Etwa 350 Menschen demonstrierten am vergangenen Freitag in Hennigsdorf nördlich von Berlin gegen Neonazis und Rassismus. Aufgerufen hierzu hatten die
Antirassismuslobby, der Hennigsdorfer Ratschlag sowie einige andere Organisationen.
Neben der Asylpolitik wurden die lokale Naziszene um dem Laden “On the streets”
sowie rechtsradikale Übergriffe der jüngsten Vergangenheit thematisiert. Die
Veranstalter werteten die Demonstration als Erfolg. Besonders erfreulich sei die
rege Beteiligung von Jugendlichen, berichtet Stefan Tschirswitz, einer der
Organisatoren. Er bedaure jedoch dass sich kaum Ältere beiligten. Auch den
Bürgermeister, der letztes Jahr noch mitdemonstrierte, habe er besonders in Hinblick
auf die Übergriffe der letzten Wochen vermisst. Die Demonstration verlief ohne
Zwischenfälle. Im Anschluss fand ein antirassistisches Rockkonzert im örtlichen
Jugendklub “Conny Island” mit den Bands “The Hash”, “Ultima Frontiero” und “Scheuch”
statt.
Etwa 80 Menschen fanden sich heute auf dem Bernauer Marktplatz ein um gegen Hartz IV zu demonstrieren. Aufgerufen hatte ein Bündnis aus Gewerkschaften, PDS, DKP, Arbeitermacht, Revolution, Die Grauen, Volkssolidarität. Mobilisiert wurde allerdings kaum. Der Altersdurchschnitt war realtiv hoch. Am Rande stand eine kleine Gruppe Rechtspopulisten der Wahlinitiative “Bürger rettet Brandenburg”. Fast alle RednerInnen distanzierten sich von diesen und forderten sie auf die Kundgebung zu verlassen. Diesen Aufforderungen kamen sie aber nicht nach, stattdessen gab es Wortgefechte mit jungen Antifas.
Alle RednerInnen riefen zur Kundgebung am kommenden Montag auf, um gegen die Naziaufmärsche in der Stadt zu protestieren. Viele MedienvertreterInnen waren präsent, weil auch die Spitzenkandidatin der PDS für den Brandenburger Landtag Frau Dr. Enkelmann unter den RednerInnen war.
Mühsame Aufklärungsarbeit vor Ort
Mit Eisenhüttenstadt erreichte die »Anti-Lager-action-Tour« am Wochenende die letzte
Station der Protestreise gegen Abschiebelager und ‑gefängnisse, die seit dem 20.
August quer durch die Bundesrepublik führte. Den Höhepunkt des Abschlußcamps bildete
eine Demonstration zum Abschiebegefängnis und durch das Zentrum der Stadt im
Südosten Brandenburgs. In Eisenhüttenstadt befinden sich die »Zentrale
Aufnahmestelle für Asylbewerber/innen« (ZAst) und die »Zentrale
Abschiebehaftanstalt« des Landes Brandenburg (ZABH) auf dem Gelände einer alten
Kaserne.
Begleitet von einem enormen Polizeiaufgebot, protestierten rund 300 Aktivisten aus
allen Teilen Deutschlands friedlich für die Abschaffung aller Lager und gegen die
rassistische Behandlung der Asylbewerber. Vor dem Abschiebegefängnis brachten
Teilnehmer der Tour eine Gedenktafel für die Todesopfer von Folterung und
Abschiebung an.
Reaktionen auf die Demonstrationen und Informationsveranstaltungen zur Lage der
Flüchtlinge von seiten der Eisenhüttenstädter gab es indes kaum. Zwar kam vereinzelt
Zuspruch, jedoch beteiligte sich kaum ein Ortsansässiger an der Demonstration. »Wir
arbeiten dafür, daß die Lage der Ausländer stärker ins gesellschaftliche Bewußtsein
dringt«, sagt Sabine Kern, die sich seit dem ersten sogenannten Grenzcamp 1998 in
Rothenburg bei Görlitz für die Rechte der Flüchtlinge und Migranten engagiert. Als
einen Teilerfolg sieht sie die intensive Zusammenarbeit von deutschen Aktivisten und
Flüchtlingen. Zum ersten Mal hätten auch Asylbewerber die Veranstaltungen
mitorganisiert.
