BELZIG — Belaid Baylal war ein lebendiger, kraftvoller Mensch, couragiert, voller Ideale und kaum zu brechen. Dennoch wurde er zerbrochen. Ausgerechnet dort, wo er sich sicher wähnte, geschützt vor Folter und Verfolgung, Verurteilung oder gar Tötung. Sein Berliner Anwalt Martin Robert las anlässlich eines von der Belziger Jugend-Antifa-Gruppe organisierten Forums im Jugendfreizeitzentrum Pogo aus autobiografischen Aufzeichnungen, die ihm sein Mandant für sein Asylrechtsverfahren zur Verfügung gestellt hatte.
Der marokkanische Gewerkschafter, Mitglied der Partei für Fortschritt und Sozialismus, hatte in den 80er-Jahren in seiner nordafrikanischen Heimat für die Einheit von Arbeitern und Bauern, gegen feudale Arbeitsverhältnisse und die korrupte Verwaltung gekämpft, hatte Streiks organisiert und war dafür mehrfach in Haft genommen und gefoltert worden. Schließlich gelang ihm eine mehrjährige Flucht über Algerien und Libyen.
Als blinder Passagier kommt er 1991 nach Deutschland und wird ins Belziger Asylbewerberheim eingewiesen. In einer Belziger Gaststätte, in der er abends mit einem Freund ein Bier trinken will, ereilt ihn sein Schicksal. Rechte Jugendliche schlagen und treten auf ihn ein, Baylal trägt schwere Darmverletzungen davon, deren Verwachsungen mehrfach Darmverschlüsse auslösen und Notoperationen erfordern. Im November 2000 kommt nach einem erneuten Darmverschluss jede ärztliche Hilfe zu spät (MAZ berichtete).
Die beiden Täter waren nach dem Übergriff zu einer fünfmonatigen Bewährungsstrafe bzw. zu Arbeitsstunden und einer Geldbuße verurteilt worden. “Das war Anfang der 90er, als rechte Jugendliche als verwirrte und perspektivlose Einzeltäter galten”, sagt die Berliner Journalistin Heike Kleffner, die den Tod Belaid Baylals im Rahmen einer Dokumentation über Opfer rassistisch motivierter Übergriffe recherchierte und das Pogo-Forum am Donnerstagabend moderierte.
Darin ging es vor allem um den Stein, dessen Errichtung heute Abend auch Gegenstand einer Debatte im Belziger Hauptaussschuss sein wird. Enttäuscht darüber, dass die im “Fläming-Echo” abgedruckte Geschichte Belaid Baylals ohne Nachhall geblieben war, hatte die Jugend-Antifa-Gruppe im April die Aufstellung eines Gedenksteins angeregt. Er soll neben dem vorhandenen Stein an der Post stehen und nicht nur mahnende Erinnerung sein.
Als “Stein des Anstoßes” soll er auch neue Auseinandersetzungen über die alltägliche, bürgerliche Form des Rassismus ermöglichen, die beispielsweise der ebenfalls im Podium vertretene Kameruner Jean-Marce Banoho in bösen Blicken und Bemerkungen auf der Straße erfährt oder deretwegen er sich wie viele Andersfarbige nachts nicht allein auf die Straße traut. “Aber wie soll man in der Belziger Bevölkerung Interesse für einen Toten wecken, wenn es nicht einmal eine Brücke zu den lebenden 200 Asylbewerbern in der Stadt gibt”, fragte ein Zuhörer. Niemand der Anwesenden hatte Belaid Baylal persönlich gekannt, obwohl er fast ein Jahrzehnt in Belzig lebte. Mit dem Stein und der damit verbundenen Lebensgeschichte, so sagt sein Anwalt, könnte Baylal eine späte Menschwerdung erfahren.
Und auch die Stadt selbst habe den Stein nötig, so die einhellige Meinung im Auditorium. Als Eingeständnis und Signal der Nichtduldung jedweden Rassismus. Denn, so ging aus etlichen Schilderungen der Diskussionsteilnehmer hervor, es bahnen sich neue Spannungen in Belzig an. So wurde von Ausfällen gegen Spätaussiedler im Klinkengrund und über neue Treffpunkte rechter Jugendlicher in der Altstadt berichtet. Martin Kunze aus der Stadtverwaltung notierte sich die laut gewordenen Vorwürfe wegen städtischer Untätigkeit und Sprachlosigkeit. Er war es, der 1997 das Belziger Forum gegen Rechtsextremismus und Gewalt initiiert hatte. Es sehe ganz so aus, so der Beigeordnete, als ob es einer neuen Runde bedarf.
