann schw­er, die Tat­en nachzuweisen» , sagt
Rupieper. «Ohne Zeu­gen lässt sich eine Tat vor Gericht nicht
rekon­stru­ieren.» Aus­sage ste­he so gegen Aus­sage — der Täter werde
schließlich auf freien Fuß geset­zt. «Diese Grup­pen schaf­fen sich einen
rechts­freien Raum» , befürchtet der Amts­gerichts-Direk­tor. «Wir sind auf
Zeu­gen angewiesen.» Um Aus­sagewil­lige vor Ver­fol­gung durch den recht­en Mob
zu schützen, kön­nten die Strafver­fol­ger Zeu­gen eine gewisse Anonymität
zusichern.

Inforiot