Am Sonntag fanden zum Abschluß der Reise Aktionen und Veranstaltungen in
Eisenhüttenstadt und Frankfurt/Oder statt. Christopher Nsoh von der
Brandenburgischen Flüchtlingsinitiative und Helmut Dietrich von der
Forschungsgesellschaft für Flucht und Migration berichteten von den €päischen
Plänen, Flüchtlingslager im Umfeld von Krisengebieten einzurichten und über die
aktuellen Entwicklungen in der Migrationspolitik in Deutschland und Europa. Außerdem
stellten Heike Herzog und Eva Wälde ihr Buch »Sie suchten das Leben« vor, in dem
aufgezeigt wird, daß viele Selbstmorde von Flüchtlingen direkte Folge der deutschen
Abschiebepolitik sind.
Rechtsextremisten auf Wählersuche
Der Erfolg sollte binnen kürzester Zeit zum Absturz führen: Kaum war die
rechtsradikale DVU 1998 in den Magdeburger Landtag eingezogen, zerlegte
und zerlumpte sich die 16-köpfige Fraktion selbst: Die ahnungslosen
Volksvertreter fielen nicht nur durch dubiose Abspaltungen und peinliche
Rücktrittsforderungen gegen ihren Münchner Parteichef Gerhard Frey auf.
Hinzu kamen Berichte über Diebstahl aus der Fraktionskasse, Kinderpornos
auf dem Dienstcomputer und Strafanzeigen wegen Tierquälerei. Die Wähler,
die der DVU ihr Vertrauen schenkten, sahen ihre Stimmen rasch vergeudet.
Diese Erfahrungen mit rechtsextremistischen Parteien schrecken jedoch
offenbar nicht. So ist die NPD bei der Saarland-Wahl auf vier Prozent
gekommen. Sie habe sich an die Anti-Hartz-Kampagne der PDS gehängt und
profitiere mächtig davon, sagt der Dresdner Parteienforscher Werner
Patzelt. Ein Erfolg der NPD bei der Landtagswahl in Sachsen am 19.
September sei daher wahrscheinlich. Dass am selben Tag beim Urnengang in
Brandenburg die DVU erneut ins Potsdamer Parlament einziehen könnte –
diese Befürchtung verstärkt sich bei den demokratischen Parteien in
Brandenburg.
In Sachsen inszeniert die NPD eine Neuauflage des Spektakels von 1999.
Die Rechtsextremisten wollen erstmals den Dresdner Landtag erobern. Die
etablierten Parteien fürchten, dass es diesmal klappen könnte und manche
Wähler den Wahlschein zum Waffenschein machen wollen. Denn schon bei den
Kommunal- und Europawahlen im Juni in Sachsen hatte die NPD in mehreren
Orten mehr als 20 Prozent der Stimmen geholt. Zwar lag das landesweite
Ergebnis nur bei 0,9 Prozent, doch im Mittelwert der Hochburgen wie der
Sächsischen Schweiz, dem Muldentalkreis sowie den Kreisen Riesa, Meißen
und Freiberg waren es durchschnittlich 8,5 Prozent. Als ähnlich hoch
gilt landesweit die Bereitschaft, rechte Parteien zu wählen.
Eigentümliches Verhalten
Einmal im Parlament vertreten, bleiben Rechtsextremisten jedoch
wirkungslos. Everhard Holtmann, Politologe an der Uni Halle, erklärt:
„Protestparteien des rechten Randes zeigen, wenn sie einmal in
Parlamente gewählt sind, ein eigentümliches Verhalten.“ Sie versuchten
einerseits, bei der Protesthaltung zu bleiben, andererseits gebe es eine
„Überanpassung“ an die parlamentarischen Gepflogenheiten, weil sie den
Wählern Ergebnisse vorweisen müssen. Somit blockieren sich die Parteien
selbst.
Die Chancen der NPD für einen Einzug in den Landtag stiegen dennoch,
weil die DVU nach einer Absprache auf den Freistaat verzichtet und dafür
allein in Brandenburg antritt. Und auch die ehemalige Landesführung der
heillos zerstrittenen Republikaner, die bei der Kommunalwahl in Chemnitz
10,3 Prozent bekamen, ruft wie die DVU zur Wahl der NPD auf.
Ihre Wahlwerbung betreiben die ausländerfeindlichen Extremisten mit
großem Materialaufwand, müssen allerdings nachts zum Schutz ihrer
Plakate Wachen aufstellen. Die Partei, die vom Verfassungsschutz
beobachtet wird, hält sich dafür durch intensive Kontakte zur
gewalttätigen Skinheadszene das nötige Personal. Die Parteigänger geben
sich als starke Sachsen – auch wenn ihr Spitzenkandidat Holger Apfel aus
München stammt.