Potsdam zeigt Flagge
Potsdam (ddp-lbg). Mehrere hundert Menschen haben am Samstag in Potsdam Flagge gegen Rechts gezeigt. Zu der Kundgebung gegen einen Aufmarsch der rechtsextremen NPD hatten mehrere gesellschaftliche Gruppen und Organisationen aufgerufen, darunter der AStA der Universität Potsdam und die Stadtverwaltung.
Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) betonte bei der Veranstaltung auf dem Alten Markt, das Thema Rechtsextremismus bliebe weiterhin «hoch aktuell». Dies beweise der Mord an dem 17-jährigen Schüler im uckermärkischen Potzlow. Bei dieser Tat hätten Rechtsextremismus, Intoleranz und Gewaltbereitschaft ohnegleichen Pate gestanden. Es gebe daher «nicht den allergeringsten Anlass», im Kampf gegen Rechts nachzulassen.
Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) verwies darauf, dass die NPD weitere Aufmärsche in Potsdam angekündigt habe. Er warnte davor, dass die brandenburgische Landeshauptstadt mit der Symbolik der NPD in Verbindung gebracht wird. Daher sei die Stadt darauf angewiesen, dass möglichst viele Menschen gegen Rechts auf die Straße gehen.
Gegen den NPD-Aufmarsch hatte es bereits im Vorfeld heftigen Widerstand gegeben. Das Potsdamer Polizeipräsidium hatte die durch den NPD-Landesverband Berlin-Brandenburg angemeldete Kundgebung unter zahlreichen Auflagen genehmigt.
POTSDAM In der Auseinandersetzung um sein umstrittenes Interview mit der Wochenzeitung “Junge Freiheit” (JF) steht Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) nicht allein auf dem öffentlich-medialen Schlachtfeld.
Der israelische Schriftsteller Ephraim Kishon nimmt die Publikation auf deren Internet-Seite gegen den Vorwurf in Schutz, sie sei rechtsextrem: “Ihr niveauvolles Blatt ist nicht radikal, es ist nicht einmal, was man “rechts” nennt, sonst hätte ich Ihnen kein Interview gegeben”, bemerkt der Satiriker. Focus-Chefredakteur Helmut Markwort pflichtet bei: “Für mich ist die Junge Freiheit ein Medium, das innerhalb des demokratischen Systems steht.” Dass der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz die “Junge Freiheit” in seinen Jahresberichten erwähnt, hat nach Markworts Auffassung damit zu tun, dass die Behörde alles beobachte, “was nicht auf dem linken Flügel der SPD beheimatet ist”.
Vermutlich wird man dort vergeblich suchen, was die “Junge Freiheit” auf ihrer Internetseite vorstellt: Das zum Verkauf angebotene Buch “Die Hitler-Jugend” von Herbert Taege wird mit den Worten gelobt: “Der Autor schildert in diesem durch und durch ehrlichen Buch den Idealismus der Jugend und den Geist, das sittliche Wollen und die Erziehungsideale dieser Organisation.”
Angepriesen werden auch “Hitlers Briefe und Notizen”. Das Buch, heißt es, zeige, “was Hitler empfand und dachte, wenn er nicht die Absicht hatte, seine Umwelt zu beeinflussen. Diese Dokumente stehen oft in krassem Gegensatz zu jenem Bild, das Hitler aus propagandistischen Gründen von sich entwarf.”
Problemlos lassen sich von der Internet-Seite der “Junge Freiheit” auch Poster auf den privaten Heimcomputer herunterladen. Sie zeigen die Propaganda-Regisseurin des Nationalsozialismus, Leni Riefenstahl, sowie Ernst von Salomon. Der Freikorpskämpfer wurde 1922 wegen seiner Beteiligung an der Ermordung von Reichsaußenminister Walter Rathenau, der jüdische Vorfahren hatte, zu einer fünfjährigen Zuchthausstrafe verurteilt.