Die CDU will sich nun bemühen, am rechten Rand zu fischen und in
Vereinen und Verbänden vor Ort auf Stimmenfang zu gehen.
Ministerpräsident Georg Milbradt warnt zugleich vor den Folgen einer
Wahl von Rechtsextremisten: „Wir dürfen das Land nicht den radikalen
Parteien überlassen. Die verschrecken die Investoren und schaffen keinen
einzigen neuen Arbeitsplatz.“
Unterschätzte Rechtsextreme
Für den Brandenburger PDS-Landeschef Ralf Christoffers werden die
Rechtsextremen bei der Landtagswahl noch völlig unterschätzt. Er ist
nicht der einzige Politiker, der befürchtet, dass die rechtsextreme DVU
gegenüber der Landtagswahl 1999 zulegen könnte. Damals bekam sie 5,28
Prozent und zog mit fünf Abgeordneten in den Landtag ein. Diesmal könnte
der DVU, die das Land bereits mit 100 000 Plakaten überschwemmt hat, der
Frust über Hartz IV zugute kommen. „Geld spielt keine Rolle“, sagt der
DVU-Landeschef Sigmar-Peter Schuldt.
Finanziert wird die Kampagne laut Verfassungsschutz vom schwerreichen
Münchner Verleger der National-Zeitung Gerhard Frey. „Er gibt das Geld“,
erklärt Verfassungsschutz-Chef Heiner Wegesin. Zwar liegt die DVU in
Umfragen zurzeit unter fünf Prozent. Doch betonen Meinungsforscher, dass
sich viele in Telefonumfragen nicht als Wähler rechtsextremer Parteien
outen. Sollte die DVU tatsächlich deutlich zulegen, könnte bei einem
Wahlsieg der PDS sogar die absolute Mehrheit für die große Koalition
gefährdet sein.
Allerdings gibt es noch eine zweite rechtsextreme Grup-pierung, die in
den Potsdamer Landtag will: „Ja zu Brandenburg“. Mario Schulz, der sie
ins Leben rief, ist für den Verfas-sungsschutz ein alter Bekannter. Er
war NPD-Landesvorsitzender. Laut Wegesin hat er sich von der NPD
getrennt, weil sie ihm „nicht mehr völkisch genug war“, nachdem sie bei
der Europawahl einen Bosnier kandidieren ließ. Mit Schulz verließen vor
allem junge Neonazis die NPD. „Ja zu Brandenburg“ sei „klar
rechtsextremistisch, ihr Programm geht auf das der NSDAP von 1920 zurück“.
Alle großen Parteien fordern die Wähler unterdessen inständig auf, an
die Urnen zu gehen. Denn eine geringe Wahlbeteiligung könnte den
rechtsextremen Parteien rechnerisch zum Sprung in die Landtage von
Dresden und Potsdam verhelfen.
Forst: Hitlerbilder im Kofferraum
Forst (dpa) Bei der Ausreise aus Polen sind zwei Deutsche vom
Grenzschutz des Nachbarlandes festgenommen worden. Sie hatten im
Kofferraum ihres Autos ein Album mit Hitlerbildern, zwölf
Wehrmachtshelme, zwei Granatenhülsen und Bücher aus der Weltkriegszeit
mitgeführt. Der Vorfall habe sich bereits am Sonntag am Grenzübergang
Forst (Spree-Neiße) zugetragen, berichtet die “Märkische Oderzeitung”
unter Berufung auf den Bundesgrenzschutz.
“Die Aufmerksamkeit unserer Beamten hatten zunächst die Granaten
hervorgerufen”, sagte der Sprecher. Eine Überprüfung durch Experten habe
aber ergeben, dass die Hülsen keinen Sprengstoff enthielten. Der
Sprecher wies jedoch in diesem Zusammenhang darauf hin, dass auch die
Ausfuhr von Kunstwerken, Antiquitäten, Büchern und anderen Gegenständen,
die vor dem 9. Mai 1945 hergestellt wurden, nur mit Genehmigung des
Denkmalbeauftragten der jeweiligen Woiwodschaft beziehungsweise der
Warschauer Nationalbibliothek möglich sei. Die beiden Deutschen, die
polnischer Abstimmung sind und erklärt hatten, dass sie die Gegenstände
auf einem Basar gekauft hatten, seien deshalb verhaftet und gestern dem
Staatsanwalt vorgeführt worden. Dieser habe die Freilassung gegen
Kaution angeboten und ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Seelow — Wegen Betruges mit Chipkarten des Sozialamtes hat die Berliner
Staatsanwaltschaft Anklage gegen zwei Männer erhoben. Beschuldigt werden
ein 26-jähriger Bewohner eines Ausländerwohnheimes und ein 56-jähriger
Leiter eines Einkaufsmarktes. Durch die betrügerische Verwendung der
Chipkarten sei ein Schaden von 95 000 Euro entstanden, hieß es. Von
Januar 2003 bis Februar 2004 soll der 26-Jährige mehrere Dutzend der vom
Sozialamt Seelow (Märkisch-Oderland) an Bewohner des nahe gelegenen
Ausländerwohnheimes Kunersdorf ausgegebenen Chipkarten angekauft haben.
Die Chipkarten waren von der Behörde mit einem Betrag von 158,50 Euro
aufgeladen worden und sollten den Heimbewohnern zum bargeldlosen Einkauf
von Lebensmitteln dienen. Der 26-Jährige hat die Karten der Anklage
zufolge für 120 Euro in bar erworben und in einem Einkaufsmarkt in
Wriezen “eingelöst”. Dabei habe er hauptsächlich Telefonkarten erworben.
Der Marktleiter soll die Chipkarten als Bezahlung für die Telefonkarten
akzeptiert haben, um so den Umsatz seiner Filiale und seinen eigenen
Gewinn zu steigern.
Der jeweils auf der Chipkarte verbuchte Betrag wurde zum Nachteil des
Sozialamtes abgebucht. ddp
Biskys Büro von Neonazis demoliert
(ND) In der heißen Phase des Brandenburger Landtagswahlkampfes ging der Wahlkampfbus des
CDU-Wirtschaftsministers in Flammen auf und Rechtsextreme attackierten das Potsdamer
Büro von Lothar Bisky.
Potsdam (ND). Lothar Biskys Wahlkreisbüro im Potsdamer Viertel »Am Stern« ist am
Wochenende bereits zum zweiten Mal angegriffen worden. Rechtsextreme Täter
zerschlugen die Scheiben und das Mobiliar im Büro in der Galileistraße 37–39. Das
bestätigte am Montag Biskys Mitarbeiterin Jana Schulze.
Einen ersten Überfall hatte es schon vor zwei Wochen gegeben, wie nun erst bekannt
wurde. Bisky berichtete gestern über die Vorfälle. Er nannte es in diesem
Zusammenhang »unverschämt«, wenn die Sozialdemokraten der PDS den Auftrieb für
rechtsextreme Parteien zur Last legen. Auch die PDS hat laut Bisky kein Interesse
daran, dass Rechtsextreme aus den Protesten gegen Hartz IV Vorteile ziehen. Wenn
soziale Ängste den Rechten helfen, »dann ist das für uns schädlich«, stellte er
klar.
Bisky gewann bei der Landtagswahl 1999 den von DDR-Neubaugebieten geprägten
südlichen Potsdamer Wahlkreis. Beim Urnengang am 19. September bewirbt sich der
PDS-Vorsitzende nicht wieder um ein Direktmandat. Er steht lediglich auf Platz 2 der
Landesliste und will künftig nicht mehr Chef, sondern nur noch medienpolitischer
Sprecher der Landtagsfraktion sein.
Indes steckten Unbekannte den Wahlkampfbus des Brandenburger Wirtschaftsministers
Ulrich Junghanns (CDU) in Brand. Das Feuer wurde in der Nacht zum Montag von
Wachleuten entdeckt. Das Fahrzeug stand auf dem Privatgrundstück des Politikers in
Frankfurt (Oder). Es entstand ein Sachschaden von mehreren zehntausend Euro. Nach
Angaben der Polizei legten die Täter im Vorderraum und hinten im Bus Feuer.
Anschläge auf Biskys Büro
(TAZ) POTSDAM dpa Auf das Wahlkreisbüro des PDS-Vorsitzenden Lothar Bisky in
Potsdam sind innerhalb einer Woche zwei Anschläge verübt worden. In der
Nacht zum vergangenen Sonnabend wurden an der Terrasse des Büros im
Stadtteil Stern beide Fensterscheiben eingeschlagen, sagte eine
Polizeisprecherin am Montag der dpa. Schon in der Nacht zum 29. August
hätten Unbekannte die Fenster des Wahlkreisbüros beworfen. Das
Sicherheitsglas sei dabei zwar beschädigt worden, aber nicht zerbrochen.