Die schärfste Kritik an der JF formuliert das nordrhein-westfälische Landesamt für Verfassungsschutz. Das Blatt sei “der Neuen Rechten zuzurechnen, einer um Intellektualisierung bemühten geistigen Strömung innerhalb des Rechtsextremismus”, notieren die Düsseldorfer Geheimdienstler in ihrem Bericht für 2001. Die “Neue Rechte” vertrete “insbesondere antiliberale, antidemokratische, revisionistische und nationalistische Ideen”.
Ähnlich bewertet das Landesamt für Verfassungsschutz in Baden-Württemberg die JF: Sie müsse “als ein wichtiges publizistisches Bindeglied zwischen dem rechtskonservativen und dem rechtsextremen Spektrum angesehen werden”. Die Zeitung “veröffentlicht zahlreiche Beiträge, mit denen versucht wird, dem freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat die Legitimation abzusprechen”. Beispielsweise, so das Bundesamt für Verfassungsschutz, “bezeichnete ein Stammautor die Bundesrepublik Deutschland als heuchlerischsten und verlogensten Staat, der jemals auf deutschem Boden existiert habe”. Fazit der Kölner Bundesbehörde: “Die JF bot damit auch 2001 ein Forum für rechtsextremistische Meinungsäußerungen und trug insofern weiterhin zur Erosion der Grenze zwischen rechtsextremistischen und demokratisch-konservativen Positionen bei.”
Nicht nur Verfassungsschützer üben Kritik an der JF. Ähnlich hat sich auch das Oberverwaltungsgericht in Münster in seinem Beschluss vom 22. Mai 2001 (5 A 2055/97) geäußert. Verschiedene Veröffentlichungen in der JF ließen “tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen erkennen, die gegen das Demokratieprinzip gerichtet sind”, gibt der Verfassungsschutzbericht den Gerichtsbeschluss wieder. “Überdies ergebe sich das Bild einer die Menschenwürde und das Diskriminierungsverbot missachtenden fremdenfeindlichen und antisemitischen Ausrichtung”, zudem würden bisweilen “die Opfer des Holocaust in zynischer Weise herabgewürdigt”. Das Gericht monierte darüber hinaus die Veröffentlichung einer “größeren Anzahl antidemokratischer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Beiträge” in der Zeitung.
Dennoch kommen in der JF nicht nur Personen zu Wort, die eindeutig dem rechtsgerichteten bis rechtsextremen Spektrum (wie NPD-Funktionär Steffen Hupka) zuzurechnen sind. Interviewt werden oft auch Personen aus der Mitte der demokratischen Gesellschaft. Diese Scharnierfunktion offenbart nach Auffassung von Geheimdienstlern das strategische Konzept der JF. Die eigentlichen politischen Ziele sollen “nicht immer offen genannt und verfolgt werden”, vielmehr solle “rechtsextremistisches Gedankengut möglichst verschleiert transportiert werden”.
Der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman, wirft Schönbohm deshalb vor, durch sein Interview die “Junge Freiheit” lesbar für bürgerliche Schichten zu machen. “Das ist unverantwortlich”, so Friedman.
NPD-Demo stoppen!
Aufruf zur Antifakundgebung am Sa, 23. November in Potsdam
Gegenkundgebung:
“Gegen Faschismus und Krieg!”
9 Uhr
Am Alten Markt
Am 14.9.2002 versuchte die NPD mit einer Demonstration unter dem Motto
“Stoppt die Masseneinwanderung russischer Juden; Deutschland uns
Deutschen!” ein Bein auf Potsdamer Asphalt zu setzen. Damals konnten die
Nazis mit ihren
fremdenfeindlichen Parolen keinen Blumentopf gewinnen, für die ca. 75
Nazis aus Potsdam und Umland war das wohl eher ein Reinfall. (Siehe auch:
Inforiot-Sonderseite)
Für Samstag, den 23.11.2002 wollen sie wieder in Potsdam marschieren,
diesmal allerdings als eine Friedensdemonstration unter dem Motto: “Gegen
US-Terror; kein Blut für Öl!”. Dass die NPD kein Interesse an
kriegerischen Zuständen hat, wird durch ihre Verehrung für Militaristen
(Waffen-SS, Wehrmacht) und ihrer Fremdenfeindlichkeit überdeutlich belegt.