In dem Haus, in dem auch verschiedene andere Einrichtungen untergebracht
sind, hält Bisky als Landtagsabgeordneter seine Bürgersprechstunden. Die
Polizei ermittelt in diesem Fall. In der PDS wird nach Angaben der
Sprecherin von einem rechtsextremistischen Hintergrund ausgegangen.
Bisky ist seit 1990 auch PDS-Fraktionschef im Potsdamer Landtag.
Zwei Moscheen gibt es in Potsdam, beide sind baulich weit
unspektakulärer als das stolze Minarett an der Neustädter Havelbucht,
das bekanntlich nur ein Maschinenhaus für die Sanssouci-Fontäne krönt.
Im Haus Weinbergstraße 21 residiert das von deutschstämmigen Muslimen
gegründete Weimar Institut. Dessen Vorsitzender war jahrelang der
Konvertit und Potsdamer Rechtsanwalt Andreas Abu Bakr Rieger. Er gibt
die nicht unumstrittene “Islamische Zeitung” heraus, die man an gut
sortierten Kiosken erwerben kann.
Die zweite Moschee “Mescid al Farouq” befindet sich an der Leipziger
Straße gegenüber dem Wasserwerk. Beim Schaufenster des früheren
Sanitärgeschäftes verhindern weiße Farbe und vergilbte Gardinen den
Durchblick, das Fenster im Hofgebäude wird von Lamellen verdunkelt. Die
Tür ist abgeschlossen. Doch bei den Freitagsgebeten treffen sich hier 50
und mehr Gläubige — Potsdamer und Berliner. Gegen ihren Vorbeter, einen
jungen Palästinenser, erhebt der CDU-Landtagsabgeordnete Sven Petke den
Vorwurf, er sei ein “Hassprediger gegen den Westen, seine Lebensweise
und die Ungläubigen”. Petke nennt ihn den “Kaplan von Potsdam”. Gegen
den Imam, der vor wenigen Monaten einen Älteren ablöste, werde auch
wegen einer Scheinehe ermittelt, so Petke.
Der innenpolitische Sprecher seiner Fraktion und Ex-Verfassungsschützer
kann sich auf Kontakte zu Sicherheitsexperten stützen. Er fordert die
Gemeinde zu mehr Transparenz auf, Religionsfreiheit vertrage sich nicht
mit Abschottung. In Sicherheitskreisen werden seine Vorwürfe auf Anfrage
bestätigt. Man könne “nicht ausschließen, dass man sich für die Vorgänge
in der Moschee bereits interessiert”, heißt es.
Eigentümer des Hauses ist die Gewoba. Geschäftsführer Horst
Müller-Zinsius zeigte sich gestern von Petkes Informationen überrascht.
Man habe den 79 Quadratmeter großen Laden auf Bitte der
Ausländerbeauftragten an einen Verein Potsdamer Muslime auf den Namen
Kamal Abdallah vermietet. Der Verein habe wegen Sanierung der
Gutenbergstraße 71 ein neues Domizil gesucht.
Hala Kindelberger vom Deutsch-Arabischen Länderkreis der
Berlin-Brandenburgischen Auslandsgesellschaft bezeichnet Petke als
“ignorant”. Die Ägypterin sagte, sie habe selbst Freunde, die regelmäßig
in die Moschee gingen. Von Hasspredigten könne keine Rede sein.
Natürlich versuchten Muslime, den Islam im Herzen zu bewahren in einer
unislamischen Welt. Vielleicht habe es auch “zornige Äußerungen”
gegeben, weil man weniger Hilfe als andere Glaubensgemeinschaften
bekomme. Sie werde versuchen, ein Gespräch Petkes mit dem Imam zu
ermöglichen. V.Kl.
Potsdam — Mit dem Eierwurf auf den Kanzler in Wittenberge fing es an, mittlerweile gehören Auseinandersetzungen jenseits der politischen Debatte im Landtagswahlkampf schon fast zur Tagesordnung. Jüngstes Opfer ist der CDU-Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns. Dessen Wahlkampfbus wurde am Montag früh von Unbekannten vor seinem Privathaus angezündet und vollständig zerstört. Das Landeskriminalamt hat die Ermittlungen übernommen. Vor dem Hintergrund der Proteste gegen die Hartz-Reformen waren bisher vor allem SPD-Politiker Ziel auch tätlicher Angriffe. Regelmäßig wird der Parteichef und Ministerpräsident Matthias Platzeck auf Kundgebungen ausgepfiffen. “Bei seinen Wahlkampfauftritten in Schwedt, Spremberg und Senftenberg wurden Eier geworfen”, sagt SPD-Landesgeschäftsführer Klaus Ness. Platzeck sah sich sogar genötigt, die Bürger in Senftenberg per offenem Brief zu ermahnen. “Wir haben Probleme an den Orten, wo auf Montagsdemonstrationen aggressiv dazu aufgerufen wird, unsere Kundgebungen zu stören”, berichtet Ness. Oftmals seien Neonazis von der NPD oder der rechtsextremistischen Wehrsportgruppe “Märkischer Heimatschutz” am Rande der Veranstaltung präsent. “Das habe ich in früheren Jahren nicht erlebt”, so Ness, der seit 1994 alle Brandenburger SPD-Wahlkämpfe leitet. Besonders sauer sind die märkischen Sozialdemokraten jedoch über die PDS, der die Proteste gegen Hartz IV unverhofften Zulauf beschert haben. “In mehreren Städten haben PDS-Kandidaten zu Störaktionen auf unseren Kundgebungen aufgerufen”, sagt Ness. “Mittlerweile sind sie wohl selbst erschrocken über die Folgen und haben sich etwas zurückgenommen.”
Ein Vorwurf, den die Linkssozialisten entschieden zurückweisen. “Es gibt keinen Aufruf eines PDS-Gremiums zu irgendwelchen Störungen”, sagt Parteisprecherin Maria Strauß. Mittlerweile sind die Postkommunisten auch selbst Ziel von Attacken geworden. Bereits zweimal wurden im Bürgerbüro des Parteichefs Lothar Bisky in einem Potsdamer Plattenbauviertel die Scheiben eingeworfen. Auch Möbel seien zertrümmert worden, teilte Bisky mit. Der Fraktionsvorsitzende im Landtag vermutet Rechtsextremisten als Täter. “Wir ermitteln in alle Richtungen”, sagt dagegen Kathrin Frede von der Potsdamer Polizei. Die CDU hat ebenfalls einschlägige Erfahrungen mit Neonazis gemacht. “Zum Wahlkampfauftakt mit der Parteivorsitzenden Angela Merkel in Cottbus haben mehrere Rechte mit dem Megafon immer wieder dazwischen geblökt”, berichtet CDU-Sprecher Rüdiger Scholz. Davon dürfe man sich nicht abschrecken lassen. Wirtschaftsminister Junghanns erstattete wegen des Brandanschlages auf seinen Wahlkampfbus Strafanzeige. Ansonsten will er sich aber nicht beeindrucken lassen.
Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) verurteilte die Tat ebenso wie Regierungssprecher Thomas Braune als kriminellen Akt. Über beschmierte Wahlplakate will sich angesichts der Radikalisierung im Wahlkampf kaum ein Politiker mehr erregen. “Davon sind alle Parteien betroffen. Wir haben unzählige Fälle von Diebstahl, Zerstörung oder Beschädigung festgestellt”, so Toralf Reinhardt vom Landeskriminalamt.
Rechtsextreme angelockt
Bernau. In die rechte Ecke möchten sich die Landtagskandidaten von “PRO
Brandenburg”, Dirk Wesslau und Thomas Strese, nicht gestellt sehen.
Doch ihrem Aufruf zu einer Demostration gestern auf dem Marktplatz folgte
einzig der “Märkische Heimatschutz”, eine absolut rechtsextreme
Gruppierung. Strese sagte dann zwar seine Demo ab, aber die Rechtsetremen
zogen mit Transparenten durch Bernau. Die Polizei musste mit einem
großen Aufgebot vor Ort sein.
Rechtsextremes Konzert wurde verhindert
Bernau. Die Polizei löste am späten Sonnabendabend in Schönow eine
geplante Veranstaltung auf. Vor der Gaststätte “Alter Dorfkrug” hatten
sich etwa 80 Aktivisten und Sympathisanten der Szene aus dem ganzen
Bundesgebiet versammelt. Dort sollte eigentlich der rechtsextrem
Liedermacher Michael Müller auftreten. Nachdem klar wurde, welchen
Charakter die Veranstaltung haben sollte, wurde den Leuten von der Polizei der Zutritt zu dem Räumlichkeiten verwehrt. Bei Konrollen stellte die Polizei viele bereits aktenkundige Personen fest. Die Jugendlichen fuhren dann Richtung Heckelberg (MOL), wo ihnen auch ein Platzverweis erteilt wurde. Die Polizei war mit mehreren Fahrzeugen im Einsatz.