Der heuchlerische Versuch, nächsten Samstag auf der Antikriegswelle mit zu
schwimmen, um durch die Hintertür Jugendliche und Bürger für ihre
nationalistische Propaganda zu gewinnen, wird auch diesmal scheitern.
Die NPD ist keine Friedenspartei! Einige Potsdamer Mitglieder machen dies
auch praktisch jedem klar, der nicht
so denkt oder aussieht, wie sie es gerne hätten (z.B. abends am
Hauptbahnhof). In letzter Zeit ist es in Potsdam wieder vermehrt zu
rassistischen Überfällen gekommen. Die Verantwortlichen wollen jetzt gegen
Krieg in Potsdam demonstrieren?!
Es darf nicht sein, dass nach knapp 10 Jahren Naziaufmärsche in Potsdam
wieder zur Normalität werden. Darum geht auf die Straße und zeigt den
Nazis wo sie hingehören.
Wir lassen uns nicht verarschen!
NPD in die Havel!
Infos
Es gibt eine Sonderseite zum Aufmarsch:
zusätzlich wird ab spätestens Samstag früh ein Antifa-Infotelefon geschaltet sein:
0177.876.79.69
Auf www.stadtplan-potsdam.de gibts einen Stadtplan von Potsdam.
Neuigkeiten:
(Inforiot, 22.11.): Nächste Nazidemo in Potsdam bereits für den 21.12. angekündigt
(RH, 22.11.): Rote Hilfe fordert Grundrechte für Anti-NPD-Protest ein
(MAZ, 22.11.): Zahl rechtsextremer Straftaten hat sich in Potsdam verdoppelt
(MAZ, 22.11.): NPD darf unter Auflagen marschieren
(AStA, 21.11.): Aufruf gegen die NPD-Demo des AStA der Uni Potsdam
(MAZ, 21.11.): Gegen-Demos angemeldet
(Volxini, 20.11.): Polizeikontrollstelle gegen Behinderungen antifaschistischer Gegendemonstrationen
(MAZ, 20.11.): NPD meldet
Aufmarsch in Potsdam an
Halbe und kein Ende: Die Nazis um Christian Worch haben angekündigt, zwei Demos im Land Brandenburg durchführen zu wollen. Das ganze ist eine Reaktion auf das Verbot des Naziaufmarschs am 17. November in Halbe.
14. Dezember — Teupitz
Gegen den Amtsdirektor Oncken des für Halbe zuständigen Amtes Schenkenländchen soll sich die erste Aktion richten: Die Nazis wollen “Druck aufbauen” und die Absetzung des Beamten fordern, da dieser sie beim Hickhack um die Demoanmeldung ungerecht behandelt habe.
Diese Aktion soll am Samstag, dem 14. Dezember, in Teupitz (nahe Königs Wusterhausen) stattfinden.
21. Dezember — Potsdam
Den zweiten Aufmarsch planen die Nazis für Samstag, den 21. Dezember ab 12 Uhr in Potsdam. Motto: “Schickt Schönbohm in die Wüste”. Gegen den Brandenburger Innenminister wollen die Faschisten demonstrieren, da er unmittelbar für das Verbot ihres geplatzten Heldengedenkens verantwortlich sei.
Als Reaktion auf den Mord an dem 17jährigen Marinus gibt es am Samstag, den 30.11.02 eine Kundgebung und Demonstration in Potzow/Prenzlau
Potzlow ist überall — dem Rechten Konsens entgegentreten
unter diesem Motto mobilisiert die Antifaschistische Aktion Berlin sowie weitere Antifa-Gruppen aus Berlin und Brandenburg in die Uckermark.
13 Uhr Kundgebung
in Potzlow/Strehlow gegen die akzeptierende Jugendarbeit vor Ort
15 Uhr Demonstration
in Prenzlau gegen die rechte Hegemonie sowie dem alltäglichen Rassismus
Weitere Infos folgen auf Inforiot und den Seiten der Antifa Aktion Berlin.
Anreiseinfos von Berlin aus
Von Berlin aus wird es einen Bus und PKW-Konvoi geben: Treffpunkt: 11.00 Uhr Park and Ride Platz am S‑Bhf. Heinersdorf
Busfahrkarten ab Montag, den 25.11. im Buchladen “Schwarze Risse” im Mehringhof, Gneisenaustr. 2a
Da es vermutlich nur drei Busse aus Berlin geben wird, sollen möglichst viele mit dem PKW zum Park and Ride Platz am S‑Bhf. Heinersdorf kommen. Von dort aus fahren wir gemeinsam nach Potzlow
Zur Demo in Prenzlau kann man auch mit dem Wochenendticket fahren, Treffpunkt: 12.45 Uhr Ostbahnhof
Eine Schule in Brandenburg hat ganz unterschiedliche Herausforderungen zu bestehen. Geburtenschwache Jahrgänge und damit sinkende Schülerzahlen stellen eventuell sogar ihre Existenz in Frage. Darum kann der gute Ruf für eine Schule überlebenswichtig sein. Der hängt nicht nur von einem ansprechenden Bildungsniveau ab, sondern auch davon, mit welchem Mut Probleme angegangen werden.
Was tun, wenn z.B. rechtsextremistische Publikationen an der Schule auftauchen? So jüngst wieder geschehen in Cottbus. Soll man darüber reden oder die Angelegenheit mit Schweigen bedecken?
Unterschiedliche Herangehensweisen
Nicht gut beraten sind Schulleitungen, die meinen, die Sache sei durch Stillschweigen aus der Welt zu schaffen. Vielleicht merkt ja niemand etwas! Damit sei dem Ruf der Schule am ehesten gedient. Doch dabei nimmt man in Kauf, dass die Probleme im Verborgenen weiterschwelen und sich vielleicht zu einem Flächenbrand entwickeln.
Deshalb ist es auf jeden Fall besser, genau hinzuschauen und das Problem deutlich zu benennen. Kurzfristig mag solche Offenheit Nachteile mit sich bringen. Aber mittel- und langfristig ist sie eindeutig die klügere Wahl. Denn auf diese Weise kann, um im Bild zu bleiben, der Brandherd ein für alle Mal gelöscht werden.
Die eingangs erwähnte Cottbuser Schule lieferte jüngst ein bemerkenswert positives Beispiel für ein umsichtiges und aufgeschlossenes Herangehen. Sie teilte das Auftauchen rechtsextremistischer Propaganda an der Schule dem Verfassungsschutz mit.
Was war geschehen?
Einem volljährigen Schüler, der sich offen zu seiner rechtsextremistischen Überzeugung bekennt, wurde von der Schulleitung rechtsextremistisches Propagandamaterial abgenommen. Dabei handelt es sich um die neonazistischen Publikationen “Mitteldeutsche Jugend Zeitung” (MJZ) und “Der Fahnenträger”.
Der Fund ist ein neuerlicher Beleg dafür, dass rechtsextremistische Gruppen ihren Nachwuchs auch unter Schülerinnen und Schülern suchen. Dazu verbreiten sie vor und auf den Schulhöfen Propagandamittel. Sobald jemand aus der Schülerschaft geködert worden ist, soll der gleich als Multiplikator unter seinen Altersgenossen werben.
In den 90er Jahren gab es in verschiedenen Teilen Brandenburgs neonazistische Schülergruppen, die sogar eigene Blättchen druckten. Heute ist dergleichen nicht zu sehen. Aber in benachbarten Bundesländern agieren durchaus rechtsextremistische Schülervereinigungen. Außerdem erscheinen neonazistische Jugendzeitschriften, die selbstverständlich auch Schüler ansprechen wollen.
Die “Mitteldeutsche Jugend Zeitung” (MJZ) und “Der Fahnenträger” sind Beispiele dafür. Der “Fahnenträger” wird von der “Kameradschaft Usedom” herausgegeben; die an der Cottbuser Schule festgestellte Ausgabe ist bereits über ein Jahr alt. Auf die MJZ sei näher eingegangen, denn für sie zeichnet ein Brandenburger verantwortlich.
“Mitteldeutsche Jugend Zeitung”
Gordon Reinholz, ein führender Neonazi im Nordosten Brandenburgs, wird im Impressum der MJZ ausdrücklich genannt. Seit seinem Austritt aus der “Nationaldemokratischen Partei Deutschlands” (NPD) konzentriert er seine Arbeit auf den “Märkischen Heimatschutz” (MHS). Dabei handelt es sich um einen Kameradschaftsverbund, dem im Barnim, der Uckermark und im Kreis Märkisch-Oderland insgesamt etwa 40 Mitglieder verschiedener neonazistischer Kameradschaften angehören. Aber auch überregional bemüht sich Reinholz um die Vernetzung der Neonaziszene.
Die MJZ erscheint seit Ende 2001. Inzwischen liegt die 5. Ausgabe vor. Die Auflage umfasst nach eigenem Bekunden 300 Exemplare. Im Gegensatz zu manch rechtsextremistischer Schülerzeitung versteckt die MJZ ihren weltanschaulichen Charakter nicht. Dem Leser springt bereits auf dem Titelblatt der Nr. 5 das Konterfei des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß entgegen.
Die Zeitung umfasst eine vierseitige Einlage namens “Der lokale Patriot. Mitteilungsplattform für nationale Jugendgruppen aus Mitteldeutschland”. An ihr wirken 13 Gruppen mit; die meisten aus Sachsen, drei aus Brandenburg: “Lausitzer Front” aus Guben, MHS mit Sitz in Eberswalde und die Kameradschaft Cottbus. Das Titelbild der Einlage zeigt einen Hitlerjungen, einen SA-Mann und einen Wehrmachtssoldaten, die aus strahlendem Glanz kommend auf den Betrachter zu marschieren, dazu passend die Parole: “Damals wie heute!”
Die Publikation beschäftigt sich mit jugendspezifischen Themen wie Schule, Jugendsozialarbeit, Rauchen, Alkohol, Markenlabels, Abwanderung der Jugend nach Westdeutschland, geht auf die Hochwasserkatastrophe ein, kritisiert tendenziös die Einwanderungspolitik, den “Überwachungsstaat” und die Antifa. Außerdem finden sich Berichte über rechtsextremistische Veranstaltungen, vor allem Demonstrationen und Sonnenwendfeier.
Die Artikel weisen “journalistisch” ein sehr unterschiedliches Niveau auf; nicht alle sind eindeutig rechtsextremistisch geprägt. Fremdenfeindlichkeit und Systemverdrossenheit schwingen jedoch auf jeder Seite mit.
Besonders krass ist ein im “Stürmer”-Stil gehaltener Artikel. Er wurde von einem gewissen “Wolfswind” pseudonym verfasst. Augenscheinlich ist der Autor im Umfeld der NPD zu suchen, denn er ruft zur Wahl dieser vom Verbot bedrohten Partei auf.
Der Artikel trägt die Überschrift “Der Vernichtungskrieg geht weiter”. Aufhänger ist die Wiedereinreisegenehmigung für den türkischstämmigen jugendlichen Serientäter “Mehmet”. Sie dient dem Autor als Beleg für die altbekannte neonazistische These eines “lange geplanten Völkermordes an Deutschland (…) mittels Totaldurchrassung und zwangsweiser (…) Massenüberfremdung”. Der Autor tischt seinen jugendlichen Lesern die revisionistische Lüge auf, nicht die Deutschen hätten den Völkermord an den Juden verbrochen, sondern umgekehrt die Juden an den Deutschen. “Gemäß der jüdischen Holocaustrezepturen waren und sind es die fremdrassigen Exoten, die man ins überdicht besiedelte Rumpf-Deutschland fluten ließ und läßt.” Dieses “Umvolkungspotential” besäße “Narrenfreiheit”, natürlich auf Kosten deutscher Steuerzahler. Der angebliche Beweis: “Oder kennt jemand einen ach so armen Neger oder sonstigen Asylanten ohne das obligatorische Handy im bekannt billigen Dauertelefonat am Ohr?” Der Autor lässt sich von seinen Hasstiraden derart hinreißen, dass er nicht einmal merkt, wie widersprüchlich seine Aussagen ihm geraten. Am Ende klagt er gar: “(…) wer als Deutscher in Deutschland die Mißstände zur Sprache bringt, der wird von diesen Volksverrätern und Diätenbonzen als “ausländerfeindlich” beschimpft.”
Der Verfassungsschutz wertet solche Publikationen gründlich aus. Die Strafbarkeit des zitierten Artikels wird überprüft.
Das jüngst geschändete Denkmal in Leegebruch soll schon seit über zwei Jahren beseitigt werden. Da dies bisher nicht geklappt hat schritten jetzt einige Leegebrucher wohl zur Selbsthilfe. Um Ostern 2000 fand in Leegebruch eine Kundgebung für den Erhalt des Denkmals statt. Wir dokumentieren hier den Redebeitrag dieser Kundgebung, der nichts von seiner Aktualität verloren hat.
Hände weg vom antifaschistischen Denkmal in Leegebruch!
Z. B. in Leegebruch. Da steht ein Denkmal für die KZ-Häftlinge, die im ehemaligen Außenlager Heinkel-Werke des KZ Sachsenhaausen Zwangsarbeit leisten mußten. Das Denkmal ist sanierungsbedürftig, was allein schon viel
über die Bereitschaft der Leegebrucher aussagt, ein ehrendes Gedenken an die KZ-Opfer zu bewahren. Aber da man irgendwie um eine kostenintensive Sanierung nicht herumkommt, könnte man das Denkmal ja auch zeitgemäßer gestalten, dachte sich die CDU. Schließlich fehlt in Leegebruch ja ein Kriegerdenkmal und die DDR war ja auch mindestens ebenso schlimm wie der Nationalsozialismus: “Den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft”, also den
deutschen Landsern, die sich in der Sowjetunion den Arsch abfrieren und massenweise Juden erschießen mußten, sind ja auch irgendwie Opfer und die DDR
war mindestens ein “Auschwitz in den Seelen” (Jürgen Fuchs). Dieser Meinung
war auch mit 7 zu 4 Stimmen eine parteiübergreifende AG, die Ende März
vorschlug, das Denkmal in diesem Sinne umzugestalten. Solche dreiste
Relativierung der NS-Verbrechen und Verhöhnung der NS-Opfer wäre unter
sowjetischer Besatzung nicht denkbar gewesen.
Doch zum Glück gibt es auch
heute noch ähnlich diktatorische Institutionen, die mit totalitären Methoden
der demokratischen Erinnerungskultur der Deutschen Grenzen setzen. In Leegebruch übernimmt diese Funktion der Denkmalschutz, der von dem SPD-Politiker und Heimatgeschichtler Dr. Stephan Langen Ende März im
Alleingang alarmiert wurde. Der Vorsitzende der Gemeindversammlung jammert: “Wenn das Mahnmal unter Denkmalschutz gestellt wird, bleibt für uns kein
Spielraum mehr”, und das ist gut so! Für uns ist die Erhaltung antifaschistischer Mahnmale keine Frage von Mehrheitsentscheidungen der Deutschen, bzw. der Leegebrucher. Sie ist eine Verpflichtung den aus fast
allen Ländern Europas stammenden ehemaligen KZ-Häftlingen gegenüber.
Der Leegebrucher Denkmalsturzversuch will aber eigentlich nur nachholen was für die BRD als ganze schon längst gilt. In der nationalen Gedenkstätte, der Neuen Wache in Berlin, wird seit Jahren “den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft” gedacht. Die “demokratische Erinnerungskultur der Deutschen” integriert somit auf unerträgliche Weise das Schicksal gefallener SS-Männer und vergaster Juden. Dem ist nur mit undemokratischen Mitteln
beizukommen! Wir wünschen den ansonsten abscheulichen Bürokraten im Amt für Denkmalschutz viel Erfolg.
Wir kommen allerdings nicht nur wegen des Mahnmalsstreits nach Leegebruch, sondern auch, weil es hier eine besonders starke Vorherrschaft rechtsradikaler Jugendlicher gibt. Sie pöbeln und schlagen nach allem Fremden und nicht-arischem. Für Menschen mit dunkler Hautfarbe, mit bunten Haaren
oder für Schwule ist Leegebruch ein absoluter Gefahrenbezirk. Doch ein öffentliches Problem ist das in Leegebruch nicht. Die Eltern stellen sich vor ihre Kinder und kümmern sich ansonsten um den Sturz antifaschistischer
Mahnmale.
Vor kurzem äußerte sich Polizeipräsidiumssprecher Rudi Sonntag im Zusammenhang mit einer geplanten NPD-Veranstaltung in der Weise, dass dann, wenn sich linke Demonstranten planmäßig mit Spruchbändern in Potsdam versammeln, diese nicht mehr den Schutz einer anmeldefreien Spontandemonstration genössen. In der Tat geht die Polizei in Potsdam schon seit Jahren von der grundsätzlich falschen Annahme aus, dass Versammlungen genehmigt werden müssten und allein wegen fehlender “Anmeldung” verhindert werden dürften. Denjenigen, die sich noch an die nicht angemeldeten Demonstrationen der Wende erinnern, leuchtet ohne weiteres ein, wie altmodisch diese Auffassung ist.
Herr Sonntag sei jedenfalls auf das Grundgesetz aufmerksam gemacht, in dem es in Art. 8 unmissverständlich heißt: “Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.” Wenn im Versammlungsgesetz gleichwohl eine “Anmeldung” erwähnt wird, ist diese als eine bloße Pflicht zur Mitteilung, die z.B. Verkehrsmaßnahmen u.ä. ermöglichen soll, zu verstehen. Die Verletzung dieser Obliegenheit stellt jedoch keinen Verbotsgrund dar!
Auch dass sich die Polizei offensichtlich in der Rolle einer Zensurbehörde sieht, ist nicht hinnehmbar. Schon die letzten NPD-Gegendemonstration am 14.09.02 waren von der Polizei dermaßen behindert worden, dass weder die geplanten Zeiten noch die ursprünglichen Routen erkennbar blieben. Eine dadurch provozierte Spontandemonstration wurde von der Polizei observiert und eingekesselt, obwohl keinerlei Verbotsgründe (wie z.B. Gewalt von Seiten der Demonstrationsteilnehmer) vorlagen. Das Vorgehen der Polizei hatte vor Gericht zwar keinen Bestand; allerdings konnte die juristische Entscheidung erst verspätet getroffen werden, weil die Auflagen der Polizei äußerst kurzfristig zugestellt worden waren.
Die geringe Motivation, der Potsdamer Polizei die Durchführung einer Demo mitzuteilen, ist im übrigen dem Umstand geschuldet, dass Veranstalter des Öfteren mit Strafanzeigen überzogen wurden. Solche Anzeigen stützten sich zumeist darauf, dass angeblich Auflagen nicht eingehalten wurden. Zwar stellten sich solche Vorwürfe später als haltlos heraus; aber die Botschaft, dass Demo-Veranstalter der besonderen polizeilichen Beobachtung unterfallen, ist angekommen. Und dass sich Demonstranten in Potsdam ständig durchsuchen, filmen und einkesseln lassen müssen, ist sicher auch nicht im Sinne der Deeskalation und einer freien Meinungsäußerung. Ich fordere die Polizei auf, zumindest ihre Auflagen bei Zeiten bekannt zu geben, um so dem Verdacht zu begegnen, dass eine rechtzeitige gerichtliche Überprüfung systematisch unterbunden werden soll. Die Polizei hat Grundrechte zu schützen und nicht zu behindern.
i.A. Rote Hilfe e.V. OG Potsdam
Hans Schulz
Dahme-Spreewald.
“Offene Türen ” rannte in der Einwohnerfragestunde René Lehniger vom Lübbener Forum gegen Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus ein, als er auf die Ziele einer Volksinitiative aufmerksam machte. Die möchte nämlich erreichen, dass die Landesregierung Schluss mit der nach Ansicht des Forums “diskriminierenden Praxis ” macht, Wertgutscheine statt Bargeld an Asylbewerber auszugeben. Lehniger forderte die Aufnahme eines Antidiskriminierungsartikels in die Landesverfassung und bat Kreistagsabgeordnete und Verwaltung um Unterstützung. Die sagte Landrat Martin Wille zu. Die Verwaltung werde eine Unterschriftenaktion “in unseren Räumen nicht behindern ” . Wille verwies darauf, dass der Kreistag sich bereits gegen die Landesregelung ausgesprochen habe. Jedoch habe das Land eine negative Antwort geschickt.